Die Nluchesxrsbe. IZach ein ahren ?kgebtnheit, von K a r l M i l b a ch. ES sar im Herbst des JahreS 189 all ich in d spanischen Provinz'Haupt. ftadt B. lebte. Mein Bruder hatte alS Ingenieur Vermessungen in den nahe der Ctadt gelegenen Bergen auSzu fähren, wo man eine Bergbahn plante. Jene Segend gehört ,u den schönsten Spanien, und ich begleitete deshalb meinen Bruder häufig. Die AuSiildt von dem mehr als fünf hundert Meter hohen Gipsel deS kleinen Gebirges war bezauoernv. Wir lagen der kleinere Köbenzüae vor UNS hinweg in in konniae Ebene, in welcher die Stadt mit ihren weißen Häusern weit hin sich ausdehnte, und jenseits dersel den schimmerte da? blaue Mittelmeer, scheinbar in da Endlose sich erstreckend. Minutenlang standen wir in stummem Entzücken, im Ansehen der prachtvollen Landschaft versunken. Wohin wir unser Auge richteten, erblickten wir von dem hohen Gipfel auS nur SchöneS: lachende Fluren und schattige Pinienwüldchen. Weinberge und Blumengärten; zwischen hohen Palmenwipfeln lugte hier und da auch ein weißeS HüuSchen. eine Villa hervor. Die Sonne leuchtete so hell, wie man eö nur im Süden sehen kann: rein und wolkenlos wölbte sich der azur blaue Himmel über uns. Ein ParadieSl" sagte ich entzückt. .Man sollte nicht glauben, daß eS Un glück und Elend geben könne unter die fern ewig blauen, sonnigen Himmel l Der Tag war heiß, und nur langsam kamen wir in unseren Messungen vor würtS. Die Höhen waren durch ein Aerometer unter Korrektur deS Ther mometerS bereits genügend genau fest gestellt; doch nun galt eS, vermittels der Meßkette die Entfernung einiger wich, tigen Punkte genau auszumeffen. Die Sonne berührte den Gesichts kreis, aber noch dachte mein Bruder nicht an den Aufbruch. Ich warnte: Du weißt, es wird , unter diesen Breiten schnell Nacht; die Dämmerung dauert kaum eine halbe Stunde." Wir beeilten uns mit der Arbeit. Doch als wir endlich aufbrechen wollten, war die Dämmerung schon weit vorge schritten. Von Norden her sah ich eine mächtige Dunftwolke auf die Berge zu schweben; das war der ungesunde Nebel, der sich tagtäglich einzustellen pflegte, und sich auch schon über der Stadt drunten erhob. In wenigen Augen blicken befanden wir uns von dem dich ten Wolkengebilde eingehüllt. Wir saben keine fünfzig Schritte mehr vor uns. so dicht und dunkel umgab uns der Nebel. .Nun aber schnell hinab!" mahnte ich fröstelnd. ES war kühl geworden. und keiner von unS beiden hatte sich mit einem Ueberneder versehen. Wir tappten hin und her und suchten einen bequemen Abstieg, aber wir waren ganz irre geworden. .Nur immer abwärts!" ermunterte mein Bruder, .dann entkommen wir zum wenigsten diesem verwünschten Nebel." Diese Dunftmaffen trieben unS ent, gegen; bald stiegen sie auf, bald ab, würtS, dann wieder zogen sie sich in lange Streifen aus. ES wehte eS um uns. Eine Viertelstunde lang peitschte das Meer; wie kaltfeuchte Kellerluft wehte eS um unS. Eine Viertelstunde lang kletterten wir abwärts, und immer steiler wurde der Abhang. .Wir sind falsch gegangen!" rief mir mein Bruder zu. Da unten sehe ich einen dunklen Schlund gähnen, das muß der Torrente sein." Torrente nennt man in Spanien die meist ausgetrockneten, schluchtartigen Flußbette der Berggewüffer. Nicht selten sind ihre Münde fast senkrecht steil bei sehr bedeutender Tiefe. .Wohin sollen wir aber gehen?" .Zünd' 'mal ein Streichholz an. sagte er und kramte in seinen Plänen herum. Beim schwache? Scheine deS WachSlündhölzchenS suchte er auf dem Plane den Torrente. .SKHS du, hier find wir." Er zeigte auf eine bestimmte Stelle der Karte. .Nein, wir müssen jenseits des HöhenzugeS fein. Da. wo unS der Nebel überraschte, theilt sich der Zug in zwei fast parallele Kämme; wir find vielleicht auf dem nördlichen. .Der Kuckuck hole den Nebel ! Sähen wir nur den jenseitigen Abhang, dann wüßte ich sogleich, wo wir wären. . Halt! Auf dem südlichen Höhenzuge beginnt weiter unten em Plnienwald." .Auch auf dem nördlichen." Mein Bruder dachte nach. .Du haft echt. Was thun wir nun? ES ist wohl am besten, wir folgen diesem Ad hange; er muß unS in die Nähe deS Städtchens G.... führen." .Und wenn wir auf der Nordkante find?" .Hol'S der Geier! Dann gerathen wir in jenes Revier, wo wogt ein yalves Dutzend TorrenteS fich kreuz und quer schneiden. Da finden wir unS in dieser Stockftnflernitz nimmer zurecht !" Wenn wir nicht am Ende noch gar in einen der zwanzig Meter tiefen Stein brüche abstürzen!" Die Aussichten waren also auf alle Fülle nichts weniger als erfreulich, und wir gingen auf gut Glück dem Fels kämme entlang über den Abhang. Da tauchte in den Nebelwolken etwas Hohes, Schwarzes auf: Hunah, das ist der Pinienwald!" rief ich erfreut aus. .Welcher von beiden?" fragte mein Bruder trocken und ich schmieg. Von Baum zu Baum voltigirend. kletterten ir auf dem steilen Abhang weiter. Da kam'S mir vor. alS ob der Nebel sich über un etwas lichtete. Der Wind war aufgefrischt und jagte zackige, fetzenartige Wolkengebilde in rasender Elle an unS vorüber. Wir waren am Ende deS kleinen Wäldchens angelangt und blieben stehen. Vor unS neigte fich der Höhen zug schroff abwärts, aber Nebel verhüll ten jede Aussicht; man sah keine zwan zig Schritte weit. Ueber unS jedoch lichteten fich die Wolken immer mehr; der Mond wurde sichtbar. Wir zogen den Eompaß zu Rathe; die ichtung deS steilen Abhan ge vor uns wieS genau nach Osten. Da tauchte in der Ferne ein kleine? Haus auf, wir entsannen unS nicht, eS je zuvor gesehen zu haben. Nun trat der Vollmond klar hinter dem weißlichen Schleier hervor und über goß das Gelände mit magischem Lichte. Mit einem Schlage waren wir in ein Zauberland versetzt. Wie ein schäum bedecktes Meer wogte zu unseren Füßen der dichte Nebel; die Kronen der hohen Pinien und die wild zerklüfteten FelS zacken warfen phantastische Schatten auf die wogenden Wolkenmassen. Ein würziger Krauterduft erfüllte die feuchte Luft. Und plötzlich gerieth die Dunst masse in wirbelnde Bewegung, thürmte fich auf und theilte fich. um sogleich vom Winde thalwürtS geführt zu werden. Weiter ging'S zwischen stacheligen CactuSftauden und Gebüschen her. Von Felszacken jU FelSzacken ließen wir uns hinab. Wir traten jetzt auf weniger steilen Boden ; der Wind pfiff heulend über unsere Köpfe hinweg und ließ sein schauriges Hui, Hui ertönen. Die Kälte, die er mit fich brachte, ließ unS die daheim gelassenen Mäntel nicht gerade gern vermissen. Noch immer wehrten uns Nedellchleter die Fernficht. Da plötzlich, wie vom Blitz getheilt, riß die Dunftmasse. und in großen Flocken sausten die Wolken refte davon. Wir erblickten nicht fern von unS weiße Steinbauten. Ah. das find die Häuser von G .... I" rief ich hoch erfreut aus. Unsinn!" entgegnete mein Bruder. G . liegt doch einen guten Kilome ter von den äußersten Ausläufern der Berge entfernt. ES können höchstens einige vereinzelte Villen fein." Wir gingen weiter. Die Mondland fchaft mit den zerrissenen Felsen bot ei nen romantischen Anblick dar. Hohe GefteinSmassen in den phantastischsten Formen thürmten sich neben und vor UNS auf. Plötzlich stutzte mein Bruder und auch ich schauerte zusammen. Ein Kirchhof!" fügten wir wie auS einem Munde. Ja, wir standen fast auf den in den Berg hineingebauten Steinzellen der Todten. In Spanien werden nämlich die Todten nicht in die Erde bestattet, sondern, ähnlich wie in den römischen Katakomben der ersten Christen, in wagerecht über einander gebauten Zellen, die mit einer Steinplatte vermauert werden. Ein spanischer Kirchhof bietkt so den Anblick einer kleinen Stadt mit Straßen und Plötzen, deren Wände fünf bis sechs Zellenreihen über einander enthalten. Auf den Platzen befinden fich die Grabdenkmäler und Blumen beete. Und wie in den Katakomben Coementerium, so heißt hier der Kirche hos Cementerio, das heißt Cementftätte, weil Wände und Zellen reichlich cemen tirt find. Wir blickten uns um und lauschten Todtenfllllel Grell blinkten die wer ßen Steinkreuze in den Straßen der Todtenftadt. In dem tiefen Dunkel ihrer Schatten trieben. Gespenstern gleich, Nebelmassen ihr Wesen. Sie jagten einander nach, stürmten empor, und heulend saufte zuweilen ein Wmd ftoß dazwischen und drückte sie wieder zu Boden. Gehen wir da hinunter", sagte mein Bruder und wieg gegen Süden. Dort ift ein Weg; denn das hier ift ohne Zweifel der Cementerio von G Etwas schneller als bisher kletterten wir weiter. Obwohl wir keine Gefpen flerseher, noch abergläubisch find, war eS unS doch ein wenig unheimlich zu Muthe da bei den Todten. Wenn wir auf den nördlichen Höhenzug gerathen wären, wer weiß, ob wir nicht abgestürzt wären in einen der tiefen Steinbrüche in einen Torrente! Dann hätte man uns am folgenden Tage dort unter den schweigsamen Bergbewohnern ein Ruhe Plätzchen gegebenl Und die ersten Abge stürzten wären wir auch nicht gewesen. Wir find wieder falsch gegangen," sagte ich und blickte in den Kirchhof hin unter. Nein," entgegnete mein Bruder. Dort hinter der Erhebung, wo leider ägyptische Finsterniß herrscht, muß der Weg Hegen, der nach G . . . . " Er brach plötzlich ab. Ich sah ihn an; er dtiate starr nacy einem nicht fer nen Punkte am Ende des Kirchhofes. Was ist dir r fragte ich, feinen Arm ergreifend. Siehst du das da?" sagte er flüsternd und wieg nach einem Felsblocke. Kaum fechszig Schritte entfernt faß etwas auf einem Steine. Ich strengte meine Augen an und erkannte eine menschliche Gestalt. Der Mond übergoß dieselbe mit milchmeißem Lichte, und wie ein Todtenkopf nahm fich der mensch iche Kops dort aus. Einige silberweiße Haarsträhne flatterten im Winde um den fast kahlen Scheitel. Ich hörte die rüthselhafte Gestalt auf stöhnen. Wir näherten unS derfelden. Nun oatte unS der GreiS bemerkt I er reckte sich empor: hoch, riesenhaft, so schien eS mir. Er blickte unS an, lieg fich aber sogleich wieder aus dem Gra nitfelsen nieder und ergriff den neben fich liegenden Hut und bedeckte sein Haupt. .Sollen wir ihn nach dem Wege sragen?" raunte ich memem Bruder zu. .Nein. laß', wir finden den Weg allein. Nur hundert Schritte weiter unten ift er." Wir beschrieben einen Bogen um den unheimlichen Menschen und setzten den Fuß auf den Abhang. "Alto! Atras!" Halt! Zurück! schrie eine heisere Stimme. Erschreckt blieben wir wie angewur zelt stehen. "Por Dioa y txlos los santos: atras!" Bei Gott und allen Heili. gen! Zurück! rief der Mann auf springend. "Porque?" Weshalb? fragte ich schnell gefaßt. Nur wenige Schritte weiter, und Sie stürzen in den tiefsten Steinbruch deS Gebirges." Ich weiß nicht mehr, wie wir wieder hinaufkamen: es muß aber sehr schnell gegangen sein. .Sollten wir doch auf dem nörd lichen Höhenzuge sein?" fragte mein Bruder. Nein," erwiderte der Greis. Geben Sie Acht !" Er ergriff einen Stein und ließ ihn den Abhang hinabkollern. Eine Se künde lang hörte ich das Rollen deS Steines dann Todten stille. Ich zählte eins, zwei, drei, vier, fünf ; da schlug eS unten auf auf dem Grunde deS tiefen Steinbruches l Aber wo find wir denn?" Sie wähnten wohl an der Südseite des Kirchhofes zu fein, Sie find jedoch an seiner Nordseite. " Mein Bruder riß den Kompaß aus der Tasche und schlug fich an die Stirn: Wahrhaftig l Und das da muß dem nach der Steinbruch De TreS CapaS" fein." Ganz recht." Wir drückten dem alten Manne, der, wie wir bemerkten, sehr gut gekleidet war, die Hand und dankten ihm für seine rechtzeitige Warnung. Wir er zählten ihm in kurzen Worten, daß wir unS im Nebel verirrt Hütten. .Gott hat Sie uns in den Weg ge sandt l" sagte ich. Nem, meine Herren, der Todte da!" Er wieS mit seiner Rechten auf den Kirchhof. Ich glaubte, einen Geistesgestörten vor mir zu haben. .Ihnen wollen die Todten wohl, aber wehe denen, die ihrer spotten!" fuhr er fort. Ich sah den GreiS betroffen an. Er stöhnte fo schmerzlich, sein Antlitz sprach von solchem Gram und Seelenschmerz. daß ich das Grauen überwand und ihn Mitleidsvoll fragte: Sie leiden um emen Todten?" .Dort ruht mem Sohn, und wegen ihm wem ich jetzt hier." Wie, Sie wagen fich bei Nacht in diese unheimliche, abgelegene Gegend. setzen fich Gefahren aus um Ihres verstorbenen Sohnes willen." .Sie find Fremde und haben wohl noch nicht von dem traurigen Ende des jungen Antonio , memeS Soh neS, sprechen hören?" Nein; ist er vielleicht hier in den Bergen verunglückt, wohl gar in den Steinbruch dort gestürzt?" Nein; wäre das geschehen, dann könnte ich mich noch trösten; aber er starb auf eine ganz andere Weise. Doch Sie find müde, wie ich sehe, ich will Sie nicht unnöthiger Weife auf halten." Durchaus nicht," erwiderte ich. Wir haben um so weniger Eile, als wir uns unbedingt etwas ausrasten müssen, ehe wir weitergehen." Damit ließen wir uns fröstelnd auf einem Felsblock nieder. Wie verloren Sie Ihren Sohn?" Der Greis antwortete nicht sogleich. Dann stand er auf. Sehen Sie jene Gitterpforte dort?" Er wies auf den Eingang des Kirch hofeS. .Jawohl." Erkennen Sie da nahebei den Grab stein mit dem darauf eingemeißelten Todtenkopf?" Ich strengte meine Augen an. In der That; grell beschienen vom Voll monde hob fich dort eine solche Grab platte aus dem Grau des Cementbewur feS der Wand ab. Ja. ich sehe daS Grab." Begleiten Sie mich; Sie sollen mein Leiden erfahren." .Wohin gehen wir?" .Nach meinem Hause, welches das Ihre ift. Dort können Sie fich be queni ein wenig ausruhen." ES ift spanische Sitte, sein HauS dem Freund oder dem als solchen be handelten Bekannten alS dessen eigenes anzubieten; man darf in einem solchen Falle unbedenklich die Gastfreundschaft deS Spaniers in Anspruch nehmen. Ich dankte und folgte dem Manne. Sie verlieren nichts," sagte er. als er das Zögern meines Bruders bemerkte; in einer fotunoe fährt an meinem Hause die Postkutsche vorbei, die Sie binnen dreiviertel Stunden nach B. . . . bringt." Wir waren beide so todtmüde, daßl unS die angebotene Rast willkommen war. Das HauS war ein kleines Land HauS; eS lag kaum einen Kilometer vom Kirchhofe entfernt, inmitten eines prächtigen kleinen PalmengartenS und umgeben von runden Vretea blühender ZierkaktuS und verschiedenartigster Bli'men. Hier, geschützt, vor dem Winde, war die Luft lau wie im Früh ling. Wir mußten ein GlaS Wein anneh men. und der feurige Rebensaft er wärmte unS in wohlthuendfter Weife. .Meine jungen Herren haben wohl noch nicht Weid und Kind?" .Nein," erwiderten wir. .Trotzdem verstehen Sie vielleicht, was es heißt, alt zu sein und nur einen einzigen Sohn zu haben. Sie kön nen vielleicht ermessen die Hoffnung, die Sorge.... o. die drückende Sorge und Herzensangst, die man um sein Liebstes auf Erden, das einzige, was man noch besitzt, hegt. . . Meine Frau starb früh, als sie ihrem Kinde das Leben gab. Mein Antonio wuchs heran, gedieh, daß eS eine Freude war. Als er fünf Jahre zählte, wurde er von einer typhösen Krankheit befallen. Vierzig Tage lag er darnieder, vierzig Nächte wachte ich an seinem Schmerzend lager, die Angst um mein einziges, ge liedteö Kind tödtete mich fast ! Er ge naß, aber mein Scheitel war weiß ge worden. Noch ein Mal wurde ich hart ge prüft; wieder alterte ich in wenigen Wochen um Jahre. Antonio zählte achtzehn Jahre, er bezog die Universität, um die Rechte zu ftudiren. Er lernte fleißig, aber er war leichtsinnig. Ich warnte ihn, wies auf meine weißen Haare: .Antonio, weißt Tu, um wen sie bleichten? Um deinetwillen!" Er fiel mir um den Hals und gelobte ein ernstes Leben, versprach, die tollen Ju gendftreiche fürderhin zu unterlassen. ES war Herbst, der dreiundzwanzigfte Oktober wie heute! Wundervoll leuchtete der Mond, laue Südwinde verbreiteten Wärme und Behagen. Ich weilte in der Stadt, Antonio hier im Hause. Ein luftiger Freundeskreis umgab ihn, man speiste gemeinsam trank einander zu. Die Studiengenof sen prahlten mit ihrem Muthe. Ein Student der Medizin behauptete, er sei einmal in dem Anatomiesaale einge schlafen und habe die Nacht über zum Zeitvertreib er war eingeschloffen eme Humoreske in sein Notizbuch ge schrieben, da inmitten der Leichen. An tonio prahlte nicht mit; man hänselte ihn, weil er noch keine Probe seines Muthes gegeben. Ich kann sie jeden Augenblick geben!" rief er aus. . . Wozu eS alles erzählen?! Genug er verpflichtete fich, sogleich einige Rosen vom nahen Kirchhofe zu holen, alS Be weis seines Muthes. Er ging allein Er besaß einen Schlüssel, der auf das Schloß der Kirchhofsthüre paßte; das hatte er einmal zufällig entdeckt Antonio blieb lange aus, sehr lange Man wurde besorgt .... Endlich nach einer Stunde ging man ihn suchen Oh....! Der Greis stöhnte und preßte die Hand an die Stirne. Dann fuhr er nach einer Weile fort: .Sie fanden ihn vor der Gitterthüre todt! Todt!" schrie der Arme aus. Mein einziger Sohn, meine einzige Hoffnung!" .Wie verhielt fich denn die Sache? wagte ich die Pause zu unterbrechen. .Antonio lag am Boden, seine rechte Hand umklammerte drei Rosen, seine linke den Schlüssel. Die Capa, sein großer admantel, war mit einem Zipfel in der Thür eingeklemmt, sein Antlitz .... oh, das ift das Furchtbarste gewesen! ES war blS zu Unkennt, lichkeit verzerrt. Die Augen groß, weit aufgenffen, mit dem Ausdrucke des ml setzenS, deS furchtbarsten Schreckens. Niemand konnte in das Antlitz des Todten sehen, ohne Grauen zu empfin den." WaS hatte seinen Tod verursacht?' Waö? Ich will Ihnen nur berich ten, was die Aerzte sagten: er starb an Herzlühmung. Sie glaubten, Antonio habe, als er dem Thore den Rücken kehrte, wohl plötzlich den Ruck verspürt, der bei seinem Fortgehen dadurch her vorgebracht wurde, daß ein Zipfel seines Mantels m der Thür eingeklemmt war. In der Ueberreizung der Nerven, die ein solches Abenteuer mit fich bringt. glaubte er vielleicht, ein Todter halte ihn fest, und das Entsetzen lühmte ihm den Herzschlag .... Nun liegt er da draußen schon lange, die Rosen hült er noch umklammert, den Schlüssel hielt ich zurück da unter dem GlaSküft chen ruht er. Er gehört mir, die Rosen aber gehörten .... den Todten. Wenn der Jahrestag kommt, die Stunde eS war genau um Mitternacht, als der Todtengrüber Antonio'S Todesschrei hörte dann weile ich dort aus dem Felsen, ich muß dahin, er ruft mich, ich mutz gehen. Nicht mehr lange, nein, gar nicht mehr lange, dann bin ich ja bei ihm. Nur noch einmal muß ich auf den Felsen steigen, dann darf man mich zur Ruhe betten .... neben ihm." Der GreiS schwieg, er sah starr hin auS auf den Weg, dessen Staub im Mondlicht ganz weiß schimmerte, so weiß wie ein Linnen. Auch wir schwiegen. Wer konnte ein Wort finden angesichts des von unsäg lichem Seelenschmerz gepeinigten, un glücklichen Vaters? Ein fernes Rollen ließ uns auf lauschen. ES war der Postwagen. , vumu in un v11 Ich suchte nach Worten, um dem schmerzgedkugten Manne Trost zuzu sprechen ich sand fie nicht. .Lebt wohl!" Ein stummer HSndedruck. Laut knallte die Pritsche, und in sau fkNvkM Ztöpp öiilu Mondnacht der Stadt zu. Noch einmal wandte ich den Kopf; da stand er noch, der Unglückliche, wie ein Mensch, der erstarrt ift gleich Niobe in unermeßlichem Herzeleid Dröhnend blieS der Postillon in sein Horn, immer rascher jagten wir vor würtS. Wie im Traum sah ich die phantastischen Gestalten der Nacht an mir vorüberftiegen. DaS Raffeln der Rüder auf dem Steinpflaster der Stadt ließ mich end lich auS dumpfen Traumen erwachen, Im raschen Laufe der Zeit, den Mühen deS TageS verschwindet so manche aus unserem Gedächtniß, und so ging S auch mir mit jenem Erlebniß Ein Jahr war vergangen. An einem sonnigen Nachmittage unternahm ich einen Spoziergang, den ersten nach einer langen rankheit. Mein Weg suyrie mich uver das Städtchen G hinaus. Da fiel mein Blick auf ein kleines HauS; Palmen. CactuS und Blumen umgaben es. Jäh. wie ein Blitzstrahl leuchtete mir eine Erinnerung auf. V X 1 i r 1 l r irai zur ymt oes vauses, er griff den Thürhammer und pochte ine junge lsrau öffnete mir; zwei muntere Knaben umsprangen fröhlich oie nimmt. .Entschuldigen Sie. wohnt hier nicht em amr verr r .Sie meinen Herrn L ? Ganz recht, so heißt er." sagte ich mich erinnernd. xixt junge örau ,ay mich ernst an Herr L-. .. ift todt." Wann starb er?" Am dreiundzwanzigsten Oktober die es Jahres." Am dreiundzwanzigsten Oktober? ya, ich roeiB es deshalb o genau weil eS am selben Tage war. an dem vor Jahren sein Sohn starb. Man fand den alten Herrn in der Frühe da droben auf dem Felsen am Kirchhofe. Und er wurde auf demselben de graben?" Jawohl, an der Seite seines Soh nes." Ich dankte für die Auskunft und schritt weiter. Die Pforte deS ttirchho feS stand offen. Ich trat ein. Da war die Grabplatte mit dem Todtenkopf und daneben noch eine fri sche, auf der drei "Rosen eingemeißelt waren. Dort ruhte der unglückliche Vater ohne dessen Begegnung heute auch ich woyl va ruyen wurde!" Spotte unser nicht!" fo stand es auf der Grabplatte eingemeißelt, und fo hat eS fich mir in'S Gedächtniß geschrieben sur vle Jen meines ebenS. )m ZNärzenschnee. Novellette von FranzKurz-Eisheim Kalte Märznacht! Schneebedeckt hingen die dunklen Tan nenzweige zur Erde, kaum daß ein Hauch oes Ulnoes ne deruyrte, und über den schwelgenden WaldeSzauber zog der Mond seinen silbernen Glanz, daß der Schnee auf dem breiten Forstwege wie iniutarom von Tiamantfternchen schim merte und glitzerte. Aus dem Forghaufe klang Helles La chen fröhlicher Menschen, während vor der Thür sechs Schlitten standen, mit kräftigen Pferden bespannt, deren Athem fich m der kalten uft straylenaitig ver oampske. Meine Damen, allonS. ES ist wirk. lich die höchste Zeit, daß wir aufbrechen!" Herr von Felden rief eS mit lauter Stimme in die luftige Gesellschaft hin ein. .DaS Amüsement im Forfthause hat lange genug gedauert, mein llbv zeiger strebt nach Mitternacht zu. Die Schlitten find bespannt.. .." Aber eS dauerte noch einige Zeit, bis man den Worten deS Gutsbesitzers Ge hör schenkte, bis sich die vielen schmucken Müdchengeftalten, deren Gesichter von Lebenslust glühten, tn das dichte Pelz werk gehüllt hatten, und endlich auf den Schlittensitzen Platz nahmen. Auch die Herren, die die Schlittenpartie zum Forfthause mitgemacht hatten, schienen noch gar keine rechte Lust zu verspüren, die Heimfahrt anzutreten. So. edt saßen fie Alle, die Pferde zogen an, und helles Schellengetön störte plötzlich den schlummernden Wald auf, untermischt von fröhlichem Lachen und Scherzen. WaS fragt man nach der Kälte, wenn man jung ift. Im letzten Schlitten faß Fräulein Elfe von Felden, eine hübsche Blondine von etwa 20 Jahren, neben ihr HanS von Lebnau, ihr lunger GutSnachbar. HanS lenkte mit sicherer Hand die beiden Rosse, die feurig in'S Zeug gin gen. L?eln vcrz liopsle zum 3 prmgen. Elfe, zürnst Du mir noch immer?" Halb trotzig klang eS zurück: Habe ich nie gethan." Dann wieder einige Minuten Pause. .Du zürnst mir doch. Konnte ich denn ahnen, daß der Fuchs zahm war, daß er Dir gehörte, daß er fich nur ein mal seiner Fesseln zu entledigen verstand und auf mein Jagdrevier kam?" Nein!" Und doch schmollst Du ?" Nun bitte ich. höre aber endlich auf mit dem Gesprüch." HanS fuhr zusammen, den Ton hatte er nicht erwartet. Eise!" .Hm?" .Verzeih mir." .Da ist nicht? zu verzeihen." l : i. . .Mftfcia w: .oiiic. uiciin ivuEul, wtf unglücklich Du mich machst dadurch daß " v .WaS Du nicht sagst. AIS ob Dir so viel an mir gelegen würe." O. sie wäre gar nicht so böS mit ihm gewesen, wenn er nicht den ganzen Abend mit Früulein Mimi getanzt Hütte, einer Echulkameradin von ihr. .Wie kannst Du nur so sprechen. Elfe? Du weißt doch, daß ich " Gieb mir lieber mal die Zügel. Siehst Du nicht, welchen Vorsprung die Anderen gewonnen haben ?" DaS ist gefährlich. Die Pferde sind wild." .Grade deshalb." ES könnte ein Unfall geschehen." .Du traust mir nichts zu. Gieb her!" .Nein!" .HanS?" Nun?" .Ich steige aus. wenn " Ach Tu Trotzkopf Du " Er lachte hell auf, aber schon hatte sie die Zügel ergriffen, die Pferde zogen erneut an, mit Windeseile flogen die Tannen vorüber, jetzt hatten sie die An deren schon eingeholt, jrtzt sausten sie an ihnen vorbei .Da. Du Kleingläubiger. Du glaubst wodl gar, ich verstünde kein Pferd zu lenken?" V .Hm. hm." Ach Du. weißt Du nichts Besseres zu sagen? Oder haft Du Deinen ganzen Witz an Mimi verschleudert?" Ueberrascht blickte er fie an. Sie war eifersüchtig, seine Sache stand also nicht ungünstig. Schon wollte er er widern, da, was war das? Ein gewal tiaer Ruck. Elfe halte nickt Ackit oe geben, der Schlitten war gegen einen im Weae liegenden Baumstamm aesab. ren. er wankte, er schlug um ein Auf Ich! .... Elfe flog zuerst hinaus, tief in den weichen Schnee. HanS erging eS nicht besser, er fiel gerade in ihre Arme. Und nicht faul, hielt er die Gestalt fest. Elfe. Kind, Du weißt, daß ich Dich gern hab," stieß er hervor, und da das Schicksal uns so zusammengeführt, so darf ich Dich immer so balten. Dein gan,eS Leben lang?" Sie sagte nichts, fie ließ es ruhig geschehen, daß feinMund den ihrigen suchte Jetzt kamen aber auch die Anderen näher, die Schlitten hielten, man be fürchtete das Schlimmste, da man die Beiden nicht hatte aufstehen sehen. Else," rief v. Felden. ift Dir etwas pasfirt? nun spreche doch." Jetzt erst richteten fich die Beiden aus von dem Schneelager. Um's Himmelswillen, Kinder, was habt Ihr gemacht?" .Wir." und beiter lackte kanS au. wir haben unS nur verlobt.-. in Zweikamps auf dem Drahtseil. DaS merkwürdigste Duell, das je von zwei erbitterten Geanern ausaekock. ten wurde, fand kürzlich in einem Dorfe in OderJtalien statt. Dort hatte fich eine französische SeiltünzerTruppe nie dagelassen, die allabendlich ihre Vor ftellung gab. Ein Italiener, der die Kunst des SeiltanzeS ebenfalls zu fei nem Beruf gemacht hatte, weilte zu füllig in demselben Dorfe zum Besuch und ließ eö sich natürlich nicht nehmen, den Produktionen feiner französischen Kollegen beizuwohnen. Eines Tages machte er die Bekanntschaft deS wag halftgen Mitgliedes der Truvve und ehe noch eine halbe Stunde verging. war zwischen den beiden Artisten der heftigste Streit über ihre gegenseitigen Leistungen entbrannt. Man belcklok. noch am felben Abend die Sache mit einander auözusechten, und zwar, wie eS fich für Leute ihres Faches geziemte, auf straff gespanntem Drabtleil. ?in Trikots und Perrücken, mit Rappieren bewaffnet, erschienen die beiden Seil tänzer Abends vor der schaulustigen Menae. Zuerst l?rodu,irten fie firt nebeneinander auf dem schwankenden rn uno suyrien oie halsbrecherischsten Sachen aus. Da glitt der Fuß des Italieners etwas auS: die fvsiMfA Bemerkung seines Rivalen brachte fein Blui zum dieoen uns mit gezogenem Rappier nurzie er fich auf seine, Gegner, der auch sofort panrte. E noch daS erschrockene Publikum b greisen konnte, um waS eS fich handelte, w:. f. s. .. u n Lstv, t wuicii uic uciuiu Nlllkipiqllyne ooen IN der Luft mitten im bikiasten Gefeckt. Jeder von ihnen besaß ebenso große Vewanvtyell aus vem keil, wie in der Führung deS RavvierS. und einiae ' 91Uslnf)Iilf httfh eS nnÜf nmmtn ,,. wiß, wer als Sieger aus dem eigen arugen Kamps hervorgehen würde. Da führte der Italiener einen so beftiaen Stoß gegen die Bruft seines Rivalen aus, daß er selbst die Balance verlor hM ...4rxi. cm:i tr:,.f . un uvui ccu IU1U,IC. UJUl otlHllyN lieber Gesckwindlaspit finfh tr W hn " - I V MV w Fechtdegen von sich geworfen und da? Seil mit den Händen ergriffen. Weni ger giuauq war der Franzose, den der vehemente Anprall gleich alls auS dem Gleichgewicht gebracht batle und der nun, ohne fich halten zu können, zu Boden stürzte, wo er definnungSloS liegen blieb. Ter stolze Sieger wurde , von der jubelnden Menae mit lautem i Beifall belohnt. iem nen m I j