Das große Buschfeuer. g.n Sk!ebn:ß i air'ttalijn. Von I. C. o r. S t s . 63 cat am Nachmittag btS 27 Februar 1805, eines TageS von unheil voller Bkdkutunz für die Kolonie 2J;I toria. Ich stand müßig vor der Thür meines klemm FaradauleS, das, um aebea von einigen geklärten und kulti dirten Aeckern, sich mitten im Busche befand. Ta sprenge auf seinem Schimmel mein NaZidar Emiid beton. Tie 5flch barschaft war freilich eine etwa? ferne, denn seine ftarm laa über eine eng lische Meile weiter südlich, ebenfalls im Busche. .Hallo. Wilmot!" rief er. WaS soll'S. ZachbarZ' fragte ich. .Habt Ihr schon daZ Neueste ge hört?" .Nein. Habe heute niemand au der Gegend gesprochen und leit vier Togen aus keine Rettungen ceu en. Ich komme von Sandhurft. da er fuhr ich es. .Nun. ist dielleicht wieder einmal ein außergewöhnlich großer Goloiuno ge. macht worden?' Eandhurft. früher Bendigo genannt, ist der Hauptort eines reichen Gold diftriktS. ebenso wie Ballorat im Süden. .Nein. eS handelt sich um etwas an dereS." erklärte Emith. .Ein räu berifcher Ueberfall hat letzte Nacht statt gefunden auf GardinerS Schäferei." .Alle Wetter! TaS ist ja nur z?hn Meilen von hier! Aber gewiß hat doch der entschlossene Gardiner sich und sein Eigenthum tapfer vertheidigt?' .Ja. daS dürft Ihr glauben. Nach. bar. Zufällig übernachteten auch einige Buschpolizisten bei ihm. ein wahrer lückSfall! Gardiner, seine Leute und die Polizisten besiegten die Räuber nach hartem Kampfe: drei davon find ge tobtet, vier verwundet und mit zwei anderen aefanaen: nur einer itt em wischt. Gerade wie ich aus Sandhurft fortritt, brachte ein Eilbote die Nach richt.' .Eine erfreuliche Kunde für alle ehr lichen Leute!' .Zu bedauern iß nur. daß gerade der Hauptmann der Bande nicht gefaßt ist.' .Er ift also der Entwischte?' .Ja. Everard Young heißt er.' Emith wollte jetzt fortreiten. Plöd llch aber hielt er sein Pferd wieder an und sagte: .Mir scheint'S, ich verspüre so einen brenzllchen Tunft tn der Luft. ,Ta habe ich auch schon zu bemerken geglaubt,' versetzte ich. .Jedenfalls muß irgendwo ein Buschfeuer wüthen, ,DaS könnte dielleicht, wenn'S näher kommt, auch für uns Leute im Walde hier gefährlich werden, da alles so aus getrocknet ift nach der gewaltigen Som merhitze und Dürre der letzten Mo nate." .Wir wollen hoffen, daß wir von solchem Unglück verschont bleiben! Buschbründe find ja hierzulande häufig, ereignen fich in jedem Simmer; zum Glück aber erftrecken sie fich gewöhnlich nur über einen kleinen Bezirk. Seht, dort im Westen wird die Luft über den Baumwipfeln dick und dunstig. Viel leicht giebt'S nun endlich bald Regen; daS würde dann ein wahrer Segen für unsere Gegend fein.' Er schaute mit bedenklicher Miene ein Weilchen nach jener Richtung. .Nein, nein!' rief er bann erregt. .DaS sind keine sich zusammenballenden Wolken; eS find ferne, ungeheure Rauch maffen. Ein furchtbares. unS fich näherndes Buschfeuer ift'S! Höchst be drohlich ficht eS auS! Ich muß fchleu nigft nach Haufe eilen, um die Mei nigen zu beruhigen, die vielleicht schon in Aengften find. Lebt wohl, Nach bar!' .Kommt gut nach Hause!" Er spornte sein Pferd und sprengte davon nach Süden, wo ich ihn bald hinter den grünen Büschen verschwinden sah. ES war mir nicht vergönnt den braven Mann wiederzusehen, denn er kam mit all den Seinigen in den Flam men um. Ich hielt vorerst die Gefahr für nicht bedenklich. Vielleicht lag eS mit daran, daß ich an etwas ganz anderes dachte, das mir unablässig durch den Sinn ging. Der Name Everard Joung war mir aufgefallen. Smith hatte ja ge sagt, daß der entwischte Lnführer der Buschrüuber so heiße. Acht Jahre zuvor, als ich von Eng land nach Australien schiffte, war mein liebster Reisegefährte und Kamerad Everard Voung, der Freund meiner Jugend, gewesen, der aus demselben kleinen Orte stammte, in welchem auch meine Wiege gestanden hatte. Gleich nach der Ankunft hatten sich unsere Lebenswege getrennt; er war nach den Golddistrikten gewandert, um dort sein Glück zu versuchen, ich ein kleiner Far mer geworden. Nie hatte ich seitdem wieder etwas von Everard gehört. War er, der heitere, lebenslustige und freilich auch recht leichtsinnige Mensch, ein Buschrüuber geworden? Nein, daS vermochte ich nicht zu glau den. Die NamenSgleichhett mochte wohl nur eine zufällige sein. Meine Frau Edith kam heraus mit meinem kleinen Sohne Charles. Sie hatte auch den brenzlichen Dunst be merkt und bezeigte fich darüber üngst lich. Ich beruhigte sie jedoch und ging mit ihr in'S Haus zurück. Obgleich eS noch nicht spät war, dunkelte eS doch auffallend rasch. ES war der graue Dunst, der den Himmel verfinsterte. Wir beschäftigten unS mit allerlei Arbeiten; di rief plötzlich mein kleiner Charles, der am Fenster stand: ,O Vater, ich sehe Feuer!' ' Ich lief zum Fenster und blickte hin auS. Richtig! Deutlich wahrnehm barer Jlammenschein zeigte fich unHeim lich am westlichen Horizont. DaS war der nahende Buschdrand. .Rasch. Edith !' schrie ich. .DaZ Buschfeuer kommt unS über den HalS. Wir müssen flüchten, und zwar eilend! nach Oßen zu. um auZ dem Walde auf die große daumfreie Ebene zu gelangen, wo wir Sicherheit finden werden.' Ich raffte mein daareS Geld vnd einige Werthsacheu zusammen. Edith that desgleichen. Dann nahmen wir den kleinen EharleS bei der Hand und verließen das dem Verderben geweihte HauS. Einige Kühe und Schafe, welche mei nen geringen Viehstand bildeten, liefen brüllend und blökend draußen auf der Weide umher. Die armen Thiere! Sie mußten versuchen, sich ,u retten. wie sie konnten. Wir selbft konnten ibnen nicht helfen. Gerade als wir das HauS verließen und nach östlicher Richtung laufen woll ten, sprang hinter den Büschen ein Mann hervor und rannte aus uns zu. Er war etwa dreißig Jahre alt. von stattlichem Wuchs, mit kühnem Antlitz. out gekleidet, wenn auch etwas dusch müßig, und versehen mit einem Revol ver und einem langen Meffer. welche Waffen m einem breiten Gurt steckten Ich erkannte ihn sofort. .Everard!' rief ich bestürzt. .Ja. ich bin'S. lieber John.' versetzte er, anscheinend etwas betroffen. .Was machst Du hier im Walde? .Ich bin aus der Flucht.' .Du Tu bist also wirklich der ge flüchtete BuchiSuber?" .Tu inst Dich darin nicht. Ja, eS ist schon so. .TaS hätte ich wahrlich nicht für mözllch gehalten!' .Ja, mein lieber Junge, man weiß nie. was noch alles aus einem Menschen werden kann! Ich bm eben em Busche rüuder geworden.' .Entsetzlich!' .Narr! Sei froh, daß ich'S war. Mehrmals wollten meine Genoffen Deine einsame Farm überfallen und ausplündern. Sie vermutheten bei Dir einige Ersparnisse. He, haft Tu olche? Auch daareS Geld?' .Nur wenig. Meine Ersparniffe sind bei einer Bank in Sandhurft rnt betgelegt." .Um so besser.' .Brauchst Tu Geld?' .Nein, danke! Bin noch gut bei Kasse, habe auch irgendwo eine größere Summe versteckt! Also ich beschützte Dich, sagte zu memen Genossen, daß Du mein Freund seiest. Ich hatte Dich nämlich, von Dir unbemerkt, auf ti nem Aekerlande arbeiten gesehen! Doch von alledem zu reden, ift jetzt nicht die rechte Zeit! ES gilt die Rettung deS Lebens! Der Bu ch brennt!' .Ich weiß. Von Westen naht die Gefahr.' Wir müssen nach Often flücht ten." .So scheint eS jetzt. Doch im Often ist S noch schlimmer. .WaS sagst Du, Everard? Dorthin wollte ich mit den Meinen flüchten auf die große freie Ebene hinaus." .Da wüthet ein zweites Buschfeuer, daS mit rasender Schnelligkeit fich aus breitet. Man kann 8 deutlich beob achten von der Höhe dort. Dann fürchte ich, find wir ver loren.' .Noch nicht! Nach Norden oder Süden wird daS Entrinnen auS dem Walde wohl möglich fein.' Also nach Norden, denn nach dieser Richtung gelangen wir rascher m s Freie." .Vorwärts also! Nach dem Gelei ei Auf dem müssen wir entlang rennen.' Er meinte daS Echienengelelfe der Eisenbahn, die von Melbourne über Kynetont Caftlemaine, Sandhurft nach Echuca am Murrayfluffe führt. Diese Bahn war erfl seit Kurzem fertig ge worden. Wir eilten, so schvell wir konnten. nach nordwestlicher Richtung und er reichten den Bahnkörper, auf dem wir entlang rannten. Nun eine kleine Viertelstunde noch. dann werden wir in Sicherheit sein,' sagte Everard Zjoung. .DaS Feuer! DaS große Feuer!' schrie angstvoll mein kleiner CharleS. .ES kommt von allen Seiten auf uns zu!' Boung nahm den Knaben auf den Arm. Ich riß meine or Angst fast wahnsinnige Frau mit fort. So kamen wir etwas rascher vorwärts. Freilich mußten wir nachgerade zu der Ueberzeugung gelangen, daß unsere Anstrengungen nutzlos sein würden. DaS Knistern und Praffeln der Flam men wurde immer vernehmbarer und unheimlicher, die Hitze immer ärger und das Athmen sehr erschwert in der raucherfüllten Luft. Wir befanden uns schließlich auf einer Stelle, wo die Bahn fich durch eine lange, schmale Waldblöße hinzog. Rechts und links von unS Flammen schein und Funkenregen; und am Ende der Lichtung, wo die Bäume und Büsche wieder dicht an den Bahnkörper heran traten, schössen jetzt plötzlich auch Fun kengarben in die Lust und mit einmal brannten dort die GumbSume. Mimo sen, Akazien und alleS Gesträuch. .ES hilft kein Zögern." sagte Ese rard. .Wir müssen hindurch'. Muth! SS ift ein Lauf von zehn Minuten, freilich wie durch die Hölle." Nun. wir versuchten eS mehrmals. Aber jedesmal trieb unS die füichter liche Hitze zurück, die unsere Haare ver sengte, und der Rauch, der unsere Ge fichter schwärzte und unS fast erstickte. .ES ist unmöglich für unS. auS dieser Gluth zu entrinnen.' murmelte ich ver zweiNungZvoll. .Nach südlicher Richtung müssen wir'S versuchen.' meinte Z)ung. .DaS ift unnütz. Tort steht jctzt auch schon der Wald in Flammen, Ühn lich wie hier.' Dann müssen wir auf dieser Wald blöke ausharren.' .Die rasch zunehmende furchtbare Hitze wird unS tödten. ES scheint, un ser letzte? Ctündlein ift gekommen.' Meine Frau und der kleine EharleS sanken ächzend und weinend neben dem Schientngeleise auf den Erdboden. ES war herzzerreißend, ich glaubte an keine Rettung mehr, hatte jede Hoffnung auf gegeben. Da wurde plötzlich fernes dumpfes Rollen vernehmbar. .Rettung naht!' rief Voung. ,?in Eisenbahnzug!' .Wie ift daS möglich? Eine solche Verwegenheit!" .Pah. der Zugführer wird wahr scheinlich geglaubt haben, daß die Ge fahr nicht so groß sei. und ift kühn dar auf lo-gefahren. Jetzt muß er vor wärt, so gut eS gehen will!' Eo verhielt eS fich wirklich, wie ich später erfuhr. In Caftlemaine hatte man den Zugführer gewarnt, und einige ängstliche Passagiere waren dort auSge stiegen, weil fie eS nicht wazten, die Fahrt fortzusetzen, denn vom Bahnhöfe auS sahen sie den gewaltigen Feuer schein, und die Stadt schien wie in einen Flanimengürtel gehüllt. Der Zugsüh rer aber hatte gemeint, eS sei wohl noch nicht so schlimm, er sei schon früher etliche mal durch Buschfeuer gefahren, eS könne auch diesmal ohne Schaden ge wagt werden. Der Erfolg bewies denn auch, daß er recht hatte. Der Zug wird aber unsertwegen hier nicht anhalten, da die Gefahr für ihn selbft so groß ift.' sagte ich. .Er muß!' rief Everard wild. .Ich werde eS erzwingen. Jeder Lolomotiv führer wird die Maschine stoppen und bremsen lassen, wenn er sieht, daß em Mensch sich auf dem Schienengeleise l findet.' Er stellte sich mitten auf's Geleise hin und schwenkte seinen Hut. .Wenn er in dem Rauch und Funken Wirbel dich nicht rechtzeitig bemerkt, wirft du zermalmt ' '.ES wäre nicht viel daran gelegen. guter John. Für ein verfehltes Leben paßt ein solcher Tod. Werden wir nicht auf diese Weise gerettet, so giebt'S keine Hilfe für unS.' Von Süden her brauste jetzt der Zug heran. .Halt!" schrie mit der ganzen Kraft semer StlMmeEverardz)oung. .Halt!' .Ich glaubte kaum, daß der Zugsüh rer ihn hörte, aber glücklicherweise sah er ihn. Er stoppte die Maschine und bremste. Langsamer rollte der Zug und hielt endlich an, etwa zwanzig Me ter von uns. Wir liefen auf ihn zu. .Nun, was zum Henker giebt eS denn?' fragte der Mann auf der Loko motive. .Weshalb erdreistet ihr euch, hier den Zug zum Stehen zu bringen?' .Wir wollen gerettet werden, bester Sir.' sagte Everard. .TaS könnt Ihr Euch doch wohl denken." Tiefe Stimme die kommt mir be konnt vor!' murmelte der Lokomotiv führer, indem er das rauchgeschwärzte Gesicht FoungS scharf musterte. .Wer seid Ihr" .Kümmert Euch nicht darum! Seht, daß wir weiterkommen. Mit diesen Worten sprang er auf die Lokomotive. Ich hatte mich inzwischen mit meiner Frau und Charles bereits in den ersten Wagen gerettet. .Verwünscht!" murmelte der Zug führer, nach vorn blickend, .daS sieht böS aus vor uns. Habe es vor einer Stunde nicht für so arg gehalten, sonst wäre ich lieber m Caftlemaine geblte den'. Vorwärts müßt Ihr; zurück könnt Ihr nicht mehr', drängte Noung. TaS weiß ich. Liegen da vorne Hindernisse auf dem Geleise, ein imat fallener brennender Baumstamm oder dergleichens' Ich glaube nicht. Zu Fuß konnten wir ja nicht durch, aber mit der Loko mitlve wird S schon angehen.' .Ich muß Euch kennen. Sir, Eure Stimme wer seid Ihr?' Taran ift nichts gelegen. Mir scheint, Ihr habt keine Minute zu tstx lieren." .DaS ift freilich wahr. Diese Höllen- fahrt durch die Gluth muß rittirt wer den." .Vorwärts !' Die Maschine wurde in Bewegung gesetzt. Zuerft etwas langsam, dann mit rasch, steigender Geschwindigkeit rasselte der Zug vorwärts. Rechts und links von unS prasselten Flammen. Funkenregen und feuriger Oualm. Der Athem stockte unS. Wir waren dem Er sticken nahe. Aber wir kamen glücklich hindurch. Nach einigen Minuten be fanden wir unS auf dem freien Felde: die Gefahr lag hinter unS. Jetzt wendete sich der Lokomotivführer aufathmend wieder an Voung, der neben ihm stand. .In einer Viertelstunde werden wir in Sandhurft fein.' sagte er. den Rüu der scharf musternd. .Bitte, mäßigt die Geschwindigkeit des ZigeZ. Sir', versetzte Bung. .Warum?" .Ich will hier abspringen.' .Ei. weßhald?" .Weil ich meine guten Gründe habe, nicht nach Sandhurft zu fahren.' .So. fo!" Anstatt der Bitte nachzukommen, stei gerte der Lokomotivführer noch die Ge schwindigkeit deS ZugeZ. .Ihr wollt nicht?' fragte Voung argwöhnisch. .Nein!" .Warum ich?' .Ich will' dir sagen, mein Bursche. Ich erkenne dich nun trotz deines rauch geschwärzten Gesichts. Tu bist Eoe rard Joung. der Buschräuber! Und ich bin Tim Cropdale, einft der glück liche Goldgräber von Ballarat, den du vor drei Jahren mit deiner Bande gründlich ausgeplündert haft, so daß ich. anstatt al-Rentner leben zu können, wie der zu meinem früheren Berufe zurück kehren und auf die Lokomotive steigen mußte. Ich nehme dich fest und liefere dich in Sandhurft der Polizei auZ. He. Jack!' Ter Heizer näherte fich. .Hilf mir diesen Menschen dinzfeft zu machen." Gleichzeitig drangen beide auf Vounz ein. Tiefer ftieß einen wilden Fluch auS, riß sich ungestüm loS von den bei den Männern, die ihn halten wollten. und sprang von der in vollster Fahr geschwindigkeit dahinrasenden Lokomo tlve ad. Ein solcher Absprung ift bekanntlich sehr gefährlich und gelingt sehr selten. Z)oung Überschlug fich und stürzte dann mit solcher Gewalt zu Boden, auf den steinigen Grund seitwärts vom Geleise, daß er regungZloS liegen blieb. Ter Zug hielt sofort, aber wir könn ten nur seine Leiche bergen und den Gerichten in Sandhurft übergeben. Auch der Zug blieb vorlausig dort liegen. Tie Weiterfahrt nach Echuco er chien zu gefahrvoll denn auch im Norden wüthete noch das gewaltige Buschfeuer. In der Stadt, über welche eine unge heure Rauchwolke schwebte, herrschte deS Unglücks wegen allzemeime Vermiß rung. Ich und die Meinen fanden jedoch ein vorläufiges Unterkommen bei einer unS befreundeten ffamuie. - AIS daS Feuer erloschen war, begab ich mich nach meiner Farm zurück. Ach, meine Heimstätte war. wie so diele andere völlig vernichtet. Ich siedelte mich nicht wieder im Busche an. daS Sprichwort beherzigend Ein gebranntes Kind scheut daS Feuer". Bei Caftlemaine pachtete ich einer Gärtnerei, die ich später kaufte. TaS große Buschfeuer hatte sich über ein Gebiet von hundert englischen rSRti len in der Länge und zwölf bis fünf. zehn Meilen in der Breite erstreckt. In der reichbesiedelten Gegend waren Hun derte von Heimstätten dadurch vernichtet worden, darunter auch deutsche, so die von dadischen Einwanderern begründete Ansiedlung Karlsruhe. Ter Schaden war groß, und jahrelanger Anftrengun gen und emsigen Fleißes bedürfte es, denselben zu überwinden. Schuster Knubbe und sein kano nenkugelsicherer ganzer. Knubbe, Schufter. alles HauS Sieht man Tich auch mal wieder? So erscholl eS am Stammtische, als ein neuer Gaft mit ernster, feierlicher Mene gravitätisch auf die Tafelrunde zukam. Ohne sich weiter um die Zuruse zu bekümmern hing er erft feinen altmodi schen Ueberzieher, sogenannten Hacken Würmer, wegen seiner unheimlichen Länge, und den vorfintfluthlichen Cylinder an den Haken und ließ fich dann mit einem guten Abend heute Abend!" krachend auf den Stuhl fallen. Jetzt drangen Alle wieder auf ihn ein. wo er so lange gesteckt hätte und warum er fich nicht hätte sehen lassen, Aber unbekümmert um das Geschrei bt stellte er erft seinen Schoppen, nahm dann einen langen Schluck, wischte fich den Schnurrbart und bequemte fich dann zu antworten: Ja, Kinder Ihr habt mich lange nicht gesehen, und daS hatte seinen Grund. Ihr werdet mich bald übeo Haupt nicht wiedersehen, und daS hat auch seinen Grund, und ich werde Euch sagen warum, oört zu." Nachdem er fich gestärkt hatte, li gann er folgendermaßen: .Als seiner Zeit der Schneider Tome seinen kugel sicheren Panzer erfunden hatte, kam mir die Idee, auch eine Erfindung zu machen, und zwar einen Panzer, wo nicht mal Kanonenkugeln durchgehen. ES wäre vielleicht bei der Idee geblie den, wenn nicht der Zufall, der ja bei allen großen Erfindungen mitgeholfen hat. mir auch beigestanden hätte, und das kam nämlich so: EineS TageS gehe ich mit meinem Sack voll Stiefeln auf dem Buckel abliefern und habe Pech. daß ich die meisten Stiefeln wieder mit. nehmen muß, weil kein Kunde zu Hause war. Vor Wuth kaufe ich mir unterwegs einen Anen und komme so in der Schlummerstunde zu Hause an:, und wen treffe ich da? Meinen Freund Müller. Der sreut fich. ich freue mich auch, und wie wir uns so etwas erzäh len. wundere ich mich im Stillen, daß meine Alte mich noch nicht begrüßt hat, Da meint mem Freund zu mir: .Sa mal. haft Tu keine Kieuzschmerzen?' .Wieso' saze ich. Jüa. ich meme man dloZ." sagte er. Wir reden als weiter, da frat er mich wieder: .Ha Tu noch keine Kreuzschmerzen?" .WaS geht Tich mein Kreuz an?" sage ich und w,ll noch mehr sagen, da steht plötzlich meine Alte mit einem zerbrochenen Besenstiel vor mir. .Du versoffener Kerl, jetzt habe ich eS satt, mich mit Dir noch länxer rumzuärgern. AlleS habe ich versucht, um Tich zu bessern; erft mit Güte, habe dloZ Radau gemacht, dann habe ich einen Aohrstock genom men. jetzt bin ich schon zu solchem din Knüppel gekommen, aber Tu bift schon so dickfellig, daß Tu gar nicht? merkst. wenn ich rich chlaze. netzt in mein Latein zu Ende, ich lasse mich scheiden Und rauS war sie. Ich sehe Müller fragend on: .WaS hat denn meine Altes" Na weißt Tu, daS kannst Tu ihr nicht verdenken, daß fie fich ärgert So wie Du reinkamft. haut sie au Tich mit dem Knüppel los. und Tu thust, als wenn'S Tich gar nichts an geht. Em bischen hättest Tu doch schrem können, oder fange letzt an. dann denkt sie. Tu fühlft langsam." .Ach, mach doch keinen Kohl, ich soll nicht merken, wenn mich meine Alte haut? DaS wäre ja etwas Neues. Aber halt mal." sage ich, .ich habe ja noch den Sack auf dem Buckel. Herrjeh, den hat sie, weil die Lampe nicht brennt. ganz übersehen und immer auf den Sack geklopft. Aber ftille mal, wenn meine Alte haut, das kommt überall durch. oder sollte etwa der Sack ganz besondere Eigenschaften Laß mich mal nach denken !' xa nork mich l'fUUer in meinem Nachdenken: .Nimm'S Dir nicht so zu Herzen, Deine Alte ist Dir doch gut. sonft würde sie sich nicht solche Mühe geben, um Tich zu bessern. Die läßt sich nicht scheiden." Und so uzt er weiter, bis ich die Geduld verlor und ihn einfach hinauswarf. Jetzt war ich ungestört und konnte überlegen. Meine Alte haut gut. daS ift bekannt, und wo die hinhaut, kommt eS durch. Also warum kommt eS nicht durch den Sack. Sollte das etwa ein Fingerzeig gewesen sein? Knubbe. ich glaube, Dn bift am Ziel; also schnell an'S Werk, der Versuch muß gemacht werden. Ich nehme also alle alten Stiefeln. die mir unter die Finger kamen, stecke fie in den Sack, gebe dem die gehörige Faon, und fertig war der Panzer. Nun hieß eS auSproben, ob er wirklich gegen Hieb und Schußwaffen Wasser dicht ift. Dazu mußte der Lehrjunge ran .Fritz, sage ich, komm' mal her, ich will Tich hauen. .Ader Meister, ich habe wirklich von dem SchnappS nicht getrunken, die Flasche muß umgekippt fein," schreit der Junge. .Halt'S Maul. Junge, sage ich. hier ist von keinem SchnappS die Rede ; eS soll eine Probe fein, ich will Dich hauen und Tu sollst nichts fühlen Binde Dir mal den Panzer um." Donnerwetter, Meister, find Sie jetzt besorgt um mich," meint der Junge, als ich ihm den Panzer um hänge, aber eS wäre noch besser, der ginge hinten auch noch rum." Wie er nun den Panzer um bat. sage ich: Jetzt haue ich Dich mit dem Stock, wenn S weh thut, schreist Du." Ich gebe ihm nun EmS. Merkst Tu wasr Nicht im Geringsten, gar nichts. erwidert der Junge. Jetzt haue ich immer toller, der Junge sreut fich wie ein Schneekönig und macht sogar den Vorschlag, weil ich so dabei bin. soll ich ihn sur die ganze Lehrzeit hauen. AIS ich fertig war, stellte ich die erste Tlagnofe fett: Gegen Hiebwaffen un durchdringlich. Jetzt wollen wir eS einmal mit Schußwaffen versuchen, was nehmen wir dazu? Ta ich Nichts zum Schießen hatte, so nahm ich den Hammer, der ja auch eine ganz gute Wucht hat. Ich tchmeike al o ern em vitzchen achte : der Hammer macht nicht 'mal eine Kute auf dem Panzer ich schmeiße etwas for scher: der Hammer prallt wieder ab und fliegt mir dabei auf die Beine. Nun stelle ich mich weiter ab und schmeiße so sehr, wie ich kann ; da schreit der Junge mit einem Mal auf, daß ich denke, der Hammer ift durch und durch gegangen, oder eS war nicht so schlimm, ich hatte ihn bloß auf die Nase ge troffen. So," sage ich. die Erfindung hat fich bewährt, letzt muß mein Panzer einer hohen Commission vorgestellt wer den, wobei mit einer Kanone geschossen wird." Denn TaS hält er auch auS. dafür war ich sicher. Abfr wohin man sich da zu wenden hatte, wußte ich noch nicht, bis eineS TageS ein Kunde zu mir kommt und mich frägt, wozu denn die Leibbinde fei. Tem erzähle ich nun die Geschichte und klage ihm meine Noth. Tie Idee ist großartig.' ruft Ter, als ich fertig war. Knubbe, Ihnen oll geholfen werden. Ich dm nämlich im Verein Eyemaiiger Säuglinge. Wir haben am Sonnabend Wurftessen, dazu laden wir alle Offiziere und Mini fter ein, Sie kommen mit dem Panzer hin, für die Kanone werden wir for gen, und oas ueorige wiro nq iqon finden." Keiner war nun vergnügter, wie ich. Mit meinem Lehrjungen mache ich mich am Sonnabend auf die Strümpfe und gehe hin. Hier wurde ich gleich von meinem Kunden in Empfang genom men. Ter stellte mir den Vorsitzenden vor. einen ziemlich auZzewachsenni Säugling, dann nsch vnlchieder, an bete Herren : a!S Generäle und Mini fter (die waren aber gar nicht stolz, ich mußte gleich mit ihnen E:nS trinken). Nach einer Weile mußte ich dann auf die Bühne. Hier war schon sür AlleS gesorgt. Eine Kanone stand da und daneben ein Soldat. Mir wurde doch ein bischen anders, als ich die Vsrde reitungen sah. Jetzt kam die höhere Commission an und prüfte den Panzer auf seine Ftstiz keit. Einer redete wie 'n Schneider, denn er sagte, der Panzer ht gar lei nen Taillenschluß. Ein Anderer gab mir plötzlich so 'n Fußtritt vor dcn Bauch. resZektive bor den Pcnzer. daß ich beinahe von der Bühne gefallen wäre. BloS der Wissenfchz't halber !" entschuldigte er fich. Nun sollte geschossen werden. Also muthig 'ran. Gott verläßt U's.tn Schu ster! Wie ein Feldberr gab ich meine Befehle: .Junge. Tu stellst Tich hier an die Ecke und wenn eine Kugel vorbei geht, schreist Tu : Bahn frei!" sage ich zu dem Jungen. .Sie. Soldat, schic ßen Sie genau nach der Mitte vom Panzer, da ist er am dicksten." Jetzt aufgepaßt. Achtung ! Feuer! Wie ich merke, daß eS gar nicht weh thut, kriege ich Muth, commandire wieder .Feuer !" noch 'mal .Feuer!" Schnellfeuer! Ich stehe wie angewachsen, bis der Soldat sagt, er hat keine Streichhölzer mehr. Ta erschienen die Herren von der höhe ren Commission wieder auf der Bühne, nehmen mir den Panzer ad und unter suchen ihn. WaS soll ich Euch sagen ; fie langen auS dem Panzer eine Menge Kugeln 'rauS, und was das Merkwür digfte war. der Panzer hatte nicht 'mal ein Loch. Ich konnte TaS auch erst nicht begreifen, bis mir mein Kunde TaS folgendermaßen auseinandersetzte: .BiS daß ein Loch wird, dazu braucht eS Zeit. TaS wissen Sie ja am besten bei den Stiefeln. Wenn diese gut ge macht find, dauert eS mächtig lange, bis fie entzwei find. Nun ist der Pan ,er auch sehr gut gemacht, da hatte die Kugel gar keine Zeit, ein Loch zu mache,." TaS war ja ganz klar. Nachher wurden noch viele Reden auf meine Erfindung gehalten. Jeder wollte mit mir anstoßen. biS ich von dem die len Anstoßen anfing zu wackeln. Mein Kunde brachte mich dann nach Haufe, und unterwegs sagte er mir. wie ich mich zu verhalten habe. TaS Beste ift. Sie machen, als wenn gar Nichts wäre. Setzen Sie fich morgen auf ihren Sche mel und arbeiten. Gefallen hat d Erfindung, TaS ift keine Frage; eS kann nicht lange dauern, dann kommt eineS TagcS eine Gummi'Kutfche vor gefahren, ein Minister steigt auS und sagt zu Ihnen: Herr Knubbe. Sie find zum Kriegsminister erwählt wor den. Und nun denken Sie sich, was das Furore macht, wenn es heißt: direkt vom Schufterschemel zum Mini ftersessel." Nun, lieben Freunde, habe ich Euch AlleS erzählt, damit Ihr Euch nicht wundert, wenn mein Keller 'mal zu bleibt, jetzt muß ich gehen, dielleicht wartet ein Minister schon auf mich, und wenn ich 'mal mit meiner Kutsche an Euch vorbei fahre, könnt Ihr mich dreist grüßen, ich grüße wieder." Tas Ei deS-Herrn ZMnttU Vor ber neuen Wache unter den Lin den Berlins liegt innerhalb des eisernen ZauneS ein fußhoher Stein, auf den der Posten tritt, um nach vorüderfah renden Hofequipagen und Generälen Ausschau zu halten. Nachdem die neue Wache fertig gestellt war. nel eS dem König Friedrich Wilhelm III. von dem Eckfenster feines gegenüberliegenden Palais auf. daß der Posten nicht über die fich vor der Wache ansammelnden Menge hinwegsehen konnte. In seiner gewohnten Kürze sagte er zu Köckritz : (schimei nicht Soldat gerne en, armer Posten muß fich den Hals ausrecken." Der nicht gerade durch Geistesschärfe fich auszeichnende General begab fich. nach dem er vom Könige entlassen war. so fort zur neuen Wache, um dem Uebel stände auf eigene Faust abzuhelfen. Er besah sich die Sache, bestieg scheinbar mit einem Entschluß eine Droschke und fuhr nach Schinlel'S Wohnung, der ihn sehr freundlich empfiang. .Ist Ihnen da ein faux pas pasftrt, lieber Ge heimrath," begann Köckritz mit Gönner miene. Der Posten an der Neuen Wache ift nämlich zu niedrig postirt. kann nicht sehen, wer vorübergeht, ift Majestät höchstselbst schon ausgefallen. Brauchen aber nicht zu erschrecken, geht abzuändern, brauchen den Straßen dämm nur zwei Fuß niedriger zu legen ift daS reine Ei bcS ColumduS" dieses geflügelte Wort wandte Köckritz mit Vorliebe an. .Unmöglich!" rief Echinkel, .bedenken Excellenz die Ko ften." .Im Interesse deS Dienstes giebt'S keine Kosten." erwiderte Köckritz. und einen anderen Ausweg auch nicht!" O. doch!" erwiderte Schinkel. .wenn Excellenz morgen bei der Parole ausgäbe an der neuen Wach: erscheinen. oll die Sache arrangut sein, ohne daß ein Stein aufgerissen ist." Köckris empfahl fich mit zweifelnder Miene. Als ihm Schinkel am nächsten Tage den neu aufgestellten Sandstein zeigte, schlug sich der alte Herr verwundert die Stirn und rief: .Nun will ich aber nie mehr vom Ei deS ColumduS reden, sondern nur noch vom Ei deS Herrn Echinkel!"