Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 25, 1898, Image 9
V Der Soiiulagsgaff. Jahrgang l!. Beilage zum Ncbraska Ztaats-?ln;cigcr. No. 14. Hiebt rafirt. tunio-.ttft ton Ä. v 0 !, ri;i(r. Hauptmann von Locwer.WS war feit acht Zagen zu dem in Tann'üderg stehenden Jägexbataiflon örrfcf t ttot den. (fr war ein großer seiner Mann und namentlich sein ftattlichir. wunder, barer Volldart erregte allgemeine Auf. merksamkeit; einige bartlose LieutenaniZ beneideten ihn darum, wahrend hei. rathZdedürftige junge Damen ihn be wunderten; leider erfuhren aber ledere, daß Herr von LoewenfelZ bereits derhei rathet sei und seine sehr schöne Frau in allernächst Zeit ebenfalls eintreffen werde. La! Ctrohwittwerthum schien aber dem Hauptmann gar nicht Übel zu be hagen; er war nämlich ftändiger Gaft in dem .blauen Ochsen," wo ein Stamm tisch auS Offizieren und Beamten sich gebildet hatte. Heute Abend war e? schon ziemlich spät geworden, und nur noch Loewen fe!Z mit fünf Lieutenant; faßen an dem runden Tisch bei einem Glase Er langer. Donnerwetter, Herr Hauptmann, wenn ich nur einen solchen Bart hatte, wie Sie," meinte der Premierlieutenant don Dammer'Weften, der schon einige male den Versuch gemacht, sich einen Bolldart ftehen zu lassen, denselben aber jede? Mal nach drei oder vier äüochen aufgegeben hatte, da auf den Backen trotz aller angewandten Salben, n'.cht hatte emporschießen wollen. .Ja und mich kam jener Tag theuer zu ftehen, von welchem an ich mir da malS ohne meinen Willen diesen Bart wachsen ließ." Ach, erzählen Sie doch mal, mein bester Herr Hauptmann! DaS ift ja ge Miß recht interessant." LoewenfelZ that bedächtig einen lan gen Zug aus dem Glase. .Ich stand als älterer Secondelieute nant bei den Füsilieren in Frauftadt. ES war dienstlich, wie außer Dienst ein sehr angenehmer GarnisonZort. Wir verkehrten sehr viel in den Häusern der dortigen Beamten und Großkaufleute. Namentlich war ich im Hause deZ Herrn Braun, deö angesehensten Fabrik desitzerS ein häufiger Gast und war, als sich meine Geschichte zutrug, auf dem Standpunkt angelangt, Fräulein Dora, der zweiten Tochter, meine Liebe zu er klären. Die Gelegenheit bot sich mir günstig, denn am heutigen Abend war großes Sommerfeft und ich beschloß die scn Tag nicht unbenutzt vorüber gehen zu lassen. Eine zahlreiche Gesellschaft versam melte sich am Abend des 13. August in Billa Braun. Während einer Tanzpause reichte ich Dora den Arm. wir gingen gleich den ,, übrigen Paaren etwa? in dcm Herr lichen, durchLampionS beleuchteten Parke spazieren. Als ich mich von der Geliebten verab schiedete. erhielt ich auf meine Frage : .Darf ich morgen mit Ihrem Herrn Papa sprechen?" die leise geflüsterte Antwort : .Jawohl, Herr von LoewenfelS!" Ich war überglücklich, die schönsten Träume umgaukelten mich, 'als ich nach zwölf Uhr mein Lager aufsuchte. Herr Lieutenant. eS ist sechs Uhr!" weckte mich am anderen Morgen mein Bursche. eS ift die höchste Zeit. Herr Lieutenant, um ein halb sieben soll die Compagnie zum Abmarschieren bereit stehen." Alle Wetter, jetzt siel mir erst wieder ein, daß wir ja heute RegimentSvorstel lung vor dem kommandirenoen General hatten. Mit beiden Füßen zugleich sprang ich auS dem Bett und donnerte: .Aber Peter, warum weckst Du mich denn nicht zeitiger? Ich werde ja kaum fertig!" Peter machte ein äußerst klägliches Gesicht: .Ich habe den Herrn Lieutenant be reitS zweimal geweckt, aber der Herr Lieutenant standen nicht auf!" Ich beeilte mich also so schnell a!S möglich, Toilette zu machen. Zehn Minuten vor halb stand ich fix und fer tig da; aber bei aller Hetze hatte ich nicht an meinen starken Bartwuchs gc dacht. Backen und Kinn mußten täglich sorgfältig rssirt werden, um menschlich auszusehen. .Man wird eS bei dem Staub auf dem Exercierplatz nicht sehen, daß der Herr Lieutenant nicht raftit sind!" trö stete Peter, dazu ift keine Zeit mehr, zehn Minuten gebrauchen der Herr 0;.itimrtnl tj.?nSafftfttÄ lim ttt ht Q.T tillMifr.lUltt !tltlVk.tiv, ... vv tu- ferne zu kommen." Mein Bursche hatte Recht, zudem war mein Hauptmann Dnllhase die Pünktlichkeit selber und konnte recht im angenehm werden, wenn man auch nur eine Sekunde zu spät kam. Ich begab mich daher in schnellster Gangart in die Kaserne, sah auf den Hof derselben tretend bereits Drillhase dsr der Compagnie halten und einen Iäsilicr ganz tüchtig verreißen. Ein Blick nach der Kasernenuhr, wie fatal, bereits eine Minute über halb sieben. Ich meldete mich zur Stelle, Drillhase warf mir einen strafenden Blick zu und meinte : .Herr Lieutenant, ich darf wohl um etwas mehr Pünktlichkeit bitten, e? ift bereits eine Minute über halb." Ich legte zur Bekräftigung dieser nicht weg zu leugnenden Thatsache ftumm die Rechte an den Helm und war froh, daß der Hauptmann nicht noch seine Glossen über meine schwärzlichen Wangen und Kinn machte. Ader er hatte soviel mit dem Anzuze der Leut? zu thun, daß er mich weiter nicht beachtete. Nachdem Drillhase verschiedene Arrest, strafen. Nachexerzieren und Straf Rapport? verhängt hatte, marschirten wir zum Stellplatz des Bataillons und zogkn bald unter den Klängen eine? flotten Marsch?; dem großen Exerzier platz zu; dieser hieß wegen deS dort mas senhaft vorkommenden Sande;, der die dort übenden Abtheilungen stctZ in dichte Staubwolken hüllte, im Soldatenmur.de die Streubüchse. Freundlich schien die Sonne vom Himmel herab, doch al; wir in schön gerichteter Paradelinie in Erwartung Seiner Excellenz deZ Kommandirenden dastanden, umzog sich der Himmel, ein leichter Regen riefelte hernieder und sättigte den Sand dcZ örerzierplatzeZ, fodaß kein lüstiger Staub mehr von ihm aufstieg. Der Hauptmann schritt noch einmal, als Excellenz in der Ferne am Rande des Exerzierplatzes erschien, die Front der Kompagnie herunter, den Helmfitz der Leute zu prüfen. Ader Herr Lieu tenant, Sie sind ja nicht rasirt!" rief er mir leise zu, als er bei mir vorüber schritt. .Herr Hauptmann, ich " .Stillgestanden!" kommandirte der Regimentskommandeur, also verboten sich weitere Auseinandersetzungen. .Achtung-Präsentirt das Gewehr!" Seine Excellenz galoppirte auf den rechten Flügel des Regiments zu, der Herr Oberst überreichte ihm den Front rapport und der Kommandirende nahm jetzt gefolgt von der glänzenden Suite die Paradeaufftellung ab. Mir war eZ, als betrachtete mich Ex cellenz ganz besonders. Das Exerzieren war beendet. .Die Offiziere zur Kritik zu Seiner Excellenz!" rief der Oberst. Ich bitte es sich bcquem zu machen!" begann der Kommandirende von seinem großen Rappen herab, unZ wohlwollend zunickend. Ich kann nur meine größte Anerkennung auSsprechen, Herr Oberst, über daZ, was ich heute vom Regiment gesehen habe; daS geschlossene Exerzieren war musterhaft, daS Gefecht wurde von Ihnen ganz meinen Ansichten entspre chend angesetzt und durchgeführt. Ich danke Ihnen, meine Herren!" Mir fiel ein Stein vom Herzen, meine Unrasirtheit war also nicht bemerkt worden. Frohen Herzens, in einer Stunde hoffte ich Dora als Braut an meine Brust drücken zu können, rückte ich ein. Ich danke den Herren!" verab schiedete Drillhase mich und meinen Compagnie-Kamerad auf dem Käser nenbofe. Ich sah nach der Uhr, eZ war elf, ich mußte mich also beeilen mit der Toilette, wenn ich nach zwölf Uhr in der Villa Braun sein wollte. LoewenfelS LoewenfelZ!" rief eine Stimme, als ich das Kasernenhofthor passirte. Ich wandte mich um. Mein Freund der Regiments'Adjutant Sturm winkte mir. WaS ist denn loZ, Sturm? Habe ich ein Kommando erhalten? Bitte, sag' schnell, ich habe keine Zeit!" WaS eigentlich los ift, we.ß ich nicht, der Oberst sagte mir ich sollte Dich so fort in da Regimentsbureau rufen!" Ich war mir keiner Missethat bewußt und folgte daher reinen Herzens Sturm. Herr Lieutenant von LLöaisnfelZ, ich mutz Ihnen mein größtes Mißfallen darüber ausdrücken, daß Sie unrasirt zur RegimentZvorsielluug geommen sind, ich bestrafe Sie deshalb M;t einem Tage Stubenarrest!" Das war ein Blitz aus heiterem Him mel! Dora wartete und ich konnte nicht kommen. Da fuhr ein rettender Ee danke durch mein Gehirn. Ich wollte dem Herrn Oberst gehör famst melden, daß ich beabsichtige, mir den Bart ftehen zu lassen!" Tagegen läßt sich nichts einwenden, nur Hütten Sie wenigstens an einem anderen Tage damit beginnen sollen. Seine Excellenz hat mir privatim sein größtes Mißfallen über diese Angelegen heit ausgesprochen. Im Uedrigen bleibt eS bei dem einen Tage. Ich danke Ihnen!" Da! war deutlich genug, ich war ent lassen, begab mich auf mein Zimmer, woselbst Punkt zwölf Uhr mir Sturm in der liebenswürdigsten Weife meinen Degen abnahm. Ich war in nicht ge ringer Verzweiflung. Sollte ich an Tora'S Vater schreiben, ihm den Grund mittheilen, warum ich nicht kommen kannte ? Ich verwarf diesen Gedanken. waS für einen Begriff mußte Herr Braun von diesem eventuellen Schuie gerfohn bekommen. Ich beschloß daher sofort, wenn ich morgen die Freiheit wiedergewonnen, nach Villa Braun zu gehen und dann Dora AlleZ zu erklären. In todtlicher Langerweile ging der Nachmittag dabin, zeitig begab ich mich zur Ruhe und stand erst spät wieder auf. AIS ich mich im Spiegel erblickte, prallte ich fast vor meinem Edenbilde zurück, kohlschwarze Bartstoppeln wu cherten üppig um Wangen und Kinn und gewahrten einen schauderhaften Anblick. .Peter hole mal schnell den Friseur!" Zu Befehl, Herr Lieutenant." Nach zehn Minuten tänzelte' Herr Dugge, der kleine zierlich blasse Haar und Bartkünftler in da? Zimmer, stellte seinen kleinen Koffer auf den Tisch an der Thür und begann Schaum zu schla gen. RegimentZvorftellung ist gut abge laufen, der Herr Lieutenant waren wohl unwohl, daß Sie sich gestern nicht raft ren ließen!" Ich brummte als Entgeg nung irgend Etwas, daS er wohl für eineZuftimmungchielt denn, er dienerte: Ganz recht, Herr Lieutenant, wollen Sie gefälligst Platz nehmen!" indem er mir einen Stuhl hinschob. Ich nahm Platz; sorgfältig legte mir Herr Dugge die Serviette um und be gann gewandt meine rechte Backe einzu seifen. Plötzlich siel mir meine gestrige Mel dung an den Oberst ein! Ich konnte mich auf keinen Fall raftren laffen, ich hätte mich zum Mindesten lächerlich ge macht. Nein. Herr Dugge. der Bart bleibt stehen, ich will nur frifirt sein." I der Herr Lieutenant scherzen!" entgegnete der eifrige Herr und machte Miene in feiner Arbeit fortzufahren. Als ich aber seinen Arm ergriff und fortschleuderte, blickte er mich erstaunt an. .Aber Herr Lieutenant, jetzt im Sommer einen Vollbart ftehen lassen ? Außerdem sind hier an beiden Seiten einige recht dünne Stellen, eZ wird lange dauern, bevor dieselben zuwachsen und dann, Herr Lieutenant, eS wäre jam merschade um den schönen Schnurrbart, der käme bei dem VoHbart gar nicht mehr zur Geltung!" Mir ganz egal!" sagte ich ärgerlich, der Bart bleibt ftehen, frisiren Sie mich schnell, ich habe nicht viel Zeit!" Stumm kam Dugge der Weisung nach, er war sichtlich in seinem Barbier und Friseurftolz gekränkt. Als er aus der Thür ging, lispelte er : Der Herr Lieutenant werden bald einsehen, daß ich Recht habe!" Ja, der Mann hat vollkommen Recht!" sagte ich mir selbst, als ich mein Antlitz betrachtete, das wird eine nette Zeit dauern, bevor ich mich mit dem Bart sehen lassen kann!" Ich wanderte nach dem Regimentsbureau und meinte immer zu fühlen, daß alle mir Begeg nenden lächelten. Der Oberft war heute entschieden friedlicher gestimmt. Immer richtigen Zeitpunkt wählen, Herr von LoewenfelS. war wir nicht an genehm, Sie bestrafen zu müssen, aber Nase von Excellenz gefaßt, so wa? ge sagt von Taktlosigkeit junger Offiziere ; na lassen Sie eZ nicht wieder vorkom men sehen übrigens nicht sehr schön aus in dem Barte. Ich danke Ihnen." Ich hätte gewünscht, er hätte mir be fohlen, diesen vermaledeiten Bart wie dcr abzurasiren. Nun, wenn ich mich verlobt Satte, würde wohl niemand et waZ darin finden. Aber was wird Dora zu diesem Aussehen sagen ? über legte ich, als ich jetzt, eine gesetzte Rede für deren Vater memorirend, nach Villa Braun ging. Ich klingelte. Der mir wohlbekannte und durch manches Fünfgroschenftück wohlgesinnte Diener erschien. Nehmen die Herrschaften Besuche an. Jrik)?" Bedarre, die Herrschaft ist auf vier Woch:n nach der Schweiz gereift der Herr Luienant lassen sich wohl einen Volldart stehen?" ..Ja, hm. hm! hier sind meine Kar ten !" Verwundert blickte mich der Alte an. so kurz hatte ich ihn wohl noch nie be handelt. Recht mißmuthig ging ich in das Kasino. ES hatte ja einestheilZ sein Gutes, daß mich Dora jetzt nicht gesehen, aber was mußte sie von mir denken, daß ich gestern nicht gekommen. Nun war sie nach der Schweiz abgereist, lernte dort vielleicht einen andern kennen und ich war außer unrasirt, auch noch der lackirte Mohrenknabe. Eine allgemeine Heiterkeit entstand unter den Kameraden, als ich in den Speisesaal trat. Von allen Seiten reg ncte eS Witzeleien und Spöttereien. Hören Sie mal. LoewenfelS. halten Sie nun nur Ihre Haars auf dem Kops zusammen, denn eS ift eine alte Weste, daß, wer einen Vollbart trügt, schnell eine Platte bekommt!" ries mir Haupt mann Schnell zu, der allerdings auch ohne Vollbart einen ganz gehörigen Mondschein aufzuweisen hatte. Nach acht Tagen ging man aber über meinen luftig weiter sprossenden Bart zur Tagesordnung über, nur ich be trachtete denselben jeden Morgen mit immer kritischeren Blicken, denn die vier Wochen neigten sich mit rasender Schnei ligkeit ihrem Ende. Zu meiner Freude waren am Schluß derselben auch die beiden dünnen Stellen auf den Backen ziemlich zugewachsen, waS Herr Dugge in der Hauptsache einem von ihm fadri zirten Oel zuschrieb, von welchem ich im Verlauf der vier Wochen sechs Flaschen zu einem Thaler verbraucht hatte. Morgen, als an einem Sonntag Abend, sollten die Braun'schen Herrschaften zu rückkommen, wie mir Fritz anvertraut hatte. Ich beschloß daher, dieselben auf dem Bahnhof zu empfangen' und den Damen BouauetS zu überreichen, gleich zeitig zu versuchen, Dora mein Mißge schick zu erklären. Ich ftannd in bester Laune von der Welt, deZ Sonntag? Mittags vor der Kaserne, als mein Freund Sturm auf mich zu kam. Na Tu haft einen Stein im Brett, alter Freund, beim Oberft. er hat Dich zum Aufstellen der Scheiben nach dem Schießplatz kommandirt, famofe Tage gelber, vierzehn Tage keinen Dienst! Du mußt noch heute abreisen, um sechs geht der Zug. morgen soll schon bei Zei ten mit den Arbeiten begonnen werden, Deine Papiere, die Du brauchst, liegen im Regimentsbureau bereit." Wieder vierzehn Tage sollten der fließen, ohne daß ich Dora sehen konnte! Er war zum Verzweifeln! Doch was sollte ich machen? ES war befohlen, folglich mußte ich gehorchen. Endlich war auch diese Zeit vorüber und zu mei ner Freude mein Bart recht gut gedie hen. Geflügelten Schrittes eilte ich, nach der Garnison zurückgekehrt, zur Villa Braun. Wieder öffnete Fritz. Die Herrschaften zu Hause?" Bedaure, die Herrschaften sind bis Ende September ins Seebad gegangen, sie sind gestern abgereift. Ihr Bart ift aber schön geworden, Herr Lieutenant!" Meinen Sie ?" rief ich erfreut und drückte dem Alten, zugleich mit den Vi sitenkarten. ein Fünfgroschenftück in die Hand. , Nach wenigen Tagen rückten wir zum Manöver aus. Am Fünfundzwanzig ften kehrten wir aus demselben heim und ich hatte einen, richtigen Vollbart, der Ihnen gut steht", wie die Kameraden sagten. Ich fand für den anderen Abend eine Einladung zum Thee bei dem Kommerzienrath Gleich vor. Da ich die Adjutantengeschäste für meinen beurlaubten Freund Sturm des andern Mittags übernehmen mußte, konnte ich leider meinen Plan, bei Braun'S Besuch zu machen, nicht ausführen. Fast alle Gäste waren schon Abends bei KommerzienrathS versammelt, als die letzten, Mama Braun und Dora eintraten. Ah, so verändert, Herr Lieutenant!" sagte Dora, alS ich sie begrüßte und wandte sich zu einer Freundin: Liebe Grete. wirft Du uns nächsten Sonntag das Vergnügen machen ?" DaZ war deutlich. Ich bemerkte während des Abendessens, ich faß ziem lich entfernt von Dora, wie diese mich einigemale beobachtete. Als nachher etwas getanzt wurde, nüberte ich mich der Angebeteten. Gnädiges Fräulein, darf ich bitten?" Ich glaube. eZ wäre besser, Herr von LoewenfelZ, wenn " Gnädiges Fräulein. Barmherzigkeit, hören Sie mich, ehe Sie mich verkam men. ich bin unschuldig!" So sprechen Sie!" Bald wußte Dora Alle. Wir waren wieder die Alten und zum Abschied sagte sie : Morgen. Arno, also bestimmt!" Bestimmt mein HerzmZschatz!" AlZ ich am andern Mittag nach einer Unterredung mit dem Vater Dora als meine Braut umarmen durfte, flüsterte sie mir zu : Du. in dem Bart gefällst Du mir doch besser, als erst, die vierundzwanzig Stunden Arrest haben doch ihr Gutes gehabt! Aber abschneiden darfst Du den Bart nur auf mein Kommando!" Da dieses noch nicht erfolgt ist." schloß der Hauptmann, mußte ich ihn füglich tragen! Es ist mir auch nicht un angenehm, denn das ewige Rasiren hatte ich recht herzlich satt." 3fyre erste kttge. Von Emil faiU. Ganz Langhagen war heute in freu diger Erregung. Gab eS doch endlich für die guten. Leute etwas Neues zu hören und zu sehen. Gretchen Meister feierte ihre Hochzeit mit einem reichen Berliner Fabrikanten, der sich kopfüber in daS arme Mädchen verliebt hatte, und da fiel für Manchen etwas ab. Diese freuten sich auf die Genüsse der Hochzeitstafel, jene auf den Tanz, die dritten auf einen guten Tropen. Und welch' dankbaren Stoff gab nicht die Mesialliame für die Kaffeekränzchen; die einen wünschten dem lieben, dcschei denen Mädchen von Herzen Glück, die Anderen verhehlten ihren Neid nicht ; eine besorgte Mutter aber beruhigte ihre Töchter mit der Spruchweisheit : .Kinder. eZ ift nicht Alle? Gold, waS glänzt." Die aufrichtigste Freude legte natür lich die Brautmutter an den Tag. Nun konnten sie getrost die Nase rümpfen, die Frau Amtsrichter und Doktor und Apotheker: nun konnten sie kommen und über ihren Schwiegersohn vor Neid bersten. Auch der Himmel meinte eZ mit Gretchen gut. Goldener Sonnenschein lag auf den Straßen und Tüchern der kleinen Stadt ; die alten Linden vor den schmucken Häuschen prangten im ersten Frühllngsgrün. und die Spatzen schrien mit den Kindern um die Wette : Hoch Bräutigam und Braut l" Schon fuhren die ersten Wagen zum freund lichen Kirchlein, und die Nachbarn lug ten auS den Fenstern, um auch etwas vom HochzeitSputz zu sehen. Vom Bahnhof kam eilenden Schrit teS ein stattlicher junger Mann, der gleichfalls dem Gotteshause zuschritt. Ihn kümmerte wenig die neugierigen Blicke, die ihm nachfolgten, und theil nahmloS erwiderte er die Grüße, die ihm hier und da zugenickt wurden. Als er fein Ziel erreicht hatte, erstieg er unbemerkt die Treppe, die zum Orgel chor führte. Mit freudigem Erstaunen begrüßte ihn der alte Cantor, von dem er dereinft den ersten Musikunterricht empfangen hatte. Der Alte konnte mit Recht stolz auf diesen feinen Schüler fein, der sich trotz seiner Jugend be reitS einen geachteten Namen in der musikalischen Wett erworben hatte. Der junge Mann bat seinen Lehrer dringend um die Erlaubniß, jetzt für ihn spielen zu dürfen, da er der Braut einst feierlich versprochen habe, an ihrem Ehrentage den Feftchoral zu spie len. Der Alte war darod nicht böse und freute sich, anstatt in dumpfen Kirchenhallen, in der jungen Frühling? welt dem Evangelium der GotteSliebe lauschen zu dürfen. Der letzte Wagen brachte daS junge Paar. Draußen drängten sich Kinder, Dienstmädchen und alte Frauen neu gierig herbei, die Ankommenden zu sehen. Eine Stimme der Bewunderung wurde laut, als fte dem Wagen ent stiegen. Dann stürzte der ganze Schwärm in die Kirche, um der Neu gier weitere Opfer zu bringen. In der Sakristei ordnete sich der Zug und bewegte sich unter Vortritt des Geist lichen in das Gotteshaus. Der Altar war in einem Blumengarten umge wandelt. Feierliche Stille harschte ringsum. Die Orgel fetzte ein ; erst leise, wie in seligem Traume; dann stärker, feu riger und dann wieder klagend, wie um ein todte? Glück. Alle horchten auf und richteten die Blicke nach dem Chor. Dieses Spielen war eine ergreifende HerzcnSoffenbarung. die Entfesselung einer gequälten Menschendruft ; daZ empfanden alle Zuhörer. Und wie sich der schwanke Epheu um daS feste Ge mäiier schmiegt, so umrankten die Ge danken deS LiedcS: ES ift bestimmt in Gottes Rath-" das Präludium. Der alte Cantor verstand fein Fach, das wußten olle; aber man kannte auch seinen Widerwillen gegen lange Vor und Zwischenspiele. WaS mochte ihn nur veranlassen, heute feinen Grund sützen ungetreu zu werden; vielleicht gar die Aussicht auf ein besonderes Honorar von Seiten des vermögenden Bräutigams? Wer weiß? ' Die junge Braut fuhr erschreckt zu sammen und senkte den ersten Blick. Sie ahnte den Meister, der ihr da? Herz schwer machte, und ein kurzer Traum flog wie ein bunter Falter an ihrer Seele vorüber. Die freundlichen Bilder ihrer Jugend und ihrer Heimah grüßten wie alte Bekannte, denen der Abschied schwer wird. Sie sah die r spielinnen, deS BaterS Äarlen. den lauschigen Wald am Gestade deS hei mathlichsn Sees, den Aiescngr'.'nd und die braune Haide mit ihrem Vl3 thenmeer, und bei allen Erinnerungen ihn, mit dem sie dereinft g'.iich ciiiem sorglosen Kinde all ihr Glück gctheitt hatte ! Und dann kamen die Jüdre, in welchem die Mütter die Zukunft ihrer Töchter sichern möchten. Auch Frau Meister hatte das redliche Streben, ihre Tochter glücklich zu sehen. Von dem stellenlosen Musikanten wollte sie natür lich nichts wissen, und er selber fühlte in sich noch kein Talent zum ehrsamen Hausvater. Da war der guten grau die Werbung des angesehenen Mannes sehr willkommen, dem Gretchen heute angetraut werden sollte. Ohne Groll im Herzen waren die Jugendgcnossen - . 1,1 1 j von ein an Skr gegangen. A!S er die Hcimalh für immer verließ, rief er zum Adsch.cd scherzend die Worte nach : .Srctchen. wenn du Hochz'it feierst, to komme ich wieder und spiele dir zum Tanz aus. du wirft mit mir schon zu frieden sein !" Und deS Spiel klang versöhnend auS wie die Worte : .Wenn Menschen auZeinandergehn. Es sagen sie : .Auf W'.edersehn ! Der Organist hielt inne, und nun folgte der Hoch,eitZchoral. Dann hielt der würdige Geistliche die Traurede und schloß mit deS Apostel; Worten : .Nun aber bleibet Klaube. Liede. Hoff' nung. diese drei ; aber die Liebe ift die größte unter ihnen!" Und a!S dar daS Paar daS Ehegelödniß gesprochen und die Ringe gewechselt hatte, da durchzuckte daS Herz der jungen Frau ein Schrei nach ihrer Jugend und nach Liede. Als daZ junge Paar die Heimfahrt antrat, gewahrte sie den Freund, wie er fremd und heimathlos dem Bahnhof zuschritt. Sie schloß die Augen und sank in die Polster zurück. Sie raffte sich aber sogleich zusammen und tröstete den erschreckten Gatten : Laß gut sein; die Kirchcnluft war so dumpf; nun ift alle? vorüber." EZ war ihre erste Lüge ! (in unangenehmes Medium. In der Weinstube einer diel von Ar tiften besuchten Wirthschaft in Paris spielte sich dieser Tage folgerder Vorfall ad. Der Löwenbändiger einer bekann ten Menagerie, der am Nachmittag eine höchst aufregende Vorstellung mit seinen unheimlichen Zöglingen gegeben hatte, saß umringt von einer großen Anzahl Freunde an einem der Tische, und ließ sich Schmeicheleien über seine Uner schrockenheit sagen. Unter Anderem fragte man ihn auch, wodurch er eine so ftaunenswerthe Macht über die furcht baren Raubthiere erlangt habe. AuS schließlich dadurch," entgegnete der Mann, daß ich den wilden Gesellen zeige, wie wenig ich mich vor ihnen fürchte. Und dann muß man das Thier zeug beständig im Auge behalten; so lange der Löwe den Blick eine? furcht losen Menschen auf sich gerichtet fühlt, ift er zahm wie ein Lamm. Ich werde Euch sofort einen Beweis von der Macht meines BlickeS geben. Paßt einmal auf! Ihr seht dort in der Ecke den unge Heuer dumm dreinschauenden und bäum langen Kerl, nicht wahr? DaS ift, glaube ich, ein Riesenmensch. Klown oder sonst etwas Sehnliches. Ich werde den jetzt veranlassen, bis dicht zu mir heranzukommen, ohne ein Wort mit ihm zu sprechen." Gesagt, gethan. Der Löwenbändiger richtete seinen macht vollen Blick auf den flegelhaft in einem Sessel liegenden Burschen, der das Ge sicht nach einer ganz anderen Richtung gewendet hatte. Thatsächlich wurde der Angestarrte nach ein oder zwei Minuten unruhig: er drehte ein wenig den Kopf herum, richtete sich straffer im Sessel auf, erhob sich nach weiteren zwei Mi nuten ganz und kam langsam auf den Bändiger zugeschritten. Wunderbar! Fabelhaft!" flüsterten die Umfitzenden. In der nächsten Sekunde stand der baumlange Mensch dicht vor dem Thier bändiger und mit der rechten Hand weit ausholend, versetzte er ihm einen so wuchtigen Stoß unter das Kinn, daß der Getroffene über einen Stuhl hinweg zu Boden stürzte. So, und nun ftar ren Sie mich noch einmal so an, Sie Hanswurst," rief das Medium, dessen Beruf der, eines Kraftmenschen und FaustkümpferS war, und kehrte ruhig zu seinem Platz zurück. Die Eitelkeit alS VtrrStl,crtn. Müller. Sie Glückspilz, sagen Sie einmal, wie ift es Ihnen denn gelungen, den durchgedrannten Kassirer des Bank hauseS ohn, auf dessen Ergreifung zehntausend Mark Belohnung gesetzt waren, zu erwischen ?" O, ganz einfach. Ich fitze da eineS TageS im Kafe und mir gegenüber an demselben Tisch ein geckenhaft gekleideter Mensch, der eifrig die Zeitung lieft. Mit einem Male ruft dieser aus: DaS ift gemcin. das ift eine Belei digung!" und schlägt dabei wüthend auf den Tisch, daß Gläser und Tassen klirren. Erstaunt sehe ich ihn an. Ja, mein Herr." ruft mein Gegen über, sehm Sie mich nur genau an! Habe ich einsätiige GestchtSzügc, Wasser blau? Augen ooer eine gewöhnliche Rast ?" Ja. ich vcrftche ie nicht." sage ich und glaubte schon einen Verrückten vor mir z'? $utm, da hält mir dieser Mensch mit im Worten da lesen Sie!" die Zcitunz mit feinem Steckbrief vor die Augen. Herr." sage ich. eine gewöhnliche Na?e hzben Sie zwar nicht, aber auch keine Spürnase, sonst hätten Sie in mir den Kriminaldeamtcn vermuthet. Sehen Eic, jetzt machen Sie auch wirklich ein tt&t einfältiges Geficht." Damit packte ich ihn beim Kragen na, und das Weitere können Sie sich denken. Eine empsindsaine Sccle. Junge Frau (zur Köchin, die sehr heftige Zahnschmerzen bat): Sie Aermfte ! Es greift mich wirklich an. Sie so leiden zu sehen ! Laffen Sie lie der Ihre Arbeit in der Küche stehen und machen Sie. anstatt dessen, im Keller Holz klein damit ich das Jammern nimmer höre !"