Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 09, 1897, Image 9

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Sie hieß WWM und war sieben
zehn Jatne alt. Eine anmuthige, schön,
Gestalt und sreui'.dllche. wenn auch nicht
regelmäßige, so doch interessante e
fichlSMe, machten fte zu einer angeneh.
weil Erscheinung. Ihr Vater nahm an
einer großen iSisensadrik eine höhere
Etclle ein. und so lange er lebte, hatte
Elisabeth die völlige Ausbildung, die
ihr Stand erlangte, erhalten können,
wozu vor Siliern der Besuch einer Höhe,
ren schule gehörte. U aber plötzlich
der Vater starb, erlaubten ti die Mittel
der nun völlig verlassenen Mutter nicht
mehr, ihre einzige Tochter weiter, bis
zur ersten Klaffe, die Schule besuchen zu
lassen. Schwerer, alZ es das Mutter,
herz ahnte, wurde Elisabeth der Abschied
von den Verhältnissen, in die sie so ein
geweiht war. von all' den Freundinnen,
die ihr ewige Treue" geschworen ha
ten. Nun war sie allein mit der Mut
ter. und um deren Sorgen ein wenig
mitzutragen, hatte sie sich vorgenom
men. selbst ihren Lebensunterhalt zu
verdienen. Ader womit Der beste Aus
weg blieb, in ein Geschäft zu gehen,
denn da brachte sie wenigstens die liebe
Mutter nicht ganz zu verlasien. Ihren
kisrigen Bemühungen und ihrem lie
benswürdigcn. theiluuhmeerregenden
Wesen war cS denn auch bald gelungen,
in einem größeren iZonfeltionsgeschastc
eine Stelle als dritte Verkäuferin zu er
halten. Und in ihrer nunmehr verander,
ten Lebensweise irgend etwas Verletzen
des zu finden, dazu war Elisabeth noch
zu harmlos, aber schwer, unendlich
schwer wurde es ihr zuweilen, an heißen
Sommertagen, im drückenden Geschäft,
inmitten staubiger Waarendallcn. im
liebenswürdiger Kolleginnen u. s. w.
für Jeden ein freundliches Wort, für
Jeden ein Lächeln zu haben, anstatt,
wie früher, mit dem Mütterchen hinaus
in die freie GotlcZwelt wandern zu
können. m
Doch die Freude, nun auch bald das
erste selbstverdiente Geld zu erhalten,
ließen sie immer wieder mit neuem
Mnthe an die Arbeit gehen. Endlich
war der ersehnte Monatsschluß gekom
men. an dem der Kassirer Jedem seinen
wohlverdienten Lohn auszahlte. Ohne
sich an dem hastigen Drängen ihrer Ge
fahrtinnen zu detheiligen. stand sie ab
seit und wartete, mit gemischten Ge
fühlen von Stolz. Freude und Be
schiimnng, bis man sie rufe. Und glück
lich, wie nie zuvor, war sie. als sie end
llch die wenigen, ihr gebührenden Mark,
mit der Zufichcrung einer GehaltSver
befferung. empfangen hatte. Für sich
wollte sie ja gar nichts haben. Alles
sollte für die geliebte Mutter sein, denn
Mütterchen brauchte unbedingt ein Paar
neue warme Schuhe, auch mußte sie
kräftiger leben, sonst wurde sie am Ende
auch krank, wie eS der Vater gewesen.
Elisabeth begann bereits, während sie
ihrer Wohnung zueilte, auszurechnen,
was nach solchen etwaigen Ausgaben
wohl noch von ihrem Gelde übrig biet
den würde. Endlich war sie unter sol
chen Gedanken zu Hause angelangt, wo
,fie mit der erfreuten Mutter, die ihr
gutes Tdchterchen gerührt in dic Arme
schloß, weiter rechnete, überlegte und
Pläne für die Zukunft schmiedete.
Weißt Du. mein Kind," meinte
plötzlich die Mutter, wie wäre es,
wenn wir den morgendsn Sonntag
dazu benntzten, einen kleinen Ausflug
in die Umgegend zu machen?"
Ach. reizend, Mütterchen." antwor
tete erfreut Elisabeth, ja. hinaus in
die frische Natur, in den schönen, grünen
Wald wollen wir gehen! Aber weißt
Du. ich will dann vorher einmal zu
Alice, meiner liebsten Schulfreundin,
gehen und sie fragen, ob sie uns beglei
ten will !"
So begaben sich die Beiden endlich
zur Ruhe glücklich und zufrieden, wie
tägliche Arbeit und das Bewußtsein er
süllter Pflicht nur einen Menschen
machen können. Wußte doch das liebe,
junge Menschenkind in der stillen Kam
mer kaum, daß Arbeit, die Arbeit die
es so mit Stolz erfüllte, auf dieser Welt
sogar als eine Schande angesehen wer
den kann, natürlich nur von Leuten,
die neben einer guten Herkunft und viel
Geld, sonst nichts aufzuweisen haben.
Am nächsten Tage war das Wetter
so wunderschön, wie man es sich nur zu
einem Ausflug im Juli wünschen kann.
Sorgfältiger denn sonst hatte Elisabeth
ihre reichen, blonden Haare zum Knoten
verschlungen und dann ein leichte?, duf
tiges Sommergewand übergeworfen,
deffen hellrother Besatz ihr gut zu den
braunen Augen stand. Als die Toilette
beendigt war. begab sich das junge
Mädchen auf den Weg, um Alice, des
Juftizraths Baumert's Tochter, für den
Nachmittag einzuladen. Elisabeth traf
die Schulfreundin auch wirklich zu
Hause, wurde aber kühler, als sonst,
von derselbem empfangen und bald
wieder mit den Worten abgespeist:
ES thnt mir wirklich leid, liebe Lisa,
Nachmittag nicht mitkommen zu können,
aber Sonntags gehe ich prinzipiell nicht
aus, eS ist überall so gewöhnlich! Sonn
tag? geht ja Alles auS !"
mit tl .it It7X-i'fis-h I n
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.r. TiöitXsi mnr p,Viittrth (ipfffltttil m
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lert. Ich will noch einmal zu Gretchen
Bollert gehen, vielleicht wird die unS
begleiten," tröstete sie sich dann aber
hnrfi bald wieder und sprach bei der
eben genannten Schulfreundin vor. die j
sie bereits im Konniagsnaat am Renner
Hatte fitzen fehcn. Als sie dem Dienst
Mädchen Weisung gab. Fräulein Grct-
?cr Sonntagsgast.
KMhVttMß lZk.
Bcilngc mn Ncbraska Ztaato A..'cigcr.
o. 16.
WmmmMmml
chen die Freundin zu melden, brachte
dasselbe bald den Bescheid zurück:
Das Fräulein könntm sich überhaupt
noch nicht sprechen lasten, auch seien daS
Fräulein für die nächste Halde Stunde
zu einer Ausfahrt eingeladen."
Das also abgefertigte junge Mädchen
machte keinen weiteren Versuch mehr,
eine Freundin einzuladen, sondern ging
still und niedergeschlagen nach Hause.
Elisabeth konnte absolut keinen Grund
finden, sich das veränderte Benehmen der
Frrundinnen zu erklären. Warum wa
rcn sie Alle nur so anders, seitdem sie
im Geschäft ein und ausging ?
Doch als Lisa bald darauf mit der
Mutter der Stadt mit allerem Elend
den Rücken gekehrt hatte, cnhmete sie er
leichtert auf, und befreit war sie von
aller Verstimmung. Während sie ein
kleines Tannengehölz, wo die Luft kühl
und der Boden mit feinen Nadeln be
säet war. durchschritten, sang und ju
belte Elisabeth mit den Vögeln um die
Wette. An einem lieblichen feinen
Sommer-Etabliffement machte die Mut
ter endlich Halt, und Beide beschlossen,
hier zu rasten, um sich ein wenig mit
Kaffee und Gebäck zu stärken. Da es,
noch früh am Tage wär, war der Gar
ten ziemlich wenig besetzt. Lisa links !
zur Seite saß an einem kleinen Tische i
einsam ein unger eleganter Herr. an
scheinend sehr in eine Zeitung vertieft,
doch ein aufmerksamer Beobachter Hütte
wahrnehmen können, daß seine Blicke
vielmehr auf seiner hübschen Nachbarin
ruhten. Hinter ihm und Lisa saß eine
Gesellschaft von zwei Damen und eben
so viel Herren. Zufällig wandte sich!Eli
sabeth um, und ihre Blicke fielen auf
die Gesellschaft, wo sie zii ihrem Erftau
neu alsbald in den beiden Damen Mar
garethe und Elfe Vollert erkannte, die
zu einer AuSsahlt eingeladen sein woll
ten und nun statt dessen mit ihren Vet
lern, die, wie sie gehört hatte, auf Be
such bei ihnen weilten, einen Ausflug
nach hier unternommen hatten. Freund
lich, wie immer, grüßte Elisabeth hin
über, doch die jungen Damen erwiderten
den Gruß kaum.
Da die Gesellschaft dicht hinter Lisa
saß, und der eine der Vettern noch dazu
eine helle, leicht verständliche Stimme
hatte, so nahm das junge Mädchen kurz
darauf folgende, ziemlich deutlich ge
sprochene Bemerkung wahr :
Du, Grete, kennst Du denn die junge
Damc da drüben eigentlich?"
Bitte, drücke Dich verständlicher aus,
wen meinst Tu denn?"
Na. mein Gott, das junge Mädchen,
das Dich vorhin grüßte."
Ach, was weiß ich, wer sie war."
Na. stell' Dich doch nicht an. Du
mußt sie doch kennen, mich grüßte sie je
dcnfalls nicht."
Ach. richtig, ich erinnere mich, na.
wenn Du Dich für sie so schrecklich in
teresfiist, so wisse, daß der Gegenstand
Deiner Bewunderung nur eine Eonfek
tioneuse ist; ich kaufe alle meine Bänder
und Schleifen bei ihr. daher auch der
zuvorkommende Gruß."
Ach was. soso! Hätte nicht geglaubt,
daß die kleine Blonde nur eine Geschäfts
fec wäre!"
Die Unterhaltung ging auf etwas
Anderes über. Und Elisabeth ? Jedes
der gefallenen, kränkenden Worte hatte
sie verstanden, und wie Dolchstöße tra
fen sie dieselben. Ihre Brust war zum
Zersprengen voll, nein, sie konnte hier
nicht länger rnhig sitzen bleiben.
Mütterchen, laß mich ein wenig in
die Anlagen gehen, ich will ein Strauß
chen winden"; mit diesen Worten fand
sie eine Gelegenheit, der Mutter, die in
eine Zeitung vertieft, überhaupt nichts
von dem ganzen Vorgang bemerkt hatte,
ihr Verlosten des Platzes zu erklären.
Aber auch der einsame junge Herr am
Nebentisch hatie sich erHoden, noch einen
thkilnahmsvollen, beobachtenden Blick
warf er auf das junge Mädchen, dann
schritt er langsam dem kleinen Gehölz
zu, das. zur Benutzung des Publikums,
mit Bänken und schönen Anlagen ge
ziert war. Auch Elisabeth suchte das
selbe auf. Bald hatte sie, ganz im Gc
büsch versteckt, eine einsame lauschige
Bank gefunden. Hier war sie endlich
allein, und den Kopf in beide Hände
geborgen, weinte fte ihr ganzes Leid
aus. Nur eine Eonfektioneuse! DaS
also war es, warum ftch alle Freundin
nen von ihr zurückzogen! Darum wollte
man heute nicht mit ihr gehen! Man
verachtete sie! O. wie schrecklich! Und
warnm? Weil sie arbeitete für Geld!
Freilich, sie Alle wußten'S ja nicht, wie
süß es war. der geliebten Mutter das
selbfterworbene Geld zu überreichen und
dann ihr Lächeln, ihren Dank zn em
pfangen. O, wie daS glücklich machte,
beschämend glücklich. Aber deswegm
sollte sie nun von Allen, die sie lieb ge
habt hatte, verachtet, vergeffin sein?
Oh, waS hatte sie gethan, daß man
überall sagte: Wir kennen Dich nicht
mehr!" DeS armen Mädchens Thränen
flössen reichlicher, ob aus verletztem
Stolz, oder ob aus Mitleid mit seinem
eigenen Selbst. daS wußte es selbst
wohl kaum. Auf einmal raschelte eS
im Laube. Elisabeth schaute erschrocken
attf. Vor ihr stand derselbe Herr, der
im Karten ihr Nachbar gewesen war.
Errötheild. sich ihrr Thränen schamend,
senkte sie die Blicke nieder. Es war
eine peinliche Situation, denn der
Fremde blieb unbeweglich stehen und
sah forschend auf das verlegene Mäd
chen.
Mein Fräulein," sagte er endliches
gcnthümlich langsam, dann schwieg er
wieder.
Elisabeth hatte erwartungsvoll auf
gesehen, jetzt wagte sie endlich die naive
grage: Ja, was wollen Sie denn ei
gentlich von mir, warum sehen Sie
mich immerfort an?"
Weil Sie einten, mein Fränlein,
und weil ich wußte, warum Sie wein
ten." Nein, das konnten Sie ja gar nicht."
Doch, mein Fräulein, man kränkte
Sie, ich weiß Alles, denn ich saß im
Garten neben Ihnen, sah Ihr Erblei
chen "
Wieder tropfte eine Verrätherische
Thräne von Lisa's Wange. Sie war
noch unerfahren, was sollte sie thun?
Sollte sie den Fremden bitten, sie zu
verkästen, daZ konnte sie doch wieder
nicht, denn der junge Herr war doch
sehr artig und dann, schließlich, wenn
er sich auf die Bank setzte, so durste er
daS, höchstens könnte sie dann auf
stehen. Jetzt stellte er sich ihr vor.
RcchtZanwalt von Gera war sein Name.
Wie vornehm das klang, nein, solchem
hohen Herrn wagte sie nichts zu sagen.
Wirklich, nun setzte er sich auf die Bank,
dicht neben sie. Sollte sie aufstehen?
Aber halte er nicht vorher gefragt, ob
sie gestatte, daß er sich setze, und da
hatte sie Ja gesagt. Nun konnte sie
auch nicht wieder direkt aufstehen.
Aengstlich rückte sie zur Seite und sah
zuweilen verschämt auf ihren Nachbar.
Jetzt kam er ihr sogar ganz nahe, und
langsam, im flüsternden Tone fragteer:
Mein Fräulein. Ivenn Ihnen nun
Jemand sagen würde, man soll Sie
nicht wieder eine Eonfektioneuse nennen,
d. h. es würde Ihnen Jemand einen
Ausweg anbieten, daß Sie es nicht mehr
nöthig hatten, in ein Geschäft zu gehen,
würden Sie darüber froh sein?"
Wenn ich irgend eine bessere Arbeit
dafür erhielte, mit der ich meinem Müt
tetchen ebensoviel verdiente, oder mehr,
dann natürlich !" beantwortete Elisa
beth die merkwürdige Frage.
So meinte ich das nicht," sagte der
Rechttanwalt daraufhin bedächtig,
hm Sie müssen micht recht der
stehen, mein Fräulein, ich meine, wenn
man Ihnen das Geld schenkte, hm
hm", er räusperte sich, suchte des
Mädchen? Hand zu fassen und drückte
dieselbe heiß.
Nun war es aber genug, nun wußte
Elisabeth, was sie zn thun hatte.
Siedend heiß schoß ihr das Blut zu
Kopf, in aufrichtigster Entrüstung
sprang sie auf : Verlassen Sie mich
Sie" Fassungslos blieb sie stehen,
und die kaum gestillten Thränen bra
chen auf's Neue heftig hervor.
Nein," rief sie. nein, lieber heiße ich
tausend Mal eine Eonfektioneuse, ehe
ich etwas geschenkt annehmen würde,
und noch dazu Geld !"
Der Fremde hatte sich ebenfalls erho
den. In gänzlich veränderter Haltung
und mit anderer, theilnehmender
Stimme nahte er sich der Weinenden :
Verzeihung, tausend Mal Verzeihung,
mein gnädigstes Fräulein ! Weinen Sie
nicht mehr, was ich vorhin sagte, war
nicht für Sie bestimmt, versuchen Sie,
nicht mehr daran zu denken. Nochmals
verzeihen Sie mir, aber ein Mann, den
ein Mädchen ernstlich interessirt, kann
heutzutage schwer die Grenze erkennen,
die reine, harmlose Natürlichkeit von
raffiniriefter Verstelluug und Coquet
terie trennt, und die vorige Frage ge
brauchte ich nur, um Sie, mein Fräu
lein, kennen zn lernen. Ihre Thränen,
Ihre aufrichtige Entrüstung und Fas
sungslosigkeit sagten mir besser, als
eine lange Bekanntschaft, ob ich an Sie
glauben dürfte."
Lange schon waren Elisabeth die
Hände vom Antlitz gesunken, den küh
nen Sprecher vor sich betrachtend, fand
sie auf einmal, daß er schön, sehr
schön sei.
Also er hatte sie nur prüfen wollen,
und nun glaubte er an sie.
Wie glücklich machte es sie auf ein
mal, daß dieser fremde Mensch an sie
glaubte. Als er nun noch um ihren
Namen und um ihre Wohnung bat und
fragte, ob er sie einmal besuchen dürfte,
antwortete sie ihm verlegen, aber nicht
mehr unfreundlich.
Also nochmals, mein liebes FrSu
lein, wie nennt man Sie?"
Elisabeth !" sagte sie lächelnd.
Und sind Sie mir noch böse?"
Nein." antwortete sie einfach und
: legte zaghaft ihre Fingerspitzen in seine,
: zum Abschied dargedotete Hand. Damit
trennten sie sich. Elisabeth kehrte zu
ihrer Mutter zurück, und er verließ das
' Lokal.
Einen Blumenstrauß brachte Elisa
beth der wartenden Mutter nun freilich
nicht mit, wohl aber ein glückliches
Herz, in das selige, süße Hoffnung, be
rauschendes Almen der ersten Liebe ge
zogen war.
Ein Jahr war vergangen. Vor dem
j hübschen, neuangeftrichenen Sommer
j garten hält eine Equipage. Ein jun
ger. eleganter iptix steigt heraus und
bietet galant einer hübschen blonde
Fran den Arm, indem er ihr zärtlich
sagt: Nun. bitte, Elisabeth, steige
auS. wir wollen hier ein wenig rasten
und", setzt er lächelnd hinzu, alte
Jugenderinnerungen ein wenig auf
frischen." Warte nur. Du Böser
Du," antwortete sie ihm, schelmisch
drohend. Zwei junge Damen gehen
vorüber. Höchst zuvorkommend grüßen
sie die Frau RechtSanwalt von Gera.
ES waren Margarethe und Elsa Vollert,
die die frühere Eonfektioneuse nicht ken
nen wollten.
Das Celegrarnm,
i"tnc wahrhaftige Geschichte. i;on H c i n
r i ch iee.
DaS war im gemüthlichen Dessau
und wir faßen wie jeden Abend in un
serem gemüthlichen Hinterftübchen bei
einem vortrefflichen Tropfen ich er
innere mich seines NamenS nicht mehr
und zuverlässige Männer haben mir
die Geschichte erzählt. Und weil es
Niemandem schadet, wenn ich sie weiter
erzähle, und weil mein feuilletonistisches
Gewissen nach Erleichterung schreit nnd
weil ich gleichzeitig dabei von einem
Lustspieldichter reden kann, den ich per
sönlich hoch verehre: darum los!
In Disiau lebte Herr Jntendanzrath
Diedicke, oer Leiter deS Dessauer Hof
tbaterS, ein würdiger und vortrefflicher
Herr, mit dem ich gleichfalls ohne
daß er es vielleicht noch weiß daZ
Vergnügen hatte, an oben angedeutetem
Tische einige Becher zu leeren. Nun
geschah eS vor Jahren, daß Herr Die
dicke im schönen Städtchen Görliß eine
Theaterangelegenheit persönlich zu er
ledigen hatte. Ich glaube, es handelte
sich darum, mit Herrn v. Mofer wegen
eines neuen Stücks zu konferirm. Am
Görlitzer Staditheater lebte dazumal
j ein Mann, ein Theaterbeamter Mofer,
i der sich von seinem dortigen berühmten
Namensbruder als solcher nur durch den
Mangel deS aristokratischen Partikels
unterschied. An diesen bürgerlichen
Moser, vermuthlich eine Art von Ver
trauensmann deS Herrn Intendanz
raihs. sendet nun der Herr Intendanz
rath ein Telegramm:
Komme heute Abend. Bitte Zim
mer für die Nacht für mich besorgen.
Diedicke." Adresse: Mofer. Theater.
Das Telegramm langte glücklich auch
in Görlitz an.
Moser" lieft der Telegraphenbeamte.
Theater". Das kann nnr Herr von
Moser fein.
Damals lebte noch die nun verftor
bene Gattin deS Dichters. Herr v.
Moser ist nicht zu Haufe. Der Bote
giebt also die Depesche an Frau v.
Moser ab. Eine Depesche ist etwas
Wichtiges und Ehegatten haben bekannt
lich niemals ein Geheimniß vor einan
der. Frau v. Mofer öffnet sie und
lieft. Plötzlich fährt sie sich mit der
Hand über die Augen und lieft ein zwei
teS Mal. Darauf zerknittert sie das
Telegramm in ihrer Hand, geht erregt
in ihr Zimmer zurück und wartet.
Wartet!!!
Gustav kommt nach Hause.
Er hat nur in einem bekannten Wein
Restaurant, seinem lieben Stammlokale,
eine einzige Flasche getrunken und bei
der Gelegenheit, weil er kein Grübler
nnd kein Büffler ist, unter den anwefen
den Offizieren einen ganz famosen Büh
nentypus wieder sich gelangt. Immer
war Gustav ein Held und ein Liebling
der Damen, um wie viel mehr ein Rit
ter gegenüber seiner eigenen Frau.
Guten Abend, mein Schatz," sagte
er herzlich.
Der Schatz sieht ihn mit funkelnden
Augen an.
Laß mich!" ruft Madame ihm zor
nig entgegen.
Was hast Du denn?" fragt Gustav
erstaunt.
Was ich habe?"
Mit den Blicken der Medusa blickte
Madame ihn an.
Ich verstehe Dich nicht!" erwiderte
Gustav harmlos, aber doch ileinlant.
So," spricht hohnvoll Madame,
also Du verstehst mich nicht. DaS
will ich Dir glauben. Du verstehst mich
nicht, weil Du geglaubt hast, mir
Deine Geheimnisse verheimlichen ?u kön
nen. Du bist entlarvt. Deine Ge
hetmni'ie, die kenne ich nun."
Gustav'S Gewissen ist jedenfalls rein. ,
Dennoch wird er immer betroffener.
Was denn für Geheimnisse?" fragte!
er stockend.
Fran v. Moser richtet sich stolz auf. 1
Genug," ruft sie, noch beute ver
lasse ich dieses Haus. Ich lasse mich
von Dir scheiden. Du brauchst mir
kein Zimmer für die Nacht zu besorgen. 1
Verstehst Du? DaS werde ich mir sei
der besorgen. Adieu!"
Frau v. Moser legt auf daS Adieu
situ ilrttll ruf iriV0 SHtffnmti inih 1
llllV HU"ü "VVUVVtil -VWiUUil UllV
rauscht zur Stube hinaus. Es ist die-
selbe Stube, wo Gustav, wenn er aus
dem Restaurant kam, ihr so oft und so
herzlich den Gutenabendkuß geboten hat.
Gustav v. Moser ist allein zurückge
blieben. Er hält zwar keinen Monolog, wie er
dies sicher thun würde, wenn er nicht
Herr v. Moser wäre, fondern eines
seiner eigenen Bühnenkinder, weil die
dramatische Situation in dem vorliegen
den Falle daZ dringend fordern müßte,
aber Gustav denkt nach. Wenn Je
mand auf der Bühne einen Anderen
nicht versteht, weil dieser infolge eines
Mißverständnisses immer etwas An
dereS meint, so sagt genannter Jemand
ein eigenes Wort vor sich hin: Ver
rückt!" und die unfehlbare Wirkung im
Publikum ist da. ES amüsirt sich gott-
mim . i imu&LKx . ' Ml -
mal die AuStuhrung der königlich,,
Befehle wegen der Schwierigkeit der
Entzifferung der Handschri!t nnd deS
Verständnisses deS Stils. Einst halte
der Kommandant von Berlin dem Rfi.
nig, der sich in Potsdam befand, von
einem Aufruhr der bei einem öffent
lichen Bau beschäftigten Maurergesellen
berichtet. Der Kommandant erhielt
eine Ordre, auS der er nur die Worte
entziffern konnte: RSdel aushenken, ehe
ich komme." Da der König seine An
kvnft auf dcn nächsten Tag. Vormit
tags 10 Uhr festgesetzt hotte, mußte daS
Urtheil bis dahin vollzogen sein. Nie
mand aber wußte, wer Rüdel" sei,
bis man sich darauf besann, daß em
Offizier dieses Namens der Berliner
Garnison angehöre. Der Unglückliche
wurde eiligst festgenommen und ihm
daS TodeSurtheil angekündigt. Eden
sollte dasselbe vollstreckt werden, als ein
Kabinetssekretair deS Königs noch dazu
kam und höchlichft verwundert Über die
ungewöhnliche Erekution sich die Ordre
vorzeigen ließ und ihren Inhalt dahin
erklärte, daß der Rädelsführer unter
den Mauren gemeint sei. Indeß eine
Ermittelung darüber anzustellen, wer
der Rädelsführer gewesen, dazu war
keine Zeit mehr. Man nahm also, wie
Hnnle'S Preußische Geschichte berichtet.
flugS einen der Gesellen, den sein rothe?
Haar besonders verdächtig erscheinen
ließ und hängte ihn am Galgen aus.
voll.
wnstav amünrt ich nicht, iseme
liebe Frau ist entschieden heute Abend
nicht normal. Zum Mindesten ver
langt er eine Aufklärung.
So viel hat er an den zugeschlagenen
Thüren gehört: Scine grau ist in'S
Schlafzimmer gegangen. Er folgt.
Die Thür ist geschlossen. Er horcht,
drinnen wird geschluchzt. Gustav fühlt
sein ganzes Herz erschüttert. Er pocht.
Ader Schnuckelchen," ruft er durch's
Schlüsselloch, sag' mir doch blos, was
ich gethan haben soll."
Keine Antwort.
Sei doch gut, Schnuckelchen, und
sag'S.
Erneuter und bedeutend heftigerer
Schluchzenanfall.
Sag's, Schnuckelchen, sag's."
Gustav'S Stimme klingt so milde,
daß sie ihre Wirkung nicht verfehlt.
Betrogen haft mich!" tönte es in
einigen Stößen heraus.
Gustav ist entrüstet.
Wer sagt daZ?" ruft er hinein.
ES ist ein Telegramm für Dich ge
kommen. Ich hab' eS aufgemacht.
Da steht es drin."
Gustav ist unruhig.
Sogleich aber faßt er seine ganze
Energie wieder zusammen.
Ein Telegramm? Das ist nicht mög
lich. Oder es hat sich Jemand einen
faulen Witz erlaubt."
Natürlich! Das sagst Du jetzt so!"
Zeig' mir doch wenigstens 'mal das
Ding. Ich bitte Dich darum. Ueber
Haupt, wenn es für mich bestimmt ist,
dann ist es doch für mich und nicht für
Dich!"
Gustav ist etwas gereizt.
Durch die Thürspalte schiebt sich ein
weißes zerknittertes Stück Papier, ein
Telegramm.
Gustav ergreift cs nervös und er
lieft:
Komme heute Abend. Bitte Zim
mer für die Nacht für mich besorgen.
Die Dicke!"
Die Dicke!
Gustav kennt keine Dicke.
, Er ist unschuldig.
Er betheuert seine Unschuld mit allen
feinen Schwüren. Madame schluchzt
weiter ; es ist umsonst.
Als Herr Jntendanzrath Diedicke an
diesem Abend auf dem Görlitzer Bahn
Hof anlangte, war er sehr erstaunt, sei
nen Moser zu finden. Am anderen
Morgen aber, als er sich Herrn von
Moser melden ließ, fuhr dieses von fei
nem Frühftückstisch, an dem er gänzlich
allein saß. heftig auf.
Wie heißt der Herr?" fragte er das
meldende Mädchen.
Diedicke!" wiederholte Minna.
Ich lasse bitten!" rief Gustav mit
Ekstase.
Eine halbe Stunde später sank Ma
dame ihrem verkannten Gustav voll Reue
und Zärtlichkeit an die Brust.
Zum Schluß sei es mir gestattet, die
Frage an Herrn v. Moser aufzuwerfen:
Warum haben Sie, Herr Hsfrath,
aus dieser Geschichte eigentlich kein Luft
spiel gemacht?"
Bedenkliche Kabinetsjustiz.
König Friedrich Wilhelm I. von
Preußen hielt sich bekanntlich Kraft sei
ncr Souveränetät für durchaus berech
tigt. zur strengsten Aufrechterhaltung
von Ordnung und Pflichttreue schnelle
Justiz aus eigenster Entschließung zu
üben, wobei eZ freilich zuweilen vorkam,
daß völlig Unschuldige davon betroffen
wurden. Recht bedenklich war auch oft'
Bom altverlincr Münzweseti.
Berlin, seit dem Jahre 1319 mit dem
Rechte, Münzen zu schlagen, belehnt,
hatte im Jahre 1380 seinen eigenen
Münzmeifter ans einer der angesehend
sten märkischen Familien, Otto de Buek
(Otto v. Buch). Die ältesten Münzen,
die in der Mark geprägt wurden, hießen
Brakteatcn, Blech- oder Holzpfcnnige,
bestehend aus Silber, wovon 16 ein
Loth wogen. Weil diese Münzen höh'
waren und leicht zerbrachen, so schlug
man Denarien oder Pfennige, die man
nach Pfunden berechnete, und Finken
äugen, wovon 36 einen Gulden aus
machten. Zu diesen Münzgattungen
kamen unter den bayerischen Fürsten die
Scherpfennige, wovon zwei einen Pfen
nig, und die Prager Groschen, wovon
6 eine Mark enthielten. Im 16. Jahr
hundert war die Münze in der Poststraße
No. 5; von da kam sie 1692 in das
Seitengebäude deS Schlosses an der
Spree, bis der große Kurfürft sie in den
zur Wasserkunst eingerichteten Thurm
verlegte, der nunmehr der Mllnzthurm
hieß. AIS König Friedrich I. das
Schloß und den Thurm durch Schlüter
erhöhen lassen wollte, wurde das Ge
bände No. 2 der Unterwasserftraße zur
Münze eingerichtet und beim Erweite
rungsban, 1750, No. 3 derselben
Straße noch hinzugenommen. DaS
Münzgebäude in seiner jetzigen Gestalt,
Unterwasserftraße 2-4, ist nach Plänen
von StÜler in den Jahren 1868-1871
in Ziegelrohbau errichtet. Bis zum
Jahre 1750 standen die Münzen unter
dem Generaldirektorium, von diesem
Jahre an wurden sie direkt dem Könige
unterstellt, der einen GeneralmÜnz
direktor ernannte. In der Schmelze"
glühen und flackern zwanzig Schmelz
öfen, in denen Tiegel aus feuerfestem
Thon und Graphit eingesetzt find, von
denen jeder einen Metallsatz von 700
Pfund enthält. Bei Goldschmelzungen
beträgt der Tiegelinsatz etwa 350 Pfd.,
bei Silberschmelzungen 600700 Pfd.,
und werden in je einem Tiegel in einer
TageSarbeit sechs Goldschmelzen oder
vier Silberschmelzen bei Coaksfeuerung
ausgeführt.
Ein kostspieliges Gitter.
Als im Jahre 1714 Georg Ludwig.
Kurfürst von Hannover, unter dem Na
men Georg I. zum König von England,
Schottland und Irland gekrönt worden
war. wohnte er zwar einen großen Theil
des Jahres in Landen, aber er fühlte
sich niemals in England recht heimisch,
sondern gedachte immer mit Wehmuth
des Aufenthaltes in Hannover, wo er
als unumschränkter Monarch geherrscht
hatte und wohin er auch von England
reifte, so oft es irgend anging. Befon
ders scheint ihn in England die Unge
nirtheit. mit der daS Volk ftch in der
Nähe des Königs bewegte, peinlich be
rührt zu haben. So konnte er sich gar
nicht daran gewöhnen, daß der St.
James-Palast, in dem er residirte, nicht
abgesperrt war, sondern als Passage
benutzt wurde, und er strebte danach,
dies zu ändern. Eines TageS sprach er
darüber mit feinem Lieblingsminifter,
Lord Walpole, und beauftragte ihn,
einen Voranschlag machen zu lassen, wie
viel ein Gitter kosten würde, daS den
Palast von dem Londoner Verkehr ad
sperre. Ein solcher Kostenanschlag ist schnell
gemacht." antwortete der Minister- dn
Gitter würde Sie nur drei Kronen' ko-
sten, die Kronen von England, Schott
land und Irland."
Von einer Absperrung war fortan
nicht mehr die Rede.
INilcrungsgrund.
Richter: Siehaden einen Einbruch?
diebftahl versucht ! Warum haben Sie
ihn nicht ausgeführt?"
Einbrecher : Ich hatte mir während
der Arbeit ausgerechnet, daß ich nicht
auf die Spesen käme !"
Ans cinem eknitenbrikf.
Liebe Eltern! Ueber Eure Wurst
fendung war ich sehr erfreut, besonders
da der Herr Unteroffizier mir erlaubte,
auch etwas davon zu essen. . ..