Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 16, 1898, Image 6

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pitalshergabe planmäßig war sein
Verhalten im Hause Burghaus, rlan
mäpig seine :)fad;e, dir nur Liraridrw
verdrängen sollte, xlanmaxig seine
Etablirung, die nur den minirten
in M.
xijuuuic buui n iti 4 1 4 1 v ti i'i i -v i'
dingurigcn zu Wcntjsl zuruckführcu
sollte.
Und nun starb der Mann ss schlank
weg k? gab keine Möglichkeit mehr,
diese Dummheit gut zu machen!
Wenfccl erschien die Zukunft öde und
leer, Johannes war todt! Es war der
erste wirkliche Zchmerz in seinem
Veben, und ein schwerer Her;kramps
die falgc der erste wirklich bedrohliche
Wendepunkt im verlause seiner rank
he it.
,.wei stunden schwebteer in Veben?
gef'ahr und annli wußte nicht, cd
jenes Testament noch zu Recht bestand
oder nicht.
?er Sinter verlief sehr nnerquiek
lich. Zenvel war leidend, kam gar
nicht los von den Aerzten und tiuicn.
Und im Hause war der Uns rieben in
Permanenz, jxannlt begann der 2aclic
miide zu weiden ; sie vernachlässigte
ihn, ging wieder hausiger in's Thca
ter, verkehrte bereits wieder mit ehe
maligen olleg.'.t. Ja, sie vergaß sich
so weit, mit der Tanle in dcn Vorbeer
kränz" zu gehen. Dadurch entstand das
Gerücht, daß sie sich scheiden lassen
und zur Biihue zuriicktehren wollte
was ihr natürlich nie in den Zinn ge
kommen war. Nachdem der Frühling
gekommen, konferirtc 'enyel endlos
mit seinen Merzten wegen der Äahl
des Kurortes. Man entschied sich siir
einen beliebigen Aufenthalt im Ge
birge, irgend einen bewährten Vr.si
kurott.
entzel wollte seine Ztait mittteh
men, enn immerhin war sie seine
ffrau und im jirankhcitsfalle wlie er
sich lieber von ihr pflegen lassen, als
von jemand fremden. 2e freute sich
auf die Badereise, auf die erste, die sie
als wirkliche Dame machen sollte.
Denn bisher Halle sie die Badesaisonö
immer nur als Mitglied dcs betreffen
den kommet theaters keimen gelernt.
Mit frohem (Lifer ging sie daran, ihre
Toiletten herzurichten. Da kam eine
unerwartete Sendung, ih?cnijel sagte
eines Tages :
Ich Habe mir's anders überlegt:
Du kannst mit der Tanle an die öee
gehen, witl'l a froh sein, mich los z
werden. Ich denke, Ihr geht nach
Heringsdorf.-
Hälte aniili nicht eine falle gewit
tert, sie wäre vor Freude gesprungen.
2.0 aber war sie mißtrauisch und
forschte ängstlich nach dem (runde von
ent?els Zinnesänderung.
(5r hatte augeblich noch einen ande
reit Arzt tonsuitirt. der ihm vor Allem
eine völlige Aenderung der gewohnten
Lebensweise dringend angcrathen;
Trennung von seiner ratt. Einsam
sei t, Nalur nm (otteö willen keinen
fashionablen jlutort.
lind wohin gehst Du?"
Irgendwo ach Schlesien. Ich
weiß noch nichts Genaues. Da sind a
eine ganze Unzahl kleiner Bäder ich
werde mich in Breslau noch erkun
digen!" 3ie schwieg. Da siedle etwas
dahinter. 5ie glaubte mich sich zu
erinnern, daß die trandows irgendwo
in Schlesien hausten; aber sie ließ ihr
Mißtrauen nicht merken. Anscheinend
ruhig ging sie auf seinen Vorschlag
ein, in zunächst in Heringsorf seine
Adresse zu erfahren. Sie begleitete
ihn zum Bnhnhvs, blieb unbefangen,
wurde fast zärtlich.
öiaum war er abgereist, als sie auch
schon zum Hausarzt eilte; aber der
wußte nichts; er halte ihm eine hoch
gelegene Schweizer Pension emvfohlen,
vielleicht würde sie beim Anwalt
etwas erfahren, der ja sein BertrnuciiS
mann war, so weit man dies bei
Üentzel überhaupt sein konnte.
Aber dem geriebenen Juristen gegen
iiber hieß eS geschielt vorgehen, fannh
überrumpelte, ihn; nach einer gleich
giltigen Einleitung Wendel Halle ein
geschäftliches Aktenstück liegen lassen,
das sie dem RechtSamvalt überbrachte
ließ sie ganz obenhin die faage sal
lcn, wie es denn den StrandowS gehe.
Ihr wäre eben auf der Straße gewesen,
als hülle sie dcn Herrn Lieutenant an
sich vorübergehen sehen. DaS würde
wohl ein Irrthum sein, meinte der
Doktor Zternheim, die Strandow
säßen in Wcinsdorf in Schlesien, und
eS stände sehr schlecht mit ihnen.' Sie
hallen ihn erst kürzlich in Anspruch ge
nonimen in einem I' 't,.'ventionspro
zcß, in welchem gepfänocte Möbel als
das Eigenthum der Iran reklamirt wer
den sollten.
(Geschieht ihnen recht," meinte
fannn gleichgillig, sie wolltcn'S nicht
besser haben."
rau faitny wußte genug. Sie
glaubte auf der Spur zu sein, lim doch
im Charakter zu bleiben, sagte sie zu
dem Anwalt :
Das diiifcn Sie meinem Manne
nicht sagen, lieber Herr Doktor, ei
seinem weichen Herzen und der alten
Beziehung könnte ihn das ausregen!'
Ihr Herr (emahl weiß es," sagte
Sternheim, er hatte mich dringend
nach ihnen gefragt. Uebrigenö schien
er zwar betroffen, aber ganz und gar
nicht aufgeregt."
Um so besser!"
Auf dem Postamt erfuhr fanny end
lich die .Adresse ihre Mannes: Bad
Wcrnsdorf in Schlesien! Nun sah sie
vollends klar. Dcn StrandoirS ging es
schlecht und das machte ihrem Manne
Vergnügen. Einen größeren Gefallen
konnte ihm B.'aldeinar nichk erweisen.
Nun fuhr er bin, um vielleicht dcn
(roßmülhigen zu spielen. Und wenn
das Testament noch nicht umgestoßen
war, so konnte es leicht geschehen, da?
er iid teti vieler ni'.l dcn Slrnndol""
muUie. Dos m.!i::e itc cf i.'dcr.
fall teitindetn.
Uni sie erklärte rcr 2anu, daß sie
sich küischlossea babe. i cut nirlt nach
Heiiagsdcif zu geben, daß iie viel
mehr ihm nachieiie. 2ie habe sich
überzeugt. nan dütie Herrn jentzel
nicht allein lassen.
,1. Kapitel.
furchtbare fauhlingssliirme mit
Hagel. Schnee und wuidenden Regen
guiien laiien um das kleine Ztalions-
- . 1- V , 1 .1 --V.. .1 . Inll). i .
gtUUUCf Ut lllll Ulf, Ul 111141111 fit
es demoliren und damit jede Zpur des
Traumes ven der kleinsten Hütte"
vertilgen.
Und wenn es den Stürmen gelungen
wäre, wenn die schlecht gesagten fach'
wände eingestürzt wäicn cs häne
nichts mehr zu zerstören gegeben.
Denn die da diinnen lebten nur noch
dem Namen nach. Sie lebten nicht ge
nug, nicht muthig und kräftig genug,
um freiwillig zu sterben.
freilich. Ei'elinc lebte für ihr iind,
für ihren Zohn. Aber was sollte mit
ihm werden? Sie war kein gedanken
loses Geschöpf, keine faau, die sich
dinwcglänschen konnte über die reale
Wirklichkeit : sie war eine stark reslek
tirendc Natur. Und dcr Bcsit) dcSin
dcs, wie sehr er sie auch beglückte,
konnte sie nicht entschädigen für ihre
zertrümmerte Existenz.
Alle ihre versuche, das (Ml iie? oder
auch nur das (Icichgeivichl hcrzustel
len, hallen sich als vergeblich erwiesen.
Valdemar blieb melancholisch sinsler,
böse gelaunt. Die Einförmigkeit und
Hoffnungslosigkeit dieses Daseins hat
ten ihn besiegt. Zu stark lebte in ihm
die (Gewöhnung an angenehme, sorg
lose Tage; zu gering war es gewesen,
was er an idcrsiniidekraft auszubie
ten vcrmvchle. Und jeyt war er endlich
erlegen.
Mit wahrer Engelsgeduld halle Eve
linc Anfangs seine Stimmungen, jin
verdüstertes Zcscn, seine manchmal
nahe an Härte streifende verschlossen
heit eitragen. Immer wieder hatte sie
versucht, wenigstens für Augenblicke
Vidit in dieses Dunkel zu bringen
umscnst. Er war nicht, wie sie, im
Stande, sich an dem idealen Viedcs
gedanken aufzuranken.
Und statt ihten Bemühungen sich
dankbar zu erweisen, nahm er eines
Tages, als ihm dic Sache wohl uner
träglich werden mochte, Urlaub, ging
nach Bicslan, wo er eine .'ochc lang
tollte und kneipte.
Run riß abct auch Evcünen die (Me
duld. Und es kam daö traurigste Sta
dium, das der gegenseitigen Borwürfe.
Evelinc empfing ihn mit bitleren
Werten. Wenn er sich einem ein
fachen, nüchternen Veben der Pflicht
eifüllung nicht gewachsen suhlte, so
hätte er sie nicht heiralhen dürfen.
Und er war herzlos genug, ihr vorzu
werfen, daß sie über die wirkliche Vage
ilueS Katers so blind gewesen.
Dann erschraken sie Beide, daß cs so
weit gekommen war. Und sie cinpfan
den inniges Mitleid mit einander,
überhäuften einander mit Zärtlich
keiten, aber sie fühlten Beide, daß
diese neuen Herzensausbrüche nicht
Sliinplome des Glückes, sondern des
Unglückes waren.
Das öcind, ein hübsches, muntercö
Knäbchen von jcyt dreiviertel Jahren,
winde ihnen eine Quelle neuer Bitler
niß. Denn was sollte aus dem Kinde
werden, da sie selbst nur mühselig das
Veben fristeten. Und in all' die rei
zenden Momente hinein, die sonst ein
junges Paar im Spiel mit seinem
Kinde so beglückt durchlebt, fiel der
düstere Schatten der Vergangenheit, der
keinem zukünftigen Sonnenstrahl ge
stattete, bis zu ihnen zu dringen.
Schließlich schien ihre Vage zu einet
furchtbaren jialaslrophc heranwachsen
zu wollen. Nach langem Prczessiren,
Verhandeln und Pakliren um den Nach
laß des Vaters ach nur zu lange Halle
man auf die paar fertigen und halb
fertigen Modelle unbegründete Hotf
nuiig gcseyt ! siel jeyt ein hart
nackiger (gläubiger mit Wuth über sie
her. Mau bot ihm Nalenzahiungen,
cr bestand auf sofortiger Befriedigung.
Waldcmar erklärte ihm, daß das be
scheidene Mobiliar und so weiter aus
schließliches Eigenthum seiner faau
sei, daß nachweisbar Stück siir Slück
aus dem Besitz ihres Vaters stamme.
Und sie hosflen, die Sachen damit bis
auf Wci leres vertagt zu haben. Wenn
man im Wasser ist, muß man vcr
suchen zir schwimmen. Sie waren im
Elend und sie gaben sich Mühe, es zu
tragen. Die Prozesse hatten sie arg
mitgenommen. Aber wenn auch Eines
von ihnen dachte, besser nicht zu leben
als so Keines Halle doch den Muth,
cs auszusprcchen. Nur als einmal mit
der Abholung der Möbel gedroht
wurde, hatte Evelinc aufgeschrien:
Was soll aus uns werden!"
Mit starrem, finsterem Blick deutete
Waldcinar hinunter nach dcn Schienen.
Da wurde sie zornig und rief :
Wenn Du Dein Kind umbringen
willst, so thu's, aber ohne mich! Ich
bin nicht feige genug dazu!"
Und Waldemar lenkle ein und enl
schloß sich, an den Berliner Anwalt zu
schreiben, damit dieser zu Eveliuens
(Gunsten inlervenire und so dic Möbel
rette.
Dann kamen die Elcuienlarereig
nissc. dic sie abzogen, das heißt cigenl
lich Waldemar. während seine fiau
nur mittelbar betheiligt wurde. Dic
(ilssc und Stürme, dic das Häuschen
erschütterten, dic in die diinn'ii Wände
klaffende Nissc schlugen, als wollten
sie sich decken mit ihrer symbolischen
Bedeutung, machten Waldemar zu
schaffen, ließen ihm Tag und Nacht
keine N'uhc.
Vom Gebirge hcr rasten dic cntfes
selten Wasser, unterwuschen das tc
leise und gefährdeten dc Brücken.
Und seht erfüllte sich auch einer von
den Wünschen Wnldciiiars: der sonst
stumme Telegraph spielte c-t unauf
hörlich die Gefahr breitete sich aus.
Aus einmal erwachte Waldemar aus
seiner Apathie, besann er sich, daß er
etwas war, etwas konnte.
Da war icncr Bahnwärter, dcr c'.,'
Vi'ur .tr:.r: ,.:: ; r !:.;$
1;j::mj, :cx i l'.r ... :v t:r.;:ur
dem P?ilc. 'N.t im reilMuNtte Xcr
uno,e ituiin'.or.'M'iclier, r:r.d r.o Bei
ten verstanden i;j.
2tc!t;e iei Ließ ter Ma::;'. baue
eben einen, uvr.u c.:..h r..a ganz I ic:r
Nau'ch ; tu'.ui rileute er bei öfters
forsch zu sein, lli'd nun iicllre er ich
dem Herrn vicu:n:ant. Die reute
konnten auch auf dem faldc ett nichts
Ihuii; überall e.ab's miißige ageleh
ner. Da k?irnte Waldemar mit seinem
5lllic ivahrc Waiik.iN'erke i,1akscn.
Gerade seine sonst sagciahrtete strecke
blieb fahrbar.
Aber eines Nachts raste ein tclles
faühling?gewiller ti:vch die Zhal
mulde. Um da? Stationsgebäude
blauste und jinste der Ziurnr. immer
,eue Wa'crmai''en über das langit
ausgehöhlte (eleiie sö leudetnd. Und
Stoltje kam und meldete, daß man die
Brücke, welche iiber tie .Aupc" siibne,
nur noch mit einem guten farnglase
sehen könne, und auch das nur, wenn
man sie sich in betanken nlonmnireu
wollte sie schwamm nämlich, in ihre
Bestandtheile zerlegt, weit draußen auf
dem Meere, das auf der Wiese wogte.
Aus die kclcaiavliische Meldung nach
der größeren Station hin war der Be
scheid eingelaufen, ten Kurierzug hin
ter Wernsdmf an tct Unfallsiiclle bal
ten zu lassen, ein Noibgeleise sollte
daneben gelegt und qus dieses der Zug
milleist einer gleichfalls provisorischen
W, iche geleitet werden.
Hierzu ließ denn auch Waldemar
sofort die Verarbeiten aufnehmen,
selbst mit wahrem fauereiser überall
mit zufassend und überall kräftigst
unterstützt von dem aus die Intentionen
des Herrn Vierücnaut mit Verständniß
eingehenden Slclr.e.
Man wäre ohne Schwierigkeiten
rechtzeitig fertig geworden, wenn nicht
in leyler Stunde eine ganz bedenkliche
Störung dies verhindert hätte. (Regelt
Abend stützte nämlich südlich vom
Stationsgebäude, n!io auf der, der
Aupe-Brückc cntgegengcseDlen Zeile der
Strecke, ein großes Zlück Bahndamm
ein; die Wassermaijen hallen auch hier
Alles unterwühlt. Und nun hieß es,
vor Allem an dieser stelle Hilse schas
sen, damit wenigstens von einer Seile
her die Zufahrt zur Station frei wurde.
Es war inzwischen fast fiebert Uhr
geworden ; dic Ziidsticäe war vassi:'
bar. Aber jenseits, an dcr gesunke
nen Briickcnstclle, hatten inzwischen dic
Arbeiten ruhen müssen und sollten nun
mit verdoppelten Kräflcn wieder auf
genommen werden. Während eben
Waldemar, dem es heute wieder ans
den Augen blit-tc. ivie in seinen schön
steit Tagen, die erforderlichen Weisun
gen gclicrr wollte, kam den Waldweg
entlang, mit sechs Pferden bespannt,
ein großer Hol zweigen daher, beladen
mit einer gewissen Art von buchenen
Krurnmstücken. wie solche die Stell
niachcr für Radfelgen und AehnlickeS
verarbeiteten. Die V-.ibuiig gehörte,
wie Waldemar sofcct erkannte, dein
fiskuö und in demselben Augenblicke
auch kam ihm eine teile Idee.
Dieses Krummholz, richtig verwert
det. mußte sich zu einer fahrbaren
Brücke verwenden lassen. Waldemar
halte eine ähnliche Konstruktion ein
mal auf dcr Ingenieurschule als Preis
aufgäbe geliefert.
Donnerwetter! Das war doch wie
der einmal eine Aufgabe! Da fühlte
man doch wieder einmal, daß man noch
Blut in den Adern hat.
Und chc er' selber recht bedacht,
Halle cr dem Wagen Halt geboren und
zehn Minuten später lagen die Hölzer,
zur Verwendung bereit, dicht neben
dcr Unfallsstelle aufgestapelt. In
zwischen waren aus dem Sialionshausc
Aerle herbeigeholt unter den Arbei
tern fanden sich auch Ziinnrcrleiite
und mit einer Schnelligkeit, die nur
vcn der .Kühnheit des ganzen (Gedan
kens übertreffen wurde, war Waldemar
daran gegangen, hier eine Nolhbnicke
siir den Schnell;' über die Aupe zu
schlagen.
Stelr-e hatte wieder getrunken. Wal
dcmar selbst hatte ihm Kognak ge
geben; aber nm so begeisterter, um so
verständuißi'iiiigcr ging der ehemalige
Pionier auf die Weisungen des Herrn
Viculenant ein. Wenn die Brücke nur
bis wenige Minuten vor zehn fertig
würde, dann konnte man es mit einem
Kurierzuge, der ja nur so darüber hin
wegwischte, schon rislircn. Die Per
sonenzügc natürlich, dic vorher und in
der Nacht passirtcn, die winde man
halten lassen müssen.
Waldemar meldete an die nächste
Station, die Strecke bei Wernsdorf
sei siir den Kurierzug fahrbar. Und
als um zehn Uhr dcr Zug die Stauen
passirre, dabei we immer sein Temvo
ein wenig mäßigend, schwang Walde
mar sich leicht auf das Trittbrett der
Vokomotivc und kam mit dem Zuge
schlankweg über die Brücke. Er hatte
dcn Zugführcr zum Einsehen vollen
Dampfes zu veranlassen gewußt ; und
so war das tolle Abenteuer geglückt.
Ein langsam fahrender Zug hätte
unfehlbar stürzen müssen. Diesen mit
BlirzugSgcschwindigleit davoirsausen
den Train trug s. Waldemar verblieb
aus der Vokomotivc bis zur nächsten
Station, von wo aus ihn ein a tcinpo
kreuzender Zug in kurzer Zeit zurück
brachte.
Das ganze Hrisarenstückiein haue
Waldemar momciitan gehbbcn. Er
fühlte sich wieder. Evelinc. dcr cr am
V?r.'5t, seinen kunstvollen Bau zeigte,
nd in feinet leidenschaftlichen Weise
en ganzen Hergang danielttc, bewun
derte ihren Watten, und sofort belebten
sich ihre gesunkenen Hoffnungen, Aber
man halle sich trctrerdii'gs einer schönen
Täuschung hingegeben. Waidemars
tollkühnes Vorgehen fand sehr verschie
dene Aufnahme. Zunächst er folgte turn
Bretfau ans telegrafisch eine Nuac,
über die er lachte. Ja, im faldzuz
lliittc ihm dieser Streich einen rrer.t
eingetragen, ein Atvruecincnt liier
aber hieß es in ganz anderem Sinne wie
beim Militär : Crdre rarireii.
Dagegen kam noch an demselben
Abend ter Eisenbalmiitgenirtti itiil
einer Arl-cilerkelennc. im; au deu
Bau einer r:."'.:lied;teu Nrll'.b'.a.ke ;.u
u',:e g. ;ad:;;;
ir.:itt.::!!;:;e;:eii
utdew.iKS emul ,
geben, i .r '.Viaun 1
ül d d:r n..:
Xruut:iil!iizt'i"i W
werb.
Das in eine teile, aWi e.ir.iale
Sach. !" tret er reguliert mu .Meir.ii,
nie find Sie dazu gekommen
Er zeichnete scferi die Bru.ke. deren
Verbindungen allerdings aus einer
originellen Verwerthung der gebogenen
flache beruhte. Dann begann er c
feine Aibeit zugehen. Und bei dieser
(Gelegenheit lernten die beiden venie
einanter kennen. Der Ingenieur stand,
wie er sagte, im Begnis. aus dem
Staatsdiennc ariszuireteii. und für
eigene Rechnung einen Bahnban in
den Donanlandern zu iinlcrnchmen.
eine Sache, die nicht rinrde fachinan
in nahem Wiade reizen koniilc. sondern
auch sicher ein gutes Stuck Weid ein
trug, freilich gehörten clwa hundert
tausend Mark dazu, um die nöthigen
Anschaffungen. Warantien und so wei
ter leisten zu kennen. Die Halste die
scr Summe habe er, der Ingenieur,
''ich bereits gesichert ; teit Nest mnise
hin ein Socius beisteuern.
Und da waren Sie mir gerade dcr
'echte, Herr Vieritenant, wenn mich
licht Alles lauscht."
Waldemar zuckte die Achseln. Wc
riß. was er über seine Vergangenheit
zcsagt hatte, konnte Jenen sehr wohl
zu dcr Annahme verleiten, daß er,
Waldemar. der rechte Mann sei. aber
Ich habe ja lein Weib," sagte er
zcdnickt.
Daö will gar nichts sagcn. Ver
.'hi teuer," tröstete ihn der faemde.
Sie sind ans guter faiuilie; wenn
ich Ihnen das erforderliche Material
zur Begründung Ihres Weldgefnches
in dic Hand gebe, kann es Ihnen
nicht schwer sollen, einen Betrag von
sunfzigtansend Mark anzuschaffen.
Zudem haben Sie noch fast zehn Wochen
Zeit. Bis zum ersten Juni können
Sie sich entscheiden, so lange bleibe ich
Ihnen im Wort."
Von nu an begann wieder eine
ruhigere Zeit. J:r Waldemar war dic
Hoffnung von Neuem erwacht, die
Hoffnung aus Erlösung. Wewiß, er
halle ja Beziehungen ; sollte es wirk
lich so unmöglich sein, das erforderliche
Kapital zu erhalten?
Aber cs war nur ein blasser Sonnen
strahl nach schweren Stürmen. Neue
Stnrmwolkcn kamen, Drohungen und
Pfändungen. Dazu abschlägige' Ant
Worten ans Waldcinars wohl recht ruibc
holfenc Bemühungen, sich Kapilal zu
verschaffen.
In dcn lebten Mailagen kam ein
schmeichelhafter Brief von dein Inge
nieur, der sein Anerbieten in aller
farnr und mit allem Nachdruck eritctite.
Und nun brach Waldemar völlig zu
säumten in seiner grenzenlosen Chn
macht. Da bot sich die Möglichkeit, zu
Ehren und Einkommen zu gelangen,
sich zu bethätigen, etwas zu leisten,
wirklich ein neues Veben zu beginnen.
Aber die siinsziglarisend Mark fehlten
ihm, ihm, der als der Erbe eines Wntes
im Werthe von fast einer halben Mil
lion aufgewachsen war. Ihn siiirzlc
eine solche Vumxcrci von Neuem in den
Abgrund.
Und wer war schuld an diesem Iran
rigen, aller Wahrscheinlichkeit nach nie
wieder gut zu machenden Endergebniß?
Evclinc! Natürlich sprach cr cs nicht
ans. Aber gerichtet! 'Mit Wonne
ja, wirklich mit Wonne Halle sie sich
auf die Schienen gelegt, sie sammt
dem Kinde wenn es nur geholfen
hätte ' faeilich, er konnte dann ruinier
noch eine wohlhabende faau bekom
men. Aber sie kannte doch seine ehr
liche, im Wrundc gute und aufopfernde
Natur er hälle den Scclenvorwurf
nie los werden können, würde noch
unglücklicher geworden sein. Netten
wollte sie ihn, nicht strafen!
Waldemar Halle mit der Antwort
e.n den Ingenieur gezögert, weil cs
ihm gar so schwer wurde, solch' eine
Herleite, stelze, schöne Hoffnung end
gillig zu verabschieden. Und nun war
der erste Juni da. der Tag, an dem
zum ersten Mal wieder der Kuiicrzug
in Wenie-dorf hicll.
Der Stationsvorsteher war auf sei
nein Posten der Zug hatte nur eine
Minute Aufenthalt. Da einwand sich
dem Koupe zweiter Klasse mühselig
ein sehr beleibter Herr der erste Rei
sende, der in diesem Sommer hier mit
dem Kurierzuge landete. Unwillkürlich
faßte ihn Waldemar in's Auge er
prallte zurück : Herr Wendel! Und
der Kerl grüßte sogar; Waldemar
darÜe nicht. Sie wechselten einen
feindseligen Blick.
Wendel schritt auf den Omnibnö zu;
dcr Kutscher hatte schon vorher laut
die freudige Botschaft verkündet: Ei
Wast habe telegraphisch Platz bestellt.
In Waldemar schäumte eine Negnng
wüthenden Hasses ans. Dieser Mensch
hatte den Nuin seines Schwiegervaters
auf dem Wewisfcn, damit auch den
seinen, Waldemars! Und was wollte
Jener hier? Was führte cr vielleicht
noch im Schilde? Besser, Evelirre er
führe nichts von dcr Ankunst dieses
Herrn Wentcl.
Aber an demselben Abend, während
dcr Vastzug mil Personenbesörderiing
abgefertigt winde, was Waldemar fast
eine Viertelstunde in Anspruch nahm,
gewahrte Eoclinc den neuen Kurgast.
Sie saß, den kleinen Hellmuth auf
dem Sckiooß, in dcr nun wieder schön
begrünten Bohnenlaube. Da ging ein
Herr in den Anlagen spazieren und
grüßte sie höflich.'
Auch sie erkannte Wendel auf den
ersten Blick. Es war ihr auch sofort
klar: der hatte gehört, daß cs ihr
schlecht ging und er wollte sich dic
Sache in dcr Nahe ansehen. So sehr
verwunden sie im allerersten Augen
blick gewesen, so klar erschien ihr jel-l
Alles da war gar nichts zu verwun
dern !
Ein W.u:e!w.rbeiter ans Bad Werns
dorf, der eben Phlox, Nelken und
andere billige Pflanzen einsetze, sagte
zu ihr iu seinem echt schlesisclicu
Dialekt :
Da Hcrre that' siege, ob da Inä'igc
?wa iniinci do jii.:eu thun?"
Es durchzuckte sie: ihrelween
wo: et' g,I einigen !
Ninlb.ii iitiil". iie, daß er
lltl)',
u
u.
cingUieiseii. Al'ends wieder gelem!:
sei und e,:i t'las Bier in de, Wuth
jchatt bestell: und dies flehen gelassen
habe er war irrn ihretwegen da !
Jeft nahmen sie in der Velinen
laut's das Abendbiod. es war ein wenig 4
kalter Brate. Evelme hatte jetzt ein I
Abkommen mit dem Wirth vom Kui- '
hause da blieben manchmal ganz
hübsche Stückchen i brig. Aber E?eline
kennte nicht essen und auch Waldemar
ariff nicht zu, wie sonst bei solchen
Tafelfrendeu.
Was in Dir. Waldemar?" fragte
sie bekümmert.
Nun. ich muß beute dem Herrn
Sticbcr abnliciben !" sagte et, es ist
die höchste ,ut !"
,5 Im 's noch nicht!" tief sie, ich
habe eine Idee."
Er zuckte die Achseln.
Sie sah ihn nachher im Amtszim
mer fitzen und Ichieibeii.
Draußen aus dein Bahnsteig ging
sie aus und ab. sah sein bleiches, ver
hämiles Wejicht über den Biiesbogen
gebeugt, die zuckenden Vippen, das ge
lichtete Haar, den stieren Ausdruck der
einst so leuchtende Augen. Ihr war
zum Sterben! Ein Bild des Elends
saß et da und sie. sie allein war schuld
daran! Cl) ihr durfte kein pfer zit
groß sein.
Und in ihr reiste ein entscheidender
Einschluß.
Es war an, folgenden Nachmittag.
Draußen stand det üTnimbu ans Bad
Wernsdoi s ; Waldemar erpedirle eben,
den Pcrsonenzug, der heute leine Pas V
sagiere gebracht hatte. Inzwischen Halles
Eoelinc, den Heilten Hellmuth im
An, im Omnibus Platz genommen,
das Kind zierlich gepuvt. Sie hatte
geglaubt, nnbeineilt davonzukommen;
im lebten Augenblick aber hatte Walde
mar sie erblickt und trat verwundert
an den Wagen.
Ich habe eine Kleinigkeit zu be
feigen," klärte sie ihn ans.
Mochte sie doch! Das zcrstrcule sie.
Und er wuille ihr ein freundliches
Vcbcivehl. Um halb acht Uhr Abends
kam dcr Omnibus wieder zu dem bc
schleu.iigten Pcrsonenznge." Dann
winde wohl auch Evelinc mit dem
Kinde kommen ; der Kleine lief rrallir
lich noch ichl, wenigstens nicht weiter
als dic Bohiiculaiibe lang war, cr
mußte also getragen werden.
Der Ciiiiiibns taut immer sehr früh
zum Zuge; der Kutscher hatte zumeist
noch Weräck aufzugeben, auch sonst noch
immer Mancherlei zu besorgen.
Vangsam und schwerfällig hottclle
der Wagen heran! cr war leer Wal
dcmar sah es und wurde unruhig.
Warum kam Evelinc nicht mit? Es
war dies ter letzte Wagen übcrhaupl;
sie mußte also mit dem Kinde laufen !
Ein Versäumen war in dem kleinen
X?rte unmöglich, der Kulschcr warlctc,
wo imincr man cs von ihr vcrlangke.
Waldemar schnauzlc dcn Mattn an:
warum cr nicht aus die gnädige faau
gewartet habe? üj, cr Hcrbc zwei Mal
gerufen, vertheidigte sich der Fuhr
mann, aber der dicke Herr, bei dem die,
gnädige faau zu Besuch sei, habe ihm
vom Ballon aus zugerufen, er solle
nur zufahren.
Einen Augenblick war Waldemar
verblüfft, er glaubte an ein Mißvcr
ständniß. Da suhr es ihm wie ein Blitz,
durch den Sinn: Der dicke Herr,"
das war Wentzcl, und Evcline halle ihn
aufgcfuchi, um ihn um Hilfe anzugehen.
Und wieder durchzuckte es ihn wie ein
flammender, sengender Strahl.
Schon wollte cr, von unbezähmbarer
Wuth befalle, daronstürzen, da signa
iisttte eben der beschleunigte Personen-
i ;,.
Der (VUijiBcg nach Bad Wernsdoi s
führte an dem Bahnu-ärlerhäuschen
NarüiiUT huitdcrtjicbeuunönciüijig oor
hct. Sielte, nehmen Sie doch für mich
een Zug ab! Ich habe düngend oben
zu thun."
Z dienen, Herr Viculenant," ant
werlele Sloltze, wieder einmal ein bis
cheu iiuuuut.
Uns, schon eben an Wcrldcsrande,
schrie Waidernar noch zurück:
Vassen Sie aber vor Allem dic
Schränke herunter. Der Zug ist in
neun Minuten da !"
Machen wir, Herr Vieukenant!"
Schon ertönte daö zweite elektrische
Signal; Stoltze schritt hinüber zum
Stationsgebäude. Dic Schranke zu
schließen, hatte cr vergessen.
Dcr Üninibüs hatte vor dem Kur
hause gehalten.
Aus der Terrasse saß Herr WentzelV
und trank seinen Kasfee. Er hatte
naliirlich dcn Wagen heran rumpeln
sehen und mußte nun auch Evelinc
bcmcrlen, der dcr dienstfertige Kulschcr
heraus half. Schnell entschlossen erhob
sich dcr sonst schon schwerfällige Wcntzcl
und ging dcr jungen faau entgegen.
Versuchen wit's," dachte er, sie
wird mich ja nicht fressen !"
Er balle Recht sie siaß" ihn nicht.
Sie lächcllc malt. ja. sie nahm die
dargebotene Hand.
Ein u iriinphircndeö Vächcln rtycllle
sein brcileS Wesichl.
Endlich, nach langer Zeil, sah cr s'ch
wieder als Herr der Siluation. Und
das machte ihn innerlich zufrieden.
Aber er ließ sich nicht zuviel anmerken.
Hoslich führte er Evclincn herein,
tätschelle das Kind, ließ eine hasche
Weilt kommen.
Sic halte noch fast kein Worl ge
sprochen. Er dagegen redete unaiifhör
lich. Von dem armen Johannes und
wie cr dessen Tod nicht verwinden
konnte; von seiner eigenen Krankheit
und wie cr immer gedacht gedacht
und endlich verstümmle er, weil die
blasse, junge faiitt nichts erwiderte.
Aber das blasse, starre We sieht der
jungen faau wurde ihm jetzt unheim
lich. Er war llug genug, um zit begrei
sen. daß Eoeline nicht gekommen war,
weil sie im Kursalen mit ihm plan
dcn wollte. Auch cr verstümmle ictzt.
Ueber se
legte sich
und seltne
deutlich: cic mußte den Ansauz
luacheu.
, Auch er verstummte letzt,
ein bieilcs, tickeö Wcjicht
eine verlegene Starrheit,
",e empfand es nur allzu