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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Feb. 17, 1898)
vn V V nirillnnslrtif V 1 1 1 HHUVUW ?J f Jahrgang 1. Beilage zum Ncbraöka taats-?lnzcigcr. Ro. 3!. Die beiJvn lA'llern. (Jnimmi! Ilovkü, von m a l d h o r ', m. Ja der franÖnfiSrn Schweiz, im Paniern tu l'allo!?, liegt hart cn der (Mrern. n der f ranjöiff und der deutsch? Zh.'il der Aevdlkerunz zusam nun flofef n, da! Dörschen Sionette, Die Bouffale, eine? der vielen Neben filißchen der majkftütischkn Rhone, die von den Beran heiabft trzt. bildet die Krenj'cheide, aber nur üußkrlich, denn Franzosen und Teutsch? wohnen aus diesem von der Ihrigen Welt fast gänz lich adzeschnittenen Fleckchen Erde fried' lich bei einander. (53 war an einem Sonnabend deZ Herbstes 1876. Tie locken des Dorf. tlrchl.inS hatten eben daS AngeluS ge läutet. Tiefer Friede ruhte über der ganzen schönen GotteSnatur. Die jun gen Müdchen, deS LorfeZ waren unter allerhand harmlosem (Acplauder eifrig damit beschäftigt, die Psorten der Kirche mit Guirlanden zu schmücken und die Zlltüre mit neuen künstlichen Blumen und bunten Zierrath?n auszuputzen. Der Schupatron dcS Idoles halte morgen feinen besonderen Taz. an dem ihm reiche Ehrungen von seinen Kindern zu Theil wurden. Am Nachmittag fand der weltliche Theil der Feier mit Ge sang, Spiel und Tanz in der Auberae seinen Abschluß Auf ihn freute sich die Jugend deS Dorfes naturgemäß am Meisten, und die hübschen Mädchen auf dem Anger schmähten schon jetzt nach Herzenslust von der bevorstehenden Fto ch;impot,re. Jedes von ihnen hatte seinen Schatz, der sie früher oder später zum Traualtar führen sollte. Nur eine der geschäftigen DoisschSnen beteiligte ich wenig oder gar nicht an dem necki chen (eplauder. und doch schien sie hrem Wesen und Aeußeren nach die bedeutendste von Allen, Rose.Marie, wie die Königin von Sionette hieß, war die einzige Tochter deS SchuUehrerS Meunier. Von Jugend auf hatte RoseMarie eine eximirte Stelle unter ihren Ge fpielinnen eingensmmen, und neidlos räumten ihr alle den ersten Rang bei den ländlichen Festen ein. Die Dorf, burschen wagten stch ihr nur mit schüch ternen Huldigungen zu nahen. Ein Einziger hatte bis jetzt nur seine ernstere Bewerbung um die stolze Muid offen betreiben dürfen, der Erdsohn deZ Se baflian'dofes von der deutschen Seite de? BouffolebachZ. Sebastian oder vielmehr Sebastian Paul wie er zum Unterschiede von sei nem französischen Vetter Sebastian Charles genannt wurde galt äugen blicklich als der präsumtive Verlobte RoseMarie'S. Die deidon Vettern, wie sie allgemein genannt wurden, galten als die besten Partie' des Boussole Thales. Aeußeiltch glichen st? einander bei'm ersten Augenblick sehr; sie waren von gleicher Schultert She und ähnlicher Geflchtbildung. Aber wie der AuS druck ihres Antlitzes ein ganz anderer wir, fo waren auch die beiden harak lere himmelweit von einander verkchie den. Sebastian Paul hatte das leicht lebige Temperament der Mutter geerbt; er liebte die Freuden deS Lebens und konnte stch ihnen mit naiver Ungebun denheit hingeben. Bei'm Tanze war er der Erste und der Letzte auf dem Platze und ve säumte eZ nie, einer Schönen feine Huldigungen darzubrin gen. Gerade daZ Gegenstück zu diesem hei teren Genußmenschen war Sebastian Charles, den man selten lachen oder gar mit einer Dorfschönen scherz? sah. Sein GestchtZauSdruck blieb stets derselbe ernste; alle seine Bewegungen, sogar bei'm Tanze, waren gemessen. Ob Sedast an Charles überhaupt ein Herz befaß, schien keine Jungfrau im Bousso lethale jemals ergründen zu können. ' Nur eine hätte hierüber Auskunft er theilen können: die Königin von Sio nette. RoseMarie ahnte mit dem fei nen Instinkt ihrer weiblichen Natur, daß Sebastian Charles eine glühende Leidenschaft für sie in feinem Innern verbarg; fle ahnte, daß dieselbe bei ir gend einer Gelegenheit zum AuZbruch kommen und zu einer Katastrophe zmi schen den beiden Vettern führen könnte. Heute Abend mußte die schöne Schul lehrerStochter wieder daran denken, al nach dem Abendläuten die jungen Bur schen von jenseits deS BouffolebachZ über die Brücke kamen, um'mit den auf dem Kirchenplatz versammelten Jung stauen harmlos zu scherzen und daS morgige Fest zu besprechen. Auch die beiden Vettern kamen neben einander hergegangen: in der Abend dümmerung hätte man sie beinahe der wechseln können. Ader während Se baftian Paul schon von Weitem mit dem Hute schwenkte und einen übermüthigen Jodler ausftieß, schritt Sebastian Charles stumm neben ihm einher. Auch Rose Marie war heute ernster gestimmt. Sie war mit ihrem Auserkorenen wieder einmal unzufrieden und hatte ftch vor genommen, mit ihm ein entscheidende? Wort zu sprechen. Er war in der letz ten Woche wiederholt oben an der Was sermühle am Boussoledach gesehen wor den, woselbst die kokette Liselotte. deS Müllers reiche Erbtochter, ihr Spiel trieb und den jungen Burschen an sich zog. Welch' eme Beleidigung für sie. Rose.Marie. der Sebastian Paul ewige Treue und Liebe gelobt hatte! Sollten die anderen Mädchen mit Fingern auf fie zeigen!? Diesmal mußte sie dem leichtsinnigen Geliebten ernsthaft in'S Gewissen reden. Und sie that's. Se baftian Paul verstummte vor den zorn funkelnden Augen und der strafenden Beredtsamkeit der h?cherzürnten Braut die ihn vor seinem Veiter. der mit sin ftercm Gesicht dabei stand und LllcS mit anhörte. in'S Gebet nahm und ihm seine Tändeleien verwies. Du kennst jetzt meine Meinung!" schloß Rose Marie mit bebender Stimme Du hast noch die Wahl! Willst Du mit Lise lotte morgen tanzen, so nimm sie hin! Mich darfst Du aber hinfort nicht mehr anrühren! Dann sind wir auf ewig ge schieden. Gute , Nacht!" Sie ging und ließ den bestürzten Verlobten m einer wenig beneiden? werthen Stimmung zurück. Sebastian Paul merkte, daß es RoseMarie dies mal bitterer Ernst war. Er liebte die schöne Schullehrcrstochter wirklich von Herzen, und doch hatte er sich erst heute früh von der koketten Liselotte so weit umgarnen lassen, daß er ihr versprochen hatte, morgen mindestens drei Tänze mit ihr zu tanzen I Was that er blos? Dürfte er fo sehr seine ManneS würde verleugnen, daß er bereits jetzt, vor der Ehe, so unter den Pantoffeln kam daß er eS nicht wagen durfte, mit einem anderen Mädchen zu tanzen? Wie würde Liselotte ihn mit den ande ren Mädchm und Burschen verhöhnen ! Sebastian Paul riß bei diesem ihn empörenden Gedankm den Hut vom Kopfe und stieß eine Verwünschung aus. Sein Vetter packte ihm am Arm und hob drohend die Faust: Kränkst Du Rose Marie, so nimm Dich in Acht I" Sebastian Paul wurde todtendlaß. Er schüttelte den Vetter von stch und stammelte wüthend 7 Ich lasse mir von keinem Menschen 'was sagen, am Wenigsten von Dir. Du Duckmäuser !" Dann trennten sich Beide. Am nächsten Tage herrschte in Sio nette die ganze ausgelassene Festfreude, die stch an diesem Tage nach der Kir chenfeier im Bouffolethale zu entladen pflegte. Böllerschüsse dröhnten in'S Thal hinab. Musik und Gesang erschall ten; der Becher kreiste bet den Alten und Jungen, und Männer und Wei der, Burschen und Mädchen zogen im schönsten 'Lutz nach dem Auderge, um sich dem Vergnügen deS Tanzes hinzu geben. Auch RoseMarie, geleitet von dem alten Vater, erschien im Saale. Aller Augen wandten sich sofort auf sie. als sie den Tanzsaal betrat und sich auf einer Seitendank niederließ. Ge rade über von ihr stellte ftch Liselotte mit spöttischem Lächeln auf, als wollte sie sagen : Jetzt RoseMarie, wollen mir sehen, wer fortab die Königin von Siomtte ist !" Rose.Marie that. als merkte sie nichts, und begrüßte ruhig den Geliebten, der jetzt an sie herantrat und sie zum Tanz aufforderte. Sie sah ihn mit ernsten Augen an. Aber Du tanzt heute nur mit mir und bestellst morgen das Aufgebot bei'm Pfarrer. Sebastian Paul stotterte einige un verständliche Silben und bat mit leiser Stimme : Lass' mich nur heute noch einige Male mit Liselotte tanzen; ich Hab'S ihr versprochen, und " Rose Marie schüttelte den Kopf: .Nein. Paul. Du kennst meinen Willen l Ent scheide Dich heute!" Sebastian Paul war blaß geworden. Er setzte sich draußen an einen Tisch nieder, bestellte sich Wein und stürzte ein GlaS nach dem anderen hinunter, um die immer stärker aufsteigende Bitterkeit und Wuth zu unterdrücken. Dicht neben ihm lockte fortwähreud die Muftk mit zauberischen Klängen, und wenn er den Kopf ein wenig nach rechts wandte, konnte er deutlich durch die Fenster mit ansehen, wie Liselotte im Saale herumflog, spöttisch zu ihm hinaus schaute und auf ihn mit den Fingern wies. Da hielt der gepeinigte Bursche eS nicht länger aus. Er stürzte noch einen Becher hin unter, betrat den Saal, ging direkt auf die kokette Müllerttochter loZ. faßte fie fest um die Hüfte und wirbelte mit ihr über den Tanzboden. Alle hörten auf und blickten zu RoseMarie hin über. Sebastian Charles, der feinen Vetter auch nicht einen Moment aus den Augen gelassen hatte, trat zu dem beleidigten Mädchen heran und sprach leise mit ihm, ohne daß er eine Ant wort bekam. RoseMarie blieb stumm auf der Bank sitzen, als ginge fie der ganze Tanz nichts an. Die Anderen, welche vielleicht t:t Katastrophe erwar tet hatten, blickten sich halb enttäuscht, halb befriedigt um und tanzten weiter, bis es dunkel wurde und die Lichter an gezündet wurden. Da erhob sich Rose Marie, stahl sich unbemerkt aus dem Saale und schlich auf einem Seiten Pfade nach ihrem Hofe zu. Sie kam ftch in ihrer Mäöchenehre auf ewig ge schändet vor ; die rechtmüßige Königin von Sionette war gestürzt, die Krone ihr vom Haupte gerissen und einer An deren, Unwürdigen, aufgesetzt! AIS Rose Marie nicht weit von der Brücke war, so hörte sie rasche Schritte hinter sich. Sie drehte sich um. Se baftian Paul schien ihr auf den Fersen zu sein. Der Treulose ! glaubte er etwa noch jetzt, sie wieder versöhnen zu können ! Nie und nimmer ! RoseMarie verdoppelte ihre Schritte, ohne sich um zusehen. .Rose.Marie ! RoscMa ( rie !" tönte es hinter ihr her. .Wage !eS nicht, mir zu folgen!" schrie fie zu rück und griff nnwillkürlich in die Zasche, wo sie nach Landesdrauch das Winzermesser mit der starken gekrümm ten Klinge trug. Da faßte fie ein Mannerarm um den Leib. Halb ohn mächtig vor Zorn und Schmerz, schlug daS beleidigte Mädchen um ftch. Ein lauter Aufschrei ertönte, der Mann brach zusammen. Als RofeMarie sich umwandte und auf den hingeftürzten Körper blickte, schrie sie laut auf. Bei'm blassen Mondschein starrten sie zwei halb ge brachen? Augen an. Aber diese Augen gehörten nicht dem treulosen Geliebten, sondern seinem Vetter. Sebastian Char leg, und sie. Rose 'Marie, war eine Mörderin! Da brach die unglückliche Braut wie von einem Schusse getroffen dicht neben ihrem unschuldigen Opfer zusammen. In diesem Augenblick stürmte ein anderer Mann heran. Es war Sebastian Paul, der wohl bemerkt hatte, daß zuerst die verhöhnte Geliebte und gleich nach ihr sein verhaßter Vet ter den Saal verlassen. Wollte dieser Schleicher etwa sein Nachfolger werden? Nie, so lange er noch lebte! Und der ergrimmte Paul stürmte hinter drein, um zwei leblose Körper anzutref fen. Einen Augenblick verlor Se baftian daZ Bewußtsein; dann als erleuchtete ein Blitzstrahl fein Inneres wurde ihm alles klar. Rose . Marie hatte ihn selbst zu tref fen gewähnt. Sie war eine Mör denn, aber eine unschuldige I Er allein war schuld an dem grenzenlosen Un glück; deshalb wollte er diese Blutthat aus ftch nehmen und die Geliebte vor dem Galgen retten. Sebastian riß das Winzermesser aus der Wunde und schleuderte eS in die rauschende Baus sole. Er kniete neben seinem Vetter und horchte auf den entfliehenden Athem, ohne zu merken, daß hinter seinem Rücken inzwischen die Männer und Frauen, die den lauten Todesschrei deS getroffenen Opfers gehört, angelaufen kamen. Er schien ihre Anwesenheit erst zu bemerken, als sie ihn bei den dluti gen Kleidern ergriffen, ihm daS entsetz liche Wort .Brudermörder!" in'S Ge ficht schleuderten und ihn in'S Gefäng niß abführten. Die Mädchen trugen unter lautem Wehklagen die ohnmäch tige Rose-Marie in'S HauS, während die Männer den starren Körper Scba ftian Charles' nach feinem Hofe brach ten. Vor dem Cantonrichter gab Se baftian Paul bezüglich seiner Schuld theils nur halbe Antworten, theils schmieg er, wenn Umstände an den Tag traten, die gegen seine Thäterschaft sprachen. DaS Messer in seiner Tasche war nicht blutig, obgleich seine Hände befleckt gewesen. Auch hatten die übri gen Genossen den Schrei eher gehört, als wie Sebastian Paul mit seinem Vetter hatte zusammen getroffen sein können. Wie war daS zu erklären? Der Beschuldigte schwieg hierauf. Ader die ewige Vorsehung schien andere Zeu gen zum Sprechen aufzuerwecken. Gegen alle Erwartung erlangte der tödtlich verwundete Vetter das Bemußt fein wieder. Seine starke Natur ge wann die Oberhand, er genas lang fam. Als er erfahren, daß fein Vetter wegen TodtschlagS verhaftet worden, biß er die Zähne zusammen und fragte nach Rose.Marie. Diese lag noch immer in wilden Fiederphantafte'n und sprach irre, so daß Alle an ihrer Gene sung zweifelten. Aber eineS Morgens erhob fie sich; ihre Sprache klang matt, aber ihre Vernunft schien sie wiederge Wonnen zu haben. Sie sprach sofort vom verflossenen Feste und begehrte Auskunft über die Geschehnisse nachher. Vorftchtig gab man ihr Bescheid. Sie hörte Alles ruhig mit an, dann schloß sie die Augen und betete leise für sich Sie wußte, was sie mußte, was sie zu thun hatte. Ein seliges Empfinden durchströmte ihre Brust; sie hoffte auf die Gnade GatteS. da fie die Treue ihres Geliebten erkannt, der für ihre Schuld in'S Gefängniß gegangen war. Als Rose-Marie genesen, begab fie fich zu erst in'S Gefängniß, wo man ihr eine kurze Unterredung mit dem gefangenen Geliebten gestattete. AIS fie allein waren, fiel Rose-Marie auf die Kniee und küßte seine Hände. .Du bist rein! Und mich hat die Gnade deS Himmels vor einem Morde geschützt. Er wird un? weiter helfen!" Hierauf suchte daS muthige Mädchen den kranken Se baftian Charles auf und bat ihn. sie anzuhören. .Ich liebe Deinen Vetter mit unerschütterlicher Kraft. Du kannst un Beide glücklich oder unglücklich machen, wie es Dir wohlgefällt. Du weift, daß Sebastian Paul unschuldig ist. WaS wirft Du dem Richter sagen? Morgen wird er Dich als Zeuge vernch men. Bete zu Gott, daß er Dcme Seele erleuchten möze, und Paul und ich wollen unser Leben lang für Dich beten!" Am nächsten Tage wurde Sebastian Charles zum ersten TtiU vernommen. Er bekundete, daß er fich die Wunde aus Verzweiflung selbst beigebracht, da Rose-Marie seine Bewerbungen zurück gewiesen. Der Cantonrichter gab ihm die Hand. .Gott allein ficht in die Herzen der Menschen, aber ich will dieses Zeugniß für wahr halten. Dein Vetter ist unschuldig: geh', bring' ihm selbst die Botschaft seiner Freiheit!" Kurz darauf ging RofeMarie. gelei tet von den beiden Vettern, in die Ka pelle, und Sebastian Charles übergab selber seinem Vetter die Braut. Der )ubi!äumS'Redner. Frau Schmadder stand, den PZarkt korb am Arm, zum Ausgehen bereit, während ihr Gatte am Schreibtisch saß und eifrig in einem Manuscript las. ES war eine unglückliche Idee von Dir." sagte die Frau, .daß Du auf Grund Deiner Ehrenmitgliedschaft die JudiläumZrede im Vergnügungsoerein übernahmst, Schmadder Schwad der!" .Wie? WaS? Sagtest Du etwas?" .Ich sage. Du läßt Dich von Deinem Ehrgeiz zu sehr verblenden. Wie kannst Du die Rede halten, da Du doch schwer hörig und im höchsten Grade zerstreut bist!" Nun, der Beifall wird hoffentlich so laut sein, daß ich ihn hören kann, und meine Zerstreutheit soll mir Nichts an haben, deshalb lerne ich eben Wort für Wort auswendig." .Wenn auch! Nun. ich gehe jetzt auf den Markt. DaS Dienstmädchen nehme ich mit. Schließ Dich nur ja ein und laß Niemand herein, so lange ich fort bin, ehe Du Dich durch daS Guckkenster überzeugt haft, wer eS ist." .Schön, schön!" .Und dann noch eins: in der Küche steht das Schmorfleisch auf dem Feuer. Sieh doch ab und zu, daß eS nicht an brennt." Schmadder versprach alle? Gute, und seine Frau entfernte fich. Statt aber seinem Versprechen gemäß die Thüre abzuschließen, begann Schmadder. ftch seine Rede laut varzudeklamiren: Hochverehrte Anwesende! Ein denk würdiges Ereigniß wollen wir heute feiern, da? ftch ja selten im Leben er eignet." Dieselben Worte wiederholte er laut, dann auS dem Gedächtniß leise. Dar auf fuhr er fort: .Nehmen Sie DaS. waS ich an dieses Ereigniß knüpfen will, freundlich auf und behalten Sie meine Worte in Ihren Herzen." Während Schmadder, an seinem Schreibtisch fitzend der Thür den Rücken zuwandte und den Satz wiederholte, öff nete ftch die Thäre und eine fragwür dige Gestalt murmelte, den Kopf her einsteckend : .Ein armer Reisender " .Nehmen Sie DaS " citirte Schmadder laut, während er die übri gen Worte vor fich hin murmelte, ,neh men Sie DaS " dabei machte er eine ausdrucksvolle Geste mit dem Arm nach einem Kleiderständer hin. der ftch an der Seitcnmand deSZimmerS befand. Der 'arme Reifende" folgte der Rich tung de? ArmeS mit den Augen. .Ach, wirklich? Den guten Rock wol len Sie mir schenken?" Nehmen Sie Das " .Ja. wenn Sie erlauben " Und behalten Sie DaS....' .Tausend Dank, lieber Herr!" Und der .arme Reisende" war mit dem Rock verschwunden, ohne daß Schmadder eine Ahnung von seiner Anwesenheit ge habt hätte. Aber nicht ganz vergaß er die Mah nungen feiner Frau. Weniger sein Gedächtniß, als sein Magen erinnerte ihn daran, daß Schmorfleisch auf dem Feuer stand. Er ging in die Küche, und nachdem er die Hälfte deS Fleisches in seiner -Zerstreutheit aufgegessen hatte, kehrte er zu feiner Rede zurück und las weiter : .Möze uns alle ein Geist der Ver söhnung an diesem schönen Festtag be herrschen. Wie sagt doch unser großer Schiller: .Unser Schuldbuch sei ver nichtet." .Guten Morgen, Schmadder," sagte Huhlke, ein guter Bekannter, eintretend, ziemlich laut. .Möe nnS Alle ein Geist der Ver söhnung " Hm! Er bemerkt mich nicht." mur melte Huhlke. jetzt will ich aber etwas sagen, worauf der schlaue FuchS sofort antworten wird. Hör' doch. Schmad der! ich bringe Dir die hundert Mark wieder, die Du mir vor zwei Jahren borgtest. Du hast mich oft genug ge mahnt " Unser Schuldbuch sei vernichtet!" .He? Was sagst Du?" .Unser Schuldduch sei vernichtet!" Spaßvogel! willst Du wirklich die Schuld streichen ?" .Unser Schuldbuch sei vernichtet!" .Run. dann nehme ich eS mit Dank an. brav? Seele, leb' wohl!" Schmadder fuhr unbeirrt in seiner Rede fort : .Kein Störenfried soll unser schönes ich darf wohl sagen Familien leben vernichten. Einen solchen verban nen wir mit aller Energie. Hinaus mit ihm!" Ein schüchternes Klopsen ertönte an der Thüre, und als nach mehrmaliger Wiederholung desselben keine Antwort erfolgte, trat leise ein junger Mann ein und blieb, ftch verbeugend an der Thüre stehen. Guten Morgen. Herr Schmadder sagte der junge Mann, der übrigens Kurz hieß und Provisor in der Apo theke war. Daß Herr Schmadder ihm den Rücken zuwandte, war ihm einer seitS unheimlich, andererseits erfüllte eS ihn mit Genugthuung, da er nun freier sprechen konnte. .Verzeihen Sie, wenn ich störe; aber ich halte den gegenwärtigen Augenblick gerade für geeignet. da Ihre Fräu lein Tochter zum Besuch in der Nach Karstadt ist, ich erlaubte mir, mich an daS Fräulein schriftlich zu wenden, und erhielt die beglückende Zusage. Nun eilte ich hierher auf den Flügeln der Liebe darf ich hoffen, daß Sie mir die Hand Ihrer werthen Fräulein ' .Hinaus mit ihm!" Der arme Provifer fuhr erschrocken zurück. Kein Störenfried soll unser schönes ich darf wohl sagen Familienleben vernichten wollen " .Allerdings, Herr Schmadder, aber ich hatte nicht die Absicht Einen solchen verbannen wir mit aller Energie " Sie weisen mich also zurück?" Hinaus mit ihm! Hinaus mit ihm!" deklamirte Herr Schmadder mit echtem Feuer, so daß der Provisor sofort den Rückzug antrat. Ganz von Festesfreude beseelt" fuhr Schmadder in seiner Recitation fort, als seine Gattin zurückkehrte. WaS haft Du nur wieder angerich tet!" waren ihre ersten Worte. .Ganz von Festesfreude beseelt, ganz ganz " Was? Ich eine Gans?" schrie Frau Schmadder, ihren Gatten am Kragen packend und ihn schüttelnd. Dadurch kehrte der Redner wieder in daS gewöhn liche Leben zurück. .Ah, Du bist es.... Darum'. Mir war es immer, als hörte ich Jemand sprechen." Abscheulicher Mensch! - Wer weiß, wie lange warten wir schon daaauf. daß der Herr Provisor Kurz um unsere Tochter anhalten solle, und jetzt treffe ich den armen Menschen auf der Straße und höre, daß Du ihn einfach hinaus geworfen haft." .DaS hat er geträumt keine Idee, ich versichere Dir ." Und der Huhlke sagte mir. Du hät test ihm die hundert Mark geschenkt, die er Dir so lange schuldig war." Keine Ahnung! Sind denn die Men schen alle " Und als Frau Schmadder weiterhin die Entdeckung machte, daß der neue Rock ihres Gatten gestohlen, sowie daß da? Schmorfleisch zum Theil aufgeges sen, zum Theil angebrannt war, schwor sie hoch und theuer, ihren Mann nie mals mehr allnn in der Wohnung zu lassen, besonders nicht, wenn er Jubi läumSreden einftudtrte. Eine Erinnerung an Berlins gröhte Schmach könnte man so schreibt eine Berliner Zeitung eine Verordnung nennen, welche übrigens zugleich von einer menschlichen Regung unserer damaligen Bedrücker Zeugniß ablegen dürfte. DaS Dokument lautet wörtlich nach dem Original: TageS-Befehl vom 8. No vember 1806. Der General-Komman dant der Stadt hört täglich darüber1 Beschwerde führen, daß französische Militärs und bei der Armee angestellte Offizianten durch Drohungen und sogar durch Thätlichkeiten mebr von ihren Wirthen zu erhalten suchen, als diese ihnen zu geben im Stande sind. Durch dieses unbescheidene Betragen baden sie; Veranlassung gegeben, daß sich bei den Einwohnern schon jetzt Mangel zeigt, und es ist zu fürchten, daß den hier befindlichen Truppen der erforderliche Unterhalt ferner gar nicht mehr wird gereicht werden können. Um diesen Mißbrauchen abzuhelfen und die unbe scheidenen Forderunzen mancher Mili tärs und Armee Offizianten, welche denjenigen zum größten Nachtheile ge reichen, welche bescheiden ftch in die Lage ihrer Wirthe fügen, zu de schrän ken, hat der GkNkral'Kommaiidakit be sohlen und befiehlt hiermit, daß jede Militär und jede zur Arm gehörige Verfon. welche bei einem Bürger in Quartier liegt, verbunden ist. die ge wöhnliche Mahlzeit, welche dieser nach seinem Stande und Vermögen halten kann, mit ihm zu theilen, und unter keinerlei Vorwand mehr verlangen darf. Ein Jeder, welcher sich erlauben wird, dieser Verordnung entgegen zu handeln, soll sogleich auf das Strengste bestraft werden. Die Chefs der Korps, welche hi,r in Garnison stehen werden, find gehalten, diesen Befehl in drei auf ein ander folgenden Tagen, jedesmal nach ihrer Ankunft, beim Appell vorlesen zu lassen, und weiden die Hand dazu bie ten, daß keiner von den in Kasernen einquartierten Soldaten bei den Bür gern LebenSmittel fordere, indem die Magazine damit versehen find. ES ist ebenfalls unter ftrenafter Ahndung ver boten, die Bedürfnisse jeder Art. welche auS den Magazinen geliesert werden, zu verkaufen, die Verkäufer sowohl all die Käufer sollen arretirt und nach den Gesetzen bestraft werden. Die Anfüh rer der Patrouillen, die Schildwachen, die Adjutanten der Stadt und die Poli zei Offizianten werden für die AuS Übung deS Befehls Sorge tragen. Der General-Kolonel der kaiserlichen Grena dier-Garde und Kommandant von Ber lin. B. Hulin. liner der hervorragendsten englt schen Komiker, William Blakeley, von dem eine Unzahl luftiger Schnurren und Schwänke er zählt werden, ist soeben in London ge storben. Blakeley war vor Allem wegen seiner drolligen Einfälle, seiner witzigen Extempores berühmt. So treffend und urkomisch pflegten diese Improvisationen zu sein, daß viele als dauernder Bestand in die betreffenden Stücke übergegangen find, ohne daß die Verfasser Gelegenheit gehabt hätten, fich über solchen Zuwachs zu beklagen. So hatte er zum Beispiel, da er in den luftigen Bauern" einen Landdefltzer spielte, der sein Gütchen verkaufen wollte, an den Reben feines weinum sponnenen HauseS eine Fülle von wei ßen und blauen Trauben angebunden, und bewies nun so dem Käufer die Fruchtbarkeit seiner Weinstöcke ; und als der Kaufluftige ihn fragte, ob die Gegend auch Gesund?" erwiderte er mit einem Extempore, das viel Lachen erregte .so gesund, daß alle Kirch höfe der Nachbarschaft bankerott ge macht haben!" Blakeley stattete einst Henry Jrving einen Besuch ab. und fand den großen Mimen dabei, einen Knaben, den er auf dem Schooß hielt, mit Pflaumenmus zu füttern, der artig, daß bald das ganze Gesicht des KindeS über und über beschmiert war. ES war daS ein Junge von der Straße, der Jrving wegen seiner freimüthigen Plauderei sehr gefallen hatte und die sem anvertraute, er möchte für sein Leben gern einmal fich an Pflaumen mus fo recht satt essen. Jrving nahm ihn in'S HauS und fütterte ihn mit die ser Leckerei, bis das Kind einen ganzen Topf voll geleert hatte und nicht mehr konnte. Aus dem musleckende Knaben ist übrigens nachher Jrvings bester Charaktcrspieler am Lyceumthea ter., Frank Coopcr, geworden. Dem schwäbischen Tchillerverein find für das zukünftige Archiv wieder bedeutende Stiftungen zu Theil gewor den. Zur Ergänzung der bei Grün dung deS Vereins diesem gestiftete Handschriftensammlung ist eine weitere von über 600 Nummern übergeben worden. Diese enthält wieder zwanzig Briefe deS Dichters, Briefe der fämmt lichen Angehörigen der Familie Schil ler, Briefe der Gattin, der Familie Wolzogen, der Freunde des Dichters und zahlreicher Persönlichkeiten, mit denen er Beziehungen hatte. Eine wei tere Stiftung umfaßt den literarischen Nachlaß Bertbold Aueibachs, der in Entivürfen, Manuskripten u. s. w. die ganze Schaffensperiode dieses Schrift stellers umfaßt, hierzu vielfach Unge drucktcS und Unvollendetes, darunter auch daS Fragment der Lebenserinne rungen". Auch Notiz und Tagebücher befinden ftch dabei. In der zugehörigen Briesfammlung ftnd einige hundert Biiefe dcS Dichtn? selbst und gegen 3000 Briefe an Auerbach vertreten. Ferner hat d'e SchillerBidliothck eine wesentliche Vermehrung erfahren durch eine nahezu abgeschlossene Sammlung der ersten uno anderer wichtiger AuS gaben der hervorragenden schwäbischen Dichter und Schriftsteller von Schu bart an. kogisch. .Vater, kann mich der Lehrer bestra fen für Dinge, die ich gar nicht gethan habe?" .Gewiß nicht, mein Junge." Na, dann brauche ich ja meine Schularbeiten nicht zu machen." Auch noch. Hausfrau : .Was haben Sie denn da in dem großen Koffer drin, Marie?" Dienstmädchen : Dadrin liegt mein Bücherschatz." Hausfrau: .Was. einen Bücherschatz haben Sie auch noch?"