,1 Line Geschichte aus der Kin derstube. Novkllk ,on War Moniwl. Die Trauung war vorüber. Da junge Ehepaar war in seinem fürstlich ausgestatteten Heim angekom men. Graf Otto Süfcing führte seme schöne, blasse Gemahlin zu einem Ses ..während er selbst, mit der Hand sich auf ein Stühlchen stützend, vor ihr stehen blieb. ' Ein paar Augenblicke bangen Still schweigen vergingen. " . Dann nahm er da! Wort, ruhig und kühl klang seine Rede: fc wird nothig sein. Elisabeth, daß wir un, in einigen Worten über unsere gegenseitige Stellung klar werden. Wir baden un Beide bis zu dieser Stunde keinen Illusionen hingegeben; darum werde ich die Peinlichkeit dieser Unter Haltung nach Möglichkeit abzukürzen suchen. Wir find Beide zu diesem Ehe bunde gezwungen worden: Sie durch Ihren närrischen Vater, der keinen Widerspruch duldet und dem ein gräf licher Schwiegersohn als Gatte seiner einzigen Tochter als willkommene Zu gäbe zu dem Wanz seine? commercun räthlichm Hauses erschien, ich durch den Umstand, daß meine Ehe mit Ihnen das einzige Mittel war. meinen Vater vor dem finanziellen Ruin und vor dem Tod von eigener Hand zu bewahren! Ich habe ihm dieses Opfer gebracht er ist mein Vater aber ich habe da mit die Stimme des hochgewachse nen, vornehmen ManneS, dessen große, sprechende Augen forschend auf dem niedergebeugten Geficht seiner Gemahl, zu lesen suchten, klang sehr ernst .ich habe damit meine Jugend begra ben, fte liegt hmter mir! Keinem Hof fen und keinem Menschen gehört fortan mein Leben, nur der Pflicht! Und diese gebietet mir, Sie als meine Gattin mit der vollkommensten Hochachtung zu be handeln! Sie werden meiner Verficht rung Glauben schenken, daß da? stets akkckeben wird! Liebe und Neigung aber können wir Beide sür einander rm mvnden! Aber auch von Ihnen, Elisabeth, fordere ich, daß Sie die Ehre des Namens, den Sie jetzt tragen, stets heilig halten, wie ich sie heilig ane, und das Sie nichts darauf kommen las sen, was ihrem Glänze schaden könnte. &nflt ?tfmtn aber von irgend Jeman dem in irgend einer Beziehung zu nahe getreten werden, so bitte ich Sie. mir das sofort mitzutheilen, damit ich die mir nöthig erscheinenden Schritte thun kann! Wollen w mir US vri' fhrrAn?" Ja!" hauchte das junge Weib, ohne auszusehen. ?s4 danke Nmn. Ich stelle eS Ihnen nun anheim, Elisabeth, Ihren Wohnst? naq eigener ENiiqueMug rre, iii witblfit! Mich selbst bindet mein Amt im Ministerium zu Berlin ich habe daher keine Wahl! Sie indessen können entweder hier, oder auf der zur Morgengabe mitgebrachten Herrschaft Sonsburg wohnen oder auch zwischen beiden wechseln es steht in J,rem .Belieben." Er hielt einen Augenblick inne, als ob er eine Antwort erwarte. Da diese nicht kam, fuhr er fort: .Im Uebrigen aber, Elisabeth, dürfte eö wohl gut sein, wenn wir uns Beide so viel als möglich aus dem Wege gehen und unsere Zusammenkünfte, im Falle Sie in Berlin find, auf die Zeit des Diners ' beschränken! Jede Zusam mentreffen wird ja doch sür beide Theile nur peinlich sein. Indessen ist eS selbst verständlich, daß ich da. wo Sie etwa meine Dienste oder meine Begleitung wünschen sollten, Ihnen jederzeit zur Verfügung stehe! Und darum möchte ich jeßt gleich fragen, ob ich Ihnen mit irgend etwas nützlich sein kann?" Sie schüttelte den Kops. , .So bitte ich Sie." sprach er weiter, mich zu beurlauben! Leben Sie wohl, lisabeth!' . , Eine höfliche Verneigung er ging. Ein heißer Thrünenftrom entftürzte den Bugen der jungen Frau, als sich die Thür hinter dem Manne, der jetzt ihr Gatte hieß, geschloffen hatte. Sie blickte durch' Fenster. Da unten gin gen die Leute hin und her, so kalt, so gleichgiltig. wie gestern, wie sonst, wie alle Tage, und hin oben hatte soeben Ant küble, klare Manneskimme ein Ur theil gesprochen, welches der frischen Jugend zweier junget Menschenherzen, die nun kür daS aan Leben an einan der gebunden waren, die kaum aufge gangene Blüthe auSgebrochen hatte. ES flimmerte ibr vor den Augen, als sie an diese Worte dachte, so höflich, so kalt, so echt diplomatisch, wie er sie wohl schon "tauseudmal an den fremden Hösen, wo et gewesen, in Petersburg und inadriv, i Stockholm und Rom. braucht hatte. Am anderen Morgen begab fich die junge Frau nach der Herrschaft SonS bürg, welche ihr Vater, der Geheime Commernenratb Seißmann. ihr als routaefcbenl überwiesen hatte. Ein paar Zeilen bmachrichtigten ihren Gatten von ihm reise. Im Februar war die Hochzeit gewe sen. Bereit im Mär, starb plötzlich , der Sommerzimrath, und seine Tochter mußte von SonSburg nach Berlin zu tutfte&ren, um dem nchenoegangnii krituwobnen und die anchtlichen For malitSten behuf Antritts der Erbschaft , nledioeil. in da Worte wech selte sie mit ihrem att, welch ihr lein Bedauern uver n piojucora fcSsaH ausdruckte, und ihr mtnyeuie, daß sein Vater, der alte Gras Llltzing, der in London wohnte, sich entschuldigen laffe, da ihn sein Podogra un o,e stürmische Jahreszeit vvn einer Fahrt über die See gebieterisch abhielten. Ruhig hatte Elisabeth zu seinen Worten den Kopf geneigt; als fie aber allein im Zimmer war, da kniete fie vor dem Bilde ihrer sqon langn verporvrr,, Mutter nieder, und eine heiße Thräne nach der andern rollte ihr Über die blas sen Wangen. Al fich der Zng nach dem Friedhof begab, saßen der Graf und seine Gemahlin wortlos zn sammen im Wagen; der 'gaffenden Volksmenge aber verkündete da? groß artige Leichengepränge und der glänzende Pomp des Zuges, daß einer von den oberen Zehntausend begraben werde Da war Alles. Bereits am Taae nach der Beerdigung war Elisabeth wieder in SonSburg. Der Frühling zog m das ano unv schüttelte seine Blüthenpracht über das selbe auS; er ging wieder, der Sommer kam und leine Strablen reiften die Früchte, auch er zog dahin, der Herbst färbte das aud, und mazl lange meor währte es, da hüllte der Winter seine weiße Decke um die Erde. Um diese Zeit litt eS die Gräfin nicht mehr in der großen Einsamkeit SynS buras: e fühlte fich in der sterbenden Natur unsaabar Verlagen, fie wollte Menschen sehen, ihr Gedränge und Ge woge beobachten; sie kam nach Berlin. Einige Wochen vor Weihnachten war es, alS fte eintraf und ihr mm ne vom Bahnhose in der Equipage abholte. -Seien sie willkommen. Elisabeth!" sagte er mit derselben ruhigen, kühlen Stimme, die ihr von ihrem yoqzeiiS' tage noch immer in den Ohren klang. 3 eS Ihnen zu ill in ssonsourg ge worden?" Sie neiate bejahend den Kopf. Er aber fraate und saate nichts mehr. Der Weknachtsabend kam. Hell flammte der Christbaum, und reiche Ge, schenke hatte der Graf für seine Gattin darunter gelegt. Sie dankte ihm und dann gav tie lym ein kleines Päckchen, welches fie in der Hand trug. ?br Kammerdiener." sprach fte da bei, sagte mir vor einiger Zeit, daß Ihre Aktenmappe sehr schadhaft fei. Ich habe Ihnen hier eine neue gestickt vielleicht gefällt Ihnen das Muster " i Einen Blick warf der Graf auf da, Geschenk; dann machte er eine rasche Beweouna aus die iuaendlich schöne Frau zu, und eS klang etwas wie tiefe Rührung durch feine sonst so kühle Stimme, al er rief: , Elisabeth!" Und in diesem Augenblicke, da er die zierliche Stickarbeit in der Hand hielt, wollten ihn alle die kostbaren, gold blitzenden Geschenke, die er sür seine Gemahlin gekauft hatte, wie ein leeres Nichts bedünken. Tiefe Stille herrschte wieder im Zim mer. Und die Tannennadeln knisterten geheimnißvoll, und auf ihrem Dunst zog der Geist der Weihnacht lautlos nach Engelweise durch das Gemach. . .Wollen Sie nicht ein Weihnachtslied auf dem Flügel spielen?" fragte er nach langem Stillschweigen. Sie ging zu dem Jnnrumenr. Leise erst klangen die Akkorde, dann wurden fie,oller und kräftiger. O Du fröhliche o Wu enge, gna denbringende Weihnachtszeit !" Aber wie kam e nur? bald gingen die jubelnden Töne der uralten, süßen Weihnachtsmelodien über in kla gende Weisen, und eS schien dem ein samen Manne unter dem Tannen bäume, als klinge e darau hervor, wie verlorenes Hoffen, todtes Glück Jäh brach die Spielende ab. Fast erschrocken sah der Graf auf. .Ich danke Ihnen, Elisabeth!" saate er dann leise. Sie fuhr st mit der and uver vie Stirn. Ich bin müde. Otto' und ich möchte zur Ruhe gehen!" Er führte igre Hand an leine ippen. .Gute Nacht!" , Elisabeth blieb den Winter über in Berlin: ihcm Gatten sah fie indeffen nur beim täglichen Diner, oder wenn fie, nach Ablauf ihr Trauerjahre, mit ihm eine Gesellschaft besuchte. Er sprach dabei stet nur die allernothwen digftm Worte, ruhig, höflich, wie immer, seit fte txtveirattjet waren. Eine TageS sagte er beim Mltiag ff,ni. . , .... .Sie äukmen neuuai oen wun cn, Elisabeth, wieder einmal eine Oper zu hören! Ich habe zu morgen eine Loge bestellt " .E ist sehr fteundlich von Ihnen" Kreutzer .Nachtlager von Gra nada" wird eben " .Die Oper wird sür mich Novität sein; ich habe sie noch nicht gehört. Ich freu mich darauf Am Abend fuhren Beide in da Opernhaus. Kreutzer' einfache und keusche, darum aber so mächtig ergrei sende, romantische Weisen machten einen tiefen Eindruck auf fie. Da große Duett zwischen dem Prinz Regenten und Gabriele kam; mit klangen die ent' zückenden Melodien der Arie: .in Schütz bin ich in de Regenten Sold, In Deutschland Saum steht mein Ah nenM! .Schmiegt sich die Taube schmeichelnd an xua an. Denk' auch zuweilen an den JägerS mannr Und dann die köstliche Liebesscene: Dein Blick, mir zugewendet, War Blitz und Schlag zugleich " Unwillkürlich sah bei diesen Worten der Graf seine Gattin an. Ihr Auge stand voll Thränen. ' - - ,Wa ist Ihnen, itadeti) r irag er. Mich blendet da! Licht!" üiervö zitternd zog ihre Hand die Vorhänge der Loge zu. Wollen Sie ,n die frische uttr Nein nein ich danke!" Haben Sie etwa irgend einen Wunsch, Elisabeth? Befehlen Sie über mich!" . Und rauschend und voll tönte eS von der Bühne her, und jubelnd hallte es auS dem Orchester, die wundersame, liebliche Weise: , Dein Blick, mir zugewendet, War Blitz und Schlag zugleich " Als die ersten armen Frühlingstage in das Land zogen, reifte niaveiy wieder nach Sonsburg. Ihr Gatte blieb in Berlin; für den Sommer hatte ihm sein Arzt den Gebrauch eines See bades verordnet. Kurz bevor er dorthin aufbrach, traf ihn ein Brief Elisabeths, der ihn auf das Höchste überraschte. Eine Bitte habe ich" so hieß eS darin die vielleicht von der tiefsten Bedeutung für Unser Beider Leben ist. Entfernte Ver wandte von mir find gestorben und ha ben ein vierjähriges Töchterchen, Toni, Hinterlagen, ein reizendes Kind, wel cheS nun verwaist in der Welt dasteht. Da möchte ich mich nun gern des Md chenS annehmen; vielleicht wird eS Sonnenschein in mein Leben bringen, und ich möchte Sie fragen, Otto, ob Sie Ihre Einwilligung dazu geben, daß ich die kleine Toni in unser Haus nehme und für immer bei mir behalte." Lange hatte der Graf sinnend über diesen Brief gesessen; immer und immer wieder hatte er die Zeilen gele sen, bevor er selbst zur Feder griff und antwortete : Theure Elisabeth! Es ift ganz selbstverständlich, daß Ihrem Wunsche, die kleine Toni zu fich zu nehmen, Nichts im Wege steht I Wie könnte tq es wa gen wollen, Ihrem warmen Gefühl, welches so lebhaft für die arme Waise spricht, Schranken aufzuerlegen? Möchte Ihnen das Kind recht viel Freude machen! Nach Beendigung meiner Badekur hoffe ich selbst auf ein paar Tage nach SonSburg zu kommen, um mir unsere kleine Hausgenosfin von Auge zu Auge anzusehen und ihr bunte Kiesel und schöne Muscheln vom Nord seestrande mitzubringen. Leben, Sie wohl bis dahin. Otto Gras Llltzing." Einige Tage darnach reifte der Graf nach Norderney. Mit der Ankunft der kleinen Toni war für Elisabeth ein neues Leben an gebrochen, ane fte sich visher gren zenloS vereinsamt gefühlt, und hatte fie geglaubt, daß es sür fte überhaupt kein Glück mehr gäbe, so gab fie jetzt solchen Gefühlen doch weniger Raum. Wenn Toni mit den großen, fragenden Kin deraugen zu ihr aufschaute, wenn fich die kleinen Aermchen des KmdeS schme,, chelnd um ihren HalS legten, wenn ein frohes Lachen durch die weiten Räume und die hohen Pompgemächer des alten Schlosses SonSburg schaute, dann war eS Elisabeth zu Muthe, IS ob der erste FrühlingSstrahl nach langen, schweren Wintertagen über die Felder husche und auch in die Menschenherzen zu dringen versuche. Mit banger Spannung und doch wieder frohen Herzens sah fie dem Tqge entgegen, an dem der Gras von Norderne zurückkehrte. Und dieser Tag kam. Elisabeth hatte die ganze vorhergehende Nacht kein Auge zugemacht, und tausend Mal hatte fte ihren na vinuvergieinn iai sen auf .daS kleine Bett, in welchem Toni in tiefem Schlummer lag. Wenn ihm da! Kind nicht gefiele. Freilich sagen würde er ihr das nicht ; er war zu feinfühlend, um ihr eine Freude zu stören aber vielleicht fühlte er fich dann noch mehr abgestoßen als bisher und vermied es noch ängstlicher, mit Elisabeth zu verkehren. Und wollte nicht gerade sie Allem aus dem Wege gehen, wa die Entfremdung zwischen den beiden anen zu steigern geelgnel wäre? - i Und als der Morgen kam und Elisa beth fich erhob, da trat fie leisen Schrit teS zu dem noch schlafenden Kinde, hauchte einen Kuß auf seine Stirn und flüsterte: .Möchte Deine Anwesenheit Allen zum Segen gireichen V In das Schloßportal herein rollte der Wagm, mit welchem der Graf vom Bahnhof kam. Elisabeth stand mit Toni auf der großen Freitreppe vor dem Schloß und trat ihrem Gatten einige Stufen herab entgegen. Ueber sein von den Strahlen der Sonne tief gebräuntes eftchl hu mu ein Schein, al er ihr entgegenkam und ihre Hand an seine Lippen tudrte. .Ich freue mich. Elisabeth." sagte er dabei, wieder in der Heimath zu ein !" Und dann trat er. ohne ihre Antwort abzuwarten, schnell aus da Kind zu. hob e empor, schaute ihm einen Augen blick in die Augen, und als Toni nun ohne Scheu ihn kleinen, weißen Arme um seinen HalS schlang, da drückte er einen Kuß aus ihre Stirn. . Dann wandte er fich, da Kind bei fich behal tend. und Elisabeth den Arm vielen, zum Eintritt in da? Schloß. , ms ift also un er kleiner Antomm ling?" meinteer. Man war in daS Zimmer getreten. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Otto," sagte Elisabeth, daß Sie mir erlaubten, das Kind in unser Haus zu nehmen!" Er verneigte fich. ES hätte dazu überhaupt keiner Frage Ihrerseits bedurft, Elisabeth! Ich freue mich, wenn Sie Gefallen an dem Kinde finden I" Er ließ sich aus einen stuhl nieder und nahm dann das Kind auf seinen Schooß. ' Ich habe Dir mancherlei mitge bracht," sagte er kosend, bunte Steine, mit denen Du spielen kannst, und schöne Muscheln " Toni klatschte in die Hände. - Dafür will ich Dich auch recht lieb haben !" rief fie jubelnd. . Und wieder schlang fie ihre Aermchen um seinen HalS. Gerade so lieb wie die Mama will ich Dich haben," setzte fie hinzu, als er mit seiner Hand über ihr reiches Haar fuhr. Er warf einen Blick auf Elisabeth. DaS Kind hat Sie, wie e scheint, schnell in ' sein Herz geschloffen !" meinte er. Man kann fich ja die Liebe der Kin der so leicht erwerben !" gab fie enö thend zurück. - Ich bin," fuhr er-fort. oft mit meinen Gedanken in Sonsburg gewesen und sah Stfi.m Geiste mit Ihrem Ilev nen Liebling lachen und scherzen " Haben Ihnen die Zerstreuungen de Seebades nicht die Zeit zu solchen Ge danken genommen?" fragte sie. Im Gegentheil," war die Antwort, unter jenen vielen Zerstreuungen sehnte ich mich doch oft hierher, in diese stille Waldeinsamkeit SonsburgS oder auch wohl in mein Arbeitszimmer in Berlin!" Seine Worte klangen wieder so kühl wie früher; es war Elisabeth dabei, als wehe ein kalter Wind durch das Zim mer. An SonSburg, an fein Arbeits zimmer hatte er gedacht und fich danach gesehnt seiner Gattin erwähnte er mit keiner Silbe ES war am Tage darauf, als der Graf von einem Spaziergang in das Schloß zurücklehrte. Durch das Busch werk hindurch, deffen Laub in allen Farben spielte, sah er das Kleid Tonis, die am Teich zu spielen schien. Er wollte fich unbemerkt heranschleichen und daS Kind überraschen Plötzlich ertönte ein gellender Schrei; mit einem Sprunge war der Graf am Teich, und was er geahnt hatte, als er den Schrel hörte, sah er erfüllt Toni war auf irgend eine Weise in den Teich gestürzt. Schnell entledigte er ftch n ne? Rockes, sprang nach, faßte das be reit? sinkende Kind in seinen Arm und kam glücklich zum User zurück. Das ganze Werk war so schnell vor fich gegangen, daß der Graf bereits auf dem Wege zum Schlöffe war, als ihm angstvoll die Hüterin Tonis entgegen trat, die ebenfalls jenen Schrei gehört hatte und nun das Kind suchen wollte. Beruhigen Sie fich, Frau Holder sagte der Graf, eS ist nichts Schlim meS! Ein kaltes Bad. das hoffentlich keine weiteren Folgen hat! Ein Diener eilte voraus in das Schloß; er wollte der erste fein, welcher der Gräfin die Kunde von dem Geschehe nen brachte. Und als der Graf, immer noch das Kind auf dem Arm, um welches er fein Oberrock geschlagen hatte, in daS Schloß trat, da stürzte ihm Elisabeth angstvoll entgegen: , Otto!" Eine glühende Leidenschaft lag in diesem Wort,' eine Leidenschaft, die, lange zurückgehalten, nun doch die Schranken durchbrach. Er stutzte bei diesem Ton. Hatte er in diesem Augenblick in dem Herzen seiner Gattin gelesen? ES ift Nichts, Elisabeth!' sagte er wärmer IS sonst. ES ift Nichts!" Bringen Sie mir das Kind zu Bett, ich werde nach dem Arzt schicken! In einigen Augenblicken bin ich wieder bei Ihnen ich ziehe mich nur um! AIS gegen Abend der Ar tm'&ituotte eintraf, fand er daS Kind stark fiebernd und machte ein bedenkliches Geftcht. ES wird eine Lungenentzündung geben!" meinte er, verordnete einige Medikamente und schied mit der Bitte, ihn holen zu laffen. wenn man seiner in der Nacht noch bedürfen sollte. Der Arzt war sehr ernst !' flüsterte Elisabeth. .Eine Lungenentzündung ist nie leicht zu nehmen," entgegnete er. .Am aller wenigsten bei einem so zarten OrganiS muS, wie dem eine Kindes!" .Otto, wenn wenn , ich wage den Gedanken nicht auZzu sprechen " Er hatte fie auch ohnedies verstanden. Er sah ihr in die Augen und sagte in warmem Ton: .Warum gleich an daS Schlimmste denken. Elisabeth t" .0 mein Gott, wenn wenn eS nun doch einträte?" .Hoffen wir S nicht!" .Toni war mein Glück, seit fie bei mir ift! Ich habe sonst ich aus der Welt!" Er hatte ihre Hand gefaßt. .Nichts. Elisabeth?" fragte er. und ein leiser Vorwurf lag in seinen Vor, ten. . Sie sah zu ihm auf, aber fie entgeg nete kein Wort. Er sllhrte ihre Hand an seine Lippen. Ich glaubte auch, Elisabeth, daß ich Nichts hätte auf dieser Welt, glaubte eS bi heute, wo ich eines Andern be lehrt worden bin!" Er erhob sich rasch. Ich bitte Sie, mich jetzt zu entschul digen, Elisabeth! Ich werde wahr scheinlich morgen früh telegraphisch nach Berlin berufen werden und ich muß für diesen leicht möglichen Fall noch einige Vorkehrung treffen. Wenn Sie mei ner bedürfen, Elisabeth, so wissen Sie, wo ich bin." Er ging. Am andern Morgen mußte der Graf in der That nach Berlin; er versprach am Abend de nächsten Tages zurua zusein. ES ist heute viel Gefahr vorhanden, sagte der Arzt an diesem Tage, ich darf Ihnen die Wahrheit nicht verheh len. DaS Fieber ift außerordentlich stark! - Eli abeth sank wortlos in einen es sel, ihr Geficht mit den Händen be deckend. bin bald wieder zurück!" fuhr der Arzt fort. Setzen Sie nur die EiSumschläge energisch fort!" Und dann war Eli avelv allein im Zimmer und legte mit zitternden Hän den dem kleinen Patienten EiSumschläge auf. Angstvoll sah fte dem mbe m s Gesicht, ob sich nicht die lieben, milden Klnderaugen öffnen wollten, aber fte blieben geschlossen, und daS dumpse Röcheln, welches aus der Brust des Kindes drang, konnte kein Trost für die zitternde ffrau am Ben ein. feie orte es nicht, wie leise vie Tyur geöffnet wurde und der Graf im et e- anzug eintrat. Er blieb stehen, und seine Augen hasteten auf Elisabeth. Er hörte fie tief aufschluchzen und leise flüstern: Stirb mir nicht, mein süßes Kind! Du bist ja mein Alles, Alles! Wenn er ja, wenn er mein wäre. " Tief sank ihr Houpt, auf ihre Brust. Leise trat dler Graf heran, er legte seinen Arm um ihren .Nacken. Elisabeth!" , Sie schrie laut auf. Otto!" Ich bin etwas früher zurück, als ich anfänglich glaubte! Ich habe Sie über rascht!" Er wollte noch etwas hinzusetzen, aber da stöhnte plötzlich das Kind laut auf, ein Zittern ging durch den zarten Kör per, dann lag es ganz still. Athemlos und entsetzt beugte fich Eli sabeth über das Bett. Toni!" Das Kind rührte fich nicht. Toni! Toni! Um Gotteswillen OUg fie ift todt!" Der Graf fand keine Worte zur Ent gegnung, aber auch er wußte, daß an diesem Krankenbette Alles zu Ende war. Er nahm ein Taschentuch und wischte dem todten Kinde den Schweiß von der Stirn. Ein großes Stillschweigen entstand; Elisabeth schluchzte leise üb die Leiche des Kindes. Endlich nahm er das Wort : Ich sühle Ihren Schmerz mit Jh nen. Elisabeth!" Mein Herz ift leer geworden mit dem Tode dieses Kindes!" flüsterte sie. Er trat dicht an sie heran und nahm ihre Hand: Geben Sie mir eine Stelle darin ?" Sie sah zu ihm auf. Otto!" Unsagbare Wonne klang aus diesem Ausruf. Willst Du. Elisabeth?" fragte er wieder. Laß mich versuchen, ob ich Deinen Schmerz um die kleine Todte lindern kann!" Stumm neigte fich da Haupt, wel cheS er an fich zog. Ein heißer Schauer überflog ihren Körper, als er einen Kuß auf ihre Lippen drückte In der Nacht kam der Arzt noch ein mal. Er konnte nur den Tod des Kin des feststellen. Als er ging, sagte er zu dem alten Haushofmeister: , Ich glaube, Sie können Ihre Herr schaft gratuliren! ES will mir scheinen, al ob fie erst heute ihre Ehe geschloffen habe!" Der Alte nickte nd lächelte nur be deujsam ine kaftbaxe Bude. Als König Georg der Zweite von England (1727 bis '176) einst im Hydepark zu London spazieren ritt, be gegnete ihm ein Soldat, der tapfer in der für die Franzosen unglücklichen Schlacht von Dettingen (1743) unter ihm gefochten hatte. Da der König diese wackeren Krie gerS fich erinnerte, so redete er ihn freundlich an und fragte schließlich, b er vielleicht einen Wnnsch habe, den er ihm erfüllen könne. Der Soldat erwi derte beglückt: wenn der König die Gnade haben wolle, seiner grau, welche am Eingange de HydeparkeS Obst feil halte, den betreffenden Platz erb und eigenthümlich zu überlaffen, so würden sie beide hocherfreut sein, weil sie dann eine ständige Holzbude dort errichten und ihr Obstgeschüft vergrößern kinw ten. Georg der Zweite gewährte die Bitte deS Soldaten für den Platz, aus web chem seine Frau ihren Obftftand hatte, Dort wurde nun die hölzerne Obstdude erbaut, und da die Lage am Eingang de vielbesuchten Parke sehr günstig war. erwie mit der Zeit da Geschäft fich so einträglich, daß die rührigen Leute wohlhabend dabei wurden und ihren einzigen Sohn RechtSwiffenschaft studi ren laffen konnten.' Viele Jahre vergingen. Georg der Zweite war bereit gestorben, wie auch sein alter Waffenbruder au der Schlacht bei Dettingen ; die Holzbude der alten Obsthändlerin der stand nach wie vor am alten Platze, wo die Frau, wie frü her, Obst feilhielt. Dieser schöne Platz aber gefiel dem Lordkanzler von Eng land, und der Schenkungsurkunde Georg des Zweiten nicht achtend ließ er ohne weiteres die Bude abreißen und an ihrer Stelle den Grundstein zu einem ' Hau legen. Die alte Obsthändlerin wagte nicht, ! einem so mächtigen Herrn sich zu wider setzen, sondern begab fich erschreckt zu ihrem Sohn, der, inzwischen RechtSan walt geworden, als kluger Jurist ihr rieth, den einflußreichen, rücksichtslosen Man vorerst ruhig weiterbauen zu las , sen. Später wolle er ihr dann schon zu ihrem Recht verhelfen. , , Nachdem der Bau vollendet war, er schien der Anwalt im Namen seiner Mutter bei dem Lordkanzler und ersuchte ihn um Entschädigung sür diese, indem er die Schenkungsurkunde vorlegte. Da die Forderung rechtlich begründet war, erbot der Lord fich. der Obsthändlerin eine namhafte Entschädigungssumme zu bezahlen, die der Anwalt aber zu seinem großen und unangenehmen Erstaunen zurückwies, indem er eine Jahresrente von 400 Pfd. Sterling (000 Mark) für seine Mutter und deren Erben als Grundzins" beanspruchte. Im Falle einer Weigerung möge seine Lordschaft ruhig daS erbaute Haus wieder entfernen lassen, da feine Mutter durchaus keinen Gebrauch davon machen könne. Was thun ? Der Lordkanzler von England mußte schließlich zur Strafe sür seine brüske Voreiligkeit wohl oder übel in den sauren Apfel beißen, und bis in unsere Zeit hinein noch hatte das betreffende Haus den Nachkommen der Obfthändlerin 800 Mark im Jahr an Grundsteuer zu entrichten. Der eiserne Birnbaum", Wahrzeichen echt'. da sieht nahe an der Chaussee VechtaLang förden, etwa 2 Km. von Vechta ent fernt, auf einem kultivirten Grundstücke. Der Bauer aber wagt nicht, Hand an ihn zu legen, obwohl derselbe feinen Früchten schadet, sondern lenkt seinen Pflug kreisförmig um den altehrwürdi gen Baum. Das Alter des eisernen Birnbaumes" läßt fich nicht genau fest stellen, doch dürfte man dasselbe auf nahezu 400 Jahre anschlagen dürfen. Er wird nämlich schon in einer Urkunde auS dem Anfange deS 17. Jahrhun derts als eiserner Birnbaum" erwähnt. Manche schlagen sein Alter sogar auf 500 Jahre an. Sodann läßt fich ur kundlich nachweisen, daß am 13. Mai 1654 die Schweden beim Abzüge au Beqta noch einmal aus der Nahe eisernen Birnbäume" die Stadt schössen. Zwei dieser Kugeln liegen davon noch heute an der Nordseite der Kirche auf dem Gesimse. Später wurde sodann der eiserne Birnbaum" durch den Blitz total zersplittert, sodaß man fürchtete, er möchte eingehen. Der alte Stamm war allerdings sehr zersplittert, aber seitwärts entwickelte fich ein Schöß ling, der jetzt den eigentlichen Stamm bildet und eine Höhe von etwa 2025 Fuß und einen Durchmesser von iz Fuß erreicht hat. Der alte Stamm hängt schräg über den Chausseegraben hinüber, ift aber im Uebrigen völlig lebensfähig. Die Frucht des eisernen Birnbaumes" ist fteitihart und gänzlich ungenießbar. elehrin,erstrtheit. In einem Nekrologe über den 1868 zu Jena verstorbenen Professor Schlei cher war unter Anderem folgende be luftigende Anekdote zu lesen: Eine Tage erschien Schleicher im Kolleg, nicht wie gewöhnlich in seinem grauen, bis an den Hals zugeknöpften Anzug, sondern in schwarzem, offenem Oderrock; al er aber feine Hefte auS der Tasche ziehen wollte, waren sie nicht darin. Er entschuldigt fich und bittet, einen Augenblick zu warten er werde in zehn Minuten wieder da sein und eilt weg. Zu Hause angekommen, nimmt er zunächst die Hefte auS der Tasche deS grauen RockcS und steckt sie in den schwarzen; dann aber denkt er: Du kannst auch gleich die Röcke wechseln, zieht den grauen an. läßt aber natürlich die Heste in dem schwarzen ftecken. So erscheint er zum zweitenmal ohne die selben im Kolleg, bemerkt hin mit großer Bestürzung seine Zerstreutheit und entläßt dann, nachdem er den tragt schen Hergang erzählt hat, seine Zu Hörer, deren Heiterkeit man sich denken kann, bi! zum folgenden Tage. Zrenndschaft. Daß wahre Freundschaft fortbesteht. Ja, daß fie nimmermehr vergeht. Der Satz ift hm Zweifel wahr! Denn, wenn ein Freund auch manches 3br, Um Dich bekümmert nicht hat fich. Wenn er wa braucht er findet Dich. Linnixruch. Die Trefflichsten müssen weiterftreben. Wa man nicht nützt, wird zum Ber tust, Der steht nicht ganz und voll im Leben, Der nur auf dem Bergang'nen fußt! Xö. ltuS l de & be ( "II