Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 24, 1897, Image 10

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    Die Brautwerbung.
(sin Malklgk'chlcklk von ,'nauz fL'-.djmaim.
plan zu entwerfen und die ersten Cpe
rationen zu eröffnen. Jeden Morgen,
trenn er um Malen an daS Seeurer
! aina. ftctftc er ielt den Zimmerschlüssel
Am Morgen hatte nanS Wind roitber j ,u sich, tmfe Rosa, die täglich ?
einmal sein Meld gezahlt, oder vielmehr Zimmer besorgte, genöthigt war. auf
daS waZ ihm fehlte, denn in keinem ; seine Wiederkehr zu warten und in se,.
Beutel war nicht diel zu zahle?,. Aber ner Anwesenheit da Lofli in Ordnung
allmählich wurde die Zache doch bedenk zubringen. Von unschuldigen .ecleieien,
lich Me waS er noch sein nannte, wie sie das heitere Mädchen liebte, gmg
war ;a gepumpt, und doch wuchien die er allmählich zu verftecktkn Andeutungen
Schufen stetig, nicht nur bei seinen über, um seinem Ziele naher zu kom
gnunden sondern auch im Wirths men. Aber die Umworbene schien seine
Hause Ach! Wochen weilte er schon geheimen Absichten nicht zu bemerken,
dort und nur in'der ersten hatte er sobald er ernfthast wurde, zog sie alles
leine Rechnung beglichen. TaZ war be- in! Spahhaste. und er vermochte nicht
ichümend. Und gestern hatte sogar die ! klug daraus zu werden, ob sie mehr
Wirthin ihn zum zweiten Mal gemahnt. ein neckische Lp mit ihm trieb,
r hatte sich zwar mit allem Weiblichen Indessen war Rosa keineswegs so
stets gut zu stellen gewußt, aber doch harmlos, wie sie sich stellte. Sie hatte
kam es ihm vor. als ob ab und an eine! längst erkannt, worauf der Maler hin
stille ,rage. ein Vorwurf aus den Augen aus wollte, und allmählich begannen ne
der Kran Lcdeuvle. ihres SohneS p! seine, nur zu deutlich geäußerten. Ad
pel oder gar der hübschen, munteren ncyten zu ängstigen, am noe roar es , m
Rosa ihn anblickte. Tas war nicht län
ger zu ertragen, irgend ein NM
Mittel mußte gefunden rverden, um sich
auS der ewigen Verlegenheit zu be
freien. Seine Kollegen wagte er um
kein weiteres Darlehen anzugehen, die
b.ittx rr skr, MI nfl MMttsl belüstiat. und
doch grausam, ihn so lange zu ualen
und besser, so bald als möglich die
Sache zum Abschluß zu dringen. So
nahm sie ilire Zuflucht zu Profesior :Xö.
nur. Tiefer, der gewissermaßen den
heimlichen Regenten in dem kleinen
Künstleistaat auf der Jnfel bildete, war
sogar der immer lustige und hilfsbereite stet? in alle intimeren Angelegenheiten
Vroseffor Römer hatte das legte Mal eingeweiht und wußte durch geschickte
ein etwas bedenkliches Gesicht gemacht, i Manipulationen im stillen alles zum
Wie also sich helfend Tu war guter Besten zu leiten. Rosa trug daher kein
Rath theuer. ! Bedenken, ihm ihre Entdeckungen und
Ach. ganz anders liatte er sich alles Vermuthungen anzuvertrauen,
gedacht, als er mit Beginn deS Som- j Der gutmüthige, lustige Profesior,
mers die Hauptstadt verlaffen, um mit : 0er langst auch in andere Geheimnisse
den Kollegen ein paar schöne Monate , ,re erzen eingeweiht war, lächelte
auf der stillen, nur von Künstlern be- un0 rieb sich vergnügt die Hände,
suchten Insel im Waldheimer See zu ; ja mt machen, Kind und
verbringen. Das Leben da draußen ; :n,t gS, waS ich sage. Es wird sich
sollte ja viel billiger sein als in der j on em Gelegenheit finden, die Sache
Stadt, und Anregung würde es geben i jnj Reine zu bringen. Nur einpaarTage
in Hülle und Fülle. Nun ja, fleißig j galtet sie noch hin, bis sich mir eine glitt
wen er gewesen, fleißiger als alle die : Gelegenheit bietet, einen Plan zu
anderen, die sich mehr der Erholung als : fMn. Jedenfalls müßt Ihr eine heim
der Arbeit widmeten. Allein die Früchte j liche Zusammenkunft mit ihm aus
seiner Thätigkeit ließen sich so bald nicht ; machen und mich von Zeit und Ort in
ernten. Hatte er doch seine ganze Mühe , Kenntniß setzen. Für daS Weitere werde
auf ein einziges Bild verwendet, das er dann schon sorgen."
zur Preisbewerbung nach Müncheii , ge-j Cbmof)l eg a (im, &mm ümi
schickt. Ader da befand sich nun schon mx b0(j) lles Bei
vierzehn Tage dort, und weder von et:traucn ju 0em Professor. Sie dankte
mm Preise noch von einem Ankauf ließ , ffl Bereitwilligkeit und wollte
sich etwas hören. Ja, wenn er gewußt
hüite, daß der Liebe Müh umsonst war, i . tjef 0cr RünflIer nl8 fie
würde er das Ml, für den kostspieligen ! er Schwelle stand, kommt
Rahmen um den er eigenSm die Stadt , giese Woche herüber?"
hatte fahren müssen, lieber behalten ha. i 8fl am (tttttoÄ."
den. Doch nachdem er nun einmal die m im M öie gad)e
letzten, eignen Baarinittel dafür ge- ben nächsten Tagen öffentlich bekannt
opfert, war nichts mehr zu macken. und ro7rbfn? '
die kleineren Sachen, die er jetzt in Ar- 3 n ( bic gintt)ifliauna der
bett hatte sonnte er erst nach seiner Rück. ; Wuttet beteit halten, " cntqeqnete
kehr in die Stobt anzudringen hoffen, i 0rQ lslxm0
DaS Beispiel berühmter Männer, die j Um fo fß onnten air &m
m ihren Lehrjahren auch keinen Pfennig tUme mx 0Qmit verbinden. Das
w der Tasche gehabt, vermochte M ,,n Hauptspaß erden - und am
IJU1 ... ikXU . i . . - . . . ..
niui uuueuiu ju uui u, uuih wui wj.twnck böte ck d e beste e eaenbe l.
zu praktisch und vernünftig gesinnt, und
ein voller Magen ging ihm über einen
leeren Ruhm
Alio thut bis dahin das Eure.
HcnS Wind glaubte seiner Sache
AU aeuie ,ann er ivieocr uver einen r,x" , fc: nr m,k.n
Ausweg aus der Noth nach Wie wür-, u tm mmx zhunlicher
! geworden, wenn sie auch nicht la'.'en
haben? Durch eine reiche Heirath. mhr , immerfort zu necken und ab
es ,h,n durch den Kops. Daran hatte : m ffi , mißverstehen,
er merkwürdigerweise bisher nock) rne 7, 7 ' .... ...
gedacht; das Mittel war ihm stets zu!... Ts verführerische Lächeln mit dem
fürchterlich erschienen, um überhaupt Ne'h". am borgen angesehen, als er
rwogen werden zu können, denn Hans fte, an die Arbeit zu gehen.
Wind war ein Feind jeder Feffel und , nte nicht bedeutungslos sein So
. . ..V . .. .V " ffihvin it mit hörn toftar f.C m i sh In 1 a
KS.ljlKir HUI UUll lr4Vll VStl4)UyAU t,
noch heute die Entscheidung herbeizufüh
ren, um Mittag in das Wirthshaus zu
rück. Nach dem Effen begab er sich sogleich
auf sein Zimmer und begann sich mit
seinen Skizzenbüchern zu beschäftigen.
Bald ließen sich Rosas leichte Schritte
auf der Treppe vernehmen. Ein kräf
iiges, freudiges Herein" beantwortete
ihr zages Klopfen an der Thür.
Der Maler wandte sich um und be
trachtete erstaunt den schmücken sauberen
Anzug des hübschen Mädchens. Habt
Euch ja heute besonders schön gemacht,
Rosa, ist denn ein Festtag?"
Man kann nicht wiffe'n," antwortete
sie geheimnißvoll. An einem Feiertage
ist's einem oft trüb' und traurig zu
liebte seine fröhliche Freiheit über alles
Aber jetzt zog der Gedanke ihn wie ein
Magnet immer wieder an. Diese er
bärmliche Noth vergiftete ihm das ganze
Leben. Nun, und wenn Geldmangel
ein Gift war, so mußte es mit Gegen
gift vertrieben werden, und dieses Mittel
schien wirklich das einzige, das Ausficht
auf dauernden Erfolg bot.
Aber woher eine Frau nehmen? Er
konnte doch nicht zu einem Bermitt
lungsbureau seine Zuflucht nehmen.
Und hier auf der einsamen Insel gab es
doch keine die
Plötzlich schlug er sich vor den Kopf,
ein rettender Gedanke war ihm gekom
men. Wie hatte er nur so blind fein
können! Täglich gaukelte ja so ein mun-
t,,,. O Am! flirrn um ihn
ICirl, UUUICI WUJmi.V..niy i" it. .at W rrri
berum-und er brauchte gemiß nur zu-! Mut)e während man an einem Werk
zugreifen, um ihn zu haschen. Rosa, . f ,
der Wirthin Töchterlein! - Er hatte sie j R l Ö j Anen heut V fragte
von Anfang an gern gesehen - freilich "K'nhba " m f Utlt
ohne .eirathsgedanken.-und wenn sie, Stimmung fand.
auch nur ein schlichtes Mädchen ohne Ja. ja." sagte sie die Augen nieder
" m. l rvn 's- . . iftfi -I ( D t.
viel Bildung und Winen war was i iva "i ii rcn ms vv
tnaebte bflSi' Schon mancher seiner Kol-! sich heute noch etwas Besonders ereignen
leaen hatte solch' ein bescheidenes Blüm
lein heimgeführt und eS nicht zu bereuen
gehabt. Rosa war fleißig, gesund und
immer zu Lachen und Scherzen aufge
legt, ganz wie er es liebte. Sie würde
auf alle Fälle eine gute Hausfrau ab
geben und was die Hauptsache war:
auf der Insel wußte Jedermann, daß
die Familie Scheuple ein stattliches Ver
mögen zusammengespart hatte. Seine
drückenden Schulden auS der Welt zu
hcirathen und die Hauptgläubigerin in
eine Schwiegermutter zu verwandeln,
das war doch eine geniale Idee und
wenn Noth Eisen bricht, warum nicht
auch seine Antipathie gegen die Ehe!
Wie er es auch überlegen mochte, eS
konnt gar nichts GescheidtereS geben,
als den Schritt zu thun. UeberdicS
schien eS ihm gar nicht zweiselhaft, daß
auch Rosa ihm ein wenig zugethan war,
vielleicht wartete sie nur auf ein ent
scheidendes Wort von seiner Seite. Die
Mutter würde sich geschmeichelt fühlen
und der Seppe! ihr Bruder
freilich ein etwas stupider Schwager
ohnehin nichts einzuwenden haben.
Nachdem Hans Wind einmal mit sich
ewig geworden, begann er seinen Kriegs
müßte. Wer kann auch wisien waS
bis zum Abend geschieht. Und da mein
ich denn, solch ein Tag der einem ganz
anders als die übrigen scheint, so voll
Luft und Hoffnung daS ist der wahre
Festtag, und ihm zu Ehren muß man
sich schon ein wenig sauberer zusammen
richten."
Hans blickte sie erstaunt an, während
sie sich an dem Kleiderkaften beschäftigte
und des Malers bescheidene Garderobe
mit prüfenden Augen musterte. Sollte
fte eine Ahnung haben von dem. was so
nahe bevorstand? Wenn sie seine ge
heimsten Gedanken errathen konnte, war
eS um so sicherer, daß sich ihre Seelen
verstanden, daß sie ihn liebte!
Fräulein Rosa," begann er plöplich
aufspringend und ihr einige Schritte
näher tretend das ist wirklich seltsam
auch mir geht e? heute wie Ihnen,
ich fühle mich so froh- so hoffnungsvoll
ja so muthig, daß ich Ihnen etwas
sagen könnte, waS ich schon lange
Sie hätten mir etwas zu sagen?
Doch kein Geheimniß?" Sie legte mit
schalkhaftem Lächeln den Finger an den
Mund.
Allerdings ein Geheimniß das ich
bisher im tiefsten Herzen ver''chloen
aber beute
.Still still." flüsterte sie ängstlich
dann d.irfen Sie rl hier nicht sagen
die Wände haben hreri dort
nebenan ist SeppelZ Kammer, und die
Mutter ist eben heraufgegangen. Zltx
dars sie eS hören?"
Nein. nein, noch nicht, erst muß ich
mit Ihnen allein gesprochen haben."
Da wird eS hier ,m Hause nicht
möglich sein, man ist nirgends sicher."
So nennen Sie mir einen anderen
Crt aber heute noch muß kl 'ein: die
ser Tag ist einmal dafür geschasien, "
Rosa schien einen Augenblick nachzu
sinnen. Ich wußte wohl einen Platz."
meinte sie dann einen Platz wo uns
Niemand hörte, und um fünf llhr könnte
ich mich frei machen. "
Sagen Sie wo?"
Bei meiner Tante Eenzi."
,AH. bei der Wittwe des Fischers
Gantner in dem kleinen Hau'e am
Lee i"
Ja. neben dem Dompfschisifteg.
i Sie können vom Userwege unbemerkt in
den Garten treten und dort in der
I Lsmie
Dars ich Sie erwartend" fragte er
in athemloser Beklemmung.
Sie werden mich bereits dort 'inden
doch dürfen Sie keine Minute zu früh
oder zu spät kommen."
Rosa Sie machen mich glücklich, eS
soll ein wahrer Festtag werden - für
unS Beide."
Ich hoffe
DaS Wort bezauberte den Maler, er
sah sich am Ziele aller seiner Wünsche.
Kein Zweifel, Rosa liebte ihn, und sie
war Uug, die glückliche Stunde des
i Geständnisses nicht hier, wo jeden Au
genblick Jemand eintreten und sie stören
oder von außen belauschen konnte
nicht in dem engen Zimmer herauf zu
beschwören sondern in trauter, grüner
Laube bei Blumenduft und Wellenrau
schen. wie poetisch sie war! Er
konnte seine Freude nicht bezähmen,
dem Dränge seine? Herzens keinen
. Zwang auferlegen er mußte ihr lie
des, frische? Antlitz küffen. Ganz nahe
drängte sich fein Gesicht an das ilire.
! seine Lippen spitzten sich, aber plötzlich
versetzte ihm Rosa einen leichten Schlag
auf die Wange, sprang einen Schritt
zurück und rief:
Pfui, wer wird denn iolche Adfich
ten haben mit einem unrafirten Ge
sicht, schauen Sie einmal in den Spiegel
so dürfen Sie mir nicht kommen!"
Ehe er es verhindern konnte, war fie
lachend hinausgeeilt und hüpfte leicht
füßig die Treppe hinab.
Hans Wind stand einen Augenblick
verdutzt. Das war sie nun wieder, der
! neckische Kobold, der keine zwei Minuten
lang ernst bleiben konnte! Aber unwill
' kürlich schaute er doch in den Spiegel,
i und sein Bild erfüllte ihn mit einiger
Zerknirschung. Ja ja- fie hatte ganz
recht so sah man nicht aus, wenn man
' eine Liebeserklärung machen wollte.
: So lange er auf der Insel weilte, war
sein Bart mit keinem Scheermeffer mehr
i in Berührung gekommen und hatte
. sich wie ein wucherndes Gestrüpp um
sein Kinn verbreitet. Als Künstler
liebte er es, sich ein etwas verwahrlostes
Aussehen zu geben, von dem die innere
Genialität dann um so bedeutungsvoller
abstach. Aber wenn man hcirathen
! wollte, mußte man doch dem weiblichen
Zartgefühl einige Konzessionen machen,
wenn es auch mit Opfern verbünde
war. So durfte er wirklich nicht loin
inen und sie gleich am ersten Tage er
zürnen. Aber auf der Insel gab c?.
!lo viel er wußte, keinen Friseur, die
! übrigen Maler fuhren, um sich tmm
zu lassen, stets nach Waldheim. Doch
zu einer Hin- und Rückfahrt war heule
keine Zeit mehr, und überdies hätte die
Dampfschifffahrt ihm Kosten verursacht
die er seinem schwindsüchtigen leldbe
te! nicht zumuthen durfte.
In Heller Verzweiflung trat er an daS
Fenster und dlickte auf den Platz vor
dem Haufe hinab. Auf der Bank unter
der Linde saß Profesior Römer, der,
eifrig mit einer Skizze beschäftigt, ihn
nicht zu bemerken schien und chm zur
Hälfte den Rücken zuwandte.
Unmittelbar unter dem Fenster aber
stand Seppel, RosaS Bruder, die Hände
in den Taschen, gegen den Zhürpfoften
gelehnt und blickte träumend vor sich
hin, während er leise eine Melodie pfiff.
Den unruhigen nnd nerpöS erregten
Maler ärgerte dies verkörperte Bild der
Ruhe, doch plötzlich besann er sich, daß
ja Seppel auf dem Wege war, sein
Schwager zu werden, und daß man da
her respektirlich mit dem Erben des
Hauses umgehen müffe.
WaS steht Ihr denn so sinnend da,
Seppel?" fragte er.
Der Bursche blickte, ohne seine Stel
lung zu verändern, pflegmathi'ch auf.
Hab' halt grad' nachgedacht" sagte
er bedächtig.
Was habt denn Ihr zu denken?"
Seppel zog die Hände auS den
Taschen, änderte seine lässige Haltung
und warf sich ein wenig in die Brust.
Ja wiffen S', wenfi man ein Künstler
ist."
WaS wollt' Ihr denn nur immer
damit. Ihr seid doch kein Künstler."
bemerkte HanS. der die häufig wieder
holte Aeußerung des Burschen für eine
bedeutungslose Gewohnheitsphrase hielt,
die er spaßeshalber von den Malern an
genommen.
Aber ich bin'S gewesen, und daran
mußt' ich eben denken, an die zwei
Jahre, die ich in der Stadt gelernt habe.
Hab'S halt doch nicht so weit gebracht,
'wie ich immer gemeint hab', denn da
malS. als mein älterer Bruder geftor
den. der das HauS übernehmen sollte,
hab' ich heimkommen muffen und die
Kunst aufgegeben sonst hatt' ich kein'
Ruh' geben, bis ich'! erreicht hatt"
. Was denn. daS Ideal Eurer Kunst ?"
fragte HanS verwundert und lachend,
da er merkte, daß doch hinter der Sache
etwas Neckte. Ja. zum Kuckuck, sagt
!mir doch einmal, was habt Ihr denn
getrieben?"
Seppel richtete sich noch höher auf.
Ich war Haarkünstler."
Der Maler brach in ein schallende?
Gelächter aus. Und da hattet ihr ein
Ideal, ein hohe? Ziel vor Augen?"
ja, " erwiderte Seppel mit einem
' Seufzer. Nun ist eS zu spät und
wird wohl nie mehr etwas daraus wer
den. aber damals dachte ich noch immer
daran und hab' jede Nacht davon ge
träumt, daß ich einmal den Bismarck
rasiren mußte."
Den Bismarck!" Hans hielt sich
die Seiten, er glaubte, vor Lachen zu
platzen. Die unerwartete Entdeckung
machte ihn überglücklich: der Himmel
selbst hatte ihm die rettende Hand gebo
ten. ..Hört, guter Freund." riet er
hinunter, ,da es nun mit dem BtSmarck
nichts mehr ist, hättet Ihr nicht Lust,
statt seiner einmal mich zu rasiren?"
Seppels Augen leuchteten begeistert
aus. C mit dem größten Bergnü
gm."
Ihr habt doch noch ein Meffer?"
Gewiß, alle Apparate hab' ich noch
beisammen."
Und habt Eure Kunst noch nicht ver
lernt?"
WaS denkt Ihr! Die anderen Her
ren trauen mir zwar net recht und sah
ren lieber nach Walbheim, aber Sie
haben gewiß a rechtes Verständniß da
für. und Sie sollen mit mir zufrieden
sein."
So kommt gleich zu mir herauf."
Eine Stund' müßt's Euch schon ge
dulden, i muß erst die Säu' füttern und
nachher meine Instrumente zusammen
suchen. Aber dann komm i gewiß."
Hans sah nach der Uhr. Es war
noch nicht vier Uhr, und die Zeit würde
reichen. Gut denn ich erwarte Euch
aber eilt Euch ein wenig."
Seppel nickte und trollte langsam
dem Stall zu, desien vierfüßige Vewoh
ner ein uugeduldiges Grunzen verneh
men ließen. Aber ehe er die Thür öff
nen konnte, rief Professor Römer, der
daS ganze Gespräch gehört hatte, ihn zu
sich und pflog eine Weile eine leise, ge
heimnißvolle Unterredung mit ihm.
Werd'- schon machen." sagte der
Bursche am Schluß der Unterredung
könnt Euch auf mich verlaffen." und
ein schlaues, vergnügtes Grinsn auf
dem breiten Gesichte, schritt er von
Neuem dem Stalle zu.
Hans war in das Zimmer jurückge
treten und hatte ein Buch ergriffen, um
zu lesen; aber die Aufregung und unge
duldige Erwartung, in der er sich be
fand, ließen ihm keine Ruhe. Wie
langsam die Zeit verging, und wie
lange Seppel auf sich warten ließ! Er
kehrte wieder an das Fenster zurück und
sah, daß der Profesior verschwunden
war. Aber eben huschte der Gegenstand
seiner Hoffnungen am Hause vorüber.
Röschen." flüsterte er leise und zärt-
; lich hinab. Sie blieb stehen und blickte
! hinaus. Ah, noch immer zu Hause,
Herr Wind?"
Ich kann an nichts denken, als an
die vnige, die ich an Sie richten werde. "
Und ich bin eben mit den Vorbe
, reitungen zu meiner Antwort beschäi-
tigt. Seien -ie pünktlich, Herr Wind
hören Sie ganz pünktlich sonst "
Sies prach nicht zu Ende und lief la
chend davon, ehe er eine Antwort geben
konnte.
Eine Viertelstunde vor Uhr trat
Seppel endlich bei dem ungeduldig har
ren den Maler ein. Er trug einen um
faugrcichcn Kasten unter dein Arm, den
er bedächtig öffnete. Dann streifte er
wie ein Mctzgcrlnccht die Hemdärmel
zurück.
Haben S' vielleicht a warmes Was
ser da?"
Wie soll denn ich zu einem warmen
Waffer kommen," schrie der Maler un
willig machen Sie keine so langen
Umstände, ich habe höchste Eile."
Dann muß ich noch einmal in die
Küche hinunter."
Aber um's Himmelswillen, warum
denn?"
Ich muß doch an' Seifenschaum
machen."
WaS. den haben ie noch nicht fer
tig! So nehmen Sie kaltes Waffer
da, von meinem Waschtisch, ich habe
keine Zeit."
Dös wird aber schlecht gehen!"
Gleichviel ich kann nicht warten,
fangen Sie endlich an!"
Der Bursche begann mit stoischem
Gleichmuth in einem mitgebrachten
Milchnapf den Schaum zu rühren.
Tann überstrich er, in Ermangelung
eines Pinsels sich der Hände bedienend,
mit der zähen Maffe fingerdick das Ge
sicht des Malers.
Nun find Sie denn noch nicht fer
tig?' Erst muß ich das Messer wetzen, bitt'
schön, an Augenblick." Während Bau
pel das mit Rostflecken bedeckte Eisen an
der Rückseite seiner Beinkleider auf und
ab strich, überfiel Hans ein geheimes
Grauen vor der bevorstehenden Opera
tion. Er begann zu begreifen, warum
die anderen Maler es verschmähten, die
Kunst Seppels in Ansvruch zu nehmen.
Aber die Liebe überwindet Alles, sagte
er sich. Nur der bedanke an Rosa Da hatte er beinahe den Postboten
gab ihm die Krast. sich den Händen deS umgerannt, der. aus dem llferwcge vor
uderaehend, ihn im Garten demer!t
hatte und in die Laube trat.
Da Sie gerade hier find. Herr
Wind, brauche ich nicht in den Löwen
zu geben." iogte er, habe da etwa?
'ür Sie."
Einen Brief au? München!" ES war
nur selten, das HanS Briefe empfing,
wenn fie nicht etwa von Gläubigern
kamen. Doch das hatte er auch Mün
chen nicht zu befürchten. Die Neugierde
ließ ihn einen Augenblick feinen Aerger
vge?ten. r vuev fleycn und ervrach
Haarkünstlers a. D. anzurtrauen
Jetzt zog die'er seinem Cpfer die Nase
in die Höhe und versuchte, ihm den Fin
ger in den Mund zu stecken.
, WaS soll denn daS?" wehrte HanS
energisch ad.
. ES ist halt nur. daß i a Unterlag'
hab'."
Ach. lasien Sie die Dummheiten,
und sangen Sie an."
Wirtlich begann leftt Seppel in sei
nem Gesicht zu kratzen.
Au. a.i." schrie Hans :lölich
halten Sie ein. da ist ja die reinste das ziemlich umfangreiche Schreiben.
Säge!" Von der Direktion der KunftauSftel
Ader der Bursche hielt seinen Kops lung. daS hat etwas zu bedeuten!"
sest, wie ein chraubiiock. Halten S'
still um Gottes Willen, ruhr'n S'
Ihnen nicht, sonst könnt' ich Ihnen den
Hals abschneiden."
Da- fehlte noch" stöhnte der Maler.
..So. die eine Seite wäre sertia."
Plötzlich that er einen Freudensprung
und stieß einen lauten Jauchzer aus.
Das heißt Hilfe vom Himmel!"
Auch die übrigen Maler waren jetzt
aufmerksam geworden und drängten
herzu. Was ist's, was giebt eS denn?"
Habt Ihr den ersten Preis gewon-
fragte Profesior Aö-
sagte Seppel. während er daS Meffer
abstrich die andere werden wir auch! nen, Glücklicher?'
gleich haben." wer.
iben wollte er von Neuem zu kratzen ! C nein, so etwas kommt wohl nur
und zu schaden beginnen, alS im Hofe i in Märchen vor, und ein Märchen war
ein mörderlicher Lärm enftand. Ein ! es gerade nicht, was Ihr mich eben er
Trampeln und Stampfen, das in einen
! laut dröhnenden Gallop überging.
schallte herauf. Seppel stürzte betroffen
ans Fenster.
Aber so bleiben Sie doch bei der
Arbeit, es wird gleich l Uhr 'chlagen,"
schrie Hans außer sich.
leben ließet, vielmehr eine döse Posse,
aber ich verzeihe Euch, ich möchte die
ganze Welt umarmen!"
Ausgenommen die Rosa," rief einer
der Maler.
Meinetwegen: hört nur, was man
mir schreibt: DaS vonJhneu ausgestellte
Jetzt tönte die Stimme der Wirthin Bild: Der Landstreicher" hat keinen
vom Hofe herauf: Seppel, -epptl,
komm geschwind, die Fränzel, die Frän
,el!" Jeffas, dös Roß is auSkomma!" rief
Seppel warten S' a wenig, Herr
Wind, i bin gleich wieder da!" Und
ohne auf den Protest des entrüsteten
! MalerS zu hören stürzte er aus dem
Zimmer und lief dem davonsprengenden
Pferde nach.
Tonner und Wetter!" stöhnte Hans
so ein Pech ist mir noch nicht vorge
kommen!" Voll Entsetzen blickte er auf
die Uhr. Jeden Augenblick mußte es
viinf schlagen. Er
eilte an den Spiegel.
gott, wie sehe ich aus, ich kann doch nicht
so und doch, ich habe es ihr fest ver
sprachen, sie wartet nicht länger, mein
ganzes Glück steht auf dem Spiel !"
Verzweifelt blickte er auf den Hof
hinab. Ader nirgends war von Seppel
der ausgesetzten Preise errungen
Uno darüber haft Tu eine so unbän
dige Freude?"
DaS Beste kommt noch: dagegen
wurde eS von einem russischen Kunst
freunde für 3000 Mark erworben und
derselbe wünscht. Ihre persönliche Be
lanntschaft zu machen, um Ihnen wei
tere Auftrüge zu ertheilen. Begreift
Ihr nun?"
Hurrah, wir gratuliren, Tu bist ein
geborener Glückspilz!"
Hans Wind warf sich in die Brust,
..Glück muk der Mensch baden: iekt ist
iprang auf und mir sür lange geholfen."
Himmel, Herr-1 it1IÖ für öie Zukunft bist Du ein
gemachter Mann."
Tie Freude der Künstler war eine all
gemeine, und die VerlobungSseier ge
staltete sich zu einem Jubelfeste für alle.
Auch Rosa, in deren schelmischen
! Augen eS wie eine Bitte um Verzeihung
dem Maler ihren Glück-
eine -pur zu entdecken. (un denn, sl Machte
wenn fie mich lieb hat, muß fie mich ! wünsch dar.
nehmen, wie ich bin!' nlMonen z Lächelnd drückte ihr Hans Wind die
trat er an den Waschtisch, spulte sich den j Hand! Die Kunst meint es beffer mit
Seifenschaum ab. drückte siin Taschen- mir. als die Weiber, dachte er. Aber
tuch auf die eine rafirte älfte des Ge-1 einen dauernden Bund mit dem Glücke
fichtes und eilte die stiege hinab, um j ?u feiern, war am Ende dein munteren
zwischen den Gärten der Nachbarhäuser : Mädchen noch vorzuziehen, und im Her
hindurch die Laube am See zu erreichen. ! 5n war er den Freunden dankbar, daß
Es hatte bereits eine Weile fünf Uhr heute noch unverlobt davongekommen
geichlagen, als er an dem verabredeten war
Plage eintraf. Vorsichtig näherte er Dringt Wein. Frau Wirthin, für
Nch er Laube, die ein dichtes Gerank ge. den Besten, den .br im Keller habt
von Bohnen und Erbsen ans den Sei
ten umgab. Helle Freude überglänzte
sein Gesicht, als er durch den dunklen
Eingang lugte. Dort an dem alten,
vermorschten Tische faß wirklich da?
Mädchen, seiner wartend. Und vor ihr
und noch heute bezahl' ich alle meine
Schulden," fügte er pathetisch hinzu.
In die FaUc gegangen.
Als General v. Wahl Gouverneur
stand sogar eine bereits angebrochene : von Kiew war. erhielt er eines Tage?
! Flasche Wein. : den Besuch einer armen grau, der
" Mit einem Satze befand sich der Ma-1 Wittwe eines Polizeibeamten. Lange
j ler in der Laube. Aber im selben Au 1 Zeit schon hatte fie um die ihr zustehende
genblicke prallte er entsetzt zurück. Sie!Penfion nachgesucht: doch der Polizei
war nicht allein dort neben ihr in j meister, an den fie sich gewendet, wies
; der dunklen Laube saß noch einer ein sie stets in rohefter Wei'e ab. Da kam
! junger Mann er kannte ihn gut eS ! sie schließlich zu dem Gouverneur und
es war der Schloßgärtner von' Wald-: klagte diesem ihr Leid,
heim. Setzen Sie fich und schreiben Sie
Rosa was bedeutet das was soll , Ihre Sache auf," sagte der General,
! der ?" nachdem er die Frau gehört, und deutete
DaS Mädchen stand auf und verbeugte j auf einen Schreibtisch.
sich mit schelmischem Lachen. Wo man! Zitternd nahm die Frau Platz und
Verlobung feiert, müffen halt alleweil schrieb nach dem Diktat des Generals
zwei zusammen sein." eine lange Bittschrift.
Verlobung!" schrie Han?. und daS So! Jetzt adreffiren Sie das
Wort erstarrte ihm im Munde. In , Schreiben und warten Sie im Neben
jähem Schrecken ließ er das Tuch fallen Zimmer."
und stand mit seinem halbrastrten Ge Einige Minuten später wurde die
ficht da. !Frau wieder herein gerufen: der Gene-
Ro,'a und der Gärtner brachen in eins ral überreichte ihr ein verfiegelteS
schallende? Gelächter aus. daS ein infer- Schreiben und sagte: Bringen Sie
nali'che-Echo fand. Aus der Bohnen- diesen Brief dem Polizeimeifter: doch
und Erblenwildniß tauchte es empor. öffnen fie :bn nicht, und kommen Sie
und plötzlich standen der Professor und j zu mir, sobald Sie Antwort haben!"
die anderen Kollegen, alle fich vor Lachen ! Am Ende der nächsten Woche erschien
,'cdüttelnd. hinter ibm. die grau wieder im Paläste, doch dies-
Verlobung mit wem?" stammelte
Hans noch einmal.
Mit meinem lieben Nazl. meinem
Bräutigam." lachte Rosa.
Braut und Bräutigam sollen
leben!" rief Profeffor Römer, und die
Künstler stimmten luftig in den Ruf
ein.
mal in fröhlicher Stimmung: ihre Pen
fion war bewilligt worden, und fie ver
fichcrie den Gouverneur ihres herzlichsten
DankeS.
Sie brauchen mir nicht zu danken:
ich have nur meine Pflicht gethan!" er
klärte der General und schrieb sofort
von Kiew folgende Ordre auS: Ter
Rosa hatte lachend ihre Arme um ! Polizeimeifter von Kiew ist auf der
den schmucken Gärtner geschlungen. ! Stelle von seinem Posten zu entheben
Ja. heut' ist ein Feiertag und der und nach Sibirien zu schicken. Grund:
schönste Tag meines LebenZ! Herr weil er ein Gesuch bewilligt hat. für
Vind." wandte Ne fich zu dem wie der-! effen emaoning er mnnig uvel
fternert dastehenden Maler, nun wer
den Sie alles verstehen."
annahm.
General v. Wahl hatte nämlich dem
Unter stürmischem Gelächter der Um-' Brief der Wittwe an den Polizeimeiger
' . . . a l I l . ' v:.s (Yi. s t
eine -ouiiinuie in vieiem -oerrnge neige
legt.
stehenden gab fie dem Geliebten einen !
ichallenden schmatz.
Eben wälzte fich auch die umfang
reiche Gestalt der Wirthin, begleitet von kntgegenkcmmc.
Tante Eenzi. in die Laube, um an der ., . .Emmn hat fich soeben bei mir dir
allgemeinen Festfreude Theil zu neh ter über Tich beklagt ! Ich muß Tir
men Ta bielt eZ Wind nicht länger ! offen gestehen, lieber Schwager. Hütte
aus. Man hatte ein schändliches, abge i ich gewußt, daß Du ein so arger Schmet
kartetes Spiel mit ihm getrieben, der iterling gewesen, nimmer hättest Tu
tückische Profeffor hatte da? alles ange-
stiftet und Ro'a war mit oen ueon.
gen im Komplott gewesen! Aber er
wollte nicht länger die Zielscheibe ihres
Spottes bilden und. ganz roth vor Aer
ger und Beschämung, suchte er fich mit
Gewalt durch die lachenden Maler Bahn
zu brechen.
meine chwefter zur Frau bekommen !"
Aber, lieber Hugo, sei doch vernünf
tig. ich war 35 Jahre vorbei, als ich
Emmu heirathete da wird fte doch
nicht so naiv sein, zu glauben, daß fie
meine erste Liebe ..."
Emmv einfallend): Ach nein, da?
nicht aber doch Teine legte!"