Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 10, 1898, Image 9
. , K') -' ) I ' -'S 7 . 7 -'S!--' 7 Y s 7 7 7 7 Y 7 I ' Jahrgang !!!. Beilage zum Nebraska Ztaats-Anzeiger. No. 42. ?.?5 Dcnkma! zu piütanu. i'cn fll-ub ,;.ei::ni:iL Int Weibischen Pii?;:", der vom Jj&n 1T0U an ei.'.unüzwanzig Jahr, lang gdü!:t wurde, der ßleichzc! mit turn Spanischen Erofolgtlnege" fast ganz Europa und da! rulsische ?.ften verwüstete, auS deren Kämpfen und dcwidtiS durch die Schacht von Pul taraa. 1709, die heutig Machtstellung S'.vßlandS h.'rvorzing. ereignete sich manch' dramatische Episode, die nie. wie Waüei'.stcin's Z.-.t. lhrcn Schier fand. !S cZ zur Schlagt den Pultawa tarn, diente im Heere PcterS. deS Clä ren, ein junger Offizier Namens Wla dimir KeSmorow. EineS Morgens entfernte er sich luft wandelnd von dcn Ze'.tlarn und streifte an den Gewässern deS Dnieper nach wilden Enten und Schnepfen, die sich wie Gchtoäne und rotiioeiße Pelikane auf den ?iebenfliiisett deS CtromeS in Schilf und Röhricht buhten, tummelten, pustend und schmimineud die Jügrr gänzlich mißachtend. Tcr junge Mann war mitzmuthiz. er sehnte sich ach den Fleischtöpfen deZ elterlichen Hauscö. Er war eine ft.Ue. beschauliche Natur von gewinnendem Aeußern und mehr den Studien, den sanfteren Regungen d?S menschlichen KemiitdeZ als lr Kriegskünste geräufch. vollem Winwar hold. Sein Unglück wollte eS. daß aus dem DiZicht deS SumpsrandeS jetzt eine Ge statt auftauchte, die für eine polnische Personification deS großen Jägers vor dem Herrn. Nimrod. gelten konnte. Es war Paul Petrsff. der öestder eweS na hen Gute. Ganz in Pelze gehüllt, mit Hoden Lederftiefeln, eine riefige Pelz, milde auf dem bärtigen Haupte, sah er auS wie der Ureinwohner deS Landes, wenn nicht eine am Bande ihm über die Achsel hängende Muskete auf einen modernen Mensche hätte schließen lassen. Ter Wldm?nfch sah. dag der schmucke junge Osfizier im ersten Augenblick e? schroZen war. und um zu beweisen, daß er kein Attentat auf jeneS Leben deab. fichtigte, hielt er ibm die lederne Flasche hin. die mit Waschnewka. einem auS kleinrufstschenvorzüglichenKirschen treff. lich bereiteten Schnaps, noch halb ge füllt war. .Trink. Brüderchen!" sagte der Nim rod. und warum sollte Paul Petross nicht Bescheid thun. Sie vertieften ftch in ein Gespräch Über die Heldengestalt de zwölften, schwedischen Karl, der am Fuße verwundet, jetzt mit einem schon geschwächten Heere der Streitmacht Pe terö deS Großen unweit Pultawa'S ge genübkrflnd; Petrcff lobte seine Arbu sen oder Wassermelonen, seine ttantaln gen, auch eine Kernfrucht, und nicht lange darauf saßen die beiden in deS Gutsherrn geräumiger Halle. Ein wunderbares Kind brachte Wein. Caviar. geräucherten Fisch und briet, derweil die beiden aßen, den Schenkel eine3 in Essig gelegenen Eber. Marfa, die Schwarze, hatte noch nie einen so besonders sauberen Menschen gesehen, wie deS Czaren Offizier. Er sah. wie ihre junge Brust unter dem gestickten, bunten Mieder der Kleinrus. sinnen hämmerte. Klein waren ihre Hände und Füße, groß wie Feuerräder ihre Augen. Ihre Lippen hatten die Farbe einer Vogelbeere am Ende deS Septembers. Wenn sie lächelte, und sie lächelte gerne, wenn ihr Flammen blick den des hübschen Kriegers kreuzte, blitzte cS wie Wetterleuchten von ihren Zähnen, gesund und weiß wie die eineS jungen HundeS. Nach einer Weile lallte der Besitzer deS Hauses und Vater der bestrickenden Marfa. Noch eine Weile und er schlief auf der Ofendank, ganz uneingedenk der Pflichten eines Wirthes und Be schützerS der Unschuld vom Lande. Wladimir KoSmorow faßte Marfa'S Hand, behielt sie lange und schien in den feinen blauen Aederchen sein Schick sal lesen zu wollen. Er zog die Sanft widerstrebende auf sein Knie und wollte sie küssen. Aber eS war heller Tag, auf den Schlaf Nimrod Petroff'S nicht sicher zu bauen. So faßen sie sich wieder stille gegenüber und sahen sich an mit jenem Wohlgefallen der Geschlechter an einander, das Heil und Unheil über die feit Jahrtausenden sich wie Blätter im Walde erneuende Menschheit bringt. Sie redeten nicht viel. Ihre Gedan ken, ihre Herzen sangen ein goldenes, frisches Kosclied beseligender Liebe. Der Alte schnarchte. Der Offizier aber sprang auf und ge dachte deS Appells. Marfa standen Thränen in den Au gen und sielen wie Perlen auf ihren jungen Busrn. Komm Abends an mein Fenster!" flüsterte sie. Wenn alles schläft, plaudern wir von der Zu kunft." Zukunft eines Offiziers vor Pultawa! Bah, wenn das Glück will, kann's ihn zum General machen! Die jungen Leute schieden, und als der Offizier mit eiligen Schritten sich wieder dem Feldlager zuwandte, klang ihm noch eine Strophe Marfa'S nach: Die Liebe läßt sich nicht befehlen. Komm her zu mir und sei nun da! Sie liebt eS. sich heranzuftehlen. Und ungerufen ist sie nah! Dann war'S ihm. als ob ihm Worte und Töne noch wie fchmüch?!nde Begl:i ter nachkämen: Die Liebe, die noch wandeln kann, Da ist die rechte Liebe nicht I Die Liebe hält in festem Bann, Die Liede muß zur Treue werden. Die Liebe, die noch wandeln kann! In dem undiSciplinirten Logerleben war die kurze Abwesenheit Wladimir Komoro!i)'S nicht bemerkt worden. DeS Abends, als die BiwLk . Feuer brannten, schlich er sich klopfenden Her zenS an das Fenster Marfa'S. Warum hämmerte eS nur so in dem armen pul fixenden Ding? Er wußte eS selbst nicht, daß er krank war; doppelt trank, vor Liebe, und weit eS ihm so von der früh oerftordenkn Mutter vererbt worden. Eine selige Nacht. Zwar ließ ihn Marfa nicht ein. aber sie schlang ihre Arme um sein Haupt, und zog eS halb herein in die warme Stube, legte eS an ihr pochendes gesun deS Herz, ließ ihn Rosen, Lilien pflücken von ihren Lippen und Zähnen. Und so plauderten sie die ganze selige, mono beglänzte Zaubermärchen Nacht hin durch in Rußland war'S eine Juni nacht, die achte deS Monats, und doch kalt herb, wie ein jungfräuliches Seel chen. Sie sprachen von der Zukunft Marfa und Wladimir, er wollte kom men und sie heirathen und sie den Vater verlassen und deni Geliebte auf das elterliche Gut folgen. So spannen sie Pläne von HauS zu HauS, wie Spin neu ihre Fäden von Ast zu Ast. Und wenn einer aus der Ferne Spinnen, gegen einen blauen Himmel abgehoben, zwischen Zweigen schweben ließ, so kann er glauben. eS seien große, in der Luft schwimmende Vögel. So bauten sie groß in die Zukunft und ahnten nicht, wie klein der Mensch ist und seine Kraft gegen das Schicksal. Unter Thränen und Küssen und hei ßcn Versprechungen schieden sie. Am Norgcn hatte Peter, der Czar, seine Pläne festgestellt und hielt Revue. Er erspähte eine schwache Stellung gerade da, wo jetzt der Schwedenstein sich er hebt und der AuZgar.g der Schlacht ent schieden wurde. An der Front deS Re gtmentS stand Wladimir KoSmorow, ein wenig bleich und überwacht, aber schön in seiner Jugend und ein Schim mcr süßen Glückes lag wie eine Gloriole um seine weiße Stirn. Peter sah ihn an und der Offizier präsentirte. Wie heißt Du? Wladimir KoSmorow, zu Befehl, Herr!" Wladimir KoSmorow, Du wirst beute Nacht an dieser Stelle wachen. Wenn der Feind weiß, daß hier ein Einbruch möglich, wird er ihn der suchen und Du wirft das Signal geben. Ein paar Mann und einen Trompeter suche Dir aus Major KoSmorow!" DaS Avancement der Austrag alles kam so unerwartet, daß Wladimir kaum Fassung fand, Peter die Hand zu küssen. Und schon war der Czar mit seinem Gefolge verschwunden. ES litt KoSmorow nicht lange zwischen den Zelten. Er eilte zu Marfa, theilte ihr daS Gefchehniß mit. Major! Nun wirft Du mich nicht mögen." Närrin! Aber heute Nacht kann ich nicht an'S Fenster kommen." Siehst Du! Dienst! Der Czar hat befohlen! O eine Stunde!" ES darf nicht fein. Marfa, Süße, leb wohl!" Auf dem Rückiveg begegnete der Lic bende dem schon nicht mehr ganz nüch ternen Vater seiner Schönen ; der hielt ihm wieder den Maschnewka hin. Jener dankte und that einen Zug: Grüßet mir Eure Tochter Marfa. Auf ihr Wohl!" Wladimir Kosmorow stand auf dem Posten und dielt Wache. Die Leute rings um ihn her, der Trompeter, in's Gras gelagert, würfelten, schliefen. Der junge Major hatte seit vierund zwanzig Stunden kein Auge zugethan. Er setzte sich auf einen Stein, stützte das Kinn in die innere Handfläche und dachte an Marfa. ES war ihm, als zö gen füß verhallende Liederklänge heran. Die Liebe läßt sich nicht verjagen. Wie Tauben von dem nahen Dach ; Wie schwer sie fei, Tu mußt sie tragen, Sie sei nun Luft, nun Ungemach. Die Liede läßt sich nicht behandeln, Sie trotzt dem Schmeicheln, dem Gebot: Doch mit der Liede läßt fich'S wandeln Durch'S Leben in den schwersten Tod. Und dann kam'S noch lockender, rei ner : Die Liebe, die noch zweifeln kann, DaS ist die rechte Liede nicht! Sie gleicht dem Glücke, das zerrann, Und Liebe hat Bestand auf Erden, Doch die nur, die nicht zweifeln kann. Und zum Schluß, wie Glcckenton über endlose Schneefelder: Die Liebe aber, die vertraut. Dem Führer folgt, wie hilflos, blind. Die fragend rechts und links nicht schaut. DaS ist die rechte Liebe Kind! Die Liebe, die nicht wandeln kann, Dir Gott IS letztes Glück ersann! Letztes Glück; eS war Wladimir, als sänke er willenlos in Schlaf, wie ein eingelulltes Kind und so war eö auch. Er schlief, wer weiß wie lange und seine Umgebung auch. Da klopfte ihm Jemand auf die Schulter. Er erwachte. Peter der Große stand vor dem Major. DeS Czaren Gesicht war purpurroth vor Wuth: er fand feinen Erwählten cuf einem wichtigen Posten, von dessen Bewachung ec den SchlachtauZganq, ja vielleicht deS ganzen Krieges Glück ab hängig glaubte, eingeschlummert. Der Czar erhob die Hand zum Schlage. Donnerwetter!" Da stand Koömorow's Herz stille. Ehe sein Geist daS Ungeheure fassen konnte, fein Verbrechen, dessen Ent deckung durch den obersten Kriegsherrn, den Zorn deS Barbarenfürften der sagte der kleine MuSlel und todt sank er in die Farren. Ter Czar wandte sich schüttelt ab. Er sprach etwaS zu dem Gefolge und licß dann einen anderen Offizier antre ten. In den zwanziger Jahren kam Kaiser Nikolaus Pawlowitsch auf daS Schlacht feld von Pultawa, an den Schweden stein. Tie Sage erzählt ihm von einem Liebespaar. Am Tage nach der Schlacht habe man eine schöne Polentochter, Marfa, in dem Schilfröhricht, an dem Dnieperflllßchkn ertränkt und mit ihrem eigenen Zöpfchen eigener Hand erdrosselt gefunden. Czar Peter habe damals gemurmelt, man solle dem stei nen Major einen Stein setzen. Nikolaus Sehn. Alexander II., stand auch eines Tages an dem Schwedenstein Pultawa. Erstaunt sah er zwischen weißen Buchenftämmen und alten kein russischen Kirschdäumen eine Marmor Gruppe im Sonnenlicht glänzen, daS schräg durch die Waldung fiel. Auf einem Feldstein saß ein junger Offizier, die Hand unter daS bartlose Kinn hallend, müde, wie ein glück lich gewesener Liebender. DaS Schwert war ihm zur Seite geglitten, fein rech ter Fuß tret auf eine Feldtrompete mit Troddeln. Ueber den im Schlaf zu lauschen Scheinenden beugte sich mit mildem Kusse auf die Stirn der Engel deS Tode?. Peter hatte den Wunsch zürnend au? gesprochen. Nikolaus Pawlowitsch vernahm ihn auS dem Munde der Legende des OrteS und erfüllte den Befehl deS Begründers von Rußlands Größe. Alexander der Zweite, den der Todes Engel längst grausamer geküßt, sah staunend und sinnend das Denkmal auf dem Schlachtfeld? von Pultawa, dessen Bedeutung ihm ein alter Veteran als Hüter gesetzt, erklärte, dem sie auch der Verfasser dieser Mittheilung dankt. Von zwei Studenten, die nur einen rack hatten. Einmal hatte der ftud. mcd. Kasimir so häufig Briefe mit verschämten Andeu tungen nach Hause geschrieben, daß er richtig mitten im Monat einen Haufen Geld geschickt bekam. Er theilte nun ab: daS ist für dcn Kneipivirth, das für die Zimmervelmiitherin, das für die Wäscherin u. f. w.. und zuletzt blieb noch ein kleiner Rest. Damit mache ich mir hmte einen vergnügten Abend !" sagte er. Du?" stieß fein Zimmergenosse, der ftud. jur. Leonhard. wehmüthig heroor. Ich!" sagte Kasimir kaltmüthig; denn waS ging ihm Leonhard an, mit dem er durchaus keine innige Freund fchaft geschlossen hatte; sie waren zu fällig durch Vermittelung ihrer Wirthin Studenkameraden geworden. Leonhard sagte nichts, aber seine Augen blieben begehrlich auf dem Gelde haften. Plötzlich kam ibm eine Idee. Du, Kasimir, willst Du mir meinen halben Frack abkaufen?" Was thue ich mit der Hälfte?" Ich mune natürlich, das halbe Besitzrecht auf dsn Frack." Kasimir überlegte. Er. wie Leon hard gehörten zu der äußerst zahlreichen Sippe der sogenannten Abcndbrod. schinder." Sie hatten sich in zahlreiche Bürgerfamilien der kleinen Univerft. tätSftadt .cinsühren lassen, und bald hier und bald dort wurden sie zu Thee und Buttcrdrod eingeladen, öfteis aber auch zu kleimn Tanzgesellschaften, wo cS schon nicht mehr Thee und Butter brod, sondern Bier, Wein und Braten gab. Dazu gehört aber unbedingt ein Frack, und Kasimir besaß keinen. Wenn er. waS nicht selten vorkam, mit Leon hard gleichzeitig zu einer Gesellschaft eingeladen war, mußte er bei sämmt lichen Bekannten herumlaufen, um einen meist schlecht sitzenden Frack zu borgen. Leonhard'S Frack paßte ihm ader ausgezeichnet, und ein halbes Be sitzrecht sollte, wie ihm dieser auSeinan der setzte, darin bestehen, daß er nicht nur stets auf den Frack Anspruch habe, sondern auch bei gleichzeitiger Einla dung abwechselnd; in diesem Falle sollte daS eine Mal Kasimir, daS nächste Mal Leonhard Anspruch auf den Schniepel" haben. Kasimir schlug ein und schob Leonhard die Hälfte deS Reft geldeS zu. Einige Wochen vergingen. Die ge meinschaftliche Benutzung deS Fracks schien keine Schwierigkeiten zu machen. Da erhielten sie Beide einmal die Ein ladung zu der großen Tanzsoiree des CommerzienrathS Breitenftein. Diese alljährlich wiederkehrende Soiree war gewissermaßen die Perle aller Privat feftlichkeiten. an denen Studenten in größerem Maßstabe betheiligt waren. Wein, vor Allem Sekt, floß da in Strö men, und alle Delikatessen aller Saisons gaben sich da ein Rendezvous. Die Reihe des FrackanrechtS traf diesmal Leonhard, und da fo ziemlich alle ihre Bekannten geladen waren, stand Kast mir vor der Unmöglichkeit, einen Frack zu erhalten und somit daS Fest zu be suchen. Dazu kam. daß dieses in den letzten Tagen deS Monats stattfand der Commerzienrath wollte den Musen söhnen Gelegenheit geben, gerade an jenem Tage zu schwelgen, an welchem daS Verhängniß deS Datums ihnen daS Darben zur Regel machte. In den Portemonnaies beider Studenten zu sammen befand sich eine so kleine Summe, daß sie kaum als Trinkgeld für den commerzienrüthlichen Garderobe dimer hinreichte. Woher also einen Frack nehmen? Denn auch Leopold sah billiger Weise ein, daß eS eine Grausamkeit wäre, Kasimir von diesem Feste auSzufchlie ßen. Sie kamen schließlich überein. daß Kasimir zuerst hingehen, sich an dem aufgestellten kalten Büffet fo schnell, als möglich, satt essen und sodann zu rückkehren solle, um daS unentbehrliche Kleidungsstück dem rechtmäßigen Eigen thümer für den Reft deS Abends und der Nacht zu übergeben. Kasimir ging also zur Soiree, und Leonhard saß zu Hause und wartete Anfangs mit großer Geduld, dann jedoch mit stetig wachsender Ungeduld. Kasimir hätte schon längst da sein müs sen, aber bald wird eS Leonhard zur Gewißheit: der Stubennachbar hatte ihn betrogen. Leonhard befand sich im Ballanzug, nur statt des Frackes trug er einen ein fachen grauen Rock. Entschlossen warf er den Mantel über, eilte nach dem in einem Lichtmeer strahlenden Hause deS Commerzienrath Breitenftein, stieg die Marmortreppe hinauf und gelangte in die Garderobe. Der Diener eilte herzu, um dem v.'rfpäteten Gaft den Mantel abzunehmen, aber dieser wehrte ab, er wolle noch nicht ablegen, er wolle zu nächst feinen Freund Kasimir sprechen, den er aus dem Saale herauszurufen bitte. Ich darf meinen Posten nicht der lassen," erklärte der Garderobediener, aber ich will einen Lohndiener rufen, der Ihren Wunsch erfüllen wird." Er öffnete, die Saalthür, winkte einem Lohndiener und kehrte mit diesem zurück. Schrumpel !" rief Leonhard über rascht. In der That, Schrumpel. Wichsicr und Faktotum zahlreicher Studenten, befand sich hier in der Stellung eineS LohndienerS. Auch er begrüßte Leon hard freudig, dem er weit mehr gewo gen war, als dem Stubenkameraden desselben, denn die beiden Studenten hatten in Bezug auf Tringeldgeben verschiedene Gepflogenheiten und dem biederen Schrumpel sagte diejenige Leonhard'S mehr zu. Zunächst erkundigte sich der Letztere theilnehmend nach Kasimir. O. der amüstrt sich ausgezeichnet," erwiderte Schrumpel, zuerft hat er gegessen und getrunken, was Zeug und Leder hielt, dann wollte er nach Hause gehen, aber da holte ihn gerade Frl. LieZbcth zur Damenwelt, und seitdem ist er stets hinter ihr her und macht ihr fürchterlich den Hof." Das fehlte noch ! Zu dem bisherigen berechtigten Groll gegen Kasimir kommt jetzt auch die Eifersucht. Schon seit längerer Zeit verehrte Leonhard die niedliche LieSbctb Breitenftein mit jener schwärmerischen Liebe, wie sie nur ein Student in dem ersten Semester vor räthig hat. Kasimir faß in einem mit Palmen geschmückten Nebenraum deS Tanz saaleS neben Lieschen und schwebte im siebenten Himmel. Er hatte sich schon so schön satt gegessen, bekanntlich die Vorbedingung eineS sicheren männ lichen AustretenS, er hatte einige Glä ser Sekt getrunken, bekanntlich das pro datefte Mittel, um in eine kühne Begei fterung gerathen zu können, und nun saß er neben dem Ideal auch seiner Träume e! wäre geradezu eine Fäl schung, behaupten zu wollen, daß er in dieser Lage die geringsten Gewissens bisse deS Frackes wegen gefühlt hätte. Aber gerade im höchsten Stadium feines WonnedufelS sollte er unliebsam an dieses Kleidungsstück erinnert wer den. denn gerade als er eS wagte, LieSchenS Fingerspitzen zu drücken, klopfte ihm Jemand auf die Schulter, und als er sich entrüstet umblickte, stand Schrumpel vor ihm. WaS wollen Sie?" herrschte er ihn mit vernichtendem Blick an. Ich wollte Ihnen sagen." flüsterte Schrumpel vertraulich, daß auf dem Rücken Ihres Frackes die Naht aufge trennt ist." Ah, Donner Verzeihung, gnädiges Fräulein " Der Schaden läßt sich leicht repa riren," flüsterte Schrumpel weiter, wenn Sie in die Garderobe kommen ollen " Lieschen erleichterte ihrem Tänzer die Situation, indem sie sich erhob und mit freundlichem Kopfnicken der fchmand. Kasimir aber schlich mit Schrumpel eiligst der Garderobe zu. In dieser befand sich kein Mensch, nur der Garderobediener saß in einer Ecke und schien zu schlummern. Haftig entledigte sich Kasimir deS Frackes, um den Schaden in Augen schein zu nehmen; aber da geschah etwas, was bereits den seligen König Nebucadnezar in Schrecken versetzt hatte, nämlich aus den Garderobestücken heraus erschien eine lange bleiche Hand schrieb zwar kein Menetekel an die Wand, aber langte hastig nach den, Frack und entreißt ihn den Händen Kasimirs, und ehe sich dieser noch von seinem Schreck erholt hatte, trat Leon hard hervor, mit dem ominösen Klei dungSstück angethan. Erbittert wandte sich Kasimir nach Schrumpel um denn der Frackrücken war heil und ganz ader der Wichfter hatte sich be reits vorsichtig gedrückt. Nun, geh nur nach Hause, alter Knabe," sagte Leonhard, und denke über das Thema Ein Mann ein Wort" nach !" Damit schritt er in den Tanzsnal. Kasimir aber suchte wüthend seine Gar derobe hervor und eilte heim, unterwegs den Schwur ablegend, sich am nächsten Tage dei'm Schneider einen Frack zu bestellen und wenn er ihn baar be zahlen sollte ! Immer übel. Die nachfolgende hübsche Anekdote entnehmen wir der bekannten in Jäger kreisen vielverbreiteten, gut redigirten und reichhaltigen JagdZeitschrift St. Hubertus". Ein alter polnischer Edel mann, leidenschaftlicher Jäger, kommt aus Karlsbad und erzählt folgender maßen: Naturalnie, meine Herren. Karlsbad helft auch nicht vor Alles, ich werd Ihnen erzählen, wie gegangen. War ich angekommen in Karlsbad und ließ mir Doktor holen. Doktor, sag ich zu ihm, mir ist Morgens immer Übel, helfen Sie mir von das Zustand, das ift Zweck, wenn ich hierhergekom men. Doktor fühlt mir an Puls und sagt : Hören Sie mal, Her von Sokol niki. Sie trinken wohl ein bischen viel? WaS, sag ich, trinken? Gar nicht trink ich. So ! sagte Doktor, dann machen Sie sich wohl wenig Bewegung? Sag ich, Doktor, habe doch große Güter und bin ich naturalnie den ganzen Tag unterwegs. So! sagte Doktor, dann haben Sie wohl viel Aerger in der Wirthschaft? Aerger? sag ich. gar nicht Aerger hab ich, bin ich Gott fei Dank reicher Mann, brauch ich mich nicht zu ärgern wie deutsches Nachbar. Na sagte Doktor, dann erzählen Sie mal. wie leben Sie denn den Tag über? Ich erzähl' ihm also : Sag ich, feh'n Sie, Doktor, um 9 Uhr ftch' ich auf, dann trinke ich Thee mit ein und zwei Kognak, ader von gutem, alten Potem. dann setze ich mir auf Pferd und reit ich in Wirthschaft oder auf Jagd mit Windhunden. Wenn ich komme zurück, dann nehme ich Frühstück, aber warmes. Zu Frühstück trinke Flasche Ungar, kommt Freund, dann zwei und drei, wie so iS. Nach Frühstück, dann leg ich mich auf Chaiselongue und leS ich Zeitung Dziennik pozanSki" oder Ga zetta TorunSka", aber nicht zu ärgern, blos zu ZeitungZlesen". Potem. dann gehe ich auf Hof und bcseh ich wein Pscrd. waS ich habe Tag vorher von Händler gelauft. Hat er mich be luxt, dann hat er mich beluxt, aber ärgere ich mich euch nicht. Dann gehe ich zu Diner und trinke ich Flasche Bourdcaux; kommt Freund, dann zwei, auch drei, auch vier, wie so iS, aber Freund kommt nimmer Bei Kaffee, naturalnie, EchnäpZchen. auch zwei, auch drei, auch vier, aber immer von gutem, altem. Wenn haben wir nach Diner geschlafen, dann laß ich an spannen und sehen wir auf Vorwerk und red' ich mit Inspektor, aber ärgere ich mich gar nicht mit ihm. wie deutsches Nachbar, red' ich nur mit ihm und fahre ad. Wenn kommen wir nach HauS, dann trinken Gläschen Grogk, auch zwei, auch drei, aber immer von gutem, altem Rum. Flasche zu 9 Mark, von Jünke auS Rathökeller in Danzig. Potem, nachher wird Karte gespielt und Ungar getrunken, aldo wir fahren auf Birsch! Zu Abendbrot ganz frugal, kalte Küche. Majonaise mit Hummer, aldo Aal, aldo LachS und kaltes Fleisch, dazu trinken wir echtes Kulm dacher, vor drei Mann immer Achtel chen. Kurz vor Schlafengehen, dann geh' ich noch in Keller und hab ich zum Zuspitzen Flaschen von dem ganz alten guten Ungar: manchmal bleiben wir noch Weilchen fitzen, wie so iS, und schlafen dann sedr gut. Sehen Sie, Doktor, so leb' ich tagüber, ader waS soll ich Ihnen sagen, anderes Morgen immer Übel." (s in Glücköpil,. DaS N. Wiener Tagl." erzählt fol gende Geschichte: Aller guten Dinge sind drei." DieS mochte wohl ein Wie ner Geschäftsmann gedacht haben, als er vor einiger Zeit den Haupttreffer auf ein LooS der Donau-DampffchifffahrtS Gesellschaft einkasfirte; eS war dieS nämlich der dritte Haupttreffer, der der also vom Glück Verfolgte" auf diese Loose machte. Der Mann hat in zehn Jahren an derselben Kasse feine Ge winnst: nach Abzug der 20prozentigen Steuer waren eS jedesmal rund 42.000 fl einkasstrt. Als er zum ersten Male kam. erregte er am Kassenschalter nur vorübergehende Aufmerksamkeit, gerade fo viel, als ein vielbeschäftigter Beamte jemand schenken kann, der einen Haupt treffer einstreicht und bei dieser Gelegen heit keine der üblichen Spenden für WohlthätigkeitSfondS, Waisenknaben oder dergleichen macht. Nach etwa vier Jahren so lange nämlich ließ ihn Frau Fortuna in Ruhe kam der Mann wieder und präsentirte wieder daS mit dem Haupttreffer gezogene LooS. Diesmal erinnerte sich der Kaf sirer, daß er diesem Herrn einmal schon den gleichen Gewinn ausbezahlt, und in höflichster Weise ließ er die Meinung durchblicken, daß diesmal wohl der WohlthätigkeitSfondS etwas bekonnen werde. Der Kaufmann erwiderte dar auf: Nein, diesmal noch nicht. Ich habe ja zu Haufe noch einige Dampf fchiffloofe. Aber nächstens '."Sprach'S, empfahl sich dem Kasstrer und zog. den schönen Gewinn in den Taschen, fröh lich heimwärts. Ter Kasstrer sah dem Kaufmann, der fo auf fein Glück vertraute, etwas verwundert nach, denn den Mann je wieder am Kassenschalter zu erblicken, kam ihm ja nicht in den Sinn. Allein, ein Kassirer denkt, und Fortuna lenkt". Der Kaufmann kam wirklich, er erschien vor einige Zeit wie der nun zum drillen Male, im Kassen bureau, um sich abermals e!nm Haupt treffer auf ein Dampffchiffloos ausbe zahlen zu lassen. Der Kasstrer erkannte ihn natürlich sofort und war dermaßen verblüfft, daß er an alles Mögliche und Unmögliche dachte, nur nicht an den thatsächlichen Zweck deS Besuches : daß der Kaufmann erschienen war, um schon wieder einen Haupttreffer zu erheben l Kurz, geschäftsmäßig wie ein Mann, der in solchen Dingen Erfahrung hat, wickelte der Gewinner die Sache ab. Er präsentirte da? LooS. nahm dierauf die Gewinnsumme, netto 42,021 Gulden, vom Kassenpult, empfahl fich rasch und verschwand. Der Haupttreffermann hat gewiß noch eine weitere Anzahl von Dampfschifflooscn, und eS scheint, daß er sich mit der Hoffnung fchmeichelt, noch ein viertes Mal u. f. w. der schönen Gewohnheit, den Haupttreffer zu machen, treu bleiben zu können; denn auch diesmal hat er für den Wohl thätigkeitSfondS nichts zurückgelassen. Zerstreut. Unter dichten Weinlaubranken Sitzt versunken in Gedanken Herr Professor in der Laube; Bei ihm in der Frühftückshaube Frau Professor, der das Schweigen Niemals war besonders eigen. Wie sie trinken mit Behagen, Plaudert sie von alten Tagen, Von Freund Rath, der sie verehrte. Von dem Arzt, der ft: begehrte. Vom berühmten Advokat, Der einft um ihr Händchen bat, Von dem Rentner, reich an Thalern, Von dem Forstmann und zwei Malern, Die sie alle heiß umworben Und beinah' vor Lieb' gestorben. Als sie so die Schaar durchlaufen Und, um etwas auszuschnaufen, Momentan geendet hatte, Frug voll Neugicr sie der Gatte: Von den Vielen, die gekommen. Welchen hast Du nun genommen?" Abgeholfen. Dame : Ich gebe Bettlern niemals etwas auf der Straße l" Bettler : Na, ick komm ooch in Ihre Wohnung! Wo wohnen Sie denn?" v