Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 24, 1898, Image 11

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    Gerettet.
Blinkender Sonnenschein lag üb
dkm weiten Ocean, ein leichter Wind
kräuselte die Oberfläche und stillte in
schöner Rundung die Lege! eines Mittel i
großen Kriegsschiffe!, da langsam an j
der westasrikanischen Küste hinstrich. ES
war dieZ die .Plymoutlz", eine jener
schnellst gelnben Fregatten, die England
zu Anfang der vierziger Jahre an der
Küste ÄsrikaS kreuzen lieb, um dem
Ellavenhandel, der damals in noch weit
größerem Maße als jetzt betrieben wurde
und dessen Hauptabsoßgebiet Wtftindien
war. Einhalt ,u thun. Ter Plv
mouth- hatte nun schon mehrere Monate
vergebens die Gegenden der Congomün
dung abgestreift, ehne daß ihr ein be
sonderer gang gelungen war, wie sehr
sich auch die Mannschaft, angespornt
durch die Erfolge der anderen Echiffe,
bemüht und unermüdlich nach verdäch.
tigen Schiffen ausschaute.
Die Morgenarbeit: daS Teckmafchen,
daS Putzen der Geschütze, der Messing,
und Eisentheile, war beendet. Wohl
gefällig ließ der Kapitän sein Auge über
daS Echiff gleiten. daS sich leise in der
frischen Morgenbrise auf den Wellen
wiegte; die Mannschaft war unten im
Raume beim Frühstück: da erscholl vom
AuSguck, dem obersten Theile deS Groß.
maftcS. der Ruf: Segler voraus".
Wenn sich auch sonst die Mannschaft
durch diesen Ruf beim Mahle nicht ftö
ren li'ß, heute war eö anders : Jeder
beeilte sich bald an Deck zu kommen, um
daS gemeldete Schiff in Augenschein zu
nehmen, und Mancher mochte wohl den
stillen Wunsch hegen, eS möchte ein
Sklavenfahrzeug fein.
Noch war wenig zu erkennen : ein
Paar Maftspitzen. daS war Alles, aber
bald kamen auch die oberen Segel her
aus und man sah, daß daS Schiff quer
vor der Fregatte hinlief, als wollte eS
ihr entgehen. Mit Hülfe eines halb
bogenförmigen Instruments schätzte der
Kapitün die Entfernung beider Schiffe,
dann erscholl daS Commando: .Alle
Segel in den Wind. Ruder steuerbord
(das heißt nach rechts) zwei Strich ab
fallen." Schnell eilten die Matrosen in
die Masten, im Nu waren die Segel
entfaltet, da Schiff drehte sich etwas
nach rechts und schoß nun unter dem
vollen Winddrucke durch die Wellen, die
hoch am Bug emporspritzten. ES war
eine Luft, wie daS schöne Schiff mit sei
nem mefferscharfen Vordertheile das
Waffer zertheilte, und, sich leicht hin
und her wiegend, dem fremden näher
und näher kam. Dieses war jetzt deut
lich erkennbar. ES lief unter vollen
Segeln noch immer denselben KurS, dem
Baue nach zu urtheilen war eS ein ame
rikanischeS Handelsschiff. Auf dem Ber
deck waren mit dem Fernrohr nur tee
niste Leute zu erkennen. Die Masten
waren sehr lang und hinten überhän
gend. und die vielen Segel gaben dem
Schiffe eine große Geschwindigkeit. Die
Fregatte näherte sich immer mehr und
mehr, als sie auf 500 Meter herange
kommen war. stieg an ihrer Gaffel, dem
hintersten Mafte. langsam die englische
Kriegsflagge in die Höhe und gleichzeitig
donnerte aus dem vorderen Geschütze ein
blinder Schuß über daS Waffer hin.
zum Zeichen, daß der Fremde feine
Flagge zeigen und beidrehen solle. Be
reitS waren fünf Minuten seit dem
Schuffe verflossen, aber noch war keine
Flagge zu sehen. Ein zwkiter blinder
Schuß krachte, man wartete und wartete
mit Spannung, vergebens: ja, eS schien,
als ändere der Fremde seinen KurS, um
mehr Wind zu erhalten. Mit Grana
ten geladen," commandirte jetzt der Ka
pitän. Auf den Bug. Feuer!" Die
Kugel saufte über das Waffer und durch
löcherte daS Schiff vorn dicht üder der
Wafferfläche. DaS half. Gleich darauf
stieg die amerikanische Flagge empor
und daS Schiff drehte. Langsam kam
nun die Fregatte längZseit und der
Commandant schickte den großen Kutter
mit einem Ossizier und zwanzig Mann
hinüber, um daS Sch'ff zu untersuchen.
Der Befehlshaber und die Mannschaft
standen auf dem Deck und musterten
mit finsteren Blicken die Engländer, die
sich zur Mitte de Schiffes aufstellten,
während sich der Ofsizier mit dem Ka
pitän in die Kajüte zur Prüfung der
Papiere begab. Diese waren in Ord
nung und lauteten auf das Schiff St.
Claire", von Norfolk an der Congo
mündung nach New Orleans bestimmt.
Als Fracht waren afrikanische :Erzeug
niffe angegeben. Der Ofsizier. der ge
hofft hatte, etwas Verdächtiges zu sin
den. begab sich enttäuscht zu seinen Leu
ten und stand schon im Begriffe, das
Schiff zu verlaffen, als ein Unterossizier
ihm meldete, aus dem unteren Raume
deS Schiffes habe er ängstliches Stöbnen
vernommen, auch schiene eS ihm. als
rieche er Neger (die Neger haben in Folge
ihrer Ausdünstung einen eigenlhümli
chen Geruch). Diese Meldung veran
laßte den Offizier. daS Schiff noch ein
mal zu untersuchen, trotz deS heftigen
Protestes deS Kapitäns, der sich auf die
Papiere berief und mit Anzeige drohte.
Er selbst wurde gezwungen, voran zu
gehen und die Thüren zu zeigen. Im
Zwischendeck lagen große Haufen von
Früchten, zwischen denen Baumwoll
ballen verstaut waren. Von hier führte
der Kapitän den Osfizier nach dorne,
wo eine enge, fteile Treppe in den un
terften Raum führte, der bis auf einige
Wafferfäffer leer zu fein schien und stock
finster war. Schon wollte der Osfizier.
doppelt enttäuscht. daS Schiff verlassen,
da ertönte auS dem Raume, der noch
allem Möglichen roch, ein halb unter
drücktcS Wimmern. Der Kapitän
knirschte vor Wuth und sagte, hier sei
daS Ciesüngniß uud ein Neger wegen
Widers, tzlichkeit eingesperrt; doch der
Enzlünder schöpfte neuen Verdacht und
ließ eine Laterne bringen. Bei ijwrn
Scheine fand man nun kurz hinter den
Fässern eine Querwand, die einen
Raum abschloß, aus dem das Stöhnen
und ein durchdrinzender Negergeruch
kam. Vergebens suchte man eine Thür
und da der Kapitän sich weigerte, sie zu
zeigen, befahl der Offizier, die dünne
Scheidewand zu sprengen.
Einige Aithicbe besorgten eS bald,
und ein freudiges Hurrah dröhnte durch
daS Schiff. Der ganze nun geöffnete
Raum war mit Sklaven angefüllt. die
furchtbar zusammengepfropft über ein
ander lagen, ohne frische Luft und
Licht. Der Kapitän, der seine gerechte
Strafe fürchtete, wollte nach oben ent
fliehen, glitt aber auf der Treppe auS
und wurde sofort geseffelt. Ebenso
wurde die Mannschaft sür gefangen er
klärt und auf dem Vorderdeck zusam
mengetrieben. Auf ein Signal kam
nun die Fregatte ganz nahe heran und
mit Hülfe der Matrosen wurden nun
die armen Schwarzen aus ihrem ent
fetzlichen Kerker befreit. Manche waren
schon erstickt; in dem engen Raume,
der kanm für fünfzig Menschen Platz
bot. waren über vierhundert Neger ge
Wesen. Jetzt fand man auch die Thür
zu diesem Loche. Sie war im Zwischen
deck unter den Baumwollballen. Der
Jubel der Neger war kaum zu mäßigen.
Die Einen tanzten vor Freude. Andere
machten die sonderbarsten Grimaffen,
wieder Andere krochen auf Händen und
Füßen zu ihren Befreiern und küßten
ihnen die Füße. Nicht minder groß
war aber auch die Freude der Englün
der über den guten Fang, der ihnen
bald entgangen wäre und der sie für so
diele Mühen auS der letzten Zeit reich
lich entschädigte.
Die Neger wurden nach St. Helena
gebracht, um von dort entlasten zu wer
den. Während der Fahrt dorthin
wurde der Kapitän und die Besatzung
deS Sklavenschiffes gefcffelt in demfel
den Raume gefangen gehalten, in dem
die Neger geschmachtet hatten. In St.
Helena angekommen, wurde der Kapi
tän zum Tose verurtheilt und in Gegen
wart der geretteten Neger und der Be
satzung öffentlich durch den Strang hin
gerichtet.
John Ritsch über die Wahl ei
nes Berufs für seinen Sohn.
Jeder Mann, welcher Kinder hat,
merkt, daß eS mit jedem Jahre schwerer
wird, dieselben in einen Beruf hinein
zu bringen. Ueber dieses Thema plau
dert der alte Philosoph Ritsch in der
N. StSztg." sehr lehrreich:
Mei Freddy iS jetzt in dem Alter,
wo er waS lerne sollt. ES iS ja net.
daß er grad schaffe müßt, damit er net
verhungert, awer eS iS mei Prinzippel,
daß Jeder von die Buwe irgend e Po
sischen einehme oder e Bißnetz hawwe
muß. DeS iS e ferchterlicher Trommel,
auszesinne, waS so e Bub werde soll.
Sei Jnklinüschcn iS mehr for Sport.
Im Siggarschmoke. Billiard un Puhl
spiele, in mixt Dlin'S un im BäSbal,
da iS er net ze diele. Er Hot aach scho
e Paar mol im Fußball e Loch in de
Kopp gekriegt und bei de BoxinglcffenS
Hot ihm Eener. mit dem er gepräktieSt
Hot, die NaS schepp geschlage.
Uf dem Wicl (früher Hot mer eifach
Bissickcl gesagt) iS mei Freddy aach gar
net ze biete. Sunscht Hot erglaab ich
net viel gelernt exept verleicht noch Po
kerspielen. Well, mit dem harte Lerne
hen ich enihau net viel im Sinn. Ich
hen noch nie net gehört, daß e Mensch
viel Geld gemacht Hot un reich geworn
iS, weil er Griek un Lätin un SeienzeS
gewüßt Hot. Wenn'S noch wie früher
wär, da thät ich eifach sage: Freddy
geh in Ballidixl" DeS iS aber heintzetag
aach nix mehr. Der Bißniß iS gespoilt
bei Siwwelsörwiß, Un for die höhere
Ballidix, for Jnftänz Juneited Stäts
Senneter. da sein de ExpensenS ze hoch.
DeS nemt viel Käpittäll. Siwetauftnd
oder gar zwanzig tausend Dollers for e
eenzige Wohl, deS is viel Holz, Mister
Editer. Un eS is so unsicher. Wenn
da der Annere. wo gege Eim laaft. bei
Aekzidcnt noch e Bißle mehr Geld Hot,
dann iS mer doch gedotte.
Wo ich mei Geld mit gemacht hen
oder enihau die Faundäfchen ze meim
Fortfchen mit gelegt hen, deS war des
Serluhn Bißnetz. Da wär aach der
Freddy werklich fit dervor. Des is aw
wer meine Weibkleit. ichZmeen die LädieS,
ze Ohren kommen. Sie sage, eS wär ze
schanirlich, wenn Eener vun der Fämili
e Ginmill rönne thät. Mir selwer thät
da gar nix dra liege. Well, aw:r die
Weibsleit was die wolle, deS wolle se
un deS settelt de Häsch.
Die MiffeS Ritsch Hot gemeent. der
Bub sollt Dakier wern. Ich hen die
Eidie net recht gegliche. Des Bißneß
iS mer net noblicht genug. So e Dak
ter werd manchmal ze ganz arme Leit
gckallt un mutz sich da mit dene rum
datiern und nachher kriegt er noch net
emol bezahlt. Ich hen mit eme Dakter
darieber getalkt un der fegt, des Bißniß
wär all reit, wenn mer'S richtig betreiwe
thät. Die Hauptsach wär. daß mer die
reiche Paschients, wo mer Hot, net ge
sund macht, wann se emol krank geworn
sein. TeS iS, wo deS Geld erei iimmt.
Die Bellelleit-Präktik, die könnt mer
sich leicht fcom Hals schaffe. Also sag
ich oll reit, der Freddy soll Dakter wern.
Ich hen also gesagt, ich thät em en Aut
fit kaafe un thät em deS Geld gemwe.
daß er t gute Präklitz dun eme Dakter.
wo au? dem BißncßrauZwill, aukaase
könnt. Da seggt der Dakter zu mir.
der Bud müßt erscht uf'Z Källedsch un
Examinaschen pöge un in eme Hospittel
präktiffe un Gott weeß waS sunscht noch.
So e Nansanz. so t gottverdoppelterl
TeS wär noch schöner, wenn mei Freddy
so schane un ftödtje müßt. Da werd os
course nixdrauS.
Ich sein ze eme Lawyer. linke Sie,
nor. Mister Editer. der segt. der Freddy
müßt vier Jahre lang KalledscheS un
LawschulS visille un zwee oder drei!
EraminäschenS päffe.
Jetzt bitt' ich Jhne, Mister Editer
was sein daS für Sache in ere freie
Kountri. Des is ja grad so büd wie in
Juropp! Wo bleibt da die Liberty,
wann mer net emohl mehr e Bißncß
afange derf. waS mer for eenS will?
DeS war frieher ze meiner Zeit aut
Weft doch besser. To Hot mer fei
Schingel kraus gehängt als Dakter oder
als Lawyer un dann war mer all reit.
Wann mer for alles. waS mer werde
will. Examinäschcr.s päffe soll, da könne
ja nor noch Leit. wo sich mit Lerne ab
gewwe, waS wern un dcs Geld nutzt
Eem gar nix. Wo derfor hen ich denn
mei Geld gemacht, wann ich net emol
mei Buwe werde laffe derf, was ich
will? IS denn des net gege die Konfti
tuschen? In der Konftituschen steht doch
drein, daß jeder Mensch Liberty hawwe
soll. IS des verleicht Liberty, wenn
mer kee Bißneß schtarte derf mitaus
mer püßt ExaminäschenS. Paffe Sie
Acht, Mister Editer. eS werd noch so
weit kimme, daß mer noch e Exami
näsche päffe muß. um Ländlord ze
werde. Da thu ich aber nimmer mit.
Mister Editer, da pack ich lieber uf un
geh Weft, in ergend en Jndiän Terri
tori, noch Oklahomä oder sonst wo hin,
wo die neumodische Tricks noch net so
gespielt wern un wo e Mann, wo was
hat, aach noch waS iS un noch Liberty
hat.
Sie wern awwer sehn, Mister Editer,
wann dcs hier so fort geht, da geht die
Kauntri ze de DogS un eS gebt Revo
luschen, denn die EräminüschenS deS is
nix wie Slaven. Sage Sie nor, ich
hett's gesagt !
Der Helm des Meisterö Stolze.
ES ist eine wunderbare Geschichte,
wie der Helm deS Füsiliers Stolze nach
31 Jahren wieder auf den Kopf des
braven Mannes kam. von dem er sich
am blutigen 3. Juli 1806 treulos ge
trennt hatte. Vor einiger Zeit trafen,
so erzählt daS N. W. Tgbl.". auf
einem Dauerritt zwei preußische Offi
ziere, Premierlieutenant v. BagenSky
und Sekondlieutenant v. Nitisch deS
Königs Grenadier Regiments No. 7
aus Liegnitz auf dem Schlachtfelde von
Königgrätz ein. Von dem treuen Hüter
der österreichischen, preußischen und
sächsischen Soldatengräber, dem !. k.
Hauptmann SteinSky, der auf diesem
Blutfelde seinen eigenen rechten Arm
begraben hat, begrüßt und von dem
gräflich Harrach'schen Fabrikdirektor
Zabiehlicky gastfreundlich aufgenom
men, besuchten die preußischen Gäste
alle die denkwürdigen Stätten deS
Schlachtfeldes ; in pietätvoller Erinne
rung stand Premierlieutenant von
Bagensky auch am Grade feines als
Hauptmann beim Sturm auf dem
Holawald gefallenen Oheims, und
schließlich blickten die Herren gedanken
voll auf die von Steinsky gesammelten
Waffen und Rüftung-ftücke. die auf
dem Blutfelde gefunden worden waren.
Da fesselt ein wunderbar erhaltener
Jnfanteriehelm ihre Aufmerksamkeit;
unversehrt klebt noch im Innern daS
Zettelchen mit den Worten: Stolze.
Füsilier. 27. Infanterie . Reg., 3.
Bat.. 1. Compagnie. . . ." Wo mag
der Inhaber der Pickelhaube das Haupt
geborgen haben, daS einft der Helm
deckte? Ruht er unter der Erde oder
weilt der brave Stolze am Ende noch
unter den Lebenden? Hauptmann v.
Stein?ky wirft die Frage auf und die
preußischen Gäste versprechen ihm, in
der Heimath nachzuforschen, ob sich der
Füsilier zu dem verlorenen Helm zurück
finden lasse. Und er wurde gesund n.
Nach emsiger Nachforschung war er als
wackerer Zimmermann in Möllendorf
entdeckt und mit schlichten Zeilen be
ftätigte er dem Premierlieutenant v.
Bagensky, daß er der Gesuchte sei. Der
Premierlieutenant berichtete schleunigst
nach Sadowa, was er vernommen, und
bat um Zusendung deS HelmS. Hof
fentlich kommt er glatt und unange
fochten über die Grenze". Diese Hoff
nung erfüllte sich ; denn Hauptmann
SteinSky brachte daS Beutestück Person
lich nach Liegnitz. wo er gleichzeitig den
Besuch der preußischen Kameraden er
widerte und mit Aufmerksamkeiten
überhäuft wurde. Der Helm wurde,
sobald er ihn übergeben hatte. Eigen
thum deS 27. Jnfanterie-RegimentS.
dieses aber war edel und sandte das
zurückerlangte königliche Eigenthum"
an dcn braven Stolze nach Möllendorf.
Mit Jubel begrüßte ihn der alte Füsi
lier, mit Erfurcht betrachtete die Fa
milie die nach 31 Jahren wiedergefun
dene Pickelhaube ihres Oberhauptes !
Lederne Kehlen.
Aus Allenftein in Oftpreußen wird
berichtet: Im Winter des bösen
KriegSjahreS 18071803. kurz vor
Einäscherung unserer Stadt durch die
Russen und Franzosen, erschienen in
der Stadt drei Kosaken. Als sie an die
Apotheke kamen und im Schaufenster
die Flaschen. 6lärer und Büchsen er
blickten, hielten sie wchl die Apotheke
für einen Schnapsladen und traten ein.
In dem kleinen Hinterzimmer, daZ an
die Apolh.-ke stieß und daS er stolz fein
Laboratorium nannte, saß der Herr
Apotheker. Vor ihm auf dem Tische
standen mehrere Flaschen mit reinem
Spiritus und einige mit Schkidewaffcr.
Der Apotheker war gerade dabei. Putz
Wasser herzustellen. Als er die Klingel
ertönen hörte, betrat er die Apotheke
und bekam keinen geringen Schreck, als
er drei bärtige, bis an die Zähne be
waffnete Kosaken erblickte, welche ftür
misch und herrisch WuttkiWuttkl" for
derten. Der Apotheker lief in sein La
boratorium zurück, ergriff hier seiner!
Meinung nach, eine von den Spiritus
flaschen und drei Gläser, stellte alleS
vor die Kosaken hin und goß ihnen die
Gläser voll. Die Kosaken ergriffen die
selben, setzten sie an den Mund und
goffen den Inhalt hinunter. Dann
aber wurden sie krebSroth im Gesicht,
schnitten furchtbare Grimassen, schütte!
ten sich und machten brrr brrr !"
Der Apotheker bemerkte nun zu seinem
Schrecken, daß er in seiner Haft ftatt
Spiritus Putzwasser ergriffen hatte.
Dies hatten die Kosaken getrunken.
Der Apotheker glanbte nun nicht an
der?, als daß die Steppenföhne einer
nach dem anderen zur Erde sinken und
ihren Geist aufgeben, ihm aber vorher
den GarauS machen würden. Ader
nichts von alledem geschah. Die drei
Biedermänner wischten sich nur daS
Wasser aus den Augen, denn diese wa
ren ihnen gehörig übergegangen, und
schoben nun dem Apotheker die leeren
Gläser bin. Soll ich daran glauben,
so sollt Ihr auch mit hinüber in jene
Welt", so dachte der Apotheker und
goß herzhaft die Gläser wieder voll.
Die Kosaken tranken wieder und sagten
brrr brrr !" Noch dreimal mußte
der Apohteker die Gläser mit Putzwasser
füllen, und dreimal tranken die Russen
die Gläser aus. Nun warf ein Kosak
ein Fünfgroschenftück als Bezahlung
auf den Tisch und sagte gutt, gutt"
(gut, gut), dabei einen verliebten Blick
auf die leere Flasche werfend. Dann
verließen sie die Apotheke, schwangen
sich auf ihre Steppenrosse und trabten
von bannen. Der Apotheker aber fal
tete die Hände und dankte Gott, daß die
Sache so glücklich abgelaufen und er die
Kerle los war. Noch später als alter
Mann hat er bei Erzählung der Ge
schichte behauptet, die Kosaken hätten
lederne Kchlen."
Wrangel und sei Tchühling.
In der Mitte der 00er Jahre erhielt
der spätere Feldmarschall Wrangel
Sonntags öfter den Besuch eines Ber
liner Kadetten, der sich, obgleich er mit
dem alten Haudegen nur sehr entfernt
verwandt gewesen fein soll, seinen Käme
raden gegenüber rühmte, PapachenS"
Großneffe zu sein.
Seit einiger Zeit war eö Wrangel
aufgefallen, daß fein Schützling am
Nachmittage regelmäßig fortging und
erst kurz vor Ablauf seiner Urlaudszeit
nach dem Wrangel'fchen Palais zurück
kehrte, um sich seinen UrlaubZzettel.
den er im Kadettencorps abliefern
mußte, ausstellen zu lassen. Diese Rück
sichtsloftgkeit schmerzte den Greis sehr,
und er nahm sich vor, falls der Kadett
wieder einmal so kurz vor dem Zapfen
streiche zu ihm zurückkehren würde, ihm
daS gehörig anzustreichen.
Am darauffolgenden Sonntag machte
sich fein Gaft gleich nach Tisch wieder
sir, auf die Beine; der General aber
littz ihn durch seinen Diener heimlich
beobachten, und dieser stellte fest, daß
der Marsjünger in dem Separatzimmer
eines Restaurants mit mehreren an
deren Kadetten wacker pokulirte.
Um Uhr meldete sich das Bursch
chen bei seinem Protektor und gab an,
von feiner Tante, einer unbekannten
Größe, so lange aufgehalten worden zu
fein.
So. so," meinte Papachen, dann
laß Dich auch von sie den UrlaubSzettel
schreiben."
Der Kadett erblaßte, ohne Urlaubs'
zettcl spazirte er in Arrest. Er verlegte
sich also auf'S Bitten, hatte jedoch kei
nen Erfolg.
Onkelchen." flehte er, laß mich
nicht ohne Zettel gehen !"
Der Deibel ist Dein Onkel. Junge,
aber nich ich ! Kehrt Marsch !"
Der Kadet ging und behauptete im
Kadettenhause, seinen Urlaubszettel der
loren zu haben.
Sein, Compagniechef glaubte ihm
nicht; er ließ bei Wrangel anfragen,
ob der Kadett wirklich bei ihm so lange
gewesen sei, worauf der alte General
durch den mit der Recherche betrauten
Herrn Hauptmann schriftlich folgenden
Bescheid gab :
War bei mich fraß fürchterlich
mindestens for zwei ging fort um
drei kam nach 8 Uhr wieder
retour; Urlcmdszettel von mich nicht
bekam weil er zur Lüge Zuflucht
nahm. Sprach wat von Tante,
die nich existirt hat jedoch mit An
deren tabagirt. Weiter vermag ich
nischt zu sagen müffen darüber ihn
selber sragen."
Vierundzwanzig Stunden Arrest war
die Folge.
fin heiterer Borfall
spielte sich kürzlich in London ab, wo
drei Bauernfänger die Hauptrollen
spielten.. Die drei Kartenkünstler
waren, einer nach dem anderen, auf
verschiedenen Stationen der Unter
grundbahn eingestiegen, natürlich in
dieselbe Wagcnadtheilung. Niemand
unter den Feihrzästen ahnte die Zukam
mengehoiigkeit der Jndustneritter.
Bald hatte einer der Gauner daS de
rühmte Kartenspiel auS der Tasche ge
zogen, die beiden anderen Zupper",
wie sie in der DledeZsprache heißen, er
öffneten daS Spielchen, gewannen und
nicht lange darauf betheiligte sich be
reit? daZ ganze mitreisende Publikum
an dem Spiel, in dem natürlich Alles
ausgedeutelt wurde. Sogar mehrere
Damen hatten sich dabei betheiligt und
eine von ihnen setzte ihren Brillantring,
den der Bauernfänger zu fünfzig Mark
Werth annahm. Nur ein einziger
Fahrgaft widerstand allen Lockungen
der Diebe und wollte durchaus nicht
mitthun. Selbst dann nicht, als die
Bauner ihn wegen feiner Hafenherzig
keit obendrein verhöhnten. Ader er
nahm wenigstens als Zuschauer die
regste Theilnahme an der Entwicklung
deS Spieles, und die Sache schien ihm
den größten Spaß zu bereiten. Auf
der Endstation entpuppte sich der ent
haltsame Gaft zum Erstaunen Aller
und zum Entsetzen der Bauernfänger
als Kriminalbeamtcr und nahm das
Kleeblättchen in feine persönliche Ob
Hut. Ich habe mir halb und halb
gedacht l" sagte einer der Gauner mit
edler Entsagung zu dem Beamten.
Dies Mal find wir die Dummen !"
Vin JernsprechkrZdll.
In einem süddeutschen Städtchen
wurde dieser Tage die neu ingerichtete
Fernsprechleitung zum ersten Male er
probt. Nach allen Richtungen sandte
der prüfende Beamte durch den Draht
Grüße und Fragen. AuS den Antwor
ten, die er erhielt, theilen die Münch.
Neueste Nachr." folgende mit :
AuS Freiburg (Stimme eines Weib
lichen Beamten) : Ha, des ifch aber
nett, daß Sie jetzt ou Anschluß habe !
Ja frili. m'r versteht jcdi Silb'."
AuS Reutlingen (Stimme eines Weib
lichen Beamten) : I soll mit Jhna a
Gschpräg afange? Ja. aber 'S fällt m'r
grad' nex ei zum Schwatza. Wann
mei Geburtstag fei? O Sie. der ifcht
jo scho lang gewä !"
AuS Stuttgart: So so. ischt d' Lei
tung bei Jhna fertig? Ja ja, ma der
schteht'S s.. mätzig guet. So a Tele
Phon ischt halt doch a gottfträflich
g'scheide Einrichtung !"
AuS Frankfurt : Ei was wolle Sie
dann ! So. Sie bawwe's jetzt aach? D'
Leitung geht wirklich foi !"
Aus Köln : Jewitz dat. et jeht aus
jezäichnet. ich versteh' janz jenau, wat
jesprochen wird."
AuS München: Jetzt do schaugt'S
her ! DöS freut mi'. Gratulire ! Guet
is d' Leitung. Schad, datz wir net a
Mal z'samm trinken können."
AuS Berlin : Hier Berlin. Lei
tung ausjezeichnet, aber jar keene Zeit.
Schluß."
Wen Zwei sich gut find.
Wenn Zwei sich gut sind und 'S weiß eS
kein Mensch,
Welch' seliges, süßeS Verschweigen I
Und scheint auch den And'ren die Welt
so leer,
Und der Himmel so grau und so wol
kenschwer,
Für sie giebt er all' seinen Sonnen
schein her
Und hängt voll klingender Geigen.
, Wenn Zwei sich gut sind und 'S weiß eS
j kein Mensch,
Wie sind sie so reich selbander !
Sie denken, die Welt sei von Kümmer
nitz frei,
Denn AlleS, was Gutes auf Erden fei.
DaS schuf unser Herrgott doch nur für
die Zwei
Und sie selber nur für einander !
Wenn Zwei sich gut sind und 'S weiß eS
kein Mensch,
Die sind einander nie ferne !
Und trennen sie Berge und Thäler und
Fluß.
Wenn EineS vom Anderen scheiden
muß,
Die Sonne bestellt bei Tag ihren Gruß,
ES bestellen deS Nachts ihn die Sterne.
Wenn Zwei sich gut sind und 's weiß eS
kein Mensch,
Die reden ein' eigene Sprache.
Die anderen Menschen verstehen sie
nicht.
Die Beiden seh'n sich nur still in'S Ge
sicht,
Und da wissen nur sie, was ihr Auge
spricht.
Nur sie und die Spatzen am Dache !
Geigenvirtuos und Keigenmachcr.
EineS TageS übergab Paganini dem
berühmten Geigenmacher.Gand in Paris
eine seiner besten Violinen, eine Stra
divari," an welchem eine kleine Repa
ratur vorzunehmen war. Gand be
nutzte diese Veranlassung zu einem
Scherz; er verstand eS nämlich ausge
zeichnet, alte Instrumente nachzumachen,
so daß selbst der feinste Kenner nach
dem Ausseht n die Kopie vom Originale
nicht zu unterscheiden vermochte.
Als Paganini wieder erschien, legte
ihm Gand zwei Geigen vor und ersuchte
lächelnd den Virtuosen, sein Eigenthum
an sich zu nehmen. Paganini stutzte,
betrachtete beide Instrumente sorgsäl
tig und ergriff wirklich daS unechte.
Schon wollte Gand triumphiren; da
nahm Paganini einen Bogen uud stiich
über die A Saite der erwählten Vio
line, und sofort legte er daS Jnstru
ment wieder auf den Tisch mit dem
Bemerken: .Jhie K.',ft'ertl.,keit. lieber
Gand. hat zrar mein Auge ge
tauscht ; aber mein Ohr werden Sie
niemals irre führen !"
Im Lifrr.
Frau (zu dem. nach zehnjähriger Ab
Wesenheit, aus Ameiika zurüZlchrendcn
Gatten): .Ach Gott, gerade mußt Du
auch kommen, wo ich große Wäsche
habe !"
Klfine MisjirstZdniz.
Backfisch : , . . O. das war herrlich
ich schwamm in Wonne I"
ÄikoS : Müssen gnädige? Fräulein
sehr gute Schwimmerin sein ; bin zwar
auch guter Schwimmer, aber Wanne
wär' mir zum Schwimmen viel zu
klein !"
Nnnöchig.
Herr (zum Heiratsvermittler): Kön
nen Sie mir nicht die Photographie der
Dame mit 150.00 Mark Mitgift zei
gen?"
Heirathsvermittlcr : Aber, ich bitte
Sie. bei der Höhe der Mitgift
können Sie sich doch die Dame auch
ohne Photographie vorstellen !"
Lcrichtssaal Blüthe.
Vorfitzender (die Schwurpflichtigen
über den abzuleistenden Eid belehrend
und verwarnend): ES ist Verdacht vor
Handen, daß Sie mit Ihrem Schwager
in ein gemeinsames Horn geblasen ha
den, um damit dem Gegner Sand in
die Augen zu streuen I"
Hausfrau (zu ihrem Dienstmädchen):
. . DaS muß ich Ihnen sagen, die Frau
Commerzienrath, die Frau Professor,
die Frau Amtsrichter, bei welchen Sie
gedient haben, sind alle schlecht auf Sie
zu sprechen !"
Dienstmädchen: Ach, gnädige Frau,
viel Feind' viel Ehr"!"
Sonderbare Folgerung.
Skpp : Ja, Natzl. was thust denn
Du da? Ueber was freust Tu Dich
denn gar a so?"
Nazl : Weil sie sich g'forchten haben
vor mir 'nausg'schmissen haben s'
mich !"
Größter Tremiungsschmerz.
Jft Ihrer Braut die Trennung von
Ihnen schwer geworden?"
Allerdings! Geseufzt tat sie wie ein
SlaatZanwalt, wenn ein Angeklagter
freigesprochen wird !"
Die Hauptsache.
Gattin: Na, lieber Mann, haft Tu
schon das Inserat für das Kindermäd
chen ausgeschrieben?"
Gatte: Jawohl! hier ist eS : Ver
langt ein kräftiges Mädchen, daS mit
Kindern und Fahrrädern umzugehen
versteht."
Berliner Rangen.
Erster Lehrling: Ich sage Dir.
Fritz, mein Meister turkelte gestern
Abend die Treppen 'runter mit fünf
Flaschen Bier und zerbrach nicht eine
davon !"
Zweiter Lehrling : Nanu, wie hat
er denn daS gemacht?"
Erster Lehrling : Er hatte sie schon
in sich !"
Deutlich.
Wenn Du Dich unglücklich fühlst,
Marie, so bist Du selbst daran schuld ;
Du haft kein Vertrauen zu mir, nichts
traust Du mir zu "
Sie: O nein, eben alles !"
Bedenklich.
Sie: Warum siehst Du so nieder
geschlagen aus. war Papa wüthend,
als Du um mich anhielteft?"
Er: O, nein, garnicht! Im Gegen
theil, es schien ihn höflich zu amüsiren!"
Redebliiike.
Reisender (zum Kaufmann, der ihm
versprochen hatte, etwas abzukaufen):
Gestern haben Sie mir den Mund mit
Pech und Schuhwichse wässerig gemacht,
und heute, wo ich's osferire, kaufen Sie
nichts !"
Annonce.
Meine Frau ist mir durchgebrannt.
Alle, die etwas von ihrem Aufenthalte
wissen, werden ersucht, dies zu der
schweigen.
Auffassung.
Wissen Sie schon? Unser Freund
Grauner ist so taub, datz er kaum hört,
wenn feine Frau mit ibm spricht."
B: kJa, manche Menschen haben
Glück !"
vorsichtig.
Kommissar: Wenn Sie Straf
antrag stellen, müssen die Sachverftän
digen vor Gericht ein Gutachten abgeben
über den Werth der Weine, die man
Ihnen gestohlen hat."
Weinhändler : Tann ziehe ich den
Antrag zurück."
Die moderne Aöchin.
Madame: Mit Ihrer Kochkunst bin
ich gar nicht zufrieden, Rike; am näch
Ersten" müffen Sie ziehen."
Köchin: Wie wär's denn mit der
vakanten Klavierlehrerin Stelle,
könnte ich da nicht eintreten?"
Viele Leute sind wie die Phonographen
nur was man in sie hineinredet
geben sie wieder.