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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (March 24, 1898)
Der Tanger. Als er noch in die Schule fiina, Kß er in dcr Regel auf der sanften oder sechZten Bank. Seme Lehr rebelten ihn ost wegen seiner Unaufmerksamkeit. ES schien, als od er geistesabwesend war. Seine blauen Augen salzen in daZ Weite. Hütte man ihn gefragt, woran er dachte, so hatte er, falls er ehrlich entwertete, bekennn müssen, er Hütte geträumt, er säße aus dcr ersten Bank alZ Erster: er hatte eben bei sich ausgemalt, wie die andern in Neid und Anerkennung zu ihm heraussahen. w:e Bater und Mutter stolz waren, wenn der Lehrer sein Lob ausgesprochen hatte. Mtthalb sollte er denn nicht träumen ! ES konnte sich ja doch eineS schönen Tage? verwirklichen; Und eZ war so schön, sich oben zu dünken ! Wenn der Lehrer dann an unsern Henrik mit einer Frage herantrat, dann zog eS von sei nen Augen weg wie ein Nebelschleier; die Figur deS LehrerZ hob sich heran? aus dem Tunstrahmen. seine bebrillten Augen erschienen wie zwei stechende Lan ,en. Henrik hätte die Frage beantwor. ten können, wenn der Gestrenge sie wie verholt hatte; er war nicht dumm. aber die Frage selbst ju wiederholen, dazu war er nicht im Stande: er hatte nichts, gar nichts gehört; auch vor sei nen Ohren hatte ein Nebel gelegen, r wurde getadelt, und die Mißstim mnng darüber ließ ihn sich nur noch schneller und tieser in Träume Versen !en, die ihm schmeichelnde Bilder vor gaukelten. Auf dem Wege nach Hause, wenn die Jungen sich prltgelten. oder in der freien Zeit, wenn die Jugend deZ Fischerdorfes sich übermüthigen spielen hingab, stand er manches liebe Mal nachlässig bei Seite. Einer von diesen allen war bei jeder neuen Kraftprobe der Stärkste, da? eine Mal dieser, daS andere Mal jener; Henrik sah hinüber zu den sich Balgenden; er sah sich selbst als den Stärksten; nicht ein mal nur, er war immer der Stärkste; und er fühlte sich innerlich. Triumphiren würde er trotzdem nicht. Tie stärksten Leute waren niemals dummstolz; er würde nicht verächtlich auf die anderen hinabsehen; er würde ihnen allen hel fen, kämen sie in Noth ! Und als die Zeit gekommen war, daß fein Ehrgeiz nach dem Platze auf der ersten Bank keinen Traum mehr auszufüllen vermochte, als die Schule gethan hatte, was sie an einem Men schen wie Henrik thun konnte, wurde er in die Lehre gegeben. Der SchifsZzim mermeifter Rothjohann sollte ihn aus bilden. ES war nicht Henrik'S Wahl. Sein Traum war, Ingenieur zu werden, ei ner von denen, die Maschinen bauen oder Brücken oder Schisse, und die vor einem großen Bogen Papier sitzen und mit dem Finger auf ihm herumzeigen und sagen: TaSwird so gemacht, und dieses will ich so haben! Sie führen dies hier aus, und jenes muß sofort an gefangen werden'.'' und die anderen stehen still und ehrerbietig, und wenn der Mann mit dem großen Bogen nichts mehr sagt, dann verfchwrnden sie ge räuschloS. Henrik schleppte Balken, große und kleine; solche mit Rinde und beyauene. Der Vater hatte eS so gewollt und wo man Henrik hmsteckte, da gmg er a auch hin aber die Balken sah er sich zusammenfügen zu Wunderbauten, hoch in die Luft ragend; und weit zur Seite hingen hölzerne Gebilde hinaus ; es sah aus, als ob sie schwebten; sie hatten keine Basis. Henri! wußte, nach allem. was jetzige Erfahrung bot, konnte das Gebäude, das er m der Lust sah, nicht bestehen ; eS war ohne Stütze, ohne Halt: eS mußte erst etwas ganz Neues erfunden werden, um so bauen zu lön nen. aber machte das etmas aus? DaZ konnte er ja ersinden; weshalb auch nicht! Und Henrik sah sich als Erfinder. Jeder war erstaunt, daß er mcht selbst auf die Idee gekommen wa Seine Erfindung brachte viel Geld, aber darum kümmerte er sich wenig: er hielt sich feine Leute, um die Geldsachen zu besorgen. Jeden Tag früh mutzte der Oberste seines Personals zu ihm kom men und ihm die Taschen füllen. Manchmal erachtete er eS auch für an der Zeit, das Geld nicht zu nehmen. Jener durste eS selbst einstecken. Henrik sah, während er zwischen bierkan tigen Balken herumkletterte, jenen auS der Thüre hinausgehen: die Ta schen standen ihm weit ab vom Körper: sie waren aufgebauscht, und was darin war, waren Goldstücke, blitzblanke Din ger, beinahe so blinkend wie daS Gesicht des Beschenkten. Henri! sah sich auch sonst als Wohl, thäter seiner Mitmenschen: Johannscn's Karl würde er erziehen lassen und Maria OlSken sollte ihre Aussteuer ha. den; eS würde reichlich au-fallen. Sie wartete nun schon so lange. Und während er die Azt handhabte, verrannte er sich in seine ZukunstZbil. der. Er wurde mit einem Rucke ein großer Helb zur See; fein Name war in aller Munde. Eben lag noch der Nebel über der See, aber bald wurde eS lichter; die Sonne brach durch den milchigen Schleier, und wie hinter sich seine Schiffe, so konnte er dort drüben die feindliche Flotte sehen, , massiv, drohend. Er eröffnete denKampf! Seine eigenen Schiffe fuhren schneller, viel schneller als die schnellste Eisenbahn; sie stürmten gegen den Feind rannten ihn öder den Haufen : Sieg auf der gan zen Linie! Hurrah! Tie Kampfes wuth hatte sich keiner bemächtigt. Er führte mit seiner Art so wuchtige chläge. daß große Holzsplitter nach allen Sei. ten flogen, und als er von seinem ..wrt Ca4 Kn( Siit iiuiiin tTEEuu ui$ it, WMti vtMf seine wuthenden Hiebe den ganzen Bal kni unbrauchbar gemacht hatte. Er war noch Lthrlinz. und es setzte eine ge hörige Tracht Prügel. Später wurde er Geselle. Er war kräftig gcword?n: groß und breit und auch scheu. Er war der schönste junge Bursche in der ganzen Gegend. Sein offenes freie? Geficht, frisch und rothwangig, erhielt durch die tiefblauen träumerischen Bugen etwaS schwer. müthigeZ; sein gewelltes kurze? Haar trug den knisternden, goldigen Sichim mer, der zwischen Roth und Blond liegt, und sein ganzes Wesen war übergössen von Jugend und Hoffnung, sodaß eZ nicht Wunder nahm, wenn sich die weid liche Jugend ganz in ihn vergaffte. Er sah nur nach Einer. TaZ war Erika Andresen. Man wußte nicht, was er an ihr fand. Sie war gar nicht schön: die Nase war zu groß und der Mund zu voll; zudem hatte sie eine Gesichtsfarbe wie die, die auS Ungarn kommen oder aus Italien, verbrannt, braun und dunkles Haar. Die Augen waren grau. WaZ sie anziehend machte, war der Ernst, der über ihrer Erschei nung lag. Nichts SchMrmüthiges und Schwerfälliges aber sie hatte den Blick, der sagt: Ich kenne daZ Leben: es ist nicht genvg, daß wir die Hände in den Schovß Zezen und warten; es ist auch nicht genug, daß wir damit geseg net sind, daß dus Glück dicht bei unS vorüberftiegt: wir müffen wiffen, daß wir zugreifen müßen, und wir müssen auch zugreifen können. Sie war eine gefestcte Natur. Sie hatte nur einen wunden Punkt: daS war Henrik. Sie kannte seinen Hang zum Träumen : sie wußte wohl, wie er stundenlang mit Plünemachen beschäftigt war; sie sah auch, daß er trotz seiner Stärke, trotz seiner Beliebtheit, trotz seiner höchst ie genden Pläne um kein Haar weiter ge kommen war als jeder Andere auch, gleichgültig, ob dieser Andere begabt war oder nicht, ob er Ehrgeiz besaß oder nicht, wenn er nur in Mittelmäßigkeit jedesmal der kleinen Aufgabe gerecht wurde, die ihm die Stunde stellte. ES wäre ihr wohl lieber gewesen. Henrik hätte allem Träumen entsagt, er wäre in nüchternster Art den Geschäften deS Tage? nachgegangen. aber eS war auch wieder gleich: wie er nun einmal war, er war ein Stück von ihr, und sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht denken. Und doch sah sie zu weilen mit banger Sorge in die Zu kunst. Wer zwei Leben lebt, ein?, das sich ihm aufdrängt von außen und daZ andere, daS er sich aufbaut von innen, wird das schönere Leben immer innen finden, und die Wirklichkeit wird ihm rauh erscheinen, und er kann leichtlich unzufrieden werden, denn man kann nie erreichen, was man erträumen kann. Sie fürchtete, Henrik könnte bei dem jedesmaligen Erwachen unmuthig wer den über den Gegensatz: auch meinte sie, er wärde keine leeren Paläste bauen: er würbe sie bewohnt machen; und lein schönster Palast würde der schönsten Fee gehören: er würde nicht nur vom Pa laste träumen! Sie wurde eifersüchtig und noch ernster. EZ war ein Zittern im Kampfe mit der Anderen. &u duifte nicht einmal sagen, daß sie kämpfe. ES erschien ihr als das Klügste, von der Anderen nichts zu wissen. Gegen lede Lebende wäre n aufgestanden: den Schatten mußte sie äußerlich leugnen. Henrik trat eines TageS zu ihr an den strand. Ich geh' als Gehülfe zu dem Taucher! Meinst Du. daß eS recht ist, Erika?" Zu Erichsen?" Ja!" 'Magst Du nicht mehr zimmern?" Er lehnte sich an ein umgestürztes Boot. Seine Fäuste vergruben sich im Wamms; mit balbgcschlossenen Augen sah er über die dämmerige See hinaus. ES ist nichis zu holen! Siehst Du alle: Der Alte legt das Maß an und macht feine Striche, und wir hauen dann an dem Balken, und wenn er paßt, wird er eingefügt! auch mal einen Maftdaum glattschlagen! Du kannst dabei denken. eS ist für einen Dreimaster, dcr Dir gehört, aber das ist Unsinn! So wird mir keiner ge hören! Ich geh zum Taucher. AuS dem Waffer holen, was versoffen ist, Schiffe heben, jetzt bauen sie auch Säulen aus Stein in's Waffer, eS ist ja eine neue Erfindung: da brauchen sie auch Taucher! Das ist eine Sache, da kann man viel Geld verdienen! Und schön ist der Beruf auch. Wag die See hat, hat sie gestohlen! Das muß sie wieder rausgeden! Und kräftig bin ich! ES ist nur ich frage nur -" er blickte ihr verlegen in die Augen, als schäme er sich seiner Schwäche ich werde den ganzen Tag draußen sein müssen, auf dem Waffer. wir werden uns nun wenig sehen ! ES soll unS nicht? machen; eS ist Zeit, Erika; ich bin fünfundzwanzig und Tu zwanzig! Er braucht einen kräftigen Gehülfen, das mag der Weg sein, zu Gelde zu kommen!" Erika legte ihm beide Hände auf die breiten Schultern, Sie war zierlich gegen seine kräftige Gestalt. Ich nehm vorlieb mit Tisch und Bett und Ban! " Er schüttelte sie ab, sie unterbrechend: Ich auch: meine Hcrzliebste soll aber mehr haben! Und wir können eS ja holen! Ich will Dir'S auch nur sagen: ich habe mich schon verdingt !" Erika nickte vzr sich hin. Sie drückte beide Hände flach gegen sein Herz, iH mir in Ki it,ni CtftltiM 'Wst M.if .. .. ...... . werden uns vielleicht nie kriegen! Ich Henrik! ich werde Dir immer gehören!" ES ging ein Zucken durch seine Ge stall und ein Blitzen durch seine Augen, wie sie eS nie gesehen. Henrik ging zum Taucher Erichsen. DaS Geschäft hatte immer sauber au?gesehen. in Wahrheit war eS schmutzige Arbeit. Was geborgen wer den sollte, lag zumeist eingebettet zwi schen Schlick und Schlamm. Tie Schiffsrefte. welche entfernt werden mußten, weil sie ein Hinderniß sür die Schiffsahrt bildeten, waren überwuchert von hin- und herflackernden, weichen, gi li'ien Schlinggewächsen. Man ging ja allerdings im Taucheranzuge zu Grunde, aber die Hände blieben meist entblößt, und was dem Taucher an Ge- fühl in den Augen genommen wurde, daS vermehrte sich ihm in den Händen. Was verdient wurde, war ein ganz guter Taglohn; wollte aber einer mehr erwerben, dann mußte er mit Hergäbe aller Kräfte arbeiten und weit über die übliche Zeit. Erichsen war ein stiller, wortkarger Mann. Er mochte keine lustige Ber ganzenheit gehabt haben. Seine Be fehle waren kurz, seine Anforderungen groß. An einem nebligen Morgen kam ein Boot vom Lande her nach dem Taucher schiff. Ter Fährmann ruderte einen Mann, welcher verlangt hatte, unver züglich zu Erichsen befördert zu werden. Ein paar Seemeilen weiter draußen war zwei Tage vorher ein dänischer Tampfer untergegangen. Die meisten der Paffagiere hatten sich deS schlechten WetterS wegen in den Eajüten aufge halten und waren von dem Schiffe mit auf den Grund des Meeres gezogen worden. Die Nachricht wurde durch einen Fährdampfer überbracht, und nun kam in dem Boote ein Rheder aus Esdjerg. um die Leiche seines Sohnes bergen zu lassen. Bei der kurz angebundenen Art und Weise deS Meisters nahmen die Ber Handlungen kurze Zeit in Anspruch. Es wurde kein Wort mehr gesprochen als nöthig war. Das Wo" und Wie" über die Lage des Schiffes wurde ebenso rasch erledigt als der Geldpunkt. Neben dem üblichen Tagelohn für den Meift'r und seine Leute wurde ein Pauschquan tum deS besonderen Falles wegen zuge sichert. Der ihm seinen todten Sohn an'S Licht brächte, erhielte für sich tau send Pfund!" Henrik stand dabei. Er hatte noch nie Menschen auS dem Wasser geholt. ES war ja auch eine Art Rettung: die Todten holen sür die Lebendigen! Er war mit ganzer Seele dabei ! Und die tausend Pfund! Was würde Erika sagen! DaS heißt ja beinahe reich! Er wollte ihr vorher nichts da von erzählen. Ginge er hinunter, eS würde fein, als träte er in ein Grab gewölde, die Seligen zu besuchen, auch an ihnen würde ein gutes Werk gethan! Sie kämen zur Ruhe! Und fein Name würde genannt werden! EZ ist doch ein großes Stück Arbeit, und eZ ist ein vornehmes Stück Arbeit ! und es ist ein grrßeS Stück Geld! Ihm wurde heiß unter der Schiffer mütze. Er trat zu Erichsen. Wann geht eS lo. Meister?" Der Alte sah zum Himmel, dann über den verschwimmenden Horizont wieder herab nach dem dunstenden Waffer. Heute Mittag fahren wir los. Wenn's nicht aufklart, kommen wir heute oder Morgen noch nicht runter!" Er ging nach vorn; er kam noch ein mal zurück. Dir ist'S um die tausend Pfund?!" und ohne eine Antwort abzuwarten, knurrte er vor sich hin: Ein schönes Stück Geld!" Er wandte sich wieder ab und theuer verdient !" zischte er durch die Zähne. DaS Taucherfahrzcug dampfte zur Untallstelle. Nach ewigen Stunden vorsichtiger Fahit mußte der Meister sich nach seiner Orienhrung an Ort und Stelle befinden. Ter Mann am AuS guck meldete zwei Mastspitzen, die aus dem Waffer ragten. Die dlafentrei bende See kochte und der Wind ließ die zischenden Wellen mii solcher Gewalt gegen den plumpen, schweren Taucher Kämpfer krachen, daß der Anprall deS WafferS sich anhörte, als hämmere ein unterirdischer Feind in ungeheuerlichen Schlägen gegen die Eisenplatten. Das kleine Fahrzeug zitterte bis zum Kiel und riß und zerrte an seinen Ankern. Erichsen wollte unter solchen Umstän den nicht mit dem Tauchen beginnen. Fünfzehn bis zwanzig Faden Tiefe ver. langen ein gesichertes Hantiren an Bord. ES wurde indessen alles bereit gelegt. Henrik lehnte in seinem Oelanzuge an der Bordkante. Ihm machte der Stürm nichts. Er sollte Todte holen! Kalte Leute! Dabei wurde ihm heiß! Er sah hinüber zu den beiden Mastspitzen. Zeigten sie nicht auch zum Himmel gerade wie die Thürme an den Kirchen? und lagen unter den Thürmen nicht auch Todte begraben? Hier war eine große, gläserne Decke ausgebreitet. 'man konnte nicht hmdurchfehcn. sie wogte hin und her, wie Vorhänge an einem Todtcnbette. Er war begierig, hinunterzufteigen. Nach der Laae der Masten tonnte er auch die Lage des Schiffes berechnen. Man konnte bci nahe glauben, die See sei etwa? ruhiger über dem großen Sarge; so. alZ wenn ein großer Schwamm mit Oel dort unten festgebunden wäre, und was er von sich sprühte, da? gäbe den Wellen uhe! Tauend Pfünd! Weiiri nicht der Vater für den Sehn sie ein setzte, könnte er eZ nicht begreifen. Wie viel Geld! und wie würde er Erika daZ Leben angenehm machen! aber umständlich ist die Sache doch. Hier müßte man eZ machen, wie mit dem Mauern in See. Ern ganz große?, weites Rohr, so groß, daß das der sunkene Schiff darin Platz hatte, müv.le man aus den Grund lassen und von oben daS Waiier auspumpen: dann stiigt man einfach auf Leitern hinunter. Man muß auch nicht nothwendig ein Rohr haben, man kann die Hebung deS Schiffe? mit einem Luftballon ver suchen, davon hatte er schon gehört: da? wollte er nicht aus dem Auge lassen! Biclleicht erfand er auch noch eine ganz neue Manier. Der Meister trat zu ihm. Reut'S Dich oder was denkst Tu?" Henrik setzte ihm auseinander, wo er eben gedacht halte. DaZ ist Unsinn! Geh' nicht unter die Narren! Wer erfinden will, ist wie Einer, der einen großen Magneten nimmt und im Lande herumstreift und lauert, bis der Magnet zeigt, wo Eisen liegt. Er kann Eilen finden viel leicht auch nicht ! sicherer nicht ! Wer vernünftig ist, benutzt immer daZ, was Andere erfunden haben. WeZhalb willst Du auf den Mastbaum klettern, wenn fich'S an Deck gut leben läßt !" Henrik sah nach dem Alten. Wenn Jeder," dachte er bci sich, solcher abge hackter Maftdaum wird, dann mag es sich verlohnen, jung zu versaufen!" Er sah sich nach dem Wetter um. Ter Alte schob sich an der Bordkante entlang. Am Bug angekommen, schielte er hinüber zu Henrik. ES ist Kern drin!" sprach er zu sich, aber er träumt. Er muß in'S Feuer. Ten muß daZ Leben mit Zangen fassen. Er krepirt oder er wird gut!" Er biß die Zähne wieder zusammen ; der Regen sprühte ihm wieder in'S Gesicht. Es stürmte fort und so blieb eS vier Tage. Nur die eindringlichsten Bitten des Rhe derer? vermochten eS, ihn zum Bleiben zu bewegen. Er hatte im Hafen besseres Wetter abwarten wollen. Am Morgen des fünften TageS stieg die Sonne blutigroth im Osten auf. An Bord wurde sofort an die Arbeit gegangen. Ein Taucher stieg hinunter, um die Lage deS Schiffes festzustellen und zu sehen, ob die Zugänge in das mit Wasser ge füllte Schiff frei feien. Während dieser Untersuchung wurde Henrik der Taucheranzug angelegt. Die weite, plumpe Eummihülle legte sich ihm an den Hand und Fußgelenken eng an die Haut, dann setzten ihm die Gehülfen den großen kupfernen Kessel mit den Gucklöchern auf die Schultern und schraubten ihn dort fest. ES dröhnte in der metallnen Hohle, wenn sie außsn mit den Schlüsseln die Schrauben an zogen. ES war der Ansang deS 21b schied? von der Oberwelt. Der Meister wollte ihm noch etwa? sagen und schlug mit den Fingern gegen die dicken GlaZ Platten. Henrik drehte den Kopf nach ihm hin. Er sah. wie de? Alten Gesicht roth anlief vor Anstrengung beim Schreien; den Mund hatte er weit auf gerissen. ES war vergeblich. Henrik hörte etwas ganz entfernt; es war. als wenn er weit hinter den Dünen ging, und ganz, ganz schwach trug die Luft hohe Töne der Brandung an fein Ohr. oder als wenn jemand ichreit, und man stopft ihm den Mund mit Bett kiffen zu. Verstehen konnie er nichts mehr. Er stieg jetzt in die schweren Blcischuhe. Tie Knechte traten an die Luftpumpe, und als der erste Taucher nach oben kam, gab der Meister ein Zei chen, Henrik kletterte schwerfällig die kurze Leiter hinab; daS Wasser stieg ,hm b:S an die Knie, dann biS unter die Arme er sah noch einmal durch die GlaSfenster über daS Meer; er sah die spitzen Schaumkronen, eine die andere jagend; die Leiter hatte keine Sproffen mehr: er ließ sich in'S Ungewisse, Weiche versinken. Langsam ging eS dem Grunde zu. Er beugte den Oberkörper vor, um nach unten zu sehen. Es war Alles durch sichtiges Grün, wie wenn die Sonne durch mattes, grünes GlaS scheint. ES lag viel Frieden in dieser Farbe. Jetzt stand er am Meeresgrunde. Vor ihm der große schwarze Kasten. Ihn ging ein Grauen an. Vor ihm, wenig höher als sein Helm, glaubte er an eil nem Schiffsfenfter einen Kopf gesehen zu haben, der sich hin und her bewegte. als suche er einen Ausgang. Er riß an der Leine und schloß die Augen. Man hatte ihn zu tief hinabgelasfm. Er mußte von oben auf das Schiff stoßen. Er gab die für jcdz Richtung verabredeten Zeichen. Endlich stand er mittschiffs. Er schob sich dcr Treppe zu, welche hinunter in daS Innere führte. Es war überall hell genug. Sein Auge halte sich an den Farbcnton gewöhnt. Er fühlte seine schweren Blei sohlen auf der Mahagonitreppe aufpol lern. Es herrschte tiefe Stille. Er glaubte, das Einzige, waZ er hören konnte, wäre daS regelmäßige Zischen der Luftpumpe, daS ihm durch den Schlauch getragen würde, aber als er einen Moment still stand in dem Ge fühle, die tiefe Stille noch zu vcrstär km , da wußte er, was er hörte: fein eigenes Herz; es klopfte ihm bis, zum Halse hinauf. Und dann schrie ihm Jemand zu: .Tausend Pfund!" Er tappte weiter. Er mußte jetzt m eine Biegung. Die Liegung war ihm un angenehm. Es überkam ihn knaden hgfj,' Furcht. Konnt? n'cht hinter die ser Ecke Jemand sitzen? lind da fiel ihm ein, wenn Einer rrnt zwei Fingern den Lustschlauch zuhielte, dann mußte er ersticken. Er raffte sich auf. Ten Liifl'chlauch vorsichtig nachhebend, da mit er nicht an einer Ecke plattgezogcn würde, stieg er tiefer. Er drückle die Thür zu dem großen Salon zurück. Nichts als die große, gläserne Masse. Er konnte durch daZ Wasier bis in die letzten Ecken sehen. Tie Vorhänge schie nen hin und der zu wallen. Sein Er scheinen wirkte wie daS eineS Stören friedeS. Die leichten Tischdecken wellten über die Platten, gehoben von den Wafferschwingungen, die er mit jeder Bewegung verursachte. AIS er die Thür ausstieß. schlugen die grünen Wellen durch den Raum; er konnte sie mit den Augen verfolgen, wie sie hinten am Büffet anrollten und dann langsam zu rücklchrten. Lautlos und in der Be wegung von einer großen Sanftheit. Henrik wollte zurücktreten und die Thür anziehen. EZ war Etwas gegen seinen 'Klicken geprallt. Er drehte sich langsam um; seine Haare sträubten sich. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Treppenwand, die Hände weit von sich, rückwärts gegen daS Holz pressend. Vor ihm tanzte, schwebte Jemand. auf recht, daS Kinn zur Brust gesunken, die Arme wagerecht, hing ein Mensch im Wasser; seine Bcine berührten zuweilen den Boden, dann stieg er wieder um Handbreite hoch, er drehte sich um sich selbst; man konnte meinen, eS fei ein Kapellmeister, und er tanze in lang famcin Ry'hmuS nach traurigen Klän gen. Henrik zwang seine Augen weg von diesem gespenstischen Todten. Seine Blicke glitten bei dem Schwebenden vor bci, die Treppe weiter hinunter. Er glaubte, zu Boden sinken zu müssen. Dort unten kamen sie herauf. Er hatte die Ruhe gestört. Einer, zwei, noch Einer, Alle tanzten, sie schweb ten, sie kamen, gleichsam heraufgeweht vom Wasser: langsam, aber unaufhalt sam, hoben sie sich; sie drehten sich rund herum und sahen einander an. EZ war, als wenn Einer den Anderen er muntern wollte; und um Jeden fah das Waffer aus, als sei eS dicht bei ihm gesättigter von Farbe, grüner, als habe Jeder noch eine schwimmende Hülle an sich. Ein unwiderstehlicher Trieb zwang Henrik die Jaust zu erheben, langsam, gegen daS Gesicht des ersten Todten. Er schob sie ihm unter das Kinn. Der Kopf hob sich. Henrik sah in eine straff gespannte, helle, grüne Halbkugel, auS der zwei gebrochene Augen herauSstarr ten, groß und schwarz, und wie einae legt in gelbe Einfassung. Sie hatten kein Ziel, diese Augen; sie lachten nicht, sie weinten nicht, sie sahen gerade aus. jedes für sich, in ganz weite Fernen. Henrik fühlte diese Augen, in die er nicht hineinsehen konnte, weil sie keine Tiefe hatten weil sie nur noch eine stumpfe Fläche bildeten, diese Augen sahen ihn nicht, sie sahen bei ihm vordei oder durch ihn hindurch. Der solche Augen trug, der träumte. So müffen Träumeraugen aussehen, so in'S Weite sehend, so unheimlich überirdisch, so wenig menschlich. Den Mann im Taucheranzuge über kam ein furchtbares Zittern; er glaubte sich abgeschnitten von der Welt, der Athem stockte ihm, er fühlte, wie sich der Taucheranzug innen voll Waffer sog; eS sickerte oben durch den Helm hindurch, und als er den Kopf schüttelte, spritzten ihm die Tropfen um das Gesicht. ES war aber nur sein Schweiß. Er schlug mit den Händen durch das Waffer. Ter Todte wich von ihm. Er drängte ihm nach, und so, wie er das Wasser zwang, ihm zu weichen, so zwang das Wasser jenen, weiter zu schweben, die Treppe hinauf, immer sich drehend. Henrik sah nach oben. Er sah jenem gerade in das ge senkte Gesicht. Diese schrecklichen Augen: er träumte immer noch! Er würde träu men bis in die Ewigkeit, und er würde auch Zeit haben, und auch das Recht dazu. Henrik fah zurück nach unten: dort kamen die anderen im Todten reigen, sicher und , sanft in den Be wegungen, und so fürchterlich traurig in der Haltung. Als der vor ihm Schwebende ihm gerade den Rücken zukehrte, faßte er schnell zu und stieß ihn vorwärts nach oben. ES war, als wenn er gegen einen Sack voll Watte faßte. Endlich stand cr an Teck. Er hängte den Todten in die eiserne Zange und faßte den Strick; dann schloß er die Augen und gab an der Zugleine das Zeichen zum Hochziehen. Er war nicht mehr im Stande, die Leiter selbst hochzusteigen. Die Knechte mutzten ihn an oro neuen, eofon wurde ihm der Helm gelöst. Tie Augen schwammen ihm voll Thränen. Der Alte strich ihm über die schweiß triefenden Haare. Es lag Mitleid und Verständniß in dieser Bewegung. ES war häßlich unten?" Henri! nickte. Er brachte keinen Ton ist gleich der Sohn vom Alten gewesen! Sind viile unten?" Henrik bejahte mit den Augen. Sie tanzen alle! ' er schlitlclie sich. ?,1!'n'ä tnir henf i ' L h hin nit.-fi i.... einmal iintin gewesen. ti ist lange der! und auch nur daS eine Mal ! Sollst jetzt 'cklasen!" Am andern Morgen war das Fieber verschwunden. Als dcr Meister an'S Lager trat, schimmerten ihm von Hen rit'S Schiäsen weiße Haarbüschel ent gegen, gekommen über Nacht. Henrik schlug die Augen auf, klar und verständig. Meister, von Euch gehe ich weg! Ich will wieder zu Grotjohann. Jetzt wird meine Erika gehciralhct, und daZ Träumen das lassen wir ein für alle Mal; das ist für die Todten! Wenn die Augen noch sehen können, sollen sie sehen. waS vor ihnen ist, und nicht darüber hinweg! Wenn sie stumpf sind dann ist der Mensch todt Todte dürfen mit offenen Augen träumen. Lebendige nicht. (sin alter Student. Ein GrciS. der kürzlich in Wien im 69. Lebensjahre starb, ohne daß eS ihm beschicken gewesen wäre, daß von ihm angestrebte Toctocat der Medicin zu erlangen, war aber nicht etwa ein der bummcltcr Student, im l,cgenthcil, er hatte viel gelernt und eine hohe Stelle erreicht. Auch war er bereit? Tccloc dcr Rechte und dcr Philosophie, und nur dcr Wunsch, anch noch Doctor der Medicin zu werden, veranlaßte ihn, sich in hohem Alter wieder an der Uuiversi tät inscribiren zu lassen. Dr. Vincenz Ritter von Helm war im Ministerium des Innern Vorstand dcr böhmischen Kanzlei und Vieecurator deS Theresia numS. AlZ der unverheirathcte GreiS nach zurückgelegter ljähriger Dienstzeit in den Ruhestand trat, wurde er wieder Student, um feinen lange gehegten Plan auszuführen, Doctor dcr Medicin zu werden und so die Dcktorate aller Facultäten (mit Ausnahme der theolo gischen) zu besitzen. Bei der Jnscridi rung legte er alle seine Papiere vor, darunter auch sein PenfionZ Deeret. Der damalige Decan Professor Weich sclbaum, meinte, daß daS wohl nicht nothwendig fei. Doch," entgegnete R. v. Helm trocken, eS sieht sonst auS, als od ich 88 Semester gebummelt und 44 Jahre im Eriminal gesessen hätte." Er gehörte dann zu den fleißigsten Hörern, vor zwei Monaten erkrankte er jedoch an einer Blinddarm-Entzündung und starb vor einigen Tagen. In sei nem Testamente hatte sich dcr alte Herr die schwarze Farbe für sein Lcichenbe gängniß verbeten. Er wurde in wei ßem Sterbegcwande aufgebahrt, das Trauergemach war blau drapirt. Bei dem Leichenbegängnisse folgte dcr Minister.Präfident Dr. v. Gautsch mit vielen Notablitüten dem Sarge deS ölte sten Studenten der WienerUniversität. mn Er konnte nur bedeuten, sie Zaucheriieidung ganz ging nicht mehr hin hervor, sollten ihm die abnehmen. Er unter. .Die Zähne klapperten ihm. Man brachte ihn in die Koje. Während die anderen weiter arbeiteten, saß der Mei fter bei ihm. Du haft Glück gehabt I Vtx Erste sonderbarer Pferdebändiger war L. Sullivan auS Dullahow bei Kanbuck. Er ist ein ungelöstes Räthsel geblieben, obschon ihn jetzt seit vier Jahrzehnten die Erde deckt. Seine Nischen Landsleute nannten ihn nur den Zusiüsterer, und er würde ein großes Vermögen hinterlassen haben, wenn er zu bewegen gewesen wäre, seine arme irische Heimath zu verlassen. Seines Zeichens war er ein Grob schmied, unwissend und eckig, untersetzt und rothhaarig, wie viele seiner Lands leute. Ueber seine Art, die wildesten Pferde, welche keinen Reiter duldeten und denen kein Schmied nahen durfte, zu bändigen, besitzen wir viele Berichte; alle stimmen darüber überein, daß er sie weder zuritt, noch sonst berührte. Er ließ die Pferde in den Stall führen, ging zu ihnen, ohne zu dulden, daß ihm Jemand Gesellschaft leistete oder ihn beobachtete. Diejenigen, welche trotzdem ihn belauschten, wollen wahr genommen haben, daß er dem Pferde in die Ohren flüsterte, worauf dieses nach und nach den zornigen Ausdruck feines Auges verlor. Nach Verlauf einer Viertelstunde verließ er mit völlig ge bändigtem Roß den Stall. Ein Kind konnte es besteigen und reiten. Ein Bugenzeuge erzählt von einer Probe Sullivan'S mit einem Regimentspferde, daS feiner Bösartigkeit wegen ganz un brauchbar war. DaS Verfahren war, wie oben ange führt, doch fügte dieser Berichterstatter hinzu: Ich bemerkte, daß daS Thier, sobald eS Sullivan anblickte oder ansprach, zitterte und Anzeichen von Furcht von sich gab. UebrigenZ war seine Kur nicht vor übergehend. Ein von ihm gezähmte? Pferd war dauernd fromm. Sein Mittel hat er Niemand, selbst feinem Sohne nicht, mitgetheilt. Ein hervor stechender Eharakterzuz des irischen Pferdebändigers war feine Liebe z der Hütte, in der er geboren, und zu dem Kirchspiel, in dem er aufgewachsen war. Ohne diese wäre er sicher alZ ein reicher Mann gestorben. Traurige Rückn'irknng. Lise: Ja, Nannh. warum weinst Du denn so? Gefällt eZ Tir bei Deiner neuen Herrschast nicht?" Nannh: Oh, daZ schon, aber mein Schatz ist mir untreu geworden." Life: Ja. warum denn?" Nanny: Weil mein neuer Herr nichi raucht." .IWItz...,,,,,,,,,,.,,,