Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 11, 1897, Image 10

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    Der wasserfall.
rjihlimg n I, D, Hon sin.
Da große industrielle Etablissement
Hnnn Parry u. Co. in Eincinnati
hatte Bankerott macht. Alle Rüder
ftmdn still, die Schlote qualmten nicht
ehr, die Arbeitn und sonstigen Ange
stellten wurden entlasten, unter Letzte
auch der junge deutsche Maschinen-Jn
genieur Hermann Ebeling.
Da der flotte 26jährige Mann nicht
an' Sparen gedacht hatte, gerieth er
durch da unerwartet eingetretene Ereig
nis! in einigt Verlegenheit. Die ge
schöftlichen Verhältnisse lagen derzeit in
den Ber. Staaten überall recht darnie
der. herrschte in Folge von liebe
drodultion und Mangel an hinreichen
dem Absätze eine Art Krisis unter den
roß.Jndusiriellen.
um Glück war Ebelina noch unver,
heirathet. als Junggeselle konnte er sich
leichter durchschlagen, uq verior er
kinwegZ den Muth, war er doch tllch.
tig und brauchbar in seinem LebenZbe.
rufe. AIS Jiingling hatte er das Tech,
nikum zu Mittmeida in Sachsen mit
bestem Erfolg besucht, darin eine auSge
zeichnete Ausbildung erhalten und sich
dann während eines sechsjährigen Aus.
entHaltes in der Neuen Welt so recht in
die amerikanischen Methoden Hinein ge
arbeitet. Es würde sich schon bald genug
wieder eine Stelle sür ihn finde, dachte
n. Aber bereits ein Vierteljahr war
vergangen und noch immer lebte Ebeling
stellenlos in Eincinnati. Seine Mittel
wann inzwischen fast gänzlich aufgezehrt.
Da sagte ihm ein wohlwollender Freund,
daß die Stelle eines Maschinen.Jnge
nikiirs frei geworden sei.
Ebeling eilte nach dem Bahnhos; der
Zug war gerade zur Abfahrt sertig. Er
stieg ein und fuhr nach dem benachbar
ten Dayton am Miami.Flusse, in wel
eher blühenden Stadt seit Jahren fich ein
bedeutendes Fabrikwescn entwickelt hat.
Da gibt eS Baumwollenspinnereien,
Gemehr-Fabriken, Eisengießereien und
Maschinenbauereien, Papier Fabriken,
Mahl, ESgeundWalkmühlen.
Er suchte den betreffenden Maschinen
fabrikanten auf und brachte seine Be
erbung vor; doch mit bedauerndem
Achselzucken erklärte ihm der höfliche
Herr, daß TagS zuvor die Stelle schon
vergeben worden sei.
Wieder um eine Hoffnung ärmer,
verließ der junge Mann das Comptoir
des Fabrikanten und schritt in sorgen
voller Stimmung durch einige Straßen
von Dayton, ohne sich sonderlich um die
Sehenswürdigkeiten der ihm fremden
Stadt zu bekümmern.
Was nun? Die kleine Geldsumme,
welche er noch besaß, reichte höchstens
mch für einige Wochen aus. Erlangte
er 6:3 dahin keine passende Anstellung,
so mußte er wob! oder übel versuchen,
eine Stelle als untergeordneter Monteur
oder gar als gewöhnlicher Fabrikarbeiter
zu erhalten. Der Gedanke war sehr
niederdrückend für ihn.
Ich muß, wenn'S denn gar nicht zu
ändern ist, doch zuletzt auch in diesen
sauren Apfel beißen, wie ja schon so
Mancher vor mir," murmelte er. Aber
wenn nun bei dem zur Zeit so starken
Arbeitsangebote auch nicht einmal der,
artige Beschäftigung zu erlangen wäre,
was darnu"
ES war BormittagS gegen halb zehn
Uhr etwa, und ein herrlicher, schöner
SKauag voll junger FrühIingSwonne.
Der stellenlose Ingenieur fühlte sich
recht ungemüthlich im StraßenISrm im,
ter so vielen geschäftigen Menschen, eben
weil er selbst müßig sein mußte.
am Abend wollte er nach Eincinnati
zurückfahren.
Hinaus in'S Freit drängte eS ihn.
in die Einsamkeit, um ungestört über
sein Mißgeschick nachdenken zu können.
So erließ er die Stadt und spazierte
an mehreren Villen vorbei, eine schöne
Landstraße entlang. Bald wurde die
Gegend hügelig und malerisch. Hübsche
garmhäu er und Pachthöfe erblickte er.
dann ein Wäldchen, oder dielmehr einen
Park, denn augenscheinlich hatte die er,
kchönernde Hand des Menschen hier der
?tatur nachgeholsen.
DumpfeS Rauschen vemahm er. Im
Wäldchen mußte irgendwo ein Wasser
fall sein, 5er wohl gebildet wurde von
einem über Felsen hinabstürzenden ?
denflusse des Miami.
Plötzlich sah er vor sich in der Urn,äu
nun eine hölzerne Gitterthor und neben
derselben, an einem Pfahle befestigt, eine
Holzlafel mit der etwas altmodisch
schwülstigen Inschrift in englischer
kprache: .Wiulommen. Wanderer!
Wenn Du müde und sorgenvoll bist, so
tritt ein. Hier findest Tu Ruhe und
Frieden am Busen der stillen, lieblichen
Natur!'
Schon ziemlich verwittert war die
Holjtafel und die gemalte Jnschrist war
etwa? verblaßt und verwaschen vom
Regen. Sichtlich hatte der Zahn der
Zeit im Lause vieler Jahre daran ge
nagt.
Sentimentale Naturfchwärmerei i
bei Amerikanern, besonders bei den ich
Un TlanleeS etwas io äußerndem,
llch Seltenes, daß Ebeling deshalb
höchlichst überrascht wurde durch die
freundliche Einladung, wenn sie ihm
euch, nach ihrer ganzen Fassung, etwai
urzrrchdüterlich vorkam. Dergleichen
hUiie n wahrlich im Staate Ohio nicht
anzutreffen erwartet. Aber da er, wenn
auch nicht gerade müde, s doch recht
sorgenvoll war. so gefiel ihm die Ein
labung, denn sie erschien seiner Etim
ung rrwglich angepaßt. Als, be
schloß er, derselben zu folgen und Ruhe
und Frieden am Busen der Natur zu
suchen.
Die Gitterthüre war nicht verschloffe.
Er klinkte sie auf, trat in den Park und
schritt einen gewundenen Fußpfad ent
lang. Im lieblichsten FrllhlingSgrlln
prangten ringsum die Bäume und
Büsche. Viele Vögel zwitscherten und
jubelten in den Zweigen. Je weiter
er davondrang, desto vernehmlicher
wurde das Rauschen und Tosen deS
WafferfalleS.
An einem zweiten Fußpfad, der den
anderen durchkreuzte, gelangte Ebeling.
Da vernahm er laute Männerstimmen.
Sechs Herren karnen daher; sie schritten
dem Kreuzungspunkte der Fußpsade zu.
Deutlich hörte der junge Mann, wie
einer von ihnen, ein aiiliqer err,
sagte: Ganz entschieden ist'S die beste
Wafferkraft im ganzen County und
doppelt werthvoll, weil sie so nahe bei
der Stadt liegt. Kalkulire, daß wir
bis zu zweihunderttausend Dollars sür
das aroke Terrain mit dem Wohnuauie,
den sechs Pachthöfen, bin Wiesen, die
sem Parke, ganz besonders aber für die
Wa erkra t bieten können."
In diesem Augenblicke gewahrte der
sprechende den jungen Ankömmling.
Er verstummte sosort. Auch die an
deren Herren schwiegen. Ebeling schritt
an ihnen vorbei.
Die Sechs blieben stehen und schauten
mit einigermaßen besorgten Mienen
dem Weiterschreitenden nach.
Wer mag das ein'?' Nüterte der
ältliche Herr aufgeregt.
Ich kenne ihn nicht," wi perle ein
Anderer.
Ich auch nicht sagte ganz leise ein
Dritter. Aber heute Morgen um
halb neun Uhr habe ich ihn schon ge
sehen."
Wr
Auf dem Bahnhöfe. Er stieg aus
dem Zuge, der von Eincinnati kam."
Alle Wetter! Wenn ftch nun auch in
Eincinnati ein Consortium gebildet
hätte sür den Ankauf und uns als in
die Quere käme? Wenn dieser Fremde
ein Bevöllmüchtigter wäre?"
Hm, wer kann das wi en? Vielleicht
ist er doch nur zufällig hier."
Der Ingenieur wandte sich um und
blickte zurück. Bon dem Flüstergespräch
hatte er nichts gehört. Eben verschwan
den die Sechs hinter den grünen Büschen
und Bäumen. Gleich darauf gelangte
Ebeling an den schäumenden Strom,
der an dieser Stelle den rauschenden
Wafferfall bildete. Von jäher Felsen
wand stürzten aus einer Höhe von acht
bis zehn Metern die Wassermassen in die
Tiefe. Rechts und links davon an den
Ufern breitete sich die anmuthigste
Waldszenerie aus. Schöne alte, ehr
würdige Bäume, Ziersträucher und Ge
büsche, lauschige Loskette überall. Hier
und da einfache Ruhebänke.
Mit Wohlgefallen betrachtete der
junge Mann den Wafferfall und be
wunderte dessen Schönheit. Tann ge
wann der Techniker in seinem Gemüthe
wieder die Oberhand; er verstand ja be
sonders gut sich auf'S Baum und Ein
richten der complizirteften Mühlwerke.
Als murmelte er begeistert: ES ist
wirklich eine ganz ausgezeichnete Wasser
kraft!"
Da ertönte plötzlich hinter ihm eine
helle Mädchenstimme, welche in deutscher
Sprache sagte: Ach, Herr Ebeling,
möchten Sie wohl die Freundlichkeit
haben, mir da nicht so die Aussicht zu
versperren? Ich kann Sie als Staffage
für mein Gemälde wirklich nicht gut ge
brauchen."
Im höchsten Grade überrascht wandte
der Ingenieur sich um.
Da sah er was er bisher nicht ent
deckt hatte, weil der Wafferfall zu sehr
seine Ausmerksamkeit m Anspruch ge
nommen ein junzeS Mädchen in bell
farbigem FrühlingSgewande im nächsten
lauschigen BoSken, in deiien Hinter
gründ sie auf einer Bank faß. Neben
ihr stand ein geöffnetes flaches Kästchen,
welches allerlei Mal und Zeichenuten
silien enthielt. Emsig malte sie in ihr
Skizzenbuch ein Aquarellbildchen deS
WafferfallS.
Fräulein Paula HennchS!" tot er
erfreut.
Jawohl, ich bin s im Original und
in Lebensgröße, versetzte die schöne
Dilettantin munter.
Als, Sie haben mich nicht verges
sen?"
Sie hoffentlich auch mich nicht?"
Wie hätte ich denn eine so reizende
Tänzerin vergessen können! Ja, es war
schön auf den Bällen deS deutschen Ge
sangvereinS in kincmnat, im vorigen
Jahre, besonder, an dem Abend, als ich
die Ehre hatte, Ihnen vorgestellt zu
werden und mit Ihnen Walzer und
Polka'Mazurka tanzen zu dürfen."
i in, das war Ichs! Ich liebe
derartige Festlichkeiten und namentlich
den Gesang.
Wohnen Sie je in Tayton, Frau
lein Henrichs?"
Ja, seit einem Vierleliahre. In
Eincinnati konnte sich mein Pater zu
letzt nicht mehr mit seinem Compagnon
vertragen; deshalb trennte er sich von
ihm und hat nun hier eine Apotheke.
Wir wohnen an der LincolnStraße.
Wenn Ihn Zeit eS erlaubt, besuchen
Sie doch meinen Pater, der gewiß er
freut sein wird, Sie iederzusehen."
Tanke! Bielleiq, veuie Ziaqmit
tag -"
.Wann tf Ihnen gefällig ist!"
ES ergeht Ihnen hin also gut?'
.O. danke sehr gut sogar! Ihnen
doch hoffentlich auch?"
Hm, könn euer fein. Zur
Zeit bin ich nämlich ohne Anstellung,
Ich hoffte hier eine zu erlangen ; doch
mein Bemühen erwieS sich als ver
gcdlich."
Ach, das thut mir wirklich leid !
Aber gewiß wird eS Ihnen dann auf
irgend eine andere Art gelingen."
Unterdessen malte sie immer emsig
fort. Er blickte nun aufmerksamer auf
ihre Skizze.
Wie reizend haben Sie den Was
sersall und dessen Umgebung gemalt !"
Die? ist ja nur eine flüchtige Stu
die, eine Farbenskizze, die mir als Vor
läge dienen soll sür ein größeres, sorg
fälliger auszuführendes Aquarellbild."
Man sieht'S auch dieser Skizze schon
an : Sie find eine treffliche Künstlerin,
mein Fräulein !"
Ihre gütige Meinung ist gar zu
schmeichelhaft für mich. Aber ich thue,
was ich kann. Das Malen in Wasser
färben macht mir viel Vergnügen. Ich
male jetzt den Wafferfall gewisser
maßen, um diese liebliche Waldidylle
für die Nachwelt zu retten, denn bald
wird man ihn gänzlich verderben. Hier
waren vorhin sechs Spekulanten ; die
sprachen von nichts als von Wafferkraft
und von Dollars."
Ja, die find mir begegnet. Es war
ein ältlicher Herr dabei "
Das ist der Hauptspekulant, ein g;
wisser Jrwing, ein mehrfacher Millio
nkr. Mein Vater kennt ihn. O, er
hat es auf den schönen Wanerfnll abge,
sehen, nämlich wegen der Wafferkrast
sonst wäre ihm wahrscheinlich gar nichts
daran gelegen."
In der That, die Wanerkra t ist
ausgezeichnet, das viuß man als fach
verständiger Techniker sagen, aber ich
bewundere doch auch als Naturfreund
die Schönheit des Falles."
Das sreut mich !"
Mich wundert'S nur. daß diese so
äußerst günstig belegene gute Wager
Irast bisher noch unbenutzt geblieben
ist."
TaS hat eine aam eigenthümliche
Ursache. Der ehemalige Besitzer dieser
ausgedehnten Ländereien ist über 90
Jahre alt, vor einigen Monaten gestor
ben, ter yieg Walter EollinS und war
ein wunderlicher, aber herzensguter
alter Mann. Ich habe ihn nicht per
sönlich gekannt, doch so manches Merk
würdige von ihm gehört. Die jungen
Damen in Dayten liebten den ehrwür
digen Greis, weil er ihnen für ihre
Promenaden diesen wundervollen Park
geschaffen halte. Allen anständigen
Leuten gestattete er den Besuch deS
WafferfalleS lind der anderen Herrlich
leiten hier. Vielleicht haben Sie an
dem Gitterpförtchen die Holztafel mit
der Inschrift gesehen?"
Gewiß."
In letzterer Zeit ist in der Stadt
ehr viel über den seltsamen Mann ae
sprachen worden. Bor länger als sech
zig Jahren, als noch Indianer am
Miami hausten, hat er diese Ländereien
sehr billig gekauft. Damals war Ein
cinnati noch klein und unbedeutend ; in
Dayton standen nur ein paar armselige
Blockhäuser. Später aber wurden nach
und nach die Lündereien sehr werthvoll,
In den letzten Jahrzehnten sollen
mehrfach Spikulanten große Summen
für diese Wasserkraft geboten haben,
doch Collins wies sie stets ab ; er wollte
durchaus diese Naturschönheiten erhal
ten, damit gute Menschen fich daran er
freuen möchten. Damit wird's aber
nun bald vorbei sein! Ter würdige
GreiS ist ja nicht mehr Hüter feines
Besitztums, sondern liegt im Grade.
Heute soll das ganze Gut öffentlich der
steigert werden: ich glaube, in dem
großen Wirthshause hier nahebei an der
Landstraße; deshalb find die Speku
kanten hier. Tann wird die Waffer
kraft industriell ausgebeutet, die schönen
Bäume werden stürzen, und häßliche
Mühlwerke wird man klappern hören.
Speicher und andere langweilige Fa
brikgebäude werden diese'poetische Park
idylle verunzieren und sie zu nichte
machen. Das ist das LooS veS Schönen
auf der Erde I"
Ebeling rief: Wahrlich, mein Fräu
lein, ich bewundere Ihre Beredsamkeit
und fühle dadurch mein innerstes Ge
müth erschüttert. Nachdem ich Ihre
Meinung vernommen habe, schäme ich
mich beinahe, ein Techniker zu sein, der
Mühlwerke für Wasserkräfte zu bauen
versteht!"
So tragisch dürfen Sie das doch
nicht auffaffen," lachte sie. Es giebt
ja gewiß auch häßliche der doch min
derschöne Wassersülle, an denen meinet
wegen unzählige Mühlwerke angelegt
werden können. Ader die schönsten
Wasserfölle sollte man lieber mit der
gleichen verschonen. Doch da der alte
Herr Eollins leider todt ist, s können
meine Wünsche in dieser Sache freilich
nichts mehr nützen. Nur in Aquarell
kann ich die Schönheit dieses Wafferfal,
leS aufbewahren; das soll denn auch
mein redliches Bemühen sein. Meine
Skizze ist sertig."
Und sehr gut ist sie gelungen !"
Nun muß ich gehen."
Sie stand aus und raffte ihre Sachen
zusammen.
Darf ich Sie ein Stückchen Wegs
geleiten und Ihr Malkäftchen tragen?"
Ich danke sür Ihr gütiges Anerdie
ten ; ich treffe vor dem Parke mit einer
Freundin zusammen. Adieu. Herr
Ebeling !"
Auf Wiederfehen, mein derehrtefteS
Fräulein !"
Sie eilte davon, leichtfüßig wie ein
Reh, den Fußpfad entlang und der Git
lerthür mit der Holztafelinschrift zu.
Er blickte ihr nach, bis sie hinter den
Büschen verschwand. Dann schaute er
nochmals den Wafferfall an.
Mit der hübschen jungen Dame war
die Heiterkeit von ihm gewichen; die
Sorge stellte fich ein. Wieder überfiel
ihn die trübe Stimmung. Er verließ
den Wafferfall und schritt langsam auf
dem Fußpfade davon, welchen die sechs
Herren entlang gegangen waren.
So kam er an eine zweite Gitterthür.
Nahe dabei sah er ein altes Wohnhaus
mit Nebengebäuden ; es war wohl die
Behausung des ehemalige Besitzers.
Durch die geöffnete Gitterthür trat er
auf die Landstraße hinaus, welche an
dieser Stelle bei'm Parkrand eine kleine
Biegung machte. Als er dieselbe pasfirt
hatte, gewahrte er ein stattliches Wirths
hauS.
Von den Kirchthürmen der nahen
Stadt schlug es in diesem Augenblick
dreiviertel auf elf.
Ebeling war durstig geworden und
dachte: Hier wird gewiß ein guteS
Glas Lagerbier zu haben sein!"
An der Front des Wirthshauses be
fand sind eine große Veranda. Dänin
ter saßen rechts an einem Tische die
sechs Spekulanten. Der junge Inge
nieur setzte fich abseits von ihnen an
einen anderen Tisch und bestellte ein
GlaS Vier.
Die sechs schauten ihn scharf an ; sie
steckten die Köpfe zusammen und flüfter
ten heimlich, wie er bemerkte.' Anschei
nend schien das Geflüster ihm zu gelten,
und vielleicht war's eine Art Berath
schlagung.
Ja, ohne Zweifel war'S so. Tenn
der ältliche Herr, Mr. Jrving, wie ihn
Fräulein Paula genannt hatte, stand
auf und näherte sich dem Teutschen.
Zuerst räusperte er sich ein wenig ge
zwungen. Dann rief er: Sir, auf ein
Wort!"
Was beliebt, Sir?" fragte Ebeling.
Sind Sie von Eincinnati gekommen
heute Morgen?"
Jawohl. Sie."
Vielleicht als ein Bevollmächtigter
eines dortigen Consortiums?"
Nein, ich bin hier in eigener Ange
legenheit."
Ach so!"
Eine kleine Pause entstand. Tann
fragte Mr. Jrving wieder: Sie haben
wohl das Terrain hier besehen, den Park
und so weiter ?"
Ja, Sir."
lAu'ch den Wassersall?"
Den ganz besonders."
Was denken Sie davon?"
Eine vorzügliche Wasserkraft! Da
läßt sich was machen. Wie geschaffen
für derartige industrielle Anlagen. Ich
verstehe mich auf dergleichen; das dürfen
Sie mir glauben." I
Hm hm! Bester wir, 'Sie kommen
uns hier eigentlich sehr in die Quere!"
Wieso?"
Vermuthe, Sie find ein Kaufer.
Aber wir lassen Ihnen das Grundstück
nicht, das ist sicher. Sie könnten aber
vielleicht den Preis ungebührlich in die
Höhe treiben, wenn Sie mitbieten wür
den. Daher machen wir Ihnen einen
Vorschlag: Leisten Sie Verzicht aus Ihr
Vorhaben gegen eine baare Abfindung
von zehntausend Dollars!"
Jeder Fankee und auch noch so man
cher andere kluge Geschäftsmann würde
an lZbeling'S Stelle mit Wonne Ja ae
sagt und mit vergnügtem Schmunzeln
die so leicht errungenen zehntausend
Dollars eingeheimst haben. Doch so
mißlich sich zur Zeit die Finanzen des
ungen Ingenieurs gestaltet hatten, so
erlaubte seine Redlichkeit ihm doch nicht,
auf den vortheilhaften Antrag einzu
geben.
Ich werde nicht bieten," sagte er
einfach.
Schön !" rief Mr. Jrving, ganz
strahlend von Zufriedenheit. Das
freut mich. Nun, hier ist ein Check über
zehntausend Dollars."
Er zog fein Checkbuch heraus und
füllte auf seinem Blatte desselben die
Summe aus, worauf er es Ebeling
überreichte. So, bitte mir nur vor
den Herren dort Ihre Erklärung zu wie
derholen!"
Ebelmg seufzte schmermüthig auf.
schob aber entschlossenen Sinnes den
Check zurück.
Sie haben mich nicht richtig verftan
den, Sir," sprach er. Ich werde
nicht bieten, ganz einfach aus dem
Grunde, weil ich überhaupt nicht im
Stande bin, das Grundstück zu lausen.
Zur Zeit bin ich ohne Stellung, und
das Geld ist bei mir leider sehr knapp
geworden."
Und dann weisen Sie doch diese be
trächtliche Summe, die Sie so leicht
hätten erlangen können, ohne Weiteres
zurück ?"
Jawohl, Sir."
S bedächtig wie zuvor nahm Jrvinz
den Check wieder an sich. Tann sah er
mit höchstem Erstaunen, ja mit Bemun
derung den jungen Mann an.
Sie find ein Teutscher ?"
.Ja. Sir!"
Ich bin ein Jankee vom richtigen
Schlage und begreife nicht recht Ihre
Handlungsweise. Ein bischen dumm
das, ein bischen altmodisch. Aber eh
renwerth, sehr ehrenwnth!"
.Tanke für die gute Meinung!
WaS hatten Sie denn eigentlich hier
zu thun?"
Nur der Zufall führte mich hier
her!"
.Auch nach dem Wasserfall ?"
Jawohl. Tiefe wundervoll Was
seriraft hatte sür mich ein großes Jnter
esse, denn ich bin Techniker. Moschi
neningknikur; das Bauen und Ein
richten von Mühlwerken ist meine Spe,
zialität !"
So. so! Und Sie find also jetzt ohne
Belcyastiguiig r
Ja. leider!"
Kurz und bändig gab nun Ebeling
Auskunft über seine letzten Schicksale.
Wohlgesüilig hörte Mr. Jrving zu.
Tann sprach er: Hm, ich glaube bei,
nahe, Sie find der rechte Mann, den
wir brauchen können, falls wir die
Wafferkrast eilangen. was kaum zu be,
zweifeln ist. Es ist ja fast, als ob ein
günstiger Zusall Sie uns zugesandt
hätte!"
ES schlug jetzt els.
Jrving rics: Die Versteigerung be,
ginnt ! Ich muß Sie verlassen. Bitte.
gehen Sie nicht fort, Sir! Bleiben Sie
hier, bis ich zurückkehre, dann werde ich
Ihnen vielleicht etwas recht Angenehmes
mitzutheilen haben."
Er ging in'S Haus mit den fünf An,
deren. Ter deutsche Ingenieur, von
froher Hoffnung erfüllt, blieb auf der
Veranda.
Drinnen fand die Versteigerung statt
ES waren da ein Notar und andere Be,
auftragte, auch Vertreter der CollinS',
schen Erben. Von mehreren Herren
wurde fleißig geboten; doch Mr. Jrving
erhielt für ftch und seine Genossen zuletzt
den Zuschlag sür emhundertachtzigtau
send Dollars.
Er kam wieder auf die Veranda und
sagte zu Ebeling: DaS Grundstück ist
unser! Sie wissen, daß in Amerika in
Geschäfte Alles sehr rasch geht. Wir
wollen also die Wasserkraft für groß
artige industrielle Anlagen benutzen.
Nun brauchen wir einen tüchtigen Müh
lenbautechniker. Sie verstehen das
Alles, Sie können technische Zeichnungen
aus ihre Richtigkeit prüfen und Kosten
berechnungen aufstellen. Ein so gewis
senhaster deutscher Ingenieur, wie Sie
einer find, wird für unser Unternehmen
ein wahrer Schatz sein. Morgen Vor
mittag hat unser Consortium eine Be
sprechung in dieser Angelegenheit; ich
bitte Sie, daran Theil zu nehmen,
Sir! Tann wird sich rasch das Weitere
sinden."
Freudig erklärte der junge Mann fich
dazu bereit. Mit den sechs Herren be
gab er sich dann nach der Stadt. Am
Nachmittag besuchte er den Apotheker
Henrichs an der Lincolnstraße, der ihn
herzlich begrüßte. Als Fräulein Paula
erfuhr, daß Hermann Ebeling bei dem
neuen Unternehmen angestellt werden
würde, freute sie sich von Herzen und
bedauerte es nicht mehr so sehr, daß die
Schönheit -tes Waiserfalles der In
duftrie geopfert werden solle.
Am folgenden Tage fand die Be
rathung der Gründer statt, bei welcher
Ebeling sachderständigen Rath ertheilte,
Tas Resultat war, daß er als Ingenieur
mit bedeutendem Gehalt angestellt
wurde. Er hatte also nun eine sichere
Lebensstellung erlangt. Fleißig be,
suchte er fortan den biederen Apotheker,
und eS dauerte gar nicht lange,
feierte er Verlobung mit der hübschen
Paula und ein Vierteljahr nachher sröh,
liege Hochzeit.
Im Salon des glücklichen jungen
Ehepaares hängt Über dem Sopha das
von Paula gemalte Aquarellbild, welches
den Wassersall in ursprünglicher Schön
heit darstellt. Nun ärgert sie sich aber
gar nicht mehr darüber, daß dort jetzt
die großartigen Mühlwerke klappern,
denn diesem Umstand verdankt sie es ja,
daß sie eine glückliche Frau geworden ist,
Wie wir die vuks collekte.
i'on Tchan Tchorch Zinlfade, Ctorcrif- und
saluhnkikper.
Seit wir die harte Teims gehabt.
habe sich viele Leit das Bezahle ganz
abgewehnt. Da werde allerlei Erkuh
seS gemacht. In unsere Soßeiete war
das schon e lange Zeit so gegange,
wir am Ausbreche wäre. Verschiedene
RuhIS habe nichts gehol e. Eine Ruhl
war, daß Niemand, wo die TuhS nicht
bezahlt hat, Bier kriege kennt. Da habe
Viele doch mit de Geld rausaerllckt,
aber die Andere find aut nt gegange
trinke. E andere Ruhl war. daß Alle
wo die TuhS nich zahle, e Viertelftund
in de Kabuhie eingesperrt werde, aber
de Ruhl hat nicht enforßt werde ken
nen, weil die KabuhS zu klein war.
Jetzk yave wir bald nicht gewußt, wie
mir das Geld collekte sollte. In eine
Mieting letzte Woch ist die Sobjekt wie,
der aufgekomme und Einer hat ge,
meint, wir sollte e Receifer appointe.
Aber eS war schwer gewcse, e Mann zu
nnde, m Receifer sein wollt. Außer
e BicrMog war nichts da. Tann meint
Einer, wir sollte e Asseßment mache.
Ta habe die Andere gekickt und gesagt,
daß sie nicht für die Andere bezahle
woll. Ader was mufzt gethan werde,
ES wäre fünf Dollars Tetts zu fettle for
Bier, vigarreund smokinc, Tobacco.
Der Äeik hat gemeint, da ich de Ere
ditor war, konnt ich die Bill settle. m
dem ich sie reßiete. Ta bin ich aber
falsch geworde und hab gefragt, ob ich
oas in uno vie igarre nicyt auch
bezahle mißt. Bei diese harte TeimS
hätt ich nichts zu verschenke und ich
mißt darauf inßifte, daß die Bill ge
settelt werd und wenn ich zum Skweier
gehe mißt. Der Meik hat blos dazu
gelecht und hat gesagt, eS wer e Lah
in de Uneit Schiets, daß man von de
Leit. wo nichts habe, nichts nehme
kenne. Ich hab aber gesagt, mit dem
ichtshade wehr es nicht so schlimm.
eS wehr blos, daß die Leut nichts be
zahle olle. T Meik war eine von.
dene, die hätte de Pockets voll Geld,
aber fte wolle nicht rausrücke. Der
Meik ist dann aufgestande und hat ge
sagt, das wär e Elender. Er hett kei
Geld, und wenn man ihn auf de Kopp
stellt, werd kein Nickel rauSfalle. DöS
wolle wir sehe," hab ich gesagt. Hier
Piet und Schohn, packt e mal an und
schtellt den Meik auf de Kopp." Der
Meik hat gekickt wie e Schtiehr. eZ hat
ihm aber nichts geholfe. Wir habe
ihn auf de Kopp gestellt und da sind die
Nickels und Deihms und OuarlerS nur
so rauSgerollt. Wir habe das Geld
aufgehode und nachdem wir die DuhZ
abgezoge. haben wir ihm die Balanß
zurUckgegebe, und wie das Ei pcrinient
so gut gegange iS, habe wir eS mit der
Andere versuch!, und überall iS Geld
genug herausgekomme, um AlleS zu
settle. Noch in derselbe Mieling habe
wir t Beilah gesaßt, daß Alle, wo mit
de DuhS in de Arriehrs find, aus de
Kopp gestellt werde und so lang so
schtehe müsse, bis sie gesettelt habe.
Da wir jetzt so gut bei Cash sind,
habe wir auch beschlösse, e Boling Allih
zu schtarte. Ohne die geht eS jetzt nicht
mehr. Vor zeh Jahr zurück hab ich in
mei Bard e Boling Allih gehabt, aber
Niemand hat sie benutzt. Ich hab de
Traf von de Allih benutzt, um das
Wasser von de Heidrant in de Ziffern
zu fülle. Te Balls und die Pins
schtehe noch in de Garret. Jetzt aus
einmal iS es fäschen geworden. Keael
zu schiede, und da müssen wir halt mit
mawe. nne Woa wird e ne e l.
ring gelegt und e neie Trof gemacht.
Die BallS und die PmS werden von der
Garret herunter geholt. Jetzt werde wir
mal ehe, wie lang die ffäschcn noch an
dauert. Ich will hoffe, so lang, bis die
Boling Allih gemacht is.
(Westl. BI.)
Soldaten al indermSchcn.
Aus Metz wird geschrieben: Der kom
mandirende General Graf öttleler in
kein Freund davon, das die als Burschen
lommanome Mannschaften Kinder
mädchendienfte verrichten, und bat iicd
gegen eine solche Verwendung der Sol
baten bereits wiederholt in feinen Be
fehlen ausgesprochen. Vor einigen Ta
gen kurz vor 8 Uhr in der Morgenstunde
begegnete er einem Bayern vom 8. Re
giment, der da? Töchterchen des Haupt
mannS B. zur Schule führte und in der
anderen Hand die Büchermappe nebst
FrühftücksbUchfe trug. Kennen Sie
meinen Befehl nicht?" Zu Befehl.
Euer Erzellenz!" ..Wer hat Ihnen den
Auftrag gegeben, dagegen zu handeln?"
Wit gnädige ,srau sagt eS mir immer.
wenn ich das Kind zur Schule zu brin
gen habe." Tann gehen Sie sofort
naq yaii,e, q liege die gnädige Frau
bitten, das Hausmädchen zu schicken."
Ja aber," stammelte der Unglück
liche, Euer Exzellenz, die Trude kann
doch hier nicht allein auf der Straße so
lange warten." Beruhigen Sie sich,
ich werde bei ihr bleiben." Zögernd
entfernte fich der Soldat, und als nach
etwa zehn Minuten das wirkliche Kin
dermädchen kam, fand es Se. Exzellenz.
Büchertasche und Frühftücksbüchse in der
Hand, auf dem selbst übernommenen
Posten. Eine gehorsamste Empfehlung
der Frau Hauptmännin, eine inständige
Bitte um Entschuldigung und die Ver
ficherung, es solle so etwas nie wieder
vorkommen, begleiten die Uebergabe der
kleinen Gefangenen.
leiner Irrthum.
Als General Lafayette Amerika be
reifte, hatte er oft mit seiner mangeln
den Sprachkenntnib ,u kämvken. und
nicht selten passierten ihm bei solcher
Gelegenheit sehr komische Verwechse
lungen. Schließlich aber hatte er ftch
einen kleinen Schal, von enaliiii,n
Worten angeeignet, die er bei jeder .
legenheit anwandte, wie die kokenden:
Großes Land, danke, lieber Freund,
glücklicher Mann u. s. m.
Bet einem Bankett. daS dem General
zu Ehren in Halifax abgehalten worden
war, bemerkte n unter den anwesenden
Gästen einen alten Bekannten. dn
General Polk. Schnell trat er aus ihn
zu, reichte ihm die Hand und sagte:
Ach alter Freund, wie freue ick, micki.
Su zu sehen! Hoffentlich ist es Ihnen
in der letzten Zeit recht gut gegangen?"
So weit. ja. General." verkeilt dr
Angeredete, doch ich hatte dor zwei
Monaten das Unglück, meine Frau zu
verlieren."
Lasayette, der von den natürlick
englisch gesprochenen Worten nur das
Wort Frau" verstanden batte, klantt
Polk lächelnd auf die Schulter und
sagte: Glücklicher Mann, glücklicher
Mann!"
Schlau.
A.: Man redet ja davon. ?lbr Kam.
pagnon fei in Italien beraubt und n
mordet worden: wissen Sie f&tm ttma
Näheres?"
B.: Bewahre: n bat nk ni'e.
geschrieben!"
Gedankensplitter.
Mancher, der auf hobem Dkerde kab
wurde xitig genug Kutsch.
Junge Freuden, alte Leiden.
Mancher kann nicht lukia kein nfm
einen dummen Streich zu begehen.
Variante.
Wo man zecht, sind Epüße nicht der.
boten:
Froh Menschen lieben Anekdoten.