t- Die Siihne. ' Novelle oon LudmigHabicht. Auf dn Torsftraße. dem gewöhnli, Sun SvielvlaKe der Dorsjugend. turn, melten ftch sorglos eine Menge Kinder. Da brauste ein mit mei mutbiaen Ren mrn bespannter, offener Wagen um die Ecke der Straße; die mver nooen au, einander, nur ein drei Jahre alte Möd, chen blieb wie vom Schreck gelähmt mit' im ans der Straft flefcm. Ter Hut scher bemerkte ,u spät die Gefahr; wohl suchte er Kleine Pseroe zum zu bringen, aber das Kind wäre rettungS los verloren gewesen, wenn nicht eine Frau, die schon lange, von Zeit ,u Zeit freundlich lächelnd dem Spiele der Kin der zugeschaut, mit Blitzesschnelle aus dem Pfarrgarten herbeigeeilt wäre und da ind in demselben Augenouae weg. geriffen hätte, in dem die Hufe der .Pferde sein arme Leben bedrohten. In Todesangst war die arme Frau her teigefturzt. und wie sie haftig da Kind bei Seite zieht, verliert sie selbst da Gleichgewicht und fällt unter die Hufe der Rosse. Der Wagen rollte über ihre Brust dann stand er still. Auf das Geschrei der Kinder waren Leute herbei geeilt, unter ihnen auch der Pfarrer, ein noch junger, blasser Mann, der, weil e Sonntag Morgen, sich bereits in feine Amtstracht geworfen hatte, die ihn noch blaffer erscheinen ließ. Man beschäftigte sich' augenblicklich Am die Unglückliche, die kein Lebenszeichen von sich gab. Im Wagen saßen ein Herr und eine alte tame. ES war der Baron von Kessel mit seiner Mutter, dessen Kirch fahrt ein solch' schreckliche? Ereigniß her beisühren sollte. Der Baron war ein Mann in der Mitte der Dreißiger; eine tiefe Schwermuth lag auf dem ruhigen Antlitz schien für die Außenwelt ab gestorben, und selbst dieser Unfall rt. telte ihn nicht völlig wach. Kein Wort kam über seine Lippen, und die dunklen, tiefliegenden, wie nach innen blickenden Augen bemerkten nicht, was um ihn vorging. Nur als der Wagen plötzlich still hielt, erwachte der Baron au? seinem düsteren Hinbrüten und blickte wie erstaunt auf die Gruppe: da horte er seine Mutter ausrufen: Ist sie todt? und jetzt fiel sein Blick auf die Verunglückte, die eben sorgsam nach dem Pfarrhause getragen wurde. Plötz lich belebten sich die erloschenen Augen , dcS BaronS, er fuhr wie vom Blitz ge troffen zurück, feine Lippen öffneten ftch. aber kein Ton kam heraus, . und in sprachloser Bewegung verfolgte er den traurigen Zug, bis derselbe im Pfarr hauie verschwand. Die alte Baronin hatte nicht auf daS Benehmen ihres Sohne geachtet, sie sprach in vornehmer, kühler Herablas sung mit dem Pfarrer, der die sorgfül tige Ausnahme der Verletzten angeord net hatte und jetzt in freier, gemeffener Haltung am Wagenschlage stand. Pflegen Sie da! arme Frauenzim mer gut, wir werden Alles bezahlen, sagte die alte Dame und glaubte damit ihre Pflicht erfüllt ,u haben. Die arme FranziZIa sorgsam zu pfle gen, habe ich noch eine heiligere Ver pflichtung als Sie, gnädige Frau Ba mm," bemerkte der Pfarrer, denn ihre Tazwifchenkunft hat mein einziges Kind gerettet." Ueber die strengen, stolzen Züge der Baronin glitt ein Schatten sie nickte nur mit dem Kopfe, gab dem Kutscher ein Zeichen und wieder flog der Wagen davon. Die Baronin wagte nicht, ihrem Sohne den leisesten Vorwurf zu ma chen, und doch war eS dessen Gewöhn heit, von dem Kutscher da Roffejagen zu sordern, die da Unglück verschuldet hatte. Ter Baron sand in solch rasen dem Tahinfahren oft daS einzige Be schwichtigungSmittel seiner Schwermuth. Wenn Alles, Bäume. Häuser, die ganze Landschaft, schattenhast an ihm vor üderzlitt, dann wurden die sonst auf einen Punkt gerichteten, trüben Gedan ken verworrener, sie verloren von ihrer Schärfe und seine Seele kannte nur noch dumpfe, aber keine schmerzlichen Em psindungen. Der Mann, der in der Welt durch seinen Rang und sein Vermögen eine fast beneidenSwertbe Stellung einnahm, war dennoch tief unglücklich, und in sein Herz drang lem freundlicher Sonnenstrahl dc GlückeS. Die alte, stolze Baronin hatte den Sohn zu bewegen gewußt, eine, reiche Erbin zu heirathen, um der etwa her abgekommenen Familie neuen Glanz zu verleihen; er reichte endlich einer unge liebten Frau die Hand, und nun de gannen Tage des äußeren Glanzes und des inneren Elends. Nach mehreren Jahren schenkte ihm die Gattin ein Kind, um wenige Stunden daraus zu verschei den. Das Kind wurde jetzt fein einzi ges Glück, der Sonnenschein seines Le denS, und nach einigen Jahren lag S -auf der Bahre. Seitdem war e Nacht in seiner Seele, ei gab kein Band, das ihn an das Leben feffelte, er war müde ... .und als b ihn jetzt erst das Glück mit seinen reichsten Gaben überschütten wollte starb ein Verwandter und hin erließ ihm ansehnliche Güter, deren Besitz der Baron vor Kurzem angetreten hatte. Am anderen Morgen äußerte der Baron zum Erstaunen seiner Mutter den Wunsch, die Verunglückte zu besu chen. Die alte Dame war der Meinung gewesen, daß ihr Sohn diesen Vorfall gar nicht recht beachtet Hütte und nahm diese plötzliche Theilnahme für ein gkn stigeS Zeichen. Vielleicht erwachte der geliebte Sohn doch wieder zu neuem Leben, denn wie lehr auch der Reich thlim die stolze Dame befriedigte, sie fühlte dennoch tief den Stachel, daß er mit dem Frieden und dem Glück ihre SobneS erkauft worden war. Dann will ich anspannen lassen," rief die Baronin ledhatt. Nein," entgegnete ihr Sohn wir gehen zu Fuß. ich fahre nie wieder." Hermann! Tu wirst doch die Sache nicht zu ernst nehmen ?" fragte die alte Dame verwundert. ..Da? ffrauen,im mer wird schon davon kommen, solche Leute baben ein ZädeS Leben." Eine ZorneSröthe stieg in das Antlitz des BaronS, um seine Lippen zuckte ein bitterer Spott, ober er beherrschte ftch noch und maä vor na hm: O, ich weiß: Gewürm kann man zertreten;" laut setzte er hinzu: Wir wollen dennoch zu Fuß gehen." Die Baronin warf nur noch einen fragenden Blick auf das finstere Antlitz ihres Sohnes, al wollte fle nq uoer zeugen, ob diese unheimliche Schmer mulh nicht einer noch schrecklicheren Krankheit gewichen sei fle seufzte tief und ging dann schweigend aus dem Zimmer. Eine Stunde darauf schlug der Baron Mit seiner Mutter den Weg zum Pfarr Hause ein. Sie schlummert jetzt, aber wollen Sie die Güte haben, mir zu folgen," bemerkte der Pfarrer bei ihrem Ein tritt. Was sagte der Arzt? fragte die Baronin. Der Pfarrer zuckte mit den Achseln und trat zurück, um den Herrschaften den Vortritt zu lastn, und ohne ein Wort zu sprechen, schritten die Drei in die dicht erhangene Stube. Der Blick mußte sich erst an die Dun kelheit gewöhnen, ehe eS möglich war, einen Gegenstand zu unterscheiden. ES war ein freundliches, reinliches Zimmer; in der Ecke stand daS Bett der Unglücklichen. An dem Bette der kranken faß die Pfarrerin, die mit rührender Sorgfalt auf jeden Athemzug der Unglücklichen lauschte. Die Kranke schien aus ihrem Halb schlummer zu erwachen, stieß einen lei sen Seufzer aus, und als sie, die Augen aufschlagend, noch mehr Personen im Zimmer bemerkte, flüsterte sie: Wer sind diese Leute?" ES ist der neue Gutsherr und seine Mutter," entgegnete die Pfarrerin leise, sie wollen Dich besuchen." Ich verdiene da! AlleS nicht ich nicht," entgegnete Franziska schmerzlich bewegt hätten sie mich auf der Straße liegen lassen, dort war mein Platz, dort mußte ich sterben!" DaS ist fündlich von Dir, Iran ziska," bemerkte die Pfarrerin. Nein, nein!" entgegnete die Kranke beinahe heftig. Lassen Sie mich ruhig sterben dann ist Alle! gut." Du fürchtest, nicht mehr arbeiten zu können," bemerkte die Pfarrerin, das sollst Du auch nicht, wir haben ja Alle an Dich eine heilige Schuld abzutragen. nicht wahr, Frau Baronin?" Mit diesen Worten wandte sich die junge Frau lebhaft an die alte Dame, die mit ihrem Sohne im Vordergründe des Zimmers Platz genommen hatte und etwas verletzt über die kecke Anrede der Pfarrerin mit ihrer harten, schnei, denden Stimme entgegnete: Mein Sohn wird ihr gern eine Leib rente aussetzen." Bei dem Tone dieser Stimme fuhr die Kranke zusammen; sie versuchte sich im Bette auszurichten, um Die An, kömmlinge zu erkennen, aber die Pfar rerin rief besorgt: Tu darfst Dich nicht aufrichten; die Frau Baronin wird gern an Dein Bett treten, wenn Du sie sehen willst!" Aber die alte Dame rührte sich nicht von der Stelle. Franziska strengte vergeblich ihre Augen an, die GefichtSzüge der Tame zu erkennen, sie sah nur ein Taschen tuch, das sich vor einem mit Blumen reich geschmückten Hute hin und her be wegte; langsam schloß die Kranke die ermüdeten Augen und murmelte vor sich hin: ES wär ja auch nicht mög lich!" Sie sank in dumpfe? Hinbrüten und Ichien die Außenwelt nicht mehr zu be achten. .Laß uns aufbrechen. Hermann. wandte sich die Baronin zu ihrem Sohne und erhob sich von ihrem Stuhle. Dieser saß in seinem Stuhle wie ge, bannt, er hörte nicht auf die Einladung der Mutter; und als diese ihre Worte widerholte, entgegnete er bestimmt: Nein, ich bleibe noch." Die Baronin biß sich bei diesem lau, ten Widerspruch auf die Lippen, wäh, rend die Kranke au ihren Träumen aufschreckte. Ist sie noch dort?" bezann sie so gleich. .Wer?" fragte die Pfarrerin. Die Frau mit der harten Stimme." Still I" entgegnete die Pfarrerin leise. Beruhige Dich nur, die Herr schaft meint es gut mit Dir." Auch der Psarrer trat jetzt an da Bett und versichert die Unglückliche abermals seiner ganzen, unbegrenzten Dankbarkeit. Kerade Ihr Dank drückt mich dar nieder, ich verdiene ihn nicht hätte ich nur damit meine schwere Schuld ge sühnt." Sie seufzte tief auf, und in paar heiße Thränen rollten über ihn bleiche Wange. Der Pfarrer wurde aufmerksam. Ich habe wohl bemerkt, daß Dich etwa quält," sagte er liebevoll, aber schone Dich. Tu bedarfst der Ruhe." Er streifte über ihre heißen Wangen. Wie sie brennen," fuhr n freundlich fort. Tu bist noch im Fieber, wir wollen Dich allein lassen." Nein, nein, bleiben Sie, laffen Sie mich sagen, was mich quält, da wird mir wohlthun." Sie langte nach seiner Hand und preßte sie an ihre Lippen. Ach, und Sie werden mir nicht mehr die Hand reichen, wenn Sie Alle wissen. Sie werden mich von sich stoßen und mit Abscheu aus dem Hause weisen." DaS werden wir nicht," entgegneten die PsarrerSleute wie aus einem Munde. Mag Deine Schuld sein, welche sie wolle, wir sehen nur in Dir die Retterin unseres Kindes." setzte der Psarrer hinzu. Die Kranke stieß einen dumpfen Klage ton aus. Einen Augenblick versank FrgnziSIa in Schweigen, dann begann sie leise, oft in längeren Zwischenräumen, ihre Er zählung: Jq vin das ind armer Ellern uns weit von hier geboren. Noth und Elend habe ich früh kennen gelernt. Zu land, lichen Arbeiten war ich zu schwach, und so wurde ich in die Stadt geschickt, um weibliche Handarbeiten zu lernen; aber dort in der Stadt hielt ich'! nicht lange auS; ich sehnte mich wieder hinaus auf daS Tors, dort war ich doch glücklicher, und als ich eines Tage! hörte, daß die EutSherrfchaft des benachbarten Dorfes ein Stubenmädchen suchte, bewarb ich mich um die Stelle. Sie warnten mich alle vor diesem Dienst, denn die Baro nin war als streng und hochmüthig ver schrieen, doch ich wollte ja alles ertragen, wenn ich nur der finsteren Stadt den Rücken kehren konnte " Der Baron war von seinem Stuhl ausgestanden und leise nähergetreten. Mit verschränkten Armen stand er jetzt am Fußende des BetteS, kalt, bewe gungSloS wie ein Bild von Stein; nur um dieschmalen Lippen zuckte es schmerz lich, und die tiefliegenden Augen ruhten wie träumerisch auf der Kranken. Bei den letzten Worten Franziska' ward auch die Baronin aufmerksam. Sie hatte mißmuthig wieder auf dem Stuhle Platz genominen, hörte aber jetzt auf, mit dem Taschentuche zu fächeln, und strengte ihre Augen an, als müsse sie trotz der herrschenden Dunkel heit die GefichtSzüge der Erzählenden er kennen. Franziska fuhr fort: Wohl hatten die Leute nicht zu viel gesagt; eS war eine harte, eigenwillige Frau, und ich hatte schlimme Tage; aber ich sügte mich mit der ganzen Schmiegsamkeit der Jugend und der Armuth Als die Baronin sah, daß ich immer freundlich und willfährig blieb, selbst bei der schrecklichsten Laune, wurde sie zuletzt sanfter und nachsichti ger gegen mich, so weit eS die leiden schaftliche, grillenhafte Frau sein konnte. Ich sühlte oft bitter ihre Härte und war mehrmals auf dem Sprunge, davonzu gehen 0, hätt' ich'S nur gethan! aber dann dacht' ich wieder: Sie kann nicht dafür, das Unglück hat sie so schlimm und hart gemacht;" denn sie war doch recht unglücklich. Ihr seliger Mann hatte AlleS verschwendet und ihr die schönen Euter ties verschuldet hinter laffen, da mußte die arme Wittwe srei lich alle Kraft zusammennehmen, fest und entschlossen werden wie ein Mann, um ftch oben zu erhalten. Ihr Sohn war noch zu mng und. wie le dige sagte, ein Träumer und Phantast nun gab eS täglich Auftritte zwischen dem Sohne und der Mutter, die einen Landwirth auS dem jungen Herrn machen wollte, der ging aber müßig herum und machte Berfe. Mit mir sprach der junge Baron kein Wort; ich hielt ihn sür so stolz wie seine Mutter; aber wenn ich ihm ost eine Handreichung machen mußte, sah er mich stet so seltsam an, und mir war'S, al könnten seine dunklen Augen reden. AIS wieder einmal zwischen der Baronin und ihrem Sohne ein Streit auSge brachen war, da ging der junge Herr in größter Aufregung auf und ab, und ohne auf mim, die ich Iwweigende 'Aw hörnin dieser Scene gewesen, weiter zu achten, rief er wild und verzweiselt: Nein, länger ertrag ich' nicht, ich muß die Kette brechen und hinaus! Ich vin lein nabe mehr, der sich unter, jochen läßt, daS soll ein Ende nehmen, und eh' will ich zu Grunde aeben, eb ' ' Da faßte ich mir ein Herz und redete den jungen Herrn an. Mehrere Jahre gehörte ich nun schon zum Hause, ich war ein Jahr älter als der Baron und meinte, ich müßte nun auch mehr Ein ficht haben Ich bat ihn. hier zu blei den und nicht seiner armen Mutter sol chen Kummer zu machen, die sich doch nur um ihn abquäle, und wenn er sich mehr der Wirthschaft annehmen wollte, würde noch AlleS gut werden. Er sah mich eine Weile mit seinen dunklen Au gen an, und al ich noch immer weiter sprach, ergriff er plötzlich meine Hände und tagte mn weicher stimme: .Weißt Tu eS nicht Mädchen, daß Du allein das Zauberband bist, das mich hier noch fesselt?" ' Ich schrak zusammen, zitterte am aan zen Körper, und al ich vor Bestürzung kein Wort hervorzuftammeln vermochte, fegte er lächelnd und plötzlich den Ton ändernd: Schwatze nur weiter. Tu kleine El fter, da klingt ja allerliebst! Und wie Du mich ansehen kannst. Franziska, Du bist mit Deinen beredten Augen schon ein kleiner" er nannte ein fremdes Wort ' Demosthenek!" rief unwillkürlich der Baron und schrak dann selbst vor seinem eigenen Wort zusammen. Die Kranke' berührte da Wort wie ein elektrischer Schlag. So hieß eS!" bemerkte sie lebhaft. Ter Pfarrer nickte nur mit dem Kopfe. Franziska begann von Neuem: Seitdem sprach der jungeHcrr oft zu mir; er meinte, nun sei das Eis ja gebrochen und nun können wohl sagen, wie er mich schon lange innig geliebt. Er hatte solch' schöne Worte sür alle seine Empfindungen, und ich hörte ihm gern zu oft verstand ich ihn nicht, doch der Ton seiner Stimme drang wie Mu fik iir mein Herz. Dann gab er mir Bücher, und ich mußte diel lesen ; er wollte mich bilden," meinte er. Ich er' süllte gern seinen Willen, das Lesen machte mir Freude, aber eS veränderte mich ganz und gar. War nicht meine Liebe zu dem jungen Baron wie eine Dichtung und fand ich nicht AehnlicheS in manchen Büchern? Und solche Frauen wie die Baronin waren auch geschildert, so böS und stolz, aber sie wurden zuletzt immer gut und gaben endlich die He, rath ihres SohneS mit dem armen Mädchen zu. Konnte ich nicht Aehn, liches erleben? Alle meine kindischen Gedanken und Träumereien sagte ich ihm, an dem letzt meine Seele hing, und er lachte mich nicht aus, er freute nch und sagte: Siehst Tu, daS ist die Macht der Poefie und Tu haft Recht, meine Mutter muß doch die gute Mama werden, setzte Hermann lächelnd hinzu, die am Schlüsse des Stückes uns den Scgen er, theilt." Bei dem Worte Hermann" fuhr die alte Dame auf; sie hatte bisher sich den Anschein gegeben, als ob sie, zerstreut und gelangweilt, auf das Geschwätz der Kranken nicht achte; aber jetzt vermochte sie nicht länger ihre Bewegung zu ver bergen. Sie trat, wie um Lust zu schöpfen, an das Fenster und blieb dort unbeweglich stehen. Ter Baron rührte sich nicht, nur über sein Geficht zuckte eS wie Wetter, leuchten. , Nun, seit ich solche Bücher gelesen hatte," fuhr Franziska fort, erschien mir unsere Liebe m einem neuen Lichte, ich glaubte an ein glückliches Ende und Hermann war ja noch schwärmerischer als ich eine Leidenschaft schlug über uns zusammen, uno wir erwaczien zu spat. ' Die Baronin hatte von unserem ver trauten Verhältniß nichiS bemerkt ; sie war zu stolz und hochmüthig, um nur für möglich zu halten, daß ihr Sohn einem Kammermädchen ewige Liebe schwören und daran denken würde, sie zu seiner Gattin zu macheir Hermann hatte seitdem auf meine Bitten sich der Bewirthschastung der Güter eifrig ange nommen, so war zwischen den Beiden ein recht friedliches Verhältniß entnan den und der junge Baron hoffte, daß ihm diese freundliche Stimmung der Mutter zu Gute kommen würde. Da kam eS, eher als wir erwartet hatten, zum AuSbruch. Der Kammerdiener der Baronin hatte mich schon längst mit sei, nen LiebeSanträgen verfolgt, ich wies sie zurück, seine Eifersucht entdeckte end lich daS Geheimniß unserer Liebe und er theilte alles sofort der Baronin mit. Ich habe Hermann nicht wiednae sehen! Franziska schwieg erschöpft. Ter Baron stieß einen leisen Seufzer aus ; Todtendlüsse bedeckte sein Antlitz. Noch in ihrer höchsten Wuth und Aufregung suchte mich die Baronin auf,i erzählte Franziska weitn, ich mußte alles übn mich ergehen laffen, denn ich fühlte mich schuldig. Sie wollte mich in ihrem, Zorn zum Schlöffe hin auspeitschen lassen, dann aber besann sie sich." Nein, ich werde Dich auf andere Weise unschädlich machen, Tu freche Dirne !" Ich sank ihr zu Füßen, umklammerte ihre Kniee. Mit dem Fuße stieß sie mich nächtlich fort, ich taumelte und brach zu ammen. Als ich erwachte, war ich in einem en gen, finstern Gemach vielleicht wollte man mich hier lebendig begraben. Ich schrie verzweifelt auf, aber mein Schrei mußte in dielen dicken Mauern ersterben. Einen ganzen Tag brachte ich zu in wilder, ohnmächtiger !a erel, meine aufgeregte Phantasie schuf mir Höllen quälen, und ich war dem Wahnsinn nahe. Ich wagte kaum Athem zu holen und rang verzweifelt die Hände, da that sich plötzlich eine Wand auf, und Essen wurde mir hneingelchoden. Ein dlecher ner Löffel lag dabei mir fuhr ein Ge danke durch den Kopf ich mußte alles daran fetzen, mich zu befreien. Mein Bett rückte ich an die schmale Fenster öffnuna und blickte hinaus. Ich ge wahrte, daß man mich auf dem Garten ftügel eingesperrt, und daß sich mein Gesangniß im Ervgeschoß besand. Frei lich ging um daS Schloß ein tiefn Gra den. aber dn war langst auzgetröcknet. und GraS und Unkraut wuchnten darin. Ich versuchte jetzt mit dem scharfen Stiel de, Löffels am Mörtel zu kratzen, er löste sich rascher, als ich ge dacht; die Feuchtigkeit hatte die Ziegel halb zerbröckelt nach stundenlang Arbeit hatte ich den ersten Ziegel in dn Hand Essen konnte ich nicht vor Aufregung, und wie ich mich auch er schöpft aus mein Lagn warf, dn Schlaf floh mich: ich mußte immn wieder auf! springen und an meine Arbeit geben. In dn zweiten Nacht war die Oeffnung groß genug, daß ich meinen Fluchtver such wagen konnte. Alle meine Pulse klopften, ich faltete die Hände und schickte ein Gebet zum Himmel. Die Sterne flimmerten so wunderbar mild, als wollten sie mich segnen Gott wird seine Hand über Dir hal ten!" flüsterte eS tröstend durch mein Inneres, dann schwang ich mich auf die Fenfterbrüftung und sprang hinab. Unverletzt war ich unten angekommen und bald im Freien und gerettet! Ohne Aufenthalt flüchtete ich mich zum Elternhause. Die Eltern sagten nichts; sie machten mir keine Vorwürse; aber in ihren kummerbleichen Gesichtern laS ich genug. Sie errangen sich mühselig ihr tügli cheS Brod, und jetzt kam zu ihnen eine kranke Tochter, die ihnen noch größere Sorgen verschaffen mußte. Ich habe damals unsäglich gelitten, mein armer Kops drohte fast zu zerspringen. Nach einigen Monaten wiegte ich ein Kind aus meinem Schooße; o, wie hab' ich eS geliebt! Und doch; Die Kranke brach in ein Weinen aus. Die Erzählung hatte auf die Anwe senden den verschiedenartigsten Eindruck hervorgebracht. Die PfarrerSleute waren vom innig sten Mitleid ergriffen. Die Baronin stand noch immer am Fenster und blickte wie versteinert vor sich hin. Nur von Zeit zu Zeit fuhr fie mit dem Taschen tuche über die Stirn, als wäre es in dem Zimmer zu heiß. In athemloser Spannung hatte der Baron der Erzählung zugehört. Ter Pfarrer hatte ihm Platz gemacht und er stand jetzt dicht vor der Kranken, hörte jeden Athemzug, erkannte das un fügliche Leid, das sich noch bei der Er innerung an jene längst vergangene Zeit auf ihrem Antlitz abspiegelte, und auch durch seine Seele durchzuckte ein unnennbares Weh. Seine Brust hob und senkte fich in höchster Aufregung; aber bei den letzten Worten der Unglück lichen verlor er völlig die Fassung : er ergriff ihre Hand und sagte leise: Franziska!" Die Kranke hatte die Augen geschlos sen; fie schlug fie jetzt überrascht und verwundert auf; ohne auf den Schmerz zu achten, richtete sie fich in die Höhe. Hermann," hauchte sie fast unhör bar dann sank fie mit einem erschüt terndem Schmerzensschrei in die Kiffen zurück. Was ist au unserem Kinde gemor den?" fragte der Baron in wilder Haft. ES soll mein . sein, ich habe ja sonst Niemand auf der Welt. Wohl habe ich damals Tich ausgegeben und eine An, dere heimführen müssen; aber mein Herz war gebrochen; fie hat mich nicht lachein sehen und stechte dahin, jetzt steh ich allein. Die Kranke schmieg. Rede, Franziska," bat der Baron, wo ist da Kind? O, wie will ich eS an mein Herz drücken und wieder glücklich sein r Noch einmal richtete ftch Franziska in die Höhe; ihre Augen rollten wild um her, dann stieß fie krampfhaft heraus: Ich habe eS getödtet !" Ter Baron verhüllte fein Antlitz eine Todtenftille herrichte im Gemach. Ta! schreckliche Wort hatte schaudernd die Herzen der Anwesenden durchzuckt, selbst die Baronin war erschüttert. Sie trat vom Fenster zurück und näherte sich dem Bette der Kranken. Franziska'S Blicke schweiften in sürch terlicher Aufregung von dem Einen zum Andern, als müsse sie aiffen, welche Wirkung ihrBekenntniß hervorgebracht, und als fie nur zu Boden geschlagenen Blicken begegnete, klagte sie: Ihr schweigt Alle ich wußte eS wohl, Ihr würdet mich verdammen und von Euch stoßen, und doch haben selbst die harten-Richter Mitleid mit mir gehabt und mich nicht verurtbeilen mögen. Ich hab' eS ja doch geliebt. mein Kind; aber als ich eines Tages mit ihm allein mer, packte mich die Verzweiflung wieder. Ich war so elend und verlassen daS ind weinte ich konnte es nicht weinen hören. eS zer schnitt mir daS Herz e sollte nicht mehr weinen da da " fie drückte krampfhaft die Hände zusammen und stieß ein entsetzliches Lachen aus. Tein Werk !" sagte der Baron kalt und schneidend, indem er dicht vor seine Mutter trat. Tie Baronin antwortete nicht. Noch hielt fie fich stolz und sicher aufrecht; aber die strengen Bugen waren jetzt feucht, und mit einem Tone, der eigenthümlich gegen ihre sonstige harte Redeweise abstach, wandte fie sich zur Kranken: Ich bin damals zu weit gegangen, Franziska, verzeihe mir!" Tie Kranke starrte die Baronin lange an. als müsse sie sich besinnen, wen sie vor fich habe, und je länger sie auf die Baronin blickte, je mehr verznrten fich ihre Züge. Ein tiefn, grimmiger Haß ttat auf ihr Antlitz: fie wies mit der Hand auf die alte Tame und stieß dann heftig heraus: Seht, da ist sie la, v:e mich zur Mörderin meines Kinde - gemacht ! Hütte fie mich nicht eingesperrt, dann wäre ich nicht wahnfinnig geworden. Rein, ich verzeih ihr nicht, ich fluche ihr noch mit meinem letzten Athemzuge." Die Baronin zuck zusammen. .Ich ttage nicht allein die Schuld," sagte sie leise und zögernd, mein Kam merdienn betheuerte mir, daß Tu nur ihm gehörtest und meinen Sohn de thiren wolltest l" Und das mußte wahr sein, weil eS Ihnen so gefiel I" entgegnete Franziska bitter. Ich habe Ihren Sohn geliebt, ties und innig vielleicht hätte -er an meiner Seite Frieden und Glück gefun den, aber Sie mußten den alten Namen retten, und was fragten Sie danach, ob Sie mich zum Morde trieben." Liebet Eure Feinde, segnet die Euch fluchen!" sagte letzt der Pfarrer mit seiner weichen, zum Herzen dringenden Stimme. Franziska schwieg eine Weile; ein fichtbarer Kampf wogte durch ihre Seele; dann sagte sie mit der letzten Aufregung ihrer Kräfte: Ich verzeihe Ihnen, wie mir Gott verzeihen möge." Eine zu mächtige Aufregung hatte ihren Körper durchstürmt, jetzt zeigten fich die schlimmen Folgen. Sie sank erschöpft in die Kissen zurück und ver mochte kein Wort mehr hervorzubringen. Immer leiser wurden ihre Athemzüge: Hermann," hauchte sie fast unhörbar und tastete auf dem Bett herum, seine Hand zu ergreifen. Der Baron neigte fich über ihr Antlitz und flüsterte: Auf Wiedersehen!" Ihre Augen leuchteten noch einmal auf und schienen die gleiche Antwort geben zu wollen ein letztes Zucken und fie war verschieden. Mein Sohn, wirst auch Tu mir verzeihen?" wandte fich die alte, im In nerften gebrochene Frau mild und zärt lich zu Hermann, der düster vor ftch hin starrte. Ist eS nicht das Walten der Nemefls, daß fie ihr eigenes Kind tödtete, um dann bei der Rettung eines fremden Kindes sich den Untergang zu holen?" sagte dn Baron mit finsterm Lächeln, ohne auf die Bitte seiner Mutter zu achten. Nein, unsere Schicksale lenken nicht Dämonen, nur ein liebender Gott!" entgegnete der Pfarrer. ES war eine wunderbare Fügung des Himmels, die ihr durch dieses Opfer mild und freund lich die Last vom Herzen nahm, und auch in Ihre Brust, Herr Baron, wird Frieden einkehren," setzte er warm und herzlich hinzu, denn die Todte dort predigt Liebe und Versöhnung." und der junge Pfarrer legte die Hände von Mutter und Sohn ineinander. Schluchzend warf fich Hermann an die Brust seiner Mutter: Nun wohl, fie hat ihre Schuld ge sühnt, versuchen wir auch," sagte er tief ergriss'n. Tie Baronin drückte ihren Sohn zärtlich an fich, aller Stolz und Hoch muth waren aus ihrem Antlitz ver schwunden. Tie Psarrerin hatte jetzt leise etwas den Fenftervorhang hinweg gezogen: daS Licht drang hell und freundlich in das Zimmer. Ein Sonnenstrahl zit terte um das Haupt der Dahingefchie denen und breitete über ihre bleichen Züge einen Hauch von Verklärung. Um das Lager der Dahingeschiedenen standen vier Menschen im stillen Gebet. Die bei Söhne. Zu Ansang der sechziger Jahre war in PariS ein Schriftsteller in Mode, dem man großes Talent nicht absprechen konnte, der aber seine Feder größten theils zu Angriffen verwendete; nament lich gern schrieb er Satiren über Leute, die mehr leisten konnten als er. Sein Name war Jaquot, er führte jedoch in den Journalen das klangvollere Pfeudo nym Eugene de Mirecourt. Woche um Woche pflegte er einen dnübmten Zeit genossen anzugreisen und herunterzu ziehen. EineS TageS war Alerander DumaS der Aeltere an die Reibe gekommen: Mirecourt hatte einen Artikel loSae laffen, betitelt: Novellen.Fadrit von Alexander DumaS und Compagnie". der im Wesentlichen darauf hinauslief, daß die Compagnie die Arbeit mache und DumaS bloß unterzeichne. Der so Gekränkte befand ftch gnade nicht in Paris; sein söhn der nahm den Hand schuh' auf und schickte seine Zeugen zu Mirecourt. um ihn zu fordern. Dieser hörte die Forderung an und fragte dar aus: Sie sagten doch wohl, meine Herren, daß Sie im Auftrage de? Herrn Alezander DumaS deS Jöngnen kämen?" Gewiß." Mirecourt zog die Glocke. Mein Sohn soll kommen!" Zur großen Ueberraschung der Kar tellträgn erschien ein kleiner Knabe, deffen Mund und Wange bewiesen, daß er soeben im Verzehren seiner Milch suppe gestört worden war. Die beiden Herren konnten daS Lachen kaum unter drücken, Mirecourt aber blieb sehr ernst. Meine Herren.' agte n, ich bin fest überzeugt, daß mein Sohn für die Ehre seines Vaters genau so empfindlich ist ''.TumaS der Jüngere für die des seinigen. Und da eS nun nachweislich noivig in. va oi ollen in dem von Ihnen gewünschten Schauspiele gleich maßig vertheilt werden, thun Sie besser, Si arrangiren die Cache gleich direkt mit meinem Sohne." Sprach'S und ließ die Freunde dc? jungen Duma mit seinem milchbörti gen Kleinen allein. Itair. Dame: Sie kam eS denn, daß gestern daS Manöver so schnell beendet war?" Lieutenant: Kameraden von Arl:a rie hatten sich gänzlich vnkchoffen." Backfisch: Ach. liebn Vetter, sea' doch in wen?"