3n (Lburm. ilWihiu, S. i ,, Die alte Burgruine $ fl. hoch oben auf granitnen Felsen gebaut, ift ein altersschwaches, zerfallenes Gebäude; 1 't ,t - ,.vm A V . 1, .,. " ' nur einzelne Mu6rnumin ,,c, und geben Zeugniß von dereinftiger rbre und Herrlichkeit. ES war ein Sr alteS und mächtige? Geschlecht, roel i MD hier Kaufte. Tie vielen Erker und Bal.one laffen weit in daS Land schauen! von hier auS wurde der Feind beobachtet und dem arglos dahinziehen, den Kaufmann aufgelauert, um ihn neb seiner kostbaren Waare in der Burg zu bergen. Ja. die edlen Ritter, sie mußten gar wohl. weShalb sie ihre Burgen fo hoch oben auf felsiger, fast uneinnehmbarer Höhe erbauten! Noch war das Burgverließ vorhanden, in welchem einst die Opfer jener Zeit der Willkür einem qualvollen Tode entge gen schmachteten. Ter oft hatte zwar die schwere eiserne Ihllr mürbe gefres. fen, aber der grauenvolle, eiskalte, modrige Raum war noch derselbe, und von dem langst ausgetrockneten Brun nen geht die Sage, daß er die Er schlagenen in seiner finsteren, schier un absehbaren Tiefe aufgenommen habe. So grausig und schaurig eS hier unten ist. so herrlich und erhaben ift hoch oben auf den Balconen des noch gut erhaltenen WartthurmeS der Aus blick ,i, Gottes schöne Welt. Ein weites, von goldenen Aehrenfeldern, grünen Wiesen und Obftgelünden durchzogenes Thal, hin und wieder ein kleiner See. wie ein blitzendes Auge in einem schö nen Menschenangeficht. AuS dunklen Waldungen, ein Bild ftill umhegten Friedens, lugen unzählige Ortschaften hervor. Wie eine Stätte ewigen, un entweihten Glückes liegt die Welt vor dem entzückten Auge. Stillen, heiligen GotteSfrieden athmet die Natur ! Ber geffen ift Hader und Zwietracht, der Kampf um'S Dasein und all' die drückenden schweren Sorgen, die unS Sterblichen anhaften. Doch das junge Mädchen, das hier einsam weilt, empfindet Nichts von die sem Frieden, den sonft der Anblick einer großartigen Natur empfänglichen Ge müthern ftetS gewährt. Ihr Blick ruht in heißer, verzehrender Sehnsucht auf dem in bescheidenem Stil aufgeführten Schlößchen, welche? die Nachkommen jenes gewaltigen Geschlechts, das einft die stolze Felsenburg bewohnt, sich am Fuße derselben, inmitten eine? von prächtigen Bäumen bestandenen ParkeS errichtet haben. Seit einer Stunde weilt in diesem Schloß Doctor Fritz Arnold, welcher die junge, seit einigen Wochen schwer erkrankte Grüsin ärztlich behandelt. Warum er nur so lange am Kranken bett der schönen Juliane weilt? Die Ge fahr ift doch vorüber, und Comteffe Juliane befindet sich auf dem Wege der Besserung. Doctor Fritz Arnold ift ein Freund von Dora's Vater, des Oderforstmei fter? Hartwig. Im vergangenen Win ter war er ein faft täglicher Gaft im Forfthause, aber mittlerweile hatte sich die Praxis deS jungen ArzteS ver größert, und er fand seltener Zeit zu freundschaftlichen Besuchen. Das war es. waS Dora fo tief tränkte, was ihr kleines, verwöhntes Herz nicht verzeihen konnte. Und nun dieser ungewöhnlich lange Besuch im Schloß! Warum kam er nicht ein Stündchen in'S ForfihauS? Galt sie ihm denn Nichts mehr? Aber wie konnte auch ihr bescheidenes Perfönchen mit Comteffe Juliane in die Schranken tre ten? Und doch liebte sie ihn, auch so sehr ! Thränen traten in Dora'S Augen. Gleich darauf aber bäumte sich auch ihr Müdchenstolz auf. Was, um ver schmähte Liebe weinen? Nein, nimmer mehr ! Sie kämpfte tapfer gegen die aufs Neue hervorbrechende Thränen fluth. Plötzlich schreckte sie empor und dunkle Nöthe bedeckte ihr Antlitz. Ber stöhlen sucht sie die Verrätherischen Spuren der vergoffenen Thränen zu vertilgen und blickt anscheinend auf'S Tieffte gefeffelt in die vom letzten ver glimmenden Sonnenstrahl vergoldete Landschaft. Die Gestalt eines fchlan km, wohlgebauten ManneS war unter deß in der Thüröfinung des BalconS erschienen. Doctor Friß Arnold'S männlich schönes Gesicht zeigte freudige Ueber rafchung. Ah, Sie hier. Fräulein Dora? ind Sie allein?" setzte er nach einigem Zögern hinzu. Ja, mit wem sollte ich heraufgehen? Der Mama find die Treppen zu steil! außerdem befindet sie sich nicht ganz wohl und hat zeitig die Ruhe gesucht, und der Papa, nun, der geht lieber in feinen Wald." Ihre Frau Mutter ist nicht wohl? WeShalb benachrichtigen Sie mich nicht?" isie find ja anderweit so sehr be schäftigt." entgegnete Dora gereizt. Er sah sie an. tief und forschend. .Ich würde doch Zeit haben, wenn Jemand von Ihnen krank ift." sagte er mit seiner tiefen Stimme. ..Also dann Hütten Sie Zeit, wirklich Zeit. Herr Doktor? Warum kommen Sie außerdem so selten?" Meine Zeit ift wirklich in Anspruch genommen, Fräulein Dora, so daß ich mir den Genuß dieser freundschaftlichen Besuche leider versagen muß." Wirklich, leider. Herr Doktor?" Ader, Fräulein Dora, wie können Sie zweifeln?" Und trotzdem fanden Sie Zeit, faft über eine Stund im Echloffe zu ver- eilen Ah. -ie haben mich beobachtet f" Ein Lächeln glitt gleich einem Sonnen strahl über seine Züge. Beobachtet? Nein ! Ich fah Sie zu fällig da? Schloß betreten, und an einend kommen Sie jetzt eben daher." Sie haben recht gesehen, Fräulein Dora. Aber meine Anwesenheit war nothwendig, die Eomteffe hat einen ückfall gehabt, und ich mußte be obachten." Wie können Sie nur Über Ihre Kranken all' die Gesunden vernachlässt gen?" schmollte Dora. DaS ift meine Pflicht." gab er mit ehrlicher Offenheit zur Antwort. ..Ader das liegt ja allein in Ihrem Willen! Sie brauchen ja nur weniger Patienten anzunehmen, um auch noch Zeit für Jüre Freunde zu haben," be gründete Dora ihre Ansicht. Und all' die Uebrigen sollten ver gedlich auf meine Hilfe warten?" Dora wandte sich ab. Wir verstehen uns nicht." sagte sie schroff. Doch, Fräulein Dora, ich verstehe Sie. und eigentlich beglückt eS mich. Sie lo reden zu hören." Dora wurde verwirrt. Hatte sie sich verrathen? Aber er sollte nicht denken, daß sie ftch um ihn grämte. Ich muß jetzt nach Hause," sagte sie und schickte sich an. den Thurm zu verlaffen. Doktor Arnold ergriff ihre Hand. Noch einem Augenblick weilen Sie. Dora: die Gelegenheit trifft sich vielleicht so bald nicht wieder; ich möchte einmal offen zu Ihnen sprechen." Doktor Arnold machte eine Pause. ES ging doch nicht so leicht, wie er sich gedacht und unzählige Male vorge sprachen hatte, wenn ihm ein solcher Moment deS Alleinseins vorgeschwebt hatte. Ader plötzlich durchbrach sein warmeS, ehrliches Gefühl alle Schüch ternheit, und all' die schönen vorbedach ten Worte vergessend, sagte er einfach und schlicht! Ich wollte ihnen sagen, daß ich Sie lieb habe. Dora. Wollen Sie mein sein, mein kleines, geliebtes Weib? Ein Gefühl bitterer Enttäuschung zog durch des jungen Mädchens Seele. In zitternder Erregung hatte sie anfänglich seinen Worten gelauscht. Jetzt mußte eS ja kommen. daS kaum noch gehoffte, unsagbare Glück! Dann aber, als die Worte so schlicht, so einfach und selbst verständlich von seinen Lippen kamen, löste sie ihre Hand auS der seinen und schüttelte abwehrend den Kopf. Wie, daS war der Ausdruck seiner Gefühle? Wie kalt, wie oberflächlich mußten sie sein, um ihn in diesem Augenblick nicht zu einem höheren Schwung zu be geistern! Wie im alltäglichsten, gleich giltigften Gespräch redete er zu ihr, und das mit solcher Sicherheit, als wäre das Ja" aus ihrem Munde das Einzige, wag er erwartet. O, da sollte er sich doch geirrt haben! Ihr Antrag kommt mir unerwartet! wie konnte ich glauben, daß Sie außer Ihren Kranken noch für etwas Anderes Jntereffe hätten, Herr Doktor." Sind Sie fo empfindlich, Fräulein Dora?" Wenn ich einmal heirathe, will ich nicht mit dem zweiten Platz in meines Mannes Herzen vorlieb nehmen. Ich gebe mein ganzes, Volles Herz und ver lange ein gleiches für mich." Und der Beruf deS Mannes, seine Pflicht, wo bleibt sie?" Seine Pflicht wäre vor allen Dingen, mich zu lieben." Aber ich liebe Sie ja, Fräulein Dora." Aber nicht mit jener einzigen, alles Andere vergessenden Liebe!" Und was müßte ich thun, um Sie von meiner innigen Liebe zu über zeugen?" BergeffenSie einmal Ihre Pflicht", erkämpfen Sie mich, wie jene alten Ritter die Dame ihreS Herzens, die da unter den wappengeschmückten Grab steinen ruhen!" Doktor Arnold strich langsam über seinen braunen Bolldart. WaS Sie für thörichte Einfülle haben, Fräulein Dora." Thöricht nennen Sie eS, wenn ich den Prüfstein für Ihre Liebe verlange? Ach, ich sehe, dem heuligen Geschlecht ,ft jenes edle Ritterthum, das die Männer von früher für die Dame ihreS Herzens hatten, verloren gegangen!" Aber statt jenes tändelnden Spieles beherrscht den Mann von heute das Ge fühl seiner Pflicht und seiner Ehre. Die Liebe für da? Weib feines Herzens ift einfach, aber treu und wahr." Und doch ziehe ich jene Liebe des Alterthums vor, jener Männer, die den Gegenstand ihrer Liebe mit Gefahr ihres LebenS sich eroberten." Ich müßte Sie also aus irgend einer Gefahr retten, Sie irgend einem Unhold abringen, um Sie an meine Liebe glauben zu laffen?" Ja," gab sie zur Antwort. Dann laffen Sie uns scheiden, viel leicht finden Sie noch einmal, daß die Liebe eine? ManneS von heute min bestens ebenso treu, wie die jener Helden der Vorzeit ift. Leben Sie wohl, Fcäu lein Dora." Er reichte ihr die Hand, und trotz all der bitteren Worte, die sie noch eben für ihn gehabt, legte sie die ihre doch hinein. Dann verließ er den Balkon. Sie hörte, wie er die Treppe hinab schritt, und jeder verhallende Tritt fiel schwer und schwerer auf ihr Herz. Die Thür, die vom Thurm in daS Freie, schlug laut schmetternd in'S Schloß, und mit dttiem Echlage sank ho"nungSloS all ihr Honen auf Glück in Z rummer. WaS hatte sie gethan? den Mann von sich gewiesen, den fie doch liebte mit der ganzen Kraft ihreS jungen Herzens! 5ie sank nieder aus die Bank, welche fich längS deS BalconS hinzog, legte den Kopf auf die Brüstung desselben und weinte, als sollte ihr daS Herz brechen. Sie bemerkte nicht, wie da? Tageslicht matter und matter wurde, wie Stern um Stern emporstieg und im Osten der Vollmond klar und hell am Himmel stand. Endlich schaute fie verworren um fich. Dann erhob fie fich rach und stieg die Treppe hinunter. Sie mußte fich an der Wand hin tasten, um keinen Fehl tritt in der hier herrschenden Dunkelheit zu thun. Auch überkam sie ein seltsam unheimliches Gefühl! so spät und allein war sie noch nie im Thurme gewesen. Horch, raschelte da nicht etwas hinter ihr die Treppe hinab? Sie wagte nicht zurückzuschauen. nur schneller strebte sie dem Ausgang zu. Ach, endlich! sie hatte die Thür erreicht. Doch was war daS? Ein jäher Schreck durchzuckte das junge Mädchen. Die Thür war ver schlössen ! Sie rüttelt, fie reißt an dem Schloß, umsonst, eS widersteht all' ihren Anstrengungen. Sie pocht, sie tritt mit dem kleinen Fuß gegen die Thür, sie ruft Alle? vergebens! Sie ift cinge schloffen ,m Thurm! und zu Hause werden fie fie kaum vermiffen. Die Mutter hat fich niedergelegt und ge beten fie ungestört zu laffen. Tie Dienerschaft glaubt fie längst in ihrem Zimmer, und der Vater kommt erst spät heim. Eine ganze grausige Nacht im Thurm ! Verzweifelt rüttelt fie abermals am Schloß. Doch nur daS Echo antwortet ihr. Schauerlich hallt eS wieder aus allen locken und Winkeln. ES ift, als haben die Wände Sprache bekom men! der Boden unter ihren Füßen scheint zu beben. Ermattet und in Todesangst setzt sie fich auf die unterste Stufe der Treppe und legt den fieberheißen Kopf gegen die kühle Wand. Auf einmal führt fie auf! eS ift. als habe eine kalte Todten Hand über ihre Stirn gestrichen! Ein markerschütternder Schrei entringt ftch ihr Brust. Ist hier unten nicht daS Burgverließ? Jener grauenhafte Ort, in welchem die Gefangenen eines lang famen TodeS sterben mußten? O Gott ! nur jene morsche Eisenthür trennt sie von diesem unheimlichen Orte. Wenn es wahr ift, was der Volksmund erzählt, daß die Seelen jener uischuldig Gemordeten umgingen! O, der Ge danke ift nicht auszudenken! Da raschelt und piepst eS wieder aus allen Ecken, es kratzt an der eisenbeschlagenen Thür und huscht die Treppenstufen hinauf. Jetzt streicht etwas über ihre Füße. Dora schreit laut auf vor Entsetze! das Huschen und Rascheln verstärkt sich! dann wird es mit einem Male todten ftill. Dora lauscht mit angehaltenem Athem, ihre Augen suchen die Finster niß zu durchdringen. War daS nicht ein grauer, menschenähnlicher Schatten, der dort an der Thür des Burgverließes stand? Hinauf, hinauf, unter Gottes freiem Himmel, nur nicht länger hier unten in der schrecklichen Finsterniß! Langsam schleicht sie die Treppen wie der empor, alle paar Stufen hält fie an, um zu lauschen. Folgt ihr Niemand, lauert dort, bei der nächsten Biegung nicht etwas Schreckliches? Sie hat den Balcon wieder erreicht. Gott sei Dank! Hier grüßen vom Nacht Himmel die Sterne, und der Mond blickt freundlich auf sie nieder, als wollte er sagen ! Fürchte Dich nicht, Du armes Menschenkind." Sie beugt fich über die Brüstung deS BalconS. Da liegt friedlich,, vom Monde beschienen. daS traute Forst Haus, und seine Bewohner ahnen nicht, welchen Oualen fie hier ausgesetzt ift. Und allmählich kommen mit der wei chen stillen Nachtluft gar vorwurfsvolle Gedanken in ihr Herz gezogen. Sie fühlt, welch' thörichtes Menschenkind fie gewesen, das um einer romantischen Grille willen ein edleS Herz von ftch gewiesen und ftch selbst für alle Zeiten unglücklich gemacht hat. Stunde um Stunde verrinnt, vom Schloßthurm tönen zwölf volle Schläge durch die Mitternacht. Mitternacht! wo die Geister entfeffelt aus ihren Grä bern steigen! Neues Grauen überfällt Dora. Gehen unten nicht Thüren? Angftschauernd drückt sie ftch in die Ecke deS BalconS und klammert fich an die Brüstung feft. Eine grausige Vorfiel lung verdrängt die andere. Alle Spuk gefchichten, die man ftch von der Burg erzählt, fallen ihr ein. Sie sieht, wie die Ritter ihr Opfer herbei schleppen, in'S Burgverließ stoßen oder im tiefen Brunnen der Welt für immer verber gen! Horch! jetzt kommt eS die Treppe herauf, nicht mit leisem, geisterhaftem Schleichen, sondern haftend, fchwerter klirrend! Ha. da stehen fie schon, die Ritter von ehedem, in glänzender Rüstung, den Speer an der Seite! Einer, der vornehmste von Allen, tritt mit edlem Anstand vor Dora hin, beugt eine Knie und beginnt mit heißem Lie beSflehen um ihre Liebe zu flehen. Aber trotz deS romantischen Zaubers, der ihn umgiebt, trotz der innigen Lie beSschwüre fühlte Dora ein geheimes Grauen vor ihm. Träufelt da nicht Blut von feiner Hand? Sie weicht schaudernd vor ihm zurück, den entsetzten Blick immer auf die bluttriefende Hand gerichtet. Als er steht, was fie ängstigt, hebt er mit einem bösen Lachen die Öand empor. Ich crltach eben zwei Wanderer, warum gaben he ihre Ladung nicht gutwillig? Lieh', meine Lieb, hier ift etwaS von der Beute!" Sein Nebenmann reicht ihm einen koft baren Zchmuck. er strahlt und funkelt in allen Farben deS Regenbogens. Er versucht Dora daS Geschmeide anzulegen! fie aber sträubt fich mit allen Kräften. Räuber. Mörder!" ruft fie voll Abscheu. Er aber lacht nur höhnisch aui: WaS. mein Häubchen, was magst Tu! Bist Du nicht in meiner Gemalt? Unken im Burgverlies-, würdest Tu Deinen Hoch muth ficher bereuen!" Da schreit fie aus. gellend marler schütternd, daß eS 'urchtbar durch die Lüfte hallt. Die Ritter stoßen klirrend mit ihren Schwertern auf den Boden. Aber kommt da nicht Hülfe, ruft eS nicht tora!" Zuerst wie auS weiter, weiter Ferne, dann immer näher, immer zärtlicher klingt ihr der eigene Name in'S Ctjr. Dora, Tora!" Sie schlägt die Augen auf und sieht Doktor Arnold in zärtlicher Sorge über fich gebeugt. ..Fritz, Fritz, rette mich!" ruft fie in Todesangst. Er schlingt seine Arme um fie und sucht die Geängstigt? aufzurichten. Sie klammert fich fester an ihn: Schütze mich, schütze mich. Fritz!" spricht fie noch einmal und birgt daS Geftcht an seiner Schulter, wie um irgend etwa? Schreck licheS nicht zu sehen. Beruhige Dich, mein Lieb. waS könntest Du sürchten. wenn mein Arm Dich beschirmt." Jener Ritter mit der blutigen Hand. Fritz." Er faßt erschreckt ihre Hand. Tora trüumft Du. oder hat Dich die Furcht Übermannt?" Da wagt sie eS. aufzublicken. Er ftaunt sieht sie, daß die Ritter alle ver schwunden, nur er, der edle, treue Mann hält fte seft in seinen Armen. Fritz, kannst Du mir verzeihen. waS ich heute zu Dir sprach?" sagte fte. demüthig bittend zu ihm aufschauend. Alles, AlleS, mein Lieb, nur den Verlust Deiner Liebe könnte ich nicht ertragen." So weißt Du, daß ich Dich liebe?" Ja, mein Herz, ich wußte es, wußte eS auch, daß Du aus thörichtem Eigen sinn unS Beide unglücklich machen woll teft. Deshalb ging ich zornig von Dir. In meinem Unmuth schlug ich die Thüre unsanft in'S Schloß, ohne weiter darauf zu achten. Ich eilte nach Hause, doch fand ich keine Ruhe. Wieder stürmte ich hmauS, sonder Rast, ohne Plan, nur weiter, weiter. Mitternacht fand mich im tiefen Wald. Gar seltsam feierlich klangen zwölf Schläge durch die stille Nacht. Wie ein Mahnruf, wie ein Erinnern an die Vergänglichkeit der Zeit. Ich blickte auf. Ueber mir ein wolkenloser, sternbesüeter Himmel. Der Mond ließ alle Gegenstände hell und klar hervortreten. Ich erblickte den Thurm, den alten, auf welchem ich heute die unglücklichste Stunde meines Lebens zugebracht. Aber bewegte ftch da oben nicht etwas? Da klang ein Schrei, schreckenerregend, nervenerschlltternd durch die stille Nacht! Und er kam vom Thurm. Herr Gott! da fällt mir ein. daß die Thür des Thurme hinter mir in das Schloß gefallen! Wie, wenn sich das Schloß vorgeschoben und Du ringe schloffen wärest? Grauenvoller Gedanke! In mächtigen Säßen laufe ich zum Thurme. Athemlos stehe ich an der Thür, ich rüttele an ihrem Schloß, ver gebens! Ein paar gewaltsame Fußtritte rufen nur ein hohles Echo wach. In meiner Herzensangst erinnere ich mich, daß ich vor einiger Zeit eine lose Eisen ftange in einem der Löcher des Burg verließes bemerkt habe. Ich eile dahin, und es gelingt mir, fie vollends aus der Mauer zu brechen, und mit ihrer Hülfe sprenge ich glücklich da? Schloß. Ich springe die Treppe hinauf und finde Dich hier schlafend, wirre, entsetzte Re den führend. Das Uebrige weißt Du, mein Herz ! AuS Stunden der Todes angft ist uns das höchste Glück erblüht." Sie waren unterdeß am Forsthauö angelangt. Klopfen wir den alten Peter her auS. Dora. Wir wollen Deine Eltern heute Nacht nicht weiter beunruhigen," sagte Doctor Arnold, indem er den Arm der Geliebten fester an fich drückt. Tort ift ja wohl daS Fenster seiner Kammer? Er antwortet, er wird gleich öffnen", spricht Arnold weiter zu Dora, indem er von dem bezeichneten Fenster zurück tritt. Nun, adieu, mein füßeS Lieb! Morgen komme ich, um von Deinen Eltern Deine Hand zu erbitten. Bis dahin ruhe sanft und träume von Dei nem Friß." Von meinem Retter!" sagt Dora. vcrschwörttttg. Äon V 0 i l) 0 r T ch m i d t. Ich bin der Unglücklichste der Men schen. ich werde meines Lebens nimmer froh werden! Man hat fich gegen mich verschworen, hat ein Eomplott gefchmie det. ein schwarzes, verrätherischeS Eom plott. Wie viele der Complicen eS sind, weiß ich nicht ! doch ihre Zahl ift jeden falls beträchtlich. Feinde erblicke ich an allen Ecken und Enden, wo immer ich geh' und steh'. Ihnen auszuweichen, ihre Listen und Ränke zu vereiteln, darauf ift mein Sinnen bei Tag und bei Nacht gerichtet. ES handelt fich um nichts Geringeres, als um ein Attentat gegen meine Person, gegen mein Leben, gegen meine Freiheit: man will mich verheirathen! ceudem ich mein dreiunddreiiügneS Jahr zurückgelegt habe. ist'S aus mit dem beschaulichen, zusrieSenen Dasein, da? ich bisher geführt. Gute Bekannte, liebe Freunde und Verwandte, Leute, die mir lonft Harm und argloS degeg neten. Menichen, denen ich nie etwas zu leide gethan, nahen ftch mir fortan nur mit heimtückischen Plänen und gleiß nerischen Reden. JedeS Mittel ift ihnen recht, mich zu umgarnen, sie haben nichts unversucht gelassen nicht Lug und Trug, nicht Schmeicheleien, nicht Drohungen. Bitten und Gewalt, um mich unter daS Ebejoch zu dringen. WaS mich am AUcrschmcrzlichsten da- I bei berührt, ist, daß meine brave, liebe, 1 alte Mutter an der Spitze der Ver ichmorenkn fich befindet. Sie, die mich mit Schmerzen geboren, die mich ge nährt, gehegt und gepflegt hat mit un endlicher Hingebung und Ausopserung, j sie bietet als Erste die Hand dazu, mich i zu verderben. Jawohl! mich zu verderben! Denn es ift meine felsenfeste Ueberzeugung, daß mir kein größeres Leid angethan werden könnte, als ein Weib! Für manche Männer mag ja die Ehe ein Glück, für manche ein Nutzen, für viele ein nothwendiges Uebel fein ! für mich, wie ich nun einmal geartet bin, wie ich fühle, denke und empfinde, wäre I fie der schrecklichste der Schrecken, Selbst l mord. Warum? O, ich könnte ein ganzes dickes Buch darüber schreiben, welche 'Gründe mich veranlassen, ledig izu bleiben. Aber wozu? DaS gehört doch hier gar nicht zur Sache! Habe ich mich denn vor irgend Jemand hier zu i rechtfertigen? Zum Kukuk noch mal ich will einmal nicht heirathen und da : mit bafta! I Früher rückte die Mutter nur selten und dann wcnigftcnS grad und offen mit der Sprache heraus ! So heirathe doch, Tu kannft doch nicht ewig ledig bleiben, lieber Sohn!" Aber mein Gott, warum denn nicht, Mutter ?" Na, und dann folgte denn gewöhnlich ein Dialog von der Art etwa! Sieh' mal an, Deine Freunde. Ar thur, Emil. Fritz, Deine Brüder OScar und Max, fie find längst Alle verheira thet !" Laß fie doch! Ich beneide fte nicht um diesen Vorzug!" Bedenke aber, mein Kind, wenn ich nicht mehr sein werde! Wer wird Dir dann die Knöpfe annähen ? Wer wird Dir die Strümpfe ftopfen und Dir Deine Lieblingsgerichte kochen ?" Gerührt pflegte ich zu antworten : Denken wir nicht daran, Mutter! Du bist ja Gott fei Tank noch so rüstig und wirft voraussichtlich noch lange le den, länger vielleicht als ich." Die Mutter verschonte mich fortan mit direkten Heirathsattentaten. Doch nun begannen die indirekten Anspie lungen ! H Ob ich nicht auch fände, daß Fräu lein Marie X. ein sehr nettes Mädchen sei? Gewiß, ein sehr nettes Mäd chen!" Und hübsch wäre fie doch auch? O ja, hübsch ift fie auch!" Ach. und so häuslich! Ei, ei, gar noch häuslich?" Na ob und wie! Ich sollte fie nur 'mal in Küche und Keller herumhantiren sehen, meine helle Freude würde ich daran haben. Und die Leute meinten. eS sei viel, viel Geld da, wie dieS ja auch aus der ganzen Lebensführung der Familie hervor ginge. Ich glaub'S beinahe selbst! es muß viel Vermögen da sein." (Pause.) Weißt Du, mein Kind ein Mut terauge steht ja immer viel schärfer weißt Du, waS ich für eine Beobachtung gemacht habe?" Nun?" Fräulein Marie scheint sich lebhaft für Dich zu interessiren " Ach waS !" Wenn ich Dir sage " Hm. hm möglich wär'S ja im merhin. " Es ift sogar bestimmt so! Du darfst Dich darauf verlaffen!" Schön, ich verlaß mich darauf!" Nun und?" Nun und, Mutter?" Seufzend bricht sie dann das Ge spräch ab. An Dir ist Hopfen und Malz ver loren; Du bist ein unverbefferlicher Junggeselle!" Ich weiß genau: in unserem Fami lienAlbum steckten bis vor Kurzem noch drei Photographie' von mir. Auf der ersten bin ich mit, auf der zweiten ohne Hut abgenommen; von der dritten blickte mein edleS Eonterfei im Frack. Seit Wochen nun sind diese Bilder ver schwunden, seit Wochen hat meine Mut ter, ich weiß nicht was für geheime Correspondenzen, seit Wochen, wenn Besuch bei uns ist und merkwürdig oft ift das der Fall wird in einem fort getuschelt und gezischelt. Trete ich dann unvermuthet ein, so schweigt plötz lich AlleS und dann fängt irgend Je mand mit ziemlich ungeschickter Miene von irgend etwas zu sprechen an, wovon im Augenblick zuvor sicherlich nicht die Rede war. Ich merkte natürlich sofort, daß ich wieder einmal verheirathet werde, und schleiche mich traurig und betrübt von bannen. So auch neulich Abends. Und da's gerade Montag war, ging ich in mei nen Schachclub, sicher, hier mit solchen Widerwärtigkeiten nicht belästigt zu werden. Mein Partner ift bereits anwesend. Schweigend und ohne weitere Umstünde setzen wir unS an'S Schachbrett. Jener ift ein gefährlicher Gegner: ich nehme mir vor. heute doppelt aufmerksam mit i ihm zu sein, aber ich iinde. er ift ganz 1 und gar nicht bei der Sache und macht . einen Schnitzer udcr den anderen. Nach ! dem mir so eine geraume Zeit gespielt hatten, stutzt er den Kops in beide Hände und sinnt und sinnt vermuthlich über einen geistreichen Zug. der ihn aus sei Klemme reißen soll. Nun scheint er ihn gefunden zu haben: er sieht mich, halb verschmitzt, bald verlegen lächelnd, an und sagte: Sag 'mal. Du, möchtest Du nicht heirathen? Ich müßte zufällig eine auS gezeichnete Partie für Dich, ich Donnerwetter, da hört doch die Ge müthlichkcit auf!" Wüthend erbebe ich mich vom Stuhle, ergreife Mantel, Hut und Stock und verlaffe dröhnenden Schritte- das Lokal, ohne ein Wort deS GrußeS. Ich bin etwas nervös. Du lieber Himmel, wer wäre daS heutzutage i nicht I Die ewigen Onälereien und Plackereien mit dem Heirathen haben sicherlich nicht dazu beigetragen, n,eine Nervdfttät zu vermindern, im Gegen ; theil. Da ftch der Zustand in letzter i Zeit merklich verschlechtert hat, ent schließe ich mich endlich, einen in diesen Dingen sehr erfahrenen Arzt zu consul j tiren. Der fragt mich dann ein Langes und BreiteS, Dieses und Jenes, Vieles, waS offenbar gar nicht zur Sache gehört. Endlich meint : Sie find ledig, nicht wahr" Natürlich!" antwortete ich fast grob. Ja, erlauben eie 'mal, verehrter Herr, das ift gar nicht so natürlich, wie Sie glauben. DaS ist vielmehr sehr unnatürlich. Wie alt find Sie denn?" Dreiunddreißig ein halb!" So, so, dreiunddreißig ein halb!" Na, wenn Sie meinen Rath hören wollen, den einzigen Rath, den ich Ihnen geben kann: Heirathen Sie!" Nie wieder geh' ich zu einem Nerven Arzt! m i Bräuche aus alter Zeit. Viele Gebräuche in unserem jetzigen sashionablen Leben find nur ein Ueber bleibsel aus alten Zeiten, die theils ihre Bedeutung behalten, theils diese aber auch gänzlich verändert haben. Die Sitte, den Hut abzuziehen, stammt von dem Gebrauche der Ritter, den Helm abzunehmen, wenn fie fich der Gnade ihres Gegners ergaben. Deshalb nimmt der höfliche Europäer auch den Hut vor Jedermann, der Amerikaner aber nur vor Frauen, denen er sein Herz ergeben hat, ab und grüßt sonst mit bedecktem Kopse. DaS Ausziehen des Handschuhes deutete ein FreundschaftSanerbieten an, und noch heute gilt eS als ungebildet, die Hand eines Anderen zu schütteln, ohne den Handschuh auszuziehen. Die Handreichung vor dem Kampfe war die gegenseitige Versicherung eines ehrlichen Kampfes, und davon schreibt sich der Gebrauch her, daß Brautleute bei ihrer Trauung fich die Hände reichen müffen. Ein franzöfifcher Gefangener in der älteren Zeit England's zog einft eigen thümlichen Nutzen auS dem Gebrauche deS Händereichens. ES sollte zur öffentlichen Schau gegen einen Neger borer kämpfen, da er aber vom Boren nichts verstand, faßte er bei'm Beginn des Kampfes des Negers rechte Hand und zerbrach fie mit eisernem Druck der seinigen. Die Verbeugung stammt von dem alten Gebrauche der Gefangenen, ihren Nacken dem Streiche deS Gegners zu biete. Die Haarnadeln der Damen find nur verkleinerte Dolche, wie fte die alten Italiener trugen, und in wenigen Theilen von Sizilien werden fie noch jetzt in einer Größe benützt, die fie leicht in Waffen verwandeln lüßt. Die Ohrringe waren in den ültcften Zeiten Zeichen der Sklaverei und waren so geschloffen, daß fie nicht aus dem Ohre entfernt werden konnten. Die Form derselben bezeichnete den Besitzer des Sklaven. Deshalb trugen auch bei vielen barbarischen Völkern die Frauen Ohrringe als Zeichen der Unterthünig keit gegen ihre Münner, und noch heute find ste ein Zeichen der Sklaverei unse rer Damen, wenn auch nicht den Män nern gegenüber, so doch einer Putzsucht, die fie zwingt, ftch dem Wilden der Nase und Ohren durchbohrt, gleichzu-stellen. (eneral Maftone's Kuh. Als General Mahone in die Armee der Conföderirten eintrat, litt er vmt mein an Dhspepfie. Schon seit Jahren gehörte es zu seiner Diät, täglich frische Milch zu trinken, und da er ohne die selbe im Felde nicht existiren zu können glaubte, nahm er eine Kuh mit und behielt dieselbe während des ganzen Krieges bei ftch. General Lee ärgerte fich oft genug über daS Thier, und eines Tages, als ihm die Kuh den Weg versperrt hatte, erklärte er Mahone kategorisch, er müsse fie zurück laffen. Kann nicht." erwiderte Mahone. wenn'S mit der Kuh nicht geht, so muß ich refigniren!" Die Kub blieb und auch an ,enem Apriltag. als Lee bei Appomator fich Grant ergab, war die Kuh in Mahone'S Lauer. Später nahm Mahone das Thier mit nach Hause nach Peters bürg, Va.