Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 16, 1897, Image 10

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    Tm HopfewVsbot.
von Äflir rill.
König Heinnch der Achte von ÜTlf
land erwachte an einem Sommermor
grn be? JahreS 1":U in sehr schlechter
Laune. Wahrscheinlich hatte dieser
onuinelle Despot und blutdürstige D
ran in der Nacht einen unangenehmen
Traum gehabt. Vielleicht waren ihm
die 'elfter einiger der vielen blutigen
Opfer seiner königlichen Willlur erschie
neu. Wahrend seiner langen Regie
rungSit ließ er reichlich 72. 000 Men
schen hinrichten, darunter auch mehrere
seiner grauen, immer, wenn er eine loS
fein wollte, um eine andere, die ihm des
skr glsirl. heirathen u können. Er war
so eine Art von Blaubart auf dem
Throne.
Seine Höflinge, Pagen und Diener
zitterten, als fte das nster grollende
Antlitz deS (ebielerZ erblickten.
.Den Morgentrunt!" rief barsch der
Tyrann.
WS befiehlt Eure Majestät ?" fragte
zaghaft der Mundschenk. Vielleicht
Malvafter?"
Bier will ich!"
Der Mundschenk verneigte sich dem ü
thig. Wein oder Bier war der gewöhnliche
Morgentrunk aller Vornehmen damals,
als man von Kance. Thee und Shoko
lade noch nicht die geringste Ahnung
hatte. Auch die Königin und die Hof.
damen tranken Wein oder Bier zu jeder
Zeit deS Tages, sobald sie Durst der
spürten. Zur Winterszeit schlürften
sie (lühwein und Warmbier mit Eiern.
Ein großer silberner Humpen von
schäumenden BiereS wurde gebracht und
dem Könige kredenzt. Heinrich that ei
nen langen, durstigen Zug. Da ver
zerrte sich plötzlich fein Antlitz, er spie
auS, warf den Humpen auf den Estrich
und schrie wüthend: Ha. was ist daS?
Will man mich etwa vergiften?"
Gott verhüte es. Eure Majestät; an
solche Ruchlosigkeit denkt doch gewiß
Niemand!" stammelte der Mundschenk
deftüizt.
Das Bier ist nicht wie gewöhnlich."
Nein, es ist von der neuen Sorte,
die man für viel besser hält."
Besser? Dies schändliche Zeug? Was
ist's für Bier? Sprich!"
Neues Hopfenbier, Eure Majestät!"
Warum bringt man mir denn nicht
das gute altenglische Wermuthbier?"
Der Vorrath davon ist gestern in
folge des heftigen Gewitters sauer ge
worden." Hm! Zu bedauern ist's, daß Wer
muthbier nicht haltbarer ist," brummte
Heinrich.
Ja. freilich. Majestät. Und da das
neue Hopfenbier, wovon der Kellermei
fter ein Faß zur Probe erhalten hat.
ganz vorzüglich sein soll"
Findest Du das auch, Man Tyr
rell?" Ich muß gestehen, Majestät, daß ich
daS neue Bier sehr gut finde."
Wo ist es gebraut?"
So viel ich weiß, in London."
Ist der Brauer vielleicht deS Keller
meisterS Freund?"
Ich weiß es nicht."
Oder Dein Freund?"
Nein. Aber ich halte ihn für einen
rechtschaffenen Mann."
So, so? Ha, ha, wer's glaubt !
Man hole sogleich Doktor Butts und
dringe mir einen Humpen Malvasier,
da gutes, gerechtes Bier heute nicht zu
haben ist!"
Malvasier wurde gebracht. Der Kö
nig trank den köstlichen Wein. Dann
sprach er heimtückisch: Wenn Doktor
Butts sagt, daß Hopfenbier schädlich
oder verdächtig ist, so lasse ich sowohl
Dich wie den Kellermeister foltern, um
der Wahrheit auf die Spur zu kom
men." Der Mundschenk Allan Tyrrell er
bleichte, obgleich er ein gutes Gewissen
besaß. Ader er kannte genau die er
darmungslose Grausamkeit seines furcht
baren Herrn.
Nach Verlauf von kaum zehn Minu
ten erschien der berühmte Leidarzt.
Mein hochgelahrter Doktor," fragte
Heinrich, wißt Ihr, was Hopfen ist?"
Hopfen ist eine Pflanze, die man in
Deutschland beim Bierbrauen verwen
bet," versetzte Doktor Butts.
Ist Hopfen giftig?"
Giftig wohl nicht, aber in größeren
Mengen betäubend."
Also schädlich?"
Allzudiel davon ist allerdings schäd
lich. Man hatte soeben die ungeheuer
liche Dreistigkeit, mir Hopfenbier zu
kredenzen. Zum Glück habe ich das
höchst verdächtige Getränk nicht ver
schluckt; deshalb wird's mir wohl nicht
schaden können."
Es schmeckte Eurer Majestät also
nicht?"
Ganz und gar nicht."
Hm. hm! Ja, das altgewohnte
englische Wermuthbier mag wohl be
kömmlicher und zuträglicher für den
Magen sein "
Ganz recht, Doktor! Ich halte eS
auch mit dem Wermuthbier."
Vermuth ist ein köstliches Kräut
lein. Es hat gar herrliche magenstär
kende und andere vortreffliche Eigen
schalten." So ist'S, Doktor! Ich will nicht,
daß meine unbesonnenen Unterthanen
Schaden an ihrer Gesundheit durch das
deutsche Hopfenbier erleiden. Bei'm
altgewohnten Wermuthbier sollen die
Leute bleiben. Der Gebrauch des
Hopfens soll den Bierbrauern bei har-
ter Etraie verboten werden; noch beute
soll das Nöthige geschehen. Giebt es
Hopfenpftaii,ungen in England?"
.Ich glaube, bis jetzt nur eine ein
,!ge." sagte Doktor Butt?.
' .Wo ist dleZ" I j
Zu Farnham in der Grafschaft
Zurrev.
Die Hoplenpflanzung soll auge
rottet werden. Ich will keinen Hopsen
bau in England. Auch kein Hopsen
Bier. Bei meinem Zo,n ! ES soll ein
,Tas wird er wohl bleiben lallen
und zwar auS sehr triftigen Gründen.
Die Hansa würde ihm, wenn er ihr all
zuviel Verdruß ween einiger kleinen
Schmuggeleien machen wollte, kein (tfeld
Mehr pumpen, ivüdiitch tiNc Majestät
dai'n sicherlich früher oda päter in arge
chwulitötcn gerathen müßte."
Ja. daS ist freilich wahr. Doch um
den Geldpunkt handelt eS sich auch in
Betreff der Begründung einer deutschen
Brauerei in London. Mein Bruder
daraus bezügliches Gesetz ausgefertigt , yal nur ,eyr geringe vuun, ,onn yane
und mi! dem großen Siegel und mei- er sich längst selbständig gemacht und
ner königlichen Unterschrift versehen seine Marianne geheirathet."
werden!" Auch das zu bewerkstelligen ist nicht
Und so geschah eS. Niemand wagte schmierig. Da ist gerade eine kleine
eS. dem eigensinnigen Tyrannen das ' Brauerei dillig zu verkaufen, hier nahe
Jbstriile seiner Handlungsweise klar bei in Eastcheav. nicht re,t von der aU
zu machen und ihm gegenüber ein ver
nünftiges Wort zu Gunsten deS für die
Bierbrauerei so äußerst nützlichen
HopfenS einzulegen. Weil der gekrönte
Despot persönlich einen Widerwillen ge
gen daS Hopfenbier gefaßt hatte, wurde
dies die Veranlaffung, daß vorläusig
England hinter den anderen nord- und
mitteleuropäischen Ländern in der Kunst
deS BierbrauenS weit zurückdlicb. Die
kaum erst begründete Hopscnpflanzung
j bei Faenham in Surrey wurde auf Kö
! nig Heinrich's Befehl vernichtet, und
die Einfuhr und der Verbrauch des
Hopfens den Brauern verboten. Auch
die Einfuhr von Lübecker, Rvstocker.
Braunschmeiger, Eimbecker und Ham
burger Bier, welche zuvor ungehindert
stattgefunden, wurde fortan sehr er-
schwert.
Bier
Land.
oder fünf Jahre gingen in'S
ten -chänke Zum Ebcrkopf". Was
Deinem Bruder an der Kauifumme
fehlt, schießen wir vorlau'ig z. Die
ganze Hansa ist ja an der Sache in
teressirt." Wahrlich, nun gefüllt mir Dein
Plan! Ich will meinem Bruder Arnold
brieflich davon Kenntniß geben, und
ihn dafür zu gewinnen suchen. Auf
solche Weise können wir doch endlich
einmal gutes, kräftiges, deutsches Bier
bekommen!"
Die Direktoren der Hansa werten
derselben Meinung sein, denn auch sie
seufzen in dieser heißen Zeit alle Tage
gar kläglich über das schlechte und schale
Bier.
Die anderen jungen Handelsbefliffe
nen im Komptou des StahlhofeS
stimmten dem schönen Plane mit wahrer
Begeisterung zu. Auch gefiel derselbe
den Herrn EhefS der Hansa. Die er
sreuliche Ausficht auf gutes Bier über
woa iealiche Bedentlichkeit. Sie be-
und Wnad'n bei Seiner Majestät steht.
könntet vielleicht meinem Manne helfen !
kwiß, das steht in Eurer Macht. Also
bitte ich Euch inständig, liedweilher
Meister Holdem, solche? zu thun und
... . . IRmI ....
uii . . Citui iu guti? ZVv IU
ihn einzulegen !"
Freundlich versetzte Holbcin: ,.Ge
tröstet Euch, liebwerthe Frau Knapp!
, Gewiß bin ich von Herz?n gern bereit,
in der Sache Eure? ManneS zu tbun.
waS ich vermaz. ES muß freilich auf
eine gar besondere und seine Art ge
! macht werden, denn König Heinrich ist
der eigenwilligste und launenhafteste
Potentat in ganz Europa. Im Juli
j vorigen Jahres ließ er meinen edlen
I Freund und Gönner, den würdigen
! Großfarmer Thomas Morus, enthaup
; ten. Ich hätte damals zu deffen Gunsten
j freilich nichts ausrichten können, so gerne
ich daS gewollt. Aber jetzt in diesem,
ja sicherlich weit weniger ernsten Falle
getraue ich's meinem Einfluß doch zu.
etwa? Ersprießliches auszurichten. Mor
gen Vormittag kommt Seine Majestät
zu mir, um da? neue große Bild zu be-
trachten, welches ich sür ihn male, und
das nun der Vollendung nahe ist. Da
habe ich also die beste Gelegenheit, mit
ihm zu sprechen. Vielleicht wird Euer
lieber Mann, der wackere Meister
Arnold, schon morgen Abend wieder in
Freiheit gesetzt werden. Hoffet also das
Beste und seid geti osten Muthes!"
nicht so nock einrichten, daß ihr als
treuer Hofmaler bei mir dlriot ?"
O ja. Majestät! Sorgt nur dafür,
daß ich gute? Hopfenbier erhalte!"
WaS soll ich m solchem Behusc
,..
Damals war noch der mächtige Bund schloffen, der Unternehmung allen mög-
. - . ' . . m. c i.ia... -t o.fv
liegen orcyuo zu leinen, auaj weio
Mittel dafür zu beschaffen.
Auch solche Weise wurde Arnold
Knapp Bierbrauer in London. Die
kleine Brauerei in Eaftcheap kaufte er
mit Hülfe der Hansa, und richtete sie
nach deutscher Art zweckmäßig ein. Nach
damaliger Sitte war damit auch zu
gleich ein Bierausschank verbunden,
Bor der Uedersiedelung nach der eng
lischen Hauptstadt hatte Arnold sich in
Hamburg mit seiner Marianne ver
heirathet. Beide machten sich im Ver
laufe einiger Monate die englische
Sprache ziemlich zu eigen. Er braute
ein ganz vorzügliches Bier. Der nöthige
Hopfen dazu wurde heimlich einge
schmuggelt. Da sonst nirgends gutes Hopfenbier
zu haben war, erlangte er bald zahl
reiche Kundschaft. Die deutschen Hansa
kaufleute und Gewerbetreibenden in
London bezogen von ihm das stärkende
und wohlschmeckende Gambrinusgetrünk
und waren auch seine regelmäßigen
der yanlaiausleute recht IN Flor in
England und blieb es auch bis zum
Tode Heinrich's des Achten, dem sie srei
lich, um ihre Privilegien zu behalten,
zuweilen hübsche Geldsummen schenken
und oft große Vorschüffe leisten mußten.
Fast der gesammte ausländische Handel
deS JnfelreichS war in den Händen der
erfahrenen und gewandten deutschen
Kaufleute. Metallmaaren, Häute, Le
der und Wollwaaren, besonders feine
englische Tuche und Teppiche wurden
ausgeführt. Im sogenannten Steel
yard" oder Stahlhof" in der Themse
straße hatten die Hansakaufleute seit
Alters ihre Comptoir? und dabei auch
große Speicher und Kellergewölbe als
Lagerräume.
Auch sonst hielten sich viele deutsche,
niederländische und schweizerische Ge
werbetreidende damals in London auf.
ebenso Künstler, die dort ihr gute?
Auskommen fanden, so zum Beispiel
der berühmte Maler Hans Holbein aus
Basel, deffen Genie von Heinrich dem
Achten sehr geschätzt wurde. Das dicke
Ungethüm von einem Tyrannen war
nämlich durchaus nicht ohne scharfen
Verstand und feinen Kunstsinn, und
dabei so eitel, daß er eine Menge Por
träts seiner plumpen Person von den
besten Malern jener Zeit malen ließ.
Die jungen deutschen Komptoir
Beamten, oder, wie man damals zu sa
gen pflegte, Handelsdiener im Ttahlhof
zu London, zogen natürlich das deutsche
Hopfenbier allen anderen Getränken
vor. Es war ihnen recht ärgerlich,
daß solche? nicht mehr in England ge
braut werden durfte. DaS zuweilen
heimlich noch eingeschmuggelte Lübecker,
giostocker. Braunschweiger, Hamburger
und Eimbecker Bier war oftmals nicht
gut, besonders im Sommer meist schal
und schlecht, weil man sich damals noch
nicht auf den zweckmäßigen Versandt des
BiereS in Eispackung verstand.
An einem schönen Julitage deS Iah
res 1536 waren sieden Handelsdiener
in einem der geräumigen Komptoire des
Stammgäste im AuSschankstübchen.
Ebenfalls viele deutsche Schiffer der
Hansa, wenn ihre Fahrzeuge auf der
Themse ankerten. Der ausgezeichnetste
Stammgast aber, der allwöchentlich an
zwei Abenden sich einstellte, war ein
reich gekleideter, stattlicher, etwa vierzig
jähriger Herr von freundlichem Wesen,
Ihn begrüßten alle die anderen Gäste
stets ehrerbietig; selbst die reichen und
stolzen Direktoren der Hansa verneigten
sich vor ihm, und sahen eS als eine hohe
Ehre an, mit ihm an einem Biertische
sitzen zu dürfen. Dieser Mann war
der Maler Hans Holdein, Allen be
konnt als der Günstling Heinrich'S deS
Achten.
Nahe bei der deutschen Brauerei in
Eaftcheap lag die berühmte Schänke
Zum Eberkopf", die schon damals und
auch noch lange Jahre nachher eristirte,
und welche Meister Shakespeare später
zum Schauplatz einiger seiner drolligsten
Falstaffsfcenen machte.
ES konnte natürlich nicht ausbleiben,
StahlhofeS zu London eifrig mit der ! daß daS gute Hopfenbier des deutschen
Korrespondenz und dem Eintragen in i BrauerS auch auf Engländer bald
allerlei Geschäftsbücher beschäftigt. Es j magnetische Gewalt ausübte und von
war sehr heiß, und sie hatten infolge ihnen häufig dem Wermuthbier vorge
deffen alle großen Durst. " 1 zogen wurde. Der Ederkopfwirth ver
Das Lübecker Bier war in den Fä - lor also einige leiner rammgane.
fern schal geworden. Und das einhei-
mische Wermuthbier mochten sie nicht
trinken.
0, wäre ich doch jetzt in Hamburg!"
seufzte schwermüthig Einer von ihnen,
der Martin Knapp hieß.
Warum daS. lieber Martin?" fragte
ein Anderer.
Weil ich allda im vorigen Jahre um
DaS wurmte ihn über alle Maßen. Er
forschte eisrig der Ursachenach, und kam
dem Geheimniß der Hopfenfchmuggelei
auf die Spur. Darauf reichte er scha
denfroh eine Beschwerde und Denunzia
tion bei der hohen Obrigkeit ein.
Die Folge war. daß ein Sheriff mit
zwei Häschern erschien, um Arncld
Knapp zu verhaften. Der junge Brauer
diese Zeit ein ganz vorzügliches Glas! wurde ms Gesüngn! gevracyl, die
Bier getrunken habe, solch' ein recht ! Brauerei und das Ausschankstükchen
schäumendes, wohlschmeckendes, kühles
Glas Bier."
Aus welcher Brauerei ?"
Aus der vom Peter Mumm am Rö
dingSmarkt." Ja, die kenne ich auch. Wirklich, da
bekommt man im AuZschanksstübchen
das vortreffliche Bier."
Mein jüngerer Bruder Arnold ist
bei Peter Mumm als Braumeister an
gestellt." Da habe ich einen gar herrlichen Ein
fall! Dein Bruder Arnold möge doch
nach London kommen, um hier für uns
und die anderen Deutschen Bier nach
Hamburger Art zu brauen."
Der Gedanke ist recht schön, nur
leider unausführbar.
Warum ?"
ES darf kein Hopfen eingeführt wer
den." Pah, wir schmuggeln so viel herein,
als wir brauchen. ES wird ja doch
nicht daS erste Mal sein, daß die Hansa
Schmuggelei betreibt. Darauf verstehen
mir uns schon."
Aber wenn's der König erführt, und
der Hopfenfeind die Hansa deswegen
drangsalirt "
einstweilen geschlossen, und ein Ballen
Hopfen, den man fand, amtlich mit
Beschlag belegt.
Frau Marianne gerieth begreiflicher
Weise in höchste Angst und Verzweif
lung. Auch die Hansakaufleute im
Stahlhofe, welchen fte sofort Nachricht
von dem Geschehenen sandte, wurden
einigermaßen d, stürzt. ES war ja füg
lich vorauszusehen, daß sie wegen der
Hopfenfchmuggelei jetzt allerlei Unan
nehmlichkeiten und Scherereien haben
würden.
Ader bevor noch die Direktoren der
Hansa zu einem vernünftigen Beschluß
über das, was zu thun sei, gelangten,
kam von anderer Seite die erwünschte
Hülfe in der Noth.
Holbein, der von dem Vorfall noch
nichts mußte, wollte wie schon so oft,
Abendö die deutsche Bierstube in East
cheap besuchen. Zu seinem Erstaunen
fand er sie geschlossen. Doch grau
Marianne bat ihn in's Wohnzimmer,
und berichtete ihm dort ausführlich das
Geschehene.
Zum Beschluß rief sie wehmüthig und
doch hoffnungsvoll: O, mein guter
Herr, Ihr. der Ihr so hoch m Gui,st
3.
Als HanS Holbein in London ein
mal mit einem jungen Edelmann in
einen ernsthaften Streithandel der
wickelt war, welcher vor dem Könige zur
Entscheidung gelangte, gab dieser dem
deutschen Maler Recht und sagte zu
dem vornehmen Kläger zum Beschluß:
Ihr vermeinet, daß Ihr mehr in der
Welt vorstellt, als er, weil Ihr vom
ältesten englischen Adel seid. Darin
irret Ihr gar sehr. Ich kann leicht
auS sieden Bauern sieben Lords, auS
sieben Lords aber keinen Holbein ma
chen. Das merkt Euch, Mylord Groß
maul!" Sehr häufig besuchte der König des
Meisters Atelier. So auch wieder wenige
Tage nach der Verhaftung des deutschen
Bierbrauers.
Guten Morgen, Meister Holdein!"
rief er gemüthlich.
Guten Morgen, Majestät!" versetzte
der Künstler, indem er ftch verneigte.
ES ist verwünscht warmeS Wetter
heute."
Sehr warm! Ich fühle mich gar nicht
recht wohl dabei."
Ich auch nicht. Aber bei mir ist
das kein Wunder ; ich werde alle Tage
dicker."
Der König setzte sich keuchend auf
einen herbeigeschobenen Seffel und be
trachtete dann mit Wohlgefallen das
große, auf der Staffelei befindliche Ge
mälde. Da? wird sehr schön," sagte er an
erkennend. Ich bin außerordentlich
damit zufrieden."
Es ist nun bald fertig," bemerkte
Holbein.
Wohl, dann werde ich sogleich ein
neues Bild bei Euch bestellen."
Majestät, ich muß leider die Bestel
lung ablehnen."
Wie, was Zausend sagt Ihr da.
mein lieber Meister ?"
Ich muß nämlich England ver
lassen." Ha, was muß ich hören ? Ich gedachte
Euch lebenslänglich zu beschäftigen. Wo
wollt Ihr denn hin ("
Nach meiner Heimath zurück,
fühle mich hier nicht mehr wohl."
Wie geht das denn zu?"
Es giebt hier nichts Gesunde
trinken."
Die edelsten Weine aus meinem Kel
ler stehen zu Eurer Verfügung!"
Eurer Majestät Weinkeller ist gewiß
gut versorgt, doch ich darf nicht alle
Tage Wein trinken: ein gutes Glas
Bier ist meiner Gesundheit durchaus von
Nöthen."
Nun, wird denn etwa kein gutes
Bier in England gebraut?"
O, freilich. Aber ich kann das eng
lifche Wermuthbier nicht vertragen."
Es ist gesund, sagt Doktor Butts."
Möglich; mir bekommt's aber nicht.
Und. das eingeführte deutsche Bier ist
zur Sommerszeit auch meistens schal
und schlecht. Es war nur eine Brauerei
in London, wo ich Bier erhalten konnte,
das meiner Gesundheit zusagte. Seit
gestern ist das vorbei. Der Brauer ist
verbaftet, die Brauerei geschlossen."
Wegen Hopfenfchmuggelei."
Jawohl; leider! So wird das wahr-!
haft Gute verkannt in England!"
Lieber Meister HolbFin, Hopsen ist
schädlich im Bier."
DaS glaubt Eure Majestät. Ich
aber bin ganz anderer Meinung, und
zwar auf Grund langer Erfahrung.
Und da ich also in London kein gutes
Hopfenbier mehr bekommen kann, so
mutz ich England verlassen. Denn was
nützt alle Huld, womit Eure Majestät
gnädigst mich beehrt, wenn meine Ge
sundheit leidet?"
Das ist kurios!" rief der König.
Ich habe schon davon gehört. Es
handelt sich um einen deutschen Brauer,
den die Heuen von der Hansa hierher
gebracht haben."
Daö ist so. Die Hansaherren können
auch ohne Hopfenbier nicht leben."
Na. wegen der Hopfenschmuggelei
will ich sie zwiebeln und zwacken, wenn
sie mir nicht ein neues Darlehen von
tlinf zehntausend Pfund Sterling geben.
Ader Ihr, Meister könnten wir das
Euer königliche? Rachlgebot befreie
den braven deutschen Brauer auS der
Haft. Und dann verleihet ibm ein Pri
vilcgium. welches ihm gestattet, unge
bindert Hopfenbier zu brauen für die
Deutschen in London."
Wenn ich daS thue seid Ihr dann
I bereit in England zu bleiben ?"
Ja. Majestät! Von Herzn, gern."
Wut, eS sei! Noch heute soll'S also
; nach Eurem Wunsche geschehen."
Fortan konnte Arnold Knapp ohne
j Störung sein Hopfenbier brauen; mäh
reno vieler Jahre war er der einzige der
! artige Brauer in England. Er wurde
, mit der Zeit ein reicher Mann.
Die Hans ahmen hatten wegen MI
kleinen HopfcnschmuggclS also keine Un-
, annehmlichkcitkn und dursten fortan für
Arnold Knapp S Bedarf ein gewisses
Quantum Hopsen einführen. Tnsür
bewilligten sie auch gern dem König daS
neue Darlehen. Wußten diese klugen
Kaufleute doch immer dadurch neue
Vortheile zu erlangen, daß fte -einer
dicken Majestät als bereitwillige Ban
kiers dienten.
Erst nach dem Tode Heinrichs deS
Achten wurde das Hopsenverbot völlig
aufgehoben, sodaß dann auch andere
Brauer Hopsenbier brauen durften.
Auch begann dann wieder der Hopfen
bau in England; bei Farnham in der
Grafschaft Surrey, bei Eanterbury, bei
Worcefter und in anderen dafür geeig
netm Gegenden.
Königin Elisabeth trank jeden Mor
gen zum Frühstück eine Kanne Bier.
Auch ihre Hofdamen ließen ftch dasselbe
gut schmecken. Selbst Shakespeare trank
gerne Bier.
Bis 1730 begnügte man sich mit Ale
und Dünnbier. Im genannten Jahre
aber erfand der Bierbrauer Harmood in
London das starke dunkle Porterbier,
und seitdem entwickelte sich daS Bier
brauereigewcrbe in England immer ge
Maltiger bis zu den riesenhaften Braue
reien der Neuzeit.
Ich
es zu
Pie versteckten kiebttergüsse.
öerr Professor Vumvenicht. Ordi
narius der fünften Klasse, saß bei der
Eorreltur. Eden ergriff er daS Heft
deS Ferdinand Schlickebein. Will
feh'n" sagte er zu sich selbst ob
der Bursche wieder nicht gefolgt hat !"
Und gleich darauf schlug er mit der
fluchen Hand so heftig auf den Tisch,
daß daS Tintenfaß in äußerst bedenk
liche Schwankungen gerieth. Es war
die alte Geschichte. War eS Leichtsinn?
Oder Bosheit? Oder schlimme Gewöhn
heit? Oder die Folge eines krankhaften
Zustandes? Was war es? Der Profes
sor saß vor einem Räthsel. Die Sache
war die: Ferdinand chlickebein hatte
eine ganz merkwürdige Schrift. An und
für sich war fte gar nicht übel. Im Ge
gentheil ! Ader in sehr vielen Wörtern
zeichnete sich ein Buchstabe manchmal
waren es auch zwei oder drei durch
auffallende Fettleibigkeit au?. Alle
Mahnungen, Schlickebein möge sich
einer ganz gleichmäßigen Schrift be
fleißigen, waien bisher vergeblich ge
Wesen, und eben hatte sich der Proseffor
mit einem einzigen Blicke wieder über
zeugt, daß es nicht um ein Jota besser
geworden war. Er gerieth deswegen in
Zorn, hatte aber seinen Gleichmuth
bald wieder gefunden und ging an die
Korrektur. Da mit einem Male
stutzte er. Eine Weile ruhten seine
Blicke unverwandt auf drei fettleibige
Burschen, die sich eng aneinander
schmiegten. Der erste heißt l, der zweite
i, der dritte e. Der Professor sagte
mehrmals lie, dann la? er lieb, dann
liebe und dann nahm er ein Blatt j
Papier und fetzte die wohlgenährten !
Kameraden vom Anfang bis zum Ende !
fein säuberlich in eine Reihe und nun
gab es eine gewaltige Uebenaschung. i
TaS hieß ja:
O Anna, ich liebe Dich täglich neu !
Lein Ferdinand, der bleibt Dir treu ! j
Nun hätten wir ja das Räthsel ge
löst!" schmunzelte der Professor und
rieb sich vergnügt die Hände. So ein !
Teufelskerl ! Schreibt meinem Mädchen j
mitten in die Arbeiten hinein Liede?-,
briefe ! Also ein kranlhastcr Zustand !
Wart', Schlickebein, Dich will ich kuri
ren ! Bin aber doch neugierig, was der
Schlingel Alles verbrechen hat !" Und
der Proiessor fing an zu blättern und
ni schreiben und zu lachen. Ein großes
Dichtergenie offenbarte ftch ihm. Was
da zwischen den Zeilen doch alles stand:
Kennst Tu, liebes Aennchen, mein
Verlangen?
Täglich möcht' ich küffen Deine Wan-
gen!"
O trag eö zu Ihr, du brausender
Wind;
Ich liebe Dich innig. Du herziges
Kind !"
O Du liebes, gutes Aennchen,
Wäre ich doch schon Dein Männchen !"
Um acht Uhr wird bei'm Schufters
garten Dich Dein Ferdinand erwarten."
Aennchen. ach. ich hab' Dich gerne !
Deine Augen find wie Sterne;
Deine Haare find wie Flachs,
Deine Wangen sind wie Wachs !"
Und so ging eS noch eine Weile fort.
war da zu thun! Welche träfe
war bier am Platze? Der Piofeffor. ein
humorvoller Mann, hatte bald Rath ge
funden. Er tauchte die Feder ein und
.,,,(,,.. j. ..... MI... .1,1 ,..F,,k. U
i hu i un iijuii 'mi, im i't .i mit
rother Tinte. Das war Alle?, was er
tbat.
Am folgenden Tage aber fetzte
' Schlickcbein Buchstaden neben Buch
staden, und dabei wurde er immer
! blasser, und blasser, und zuletzt saß er
kreideweiß auf dem Stuhlc.uiid zitterte
wie Espenlaub. Noch lange Zeit nach
her gruselte eS ihm. sobald er den Pro
sessor erblickte, den er nur scheu von der
! Seite anzusehen wagte. Auch bei'm
! lieben einem reizenden 15
jährigen Backfiichc, war eine merlwllr
j dige Aenderung vor ftch gegangen, ES
war ängstlich bestrebt, dem Pla aus
dem Wege zu gehen, und wurde seuer
roth, wenn sich ihre Blicke begegnen
mußten. Der Professor aber lächelte
ost stillvergnügt in ftch hinein. Er
; wußte, daß es dem verliebten Paare
glücklich gelungen war. aus den roth
iiiit rstrichknen Buchstaben das VerSlein
z schmieden :
Mein Kind, laß von der Liebe !"
Denn sonst bekommst Du Hiebe !"
(inc Hcldc,I, der Bv,ru,kr
grauen.
Während des dreißigjährigen Krie
ges. alS in Deutschtand AlleS drüber
und drunter ging, gab eS auch Seeräu
ber in der Nordsee. Sie plünderten
die Handelsschiffe, überfielen die Städte
und Dörfer an den Küsten, nahmen
den Leuten Hab und Gut, mordeten
oder mißhandelten fte und brannten
ihre Wohnungen nieder. Einer der
schlimmsten und berüchtigtsten jener
Seeräuber war der schwarze Rolf".
An die Insel hatten ftch die Räuber
noch nicht gewagt ; die Untiefen und
Sandbänke erschienen ihnen zu gefähr
lich. Dadurch waren auch die Bemoh
ner der Inseln sorglos geworden und
von Borlum gingen eine Sommers
sämmtliche junge und kräftige Männer
mit holländischen Schiffen nach Grön
land aus den Wallfischfang. Außer
den Frauen, Kindern und einigen
schwachen Greisen blieb nur ein einziger
junger Mann zurück, der ftch mit seinen
Kameraden veruneinigt hatte und den
fte deswegen nicht mitnehmen wollten.
Da erfuhr man plötzlich mit Schrecken :
der schwarze Rolf habe die benachbarte
Insel Rottum geplündert und werde in
wenigen Stunden auch nach Borkum
kommen.
Statt zu jammern und klagen, be
schlossen die Frauen auf Borkum, ftch
zu vertheidigen. Sie zogen Mannsklei
der an und drückten den Hut tief in'S
Geftcht, so daß sie wie Fischer aussahen.
Dann bewaffneten fte sich mit Heuga
beln, Sensen, Beilen, Bootshaken und
was fte sonst auftreiben konnten. Als
das Schiff des schwarzen Rolf wirklich
kurz darauf in die Fischerbalge einlief
und ftch dort vor Anker legte, marschir
ten fte auf der runden Platte auf, um
ihn mit den Waffen zu empfangen.
Der erwähnte junge Mann machte den
Anführer. Er hatte früher auf einem
Hamburger Kriegsschiff als Kanonier
gedient und besaß auch eine Kanone,
die von einem gestrandeten Schiffe ge
rettet worden war. Mit dieser zielte er
nach dem Seeräuberschiff, und eben als
dieses daS Frauen- und Mädchenbeer
mit Kettenkugeln beschießen wollte,
brannte dee Borkumer Eonstablcr sein
Geschütz loS und zerschmetterte den
Hauptmast des Schiffes, so daß er über
Bord in See stürzte. Im Fallen zer
schlug er ein Boot mit Seeräubern und
brachte daS Schiff so zum Schwanken,
daß die Kugeln deffelden hoch über den
Köpfen der Frauen hinweg gingen,
ohne einer einzigen zu schaden. Schnell
setzte der Borkumer Mann sein Geschütz
wieder in Stand und riß mit der zwei
ten Kugel das Steuer des Schiffes hin
weg. J.tzt war letzteres völlig hülfloS
und zog eine weiße Flagge auf als
Zeichen, daß es unterhandeln wolle.
Der tapfere Friese fuhr als Parlainen
tär zum Schifte und drohte daffeldc in
den Grund zu schießen, wenn ftch die
Mannschaft nicht sofort auf Gnade und
Ungnade ergeben würde. Den Seeräu
bern blieb weiter nichts übrig. Sie
wurden entwaffnet, gebunden und in
denselben Thurm gesührt. der jetzt als
Leuchlthnrm dient. Darauf verbrannte
man das Schiff deS schwarzen Rolf.
In der Nacht glückte es zwar den See
räubern, sich zu befreien und in dem
Fischerboot deS Friesen zu flüchten, sie
waren aber nicht weit gekommen, als
sie auf eine Untiefe gcriethen. Die
Wellen brachten das Fahrzeug zum Ken
tern und alle Seeräuber fanden ihren
Tod in den Fluthen.
versiändnisjiniiig.
Dame : Die Gedichte,' Herr Redak
teur, die ich Ihnen Udersandt. bergen
die tiessten Geheimnisse meiner Seele "
Redakteur: Ich weiß eS. mein
Fräulein und kein anderer soll sie
erfahren."
Gute Vertheidigung.
Richter : .Sie find angeschuldigt,
eine Uhr gestohlen zu haben bei dem
Uhrmacher Penotschline. WaS können
ff Ihrer Vertheidigung voidrin
gen?"
Angeklagter: Ich bin lange Zeit
allein durch die Straßen gegangen da
sah ich eine Uhr. die auch ging. Und da
dachte ich. wir könnten zusammen
gehen."
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