Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 03, 1898, Image 12

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    Die weiße lveste.
Wir befinden un? in den Räumen
der Hof.Z'.'ükchc. und Vüzel.Anftalt. deZ
ersten toMiftemcTit? in der Stadt. '
Sin emer langen Tasel find ca. 20
hübsche junge Mädchen mit Platten be
schüstizt.
Der Ion der zwischen denselben g
sllhrlkn Unterhaltung belehrt un? so
fort, daß wir tS nicht mit gewöhnlichen
Bediensteten, sondern mit jungen Da
men i'4 thun haben. AlleZ Töchter au?
guten gamilien. die hier unter tüchtiger
Oberleitung die Behandlung der Wä
sche von der grödften bis zur feinsten
aus dem Fundament erlernen. Die
ganze Skala van BUgeleifen. CouDrii
,angen u. s. w. wird hier mit Eleganz
gehandhadt natürlich fehlt dabei auch
hier und da ein kleineres oder größeres
Malheur nicht.
Soeben mußte wieder eines passirt
fein und zwar ein großes, denn eS er
tönte ein Schrei, von dem man deutlich
den Schrecken heraus hören konnte.
Wie auf ein Signal eilten die jungen
Damen, nachdem fie ihre heißen Werk
zeuge versorgt halten, insgesammt der
UnglückZstelle zu, daZ heißt, sie schaarten
fich um diejenige, welche den Schrei
auZgeftoßen hatte.
l? war eine hübsche Blondine, deren
ohnehin große braune Augen noch mehr
erweitert, fassungslos auf eine weiße
Herrenweste starrten. Waö da passirt
war. war allerdings schon ein "grand
rnalheur"! Auf dieser tadellos gewa
" fchenen, blendend weißen Herrenweste
zeigte fich in schärfsten Konturen der
braune Abklatsch deS zu heiß verwende
ten PlütteisenS, deutlicher gesagt, fie war
durch dasselbe total versengt.
DaS erwähnte Fräulein vergoß Tbrä
nen. während die übrigen jungen Da
men schauderten. Wenn das die ge
strenge Lehrmeisterin sah. dann konnte
eS wieder schöne Vorwürfe geben. Vor.
würfe, die man um so mehr fürchtete,
r'S fie fich dabei absolut kein Blatt vor
i Mund zu nehmen bemühte und den
diagel auf den Kopf traf.
.Aber. Helene," fragte ein feineS
Stimmchen, wie ist denn das zuge
gangen?" .Ach,' schluchzte Fräulein Helene,
.ich weiß eS eigentlich selbst nicht, ich
dachte gerade über etwaS nach . . . . "
.So, so," meinte eine andere der
Damen, aus deren Stimme man den
unbezähmbaren Schalk heraus hörte,
.schon wieder? Hör' 'mal. Helene. Dir
passirt diese? tiefe Nachdenken in der
letzten Zeit aber häufig; ich glaube im
mer. ich glaube immer "
.Was?" brauste Helene auf.
.Nun," meinte die Andere so recht
fanft, ich glaube immer. Du nun
jaI....Du bist verliebt!"
Fräulein Helene wurde unter dem
Gekicher der Uebrigen blutroth. ES ist
schlecht von Dir, Malwine." rief fie ent
rüstet, .mich bei einem solchen Unglücks
falle auch noch zu verspotten. Du solltest
Dich schämen!"
.Nun, so sei doch wieder gut, alte
Helene, Du kennst doch meine rasche
Art; verzeihe mir und ich helfe Dir sicher
auS der Patsche da, den Versöh
nungSkuß und nun her mit dem
Unglück.Gilet. Du bist doch zu aufge.
regt, um eS fertig zu machen! Ich will
eS fertig plätten und dann, ich schwöre
eS Dir, schmuggle ich eS in das richtige
Packet, ohne daß unsere gestrenge
Lehrmeifterin daS Geringste davon ahnt.
Wird dann reklamirt, so kann sie uns
alle zwanzig auszanken, auf eine kommt
dann nicht viel!"
Bravo, Malwine!" rief die Carona,
.Du haft eben immer daS Herz auf dem
rechten Flecke!"
.Wie diese Weste einen richtigen Fleck
auf dem Herzen!" kalauerte der unver-
besserliche Kobold; dann stoben fie aus
inander und begaben fich wieder an
ihre Arbeit, denn man hatte au? dem
Nebengemache daS hohe Organ der na
henden Direktrice vernommen.
.Frau Fröhse...Frau Fröööööhse!
Wo stocken Sie denn?"
.Hier bin ich ja schon, Herr Assessor,
was soll'S denn?"
.Was es soll?! Meine Weste will ich
haben oder neunundneunzig Schock. . !"
.Ader so beruhigen Sie sich doch, ich
habe ja schon daS Hausmädchen und
auf Ihren Befehl auch noch drei Dienst
männer in die Wüscheanftalt geschickt,
? muß ja alle Augenblicke eines von
ihnen kommen!"
Donnernd warf der Assessor Mengden
die Thür feiner Wohnung zu und raste
innerhalb dessen vier Wanden weiter in
Hemdsärmeln umher.
Auf Ehre, diese Situation ist schau
derhaft, im höchsten Grade schauderhaft!
Unten wartet der Wagen, mit dem ich
meine Brautjungfer zur Hochzeit des
Amtsrichters abholen soll, und mir
fehlt noch die Weste, die weiße Weste,
die bei solchen Anlässen unbedingt nö
thige, frisch gekvaschme weiße Weste!
O. ich Thor, der ich mich auf die sonst
sprüchmörtliche Pünktlichkeit dieses der
maledeiteu Instituts verließ. daS,mich
nun so aufsitzen läßt, wo ich mir doch
so leicht hätte eine neue besorgen können
Himmelbomben Element, wo ist
meine Weste, meine weiße Weste will ich
haben....!"
f" In diesem Augenblicke öffnete fich die
Thüre und das schwitzende HauSmäd
chen brachte daS Packet aus der Wüsche
''anstatt.
.. r Der Assessor that einen Jubelschrei
und riß es raich aus um im nach
ten Augenblick ein Wuthgebrüll auSzu
loßen.
Er hatte seine weiße Weste
aber in welchem Zustande! Persenzt
war fie. schmählich versengt! Sin gan
je? Bügeleisen war auf der Stelle adze
druckt, wo ihm daS Herz im furchtbar
ften Zorne schluz! Frau Fröhse. welche
tdensallZ hereingekommen war. schlug
die Hände über dem Kopfe zusammen
und ihr Gesicht drückte daS ticsfte Mit
leid auS.
.Herr Assessor, einen Augenblick!
Ich hole Ihnen daZ Beste fällt Einem
doch immer zuletzt ein die weiße Weste
meine? seligen Ehriftian!' Im Hand
umdrehen war fie wieder da. aber der
Assessor donnerte sofort: Hinaus, sage
ich Ihnen, augenblicklich hinaus; die
kann einem Nilpferde passen, nicht aber
mir!" Frau gröhle entfernte fich tief
gekränkt: statt ihrer erschienen nach und
nach die drei Tienftmänner. welche den
Bescheid brachten, daß daS Packet schon
hier sein müsse der Assessor konnte
nichts Anderes thun, als die geballten
Fäuste in unendlicher Wuth zum Him
mel zu strecken. Ganz kaput ließ er fich
auf einen Stuhl nieder und rief auf
erneute? Klopfen mechanisch: .Her
ein!"
EZ war der Lohndiener vom unten
harrenden Wagen, der ihm erklärte, daß
nun lein Bruchtheil einer Sekunde mehr
zu verlieren sei, wenn man noch einiger
maßen recht zum StandeZamte kommen,
die Hochzeit nicht unmöglich machen
wolle.
.Aber ich bitte Sie, wie kann ich denn
in dieser Weste.. ..'
Der Lohndiener betrachtete fich diese
Anfangs ganz erschrecken, schließlich
zeigte sein Geficht aber wieder daS obli
gate angenehme" Grinsen und er sagte:
.ES geht doch. Herr Assessor wir
knöpfen den Frack eben einfach zu!"
Der Assessor stand einen Augenblick
wie erstarrt, dann machte er Miene, den
Helfer in der Noth zu umarmen, aber
er besann fich. daß keine Zeit mehr dazu
übrig war flugS wurde die Toilette
vervollständigt, flugS ging'S zum Wagen
hinab und flugS führte ihn dieser vor
daS HauS seiner Brautjungfer.
Man saß bei'm HochzeitSmahle und
der Assessor Mengden war sicher der
fröhlichste Gast. An seiner linken
Seite, an seiner Hcrzseite, saß die von
ihm schon so lange heimlich Verehrte
und Geliebte! Sie war zum Entzücken
heute. Dieses wundervolle blonde Haar
und diese herrlichen, großen, braunen
Augen er konilte fich nicht satt sehen.
Anfang? hatte fie freilich geschmollt,
weil er fie erst so spät abgeholt hatte;
fie hatte geglaubt, sein Herz triebe ihn
über dieser Gelegenheit alles Andere zu
vergessen er hatte sich nämlich in
seiner Verlegenheit recht ungeschickt ent
schuldigt.
Nun war fie aber wieder unendlich
lieb und gut! Er mußte an fich halten,
um fie nicht vor allen Leuten an seine
Brust zu ziehen, das Champagnerglas
zu erheben und den Anwesenden zuzu
rufen: .Da seht her, da ist wieder ein
glückliches Paar, das auch bald Hoch
zeit machen möchte!" denn daß ihm daS
herrliche Mädchen neben ihm auch herz
lich gut war, das sah er heute deut
licher, als je, auS ihren schönen Augen
leuchten. Warum also zögern und daS
Glück, ihr Jawort zu besitzen, nicht schon
heute genießen?
Dem Assessor ward heiß zu Muthe
er öffnete den Frack. Im selben Mo
ment ertönte aus dem Munde des FrSu
leinS ein Wehlaut. Erstaunt folgte
der Assessor ihrem Blicke, der starr auf
die linke Seite der Weste gerichtet war.
O, dieser verwünschte Fleck, an den
er nicht mehr gedacht hatte nun sah
fie ihn doch! Er ward roth und verlegen
und erzählte ihr in fliegender Eile die
Leidensgeschichte der weißen Weste"
und schloß seine, wie er glaubte, humo
riftisch gesärbte Expektoration mit den
schneidigen Worten:
.... Ich sage Ihnen, Fräulein
Helene, ich könnte dieses Scheusal, das
mir diese Schmach anthat, noch jetzt
mit meinen eigenen Händen erwürgen;
wenn ich je in meinem Leben ein
Frauenzimmer gehaßt habe, so ist eS
diese ich ich "
TodeSerschrocken hielt er inne; seine
schöne Nachbarin lehnte, bleich wie ein
Wachsbild, mit schlaff herabhängenden
Armen im Sessel, die Lider waren
schwer über die schönen Augen herabge
funken und unter dieselben hatten sich
tiefe Schatten gegraben.
Er fuhr wie elektrisirt vom Stuhle
auf was war denn passirt? Auch
die Gesellschaft hatte den Zroischenfall
bemerkt, von allen Seiten eilte man
herbei. Aber der Assessor ließ Nieman
den nahe kommen; mit starken Armen
hob er sie empor und trug fie in ein
Nebengemach, wohin die Eltern der jun
gen Dame erschrcckm folgten.
DaS plötzliche Unwohlsein war vor
über, aber ein nicht zu hemmender
Thränenstrom war gefolgt. ES war
den Eltern sowohl, als auch dem Asses
sor ganz unmöglich, Licht in die Situa
tion zu bringen. Letzterer konnte nichts
Anderes thun, als die Mama auf ihr
Verlangen hin auf daS Genaueste von
dem Vorhergegangenen zu unterrichten,
wobei natürlich die .Leidensgeschichte
von der weißen Weste" wiederholt wurde,
eS fehlte kein Tipfelchen, auch nicht der
dramatische Schluß.
Wie Sonnenschein ging eS über daS
Geficht der klugen Mama; fie hatte eine
Frage:
.Sagen Sie, Herr Assessor, wo lassen
Sie Ihre Wüsche waschen?"
Nun, in der Hofanftalt von Meier
selbstverständlich!"
.Ähhh! Dacht' ich'4 doch .... He
lene .Ach ja. und nun bin ich für ein
Scheusal. daS er erwürgen will er
haßt mich er, er. ahhh!"
Der Assessor war ganz perplex. Doch
die Mutter klärte ihn über den Zusam
menhang auf da sank er freilich in
die Kniee und stammelte Entschuldigung
auf Entschuldigung, von denen jede be
gann: Wenn Tu, Engel, mir nicht
verzeihst, dann "
Ader fie verzieh ihm!
Dcr liichtling.
Vrjjhlunq von Robert ittijiagabiTC.
Mit einem Gefühl echt seemännischen
Stolzes überblickte ich mein stattliches
Schiff, das mit vollen Segeln aus dem
New Z)or!er Hasen in den Ozean
steuerte.
Die Bemannung der .Möve" bestand
auZ Leuten, die schon viele Reisen mit
mir gemacht hatten. Doch nein
diesmal war ein neues Gesicht darunter,
ehrliche, offene Züge, die mir sosort ge
fielen.
Eben wollte ich in meine Cabine
gehen, als ich ein Durcheinander von
lauten, zornigen Stimmen hörte. Und
gleich darauf brachte ein Matrose einen
jungen Menschen angeschleppt, der sich
irgendwo versteckt gehalten haben
mußte, um eine freie Ueberfahrt nach
dem Hafen, dem wir zusteuerten, zu er
langen. Blaß und zitternd stand er
vor mir. Ich fühlte ein tiefes Mitleid
für den kaum dem Knabenalter ent
wachsenen Jüngling; trotzdem aber fuhr
ich ihn mit rauher Stimme an:
Bursche, wie kommst Du auf mein
Schiff? Ich habe die größte Lust. Dich
über Bord zu werfen."
Er schwieg. Da trat plötzlich John
Archer, der neue Matrose, hinzu, legte
die Hand an seine Mütze und sagte
respektvoll: Ich kenne ihn, Herr Ka
pitän. Der junge Mann wollte gern
nach Liverpool, hatte aber kein Geld.
Sie werden einen fleißigen, willigen
Menschen in ihm finden."
Da die Sache doch nicht mehr zu
ändern war, befahl ich den Matrosen,
den Burschen zu beschäftigen und begab
mich in meine Cabine.
Unsere Reise ging glücklich von ftat
ten; niemals hatte ich Ursache gefunden,
mich über die beiden ..Neuen" unter
meiner Mannschaft zu beklagen. John
Archer war ein tüchtiger, gewissenhafter
Mensch, während der junge Williams
sich geradezu unentbehrlich zu machen
wußte. Er konnte zwar keine schwere
Arbeit verrichten, doch was er that, ge
schah mit solcher Geschicklichkeit und Zu
verläsftgkeit, daß ich ihn bald in meinen
persönlichen Dienst stellte.
An John Archer schienen ihn ganz
besondere Bande der Dankbarkeit zu
fesseln. Ich beobachtete oft, wie er alle
Leckerbissen, die ich ihm zukommen ließ,
dem älteren Freunde zusteckte und sich
stets beeilte, feine eigenen Arbeiten zu
erledigen, um diesem bei der seinigen zu
helfen.
In der dritten Woche hatten wir
einen furchtbaren Sturm zu bestehen.
Mein gutes, wackeres Schiff kämpfte
heldenmüthig gegen die tobenden Ele
mente; die Balken krachten, die Taue
spannten fich bis zum Zerspringen.
Williams, dem ich befohlen hatte, in
der Kajüte zu bleiben, wagte sich, als
das Wetter gar zu arg wurde, auf Deck,
und ich hörte Archer's Stimme einen
Augenblick das Heulen deS WindeS
übertönen.
Nach unten mit Dir, schnell !" rief er
fast angstvoll. Hier ist nicht der Platz
für ein Kind, wie Du eS bist."
Da sich Archer'S Posten in nächster
Nähe der Kommandobrücke befand, der
mochte ich mit einiger Anstrengung auch
die leiser gesprochenen Worte zu ver
stehen.
Haft Du Dein Versprechen der
gessen?" hörte ich Archer in eindring
lichem Tone sagen. Ich bin hier ganz
sicher; sorge Dich nicht um mich. Wenn
wirklich Gefahr eintreten sollte, komme
ich, Dich zu holen."
ES könnte dann vielleicht nicht mehr
Zeit dazu sein," antwortete William?
mit zitternder Stimme, der man die
furchtbare Angst anmerkte. Ach John,
ich möchte nicht ohne Dich sterben!"
Still, Du kleiner Narr!" Die Worte
waren rauh, trotzdem klang eine innige
Zärtlichkeit aus ihnen.
Der Sturm ließ endlich nach, aber
er hatte viel Schaden angerichtet; es
gab alle Hände voll zu thun. Eben
hatte ich Befehl gegeben. daS Leesegel zu
reffen, da im Westen wieder dunkle Wol
ken heraufzogen und einen zweiten
Windstoß befürchten ließen.
Archer sprang vor, um den Befehl
auszuführen, doch der soeben auf Deck
erschienene Williams war flinker als
fein älterer Kamerad. Archer machte
eine Bewegung, als wollte er ihn zurück
halten, doch schon war der junge Mensch
auS dem Bereich feines Griffes.
Höher und höher schwang fich dn
leichte Körper, und obgleich ich an sol
chen Anblick gewöhnt war, folgte ich dcn
Bewegungen deS Knaben mit einer mir
selbst unerklärlichen Spannung. Er
erreichte die Segelftange, legte sich über
diese und langte nach dem Hißtau. Da
wirbelte plötzlich etwa? durch die Luft
und blieb mit einem dumpfen Aufschlag
zu unsern Füßen liegen die Segel
stange war leer.
Einen Augenblick herrschte Todten
stille; man hätte das Fallen einer
Stecknadel hören können dann stürz
ten alle herbei. Archer war der Erste,
der neben dem Körper niedersank, der
Erste, der in daS ft,lle, weiße Gesicht deS
Knaben blickte, auf daS der Tod feinen
Stempel gedrückt zu haben schien.
Ein Aechzen. wie.ich eZ noch nie ge
hört, rang sich von den Lippen deS
Matrofen, und bewußtlos fiel er neben
der regungslosen Figur nieder.
Den Leuten einen Wink gebend, sich
zu entfernen, trug ich mit dem Maat
den ledlo'en Körper deS Knaben in
meine Kajüte und ließ schnell den
SchiffSarzt holen. Vorsichtig öffneten
wir die Blouse deS Verunglückten und
daS Geheimniß. daS die Person deS
jungen Flüchtlings umgab, enthüllte
sich unseren überraschten Blicken.
William? war ein Mädchen ein
Weid, da? auS Liebe zu einem Manne
dicS allcS gethan hatte. -
BrmeS. unglückselige? Kind!
Würde da? junge Wesen mit dem
Leben davonkommen? In tiefer Er
regung beobachtete ich die Mienen de?
untersuchenden Aiztcs. Sie wurden
immer ernster, und endlich sprach er e?
auZ. daß nur wenig, schrecklich wenig
Hoffnung vorhanden sei. Trotzdem ga
den wir Beide, unser Herz von innigem
Mitgefühl erfüllt, diese nicht ganz auf.
Nach einigen bangen Minuten hoben
wieder leise Athemzüge die junge Brust,
und langsam schlug daS Mädchen die
großen, dunkelblauen Augen auf und
ließ fie suchend umherschweifen.
Ich v.'rstand diesen Blick und ging
leise hinaus, um Archer zu holen, der
auS seiner Ohnmacht erwacht
sich wie ein Rasender geberdete. Als
er meiner ansichtig wurde, stürzte er auf
mich zu, ergriff meine Hände und rief
in herzzerreißendem Ton: Sie wissen
alles, Kapitän? Sie ist mein Weid!
Arme, kleine May, sie konnte nicht
ohne mich leben, deshalb folgte sie mir.
Um Gott, Kapitän, sagen Sie, wird sie
sterben?"
ES ist nur geringe Hoffnung, aber
wir werden für sie thun, waS wir kön
nen." antwortete ich tief bewegt.
Dann führte ich den jungen Mann
in meine Kajüte und entfernte mich mit
dem Arzt auf einige Minuten.
Er kniete nieder an der Seite f,ineS
WeibeS. das Gesicht in die Kissen ge
drückt, während die Hand liebkosend auf
ihren Locken ruhte. Leise berührte ich
seine Schulter und bedeutete ihm. hex
auszukommen. Eine gefährliche, schmerz
hafte Operation mußte vorgenommen
werden, wenn man überhaupt den Ver
such machen wollte, die Aermste am Le
den zu erhalten. Ich behielt den be
dauernSwerthen Gatten so lange bei
mir, und er erzählte mir mit kurzen
Worten die ganze traurige Geschichte.
.May liebte mich, Capitain. aber
ihre Eltern versagten uns ihre Einwil
ligung, da ich ihnen nicht standesgemäß
erschien. ES war unrecht, ich weiß,
doch wir liebten unS fo innig und da
sie mir sagte, fie könnte und wollte nicht
ohne mich leben da, ach ich wage
eS nicht auSjudenken, was die Welt mir
ohne mein füßeS, kleines Weib sein
wird! Sie ist meine Frau. Capitain,
wir haben un? vor fünf Wochen trauen
lassen. Sie folgte mir in Verkleidung,
wie Sie wissen, und ich Capitain, ich
hatte nicht den Muth, fie deshalb zu
tadeln. Sie that eS ja auS Liebe zu
mir. Barmherziger Himmel, nimm fie
mir nicht!" Ein schmerzliches Stöhnen
beendete den Satz. Da öffnete fich die
Thür, und der Arzt trat ein.
ES ist besser geglückt, als ich gedacht
habe sie wird vielleicht am Leben blei
den."
Die Tage, die jetzt folgten, wurden
in angstvollem Harren und beständigem
Wachen verbracht, und endlich hatten
wir die Freude, die junge Lebenskraft
den Sieg davon tragen zu sehen.
Ader als fie nach der Heimkehr mit
Thränen der Dankbarkeit Abschied nahm
und auf den Arm ihres Gatten gestützt
das Schiff verließ, folgten ihr unser
Aller feuchten Blicke und herzliche Se
genSworte auS manchem rauhen See
mannSmunde,
)im Vovk und sein Messer.
Ueber die Entstehung deS Bowiemes
serS, das bekanntlich lange Jahre hin
durch die beliebteste Waffe der Bewohner
deS Südens war, haben fich eine Reihe
von Anekdoten verbreitet, welche wohl
geeignet find, den Urheber desselben, den
viel genannten Jim Bowie, in dem
Lichte großer Rohheit darzustellen.
Bowie war jedoch keineswegs ein
Halsabschneider und professioneller
Raufbold. Als junger Mann hatte er
viel mit der Wahrung von Ansprüchen
auf angekaufte? Land am Mississippi zu
thun, und in jenen wilden Tagen setzte
fich Derjenige, welcher für Gesetz und
Ordnung eintrat, selbst wenn er feine
persönlichen Rechte wahrte, dem bluti
gen Hasse gesetzloser Gesellen auS. Um
fich gegen unerwartete Angriffe zu
sichern, ließ er sich ein Messer nach eige
nem Entwurf anfertigen, daS er meh
rere Jahre im Gebrauch hatte, bis er
von einem Spanier in New Orleans
hörte, der ganz wunderbare Messer ma
chen könne. Bei diesem bestellte er dann
ein Messer mit 9 Zoll langer Klinge und
6 Zoll lamgcm Griff, welches ihm in
19 verschiedenen RencontreS diente und
zum Vorbild der später nach ihm be
nannten Messer wurde. Dieses Messer
fand man auch in seiner erstarrten
Faust nach dem Massakre von Alamo.
am 6. März 1836. und 6 todte Mezi
kaner, die um ihn herum lagen, waren
stumme Zeugen von der Wirksamkeit
der Waffe.
Bowie gebrauchte sein Messer nie nach
Mörderart wie einen Dolch. Er faßte
dasselbe wie ein Soldat den Säbel und
schlug damit nach dem HalS seines
Gegners. Seine Gewandtheit und
Kraft waren erstaunlich ; dad,i wog er
nie öder 110 Pfund. Für alle Uebel,
thäker war er ein Schrecken. Er starb
al? Soldat in der Vertheidigung feines
doptiv Vaterlandes, der Republik
TezaS, in deren Armee er zum Rang
eine? Obersten emporgestiegen war.
Seine Frau war eine Tochter de?
tcxanifchcn Deputy Gouverneur? von
Coahuila.
Ein Beispiel diene, statt vieler, dafür,
wie seine Bravour aneifernd auf seine
Genossen wirkte. Zu Beginn deS texa
Nischen UnaddüngigkeitS'KriegkS wurde
er mit einer 92 Mann starken Schaar
von 4C0 Mir kauern bei Conception
umringt, aber e, schlug fich durch und
verlor dabei nur einen einzizen Mann,
während die Mexikaner 67 Todte aus
dem Felde ließen.
Als bei der Vertheidigung von
Alamo der Kommandeur. Maj. Tra
bis. sah. daß Widerstand nutzlos war.
rief er die Überlebenden zusammen
und forderte dieselben in zündender
Ansprache auf. so lange fie noch eine
Muskel regen könnten, die Mexikaner
zu tödten. Dann zog er seinen Säbel,
zeichnete mit denistlden eine Linie auf
den Boden und sagte: .So, wer ent
schloffen ist, hier zu bleiben und mit
mir zu sterben, der komme vorwärts
über die Linie!" Jeder Kranke, der
gehen konnte, erhob fich und wankte
über die Linie. Oberst Bowie. der auf
einem Feldbett lag, wandte fich an die
Soldaten mit der Bitte: .Jungen?, ich
kann nicht ausstehen, aber Ihr würdet
mir eine Freude machen, wenn Ihr
mein Bett da hinüber trüget !' Sofort
sprangen vier Mann auf und erfüllten
seine Bitte. AIS die Mexikaner ein
drangen, gab die Aufregung Bowie
neue Kraft, so daß er fich erheben
konnte und bi? zu seinem letzterk Athem
zug mit seinem gefürchteten Messer
kümpste.
Unter den selbfterlebten Geschichten,
die Henry Clay am liebsten erzählte, ge
hört die folgende hierher:
Clay befand fich auf einer längeren
Reise im Stellwagen: außer ihm waren
noch drei Passagiere in dem Fuhrwerk,
ein großer, grob aussehender Gesell an?
dem Hinterwald, ein hübsche? Mädchen
und eine kleine zusammengesunkene
Figur in einem großen Ueberrock. Al?
nun während der Fahrt der Hinter
wäldler zu rauchen anfing, bat ihn das
junge Mädchen, solches zu unterlassen,
da ihr der Qualm Uebelkeit verursache;
aber der Grobian erklärte mit einem
Fluch, er habe seinen Platz bezahlt und
werde thun, wa? er wollte. Clay war
eben im Begriff, dem Manne Vorfiel
lungen zu machen, al? die kleine Figur
in dem Ueberrock in die Höhe schnellte,
mit rascher Bewegung ein lange? Messer
zog und den Hinterwäldler bei der
Kehle packte. .Werft dii Pfeife da au?
dem Fenster oder " ertönte e? in
sanfter aber resoluter Stimme, und
gleichzeitig ließ eine kurze Bewegung
der Klinge den Rauchkolben auf die
Straße rollen. .Dann verschwand,"
so erzählt Clay, .daZ Messer wieder in
dem Ueberrock und der Passagier sank
in feine vorherige Lage zusammen,
während ich in mir wünschte, ich wäre
der kleine Mann in dem großen Ueber
zieher, denn ich wußte, eS konnte Nie
mand anders sein als Jim Bowie,
Bowie mit feinem großen Messer."
j Steuermann und Steuerfrau.
In Liverpool hat kürzlich ein wirkli
cher LiebeSroman durch eine Heirath
seinen Abschluß gefunden. Der Held
desselben ist ein junger Seemann Na
menS Harry Brady Hunt, der erst
Schiffsjunge war. dann Matrose
wurde und hierauf in Liverpool eine
SeemanZ schule besuchte, um fich für
das SteuermannSexamen vorzubereiten.
Die Heldin ist die junge Lady Erneftine
Brudenell Bruce, älteste Tochter deS
MarquiS von AileSbury, PeerS von
England.
Lady Erneftine war lange schon da
für bekannt, daß fie eine tüchtige See
fahrerin sei und eine Bacht fo gut zu
lenken versehe, wie die erfahrenste Theer
jacke. Lady Erneftine strebte nun nach
einem Steuermannsdiplom und besuchte
zu diesem Zwecke dieselbe Seemanns
schule, auf welcher fich auch der junge Hy,
Brady Hunt auf sein Examen vorder
tete. Beide lernten fich kennen und be
schloffen den Bund fürs Leben. Jnzwi
sehen bestand der Held deS Romans daS
SteuermannSexamen. die Heldin konnte
eS aber nicht bestehen, weil ihr auf ihr
Gesuch vom Handelsamte erwidert
wurde, daß eS für angebliche Steuer
Männer aus ihrem Geschlecht keine Prü
fungSbeftimmungen gebe. Am 18. Ja
nuar wurden Beide in einer Kirche von
Liverpool getraut. Nur so wenige Men
schen haben von der Verlobung und be
vorstehenden Eheschließung gewußt, und
so waren auch nur die HauSwirthin der
Braut und zwei Freunde deS Bräu
tigamS bei der Trauung zugegen. Dann
find Beide nach London gereift, wo der
junge Seemann gleich die Leitung eines
Segelschiffes übernommen hat. und die
junge Gattin hat fich mit ihm einge
schifft.
Moderne lzeiratizsanzeige.
Durch den Tod meiner Frau hat fich
ein Sitz auf meinem Tandem erledigt.
Bewerberinnen hierauf wollen ihre
Adresse unter .All Heil" an die Exp. d.
Bl. senden.
?i xalriclischk KöaVn
Jette befindet sich in der Küche. Von
der Straße au? ruft ihr Gefreiter zum
ksiiftcr herein. Gleichzeitig ruft die
Gnädige au? dem Zimmer: .Jette,
komm' sosort ,u mir!"
Jette: .Ich kann nicht kommen,
gnädige grau .da? Vaterland
ruft'!"
höchste St'miittzlich'kit.
Gläubiger: ....Wissen Sie auch,
daß ich jltzt schon fast ein ganze? Jahr
tagtäglich zu Ihnen komme?!'
Studiosu?: .Hast recht, alter Junge
wir könnten eigentlich .Du" zu ein
ander sagen !"
irkljnina.
....Wie e? kommt, daß der Lcga
tionsrath drei Orden besitzt?. .. Sehr
einfach l Den dritten hat er bekom
men. weil er die beiden andern hatte,
den zweiten, weil er dcn ersten hatte,
und den e r st e n , weil er noch gar lei
nen hatte I"
9cdanfrnf(Stit.
Du rühmst dich, daß in duser Welt
E? gänzlich dir an Feinden fehlt?
Hast Freunde du? Ja? Dann
gemach I
Sich' erst 'mal unter diesen nach!
Ihren Freundinnen etwas Unange
nehmeS sagen, daS nennen viele Frauen
Wahrheitsliebe.
Mißtrauen und Vertrauensseligkeit
find Mangel an Menschenkenntniß.
Nichts pflegt ungezogener zu sein, al?
ein LooS, da? man spielt.
Schwer zu treffen.
.Wann kann ich den Herrn Chcs spre
chen?"
.Ja. da? ist sehr schwer! Vor zwölf
kommt er selten in'S Büreau und nach
zwölf geht er gleich !"
Zukunftsbild.
Fußgänger (im Gebirge): Ent
zückend! Diese Berge, diese Thä
ler....I" Radler: Ja, wo man hinschaut,
nichts al? F a h r h i n d e r n i s f e I"
in Phlegmatiker.
Tante (auf Besuch): Gestern mußte
ich über die Gardinenpredigt, die Du
Deinem Manne gehalten, herzlich lachen.
Du hast aber so schnell gesprochen, daß
ich kaum im Stande war, zu folgen I"
Junge Frau: ..Ja ich muß so
schnell sprechen, wenn ich Alle? heraus
dringen will, weil er mir sonst früher
einschläft !"
Belehrung.
Professor (Abend? auf einem Aus
fluge mit einigen Studenten): Sehe
Sie. meine Herren, das ist der Mond,
von dem schon die Alten sagten: O
Mond!"
Der Autographen-Sammler.
... Wie, dieser Brief de berühmten
Dichter hat keinen Werth für Sie?"
.Zu neu, junger Mann. . . . viel zu
neu !. . . Kommen Sie mal in dreihun
dert Jahren wieder !"
In der hemiestui,de.
Professor : Wa? geschieht mit Gold,
wenn man eS an der freien Lust
liegen läßt?
Schüler (nach längerem Nachdenken):
ES wird gestohlen!"
Starker Beweis.
A: In jedem Concert treffe ich den
Doctor ! Versteht denn d e r Etwas von
der Musik?"
B: Und ob! Der ist durch und
durch musikalisch überAlle?
schimpft er!"
ycchste Naivetät.
Studiosu?: Heute bleibt mein
Schneider aber lange aus !"
Freund : Willst Du ihn denn bezah
len, daß Du ihn fo sehnsüchtig erwar
test?" StudiosuS: I' bewahre; aber weil
er gewöhnlich um diese Zeit kommt,
gibt ihm meine HauSwirthin
immer den Kaffee für mich
mit herauf!"
Auf der Treibjagd.
Graf (der alle Hafen fehlt): Herr
Förster, Sie haben sehr schöne Hafen
aber einen Fehler müssen Sie unbe
dingt abstellen : fie find nicht deut
lich genug!"
Lrster Gedanke.
StaatZanwalt (vor einem Plakat,
auf welchem die siamesischen
Zwillinge abgebildet find): .Don
nerwetter, hätt' man die auf einen
Steckbrief leicht erwischen
können!"
Stimmt.
A.: DaS Schlimme ist nur beim
Radfahren. eS bringt Einem mit allen
möglichen Leuten in Berührung."
23. (der mehrmals durchgeprügelt
wurde, weil er Leute überfahren hat):
Ja, namentlich in den ersten Wochen."
?cr j?hotcgrarh.
Ihr Alle, die einher Ihr wandelt
Betrübten Sinne?, voller Wuth.
Weil Euch die Welt so schlecht behandelt.
Kommt nur zu mir, da habt Jhr's gut;
Denn alle Leut', die zu mir kommen.
Die werden sehr gut aufgenommen.