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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Dec. 9, 1897)
Gerettet per Telegraph. (Sin ?,jkbaliabklku,r ouS bem Vkflrn dki Union von 61111I ffrtau. Kittie McDonovan war Nachttele grephiftin aus der Hclnen Station Medicin? Bow an bet Union Pacific Railroad im Staate Wyoming. Eik hatte mit 13 Jahren ihr Elternhaus in tzhkycnne verlaflkn. um für ihren und ihrer armen Mutter Lebensunterhalt zu sorgen. Die Etation lag in der Wüste, die sich wcftlich von den Laramie Moun tainS bis an die Smectmaterberge er sireckt und bestand nur aus dem eigent lichen Stationsgebäude mit Telegra phenamt. einer Rcparaturwerlstattk. welche von einem Werlführer und einem Halden Dutzend chinesischer Arbeiter be wohnt war. einem Wasserreservoir und einem lleinen Kohlenschuppen. Der TageSdeamte der Station, ein blutjunger Mensch fast noch in den Knadenjahren. schlief in der etwa 200 ?)ardS entfernten Werkstätte, so daß Kittie in den langen finstern Nüchten ganz allein im Tclegraphenzimmer sich befand. Der Sxpreßzug No. 4, östlich nach Cheycnne bestimmt, war erst um 3 Uhr Morgens füllig und hielt in Mediane Bow nur, wenn von der Station aus signalifirt wurde, um ewaige Passagiere aufzunehmen Sonst raste er donnernd vorbei, ohne zu verweilen, und ließ Kittie für den Rest der Nacht allein aus öder Flur. Ter Aufseher ihrer Bahnabtheilung. in frischer, lebenslustiger junger Mann. bei eiste die Strecke sehr oft und er nuthigte daS zagende Mädchen mit dem versprechen, ihr, sobald eben eine Vakanz irgendwo eintrat, eine besser bezahlte St.llc zu verschaffen. Oft fand er sie weinend in der Ecke de RimmerS sitzen und suchte sie zu trösten. Ost war sie schon entschlossen zu lundi stn und zu ihrer Mutter zurückuch ctt. und wurde nur durch sein mit fühlendes Zureden wieder bewogen, zu bleiben. In einer Nacht-cS war !ur nach 12 Uhr sitzt Kittie wieder bei ihrer Lampe und liest an einer neuen Nobelle, weich ihr der freundliche Aufseher geschickt hat. als eS ihr mit einem Male so vor kommt als höre sie einen leisen, fchhir renoen Schritt auf dem Bahnsteig vor dem pause. Sie schrickt zusammen und horcht. ' Lautlose Stille. Nur das Ticken der Stalionuhr ist hörbar. Mit einem erleichterten Seufzer fängt sie wieder an zu lesen doch sie starrt nur lauschend auf die Zeilen. Wieder da? verdächtige Schlurren Sie legt das Buch hin und starrt athemloS vor sich hin. Alles still. ' ES wird ein Wolf gewesen sein, den der Heißhunger hergctrieben hat," flüstert sie zweifelnd. Da! Was ist daS? Hat e nicht eben leise an die Thür geklopft? Gewiß. ES klopft wieder ! Wer mag denn da fein? . Sicherlich entweder Indianer, die Tada! betteln, oder Vagabunden, welche einen Unterschlupf für die Nacht haben wollen." denkt sie und verläßt sich auf die fcsiverschlossenen Fenster und Thüren. Doch horch I Jetzt klopft eS stärker I Sie muß antworten, ehe die Thür ein gefchlazen wird. .Wer ist da?" ruft sie mit zitternder Stimme. Ein Passagier, welchen den nach Osten gehenden Zug benutzen will !" antwortet man draußen in rauhem, heiserem Tone. WaS thun ! Sie ist allein und ohne Schutz. Noch nie hat sie nächtlicher weile männliche Passagiere empfangen oder Besuche gehabt. Ihr mädchenhaf tti Schamgefühl regt sich und sie ziu dert. zu öffnen. Doch sie ist StationS . Agentin. ES ist ihre AmtZpflicht, Passagiere einzu lassen, wenn sie nicht ohne Gnade ent lassen werden will. Sie schlißt auf. Kaum hat sie den Schlüssel gedreht, da wird die Thür gewaltsam aufgerissen und herein treten sieben maSkirte bis an die Zähne bewaffnete Kerle. Mit einem Schrei des Entsetzen eilt sie zurück, , Da tritt der stärkste und frechste der Kerle auf ste zu, hält ihr einen ge spannten Revolver vor die Stirn und sagt mit lauter, fester, drohender Stimme: hallo, junges Ding! Wir werden Dir nichts thun, aber sowie Du einen Laut von Dir giebst oder eine verdäch tige Bewegung machst oder gar schreist, so daß die Hallunken in der Werlftätte aufmachen, dann pumpe ich Dir Dein Milchgehirn voll Blei, daß Dir die Grütze zu den Nasenlöchern herauSquel len soll ! Also ruhig ! Verstanden? Wo ist die rothe Signallampe, he !" ' .Um Gotteöwillen I Was habt Ihr vor?" haucht Kittie athemloS. Jetzt ist ihr Alles klar. Sie ist in den Händen einer Bahnräuberbande, welche eS auf den Expreßzug No. 4 ab gesehen hat. Sie wollen ihn zum Hal ten bringen und ausplündern. Kann sie das verhindern? Zwar sind S noch drei Stunden bis zur Ankunft des Zuges; aber angesichts dieser deö peraten Kerle darf sie eS nicht wagen, die Aibeiter zu wecken. Und wenn sie doch schreit, würden sie kS auch gleich hören? Und wenn sie ihr Leben opfert und nun erschossen am Boden liegt, I werden die Räuber sich scheuen, über ihre Leiche hinweg zu treten und die Laterne hervorzusuchen? Nein! Schreien und sich opfern ist nutzlos. Sie muß einlenken, vielleicht giebt; noch ein Mitttel den Zuz zu retten. Der Himmel wird eS ihr ein geben. .Kanaille! Mach'S Maul auf! Wo ist die rothe Laterne?" schreit der Füh rer der Bande und drückt den kalten Lauf der Waffe fest gegen ihre weiße Stirn. .Ihr findet sie hinter der Thür im Geväckraum l Ader um Himmels Wil len! Was wollt Ihr thun?" ruft sie siebend, .DaS geht Dich nichts an! Platz da!" Einer von der Bande nimmt die La terne vom Haken, untersucht sie und fetzt sich zu den Uebrigen auf die Bank, um den Zug zu erwarten. Der Führer steckt sich eine Pselse an und pafft eine Weile sch reizend vor sich hin. Tann starrt er Kittie frech in'S Gesicht und sagt endlich: .Junge GanS. wenn Du den Zug pfeifen hörst, so wisse, daß Du etmaS zu thun haft! Du gehst nämlich hinaus auf den Bahnsteig und giebst daS Halte ftgnal mit der Lampe! Verstehst Du? Und nimm' Dich in Acht, beim ersten verdächtigen Laut, oder wenn Du die Laterne nicht kräftig schwingst, knallen wir Dir ein paar Dutzend Kugeln in den Leib, springen auf unsere Pferde und lagen davon! Verstanden? .O Gott! O Gott!" schreit Kittie entsetzt. .Ihr wollt mich zur Mörderin machen! Habt Erbarmen! Erlaßt mir daS Signalisiren! Thut eS doch selbst! Ist eS nicht genug, daß ich dazu schwei gen muß! Beim barmherzigen Gott! Signalifirt doch selbst!" .Du schlaue Katze!" lachte der Füh rer grimmig. Nicht wahr! DaZ hieße uns die Gesellschaft selbst auf den HalZ hetzen! Tu wirft signalisiren und damit fertig!' ES ist nichts zu machen. Laut fchluch zend und jammend sinkt Kittie auf ihren Stuhl, legt die Arme kreuzweis auf den Tisch und verbirgt ihr von Thränen überftrömtcS Gesicht in den Falten ihrer weiten Blousenärmel. Toch was geschieht? Heimlich legt sie ihre linke Han auf die Aimatur deS Elektromagneten, so daß sie dieselbe am Klappen verhindert, und ergreift mit der Rechten den Taster. Absichtlich laut weinend und klagend damit sie daS Geräusch dcS Apparates übertönt, telegraphirt sie langsam die folgenden Worte: Hülfe! Hülfe! Hülfe!" DieS wiederholt sie mehrmals, damit irgend ein Telegraphist auf der Linie darauf aufmerksam we'den kann. Dann führt sie, immer lauter fchluch zend und jammernd, fort: Wer dieses hört um Himmels willen benachrichtige den Zugexpedienten in Laramie schnell schnell daß Station M. von sieben Rüu bern belagert Zug No. 4 m Ge aöi endet vülse schnell Mannschaft Kittie Do navan." Dann läßt sie die Armatur loS, stützt den Kopf in die Hände und weint leise vor sich bin, indem sie mit dem feinen Battisttaschentuche die Augen bedeckt, um desto besser hören zu kön ncn. Da! ES beginnt zu klappern! Der Apparat arbeitet! Sie möchte laut aufjauchzen! Man hat sie verftan den! Muth! liebe Kleine habe Dich - gehört! Station H.!" DaS ift die Antwort de Zugerpedien ten in Laramie! Kaum hat aber Einer der Bande das Klappern gehört, als er aufspringt und auf die Weinende zufährt: Kaniille! Was heißt daZ? WaS wird da gemeldet? Heraus damit!" Heraus damit! Wir wollen eS wls. sen !" rufen die Anderen und springen auf. O nicht!!" zitterte daS erschreckte Mädchen. Eine entfernte Station fragt um Bestellungen an für einen Frachtzug!" Bestie! Tu lügst!" brüllt der Füh. rer und zieht ein Dolchmesscr. Du haft etwas gegen uns im Schilde! Heraus damit!" Nein!" weinte die Wehrlose, dann müßte ich doch die Finger am Tafter ha ben! Seht Ihr nicht, daß ich den Appa rat gar nicht berühre?" Unsinn! Laßt keine Nachricht durch! Besser ist's, wir zerhauen daS nichts- nutzige Zeug von einem Telegraphen!" Ichreit ein Räuber und holt mit dem Kolben seines Revolvers aus. Narr!" brummt der Führer. DaS giebt gleich Verdacht! Laß die Maschine gehen! Die Kanaille muß unS sagen, waS da gemeldet wurde." Eine entfernte Station " stottert sie.- Welche V - Laramie! Laramie fragt um Bestel- lung an für einen Frachtzug!" So ? Lügst Du auch nicht ?" for cht der Führer und schaut sie mit glühenden Augen durch seine Maske an. Nein! Aber setzt Euch doch! Seid ftill l" Die Bande nimmt schweigend auf der Bank Platz. Bleibe mir vom Tische weg. Dirne!" ruft der Führer. .Setz' Dich dort!" Kittie gehorcht stumm und setzt sich ganz in den Winkel. Sie verhüllt daS Gesicht und lauscht. Alle? still. WaS wird geschehen? sroat sie sich. Ta! Der Apparat arbeitet w.eder. Kittie horcht. ES ift eine Depesche nach reen River. .Sheriff Green Rir Mann schast sammeln Zug No. 3 auf ' Station M. Gefahr Extrozug bereit!" Alles ift still. Kittie kann ihre Auf regung kaum verbergen. Horch! Wieder ceht der Telegraph. Eine zweite Depesche nach Green Ri vcr. .Aufseher Green River sofort Extrazug bereitftellenl" Wieder lautlose Stille. KittieS Herz pocht wie ein Schmiedehammer. Da! Der Apparat regt sich! Wieder eine Depesche nach Green Ri der. .Maschinist Green River schnellste Maschine anfeuern! Waggon ankuppeln! Befehle des Aufseher? abwarten!" Pause. Von Kittie'S Schläfen rollt kalter Schweiß. Ihre Pulse siegen. Sie ringt nach Luft. Horch! Es klappert! Diese T.pesche geht nach Laramie. .Sheriff und Mannschaft be reit Extrazug fertig zur Abfahrt l" Sofort kommt die Antwort: .Strecke frei ! Volldampf sah ren ! Halbe Meile vor Station halten Sheriff und Leute ausftei gen ! Drauf ! Augenblicklich wurde zurückgemcldet: Extrazug abgefahren ! 1 Uhr 15 Minuten !" Gott fei Dank ! Rettung ! Rettung ! Kittie betet flüsternd.... ES ift 1 Uhr 2 Minuten. Also volle fünf Minuten rast schon die Maschine durch die Nacht. Sie muß die Meile in einer Minute machen und also schon 5 Meilen näher sein, so rech net das wartende Mädchen, umringt von den beutegierigen Schurken Der Führer gibt Jedem seiner Bande seine strikten Le ehle Also Du, Billy, springst sofort auf die Maschine und machst den Heizer und den Maschinisten fest ! Jack, Du machst Dich an den Postwagen und läßt Dir die eingeschriebenen Briefe und Packete herausgeben I Ich und Tom und vltb nehmen die Erprcß-Ear vor und Du Nell stellst den Condukteur ! Nur nicht zaghaft, JungenS! WaS widerspenstig ift, wird einsach niedergeknallt! Kein Parlamentiren! Entweder oder! Und Du, schöne Kanaille, winkst ordentlich mit der Lampe, Hörst Tu? Kittie nickt schw'.igend und zählt die Minuten 2 Uhr 15 Minuten! Mein Gott! Noch drei Viertelstunden und das Bev brechen ist geschehen ! Mein Gott ! Vielleicht gar ein Zusammenstoß! Am Ende gar ein erbitterter Kampf! schießen. Hauen, Stechen und Stöh nen und Jammern, der im Blute sich Wälzenden ! Feuer und Qualm der brennenden Waggons ! - 2 Uhr 20 Minuten I Kittie klammert sich krampfhaft an die Banklehne. Barmherziger Himmel. erbarme Tich! Da! Ein fürchterliches Krachen, Klingeln und Klirren Hülfe!" haucht die in Ohnmacht Sinkende Zwanzig Gewehrlüufe blitzten durch die zerschmetterten Fensterscheiben und ruhen auf die entsetzten Räuber. Halloh ! Die Hände in die Höhe!" dröhnt eine tiefe Baßstimme von draußen. Der Sheriff von Green River! Erzedt Euch im Namen deS Ge fetzeS von Wyoming ! Rührt Euch nicht oder Ihr seid des Todes !" Die verd.... falsche Kotz;!" zischt der Führer, indem er sammt der Bande die Hände in die Höhe bült. Mit drei bis an die Zähne bewaffne ten Münnern trit der Sheriff ein, ent waffnet die Kerle und legt ihnen Hand schellen an. Kittie! Kittie!" ruft eine helle Stimme von draußen und fast unmit telbar hinter den Polizisten drängt sich ein junger Mann in's Zimmer. ES ist der junge Ausseher von Lara mie. Kittie mein braveS. muthigcS MSd chen !" ruft er und schließt die Ohnmäch tige in seine Arme. Sieben Tage lag Kittie Donovan be- wußklos zu Bette im Hotel zu Green River. Dann setzte ein heftiges Gehirn sieber ein und während drei Wochen schwebte das tapfere Mädchen am Rande deS Grabes. Der junge Aufseher besuchte sie wäh rend dieser Zeit mehrmals und that Alles, um sie wieder aufzuheitern. Endlich, endlich genas sie, und als sie vor dem Gericht zu Cheyenne als Zeugin gegen die Räuberbande auf trat, wurde sie von den Zuhörern so wohl als auch von dem Richter und den Geschworenen mit donnerndem Applaus begrüßt. Die Räuber wurden zu fünfzehn Iah ren Zuchthaus verurtheilt und sofort abgeführt. Hat die Bahngesellschaft denn dieser Heldin auch eine Belohnung zukom men laffen?" so wird der geneigte Leser fragen. Nun ja ! Belohnung ! Es war zwar nicht viel. Doch Kittie hat dafür schreckliche Rache an dem jungen Aufseher ge nommen. Sie hat ihn gebeirathet ! Rache ift-süß !" Die Uhr. Ton 0erge! Pric e. Die amtliche Handlung war am Tag zuvor vollzogen worden. Der Beamte, der vor acht Jahren unsere Ehe geschlos. fen hatte, sprach jetzt in knselden würde vollen Weise, angethan mit derselben Schärpe, in demselben Saale der Mairie die Scheidung aus. Meine Frau war in Begleitung ihres Vaters, ihrer Mutter und zweier Freunde schieren, wehrend mir nur zwei alte, traurig dreiniehcnoe iran:e raden zur Seite standen; sie waren v?r Jahren Zeugen deS Anfanges meine? GlückeS gewesen, nun woynien ne n nem Ende bei. Ein frostiger, beim Kommen und Gehen gewechselter Gruß. daS war der Abschied zweier Menschen. die zahrelang m liebevollem Einvcrney' men miteinander gelebt hatten. Während wir auf den Bänken soß'n. wo kurz zuvor fröhliche, von allen Sei- ten beglückwünschte Paare ewige Treue gelobt hatten. ergr,n mich ne quai volle Erregung und mein Her, krampfte sich schmerzlich zusammen. Mich ersüllle die unaussprechliche, vcrz-yrende Angn. welche der Trennung von einem theuren Wesen vorherzugehen pflegt. Ich sagte mir. eS fei ja ganz unmöglich, daß die geliebte Gefährtin, die mich so oft in meinen Kämpfen ermuthigt und gestützt und der ich mit so inniger Liebe ergeben war, trotz meine? Vergehens, welches ich mit dem Verluste meines ganzen LebenSglLckeS büßen sollte.. .. daß die seS Wesen eS nun über sich bringen werde, ohne eine Regung des Be dauerns. ohne eine Erinnerung an die selige Vergangenheit daS Band zu zev reißen, das unS so enge aneinander knüpfte. Und während meine Blicke wie träum verloren von der banalen Malerei deS Plafonds auf die kahlen Wände nieder olitien. fielen sie plötzlich auf das lieb liche, traurig gesenkte, blonde Köpfchen meiner Frau, daS ich feit vier Monaten nicht wiedergesehen hatte, und nein. nein, eS war kine Täuschung an den dichten Maschen deS schwarzen Schleiers bemerkte ich den Schimmer zweier Thränen. Also auch sie vermochte die Erinne--rung nicht zu bannen, auch sie fühlte Kummer! Vielleicht verzieh sie mir sogar ! Ach, wäre sie nur allein gewesen ! Doch hinter ihr tauchte daS strenge Gesicht des VaterS. daS drohende Antlitz der Mutter auf, die Beide, feit dem Tage, da Helene durch einen Zufall jenes unselige Bneschen entdeckte, nul unermüdlichem Elser an unserer Tren nung, an unserem Unglück arbeiteten Ich hatte AlleS versucht, um eine Unterredung unter vier Augen möglich zu machen. Umsonst! Meine Briefe wurden unterschlagen, meine Boten förmlich zur Thür hinausgeworfen Unsere einzige Zusammenkunst fand in Gegenwart eincS zwar von den besten Absichten beseelten, jedoch pedantischen und ungeschickten Genchtsdeamten statt, dessen Haltung daS Zerwürfniß nur noch verschlimmerte. Und nun war AlleS auS I Seit jenem Tage, da meine Ver irrung. die ich mir jetzt selbst gar nicht zu erklären weiß, aufgehört hatte, für Helene ein Geheimniß zu sein, war ich nicht in meine Wohnung zurückgekehrt ; ich betrat sie daS erstemal wieder nach der entscheidenden Zusammenkunft vor dem Magistrate. Ta ich nicht Kraft aenua in mir fühlte, inmitten der Erinnerungen an mein entschwundenes Glück weiter zu leben, faßte ich den Entschluß, abzureisen, mich zu betäu ben, und mich von allen Dingen loszu lösen, die sich auf unser Beisammensein bezogen. Ein gemeinsamer Freund be faßte sich mit den Einzelheiten der AuS führung diese? Vorhabens. ES wurde beschlossen, daß man mir am folgenden Morgen zum Abschied noch einmal mein Zöchierchen bringen werde, das bei mir frühstücken und die letzten Stunden vor meiner Abreise mit mir verbringen sollte. ArmeS Kind! Armes, kleines Lisett chen !" Ihre sieben Jahre ließen sie zwar noch in Ungewißheit über ihr Geschick, aber dennoch mußte sie in der Frühreife ihres weidlichen Scharfsinnes schon her ausfühlcn, daß zwischen ihrer Mama und mir etwas recht Trauriges borge fallen sei. Schlag drei Uhr sollte ich das HauS verlassen, um mich direkt auf den Bahnhof zu begeben ; um vier Uhr wollte meine Frau die so lange gemiede nen Räume betreten, um ihrerseits jene Gegenstände an sich zu nehmen, die ihr gehörten oder auf deren Besitz sie Werth legte. Für den nächsten Morgen waren die Männer in den blauen Blousen be stellt worden, um die für den Verkauf bestimmten Dinge aus der Wohnung zu schaffen. Nachdem ich meine Koffer gepackt hatte, begab ich mich in daS verlassene, zerrüttete HauS und bestellte in der Nachbarschaft ein Frühstück, mit den Leckerbissen, die mein Töchterchen liebte. LucaS, mein alter Diener, und ich hiel ten diefcrhalb eine lange Berathung ab, um ja nur nichts zu vergessen. Ich suchte noch einige kleine Schmuck- fachen zusammen, die ich dem Kinde zum Abschied schenken wollte ; ein klei neS Armband und ein Medaillon, wel cheS mein Bildniß enthielt. Die strengen Schwiegereltern geizten nicht mit den Stunden unseres letzten Beisammenseins. Lisette kam zur fest gesetzten Zeit. Punkt zehn Uhr, begleitet von einem Kammermädchen, da? sie um zwei Uhr wieder abholen sollte. Seltsam l ES ist unbegreiflich, woher dem kleinen Mädchen daS Taktgefühl anfliegt ! Und doch ift ti nicht so un faßbar, denn alle Frauen besitzen eine gewisse, man möchte fast sagen, instink tive Feinfühligkeit. Bei den men liegt sie in der Geschicklichkrit, die zar testen Fäden eine Geheimnisses zu ent wirren, bei Anderen, die als barmher zige Schwestern Segen um sich her ver breiten, ruht sie in den sanften milden Händen, unter denen die Wunden heilen. Ein wenig ernst, ein wenig traurig umarmte mich die Kleine und schmiegte sich sanst an mich, wie sie kS so oft an traulichen Abenden am Kaminfeuer ge than. dann hing sie daS Medaillon um den HalS, nachdem sie eS vorher geküßt halte. So will ich es jeden Morgen und jeden Abend küssen, Papa !' sagte sie. Nachdem daS Frühstück beendet war, frug sie mich : .Weißt du. Papa, daß Mama um 4 Uhr kommen soll?" Ja. Lisettchen." Wirft du nicht auf sie warten, um ihr Lebewohl zu sagen?" Unmöglich, mein armes Lisettchen. Ich muß um halb vier Uhr abreisen. Der Zug wartet nicht." WeShalb benützest du denn keinen anderen, späteren Zug?" Die Fragen deS KindcS trieben mich in die Enge. Weil weil eS sich um ein drin gendeS Geschäft handelt und ich mein Wort gegeben habe. Weißt du. Lisett chen, ein Mann muß sein Wort immer halten." Ach." fügte ich unwillkürlich laut hinzu, hätte ich doch deine Mama allein oder nur in deiner Gegenwart sehen können?" DaS Kind erwiderte nichts, aber wädrer.d ich mich wieder mit meinen Reisevorbereitungen beschäftigte, irrte Lisettchen durch daS ganze HauS. suchte ihr Spielzeug zusammen, brachte ihre Puppe, ihr Stricklöidchen herbei und machte dabei ein trauriges, verlegenes Geftcht. , Diese Wahrnehmung schnitt mir in die Seele, da ich sie für ein An zeichen keimenden Mißtrauens hielt, ein Gedanke, der meine väterliche Liebe ver lekte. Lisettchen wurde zur festgesetzten Zeit abgeholt. Ich bedürfte einige Augen blicke lang meiner ganzen Kraft, mei nes ganzen Muthes, war eS doch zum letzten Male, daß ich das Kind in mei nem, in ihrem, in unserem Heim in die Arme schloß Die Zeit war rasch vergangen. Nach- dem ich mein Gepäck besorgt und AlleS in Ordnung gebracht hatte, blickte ich auf die Wanduhr. Drei Uhr! TaS Schlagwerk holte ouS und drei Schläge hallten durch s Zimmer. Während LucaS einen Wagen holte, betrat ich noch einmal da Schlafzimmer meiner Frau. Hier befand sich ein schönes Porträt, welches Helene als junges Mädchen darstellte. Das Bild war ihr Eigenthum, ich durfte eS also nicht an mich nehmen. Und als ich so. in den Anblick der rei zenden zaiten Müdchengeftalt versunken, vor dem Bilde stand, ohne mich von ihm trennen zu können, weinte ich bitterlich wie ein kleines Kind und flüsterte leise vor mich hm: Vergib mir, Helene!" Plötzlich vernahm ich ein Geräusch Ich wandte mich lebhaft um. Helene stand auf der schwelle der Thür bleich und bebend, und hielt ihre nassen Augen starr auf mich gerichtet. Helene', kies ich, du kamst früher als beschlossen war! Du liebst mich also noch?" Und ich ergriff die kleinen, weichen Hände, die ich mit glühenden Küssen bedeckte. Helene, die ihre Rührung auch nicht länger verbergen konnte, beugte sich sanst zu mrr nieder und sagte mit Thrä nen in der Stimme: ..Du bist e?, der länger blieb!. .. . Weshalb?.... Wozu?" Da stürzte Lisettchen rm Rahmen der Thür, und stürzte auf uns zu. Unsere beiden Köpfe mit ihren Händchen er fassend und einander nähernd rief daS Kind unter Lachen und Weinen: Ich war es Mama, ich war es Papa, welche die Uhren zurückgestellt!" Was brauche ich noch weiter zu sagen? WaS vermögen gestempelte Schriften und die feierlichsten Gerichts beamten gegen Liede und Vergebung. Ich reifte ab, jedoch mit meiner Frau und meiner Tochter, mit meiner Helene und'Meinem Lisettchen. Ein Kind hatte der Zeit Einhalt geboten und so konnten wir da? Glück noch rechtzeitig einholen. Nicht anqemkssen. Landwlrth (der kürzlich ein Jubiläum gefeiert hat. zu einem seiner Knechte): .Da Du an der Festlichkeit nicht tdeil nehmen lonnteft. Jochem. bekommst Du hier einen Thaler!" Jochem (verlegen): .I' dank' schön I ..Ich glaub' aber. Euer Gnaden, ich hätt' schon mehr 'gesscn und 'trun ken !" Anzüglich. Protz : Sie wollen mich also verlas- sen. Jean ; können Sie sich denn ver-bessern?" Diener : Verbessern gerade nicht. aber.. .. verfeinern!" Mcilitiös. Ein SonntaaSiäaer erzählt in einer Gesellschaft die gewagtesten Geschichten vmr Walsisckiaaden. die er in den Polar- ländern mitgemacht haben will. Er beschreibt eben in aufschneiderischer Meise, wie daS Meer bedeckt war von den Leichen der kolossalen Fische, als ihn der anwesende Förster lächelnd frägt: Na, und haben denn die See unde auch ordentlich appor tirt?" Zurechtweisung. Pfälzer Lehrer (der beim Unterricht einen Schüler mit einer andern als der vorgeschriebenen Ausgabe eine? Schulbuches trifft, auf dessen Ent schuldigung entrüstet): Sie hawwe nit zu hawwe. waS Sie hawwe. sondern S'.e hawwe zu hawwe, waS Sie zu hawwe hawwe!" fatales Dorschen. Freund: ... .WaZ, nicht ein Kranz wurde Dir zu Deinem Benefiz über reicht?" Schauspieler: Ja! Denke Dir nur. der dumme Kerl von einem Gärtnir hat mir meine Kränze gleich direkt in die Wohnung geschickt!" Slosjseufzor. Kandidat (während des juristischen StaatZkonkurse): O Gott, ich wollt', ich wär' schon als Obe.ramtSrtch ter gestorben!" Legriineicter lzaß. Direktor: ....Ihre Kollegin muß sich doch stark an Ihnen vergangen ha ben. um diesen Haß zu verdienen !" Schauspielerin : TaS hat sie auch I Denken Sie nur, dieses Scheusal hat mir, als ich in meiner Rolle als Gräfin in tiefe Obnmacht fallen, und sie mir, als meine Kammerfrau, das Ricchfläsch chen reichen mußte wirklichen S a l m i a k g e i st unter die Nase gehalten !" Nach dein lkommcrs. Nachtwächter (Morgens zwei Uhr): Schreien Sie doch nicht so l Sie stören ja die nächtliche Ruhe!" Studiosus : Schläft denn schon Jemand?" Bosbaft. Wucherer (ein Reiseabenteuer schil dernd) : ... Sie glauben gar nicht, wie gut ich von den Räubern bis zu meiner Auslösung behandelt wurde !" Herr : Kollegial?" Das Siegel. Willst du dem Lied Geheimes melden lind traust dabei dem Boten nicht, Dann mußt das Bricflein du versiegeln, Daß Niemand eZ als Sie" erbricht. Doch 's Bcste ist's, wenn das Geheimniß Sich durch dir selbst läßt machen kund ; Dann kannst du ja gleich direkt geben Dem Lieb daS Siegel auf den Mund. Rud. Wagner. Schöne Aussicht. Neu eintretendes Kindermädchen : Kann ich vielleicht die gnädige Frau sprechen?" Diener : Im Augenblick sie ord net eben die Kinder nach dem Alphabet!" Aus dem Gcrichlsfaale. Präsident : Wollen Sie einmal er zählen, wie die Schlägerei begann !" Angeklagter: Der Peter und ich waren von Jugend an wahre Herzens freunde. Wie ich ihn mm nach drei Jahren wiedersah, rief ich freudig auS : Lieber, guter Peter. Du bist aber groß und dick geworden I" Und erst Du", erwiderte dieser, Du siehst aus wie das ewige Leben !" Und so bracht' ein Wort das andere, bis wir schließlich handgemein wurden !" m lvermuthstropfen. Ein Assistent hat 50.000 Mark in der Lotterie gewonnen. Am nächsten Tage findet er auf seinem Schreibtisch im Büreau einen Brief von seinem Chef vsr, worin ihm dieser mittheilt, er habe sich bewogen gefunden, sein Ge halt monatlich um 30 Mark zu erhöhen. Donnerwetter!" ruft der Assistent, was für eine unbändige Freude könnt' ich jetzt haben, wenn ich den dummen Treffer nicht gemacht hätte !" Nobel. Diener: Herr Commerzienrath, Ihr Herr Bruder ift da!" Commerzienrath (frisch geadelt): Schon wieder so ein Bürger l i ch e r !" Die (Einfalt vom kande. Bauer (der zum ersten Mal eine elek irische Bahn sieht): Js lös narrisch ! Hint' nix, vorn' nix. am Dach drob'n d' Deichsel ' und laust do' wie der Teufi !" Fatale Zustimmung. Weltliche Kokette (schmachtend): Ja, Herr Assessor, die Liebe dauert ewig !" Herr (erschrocken): Jch merk's!" Unbewußte Grobheit. Dame (die eine Wohnung miethen will): Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich ein Klavier in meiner Wohnung ausstellen lasse?" Bauer : O nein ! Wir hören nichts davon uns' Dreschmaschin' geht ja den ganzen Tag !" Immer derselbe I Schnorrer (im Gefängniß): Sag'n S. Herr Kerkermeister, könnt' ich nix bei dem Feftzug. der morgen hier vor beikimmt, mei' Fenfterche vermiethen?!"