Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 20, 1898, Image 10

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    Jugendliebe.
?!cvcl!e von )im(ä r 1 1 n ipo 0 b.
1.
In Morgenstille lag der Hafen, die
Ardett Baue noch tuajt oegonnen. my
die Barke des alten öharley WoonarD
harrte, erft halb beladen, ihrer Fracht
Nur Maynard. jun., war an Bord, de
baalich seinen MorgenimdiK verzehrend
Plötzlich hielt er in seiner Beschüstizunz
inne. als er Jemanden seinen Namen
rusen hörte. Im Nu war er aus Deck
Mta. Tu ! TaS nenne ich aber
Glück! WaS bringt Dich so früh am
Morgen her?"
Jurg tzharleh'S Aügen glänzten und
sein wcttergebraunteS Geftcht leuchtete
bei dieser aufrichtig gemernten Begrü
kung auf.
TaS langaufgefchoffene Mädchen, das
letzt dicht vor ihm auf dem chwanlenl
den Bretterstege stand, erwiderte diesen
Gruß mit einem Lächeln, welches zwei
Reihen blendend weife Zähne blos
legte. Sie trug einen schlichten kurzen
Wollrock, der die braunen, in derben
Holzpantoffeln steckenden Füße freiließ.
Hübsch war fie kaum zu nennen, aber
die großen braunen Augen, daS zart
gerundete Kinn, die schön gewölbte
Etirn und daS reiche, dunkle Locken,
haar verbürgten, daß fie in zwei bis
drei Jahren, wenn fie ungefähr zwan
zig geworden ist. eine vollendete Schön
heit sein würde.
.Ich komme fo früh, um Tir ganz
allein meine Neuigkeiten erzählen zu
können, öharley," antwortete baZMäd
chcn. .ES ist etwas pafsirt !"
Charley, ein stattlicher junger Riefe,
nur ein Jahr älter als seine Freundin,
riß seine blauen Augen erschrocken auf
.Loch nichts Schlimmes. Meg?"
.0 nein," entgegnete da? Mädchcn,
ihr Antlitz erröthend zur Seite wen
dend; wenigstens finde ich es nicht
schlimm. Andere mögen vielleicht ande
rer Meinung sein !"
.Und wer find die Anderen?"
Nun Tu bist vielleicht einer von
ihnen. Ich gehe fort von hier, Chav
ley!"
.Ja, freilich ; heute ist ja Mittwoch
da fährst Du doch immer im Boot nach
der Stadt."
.Ah, diesmal ist eö aber etwas
Anderes !"
.Wieso?
Ich fahre nicht im Boot. Ich
komme in die Stadt, wo ich so lange
bleiben soll, dlS ich eme richtige Tame
geworden bin I"
Charley Maynard S Augen öffneten
sich weiter und weiter; einige Sekunden
starrte er seine Freundin sprachlos an.
dann brach er in ein rauhes Lachen
aus.
.Wofür hältst Tu mich, Mädel?
WaS red'st Tu mir da vor?"
.Ich rede Dir nichts vor," entgegnete
das Mädchen ärgerlich; .Tu kann
glauben, daß ich ganz im Ernste spreche.
Ich soll eine feine Dame werden."
.Wer sagt daS?"
.Ein Herr, ein richtiger Stadtherr
agt'S."
TaS spöttische Lächeln verschwand
von Charley S Lippen, um einem im
mutyigen lirnrunzeln Plag zu
machen.
Ein Herr? Und wer wäre denn bie
fer Herr. Mg Murrell?
.0, Tu kennst ihn nicht. Oder hast
Du ihn vielleicht am vorigen Freitag
gesehen? AlS unser Boot unter der
Brücke lag besinnst Du Dich, Char
ley? und Du und Bruder Jack an
Bord arbeiteten, während ich fang? Da
stand er auf der Brücke und hörte mich
fingen: und denk Dir, Charley, er
wußte gestern noch ganz genau die Na
men der Lieder !"
.Aber was geht daS ihn an?"
.TaS hat Vater ihn auch gefragt
und ihn dabei ebenso brummig ange,
guckt, wie Du letzt mich," antwortete
Meg. schelmisch lächelnd. WaS gibt's?"
fragte der Vater, haben Sie vielleicht
schon wieder ein neists Gesetz gemacht,
und Sie find nun einer von denen, die
das Singen auf Kanalbooten verdie
ten?" .Nein, antwortete der Herr,
gar nicht beleidigt, waS er doch sehr
leicht hätte sein können und daS wäre
sehr schade gewesen, nein," sagte er
lächelnd, ich ermuntere im Gegentheil
immer zum Singen; mein Name ist
MaunderS, ich bin Theatcragent und
hörte durch Zufall dieses junge Mäd
chen auf einem Boot fingen," dabei
tappte Meg sich stolz auf die Brust, da
mit Charley nicht im Zweifel über die
Identität des jungen Mädchens" fei.
.Und was antwortete Tein Vater?"
Gar nichts, denn der Herr DingS da
war noch nicht mit Sprechen fertig. Er
fragte nämlich: Sie erlauben doch,
daß fie mir noch etwas vorfingt? Ich
kann Ihnen möglicher Weife ein Aner
bieten machen, über das Sie sehr er
freut sein werden." Bater nickte mir
zu. und sang ich denn wir waren
Alle in der Küche und als ich fertig
war, machte er ein sehr zufriedenes Ge
ficht. Ihre Tochter hat eine Stimme, "
sagte er dann zu Vater, die fie bei
richtiger Ausbildung in wenigen Iah
ren zu einer oeruymien bangerm
machen wird. Hier ist meine Karte,
ich bin ein sehr bekannter Mann und
will eS unternehmen, Ihrer Tochter eine
Ausbildung geben zu lasten, ohne daß
ei Sie einen Pfennig kosten soll."
Daraus wird nichts," sagte Vater,
(CharlevS Antlitz hellte sich auf), wenn
Sie mich nicht genügend entschädigen."
Ganz der alte Murrell," brummte
Charley, mit den Zähnen knirschend.
er
.Wenn Sie mich nicht genügend ent
schädigen." sagte Vater ; fie spart mir
sieden Mark pro Woche, die ich sonst
einem Burschen bezahlen müßte."
.Ich will Ihnen zehn Mark pro Woche
zahlen, wenn 635 der einzige Hinde
rung-arund ist, entwertete der pe
.ich verpflichte mich, Ihnen zwei Jahre
lang wöchentlich zehn Mark zu zahlen
.Und das gab den Ausschlag?
fragte Charlcy. etwaS ungeduldig wer
dend.
.Gewiß." rief Meg. in die Hünd
klatschend. .Vater ging dann noch
zum alten SteNenS, dem Advokaten
wo etwa? gesiegelt und unterschrieben
wurde, und nun ist'S abgemacht, daß
ich fortkomme !"
.Wohin?" Charley'S Stimme klang
refianirt. aber traurig.
.Nach Orten in verschiedenen Gegen
den," antwortete Meg mit funkelnden
Augen: .er sprach von sremden Län
dern. wäre das nicht himmlisch?"
.Wann gehst Du?" fragte Charley
Sehr bald; vielleicht schon morgen.
.Dann bist Du wohl gekommen, um
mir Adieu zu sagen? Schwer scheint's
Dir m nicht zu werden!"
ES lag mehr in dem Ton, als in den
Worten, und als Meg jetzt plötzlich die
Augen voll zu ihm ausschlug, da füllten
sie sich bei dem Anblick seiner Betrübniß
mit Thränen.
Wird eS Dir schwer, Charley? Ich
ich wußte nicht, daß Tu Dir so viel
auS mir machst !"
Oh. und wie viel !" platzte Charley
mit einem ticken S?u'zer heraus
Gott beschütz' Dich, Mcg. ich habe Tich
immer lieb gehabt. So, jetzt weißt
Tu eS, wenn Tu noch nicht wußtest ! eS
ist ja doch Alles vorbei !"
Mas ist vorbei. Charley '
Nun, daS bischen Liede, da? Tu
vielleicht für mich fühltest, ehe Du eine
feine Tame werden solltest !"
Tann glaubst Du also doch, deß ich
Dich ein bischen lieb habe?"
Hatte er je daran gezweifelt.
brauchte er ihr jetzt nur in die Augen zu
sehen.
Ich sagte hatte"." eiilgegnete
ausweichend.
Hatte und immer haben werde
Charlcy. Immer und ewig!"
Tadel stürzten ihr die hcllcn Thränen
auS den Augen und. nicht mehr Herr
ihrer Empfindung, sprang sie in da
Boot hinab, gcradenwegS in Charley'S
ausgebreitete Arme. Und nach einer
langen, innigen Umarmung nnd vielen
vielen gegenseitigen Bethkuerungen
ewiger Liebe und Treue chieden die
Beiden.
2.
Natürlich war fie bloße Kinderei
diese Liede, aber darum war fie nicht
weniger heftig. Nur zwe, Hindernis!,
stellten sich ihrem fröhlichen Gedeihen
entgegen und daS war erstens Meg'S
mangelhafte Erziehung, Tank welcher
fie nicht einmal ihren Namen richtig
schreiben konnte, und zweiten wußte
Charlcy überhaupt nicht, wo sein Lied
fich jetzt aufhielt.
Eme Woche lang schlich er trübftnnig
umyer, vis er qiieBitm ernarte. er
müsse, nach London, um nachzusehen,
wo fein Mädel geblieben sei.
Tie Philippika, die ihm sein viel
nüchterner denkender Vater hierau
widmete, besänftigte die hochgehenden
Wogen seiner Leidenschaft erheblich, und
nach Verlauf von vier Wochen war er
schon so weit, wieder bei der Arbeit zu
pfeifen, wie er eS fönst gethan und
einem Vater zu erklären:
Wenn Meg mir nicht schreiben will.
dann soll fie eS bleiben lassen, aber so
viel weiß ich, daß ich nie eine Andere
lieben werde."
Zwei Jahre waren seit Meg Mur
rell'S Abreise vergangen; Charley'S
Eltern waren inzwischen beide gestorben
und hatten ihren einzigen Sohn al
wohlbestallten Bootöbesttzer zurück ge
lassen.
Er hatte eS nicht allzu schwer gefun
den, eine Andere lieben zu lernen," da
ihm diese Andere in der Person eineS
liebenswürdigen, unmuthigen Mäd
chenS. der Enkelin seines alten Ge-
chästs'TheilnehmerS Bolton. entgegen
trat. Zwar war Martha drei Jahre
älter, als Charley, und infolge eine
als iimo erlittenen Unfalls das eine
Bein etwas kürzer als das andere, aber
trotzdem war fie von großer Lieblichkeit
welche hauptsächlich ihrer großen Her
zenSgute entsprang. Charley besuchte
oft ihren Großvater, bei dem fie lebte.
und fast jedes Mal ertappte er fich bei
dem Gedanken, daß Martha, trotzdem
fie ein biSchcn hinkte, keine schlechte Frau
ür emm mngen Mann sein würde.
vorausgesetzt, daß Einer überhaupt so
närrisch sei, zu he'.rathcnl"
Die arme Martha war ihrerseits
über und über in den stattlichen jungen
Partner ihres Großvaters verliebt, war
aber klug genug, ihre Gefühle nicht zu
verrathen, da fie fest davon überzeugt
war. daß ein so hübscher, gerade ge
wachsener Mann wie Charley nie mit
einer Frau glücklich werden könne, die,
wie fich selber seufzend nannte, ein
Krüppel war.
Des guten Charley moralisches
Wachsthum hielt aber leider nicht mit
seinem körperlichen Schritt. Bei Leb
zeitcn seines Vaters war er von diesem
ziemlich knapp gehalten worden und als
er fich nun nach dessen Tode viel reicher
fand, als er eS je geahnt, da verdrehte
ihm diese ungewohnte Selbständigkeit
plötzlich den Kopf; er ließ Andere für
sich arbeiten und lebte herrlich und in
Freuden, bis er eines Tages fein Geld
verwirthschaftet, sein Boot verpfändet i
und überdies einige Schulden gemacht
hatte. Er war in großer Verlegenheit,
wie er sich retten könne, als ihm Bol
ton. der Nichts von diesen Sorgen
ahnte, sozusagen die Hand seiner Ew
kelin antrug.
Der Alte wollte sich vom Geschäfte zu,
rückziehen, und da er fein Ende heran
nahen fühlte, hatte er den großen
Wunsch, vorher sein Enkelkind gut der
sorgt zu sehen; zudem war ihm Mar
tha'S ft'lle Liede zu Charley nicht ent,
gangen. So legte er also diesem den
Gedenken an eine Verbindung mit
Martha nahe, wob.: er nicht vergaß,
die recht beträchtliche Summe, welche er
ihr als HeirathZgut mitgeben wollte, zu
erwähnen. Charley spielte zuerst den
Zurückhaltenden, meinte. Mr. Bolton
irre sich wohl in den Gefühlen seiner
Enkelin; er. Charley, fürchte, sich einen
Kord zu holen, ließ sich dann aber gerne
alle Bedenken von dem Alten ausreden.
erklärte Martha feine Liede, worauf
ihm diese, überglücklich, ihr Jawort
gab. Nach Verlauf von vier Wochen
ward sie sein Weib. Mit einem Theile
ihre Geldes bezahlte Charley seine
Schulden, machte sei Boot wieder frei
und Vam widmete er sich mit vollem
Eifer seinem Geschäfte.
Tiefer Wandel in seinem Geschick
vollzog sich genau drei Jahre, nachdem
Meg Murrell ihre Heimath verlassen
hatte. Martha, die nicht in dem
gleichen Orte aufgewachsen war, wußte
nich'.Z von der Jugendfreundschast zwi
schcn ihrem Manne und Mez, und
Charley selbst war fast jede Erinnerung
an dieselbe ge chwunden.
Er war mit seinem jetzigen Leben
ganz zufrieden, bis er nach einigen Mo
naten wieder die Arbeit überdrüssig
wurde und sein sefter Entschluß, nie
mehr in sein früheres Leben zurück
zufallen, mehr und mehr schwankend
wurde.
Er fing wieder an. lustige Trinkge
sellschaft derjenigen seiner bescheidenen.
kleinen Frau vorzuziehen und dieselbe
zu vernachlässigen. Er hatte mehr
Geld zu seiner Verfügung, als er ze
besessen, aber unglücklicher Weise kam
c nicht bald so schnell in seine Tasche
zurück, als er es ausgab. Um diese
Zeit las er die Ankündigung, daß die
berühmte amerikanische Nachtigall Miß
Margaretta Murrelle m einer de: Eow
zerthallen London'S auftreten werde".
Charley Maynard hielt den Athem
vor Erstaunen an, als er diese Zeilen
laS. Wer anders konnte daS sein, als
Mea Murrell. seine M?g, daS hübsche.
braunäugige Mädel, daS ihm bei dem
Abschied hier auf dem Boote ewige Liebe
und Treue geschworen hatte."
DaS hat fie sicher längst vergessen,"
murmelte Charley, und dann, nachdem
er fich alle die glücklichen Stunden in'S
Gedächtniß zurückgerufen hatle. die er
mit ihr zusammen verlebt, fügte er
zweifelnd hinzu: Und wenn fie eS doch
nicht vergessen hat und nun erwartet,
daß ich zu ihr komme? TaS wäre eine
komische Geschichte! Aber sehen möchte
ich fie doch; ich brauche ihr ja nicht zu
sagen, daß ich verheirathct bin. und
Mactha braucht gar mchtS von dem
Besuch zu wissen!"
3.
.Sie soll sehen, daß fie nicht die Ein-
zige ist. die eS in der Welt zu etwas ge
bracht hat." dachte Charley, als er sei.
nen Hochzcitsanzug aus onn cyranie
nahm, um ihn zu der Reise nach Lon
don anzuziehen; dann steckte er seine
goldene Uhr und Kette ein und einen
Ring an den Finger. In London er
fuhr er die Wohnung der Sängerin
von dem Verwalter des Lokals, in wel
chcm fie auftreten sollte.
Kaum hatte man Miß Margaretta
Murrelle gemeldet, daß ein Mr. Char
ley Maynard sie zu sprechen wünsche,
als Meg aus dem Zimmer eilte, um
hren alten Freund auf das Herzlichste
zu begrüßen.
Sie streckte ihm voller Freude beide
Hände entgegen, die er aber, geblendet
von ihrer reizenden Erscheinung, nicht
gleich ergriff.
AuS dem ungefchlinenen Edelsteine,
der feiner Freundin 2)ieg gewesen, war
die Perle geworden, die in der richtigen
Fassung doppelt fchön erglänzt. In
vier Jahren war Meg Murrelle zu
einem voll erblühten, herrlichen Weibe
geworden.
Er war noch immer nicht Herr seines
Erstaunens geworden, als sie ihn schon
mit beiden Händen in ihr Zimmer ge.
zogen hatte.
Tu kennst mich wohl nicht, Char
ley." fragte sie neckisch. WaS siehst
Du mich so verwundert an?"
Dich sollt ich nicht kennen. Meg?
ES ist wie ein Traum! So schön bist
Du geworden!"
.Bewahre, eS ist kein Traum, Chor
ley," entgegnete die weltgewandte Sän
gerin. .In unserem Beruf muß man
eine Augen weit offen halten, das
kannst Du mir glauben!"
In unserem Beruf, sagst Du, Meg?
Bist Du denn verhcirathct?"
Miß Murrelle chüttelte lächelnd daS
Köpfchen.
,O nein, wem Freund," sagte sie
chelmisch. Hofftest Du vielleicht, daß
ich eS fei. und daß ich Dich nun nicht
mehr an unser gegenseitiges feierliches
Versprechen mahnen würde? Dann
haben Sie sich gründlich geirrt. Mr.
Charlcy Maynard. denn ich habe auf
Sie gewartet. Du bist noch nicht der
heiratdet, wie ich hoffe?"
Könntest Du eS glaubend" erw,
derte der Verräther ausweichend.
Gut," entgegnete Miß Margarette,
.dann darfst Tu mir im Angedenken
alter Zeiten einen Kuß geben, nun dann
ollen wir zusammen speisen und unS
dabei ordentlich ausplaudern, wie eS
alten Freunden geziemt."
Sie meinte in der That eine aufrich
tige, zwanglose Plauderei, srei von
aller Bühncnfrlvolität. und da er er
klärte sie ihm dann gleich, was er ja
auch zu hören gehofft hatte, daß sie vor
hin natürlich nur gescherzt habe und daß
der .Kinderroman" längst begraben sei,
.Und Tu thätest Tir selber Unrecht.
Charley. wenn Tu mich eines Anderen
belehren wolltest."
Und doch würde ich nichts in der
Welt halb so gern thun, als das." ent
gegnete der Verräther. immer den un
verheiratheten Mann fpiclend.
..Welch' ein Unsinn, das zu sagen!
ES geht Tir gut. daS sehe ich Tir an.
ohne daß Tu eS mir sagst. Mir geht
eS auch gut, aber ich habe mich verän
dert, Charley, ganz und gar verändert,
und denke gar nicht an'S Heirathen.
Und wenn ich schon daran dächte, waS
für eine Frau bekämst Du an mir!
In ein oder zwei Jahren würde ich Dich
durch mein kostspieliges Leben ruinirt
haben. Man hat mich närrisch ter
wöhnt und mir viel gehuldigt; aber
Gott sei Dank, daS hat mir nicht mein
klare? Urtheil getrübt. Dir geht eS
auch gut. Charley?"
Ich kann nicht klagen, Meg. Vater
war viel reicher, als ich glaubte, und
hinterließ mir Alle, als er starb."
Und Tu haft eZ gut angelegt,
nicht?"
O ja. ich besitze ein paar hundert
Pfund."
TaS ist brav. Wärest Tu in Noth
gewesen, hätte ich Tir gern geholfen.
Ich verdiene nämlich sehr diel Geld und
bekomme viele Geschenke. Du mußt
mich fingen hören, Charley. Nicht
wahr, Tu wirft kommen?"
Halb betäubt ging er von danncn.
WaS für ein Dummkopf bin ich
gewesen! Ich hätte diese? herrliche
Mädchen wirklich heirathen können,
denn fie liebt mich noch immer! Und
daß ich mich an einen Krüppel wie
Martha gebunden habe ! Sie liebt mich
und ich liebe fie, wer könnte fie auch
nicht lieben? Sie ist schön wie ein Engel
und ich muß fie fingen hören !"
Er fuhr am nächsten Tage wieder
nach London, nachdem er fich vorher
1 Pfund von der Mitgift seiner Frau
eingefteck: hatte, um Meg davon ein
Geschenk zn kaufen.
Er wohnte Meg 5 erstem Auftreten
in London bei, hörte den Beifallssturm,
den fie erntete, und ging verliebter denn
e davon. Die goldene Kette mit einem
aus Perlen und Brillanten bestehenden
Herzen, die er kaufte, erschien seinen
übcrhitzlen Sinnen noch zu bescheiden
süc die, der fie bestimmt war.
ES ist nur eine ganze Kleinigkeit.
Meg," sagte er, indem er ihr daS weiße
Sammct-Etui überreichte ; aber wenn
Tu eS auS alter Freundschaft annehmen
wolltest, würdest Du mich glücklicher
machen, als ich eZ mit Worte auS-
drücken kann."
Aber Du närrischer, alter Charley,
das geht doch über Deine Verhältnisse."
Bewahre Meg. Mein Ge (hü t fl
rirl ja sehr, wie ich Dir schon erzählte. "
Das ist ke:n Grund, weshalb Sie
Ihr Geld in dieser Weise verschwenden
sollten, mein Herr! Du solltest Dir
eine Frau suchen, die Dir Deine Sachen
und Dich selber in Ordnung hielte."
Ich kenne nur eine Frau auf der
ganzen Welt, mit der ich glücklich wer
den könnte, das weißt Tu, Meg Mur
rell," entgegnete er ausweichend.
Tann laß eS mich Dir ein für alle
Mal sagen, Charles Maynard." sie
wurde ploölich sehr ernft und legte die
Hand auf feinen Arm, daß ich diese
Frau nicht bin und niemals fein werde
Denke daran.
DaS hindert ja nicht, daß ich Dich
immer l leben werde, antwortete er
lachend.
Seine thörichte Leidenschaft über
wucherte schließlich jedes bessere Gefühl
in ihm. Er vernachlässigte sein Geschäft
ganz und gar, und waS noch schlimmer
war, er fing an, seine Frau schlecht zu
behandeln.
Jnzwischend schwand daS Geld zu
ehendS. Charley war meistens m
London, immer bei Meg. der er fort,
während, trotz ihres Widerspruches,
kostbare Geschenke machte.
Als er fich eines TageS wieder fein
gekleidet hatte, um nach London zu
fahren, bat ihn Martha mit verwein,
ten Augen und flockender stimme um
etwas Geld für die Miethe und die
Wirthschaft. Er fuhr fie rauh an, warf
ihr vor, 'sie fei der Hemmschuh seines
Lebens, fie verbittere ihm dasselbe täg
lich, stündlich, und er hätte nur den
einen Wunsch, fie nie wiederzusehen.
AlS er nach zweitägiger Abwesenheit
zurückkam, war Martha verschwunden ;
wohin, daS wußle er nicht und suchte
auch nicht, eS zu erfahren.
ES kümmerte ihn nicht, denn gerade
jetzt war Mez liebenswürdiger zu ihm,
als fie je gewesen. Sie machte ihm
nicht mehr wie zuvor Vorwürfe über
feine häusigen Besuche, sondern schien fich
nur seiner Gegenwart zu freuen.
Eines TageS bewunderte fie vor fei
nen Augen die wunderbaren Brillant
Ohrringe einer anderen Tame ; am
nächsten Tage brachte ihr Charley genau
denselben Schmuck, zu dem er sich das
Geld geliehen hatte.
TaS Ende vom Liede war, daß
Charley sich eineS TageS dem völligen
schandvollen Ruin gegenüber sah. Ein
Prozeß, bei dessen Verhandlung er nicht
erschienen war, machte daS Unglü,
voll, den Charlcy mußte sich verborgen
halten, wollte er nicht schuldenhaldcr in
daS Gefängniß wandern
?a endlich gingen ihm die Augen
auf. In der elenden Dachstube, in der
er fich verborgen hielt, schrieb er an
Meg ; er hatte ihr so diele werthvolle
beschenke gemacht, würde fie ihm w?h
so viel leihen, um ihn vor Schande zu
bewahren?
Er nahm allen Muth zusammen und
bat sie um ein Darlehen von wenigen
Pfund ; nach drei Tagen erhielt er lh
kühle?, geschäftsmäßiges Antlvortschrei
den. Sie bedaure seine mißliche Lage
empfinge aber so viele ähnliche Bliese
daß sie sehr vorsichtig bei der Beant
Wartung sein müsse. Immerhin werde
fie seinen Brief besonders berücksichti
gen und ihm in zwei bis drei Tagen
endgültigen Bescheid zukommen lassen
Voller Empörung zerriß er den Brie
in Taufend Stücke. .Ich hätte keine
andere Antwort erwarten dürfen.
murmelte er, den Kopf in die Hände
stützend und laut schluchzend. eS ge
schieht mir ganz Recht, elender Wicht,
der ich bin ! Meine Martha würde sich
anders benommen haben I
So überwältigt war er von Scham
und zu später Reue, daß er nicht hörte,
wie sich die Thür öffnete und Jemand
leise daS Zimmer betrat. Plötzlich
legten sich zwei weiche Hände um seinen
Hals, er schrack empor und eine fahle
Blässe überzog sein Antlitz, als er
Martha, sein verlassene?, verrathenes
Weid vor fich erblickte.
O, Charley. Charlcy, Du ha
schlimm gegen mich gehandelt, aber ich
kann Dich nicht weinen sehen !" rief fi
aus, ihn wieder umschlingend. Mir
als Deine Frau, steht es zu. Dir in
Deinem Kummer beizustehen I"
Gott segne Tich, mein Herz ! Wo
aber wo bist Du gewesen?"
xa erzayiie ic lym, wie Alles ge
kommen war. An demselben Tage, an
dem er fie so schnöde verlassen hatte, war
Meg Murrell, die längst den wahren
Stand der Dinge erkannt hatte, zu ihr
gekommen und hatte fie bewogen, mit
ihr zu gehen, als das einzige Mittel
ihren Mann von der thörichten Leiden
schast zu heilen. So war Martha die
ganze Zeit bei ihr gewesen ; deren groß
Güte und Schönheit fie ganz bezaudert
hatte.
Aber, meine gute Martha, Du weißt
nicht, wie unwerth ich Deiner großen
Liebe bin. Du kommst zu Einem zu
rück, der nur die Kleider an seinem Kör
per sein eigen nennt."
Ich komme ja nicht mit leeren Hän
den, öha,ley," entgegnete fie. fie
unsere gute, edle Freundin Meg bat
mich. Tir dieses Päckchen als Abschieds
gcschenk von ihr zu geben, da fie fich
morgen nach Amerika ein chifft!"
Charles Maynard öffnete das Packet,
daS ihm seine Frau, ohne den Inhalt
zu kennen, gab und fand darin die
sämmtlichen Geschenke, die er der Sän
gerin Margaretta Murrell gemacht
hatte. Mit dem Erlös dieser Werth-
sachm beglich Charles Maynard feine
Schulden und fing dann von Neuem
an ; er arbeitete hart, aber die Anspruchs
lofigkeit und Liebe seiner lahmen, klei
nen Frau halfen ihm darüber hinweg.
und da dietelde seitdem stets sehr glück
lich ausgesehen hat, ist aller Grund vor
Handen, daß Charles Maynard sein ihr
gegebene? Versprechen gehalten hat,
Leim schmerzlosen Zahndoktor.
Bries des Hrn. George 23. Hutzclbcrger.
Mister Editer!
Kaum hat de Mäggi neulich von Mi
fter Nänscn seiner Lektschcr über den
Nordpol gelesen gehatt, da hat se ihrn
Meind aufgemacht, daß ich se hinnehme
müßt. So was wär mer seiner Bil
dung schuldig.
Thu mer den Gefalle und laß mich
mit Deiner Bildung m Ruh," hab ich
gesagt. Wer ä Building hat, der hat
genug Bildung."
Ader de Mäggie hat drauf bestanden.
daß mer nach der Lektscher gehe, und ich
hab mit gemußt. ES war rem gar nix
los! Nur die Geschicht von de: großen
itan am Nordpol gut mich mteresfirt
WaS muß daS for ä großartige Gelegen
heit fein for warme Drinks.
Ten ganzen Abend aber von nix wei
ter erzähle hörn als von Eis un kalten
Wetter, daS kann man nicht aushalten!
Un wie der Mister Nansen erzählt, wie
sein Kahn fortgeschwomme iS, un wie er
bei 20 Grad unter Null in'S Wasser
gesprunge un sein Kahn nachgeschwomme
iS. da iS mer'S in mein hohle Zahn ge
fahr un ich hab mer nich helfe könne ;
ich war fo falsch, daß ich der Mäggie ä
PieS von mein Meind gebe mußt :
Siehfte." hab ich gesagt. daS haft
De jetzt davon! TaS geschicht Dir ganz
recht! Jetzt hab ich wieder mein Zahn
schmerz 1"
Wie mer heem komme un zu Bett
gange sein, iS de Geschicht immer fchlim
mer geworde. Alle Vertelstunden hab
ich ausstehe un nach meiner Libräry gehe
gemußt, um ä Schnäpsche zu nehme.
(Ich nenn das Zimmer als immer mei
Libräry, weil ich dort mei Bottelche stehe
hab.) Aber nix hat geholfe.
Am nexte Marge hab ich mer een
hceße Trink nach dem andere gemacht.
Aber nix hat geholfe.
Zuletzt hat de Mäggie gesagt : Hutzel.
det jeht nich mehr so fort. Du saufst
Dir noch kaput mit Dein ollen Zahn
schmerz. Heute Nachmittag jehft Du mit
mich zum Dentist, daß er den Zahn
raus pullen thut!"
.Machst De. daß Te weg kommst i:
Dein Zahndoktor!" hab ich gesagt: ich
will nichlS davon wisse! So Zahnschmerz
will fei Zeit habe, und wenn mer gut
dazu teiidcn thut, geht er von ganz l.
lcinig weg."
Zum Unglück iS aber de Misses Bix.
ler dazu komme, die aach fchr vor de
ZahiidoktcrS iS. Jeder Zahn in ihren
Mund iS so mit Gold gefüllt, daß mcr
denkt, wenn se den Mund ausmache
thut, mer guckt durch daS Show.Windoh
von eme Jewclry Sto,e.
Tie zwee WeidSlcut habe ün Befchliis'
gefaßt, daß ich m.'in Zahn müßt rciu';
pulle lassen. Ich hab gekickt wie Alle?
aber die zwee WeibSleut habe kee Riih
nich gegede und habe mer erklärt, daß
eS kee Bische weh thun thäte. Wen
De zu eencm Dentist jchft." hat de
Mäggie gesagt, da mcrkste gar ich.
daß Tir Eener an de Zähne pullen
thut."
Ich bin aber trotz die UcderredungZ.
kunft von die zwee Weibleut noch ziem
lich mißtrauisch gewesen. Dreimal bin
ich vor der Thür vom painlcß Dentist
wieder umgekehrt. Zuletzt, wie's wieder
emol recht weh gethan hat, hab ich mir
eS Herz gefaßt un hab dem schmerzlose
Zahndoktor sei Bell gerunge.
Sein Sie der painleß Dentist
hab ich gefragt. y
?).s Sirree," hat der painles. Den
tist gesagt.
Wie ich aber in dem Stuhl gescsic
hab un der schmerzlose Zahndoltor an
gefange hat, seine verschiedene Tools
auszupacken, hat mit enmal der Zahn
schmerz von selber aufgehört. Wie der
Zahndoktor auf mich vorrückt, hab ich
mit enmol & ferchterliche Angst gekriegt.
Excuse Se mich; dies iS mei dusy
Day", hab ich zum schmerzlose Zahn
doktor gesagt und hab gemacht, daß ich
zur Thür raus bin.
Da kann mer aber recht sehe, was
so ä Zahnschmerz vor ä miene Geschicht
iS. Kaum war ich daheem, da iS der
Zahnschmerz von Neuem loSgange un
de Mäggie hat wieder angesange zu
sticheln und hat mich än Comard" ge
nannt.
Mich ä Coward zu nenne. Mistcr
Editer! DaS iS einfach riduculöS! Ich
hätt bald emol ä Feit mit eme Poließ
mann gehatt!
leS hat aber mz genutzt, ich hab wie
der zum schmerzlosen Zahndoktor ge
mußt. DieS Mal hat er aber vorfichti
ger Weise de Thür zugeschlossen.
Da war ich nu geliefert. ES hat nich
lang gedauert, da hab ich den schmerz,
lose Zahndoktor mit seine ToolS in mein
Mund gehatt.
Auf emal hab ich an ferchterlichen
Schreck gekriegt, weil ich gemerkt hab.
daß der schmerzlose Zahndoktor statt
dem ficke Zahn ün gesunden wifchMTl
hat. Stoppe Se! Stoppe Se!" hab Y
ich schreie gewollt. Aber ich hab kee
Wort jcaus bringe könne. Mir iS eZ
vorkomme, als hätte der schmerzlose
Zahndoltor seine ganze Tool Box und
seine zwee Fäuft in mein Mund gchatt.
Je mehr ich nach der eine Seite gepullt
hab, desto mehr hat er nach der andere
Seit an mein Zahn gepullt. Zuledt
hab ich mir nich helfe gekönnt un hab
em mit mein Knie ün Kick in sein
Stamäck gebe. Der schmerzlose Zahn
doktor hat dabei daS Gleichgewicht der
lore und hat fich hingesetzt; aber mein
Zahn hat er mitgenommc.
Ter schmerzlose Zahndoltor bat nau
Höll gerätst un hat geschimpft wie AlleS
über den Kick. Ich hab em aber ä PieS
von mein Meind gegebe un hab em gc
agt, was ich von em denk: Gewitter
donnerkeil." hab ich gesagt, waS fallt
Jhne denn ein, daß Se fo än gesunde
Zahn raus pulle thun? Sie habe mer
beinah das ganze Geficht zerbrochen.
Könne Se nix Besseres thun, wie so
miene Tricks? Nenne Se da? ..painleß"
wenn Se mer mit Ihre Tools so an die
Zähn rum pulle thun, daß ich am lieb
ften Feuer!" geschrien hätt, wenn Se
mer nich mit beede Füust im Mund rum
gearbeitet hätte?"
Of kohrs ," sagt der schmerzlose
Zahndoltor, war die Operation ganz
painleß. Wenigstens for mich. Te
Pain war ganz auf Ihrer Seite, bis
Se mit dem niederträchtigen Kick ac
omme fein, der was gar nich dazu ge
hört hat. Ich hab gesagt, daß ich der
painleß Tentift bin. Ich hab aber nich
gesagt, daß Se der painleß Patient
ein! See??"
WaS sage Se jetzt zu so Leut. Mister
Editer? Womit ich bin in dreier Freind
chast
Ihr lieber Fremd.
Schorsch Dobbcljuh Hutzelberger.
(dreistöckiger Hausbesitzer).
'
Zwei Jkhler.
ES hat einmal ein Jüngling
Gefreit 'ne reiche Braut,
Und hat von deren Mitgift
Sich flugS ein Haus erbaut.
Ein HauS nach neu'stcr Bauart
Und AlleS äußerst fein.
Doch hatt' es einen Fehler :
Die Küche war zu klein.
Bald gab'S ein flottes Leben,
Er hielt ein off'neS HauS ;
Man speiste fein und nobel.
Es folgte SchmauS auf SchmauS.
Da kam der Pleitegcier.
Nun ging das Elend loS;
Sein HauS hatte einen Fehler :
Die Küche war zu groß.
os!?aft.
Sänger (mit auffallend großer Nafe,
feine Stimme rühmend): Habe ich
nicht ein gut ausgebildetes Organ?"
Herr: Ja Riechorgan!"
cr
T)