Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 03, 1898, Image 9
Glück und Unglück. ?!oocllkic oon C m i I t; f j d) f a u. r Seit Jahren kommen wir ein aldeS Dutzend Juzkndfreundk an kdkm Donnerstag in einem odzkschlos enen Etlibchen der B.'schen Weinharib ung zusammen. An einem dieser Abende war (3, daß unS ein seltsamer Vorfall, da eben daS Stadtgespräch bildete, in aubergewöhnliche Erregung versetzte. Zmei junge Ehelcute. die in guten Verhältnissen lebt? und stch an scheinend sehr zugethan waren, wurden eines TageS in ihrer Wohnung todt aufgefunden. Zweifellos hatte der Mann zuerst seine grau und dann sich selbst erschossen ehe er aber den Sievol der gegen die einige Schläfe abdrückte, hatte er noch Blumen Über die Leiche der Frau gestreut. Und die Lage, in der man ihn neben dem schönen, start gewordenen Körper fand, deutete darauf hin. daß er sein todtes Weib noch um mmte, daß er vielleicht einen letzten Kuß auf ihre Lippen drückte, während er mit feiner Rechten die Waffe erhob, die auch ihm das Ende bringen sollte. Was war die Ursache dieser größ lichen That gewesen? Alle Vermuthun gen, die man äußerte, zerfielen den Thatsachen gegenüber in Nichts. Tie ' Verhaltnisse der Unglücklichen waren in bester Ordnung und sie hinterließen ein nicht unbeträchtliches Vermögen. Sie hatten aus Liebe geheirathet und die Nachbarn nannten sie die Unzertrenn lichen, weil man nie Eines ohne daS Andere sah. Ueber die Vorgänge in ihrer Wohnung wußte allerdings Nie mand etwas zu sagen, da fte kein Dienst Mädchen hatten. Sie fühlten keinen eigentlichen Haushalt und nahmen ihre Mahlzeiten im Restaurant ein. Nur in den ersten Monaten ihrer Ehe war das anders gewesen und vielleicht hätten die Mädchen, die damals im Dienst des Ehepaares standen, irgend eine der folgbare Spur angeben können. Aber die waren in alle Winde zerstreut und das Gericht schien keine Ursache zu ha den. den Fall weiter zu verfolgen. Darüber, daß der Mann wirklich der Thäter gewesen, konnte ja kein Zweifel sein, und wenn man auch der Annahme zuneigt?, daß die Frau im Schlaf er schoflen worden war der Mörder hatte sich selbst gerichtet, die Behörde konnte kn der Sache nichts mehr thun. Als wir etwa eine halbe Stunde lang heftig über das Räthsel dieser dunklen That debattirt hatten, fiel .eS uns auf, daß Freund R. sich schweigend verhielt. Und als ich meine Augen verwundert auf ihn richtete und ihn eben fragen wollte, ob er sich keine Anficht gebildet habe, da winkte er. als hätte er mich verstanden. Seine Züge hatten dabei ei nen sonderbar verlorenen Ausdruck und seine Stimme zitterte vor Ergriffenheit, als er sich ins Gespräch mengte. .Ich will Euch eine Geschichte erzüh len." sagte er. .Ich glaube, daß die daS Räthsel aufklären dürfte. Soll ich anfangen ?" AIS seine Frage allgemein bejaht worden war, schwieg er noch eine Weile und dann begann er : ES sind nun ungefähr fünf Jahre her, daß ich mich mit einem sehr hüb scheu Mädchen verlobt hatte. Wir wa ren auf einem Tanzkränzchen deS Ver eins .Harmonie" mit einander bekannt geworden und dann war eS so rasch gegangen. Sie schien mir daS ent zückendste Geschöpf der Welt zu sein, und ich ging wie berauscht umher. AlS ich den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken durfte, fühlte ich tagelang nichts als das Fieber dieses KuffeS. und ich hätte die Sache natürlich eifrigst wiederholt, wäre nicht eine Tante dagewesen, ohne die ich seit dieser seligen Stunde meine Braut nie mehr zu sehen bekam. Diese Tante war ein ganz harmloses Frau chen, das, wie ich später eingesehen habe, eigentlich eine Art Sklavin abgab. Sie fügte sich in Allem und Jedem den Wünschen meiner Braut, damals aber betrachtete ich sie als die Ursache all der kleinen Grausamkeiten, unter denen ich litt, und ich entwarf die bösartigsten Pläne, um sie zu beseitigen. Wie heute nach ging ich auch damals jeden Tag um drei Uhr aus dem Bü reau. Mein Weg führte mich durch die aiserftraße. und da begegnete ich regel mäßig einem Mädchen, das wohl ir gendwo in einem Geschäft angestellt war. Sie war nicht ärmlich, aber doch bescheiden gekleidet und ihre ganze Art deutete auf einen einigermaßen .gebil beten Beruf. Eine? TageS, als fte eben einen Handschuh anzog, bemerkte ich Tinte an ihren Fingern, und nun sagte ich mir. daß sie wohl in einer Kanzlei Korrespondenzen oder derglei chen besorgte. Ihr werdet nun fragen, wie eS denn möglich war. daß sich ein Verlobter und verliebter Mensch um die Finger eine fremden Mädchen? kümmerte. daS nicht einmal durch große körperliche Reize die Augen auf sich zog. Darauf weiß ich keine Antwort. Ich weiß nur so viel, daß ich immer eine angenehme Empfindung hatte, wenn ich plötzlich im Menschengewimmel dieses stille, blaffe Gesichtchen mit den freund lichen, ein wenig melancholischen Augen auftauchen sah. Und unwillkürlich flogen meine Blicke über ihre ganze Ge ftalt. und die schmächtige Erscheinung in dem schlichten schwarzen Kleide prägte sich mir so lebhaft ein, daß ich sie immer noch eine Weile vor mir sah. wenn sie längst schon verschwunden war. So schritten wir Wochen lang an Der Scnnlag5gast. Zahrttang U. Beilage zum Nebraöka Staats Anzeiger. No. -II, einander vorüber, und ei sie dann plötzlich ausblieb, empfand ich t nicht ohne Schmerz. Am nsl'n Tage ging es ja noch, aber dann fehlte sie mir von Tag zu Tag mehr. Ich wanderte end lich nicht wie sonst geraden Wege? von meinem Büreau nach dem Gasthaus, in dem ich zu Mittag aß ich kehrte am Ende der Kaiserftraße wieder um uns schritt eine halbe Stunde lang oder noch länger auf und ab. in der Meinung. daS Mädchen könnte jetzt etwa? später in die Arbeit gehen. Dann entfernte ich mich auch ein paar Mal vor Schluß der Amt-ftunden au; dem Büreau vielleicht machte sie sich schon früher auf den Weg! Ader eö war Alles der gebenS, meine blaffe Freundin blieb verschwunden. War sie krank war fte vielleicht todt ? Sonderbar, daß der Gedanke mich nicht verlaffen wollte, während ich mir doch beständig sagte: sie wird eben umgezogen sein einen anderen Weg nach ihrem Geschäft gehen. Aber nicht weniger sonderbar war eS ja, daß ich mich für dieses Mäd chen so interessirte, während ich in ein anderes verliebt war. Daß mich eine Fremde, die nicht einen Augenblick lang mein Blut entflammt hatte, so mit Un ruhe, Mitleid und Sorge erfüllte, wüh rend der Tag schon nahe war, an dem daS entzückendste Geschöpf der Welt als solches erschien mir meine Braut noch immer für ewig die meine wer den sollte! Nachdem ich ungefähr eine Woche lang vergebens nach meiner blassen, stillen Freundin gespäht hatte, begann dann mein Interesse an ihr doch zu er lahmen. Einmal war mit auch der Ge danke gekommen, die weitere Umgebung der Kaiserftraße nach ihr abzusuchen, aber in demselben Augenblick kam mir auch meine Thorheit zum Bewußtsein. WaS ging sie mich an? Wie einfältig war eZ, dem Mitleid oder der Neu gierde so weit nachzugeben! Geradezu lächeilich war dieser Gedanke, sie zu suchen! Und nun schlug ich mir die Sache aus dem Kopf und nur einmal noch tauchte ihr Bild lebhaft vor mir auf ich sah sie im Traum wieder durch daS Gewühl der Straßen schreiten und mir freundlich zunicken. DaS war mir insofern merkwürdig, als ich sehr selten träume, und heute erscheint es mir geradezu bedeutsam. Damals aber war ich mit den Vorbereitungen für die Hochzeit so sehr beschäftigt so sehr erfüllt von dem LiebeSfteder und von der Freude, die entsetzliche Tante endlich loszuwerden daß ich mich mit dem Traumbild nicht weiter beschäftigte. Ein paar Tage später, als ich auf dem Weg von meinem Bureau nach dem Restaurant eben die Kaiserftraße überschreiten wollte, sah ich plötzlich daS schwarze schlichte Kleid vor mir und daS blasse Geftchtchen noch blasser als sonft. Unwlllküulch fuhr meine Hand hinauf nach meinem Hut ich grüßte fte. Sie nickte freundlich, während ein tiefeS Roth sich über ihr ganzes Geficht ergoß, und schritt an mir vorbei über den Straßendamm. Aber sie kam nicht weit, unwillkürlich, wie ich den Hut ge zogen hatte, quoll eZ mir jetzt über die Lippen: .Fräulein!" Ich kann nicht sagen, daß ich damit eine bestimmte Absicht verband. ES war wohl die Freude, sie wieder gefunden zu haben, und die Furcht, sie aus S Neue zu verlieren, was mich drängte, sie anzusprechen. Sie schrak zusammen, wandte sich um und sah mich blutroth, mit großen, fragenden Augen an. Jetzt aber merkte ich erst, WaS ich angerichtet hatte. Sie stand mitten im Wagen gewimmel. und als fte plötzlich die Pferde eines Postwagens herankommen sah. machte sie schnell ein paar Schritte zurück. Ich schrie auf und sprang ihr nach, aber eS war zu spät. Eine Droschke, die hinter ihr vorbeifuhr, hatte fte erfaßt, und nun lag sie auf dem Pflaster und die Räder gingen über sie hinweg. WaS in diesem Augenblick in mir war, vermag ich nicht zu schildern. Ich glaube, ein Messer in's Herz gestoßen, schmerzt nicht wie so etwas. Ich zitterte am ganzen Körper und Alles war schwarz um mich. Dann aber raffte ich mich gewaltsam auf. und halbblind warf ich mich in daS Getümmel. Als ich wieder sah, bemerkte ich einen Schutzmann, wie er daS Mädchen auf hob. Gottlob ihre Bugen waren nicht geschlossen, sie athmete! Und jetzt trafen ihre Augen mit den meinen zu fammcn. .Daran bin ich schuld, Fräulein!" stöhnte ich. Aber lein Unwille war m dem legen blaffen Gesicht.... sie lächelte. .ES macht nichts." stammelte fte leise, so sanst, daß ich eZ noch , höre wie himmlische Musik. Inzwischen hatte der Schutzmann sie ganz aufgerichtet und sie versuchte ein paar Schritte. Danken Sie Gott. daS ist gut abge gangen." sagte der Mann. Tann rief er eine Droschke an und fragte nach der Wohnung dcS MälchmZ. Ich werde Sie nach Hau begleiten. Fräulein," siel ich ihm in's Wort. Nun machte sie wieder ein paar Schritte und dann bat sie zögernd: .Wenn eZ Ihnen nicht und,quem ist ich bin so schwach ich fürchte mich so!" .Ader Sie sühlen keine Wunde?" fragte der Schutzmann. .Nein nur wie gebrochen bin ich ich habe keine Kraft." Jetzt bemerkte ich Blut an ihrem Ohr aber c3 schien nur eine leichte Verletzung zu sein. Ueber ihren Hut. der neben uns im Straßenkoth lag. waren die Räder hinweggegangen und auch über ihre Haare, die ihr jetzt halb offen, zerzaust über die Schulter hinab hingen. TaZ Ohr aber war nur leicht geritzt. .Steigen Sie jetzt ein," sagte der Schutzmann, und ich half ihr in den Wagen, während er ihre Adresse auf schrieb. Dann wollte ich ihr folgen, als plötz lich mein Name gerufen wurde. ES war die Stimme meiner Braut, und als ich mich umwandte, sah ich sie auf dem Fußsteig stehen. .Ja. was machst Du denn da?" fragte sie nichts weniger als freundlich. DaS Fräulein ist überfahren wor den," rief ich ihr zu. .Ich will sie nach Haufe begleiten." Nun sah ich einen Ausdruck in ihrem Geficht, der mich auf's Tiefste empörte. .WaS geht denn das Dich an!" er widerte sie heftig. .Ich wollte Dich eben abholen. Komm!" .Aber ich kann doch jetzt nicht !" rief ich zurück. Da lachte sie spöttisch auf und dann wandte sie mir mit einer jähen, trotzi gen Bewegung den Rücken zu und ging davon. Eine Sekunde später saß ich, keine? Wortes mächtig, im Wagen neben dem armen Mädchen, daZ ermattet in die Kissen zurückgesunken war. Ihre Augen aber waren auf mich gerichtet, und wüh rend ich mich bemühte, den ungeheuren Sturm, der in mir wüthete, zu be kämpfen, sah ich plötzlich ein paar Thränen über die blejchen Wangen hin abrollen Als Freund R. mit seiner Erzählung so weit gekommen war, mußte er sich selbst die Augen trocknen. Er athmete tief auf und schüttelte heftig den Kopf, als wäre er unmuthig über diese Schwäche. Dann goß er sich mit zit ternder Hand ein GlaS Wein ein und trank langsam davon. Dabei schien er ruhiger zu werden, und endlich sah er unS an noch immer sehr ernst, aber wie verklärt von einem Schimmer schwer erkämpften GlückeS. .Ihr habt daS Weitere wohl schon errathen." fuhr er dann fort. DaS stille blasse Mädchen ist meine Frau ge worden und was für eine Fraul In all' den Jahren hat sie sich nicht geän dert sie ist der Engel geblieben, der sie damals war, als sie mir, noch de täubt von dem entsetzlichen Erledniß. nur lächelnd antwortete: ES macht nichts." Meine Braut aber hat später einen Anderen geheirathet den Mann, der sie vor einer Woche erschossen hat, obwohl sie ihn ebenso entflammt hatte, wie mich. Mir ist der traurige Fall deshalb kein Räthsel. Konstanz? hatte alle möglichen Vorzüge, aber sie hatte kein Herz. Und da kann ich mir'S wohl vorstellen, deß der arme Mensch, der den mir bestimmten Platz einnahm, in einem Augenblicke der höchsten Ueber reizung seiner Qual ein Ende machte, indem er daS schöne, herzlose Weib töd tete und dann sich selber. Möge Jeder täglich Gott danken, der auf dem fürch terlichen Scheidewege zwischen Glück und Unglück, den wohl die meisten von unS blind betreten, so gut geführt wurde, wie ich!" Wir waren von den Schicksalen, die unS Freund R. aufgerollt hatte, nicht wenig ergriffen und Einer oder der An dere von uns wird wohl auch nachge sonnen haben, ob der Weg, den sein eigenes Leben genommen, näher dem Glück oder dem Unglück. Und so auf richtig, so auS dem Tiefsten der Seele kommend, wie das Hoch", das wir nun der Frau des Erzählers darbrach ten so klingt sicher nur selten ein Hoch. Ich höre eZ jetzt noch, während ich diese Zeilen niederschreibe, und ich mag nicht anders schließen, als mit den Worten von damals: Lieber Freund das Glück soll leben! ES lebe Deine Frau!.. .." Der Larven. Bankier (der geadelt wurde, zum Buchhalter): Herr Müller, schreiben Sie daS von vor meinem Namen mit f es fällt mehr auf !" Karl IXloov. H,imoiksle, finer wahikn !h6!!acht nachkr jä!lt, von Ä. d k iltit. Im Jahre 1812 lebte auf der Uni verfilüt zu Halle ein Student. Namens Pippig. der hinsichtlich seiner kleinen Statur von seinen Eomilitonen den Spitznamen .Pipin der Kurze' erhal ten hatte. Pipin war sonst ein ge schkidter Kopf, auch fleißig, nur von der unseligen Idee befangen, daß ihm ein große Talent zur Schauspielkunst inne wohne, ihm, den die Natur so ftiefmüt terlich ausgestattet und ein Organ ver liehen, welches sich gerade so anließ, als wenn man ein Stückchen PostPapier zerreißt. Wenn er feinen Freunden mittheilte, daß er über kurz oder lang doch einmal zur Bühne übergehe, so gab'S stets ein Gelächter, oder Einige, die auf seine Pläne scheinbar eingingen, riethen ihm Heldenrollen an, als GStz von Ber lichingen, Wilhelm Tell. Karl Moor und dergleichen. Pippig dachte: eS ist am Besten, du verschweigst einem Jeden deinen Plan und thust, wie du eS für gut besindeft. Auf ! Bald wird man von mir reden, in mir lebt ein zweiter Davifon, ich springe auf die Bretter, und wenn ich nicht in Jahr und Tag ein Mitglied der Berliner Hofbühne bin, so will ich HanS Matz heißen. Institutionen und Pandekten wurden bei Seite geschoben und dafür Schiller'S Räuber vorgenommen In einem Tage war die Rolle herausgeschrieben, und nun ging er an'S Lernen. Wenn Pippig im Bette lag, erklang eS: Menichen! Menschen! falsche, heuch lerische Krokodillenbrut ! Wenn er Mittags im .Pflug" speiste und ein Kälberbraten auf die Tafel kam. flüsterte er: .Ganz, ganz muß ich ihn haben, und wenn Du mir ihn ganz dringst, so sollst Du eine Million. . Hier wurde er unterbrochen, indem sein ehemaliger Stubendursche an die unlängst gepumpte eine Mark erinnerte. Aber Pippig sah und hörte nicht, er war ganz Moor vom Scheitel bis zur Sohle und suchte sich einsame Plätze, wo er deklamiren konnte, z. B. nach Passen dorf und sogar nach der .schwarzen Schürze" wurden Abstecher gemacht. Vertieft in seine Rolle ging er deS Weges, und als er einmal mit allem Pathos die Thurmfzcne vor fich hin spielte und ausrief: ,O, seht ! seht ! eS ist mein eigener leiblicher Bater!" stand ein Ochs vor ihm, der nach Halle zum Verkauf geführt wurde. Als ihm einst im Kühlen Brunnen" der Kellner einen Krug Meiseburger gebracht und er in kräftigen Zügen getrunken, stöhnte er: Dein Wasser ist gut, Schweizer!" Nach Verlauf einiger Wochen war unser Pippig bühnenreif, d. h., er konnte seinen Karl Moor zu jeder Zeit loslassen. Da fügte es stch, daß in dem zwei Stunden von Halle entfernten Stüdt chen Lauchstädt ein Schauspieldirektor ankam und seinen Thespiskarren in die Goldene Sonne" schob, welcher Gast Hof dazu auSersehen war, den Lauch ftädtern von den Brettern, die die Welt bedeuten, Kraft und Saflftücke vorzu führen. Unser Studiosus wanderte eines TageS nach Lauchstädt, sah sich die Ko mödie mit an und trug noch am selben Abend dem Direktor sein Anliegen vor, indem er bemerkte, daß er im vollstän digen Besitz der Garderoben sei, die zu dieser Rolle erforderlich, besonders ein Paar mächtige Kanonenfticfel habe. Ein Paar Kanonenstiefel?" rief der Direktor, indem sich fein Gesicht ver klärte, .kommen Sie, Freundchen, Sie sind engagirt !" Pippig mußte wieder nach Halle. Schon am nächsten Freitag sollte er agiren, sollte er die Bretter betreten. Kein Musensohn erfuhr daS Mindeste von seinem Vorhaben. Zu feinen Freunden sagte er. daß er eine Reise zu seinem Veiter vor habe. Zwei Tage vor der anberaumten Aufführung wan derte er nach Lauchstädt, wo der Direk tor der Wanderbühne ihn den Mitglie dern derselben vorstellte. Jetzt kam aber ein kitzlichcr Punkt. Der Hifto rienvater wollte gedruckte Zettel nach Halle schicken, indem Schiller'S Räuber ein akademisches Publikum nach Lauch ftädt locken sollten. Mein Name auf dem Zettel? Nichts da! Ich taufe mich um, ich beiße Fischer! Jetzt aber noch eins. Kein Mensch in Halle darf erfahren, daß die ser Fischer der EtudiosuS Pippig ist. sonst kommen alle Studenten heraus und es entsteht im Theater ein Feuer lärm." DaS war Waffer auf deS Direktors Mühle. Ganz wie Sie wünschen. Herr Fischer l" Jetzt hatte er aber nichts Eiligeres zu thun, als nach Halle zu gehen und auf irgend einer tudentcn'nelpe ein M0rt chen fallen zu lassen, daß ein Studio, Namens Fllchkr. Pippig. bei ihm den Karl Moor (viele. Wie ein Walddrand verbreitete sich die Nachricht uiiter sämmtlichen Akade mikcrn. Als der Freitag herangenaht, da zogen sämmtliche Studenten nach Lauchstädt. Ganze Verbindungen, die Vandalen. die Braunschweiger, die Hildcsen. die Thüringer und Pommern, sie Alle kamen. eS war eine allgemeine Wallfahrt. Karl Moor.Fischer.Pippig war außer sich ; er war aber seiner Sache so gewiß, daß er wähnte, mit Glanz durchzukommen. Die verhäng nißbolle Stunde nahte heran ; der alte Moor setzte ftch auf seinen Stuhl, sein Sohn Franz mit der rothen Penücke trat ihm zur Seite, der Vorhang rauschte auf. Der Saal war gedrückt voll, Kopf an Kopf Nichts wie farbige Mützen und SchnllrröZe, Brillen und Schnurr bärte, sogar einige Hunde waren in der Komödie. Mit der größten Spannung wurde die szcne erwartet, wo Karl Moor auf tritt Pippig. angethan mit Kanonen stiefeln und einem mächtigen SarraS an der Seite, erschien. Als er auftrat, herrschte Ruhe, doch augenblicklich rief eine mächtige Bier stimme : ..Guten Morgen. Herr Fischer !' DieS war das Zeichen zum allgemei nen Applaus. Pippig wurde empfan gen, wie noch niemals der größte Mime. Als er feine dünne Zwirnftimme erhob, da brach das Gelächter im vollsten Maaße aus. Der Debütant ließ ftch aber nicht flören, er spielte seine Rolle weiter und stellte ftch ungemcin bür deißig. Jetzt aber kommt die Hauptsache. Einige Studios, denen unten die Hitze zu arg, oder die ftch Amalien in der Nähe beschauen wollten, hatten ftch jen seitS deS SoufflerkaftenS geschlichen, um sich daS Ding hinter den Coulissen mit anzusehen. Als sie hinaufgehen, schien bett natürlich auch pflichtgetreu die große Bulldogge eines Landsmannschaf terS mit hinterdrein. Karl Moor tobte in voller Leiden schaft, und wie er eben daS Horn des Aufruhrs durch die ganze Natur blasen will, läuft aus den Coulissen rechts eine Katze über die Bühne. Eden brüllt Karl Moor-Pippig mit gespreizten Beinen die Worte: .Auf I ich fühle Armee' in meiner Faust I" Da erblickt die Dogge daS Katzenthier, fährt wie der Blitz heraus, dem Karl Moor unter die Beine, daß oieser sein Schwert fallen läßt und so, rückwärts auf dem Hunde sitzend, zum Tempel hinausreitet ! Keine Feder schildert daS Gelächter, welches in ein wahrhaftes Brüllen aus artete. Die anderen Hunde mußten mit Gewalt zurückgehalten werden, und wäre der Souffleur nicht gescheidt ge wesen, das Zeichen zum Fallen des Vor Hanges zu geben, so hätte die Hunde Komödie noch Zuwachs erhalten. An ein Fortspielen war nun nicht zu denken, zumal Herr Pippig mit seiner Debutrolle so unvermuthet auf den Hund gekommen war. Er sah ein, daß er nicht zum Schauspieler passe, und die halbe Universität holte ihn mit Hurrah aus dem Garderoben-Zimmcr, wo er der Kunst für immer entsagte. Im vierspännigen Wagen ging eS in der Nacht unter dem Gesang: Ein freies Leben führen wir !" zurück nach Halle, wo Pippig wieder die Jnstitutio nen und Pandekten hervorsuchte. In Freundeskreisen erzählte er noch bis an fein seliges Ende er starb vor mehreren Jahren von feinem ersten Versuch als Karl Moor und feinem Ritt auf der Dogge. Sökimos als Tchlittenmachr. Der Jankee liebt eS feine eigene Er findungSgabe zu bewundern, und in der That ist dieselbe ja in gewissen Rich tungen sehr entwickelt, was schon sein praktischer Sinn mit sich bringt. Ader sehr nahe kommt ihm in dem Genie für mechanische Erfindung jedenfalls der plumpe Eskimo im hohen Norden, der sonst einen so gewaltigen Gegensatz zum Pankee zu bilden scheint. Wäre der ESkimo nicht in so hohem Grade erfin derisch. so könnte er auch noch kein ein zigeS Jahr im Lande des ewigen Win terS eziftiren, trotz seiner erstaunlichen Genügsamkeit und körperlichen AuS dauer. Wohl auf keinem Gebiete zeigt sich die Erfindungsgabe deS Eskimos mehr, als auf demjenigen der Herstellung von Schlitten, welche bei ihnen eine allge meine Fähigkeit bildet und außerordent lich viele Formen annehmen kann! Holz ist dabei nicht im Geringsten nöthig, und Metalle auch nicht. Beinahe aus Allem kann sich der Eskimo einen Schlitten machen, so j. B. u zahl losen kleinen, sehr geschickt mit Sehne verbundenen Knochcnftückchen. Da! ist leicht gesagt, ober thatsächlich kann e kaum ein anderes Menschenkind auS führen, als ein S-kimo. ES ist noch schwieriger, als etwa, auS alten Eisen Abfällen und Ofendraht ein Zmeirad zu erbauen. Und solche ESkimo Schlit ten halten viele Generationen auS und find ebenso stark, wie biegsam? Nicht selten aber hat der Eskimo auch einen solchen Schlitten nicht zur Ver fügung und muß doch auf der Stell einen Schotten haben. Auch das bringt ihn nicht aus dem Concept. Der Frost selbst, der sein Leben bedroht, muß ihm j,tzt Beistand leisten. Rasch macht der Eskimo zwei lange Tuben von See hundsfell, füllt sie mit Moos und Erd oder sogar nur mit Schnee, läßt fte feucht werden und biegt sie an deu Enden ein wenig. In einigen Minuten find sie fest gefroren wie Eisen; sie geben die Läufer" ab. Der Eskimo schneidet außerdem aus einer dicken Walroß Haut ein länglichrundes Stück, feuchtet eS gleichfalls an. und cS gefriert rasch sa steif wie ein Brett. DaS giebt den Sitz oder die ganze Bedeckung. Noch ein paar feste Peitschenftränge. und ein ganz famoser Schlitten ist fertig, wel chen die schnellfüßigen Hunde überall hin Über die gefrorenen Ebenen ziehen können. Türkische Justiz. Ein Reisender, welcher sich im Jahre 1841 in der türkischen Hauptstadt läu zere Zeit aufhielt, erzählt das folgend Erledniß. Ich faß vor einem Kaffee hause, als ich mehrere türkische Beamte einen nahen Bäckerladen betreten sah. Einige Türken, welche neben mir phleg matisch ihre Morgenpfeife rauchten, fuhren schnell in die Pantoffeln und liefen haftig dem Bäckerladen zu. Auch ich machte mich auf, um zu sehen, WaS vorgehe. Der Beamte wog die Brode, während der Bäcker, ein Grieche, daneben stand und ein sehr verdächtiges Gesicht zog. Mehrere Brode hatten die Probe bereits glücklich bestanden, als der Be amte in einen mehr im Hintergrunde des LadenS aufgestapelten Brodhausen hineingriff und bald die Wahrnehmung machte, daß diese Erzeugnisse von dem Gegengewicht auf die bedenklichst; Art in die Höhe geschnellt wurden. AlS der Türke die Brode Stück für Stück gewogen und stch ein jedes als zu leicht erwiesen hatte, gab er seinen Leu ten einen Wink: ein Unterbeamlcr zog schnell einen Hammer und zwei Nägel auS dem Gürtel, indessen ein zweiter den Bäcker bei beiden Ohren zu packen wußte und ihm den Kopf gegen den Thürpfosten drückte. Mit erstaunlicher Gefchicklichkeit und Schnelligkeit wurde der betrügerische Bäcker ohne weiteres an den Ohren festgenagelt. Noch eini gen Notizen zog der Beamte mit feinen Leuten weiter, um die Revision fortzu fetzen. Kaum hatten die Beamten den Laden verlassen, als die Gassenjugend von Stambul den Angenagelten ohne Erdarmen mit Spott und Hohn über schüttete. Dann stellten stch die Hunde, diese bekanntlich freien Bewohner der türkischen Straßen, ein, und bald sprang einer nach dem anderen in den Laden, über den Brodvorrath herfallend. Der Bäcker aber blieb angenagelt an der La denthür stehen, bis der Jmam bei Son renuntergang die Gläubigen vom Mi naret herab zum Gebete rief; erst dann erschien ein türkischer Beamter, der den Augenagelten aus seiner mißlichen Lage befreite. Soviel der Reisende erfahren konnte, war eS Vorschrift, im WiederholungS falle den Nagel nie durch das alte Loch, sondern stets durch eine neue Stelle deS OhreS zu treiben, damit man solcher weife sogleich den mehrfachen Betrüger erkennen konnte. Daraus erklärte eS sich auch, warum diele Bäcker in Kon ftantinopel, im Gegensatz zu anderen Muselmännern, ihren Turban tief über die Ohren gezogen hatten. Die ersten Cigarre. Die erste Erwähnung der Cigarre findet ftch in der Geschichte von Nica ragua" deS spanischen Historikers Gon zalo Fernande-, de Ouiedo v Bälde,. welche 1555 vollendet wurde. Bei den festlichen Zusammenkünften der Jndia ner, so erzählt der Geschichtsschreiber, berauschen fich dieselben gern in Chicha, einem auS Mais bereiteten Wein, und dazu nehmen sie ein Päckchen Krautblüt ter. etwa sechs Zoll lana und so dick wie ein Finger. Diese Blätter, welche m sammengerollt und mit einem Faden umwickelt sind, werden an einem Ende abgezupft. daS andere Ende ecken die Indianer in den Mund, ziehen den Nauq ein, behalten ihn eine Zeit lang bei und stoßen ihn dann aus dem Munde oder aus den Nasenlöchern von sich. IZgcrblut. ..Ich würde Ihnen rathen. Herr leckie. fSbren nhn riifit itRrflpr w. v- ' --ry 1 V4f W V V ItV den zu lassen er hat zu wenig AuS ficht. cS so weit zu bringen !" a lann ich ihn nicht mehr dqbon abbringen daS liegt ihm nun einmal im Blut !" ' Ja von wem soll denn daS der Junge haben?" .Von seiner Krnkmutt'. . Wifim Sie. die ist nämlich Wildpret . K k. 1 I.. ' W V u II v ! e r i n ! Viele Damen schristftcllern jetzt, alle nachschriftftcllern. W'M' " ' I J