Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 16, 1897, Image 11

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    Cgteflttt kommt!
Humoreske vom ,tfif)nrn v. Schlicht,
Die (leint Garnison, in der nur ein
Jnfantkrie-Bataillon ftand, dkfand sich
in gewaltiger Aufregung. Am frühen
Morgen war aus dem BaiaillnSBuikau
ein Zelkgrainm eingelaufen, das kurz
und bündig besagte : Ercellenz kommt. "
Ein Unglück kommt nie allein, und
eine Excellenz, besonder; wenn sie, wie
in diesem Falle, der kommandnende
General ist, kommt auch nicht allein,
sondern sie bnngt verschiedene Herren
in ihrem befolge mit. Zunächst er
scheint der Herr Livifions Komman
deur, dann der Herr örigadeKomman
deur und endlich der Herr Regiment?
Kommandeur, und jeder dieser Herren
hat wenigstens einen Adjutanten bei
sich, io viele Augen sehen scharf, was
der Eine nicht sieht, sieht der Zweite
sicherlich, besonder? wenn er von seinem
Adjutanten auf jede Kleinigkeit auf
mcrlsam gc,nacht wird, und so konnte
man eS dem Herrn Major nicht ver
senken, daß er bei der Nachricht von dein
Eintreffen so vieler vorgesetzter nicht
sonderlich erbaut war.
Die Bataillons - Besichtigung sollte
abgehalten werden der kommandi
rende Herr General hatte sein Kommen
als noeiselhaft hingestellt man hatte
das Beste gehofft, und nun kam er doch!
Das Erste, waS der Herr Mayor
that, als er die Lchrcckenskunde erhielt,
war, daß er fein Bataillon alarmirte
und mit ihm nach dem ftiverzierplatz
abrückte. Dort wurde gedrillt", daß
den Soldaten und den Herren Solda
ten (das sind die Lieutenants) die Augen
übergingen, und erst spät am Nachmit
tag "ückte die Truppe wieder ein, mit
der frohen Aussicht, morgen und die
folgenden Tage, bis Excellenz da würe,
noch toller geschliffen zu werden.
Der Herr Major wa ein äußerst
liebenswürdiger und jovialer Herr, der
sehr gerne gut aß und noch lieber besser
trank, und aus Erfahrung wußte er,
daß die hohen Vorgesetzten, wenn sie
am Abend vorher im Eaftno gut geges
sen haben, am nächsten Morgen ge
wöhnlich sehr milde und nachsichtig
sind. So setzte er sich denn hin und bat
Se. önellenz in einem Privatdienst
schreiben um die hohe Ehre, das Mittag
effen an dem Tage vor der Besichtigung
mit den Offizieren des Bataillons
Abends um i Uhr im Casino einnehmen
zu wollen. Einer Zulage glaubte der
Major ganz sicher zu sein. In einer
langen Unterredung mit dem Tisch
Direktor wurde da? Menu festgestellt
und bald darauf spielte der Telegraph
nach allen Richtungen, m Kaviar,
Artischoken und andere in dem kleinen
Städtchen unbekannte Genüsse zu be
stellen. Das Unerwartete geschah: Seine
Excellenz dankte; sie sei dienstlich ver
hindert, schon am Tage vor der Beftch
tigung einzutreffen, sie werde Morgens
mit dem ersten Zuge zusammen mit den
anderen Herren eintreffen und nach
Schluß deS ExcercirenS, wenn die Zeit
es erlaube, gerne mit dem OsfiziertorpS
zusammen frühstücken.
Als der Herr Major dies Schreiben
gelesen hatte, versiel er beinahe in Trüb
sinn. Zum legten Male sollte er sein
Bataillon vorstellen, er war einer der
ältesten Majore in der Armee, die
nächsten Wochen mußten ihm entweder
die Beförderung oder den Abschied brin
gen, ein Drittes gib es nicht. Wenn
cr sich selbst geprüft hatte, war er stets
mit sich sehr zufrieden gewesen und er
hatte sich gesagt: Wenn ich darüber zu
entscheiden hätte, so würde ich mich
sicherlich zum Oberst Lieutenant machen.
Ganz fest hatte er auf sein Avancement
gerechnet aber nun? Warum kam
licellenz, wo sie doch eigentlich nicht
hatte kommen wollen, warum kam Ex
cellenz nicht zu Tisch, wie sie es in frühe,
ren Jahren doch stets gethan hatte?
Wollte man 'ihn abschlachten, sollte er
in die Wurst? Sollte er, so jung
noch an Jahren, schon zur Unthätigkeit
verurtheilt werden?
Ganz sicher wollte man ihn barbarisch
daraufhin prüfen, ob er nicht doch
irgendwo einen hohlen Zahn fitzen habe,
der ein ferneres Verbleiben im Dienst
unmöglich mache ach würe Excellenz
doch nur zu Tisch gekommen, dann
wäre noch AlleS gut gegangen, er hätte
eine Bowle gebraut, eine Bowle, bei
deren Genuß ,'elbft da härteste Herz ge
schmolzen wäre.
Da gab ihm der Himmel einen sehr
einfachen Gedanken: Wenn Excellenz
nicht vor der Besichtigung irum. mu?
er nach der Besichtigung trinken ich
werde ein grübstück im Easino arran
giren. daß Excellenz, wenn sie mich am
Morgen auch noch so toll heruntcrge
kanzelt hat. sagt: Der Major ist doch
ein feiner Kerl, den wollen wir der
Armee nur noch etwas erhalten."
Wieder setzte er sich mit dem Tisch
Direktor in Verbindung und nachdem
Alles besprochen war. durchwanderten
sie gemeinsam das Cafino. An Allem
hatte der Major zu tadeln: Mein lie
der Redwitz. daS geht nicht, in ein fol
ches ssanno können oir den kommen
direnden General nicht hineinführen:
sehen Sie sich einmal diese Gardinen
an. das geht nicht, und auf diesen ad
getretenen Teppich soll Excellenz seine
Füße setzen? Wie daS Rauchzimmer
aussicht nicht ein einziger vernünf
tiger Stuhl, und der Teppich hier hat
wahrdastig ein Loch und dieser i-piegel
sehen Sie sich nur einmal diesen
Spiegel an." , .
Schön ist er ja nicht," pflichtete der
! Lieutenant bei, aber mir können koch
I nicht Alles neu anschaffen i Wo sollen
j mir das (eld hernehmen' Wir ardei-
ten so wie so mit einem großen MinuS."
fsl haben Sie recht, leider,, leider"
stimmte der Herr Major zu. aber ge
schehcn muß etwas, so kann eS nicht
bleiben" und langsam und pulsend
schweisteii scine Alicen nochmals durch
die ganze Einrichtung, als hoffe er, daß
sie dadurch besser würde,
Redwitz, ich Habs." rief er plötzlich
wiffen Sie ich leide Ihnen meine
Möbel für morgen. Ich weiß ja nun,
wag Sie brauchen fchicken 3ie heute
Abend noch ein Dutzend Leute von der
Compagnie mit einem Handmagen, be
stellen Sie sofort einen Tapezier, der
sofort meine Gardinen anmacht und sor
gen Sie dafür, daß übermorgen, wenn
Ercellenz kommt, Alles in Ordnung ist.
Ich mache Sie dafür verantwortlich,
vom Erercieren können Sie zurückdlei
ben." Zu Befehl. Herr Major."
Der Major ging nach Haus, um das
Weitere zu veranlassen, und vierund
zwanzig Stunden später wardas Ea
fino feenhaft eingerichtet: dicke Smyrna
Zeppiche bedeckten die Fußböden, schiike
weiße Gardinen, werthvolle Portieren
prangten an den Fenstern und Thüren,
schone Stahlstiche und Celgemälde be
rühmter Meister hingen an den Wän
den, im Rauchzimmer standen große,
bequeme Plüsch-FauteuilS. auf den
Borden seltene Nippessachen und eine
große Elfendeingruppe, den Raub der
Sadinerinnen vorstellend, schaute ver
wundert auf die ihr fremde Umgebung.
Ercellenz mochte kommen.
Und sie kam.
In Breitcolonne stand das Bataillon
in Paradeausftellung auf dem Erercier
platz und freundlich grüßend, einen
guten Morgen, Musketiere" wün
schend, ritt der commandirende General
die Front der einzelnen Compagnien
ab.
Excellenz war sehr gnädig, und die
nadensonne leuchtete auf allen Ge
sichtern, sogar auf dem des strengen
Herrn Oberst, der ein paar Mal ein
halblautes Gut. sehr gut," sagte.
Dann begann das Erercieren die
Leute vergötterten ihren Major, der
zwar ein sehr strenger, aber wohlwollen
der und gerechter Vorgesetzter war.
So gaben sie her, was ein Jeder in sei
nen Knochen hatte und die Sache
klappte", daß es eine Freude war.
Darauf kam das Gefecht, aber
kaum hatte der Major seine Anordnun
gen getroffen, als Excellenz die Uebung
abbrechen ließ. Ich halte es für über
flüssig, Ihre Kräste und die der Leute
Weiler in Anspruch zu nehmen, das Ba
taillon ist in tadelloser Verfassung und
ich werde Gelegenbeit nehmen, Se.
Majestät davon in Kenntniß zu setzen.
Ich gratulire Ihnen, Herr Major."
Der Herr Major dienerte auf seinem
Pferd vor Stolz und Glückseligkeit, und
wäre eS nicht so unmilitärisch gewesen,
so hätte er Ercellenz am liebsten einen
Kuß gegeben.
DaS Bataillon war entlassen und der
Major schickte sich an, mit seiner Truppe
abzurücken, als Ercellenz ihn noch ein
mal zu sich rief: Mein lieber Heir
Major, Sie werden uns nun ja bald
verlaffen und in einen neuen Wirkung
kreis treten da möchte ich doch die
Gelegenheit, die sich mir heute zum letz
ten Male bietet, benutzen und Ihrer
sehr verehrten Frau Gemahlin noch vor
dem Frhhftück meine Aufwartung zu
machen.
iZnellenz sind zu gnädig, betheuerte
der Herr Major, beglückt über die
seiner Frau bevorstehende Auszeichnung.
Ich werde doch Jlirer Frau Gemah
lin nicht ungelegen kommen?"
Ader Excellenz"
Nun denn auf Wiedersehen im Ca
sino." und Ercellenz sprengte mit sei
ner Suite davon.
An der Tete seines Bataillons rückte
der Major ab, aber plötzlich hielt er
sein Pferd mit jäbem Ruck an: Herr
Gott. Excellenz wollte seiner Frau einen
Besuch machen und er besaß in der gan-j
zen Etage auch nicht eine einzige ein-!
gerichtete Stube. Ueberall fehlten die!
Gardinen, hier dies, dort das die
Zimmer sahen aus, als wenn groß
Reinemachen wäre, und da sollte feine
Frau Excellenz empfangen. Das war
ja unmöglich! Und er setzte sein Pferd
in Galopp, um Ercellenz einzuholen
und sie zu bitten, von dem Besuch Ab
stand zu nehmen. Aber nachdem er
einige hundert Meter geritten war, hielt
er feinZPferd wieder an: das ging doch
auch nicht, was würde Ercellenz denken
und womit sollte er seine Bitte begrün
den? Plötzliches Unwohlsein? Das
ginge, aber wie sollte er die Nachricht
erhalten haben? Und in seiner Ver
zmelfliing nahm er sich den Helm vom
Kopf und raufte sich die Haare.
Tann aber gab er seinem Gaul die
Sporen und jagte, so toll es ging, der
Stadt entgegen und durch die Straßen
nach dem Casino, wo Redwitz bereits
an der Thür ftand, um die Güfte zu em
pfangen. Redwitz. ich kann Ihnen nicht hel
fen. Sie müffen mir meine Möbel so
fort wieder in meine Wohnung schuf
fen. Excellenz will bei mir Besuch ma-chen-"
Aber H?rr Major. . . . !"
Hier uiebts kein aber, das einzige
Zimmer, da so geblieben ist, wie eS
war. ist das Schlafzimmer, und da lön
nen wir Excellenz dcch nicht empfangen."
Wir können doch nicht die Gardinen
j herunternehmen so schnell steckt sie
.doch lein lapeziever fast'"
Die Gardinen bleiben hier da
j kann ich lügen und sagen, die wären in
der Wäsche. Ader die Zeppiche und
j Stühle muß ich wieder haben. Alarmi
I ren Sie die Kaserne, Alle, was zurück
' geblieben ist, die Mannschaften au der
Küche, die Revierlraiilen, die Hand
werker, AlleS muß antreten! Sie find
mir dafür verantwortlich, daß meine
Wohnuiig in einer Viertelstunde wieder
eingerichtet ist,"
Und ohne auf die Entgegnung des
armen Lieutenants zu hören, sprengte
der Major wieder von bannen.
Friedrich! Frie de rich!"
Schon bündelt Meter vor seinem
seinem Hause fing er an, nach sei
nem Burschen zu rufen.
..Friederich!!!"
Aber der hörte nicht.
Wo steckt denn der Kerl nur ? Ich
sperre ihn drei Tage ein, ich laste ihn
ablösen, diesen faulen Lümmel
Frie de rich!"
Herr Major?"
Da kam der berufene endlich au
dem Stall.
I KtL, warte, wir sprechen nachher mit
j einander hier, nimm da. Pferd"
und so schnell seine Eorpulenz es ihm
i erlaubte, schwang er sich aus dem Sattel
' und eilte in seine Wohnung. Er öffnete
i mit einem Drücker die Etagenthür und
i stürzte über den Eorridor.
Elsbeth ElSbeth, Herr Gott,
hört denn heute kein Mensch Elsbeth
Excellenz kommt, das hat grade noch
gefehlt."
Stürmisch riß er die Thür zu dem
Wohnzimmer auf, um seine Frau zu
suchen aber plötzlich blieb er wie ge
bannt stehen, seine Knie wankten, er
fühlte sich einer Ohnmacht nahe, denn
da drinnen saß die Excellenz schon im
eifrigen Geplauder mit feiner Frau.
Nur herein, lieber Herr Major,"
sagte Excellenz leutselig, ich bin ja
selbst verheirathet und weiß, was Groß-
reinemachen in einem Haushalt zu be
deuten hat. Die Entschuldigungen Jh
rer sehr verehrten grau Gemahlin wa
ren ebenso unnöthig, wie es Ihre Be
sorgniß ist."
Excellenz find wirklich zu gnädig und
nachsichtig," stotterte der Major und
nahm auf dem einzigen noch leeren Stuhl
Platz, um fich an der Unterhaltung zu
betheiligen.
Da ertönten schwere Schritte auf dem
Eorridor der Major fühlte sein Ende
nahen er hörte RedwitzS Stimme und
gleich darauf stand dieser in der offenen
Stubenthllr, im Arm die Elfenbein
gruppe, den .Raub der Sabinerinnen"
haltend und im Hintergrunde stand der
ganze Eorridor voller Soldaten, die mit
Teppichen, Tischdecken und Stühlen be
laden waren.
Erde, öffne Dich," flehte der Major,
allein vergebens.
Verwundert schaute die Excellenz ab
wechselnd auf die Hausfrau, den Herrn
des Hauses und auf den in der Thür
stehenden Lieutenant.
Niemand fand ein Wort.
Da ertönt auf dem Eorridor die rauhe
Stimme eines Musketiers. Herr Leit
nant, sollen wir die Sachen, wenn Ex
cellenz doch all (schon) da ist, gleich wie
der ins Casino tragen?"
Die Excellenz erhob sich, um fich zu
verabschieden eS wurde ihr unge
müthlich. Excellenz," flehte da der Herr Major
ich glaube Ew. Excellenz eine Auf
klärug schunldig zu sein," und er er
zählte, warum fich seine Möbel auf Rei
sen befänden.
Da reichte ihm Excellenz heiter lächelnd
die Hand: Daß ich den Herren bei
meinen Besichtigungen zuweilen die
Ruhe und den Schlaf rande, ist ja lei
der eine Thatsache, die sich nicht ändern
läßt aber daß ich auch den Damen die
Bequemlichkeit entziehe, das hätte ich
denn doch nicht von mir gedacht.
Für so schlecht hätte ich mich nicht ge
halten." Der Herr Major ist nun schon seit
einigen Jahren Oberstlieutenant und
zugleich Präses der Easino-Commission
im neuen Regiment. Er wird alljähr
lich wiedergewählt, weil er noch nie den
Antrag gestellt hat, daß die Vaheira
theten bei gemeinsamen Festen dem Ea
sino mit ihren Möbeln aushelfen sollen.
Aus eigener Erfahrung weiß er, in
welche fatale Situation man dadurch
zuweilen kommen kann.
in Reinfall,
l.
Also heute Nacht um eins!"
Jawohl ; und vergiß das Werkzeug
nicht!"
Nein. Wird besorgt. Adieu !"
Adieu !"
Die Beiden trennten fich. ES waren
die von der Polizei schon ost begehrten
Einbrecher Mertens und Schulze,' welche
augenblicklich (man kann wohl sagen,
vorübergehend) in Freiheit waren. Sie
hatten wieder einen reicher., gewinnver
sprechenden Einbruch verabredet.
2,
In den Geschäftsräumen des Ban
kiers Leopold Reich herrschte eine unge
wöhnlich frohe Stimmung. Reich hatte
zur Feier seine? Geburtstages seinem
Personal eine Anzahl Flakchen Eham
pagner gestiftet, mit der Bitte, dieselben
auf seine Gesundheit zu trinken, und
freudig kamen die Angeftellien seinem
Wunsche nach. Da die Flaschenbatterie
ziemlich groß war. konnten die 9 Her
ren (der Lehrling im Alter von 15
Jahren rechnet nur halb! gar nicht da
mit fertig werden, und eS dauerte nicht
lange, da hatte Müller, der alte Proku
riß, dem Lehrling angeboten, mit ihm
Brüderschaft zu trinken. AlleS war
kreuzNdel und betrunken. Um acht
Uhr AdendS torkellen die Reichen" iwie
sie im Städtchen genannt wurde) nach
Hauie, als letzter der alte Müller, wel
cher daS schließen der Hau?thüre zu
besorgen hatte.
&
Ei S hat eS geschlagen." rief der
Nachtwächter. Da tauchten auS dein
' nächl liehen Dunkel vor dein Reich'fchen
Geschäftsbank zwei Gestalten auf.
MertenS?" Schuzle?" ..Na.
dann an die Arbeit."
Schulze hatte einen ganzen Korb voll
Werkzeug mitgebracht ü.id MertenS fing
jetzt an, das Thürschloß anzugreifen.
Dietriche von allen möglichen Formen,
j Haken, Brecheisen und so weiter, alle
erwieS sich als unnütz. Kein einziger
der vielen Nachschlüssel öffnete da
Schloß. Mitten in ihrer Arbeit wurden
sie durch den Nachtwächter gestört.
Rasch huschten sie in eine, neben der
Thüre befindliche Nische und nahmen
I dann mit verdoppeltem Eifer ihre Ar
j bcit wieder auf. Aber daS Schloß gab
nicht nach. Es war schon fieben Uhr.
al Mertens plötzlich sagte: Schulze,
i es kommt Jemand."
Nachdem fie sich wieder in die Nische
geflüchtet hatten, sah MertenS vorsichtig
i hinaus und wunderte sich sehr über das
merkwürdige Betragen deS alten Müller.
Dieser war nämlich in größter Haft um
die Ecke gelaufen gekommen und hatte
dann plötzlich seinen gewöhnlichen,
langsamen Gang angenommen. Als
er bei der Nische vorbei kam. murmelte
er : Nein, dieser Kater, dieser Kater !"
Müller ging auf die HauSthür zu,
streckte die Hand aus und öffnete
ohne Schlüssel. Er hatte in seinem
Dusel am vorigen Abend vergeffen zu
schließen, und früh am Morgen war
ihm das eingesallen. Mit einem lei
sen : Gott sei Dank, daß nichts pasftrt
ist !" trat er in das Haus. Mertens
und Schulze sahen sich sprachlos an.
Sie hatten eine ganze Nacht an einem
Schloß gearbeitet, welches gar nicht ge
schloffen war.
Nein, so etwas", sagte Mertens,
nachdem er fich erholt hatte, das ist
wohl wieder ein neuer Tric, um unser
Handmerk zu schädigen."
Ein anständiger Geschäftsmann läßt
doch seine Thüre Nachts nicht offen
stehen", meinte Schulze, aber wir häi
ten auch nachsehen können, ob auch
ordentlich geschloffen ist."
Ja. ja. Und unser ganzes Werk
zeug ist verdorben."
?iiie (räfin als Tchildwachc.
Der auS Frankreich stammende Graf
d'EZpagne hat in Spanien, wo er unter
König Ferdinand dem Siebten (gestor
ben 1833) das Amt eines General
Kapitäns von Katalonien bekleidete,
durch seine oft in Grausamkeit ausar
tende Strenge ein berüchtigte Andenken
hinterlassen, und jetzt noch ist dort die
Erinnerung an viele Episoden aus dem
Leben des immerhin merkwürdigen
ManneS lebendig.
Als der General eines Morgens die
Akten eines schwierigen Militärprozeffes
zu studiren hatte, gab er dem wacht
habenden Offizier den Befehl, Nie
mand, wer es auch sei, vorzulaffen.
Der Adjutant ließ aber dem Verbote
zuwider die Tochter de Grafen auf
deren inständiges Bitten hinein. Sie
kam, um für einen in den Prozeß ver
wickelten Offizier, der früher in der
Familie deS Generals verkehrt hatte,
.V j 1 . 5, X . 1. rtN. fa t
ur, preise einzulegen, xer wenerai
Kapitän verzieh seinen Familienmit
gliedern eher alles andere als auch nur
die geringste Einmischung in seine mili
tärischen Angelegenheiten. Er hörte
jedoch seine Tochter gelassen an. Als
sie geendet, ließ er den Adjutanten kom
men und befahl ihm, einen Kehrbesen
bringen zu laffen. Verdutzt sah der
Offizier seinen Vorgesetzten an, doch
daS gefürchtete Stirnrunzeln desselben
gab ihm Flügel. Der General über
reichte dann der Besen seiner Tochter
mit den Worten : Da du dich nnn
einmal durchaus in soldatische Dinge
mengen willst, so wirst du sofort den
Wachtposten unten vor dem Hanptthor
ablösen. Und Sie," wandte er sich
an den entsetzt zuhörenden Adjutanten,
übergeben mir Ihren Degen und be
geben sich in Arrest, weil Sie meinem
Befehle, Niemand vorzulassen, nicht
Folge geleistet haben."
Und so geschah c. Mit dem Besen
in der Hand maßte die junge Gräfin
zwei Stunden lang Schildwache vor
dem Thore stehen. Sie zog sich aus der
zugigen Straße eS war im Winter
eine starke Erkältung zu. die fie
Wochen hindurch ernstlich anf'Z Kran
kenlager warf.
Die blutige Strenge, mit welcher
d'Espagne die ihm untergebenen Pro
vinzen behandelte, wurde ihm übrigens
später noch verhängnißvoll. Nachdem
er seines Amtes und aller Würden ent
setzt worden war, wußte er Spanien
verlaffen und sollte über die französische
Grenze gebracht werden. Als er der
selben schon nahe war, wurde cr trotz
der ihn begleitenden militärischen Be
deckungSmannschaften wahrscheinlich
sogar im geheimen Einverständnisse mit
denselken von den erbitterten Kata
loniern erschlagen und sein Leichnam
in'S Meer geworfen.
ras Schicksal einer Undankl'aren.
Von urtdi) ßulttrman.
Undank ist ja bekanntlich der Welt
; Lohn, aber nie trat dieS deutlicher zu
Zage, nie wurde die dargebotene Gast
freundichast schlimmer mißbraucht, als
dieS im folgenden Falle geschah. In
einem der besten Wohi'häuser der Ltädt
datte sie Ausnahme gesunden. Da fie
heimathlos war und in Folge ihre zar
ten Baue wenig geeignet, den ötrupa
zen deS LedenS zu trotzen, so bot man
ihr freien Zutritt, gewährte ihr jede
Freiheit und hinderte sie selbst nicht,
wenn sie bisweilen in größter Auf
regung durch alle Zimmer deS Hauses
raste. Sie zeigte stelS eine große Un
ruhe und war nur selten zu veranlas
sen, auch nur einige Minuten stille zu
fitzen. Selbst des Nachts schien fie keine
Ruhe finden zu können und kam eö so
gar nicht selten vor. daß sie die übrigen
Bewohner deö Hauses durch plötzliches
Erscheinen in deren Schlafräumen er
regte. Eingedenk des Spruche:
Ein ruhiges Gewiffcn
Ist ein sanftes Ruhekiffen,
kam man immer mehr zu der Anficht,
bor, ihr Gewissen nicht rein, daß sie ir
gend eine böse That vollbracht haben
müffe, welche ihr jetzt bei Tag und Nacht
keine Ruhe finden ließ. Sie offenbarte
eine stete Angst, ergriffen und vielleicht
getödtet zu werden. Ein sicheres Zeichen
eines böfen Gewiffens war es, daß fie
die Dunkelheit scheute, weshalb fie am
Tage das Sonnenlicht suchte, am Abend
sich nur in erhellten Räumen aufhielt.
So wie sie selbst, ihr ganzes Wesen
allen Bewohnern des HauseS höchst un
sympathisch war, so auch ihr Gesang.
Kaum ließ fie denselben ertönen, so
fuhren auch schon die Hände aller An
wesenden nach den Ohren, um durch
Zuhalten da? Eindringen der Töne zu
verhindern.
Daß unter diesen Umständen daS Ver
hältniß ein immer gespannteres wurde,
ist leicht erklärlich. Man mied sie so
viel als möglich, ließ sie einfach gewähr
ren, aber hielt fie bei all ihrem Thun
stet? im Auge. Letzteres war aber auch
nothwendig, denn neben ihren sonstigen
Untugenden hatte man auch noch einen
Sinn für Zank und Grausamkeit an
ihr entdeckt. Mit Vorliebe ließ fie ih
ren Zorn an den Kindern aus, beson
ders der kleinen süßen Emma, welche
schon auf ihrem runden Gefichtchen ver
schiedene Spuren von Wuthausfällcn
der Grausamen trug.
Eines TageS, als die Familie gerade
bei Tische saß. stürmte die Böse in gro
ßer Aufregung in'S Zimmer und, fich
in toller Wuth auf die kleine Emma
stürzend, versetzte sie derselben mit ei
nein spitzen Instrument einen Stich ge
rade unterhalb des AugeS. Durch diesen
plötzlichen Ueberfall auf's Aeußerste
getrieben, sprang der Hausherr in voller
Wuth auf die Angreiferin und, nicht
mehr Herr seiner selbst, versetzte er ihr
einen solchen Schlag, daß sie zu Bcdcn
sank noch ein leichtes Zucken und fie
hatte geendet die abscheuliche MrSkite.
daß der Oberftaatcanwalt Ungarn?
hiiiler Ihnen steht." Der Erzherzog
wandte sich nach Alexander Kozma um.
dieser aber rief mit dem unschuldigsten
Gesichte der Welt auS : O t. H.'helt.
wir sangen nur die kleinen Diebe, die
großen laffen wir kaufen." Der Erz
Herzog toll fich über diesen Scherz sehr
amüfirt haben.
Die musikalische sen.
Erst ging mit Notenmappe
Sie in den Unterricht
Und war auf inue Noten
Ganz schauderhaft erpicht.
Sie spielte ohne Fehler
Nach Noten da Klavier :
Auch sang sie im Konzerte
Nach Nohn vom Papier.
Nun ist sie Frau geworden.
Ihr ftrcnger Ehemann
Kein Spieln und kein 9inu.en
Von Nolcn hören kann.
Sie hat sich still ergeben
In diese? Mißgeschick.
Doch blieb zu ihrem Troste
Ihr wenigste,-. ein Glück.
Darf sie sich auch an Noten
In Zuknnfl nicht erdau'n.
Kann sie ooch ihre Kinder
Nach Noten noch ver hau'n !
Kühl ,5 an 's tjerz Hinan.
Hausfrau (über den Zicppeiirand zu
der Köchin hlnunterrufend, welche die
ganze Küche voller Besuch hat):
! Budget!"
Bridaet : . ,awol,l. Madam."
Hausfrau: Es ist bereits zehn Uhr !"
Bridget: Dank' schön, Madam!
Und wenn's Jhne nit zu viel Trubel
macht, woll'n Se vielleicht so gut sein
und mir 'runterufen, wann's Zwölf iZ.
cLnfant lenikle.
Dame auf Besuch): Katzen können
ja, wie Ihnen nicht unbekannt sein
j dürfte, im Dunkeln sehen." Söhnchcn
i (vom Hause): Meine Schwester Anna
auch. Denn alS ich sie neulich mit
Herrn Affeffor Schmidt im finstern
Korridor stehend antraf, sagte sie :
Eduard, Du bist ja heute nicht rafirt."
Sine kluge Zelepftonistin.
Vor einigen Wochen wurde die Tele
Phonlinie Paris-Lille eröffnet, chon
mehrere Tage später sah sich ein gut
situirter Wittwer in Lilie veranlaßt,
feinen Geschäftsfreund in Paris anzu
rufen. Er gab ihm den Auftrag, aus
seinem großen Bekanntenkreise ein Pas
sende? Mädchen, hübsch, fleißig und
wenn es nicht anders sei auch unver
mögend, für ihn auszusuchen und ihm
Photographie, sowie einen kurzen
Lebenslauf zukommen zu lassen. Wenn
er etwas Passendes gefunden, wollte der
Liller nach Paris reifen, um seine Pari
serin persönlich kennen zu lernen und
sobald wie möglich zu heirathen. Die
ses Gespräch wurde von einer im Amte
thätigen Zelephonisten aufgefangen.
Ihre Photographie, von einem deschei
denen und warmen Brief begleitet, ab
zusenden, war das Werk einer Stunde.
Schon den nächsten Abend konnte der
Wittwer in Lille die hübsche und ans
guter Familie stammende Telephonistin
persönlich kennen lernen. Da fie ihm
den ganzen Vorgang schriftlich mitgc
theilt hatte, bedürfte es keiner großen
Erklärungen, und seit einigen Tagen
hat die Pariser Telephonzentrale eine
fleißige Beamtin weniger. Freilich
hatte fie mit dem Bruche ihres Amts
eides den vielleicht lange ersehnten
Mann bekommen, aber auch die härteste
Behörde wird in solchem Falle Gnade
für Recht walten lassen, zumal der Ge
mahl der gut hörenden T?lephonistin
der Bureauvorsteher der Telephonen
trale in Lille ist.
Ihn deshalb.
Nachbarin : Wie Sie brennen jeden
Abend Licht, bis Ihr Mann nach Hause
kommt?"
Frau : Gewiß, denn neulich hätte
ich 'mal beinahe mit dem Stiefelknecht
in den Spiegel hineingeworfen !"
verschnappt.
Bräutigam : Hätten wir nur erst
zwei Zeugen, die mit zum Standesamt
gehen."
Braut : Würden Teine beiden Kol
legen nicht?"
Bräutigam : Nein, die will ich
nicht. ... die schadenfrohen Kerls !"
Gemüthlich.
Bliemchen (auf einer Landparthie
während der Rast zu einer neben ihm
im Grase fitzenden Dame): Hürn Se
sühn Se nischt fit ungut, meine
Gnädche. awer bitte muß ich daß Se
uffstehn Se hamm fich nämlich in
Jhrn niedlichen Weißen Kleedchen uff
meine Aerdbeeren gesetzt !"
Die grosien und die kleinen Diebe.
Zur Eharakterifirung de jüngst ver
florbenen Oberstaatanwaltcs von
Budapest, Alexander Kozma. theilt der
Pester Lloyd solgendeS Histörchen mit :
Eines Tages besichtigte Erzherzog Joses
in Begleitung des Ministerialratbs und
Oberinspektors der Staatsgestüte Franz
Kozma das Badolnaer Gestüt. Franz
Kozma. der im ganzen Lande als Auto
rität auf dem Gebiete der Pferdezucht
galt, brachte auch feinen Bruder, den
Oberstaatsanwalt Alexander Kozma,
mit sich, den er dem Erzherzog vorstellte.
Aus einem Stalle führten Husaren dem
Erzherzog vier prachtvolle Vollblut
Hengste vor ; da rief Erzherzog Josef in
heiterer Laune aus : Welch prächtige
Thiere. Ich hälte förmlich Lust, mit
einem Paare davon nach Bclyareriart
das Weite zu suchen." Franz Kozma
wies mit eri fter Miene auf feinen Bru
der : Vergessen Sie nicht, t. Hoheit,
Tüchtig.
Du, der Meier will bei mir als Ge
schäftsführer ein'reten, nie wirst Du
mit ihm zufrieden?"
Na, bei mir war er fünf Monate,
im sechsten haben wir Konkurs ge
macht !"
Also ein tüchtiger Mensch? !"
Auf der leiiiisahrt von der Trauung.
Er: Lieber Schatz, was weinst Du
denn so furchtbar?"
Sie (schluchzend): Ich kann nicht
kochen !"
Er : Da brauchst Du nicht zu wci
nen : ich hab nichts, um waS zum
Kochen zu kaufen."
Malitiös.
Dein Vetter hat sich aber den Korb,
den Martha ihm gegeben, so zu Herzen
genommen, daß er jetzt nach Afrika
geht."
Möglich. Vielleicht ist cr aber auch
zur Besinnung gekommen, und er fürch
'et, daß sie sich and,rS besinnen könnte."
Gemüthlich.
Hausfrau: WaS ift denn Ihr
Schatz. Lina?"
Köchin : O. er ift nicht verwöhnt,
er ißt alles, wa- wir auch essen."
?chr einfach.
Fräulein : Aber sagen Sie mir doch
nur, was Sie diese ganzen drei Wochen
in der langweiligen Wüfte gemacht
haben?"
Reisender : Geschwitzt habe ich. mein
Fräulein."
Auf dcm Rhcindampfcr.
Der kleine Max: Nicht wahr, Papa,
das hier ist der Felsen, worauf die Lore
In, sitzt und sich die Haare kämmt?"
Vater : Jawohl, die ift propperer,
als Du. Junge !"
vchlcchler Trost,
Schneider : Ich kW doch daraus
rechnen, daß Sie mir den Anzug in vier
Wochen bezahlen?"
Student : Wenigstens werde ich
Ihnen dann schon etwa dcfinuives ver
sprechen können !"