Per Doppelgänger. V!Uiäih"mosrokk von ermann ?eisch'k, LaZ zweite Bataillon eines Branden durgischkn Jnsanterie RczimkniZ war ach der kleinen Fest an; K. vcrst wo: den; Uiy.lbt hatte bisher und feit lun $en Jahren in einer Kreisstadt der Pro. vin, gestanden und dase'.bft ein gemMH licKeZ und beschauliche Dasein gefühlt. denn eZ gab dort weder eine Kaserne. ock bode Borzesedte und nichts von lledem. was eine größere Garnison oft recht ungemüthlich machen kann Nun machte die Festung tt. kemesmegS den Anspruch, eine größere Garnison sein wollen, denn eS standen daselbst außerdem nur noch ein Bataillon eines anderen Jnfanterie'ZiegimentZ, sowie Festung? Artillerie Kompagnie, aber dennoch fanden weder die Offnere, noch die Mannschaften diesen armjonmechiel nach ihrem Ge chmaa. Bor allen Din, gen war es der Wachtdienft in der Festung, welcher ihnen äußerst fatal war. Während in der alten, heimathlichen Garnison täglich nur eine einzige, un bedeutende Wache aufzog, welche HSch ftenö drei Posten stellte, so daß Monate vergingen, ehe man wieder daran kam, bedürfte es in St. zur Besetzung aller Wachen und Posten taglich einer ganzen Kompagnie, so daß man fast jede Woche einmal aus Wache ziehen mußte. Dies war weder den Hauplleuten angenehm, welche auf diese Weise in der AuSdil dung ihrer Kompagnien recht empfind' lich gestört wurden und außerdem den ungewohnten Dienst eineS Offiziers äu iour versehen mußten, am allerwenig sten aber den Lieutenants, welche bisher vom Nacht-Ronde'Dienft absolut keinen Schimmer hatten und nun in dieser ganz fremden Garnison abwechselnd Nächte lang die sieden Wachen und zahlreiche, zum großen Theil recht ent sernt und versteckt liegende Posten revi diren mußten. Mit der alten Gemüthlichkeit war eS zu Ende; daß aber diese neue Situation geradezu ungemüthlich wurde, dafür sorgte der Festung? Kommandant. Oberstlieutenant von Schleichwih. Dies war ein kleiner, alter Hnr. mit einem Ileinen, eingetrcckneten Gesicht, auf welchem ein Lächeln selten zu erblicken war. Er ließ die ihm anvertraute Festung auf das Peinlichste bewachen, der Wachtdienft war seine Spezialität, und feine einzige Sorge ging dahin, daß derselbe richtig versehen wurde. Mit dem ihm neu überwiesenen Ba taillon, welches, wie er sehr bald be merkte, vom Feftungsoienft nichts kannte, war der Kommandant sehr un zufrieden und er machte daraus auf den täglich stattfindenden Wachtparaden kein Hehl, indem er dem BataillonSkomman deur, Maior von Dorpitzki, fortwährend Klagen und Beschwerden vortrug, welche darin gipfelten, daß seine jungen Lieu tenantS viel zu flott lebten und dabei den Dienst vernachlässigten. Im Fkstungsdienft verlange ich auch im Frieden die äußerste Gewiffenhaftig seit, Herr Major," sagte er bei solcher Gelegenheit eines TageS bei der Wacht Parade. Ihre jungen Herren scheinen mir aber diese ernste Sache als Spielerei zu betrachten Mich läßt die Sorge um den Dienst die Nacht nicht schlafen; ich überzeuge mich wiederholt, ob die zungen Herren ihre Nonden gewissen, haft gchen ich gehe ihnen nach, aber ich kann versichern, daß selten einer seine Schuksigkeit thut Also, bitte. machen Sie den Herren Vorhaltungen und bedeuten Sie ihnen, daß ich sehr bedauern würde, wenn ich Strafen der hängen müßte." , So ungefähr lauteten die sich oft wie verholenden Klagen des alten Kommas . danten, und auch heute hatte er dem Major dasselbe Lied gesungen. .Sehen Sie da, Herr Major, Ihre beiden Lieutenants, die beiden Gebrüder von Hcpiie, einer ficht aus wie der andere und einer ist so leichtsinnig wie der andere. den Rondedicnst versehen beise gleich unpünktlich. Einer von Beiden hat heute die Ronde. ich kann die beiden jungen Herren nicht von ein, ander unterscheiden; bitte, warnen Sie den Lew ff enden." Der Major sagte lächelnd zu; wußte er doch 10 gut, alZ das amt Oiniier korps. daß der Oberstlieutenant die bei den Ll-utenantS von Hoppe lehr genau unterjchndm konnte, da dcr jüngere von beiden seiner schönen und guten Tochter sehr erfolgreich die Cour machte, was dem Bater keineswegs angenehm war da er den flotten Lieutenant nicht leiden konnte. Nachdem der Major sich seines Auf trageS in wohlwollender Weise ent ledigt hatte und die Wachtparade vor. über war. gingen die beiden Gebrüder , von Hoppe in ihre gemeinschaftliche Wohnung, um den Paradeanug zu wechseln und über die soeben erhaltene Borhaltung ihre Anficht auszutauschen. Die beiden Helden unserer Geschichte waren sechZundzwanz''g und vierund zwanzig Jahre alt. von schlanker Figur, dunkelblondem Haupthaar und hatten hellblonde, wehende Schnurrbärte, so daß einer in der That aussah, wie der andere. Sie waren beide gleich lebens lustig, ohne gerade leichtsinnig zu sein, und da ihr Vater ein wohlhabender märkischer Rittergutsbesitzer und ehe. maliger Offizier war, so fanden ihre Bedürfniffe bei demselben hinreichendes Verständniß und genügende pekuniäre Unterstützung. WaS wollten fie mehr?. Bei den Kameraden ihres heiteren undj ritterlichen WeserS wegen hochdeliedt, bei ihren speziellen Vorgespielt alZ schneidige und tüchtige Cspjtcie in bestem Ansehen stehend, war ihnen die Nörgelei dcS allen Kommandanten höchst gleichzeitig und nur in sofern unange Nkdm. als fie ihnen die .-mbthlichktit ftöitk. Wenigstes bei Max, dem ü?te. ren Bruoer. wor dies einzig und allein dcr Fall, während sich bei HanS. dem jüngeren Bruder, nachdem er sich seiner wahie Liede gegen Fräulein AgneZ von Schleichwilj. der Tochter deS Kom Mandanten, völlig bewußt geworden war, doch ein recht empfindliches Gefühl der Undehaglichkeit hinzugesellte. da er fich sagen mußte, daß die Aussicht auf Erfüllung seiner Wünsche mit der zu nehmenden Adgeneigthcit deS BaterS seiner Geliebten mehr und mehr in weite Ferne entrückte, ja wohl gar gänzlich dahinschwand. .Die Geschichte muß ein Ende neh men," sagte HanS. cli beide Brüder in ihrer Wohnung behaglich beieinander saßen. .Welche Geschichte. HanS?" fragte Mo; und dlieS künstliche Ringe aus seiner Cigarre in die Luft. .Meinst Du die Ronden?" .Ich meine Beides!" erwiderte HanS lakonisch, indem er ebenfalls blaue Wölkchen von sich blies. .Beides? Ich verstehe Dich nicht." .Herr Gott." schrie HanS ungedul big auf. .thu' doch nicht, als müßtest Du von nichts! Spiele hier nicht den Stockfisch. Mensch! Um zwei Dinge bandelt eS sich; zunächst allerdings um Deine heutig? Rande, von der ich gewiß weiß, daß sie Dir der geehrte Komman dant wieder auf Schritt und Tritt nach' schleichen wird, denn er kann in der Nacht nicht schlafen und macht sich ein Vergnügen daraus, erröihend unseren Spuren zu folgen. Da Du nun jeden falls wieder irgend eine Dummheit machen und einen verborgenen Posten vergessen wirst, so find Dir drei Tage Stubenarrest sicher, denn waS er unS heute versprochen, daS hält er sicher, darauf kannst Du Gift nehmen. Ich aber habe keine Luft, unter Deinen Dummheiten zu leiden." .Na erlaube 'mal, HanS," entgegneie Max lachend, .Dir kann eS doch ganz egal fein, wenn ich brummen müßte." Allerdings," eiferte HanS weiter, das könnte eS; aber ich mag nicht dar unter leiden und meine AgneS soll nicht darunter leiden. Der Alte wird uns dadurch nvch mehr Feind und schließlich wirft er mich zum Tempel hinaus." Das kriegt daS alte Heupferd fer tig," stimmte Max bei. Erlaube 'mal, Max." sagte HanS, Heupferd ist doch wohl nicht der rich tige Ausdruck; bedenke, Du sprichst von meinem zukünftigen Schwiegervater." Ganz recht!" lachte Max. wir wollen daS nicht öffentlich auZfprechen, fondern als Famillengeheimnitz betrach ten. Ich verstehe nur immer noch nicht, was Du beabsichtigst, wie Du die Arrest gefahr von mir abirenden und Dir gleichzeitig daraus einen Nutzen verfchaf- en willst." , Das letztere ist mir auch noch nicht ganz ltar, aber ge fliehen muß etwas. sagte HanS. .Wir müßten versuchen, ihn für unS milder zu stimmen, viel leicht gar zu Dank verpflichten ." Du kannst ihm la auf Deiner Pickel flöte ein Ständchen bringen und wenn er dann in gelinde Berzweistunz ge räth, hörft Du auf und rettest ihn vor dem Aeaßersten." bemerkte Max, auf die etwas zweifelhafte musikalische Ader seines Bruders anspielend. Dir fehlt, wie ich Dir schon oft be- merkt habe, ledwedeS Verständniß für die Kunft. Nichts desto weniger bringt mich Deine wegwerfende Bemerkung auf eme Idee. Er hat eine Idee!" rief Max hoch- belustigt. Heraus damit, geliebter Bruder und Kamerad!' Famose Idee sogar, lächelte HanS, sich hochdcfricdigt in feinem Sessel aus streckend. Höre mal zu und sage dann selbst, daß ich ein Kaptallerl bin. Da keiner von uns den geehrten Schmieger Vater in spo auS dem Wasser zieh oder aus emcr sonstigen Gefahr erret ten kann, denn ins Wasser geht er nicht und in Gefahr begiebt er sich nicht, so müssen wir ih.i anführen und ihn ein wenig blamiren ; ist dies geschehen, dann schwören wir ihm ewige Ver schwiegenheit und hallen den Schwur solange er fich fiepen unZ anständig be nimmt, und dabei denk ich ihm seine nächtlichen Spaziergänge abzugelröjnen und mir die unvrgiingtiche Dankbarkeit aller in hiesiger Festung rondethuenden Kameraden zu erwerben, für mich selbst aber den Hauptvogel adzujchießen und die Braut einzuholen." Junge, wenn Du daS fertig kriegst, soll Dir selbst Dein unglückseliges Flö tenfpicl vergeben sein! ' rief Mcx auS. Warte nur. auch Imrübec sollst Du nicht mehr spotten." erwiderte HanS. DaS soll auch eine Rolle dabei spielen. Mein Plan ist fertig, höre : Du gehst heute Abend Deine Ronde wie ge- wöhnlich und kaanft ganz sicher sein. daß der Kommandant hinter Dir drein schleicht, wie er daS schon oft gemacht hat. Ich setze mir den Helm auf uud schleiche hinter Euch drein ; am Eingang zum Bastion 2 vor der langen Brücke verstecke ich mich hinter dem Thor, und wenn Du dort vorübergehst, kommst Du zu mir und löst mich ab. Dann bin ich Du und locke den alten Schlei- cher irgendwo hin. wo eine Ronde nichts zu suchen bat, während Du. sobald wir außer Sicht sind. Deine Ronde weiter abgehst, alle Wachen und Posten auf daS gewissenhafteste rcvidirft und Dir. der Sicherheit wegen, die Zeit jeder ein zelnen Revision und die Namen aller revidiiten Posten sorgsam notirst. Wir tieften unS dann riach vollbrachter Thut bei Kleist i:: der Weinstube und warten dann rulzia cd, was sich morgen daraus tnlxiiüi." fcuns. Du bist ein großer Mann oder " rief Max lachend und erfreut auS. Weiß schon, klnne meinen Schiller auch." erwiderte HanS. .Wirft wohl nun endlich einsehen, daß auch ein jüngerer Bruder waS werth ist." Die beiden brüderlichen Attentäter besprachen ihr Projekt nun noch auSs ühr licher und gingen dann hochdefriedigt zum MiltagStlsch, wo sie in Gesellschaft fröhlicher Kameraden die fröhlichsten waren. AIS auf den Thorwachen um neun Uhr AbendS der Zapfenstreich getrom melt und geblasen war, machten sich die beiden Brüder, welche den Abend über ganz ausnahmsweise zu Hause geblieben waren, fertig um ihren Plan zur AuS führung zu dringen. ES war Mitte Oktober, der Abend war neblich, die Luft jedoch noch immer lau und milde, so recht ein Wetter für daS beabsich tigte Vexirfpiel. Die beiden Brüder wohnten am Marktplatz unweit der Kommandan tur und konnten von ihren Fenstern daselbst ganz genau beobachten, wer daselbft ein und ausging ; unweit der Kommandantur aber, in einem abge legcnen Seitenflügel des alten Schlos seS, befand sich das FeftungSgefüngniß und das Arreftlokal für die Garnison, woselbst eine besondere Wache ftationirt war. Die Revision derselben, sowie der Gefängnißlokalitüten und Arrest zellen mit ihren Bewohnern, war eine besondere Aufgabe der Rondeoffiziere, und da dieS nicht unerhebliche Zeit in Anspruch nahm, so begannen dieselben in der Regel damit ihren Nachtdienst. Da nun der Kommandant den Heraus ruf deS Postens vor dem Gewehr in seiner Wohnung ganz genau hören konnte, so wurde er dadurch in Kennt niß gesetzt, daß der Rondeoffizier seinen Dienst begonnen hatte und eS war ihm nun leicht gemacht, die Revision daselbst abzuwarten und den weiteren Schritten desselben zu folgen, sofern dies in sei ner Absicht lag. Da nun der Lieute nant von Hoppe I auf der schwarzen Lifte deS Kommandanten stand, so hatte letzterer heute Abend fich borge nommen, den Dienst deS jungen Offi zierS genau zu kontrollieren und verließ daher, mit einem alten Mantel und einer noch älteren Mütze bekleidet, feine Wohnung, deckte fich, wie er dies bei solchen Gelegenheiten stets zu thun pflegte, hinter einer Steinsaule deS Vorbaues und wartete dort, bis der Betreffende inS Freie trat, um dann den weiteren Schritten desselben zu fol gen HanS von Hoppe beobachtete dieS alles von feinem Fenster auS und verließ, als er bemerkte, daß fein Bru der quer über den Markt ging und der Kommandant längs der Häufer ihm nachschlich, mit Helm und Paletot be, kleibet, das HauS, um fich auf dem nächsten Wege nach der verabredeten Stelle am Bastion 2 zu begeben und dort seinen Bruder zu erwarten. Er mußte mit seinem Programm sehr zu frieden sein, denn er lachte schließlich laut aus und wurde mitten in dem lau ten Aukdruch seiner Heiterkeit von sei nem ankommenden Bruder unter brachen. uyig, ,agie dieser, er ist gar nicht weit von hier und hat fich hinter einem vor dem Adler" stehenden ffrochtwagen versteckt, mache nun. daß Lu sortlommfl." FamoS." lachte HanS. ES glückt alles vortrefflich ; sobald ich fort bin und den Alten hinter mir dreinfchleppe, machst Du kehrt, gehst über die lange Brücke nach Pulver chuppen 6 und der Henker soll mich holen, wmn er Deine Spur wieder findet. vergiß auch Lünette rechts und links nicht und schreibe Dir Deine Zeugen auf aoieu, um iz Uhr bei Klei und. wie es in den Briefen gewöhnlich so schön beißt: alle Uedrige mündlich Damit ging er in gemessenem Linfllchriit aus die Straße, that erst. als wolle er den nächst gelegenen Posten rev,duen. schlug aber plötzlich den Weg zum Thore hinaus ein und betrat sodann mit deh,iqttchcn Schritten die Promenade deS GiaciS, nicht ohne sich zu vergewi! strn, daß fich der Komman dant in gemessener Entfernung hinter ihn, befand. Letzterer nun war außer sich ; denn eme derartige grobe Ver nachlüssigung deS Königlichen Dienstes war ihm in seinem Leben noch nicht vorgekommen und noch dazu heute, wo er unter ernstlicher Strafandrohung ge rade diesen Offizier hatte verwarnen lassen. Die Wachen und Posten der Garnison waren nvch nicht zur Hälfte revidirt, bis Mitternacht mußten sie. einem Befehle gemäß, sämmtlich revi- diert sein und eben hatte es vom Kirch- thurm elf ein viertel Uhr geschlagen. Dieser junge Mensch da aber that, als sei ihm das alles furchtbar Wurst und ha. was ist das I da fetzt er sich sogar ganz gemüthlich auf eine Bank, zündete fich eine Cigarre an und thut, als sei eS die schönste Maiennacht und er hä!te keinen Dienst und nichts weiter zu diesem entsetzlichen Dienstvergehen da durch ein Ende machen, daß er den harmloZthuendcn Rondeoffizierzur Rede tnllte? ES wäre die? wohl daS einfachste gewesen, aber er mußte sich doch s igcn, daß dabei seine nächtlichen Schleich.;ä:igi bekannt werden würden, und daß er, tirtz ieneS Diiftocraehcr.S. bei der ganzen Geschichte doch eine eigenthüm liege olle spiele. Er beschloß daher, sich gehörig und vorsichtig zu dicken und abzuwarten. waS denn eigentlich dcr sonderbare Nachtschwärmer da vor fich weiter beginnen werde ; so duckte er fich denn hinter die Büsche und wartete da eitere ad. selbst auf die Gefahr hin, fich einen tüchtigen Schnupfen zu holen Unser Lieutenant aber hatte Einficht genug, seinen Beobachter nicht unnöthi zu langweilen, sondern für sein Ver gnügen zu sorgen ; er holte seine getreue Pickelftöte aus der Paletot-Tasche und begann in schmelzendem, wenn auch etwa quietschendem Adagio die schöne Arie zu spielen : Mich verlassen alle Freuden." Der Kommandant war starr vor Staunen und Empörung. Nein, etwas geht über die Hutschnur; fta Ronde zu gehen und Wachen und Posten zu revidiren, geht dieser Mensch inS GlaciS und quietscht auf der Pickelflöte, und noch dazu Mitte Oktober bei Nacht und Nebel !" .Dieser Mann muß verftSct sein. murmelte er sich v?r sich hin. DaS ist ja geradezu Wahnsinn, daS ist ohren zerreißender, gepnffener Blödsinn!" ES kam aber noch besser. Nachdem der verliebte Lieutenant feinem zerrisse nen Herzen auf dcr Pickelflöte Luft ge macht hatte, steckte er dieselbe wieder ein und begann Heine'S berühmtes Ge dicht Erklärung" vor sich hin z l dekla, miren. Mit jedem Verse aber kam er mehr in Ekstase, bis er endlich von der Bank aufsprang und laut gegen die Stadt hin den SchlußverS deklamirle thun, als auf die Lieder der Nachtigall zu lauschen. DaS ungefähr waren die Gedanken deS Oberstlieutenants von Schleichwitz. Was aber sollte nun werden? Sollte er Jedwede Nacht lodert alsdann Dort oben die ewige Flammenschrift, Und alle nachwachsenden Enkelsge schlechter Lesen jauchzend die Himmelsworte Agnes, ich liebe Dich !" Er in verrückt oder verliebt, muv melte der Kommandant, der staunend zugehört hatte. Vielleicht ist er beides Nun, morgen sprechen wir uns weiter, Herr Lieutenant von Hoppe I" es mittlerweile Mitternacht ge schlagen hatte und die Rondezeit vor über war, so hatte der Kommandant seinen Zweck erreicht und durfte fich nunmehr vorsichtig rückwärts konzen, triren. was denn der freundlichen Kon, Zeitgeber, dem der Witz zwar unendlich Spaß gemacht hatte, der aber doch recht froh war, feinen etwas kühlen Aufent halt nun endlich verlassen zu können sofort nachahmte. Er ging zu Kleist, eme damals edr besuchte Wemnude. wo er nicht nur feinen Bruder sondern auch eine ganze Menge höchst fideler Kameraden antraf. Ein stummer Blick des Verständnisses belehrte letzteren, daß das Complott ganz nach Wunsch ge lungen set. Zufrieden mit ihren Erfolgen schlie fen darauf die Gebrüder Hoppe den Schlaf des Gerechten, während der alte Kommandant, trotz feiner Müdigkeit, denselben vergeblich herbeisehnte. Als er endlich ein wenig eingeschlummert war, regten gräßliche Träume ihn fie derdast auf. Ader die Stunde der Abrechnung und Bergeltung sollte nicht ausbleiben Kaum graute der Tag. da entsprang dcr alte Herr seinem Schmerzenslager, kleidete fich sofort dienstmäßig an und nahm zum Staunen seiner Frau und Tochter. daS Frühstück wider feine sonstige Gewohnheit hastig und schweig sam ein. Er sandte nach Beginn der Bureauftunde eine Ordonanz zum Sekonde'Lieutenant von Hoppe I mit dem Befehl, sofort bei ihm zu erfchei nen. Während HanS. der Hauptakteur in dieser Komödie dcr Irrungen, bereits eifrig Rekruten drillte, hatte Mar. da er des Nachts Rondedienft gehabt. Vor miiiaz :uye und war demnach zu Hause, als die Ordonanz ih n den Befehl deS Kommandanten überbrachte. Da er denselben erwartet hatte, so war er dere'tS angezogen und bereit, dcr Vor, ladung umgehend zu folgen. Nach oe, schehencr Anmeldung wurde er sofort von dem ausgebrachten Kommandan ten mit grollender Dicnstmiene empfan- gen. Herr Lieutenant von Hoppe." be gann der Oberstlieutenant sein Exa- men. 'sie hatten heute Nacht die Ronde, haben Sie dieselbe vorschristS- müßig gegangen?" Zu Befehlen. Herr Oberstlieute nant I" antworte Mar dienstlich kur,,, kn, Herr Lieutenant, entgegnete der Kommandant, indem er fich die erdenklichste Mühe gab, seinen Blicken etwas Durchbohrendes, Nieder chmetterndeS zu geben. ..ich hätte nicht geglaubt, daß meine noch gestern erlassenen erneuten Befehle und Mahnungen so gänzlich unbeachtet bleiben würden. Sie haben die Ronde nicht in vorschristSmäßigrr Weise ge gangen, Herr Lieutenant! Sie haben Ihren Dienst in ganz unverantwort licher Weise vernachlässigt!" Bitte um Verzeihung. Herr Oberst. lieutenant. ich" L?cheigen Sie. Herr Lieutenant! ES giebt hier keine Entschuldigung ; ich würde verzeihen, wenn Ihr Vergehen nicht geradezu empörend wäre, wenn Sie z, B. von Müdigkeit überwältigt. vor dcr Zeit Ihre Wohnung aufgesucht und den begonnenen Dienst nicht gaz zu Ende geführt halten. So etwas kann ja vorkommen. Ader im vollen Be wußtsein Ihre? DienstdergehenS. glich sam bohnlächsliid. jedenscUS bis zur Undertändlichleit üdcrmütdig " Aber. Herr Oberstlieutenant, ich verstehe Sie absolut nicht." rief Max von Hcppe. der sich MüZe gab. seine Heiterkeit zu verbergen. .Sie verstehen mich immer roch nicht, Herr Lieutenant?" rief der entrüstete Kommandant. Haben Sie sich nicht statt Ihren Dienst zu verrichten, in daS GlaciS gesetzt? Haben Sie nicht mit äußerstem Befremden muß ich eS fagen Mich verlassen alle Fremden' auf der Flöte gespielt, auf d s Pickelflöte noch dazu? Und dann, was sollte das Ge dicht mit dem blödsinnigen Inhalt, was sollte der Schlund des Aetna, was die höchste Tanne und was der Name .AgncS", Herr Lieutenant?" .DaS muß ein Irrthum sein. Herr Oberstlieutenant," entgegete Max von Hoppe. .Ich habe meinen Dienst ge wissenhaft verrichtet und verstehe von alledem, waS Sie da sagen, kein Wort." Ein Irrthum ist völlig ausge schlössen," schrie der durch die ruhige Adleugnung selbst gemachter Wahr.ieh mungen völlig aus dcr Ruhe gebrachte Kommandant. Und Ihr Leugnen macht die Sache nur noch schlimmer! Ich kann eine derartige Vernachläsft gung und Verhöhnung dcS Königlichen Dienstes im allgemeinen und meiner soeben erst erlassenen Befehle im beson deren nicht dulden: Sie haben vor läufiz drei Tage Stubenarrest und ich werde mir überzogen, ob ich noch höheren OrtZ über Sie berichten muß." Sie werden, m r gestatten, Herr Oberstlieutenant, daß ich die soeben er haltene Strafe meinem Bataillons Kommandeur melde und auch meiner feits die nothwendigen Schritte thue, um meine völlige Unschuld zu be weisen, sagte der Lieutenant von Hoppe. indem er fich kurz verbeugte und als keineswegs geknickter Uebelthäter hoch aufgerichtet das Zimmer verließ. Der Kommandant schaute ihm ver blüfft nach und wußte in der That nicht, waS er von einem derartigen selbstbewußten Benehmen denken sollte. Der Lieutenant nun ging graben WegS zum Major von Dorpitzki. dem Ba taillonS'Kommandeur, meldete diesen seinen empfangenen Arrest und legte gleichzeitig unter VorweiS sämmtlicher beweiskräftigen Notizen Beschwerde da gegen ein. Haben Sie auch wirklich den Ronde dienst richtig vzrsehen?" fragte der Major. Und woher will der Herr Commandant daS Gegentheil wissen? Mein Ehrenwort, Herr Major, daß ich alle Wachen und Posten revidirt habe," antwortete Max Herr Major brauchen nur die Wachtbücher nachsehen, worin die Stunde meiner Revision ein getragen ift, sowie die einzelnen Posten befragen, welche bezeugen werden, daß fie mich nicht allein gesehen, sondern daß ich mich auch nach ihren Namen er kündigt und diese aufgeschrieben habe.' Aber wozu diese Vorsicht, lieber Hoppe?" fragte der Major. Weil unS längst bekannt ,ft, Herr Mazor, daß uns der Herr Ko nman dant in der Nacht heimlich beim Ron dengang folgt und weil dabei sehr leicht ein Irrthum pasftren kann, wie daS denn auch heute Nacht der Fall gewesen ist," erwiderte Max, Und Sie haben keine Ahnung, wie dieser Irrthum entstanden ist?" fragte der Major. El gewiß. Herr Maior, ich habe so gar genaue Kenntniß davon. Ich bin mit meinem Bruder verwechselt wor den. aber der Herr Kommandant ließ mich ja nicht zu Worte kommen." Nun, so will ich den Irrthum auf- klären." lachte der Major; doch steckt da sicher irgend ein Streich dahinter, weshalb wir die Geschichte vorläufig mal diskret behandeln w,ollen. Gehen Sie jetzt ruhig nach hause, ich werde die &nAi? in ritbrnina dringen." Während Max ruhig nach seiner Wohnung wanderte, woselbst er seinen Bruder bereits antraf und mit diesem dann daS Abenteuer weidlich belachte." begab fich der Major zu den Wachen, reoidirte die Machtbücher, examinirte die detreffenSen Posten und erlangte dadurch die Gewitzelt, daß der Lieute nant von Hoppe I in der That in vol lem Maaße feine Schuldigkeit gethan habe. Mit diesem Resultat ging er auf dicKommandantur und machte den Kom Mandanten damit bekannt. Dieser war vollständig perplex und wußte anfangs nicht, was er zu dieser Enthüllung sagen ollte. Aber ich bitte Sie, lieber Major. ch soll mich geirrt haben ! DaS ift ja gar nicht möglich, ich svlgle seiner spur, sein Helm leuchtete weit hin, er verließ die Stadt, ging in daS GlaciS. fetzte fich dort auf eine Bank, rauchte erst eine Cigarre und fing dann an auf der Pickelflöte zu blasen, ich höre fie jetzt noch quietschen " DaS aueS dczweiste ich nicht, perr Oberstlieutenant." jagte der Major lächelnd, nur haben Sie fich in dcr Person geirrt: sein Bruder b.äst die Flöte und heißt dafür im ganzen Regi- ment Flöten-August." glöten-August," rcpetirte der Kom Mandant und knickte förmlich zusam men. O, dieses ungiuaimge tfioten picl hat mich am meisten geärgert, und dann fing er an zu deklamiren Herr Maior, schicken Sie mir, bitte. den jungen Mann her, er soll mir selbst erklären, wie da alles gekommen ist, der andere ist natürlich sosmt scincS Arrestes entlassen und ich werde Ge legknheit nehmen, ihm die nöthige Er klärung abzugeben." Der Major ging befriedigt von dan nen und sorgte datür. daß der Lirute r.ant von Hoppe 11 sofort Befehl er hielt, bei dem Herrn Kommandanten zu erscheinen. Dieser Befehl traf beide OrUder. olS fie gemeinschaftlichen großen KriegSrath hielten. "Ihm!" rief HanS aus. Nun kann die Bombe Platzen." Damit stülpte er fich den Helm auf und ging festen Schrittes über den Marktplatz auf die Kommandantur zu. Der Kommandant empfing den jun gen Offiiier nicht unfreundlich und konnte Yd) t ner gemissenNeugierde n cht erwehren, den sonderbaren Nachtschwär mer näher kennen zu lernen und den Grund seines eigentlich unerklärlichen Benehmens zu erfahren. .Man hat Sie heute Nacht Flöte spielend auf der GlaciSpromenade ge sehen, Herr Lieutenant, gesehen und gehört... mit dem Helm aus dem Kopfe. Herr Lieutenant ja. mit dem Helm auf dem Kopf und die Flöte spielend, ja. sogar die Pickel flöte höchst sclisam, in der That, Herr Lieutenant, höchst seltsam ! Wir wollen Sie mir das erklären, Herr Lieutenant?" .Ob ich dort gesehen und gehört wer den bin, weiß ich nicht, Herr. Oberst lieutenant aber dort war ich aller dingS zu der angegebenen Zeit, und die Flöte habe ich auch gespielt, daS kann ich nicht leugnen," antwortete HanS in bescheidenem Tone und sah den alten Herrn dabei freundlich lächelnd an. .Also es ist richtig.... hm! Sehr seltsam, in der That .... und deklamirt haben Sie auch.... sehr laut sehr seltsames Zeug hm und dabei den Helm auf dem Kopf äußerst seltsam, auch einen Namen dabei ge nannt, einen Namen " .Der mir unendlich theuer ift, Herr Oberstlieutenant. " unterbrach ihn HanS. Ich gebe zu, daß. wer mich gesehen und gehört hat, mich kaum verstanden haben wird. Herr Oberstlieutenant, ich bin nämlich ernstlich verliebt, mein Herz jauchzt himmelhoch, weil ich glaube wieder geliebt zu werden, und ift den noch zum Tode betrübt, weil der Vater meines geliebten Mädchens mir bis jetzt bei jeder Gelegenheit unzweideutige Be weise seiner Abneigung gegeben hat." In der That hm. höchst seit- sam!" brummte der alte Herr und blickte den aufrichtigen Lieutenant er staunt an. Und deshalb laufen Sie um Mitternacht im GlaciS herum und spielen die Pickelflöte?.... In der That, hächft seltsam und weshalb setzten Sie dazu den Helm aus?" fragte der Oberstlieutenant, dem gerade dieses Faktum am allcrseltsamften erschien, und der durchaus den Grund dafür er fahren wollte. Aus Hochachtung für die Dame mei Nks Herzens, Herr Oberstlieutenant!" platzte HanS heraus, der doch unmöglich den wahren Grund dafür angeben konnte, welcher bekanntlich in der Ad ficht bestand, den Kommandanten irre zu führen. Hm, seltsamer Grund! Sie sind ein sonderbarer Schwärmer!" Das sagte König Philipp zum Mar quiS Posa auch; aber. Herr Oberst lieutenant, der Marquis war Ordens ritter und durfte nicht heirathen, ich aber habe sehr stark die Absicht dieS zu thun und werde die passende Gelegen heit dazu benutzen, um mein Ziel zu er reichen," sagte HanS sehr ernft, Ei, ei! Sie sprechen ja sehr fiegeS gewiß, junger Mann." antwortete der Oberstlieutenant, einigermaßen in Ver legenheit gebracht, da er recht wohl her ausfühlte, daß HanS von Hoppe feft auf sein Ziel losging und die ihm auf gedrungene Situation für sich auSzu nutzen bereit war. Und diese Absicht hatte er in der That, deshalb trat er einige Schritt näher und sagte: Herr Oberstlieutenant, darf ich Ihnen auch den Namen oerjenigen nennen, welche mein Herz derartig ausfüllt, daß ich Tag und Nacht nur an sie denke? ES ift Ihr Fräulein Tochter, und ich halte hiermit feierlich um die Hand der selben an." Da war eZ heraus uud eine promptere und kürzere Brautwerbung ist wohl sel t n vorgekommen. WaS der Oderft lieutenant dazu gesagt und wie Fräu lein AgneS die Sache aufgefaßt hat? Ja nun, daZ mag fich der freundliche Leser ausmalen, für LiebeSgefchichten bade ich kein rechtes Erzählertalent. Thatsache ift, daß dcr Kommandant kurze Zeit darauf eine große Gesellschaft gab. zu der wir alle eingeladen waren, und daß an dem Abend die Verlobung deS jungen PaareS proklamirt wurde. Die Geschichte von dem Doppelgänger blieb lange Jahre das Gkbeimniß der wem gen Mitwisser, und ich selbst habe sie erst nach mehr als zwanzig Jahren er-fahren. Gute Andeutung. Junge Wittwe: Sagen Sie mir. Herr Doktor, find Sie wirklich ein so großer Kindersrcund?" Herr: Tag könnte ich gerade nicht behaupten." Junge Wittwe: Aber warum küssen Sie denn so oft meine kleine Wally?" Herr: Ja. wissen Sie. meine Gnä dige. wer daS Kleine nicht ehrt, ift deS Größeren nicht werth."