f S I ' 3m Letter. l'ou l'i. r t u i i d). i I i c, t t l I i U Oi d 'S r. r n G v tt ft Ä o 0T re ZU NU ,-'2 An unsermStammtisch in derPrinzen ftraße, Berlin, pflegte seit ein paar Iah n kin sehr diftinguirter, aber ebenso schweigsamer Herr von einigen sechzig Jahren ftch einjur.nfcsn, der stille Eom pagnon unseres freunde? HanS Hanisch Ter alte Herr kam an einem oder zwei Abenden in der Woche, trank eine halbe Flasche Larose. lächelte über die finef boten und Witze, die zum Besten gege den wurden und entfernte sich in der Siegel schon gegen els Uhr. wenn eS eben anfing, gemüthlich zu werden. Er hieß Frank Eoldau und war, odschon deutscher Abkunft, nordamerikanischer Burger. Ueber seine persönlichen Ver Hältnisse ist unS nur wenig bekannt, Er führte ein komfortables Junggesel lenleden, machte im Eommer große eisen und schien keinen Anhang zu ha den. Ab und zu nur hatte man ihn in Begleitung einer sehr schlanken, schwarz gekleideten und tief verschleierten Tame gesehen. EineS TageS bereitete unS der sonft so schweigsame Herr Eoldau eine Ueber raschung: er wurde gesprächig. Die Unterhaltung drehte sich um die Ver Wendung von Eavallerie im Etrafzen kämpf, und im Verlauf der Diskussion kam auch die strategisch interessante Frage auf'S Tapet, ob eS Kürasftre oder Ulanen waren, die im Jahre 1343 am Mittag deS 18. Mürz. vor dem könig. lichen Schlöffe zur Säuberung des Platzes von den zudringlichen Volks Haufen verwandt wurden. Die Majo ritüt deS Stammtisches war entschieden für die Kürasstre, weil aber weder ein Augenzeuge noch ein SpezialHistoriker unter unö war, so wäre der Streit un entschieden geblieben, wenn nicht auf einmal Herr Frank Soldau das Wort genommen Hütte. .Nicht Kürafftre waren es," sprach er, und auch nicht Ulanen, denn eS standen überhaupt nur Dragoner an der Stechbahn. Ich sehe noch, wie sie plötzlich abschwenken unter allgemei nem Jubel, weil AlleS denkt, daß sie abrücken wollen und wie sie dann auf einmal unS nach der Kurfürsten brücke drängen, gerade in die Bajonette der Franzer, die vom Schloßhof aus vorgingen." Wir sahen ganz verdutzt auf den Alten : waS wollte unS dieser Amerika ner aufbinden? Ich war nämlich selbst dabei. fuhr Frank Soldau fort, und ich hoffe, Sie werden mich darum nicht schelten. Sie müssen wissen, daß ich ein echter Spree athener bin, in der Roßstraße geboren. Wenn eS mich hier forttrieb, weit hin aus in die Welt, so ist der Achtzehnte" daran Schuld auch ich bin eins sei ner Opfer. Er hat mir das Leben ge lassen, aber er hat mich deS Liebsten beraubt, das ich in diesem Leben beses sen: meiner unvergeßlichen Mutter. Aber ich langweile Sie da mit senti mentalen Erinnerungen. Wie sich entschuldigend, ließ er seinen Blick über unsere Tafelrunde hinschwei sen ; allein e8 bedürfte keiner Entschul digung, wir hingen Alle wie gebannt an seinem Munde. .Ich war zwölf Jahre alt. fuhr Frank Eoldau fort .und besuchte die Quarta des Kölnischen Gymnasiums. Mein Vater war ein penfionirter Ofsi zier, hatte eine Anstellung beim Steuer amt und kam täglich zur Mittagszeit aus feinem Bureau hinter dem Gieß Haufe heim. Damals, am Achtzehnten, hatten wir ihn abgeholt ich und mein älterer Bruder Konrad, ein hoff nungsvoller Sekundaner. ES war ein milder, sonniger Früh lingStag. Am königlichen Schlosse stau ten ßch dichte Menschenmassen. Die Einen waren im schlichten Arbeitskittel, Andere im Leibrock und Binde, mit weißen Stäben in der Hand. ES wa ren, wie mein Vater mich belehrte, Mitglieder der BUrgerdeputation, die dem König den Dank für die gewährten Konzessionen überbringen sollte. Diese Männer waren freudig bewegt, um armten sich auf offener Straße und weinten Freudenthrünen die Andern aber, die in den Kitteln und schlechten Röcken, mit den verhärmten Gesichtern und den harten, schwieligen Händen, blickten finster drein und schienen immer noch auf irgend etwas zu warten. .Aber so freut Euch doch und geht heim, Ihr lieben Leute", hörte ich einen würdigen alten Herrn zu einer Arbei t.igruppe sagen, Se. Majestät haben voch AlleS bewilligt l" i .Gar nichts hat man bewilligt," wurde ihm erwidert. .Das verstehst Du einfach nicht, Alter." WaS wußte ich damals von Revolu tion ich, ein guter preußischer, in strammer Gesinnung erzogener Solda tenjungel Daß eS schon die ganze Woche hindurch, vom Montag an, Rei düngen und Zusammenstöße gegeben hatte ja, daS wußten wir wohl. Wir hatten auch die Kürassire und Ula mn einhauen sehen und die ersten Schüsse gehört, die am Donnerstag Abend vor dem Zeughause auf die Volksmenge abgegeben wurden. Das Alles erregte natürlich unsere unreife Einbildungskraft Sie können sich denken, daß eS unS lebhafter interef sirte, als unser Cornelius NepoS. Wir drängten unS mühsam durch die dichtgeftaute Menge an der Stechbahn. In den Eingängen zum Schloßhof sah man Bajonette blitzen, und die Etra ßen ringsum waren von Kavallerie be fetzt. ES waren Dragoner, wie ich M Sonn agsgast Jahrgang 10. Bcilagc jnrn Ncbraska 2taats-?ln;cigcr. No. 3. schon früher gesagt. DaS war nicht Friede und Versöhnung. waS man da in den Eoldatengcstchtern sah. sondern bitterböse Feindschaft. Plötzlich ging eS wie ein dumpfes Grollen durch die Menschenmaffen, und auS zehntausend Kehlen tönte eS zu den Schloßsenftern hinauf : .Militär fort !" Wie ein längst erwartetes Signal wirkte dieser Stuf. Sie Kavallerie setzte sich in Bewegung, und mit geschwun genem Säbel, in scharfem Trabe, jag, ten die Reiter in die dichte Menge, WildcS Schreien ringsum: Hilfe! Hilfe! Verrath!" und wüfteS Stoßen und Drängen. Wir suchten so rasch als möglich die Breitcftraße zu erreichen, allein e? war nicht möglich, wir mußten mit den An deren nach der Kurfürflendrücke. Auf einmal hörte ich dicht hinter mir einen schmerzlichen AuSruf. Ich drehe mich um und sehe meinen Vater mit blut überströmtem Gesichte, durch einen SS belhieb verwundet. Es ist nicht schlimm." sagte er. seht nur zu, daß ihr nicht abgedrängt werdet." Tann krachten ein paar Schüsse das bekannte Mißverständnis; und die Garden gingen zurück. Alles stob blind auseinander, dahin und dorthin, denn man erwartete weiteres Feuern. Ich erreichte an des VaterS Seite die Breite ftraße; als wir uns aber nach Konrad umsahen, war der spurlos verschwunden. WaS sollten wir beginnen? In der wild daherfluthenden Menge gab eS keine Umkehr, wir konnten nur vorwärts, immer weiter vorwärts." Verrath! Barrikaden! Zu den Was fen! tönte es ringsum. Der Menschen ström trug unS weiter, am Kölnischen RathhauS vorüber nach der Roßftraße zu. Hier machten wir Halt und schau ten noch einmal zurück: von Konrad keine Spur. Schon begann man daS Straßenpflafter aufzureißen, schon tru gen sie Balken, Kisten und Fässer zu sammen zum Barrikadenbau, schon tauchten Gruppen von Bewaffneten auf. Ein wildes Durcheinander von Schreien, Fluchen und Fragen, Jeder erzählte dem Anderen das Schreckliche das ge chchen. Wir wohnten in einem der ersten Häufer der Roßftraße, im oberen Stock werk. Am Hofbrunnen wusch der Vater sich daS blutüberströmte Gesicht, aber immer von Neuem quoll die rothe Fluth aus der frischen Stirnwunde. Wir wollten die Mutter nicht erschrecken, die ab.'r hatte uns schon von oben her be merkt und rief unS erschrocken an. waS eS denn gäbe. Da gingen wir hinauf und erzählten ihr AlleS so schonend wie möglich. AIS sie aber das rothe Blut niederrieseln sah und vernahm, daß Konrad nicht mitgekommen da brach sie mu einem Aufichrei zusammen und blieb ohnmächtig liegen. Wir holten einen Arzt und eine kluge Frau, denn meine Mutter war guter Hoffnung. Drei Stunden später hatte ch em Schweflerchen unter Kanonen donncr und Sturmgeläut war es gedo ren. wohl einen Monat zu früh. Unsere ylnim aber sollte nicht mehr genesen. Sie hatte schon lange gekrän kelt, und die kleine Schwester war ein Spätling gewesen, den man nicht mehr erwartet hatte. Bleich und kraftlos lag die Arme aufjihrer Lagerstatt, während die Sonne hell zum Fenster hereinlachte, und auf den Straßen Berlins der Völ erfrühling sproßte. Wir hatten sie in dem Hinterzimmer gebettet, aber auch hierher drang der wilde Lärm deS Kampfes. Der Arzt ging und kam wieder, wohl zwei, drei mal am Nachmittag, und immer ernster wurde fein Geficht. Wir standen an ih rem Bett und weinten, sie aber hatte nur noch einen Wunsch: Konrad. ihren Ael testen, den Liebling ihreS Herzens, noch einmal zu sehen. Konrad wo blieb er nur ? WaS wc.r mit ihm geschehen ? Da war er nun ganz allein draußen in dem tobenden Aufruhr und hier starb sein armes Mütterchen, das er so sehr liebte. Aber vielleicht war er selbst schon todt, von den Hufen der Rosse zerstampft welch' ein furchtbarer Tag! Jetzt wandte Mütterchen langsam den Kopf nach unS. Die großen dunklen Augen schweiften suchend durch daS Zimmer. Bringt mir Konrad her.. ich möcht' ihn noch einmal sehen " Da faßte ich einen kühnen Entschluß: ich wollte Konrad suchen. Schon längst war die Sonne untergegangen, und die volle Scheibe deS Mondes stand über der wild erregten Stadt. Ohne dem Vater ein Wort zu sagen, schlich ich mich auf die Straße hinaus, vielleicht, daß ein glücklicher Zufall mir den Gesuchten ent gegenführte. Ich erkannte meine alte Roßstraße nicht wieder: überall Barrikaden, drei, vier, fünf hinter einander, und hinter ihnen bewaffnete Menschen, die einen mit Büchsen und Säbeln, die anderen mit Acxten. Brunnenschwcngeln. Ei senftangen. da und dort Bivoualfeuer und gackeldrände, und junge Burschen, die für die Barrikadenstreiter Kugeln gössen, und Mädchen, die ihnen Kaffee bereiteten. Die Dächer, die BalkonS, die Kellerlöcher, alles war von Menschen dicht besetzt, die zum äußersten Wider stand entschlossen schienen. Man wollte mich am Vordringen hin dern. aber so oft ich sagte: Meine Mutter stirbt, ich suche meinen Bru der!" ließen sie mich unbehelligt gehen. So kam ich langsam vorwärts und rief immer nur: Konrad! Konrad Sol dau!" Der Eine oder Andere nahm den Namen auf und half mir, aber kein onrad meldete sich. Langsam war ick so bis ,ur firnin Barrikade am RathhauS avancirt. Hier herrichte eme ganz kriegsmüßlge, kam pfeSfreudige Stimmung. Der erste An griff der Garde war abgeschlagen toor. den, die Zuversicht der Barrikadenmün, ner war müchtia aewacklen. Wieder begann ich laut Konrad zu rufen, allein ein großer, bärtiger Mensch hielt mir grob den Mund zu. Laute Trommelwirbel rollten durch die Nacht sie verkündeten daS Herannahen der Truppen. Mein Freund, der Grobian, drängte mich hinter eine große, mit Steinen und Erde gefüllte Tonne hinter der er selbst Pofto faßt. Eine Salve knatterte ich hörte deutlich das Pfeifen und Einschlagen der Kugeln. Ein paar Verwundete wurden vom Platze getra gen. Die Barrikadenmänner erwider ten daS Feuer es war ein heißer Kampf. Ich hockte in einem Winkel, wie vom Fieber geschüttelt. Mein Nachbar schoß auS einer Kugelbuchse lud, zielte und schoß immer wieder von Neuem. Plöklick wandte er cd iu mir um und sagte : Da. willst auch 'mal schießen?" Ich richtete mich auf und sah ihn un alüubia an er läcdelte so Mfam. Und da war eS mir auf einmal, als ob S mich m:t Gewalt nach dem eisernen Rohre zöge; ich drückte den Kolben fest an die Schulter und zielte. Auf den dort!" sagte mein Nach bar, die Büchse richtend und wies auf einen Grenadier, der in einiger Ent fernung an einem HauSeingang stand. Ich schoß und sab den Mann wanken ich hatte ihn getroffen. WildeS Feuer lohte in meinen Adern. Ich hatte alles, alles veraeffcn meine sterkend Mutter. Konrad und das Schwester chen. Ich sah nur noch daS Schloß drüben und die Soldatentruvvs, die im Halbdunkel der Mondnacht gegen die Barrikaden anrückten. Noch ein, zweimal schoß ich da? Gewehr ab. as signai zum Rückzug ertönte die Garden aaben den Angriff auf. AK?r sie kamen wieder, diesmal mit Kano nen. Ge,cyog aus beschoß schlug in die Barrikade ein, deren Vertheidiger sich in die Seitenhäuser zurückgezogen. Zer brochene Waffen, verkohlte Holzscheite, mächtige Stücke MauerwerkS lagen um her. Große dunkle Blutlacken färben daS Pflaster eS hatte diesmal auch Tome gegeben. Mein bärtiger Mentor hatte mich in die Tbür deS RatbbauseS aeinnen. nn dessen Fenstern der Kampf gegen die Gruppen sortgeietzt werden sollte. Da, als ich eben mit einer Schaar vonMän nern die Treppe zum Oberstock emvor. steige, höre ich eine bekannte Stimme : es in mein Bruder Konrad, den ich suche. Unser guter, alter Gymnasial direktor. der im Ratbbause wobnte. hatte ihn von der Straße hineingeru fen und bei sich behalten, daß ihm in dem wilden Treiben kein Leid geschehe, säetet erst besann ick mick Mieder. ms. halb ich denn weggegangen war. In auer van erzählte ,q ttonrad. was mit der Mutter geschehen, und wir suchten eiligst fortzukommen. Durch ein emae cklaaeneS ftenster ne langten wir auf die Straße mitten unter die erregte Menge, die mit ihren Leidern den Straften ßinnatm heift. Wohl eine halbe Stunde brauchten wir, um aus dem Knäuel herauszukom men und unser HauS zu erreichen. Wir stürzten die Trevde ernvnr und ttn leise in'S Krankenzimmer ach, da lag MUllercyen Ichon mit gebrochenem Auge. lelloS und kalt, wie die Todten draußen an der Barriekade. Das. meine Herren." schloß Frank Soldau seine Erzählung, war mein achtzehnter Man. Unser Vater fnfnt der Mutter bald nach. Wir Jungen gingen später nach Amerika, wo Kon rav ais vspzier der Nordftaaten in der Schlacht bei Bull Run gefallen ist. Meine Schwester ober lebt 8 ist hi Dame in Trauer, mit der Sie mich wohl schon gesehen haben. Sie ist taubstumm geboren." Ein Loth Glück wiegt mehr als ein Pfund Verstand. Der Linbreer. Humoreske von 4i i l h 1 1 rn e x b t r t. Rolf Echmitt war seit einem halben Jahre Rcchlsanwalt. Seine reizende schwarzäugige Frau, die er als Referendar kennen gelernt und beiaubert hatte, wollte nicht all die Führlichkeiten abwarten, die der heiße Kampf um eine Staat-stel lung mit sich bringen konnte: sie wollte bald mit ihrem geliebten Rolf vor dem Altar stehen, und da ihre Mitgift ihm eine freie Berufswahl gestattete, war er in die Fußftapfen StceroS getreten und hatte sich eine Rode, ein Sammt barrett und ein elegantes Messingschild gekauft, auf welch' letzterem seine Würde in einladender Form unten am Hause angeschlagen war. Nun wartete er auf den ersten Klien ten. Anfänglich ruhig und fiegeZgewiß dann mit unmuthigem Erstaunen über dessen langes Ausbleiben zuletzt mt nervöser Verbitterung. Sein ganzes Geistesleben cencentrirte sich um den einen Punkt. Ob er Nachts träumend im Bette lag, ob er mit feiner allerliebsten Frau in der Op?r faß oder mit ihr eine Spazier fahrt unternahm, immer finnirte und grübelte er dem Unbarmherzigen nach, der da nicht kommen wollte dem ersten Klienten. Er versuchte verschiedene ftandcsge mäße Reklamaformen, er knüpfte auf den Gerichtsgüngcn in leutseliger Weise Gespräche mit Personen an, die vertre tungSbedürftig oder Vertheidigung? werth aussahen. Alles umsonst. ES war gerade, als wären die Civilprozesse wie mit einem Schlage verglichen und die Strafdelikte abgeschafft worden. Naturgemäß litt auch Frau Hermine entsetzlich unter der ungestellten Sehn sucht ihres Mannes. Sie, die noch vor einem Jahre von der Streitsucht der Welt und von ihrer Schlechtigkeit nichts gewußt hatte, erblickte jetzt mit Vorliebe in den harmlosesten Menschen Prozeßhansel" oder gar Verbrecher, nur damit diese bei Rolf Schmitt die Klingel ziehen und eines der vielen unbenutzten Vollmachtsformulare hät ten unterzeichnen können ; sie las fast nur mehr die Lokalnotizen, freute sich, wenn wo eingebrochen war, weil sie schon ihren Mann mit einer fulmi nanten Rede die Einbrecher heraus hauen sah ; ja, zuletzt ertappte sie sich gar über den Gefühlsentartung, daß sie es heimlich in tiefster Seele ganz gern gesehen Hütte, wenn plötzlich ein Raubmörder in den Salon getreten wäre und gefragt hätte: Bitte, kann ich vielleicht Herrn Dr. Schmitt fpre chen?" Verwandte und Bekannte blieben natürlich nicht uneingeweiht in den Jammer der Dynastie Schmitt. Die Einen lachten laut, die Anderen leise; die Besten darunter zuckten die Achseln und ein gutmüthiger Onkel erklärte kürzlich beim Gehen mit freundlichem Schmunzeln: Wißt Ihr, Kinder. eS ist ja sehr nett bei Euch daS kleine Frauchen kocht sogar, waS ganz wider die Mode ist. ausgezeichnet aber Eines ist doch recht unbequem: Um bei Euch gern gesehen zu werden, müßte man mindestens immer unterwegs Einen todtgeschlagen haben und für die beste Portion Rehschlegel oder Forellen ist mir eben doch meines Nächsten armes Leben nicht feil! Also gehabt Euch wohl, ich komme erst wieder, wenn Ihr mal einen dauerhaften und leistungs fähigen Klienten besitzt!" Die Sache war noch immer erträglich gewesen, so lange Dr. Müller. Schmitt's Jugendfreund, der sich gleichzeitig als Arzt niedergelassen, keinen Patienten hatte. Getheiltes Leid ist halbes Leid und eS that dem Schmitt'schen Ehepaare außerordentlich wohl, wenn eS der Lei denschaftlichkeit lauschen konnte, mit der sich die Müller'schen Leutchen gegen die boshafte Gesundheit der heutigen Gene ration äußerten. Nun war aber auch hier daS Entsetz lich-, lange Gefürchtet? eingetreten: Ein unglückseliger Leberleidender hatte sich zu Dr. Müller verirrt und war dort mit auSge'uchtefter Höflichkeit aufge nommcn worden. Dr. Müller machte ihm nach halbstündiger begeisterter Un terfuchung die freundliche Eröffnung, daß eS auch um feine Milz bedauerlich und um seine Nieren nicht zum Besten stünde, daß er aber an die rechte Schmiede gekommen sei und auf Heilung unbe dingt rechnen könne, daß übrigens min bestens ein halbes Jahr dahin gehen müsse. Nun kannten sich Müller's na türlich vor Hochmuth nicht mehr aus. Frau Dr. Schmitt llhlte sich auf'S Blut gepeinigt, fo oft sie mit denselben zusammenkam, und warf sich eines Dienstag Abends nach einem Kaffee krünzchen schluchzend an ihreS Mannes Brust und stöhnte: Rolf, ich Halt'S nicht mehr aus nun hat sich auch noch eine Köchin, die sich im Mörser den Finger quetschte, die Wunde bei Müller'S verbinden lassen die kleine arogante Person redet jetzt schon von zunehmender Praxis und wir haben noch immer keinen Klienten eS ist unsäglich!" .O!" knirschte er. AlS ob sich das Schicksal gegen mich verschworen Hütte!" Da. am anderen Morgen geschah das Ungeahnte. Frau Dr. Schmitt schrieb eben einen Jammerbrief an ihre Mutter, worin sie dieser ihr Leid in den lebhaftesten Farben schilderte. Plötzlich ging die Thüre auf und ihr Mann stürzte herein kirschroth im Gesichte. Ich hab' ich hab'" rief er. nach Luft schnappend. Um Gotteswillen, Du wirst doch keine Stahlfeder verschluckt haben?" stammelte sie entsetzt. Einen Klienten hab' ich!" rief er jubelnd, ra da" Sie bekam Herzklopfen vor Ent zücken und Stolz. Na warte. Frau Müller! Dann eilte sie mit ihm an's Fenster. Wo wo?" Dort!" Aber eS geht ja Niemand auf der ktraßel" .Niemand?" wiederholte er im Tone schwersten VorwurfS. .Ist mein erster Klient Niemand?" Ader dieser abgerissene, herunterge kommene Mensch kann doch nicht ' murmelte sie, als sie jetzt bei scharfem Zusehen ein wenig Vertrauen erwecken deS Individuum an den Häusern hin schleichen sah. Und daS ist Dein erster Klient?" fragte sie sehr betreten. Den hab' ich mir allerdings ganz anders vorgestellt!" Ja. Kind." lachte Schmitt. Kom merzienrüthe werden nicht als Einbrecher verdächtigt!" Er ist also ein Einbrecher?" frug sie interesfirt und betrachtete ihren Mann schon mit einer gewissen Bewunderung. Und was für Einer!" fuhr es die sem heraus. DaS heißt." setzte er so fort hinzu, er wird eines höchst kecken Einbruchs bezichtigt, den er aber zwei felSohne nicht begangen hat o. ich sage Dir, daS wird eine großartige Ver Handlung eine , , cause celebre ' ' ich werde eine glänzende Rede halten ich werde den StaatSanwalt vernich ten!" Und Du hältst ihn also wirklich für unschuldig?" fragte sie und ihre Wan gen begannen sich lebhaft vor Freude zu röthen. Unschuldig?" rief er. Für einen Ehrenmann halte ich ihn. für eine brave Seele durch und durch! Meine Hand lege ich für ihn in'S Feuer! O, ich sage Dir. wir haben ein Alibi zusammenge macht " Zusammengemacht? Du wirft doch nicht " Du mißverstehst mich!" meinte er ärgerlich. Der Klient der unerfah rene Mann auS dem Volke ist natürlich unbewandert, unbeholfen im Kriminal man muß ihm an die Hand gehen man muß aus der Masse dessen. was er vorbringt, das Treffende, das Einschlagende auSlesen und aneinander reihen " Wie Du daS AlleS verstehst!" rief sie jetzt in heller Begeisterung. Ich gratulire Dir, Rolf, zu unserem Ein brecher! Aber jetzt muß ich fort! Ich muß zu Müller! Die werden eine Wuth haben!" Er nickte ihr freudig zu. Wir gehen mitsammen!" sagte er. Ich will doch auch im Vertrauen mit ein paar Freunden über den Fall fpre chen! Ein Menschenleben darf man nicht so auf die leichte Schulter neh m:n!" Mittags kam er spät mit den deut lichen Spuren eines animirten Früh schoppenS beim. Ader Hermine verzieh ihm jetzt AlleS. Die nächsten Wochen verflogen im Taumel der Freude. Der große Tag rückte heran. Ein ausgewähltes Audi torium füllte den Gerichtssaal. Schmitt stand vorne am Vertheidigertisch nach außen triumphirend, stegeZgewiß, inner lich auf's Aeußerfte beunruhigt; denn seit gestern war ihm das Konzept seiner Rede auf spurlose Weise verschwunden; er beherrschte sie auch nicht mehr im Gedächtniß aber sei'S d'rum, die In spiration, die Begeisterung für die gute Sache würde sicher die Gedächtnißlücken leicht ausfüllen lassen! Seine Frau faß bei ihrer besten Freundin Frau Dr. Müller in der ersten Reihe; na. was die Müller heute ausstehen mochte! Hundert Leberkranke wogen ja doch einen Einbrecher nicht auf. Nun trat der Gerichtshof ein. ES wurde feierlich still. Angeklagter, treten Sie vor!" sprach der Präsident. Da zeigte sich plötzlich, daß der Ange klagte fehlte. .Mein Klient wird sicher erscheinen!' betheuerte Schmitt. Er war noch gestern bei mir!" .Man hätte den Verbrecher gleich verhaften sollen!" bemerkte der Staats anwalt. Schmitt fuhr auf. .Die Ehre eines Unschuldigen " rief er. Da wurde dem Vorsitzenden ein Schreiben überreicht. Dieser winkte. .Soeben." sagte er. .empfangt ich einen Brief des Angeklagten, den ich hiermit verlese : .Werther Herr Ge richtZhof l Die schlechten Erfahrungen, welche ich schon mehrmals bei Sie ge mackt bade. Verbindern mir am herffln lichen Erscheinen ich sehe mich die kache lieber aus sicherer Ferne an, wo mir der hochgeschätzte Herr Staatsan walt auch nickt nnden wird! Dem Herrn Vertheidiger seine Rede habe ich gelesen; icy sano ne in dem Ueverzieher. den ich gestern, als ich ihm besuchte, aus Verseben anzoa! Die Rede bat mir sebr gerührt, weshalb ich sie ihm anbei zu ruaienoe; oen ueoerzieyer rann iq leider nicht beilegen, weil der Brief sonft Strafporto kosten würde. Mit den höflichsten Grüßen Simon Schlauberger, Einbrecher." .Herr Vertheidiger." sagte der Vor sitzende, bitte, hier ist Ihre Rede!" In einem Augenblick Millionär! Nur wenigen Menschen ist eS ver gönnt, zu entdecken, daß sie auf einem Edelftcinlager von fabelhaftem Werthe stehen. DiefeS seltene Glück widerfuhr unlüngft einem Bergsachverftündigen, T. E. Bassett, den fein scharfes Auge und ein glücklicher Zufall vom armen Manne zum Herrn von Millionen machten. Bassett, der bei einer Berg werlS'Gefellfchaft in Südamerika ange stellt ist, befand sich zu kurzem Besuche bei Verwandten in Ealifornien, wo er auf den Gedanken verfiel, einen Theil seiner Zeit zum Goldsuchen zu verwen den. Bei feinen Wanderungen kam er auch nach dem sogenannten .Thale deS TodeS", wo er eines Tagcs, um die Umgebung besser Überblicken zu können, eine kleine kegelförmige Anhöhe erstieg. Schon im Begriff wieder hinunter zu gehen und seinen Weg fortzusetzen, fesselte ein bläulicher Strich am Erd boden plötzlich seine Aufmerksamkeit. Bassett'S Herz begann stürmischer zu schlagen, denn sein geübtes Auge er kannte sofort, daß der Schein von dem sogenannten Blauen Fluß" herrührte, der ein sicheres Zeichen für das Vorhan densein von Türkisen im Boden ist. Er besteht in der That aS nichts Anderem, als einer Mischung von Quarz und Türkisen, die durch vulkanische Wärme bei sehr hoher Temperatur zusammen geschmolzen ist. Bassett verlor keine Zeit, sich ein Abbaurecht auf jene Stelle zu sichern und war mit Spitzaxt und Schausei bald an der Arbeit. Da wurden auch seine kühnsten Erwar tungen überboten, denn in der Tiefe von zwei Drittel Meter stieß er auf eine reiche Ader, die dicht von den schönsten Steinen durchsetzt war. Je tiefer er grub, desto herrlicher wurden die Edel steine, und binnen 14 Tagen konnte er nach San Francisco zurückkehren, be laden mit über 30 Kilo der glänzendsten und fleckenlosesten Türkisen, die bisher je gefunden wurden. mnt hübsche Sittengeschichte passtrte in dem Dörfchen D. unweit Salzwedel. Ein dortiger Bauer fand am Wasser ein Nest mit Wildenten Eiern. Er nahm sie mit, legte sie einer Glucke unter und die brütete die Eier auch aus. Nachdem die Enten ziemlich flügge waren, verkaufte er dieselben an einen Landmann aus einem benachbar ten Dorfe. Als dieser seiner Verwunderung AuS druck gab über daS eigenthümliche Aus sehen der Enten, gab ihm der Verkäufer den Trost : De Ollen hewen ok so ut sehn!" (die Alten haben auch so auSge sehen), und befriedigt zog der andere mit feinen Enten von bannen. EineS TageS nun den Enten waren inzwischen die Flügel tüchtig gewachsen hoben sie sich in die Lüfte und ließen dem Bauer daS Nachsehen. Betrübt kommt er zum ersten Besitzer, um ihm sein Leid zu klagen, dieser tröstet ihn abermals mit den Worten: De Ollen hewen dat ok so makt!" (die Alten haben daS auch so gemacht). Zarte Rücksicht. AlS nach dem Jahre 1843 die Be ziehungen zwischen Preußen und Ruß land besonders eng waren, wurde einem russischen Censor in Warschau ein Lehr buch der Chemie vorgelegt, daS auch den früher üblichen Ausdruck: Acidum Borufftcum" (Preußische Säure) ent hielt. Der Ausdruck mußte getilgt werden, denn," so sagte der Bescheid, eö ist durchaus unstatthaft, ein Gift mit dem Namen eines Staates zu be zeichnen, der mit der Regierung Sr. Maieftät des Zaren so lnmg befreundet ist." Das eiserne Inventar. Gast: .Ich kann daS Huhn nicht essen. Herr Wirth. eS ist ja so hart wie Leder." Wirth: WaS? sowaS soll bei mir pasfiren, bei mir. dem renommirteften Gastmirth der Stadt? Als ich vor fünfundzwanzig Jahren dieses Geschäft übernahm " Gast: Da haben Sie wohl diese? Huhn mit übernommen?"