Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 25, 1897, Image 12
Postmeisters Lustspiel. HunwreSke v Wilhelm G c o r g. Der Postassistent Maz Wernn saß an dem einzigen ,emk jung gesellenheimS und schrieb an einem Lust, spiel. Den Uuiforinrock halb ausge, ,ntt tten Nickelkneifer auf der dito nen, kühn gebogenen Nase, nippte er ab und zu an dem GlüSchen Lagerbier, das neben ihm stand und zupfte dann in regelmäßigen Zwischenpausen an dem kleinen Schnurrdärtchen, das, nicht all zuviel versprechend, über der Oberlippe fichtbar ward, in fatale Situation das nach, dem man sechs Stunden am Schalter underer Leute Geld in mvsang ge, ,mmmn. den Bauern plausibel ge macht, daß die Briefinarken nicht unter dem Selbstkostenpreis aogegcocn K,n Unntm und manchen Brief gewo iinti nl8 u sännet bekunden jetzt, nach des TageS und Mühen, noch den Pegasus besteigen uno in iieoiicuen w men ein Lustspielchen zurecht zimmern, W sollte man eigentlich einem jungen, 25jährigen Beamten am schönsten Tage im ganzen , an oem oieiueiuiigt, nen Ersten" nicht zumuthen l Dq i, fine veut und tt gehorcht. Und war er eigentlich nicht selbst daran schuld? sragte er ftch letzt inner (ich, an seiner Federhalter nagend, Hatte sich der junge Assistent, der, m dem kleinen Städtchen als Dichter längst bekannt, für jede Hochzeit oder Kindtaufe, die in der oeneren" weu schuft gefeiert wurde, liebenswürdigst" die Fabrikation von Geoiazien uver, nabm, nickt selb die aame Suppe ein, gebrockt? Freilich, das waren damals nur harmlose Gedichte, aber diesmal sollte eS etwas ganz Besonderes weroen, ein Lustspiel, das auf der Postmeisterin Geburtstag unter Mitwirkung mehrerer höherer Töchter vor möglich großem Auditorium gespielt werden sollte. Er und Tilli. des Postmeisters Jüngste. mußten natürlich die Glanznummern spielen in dem Stück. Gelang eS dem jungen Verliebten, die Gunst seines Alten", wie der Postmeister trotz seiner besten Jahre vom Briefträger bis zum Assistenten herauf genannt wurde, zu werben, dann war die Festung ge stürmt, denn sie" liebte ihn, das Ge ftändniß hatte er ihr beim Eislauf vor einigen Wochen erpreßt. Aber wo die Verse hernehmen und nicht stehlen? Herrn Werner riß die Geduld. Mit einem Fluch gab er dem angefangenen Manuskript einen Stoß, daß eS in die entfernteste Ecke des ZimmerS direkt in den Spucknapf' flog und zündete sich dann mit nervöser Unruhe eine Ciga rette an. Da pochte eS an die Thür, die gleich darauf geöffnet wurde, und pfeifend, die Hände in die weiten Taschen seines Uniformmantels vergra ben, erschien sein Kollege Kuhlmann. Kublmann war, was Phlegma und Behaglichkeit anbetraf, ein Genie. Kein Mensch im Städtchen entsann sich, jemals auf diesem Antlitz eine Zornes falte gesehen zu haben. Nachdem er seinen halbverzweifelten Freund und Kollegen Maz kurz begrüßt, warf er ftch in den alten Lehnstuhl, das Schmuck stück der würdigen Wirthin Werners, daß dieser in allen Fugen krachte, und sandte seinem Freunde einen halb mit leidigen, halb schadenfrohen Blick zu, da er nur allzu gut wußte, was hier die Uhr geschlagen hatte. Wieder mal vom Pegasus gefallen Mäxchen?" meinte Frfy Kuhlmann mit leisem Spott. Hilf mir, Fritz, rette mich," ant wartete der unglückliche Dichter wim mernd, oder zwei Menschenleben gehen zu Grunde !" Statt aller Erwiderung zog Kühl mann eine Berliner Zeitung aus der Tasche, deutete auf ein blau angeftriche neS Inserat und las triumphirend : Bureau für Eelegenbeitsgedichte, Gelegenheitsgedichte, Toaste, Luftspiele für Familienfestlichkeiten werden billigst und diskret angefertigt von W. Müller. Schriftsteller. Mülheimerftr. 12, Hof 2 Treppen. Werner freute sich wie ein Kind am WeihnachtStag. FlugS ward die Brief Mappe auf dem Tisch ausgebreitet und das Luftspiel in der Fabrik" bestellt. Fesselnd, in Versen in der Roccocozeit spielend und nicht über dreißig Minu ien während also lautete der Bestell zettel. In dem Postskriptum hieß eS alSdann noch: Selbstverständlich soll da Ganze als mein Eigenthum gellen, weshalb Sie auf dem Umschlag des Manuskripts meinen Namen notiren wollen." Abgemacht," rief Mar erleichtert, ei lebe die Poesie. eS lebe Tilli !" ES lebe auch der Dichter, unser Dichter," ergänzte Äuhlmann und um seine Mundwinkel zuckte eS eigenthüm lich. Im Uebrigen kann ich Dir noch mittheilen, daß auch der Alte etwas für den Abend zu dichten scheint. Als ich ihn vorhin aufsuchte, sah ich ein ange sangeneS Poem auf seinem Schreibtisch hegen, und mindestens suns Minuten stand ich an der Thür, ehe er mich nur bemerkte. Ich mußte erst gar nicht, was mit dem guten Mann loS war: mit allerhand Geftikuliren rückte er auf feinem Stuhl hin und her und rezitirte dabei: soll glüx ftllch, Herren und Tarnt all, Mein Korie sinn nicht leerer sckall. I, braun mein R nie f onnrrljau Da erlaubte ich mir die ganz schüchterne Bemerkung, daß die letzte Strvrhe wohl nicht ganz korrekt sei.! den. ich hätte in der Schule Die Wacht am Rhein" ander gelernt. Wüthend fuhr er mich an, ob ich mir erlauben wollte, seine Geiftesprodukte zu kritisiren? Na, weißt Du, ich hielt eS für das Gerathenste. mich schleunigst zu empfehlen. Er will, wie er mir noch nachrief, mit Dir in Wettbewerb treten und sein Stück mit dem Deinigen bei der ersten Leseprobe vortragen lassen." ES muß sein," sagte Max, couver tirte alSdann flink den Brief und steuerte nach wenigen Minuten Arm in Arm mit Kuhlmann dem rothen Ochsen" zu. Juft zur selbigen Stunde hatte auch der Herr Postmeister da! Dichten satt. Gar zu gern hätte er seiner lieben Gat tin die Freude gemacht und den Lor beerkranz auf'S eigene Haupt gesetzt, denn diesem jungen, halb verrückten Maz Werner gönnte ir den Triumph deS Abends am allerwenigsten, aber der Pegasus ist nun einmal ein störrisches Thier, das sich selbst nicht dem Post mester von Karlsheim fügen will. Unschlüssig, was er beginnen sollte, stieg er die Treppe hinab und in den Briefabfertigungsraum und ließ mecha nisch die dort für den Abendzug aufge stapelten Briefe durch die Hände gleiten. Jetzt hatte er ein plumpeS, viereckiges Couvert von grauem faserigem Papier in der Hand, schon wollte er eS wieder bei Seite legen, als er stutzte. Potz Tausend, wie hieß es denn da auf der Adresse: An das Bureau für Gelegen heitsgedichte in Berlin O., MUHlheimer ftraße 12, Hof zwei Treppen." Daß die Handschrift ihm bekannt vorkam daran dachte er im ersten Moment gar nicht, für ihn bedeutete diese Adresse bei nahe so viel wie das Knäuel Garn, das Anadne ihrem gnechnchen Helden gege, den, damit er wieder glücklich aus dem Labyrinth herauskam. In der Freude seines Herzens rief er ein so lauteS Heureka!", daß der die Briefe abstem, pelnde Unterbeamte entsetzt den Stempel aus der Hand fallen ließ und vergeblich in seinen 45jährigen Gedächtnißkaften nachforschte, welche Poftstation der Alte" wohl damit gemeint haben könnte. Der glückselige Postmeister aber zog, nachdem er sich die Adresse auf eine seiner Manschetten geschrieben, freudig nach seinem Allerheiligften, und eine Viertelstunde später lag ein zweiter Brief an das Bureau fllr Gelegenheits gedichte" im BriesadsertigungSraum. ES war richtiges Dezembecwetter ge, worden. Die Schneeflocken wirbelten in tollem Reigen durch die Luft und der Oftivind pnn schneidend und Ichars. In Postmeisters guter Stube" aber war es um so molliger, so daß der alte krummbeinige Teckel, der dicht hinter dem hohen Porzellanosen lag, vor Be Hagen gar nicht wußte, wie er sich aus strecken sollte. Heute sollte die erste Leseprobe sein und gleichzeitig eine Art Dlchterkrieg ausgesochten werden; denn sowohl der Postmeister wie sein Assistent Werner hatten, wie eS hieß, die wunder barsten Luftspiele geschrieben also An Ziehung genug, um die Spannung bei Allen, die um die Sache wußten, auf'S Aeußerste wachzurufen. Beide Stücke sollten direkt hinter einander von dem Kantor Hunger verlesen werden und der Redakteur deS ffarlsbeimer Wochen blSttchens, der gleichzeitig das ehrsame Gewerbe eines Winkeladvokaten und NaturarzteS versah, durfte äß Schieds richtn fungiren. Dieser, Holting mit Namen, galt in Karlsheim als Kapa zität, was Kunst und Literatur an betraf. Höltmg hatte auf dem Sopha Platz genommen und musterte mit zufriedenen Blicken den stattlichen Kreis von Däm chen und Herrchen, die sich um den run den Nußbaumtifch gruppirten. Rechts von ihm laß der Postmeister, IinkZ Maz Werner, Jeder in der Hand ein Schreib heft, das einen Umschlag von Rosa Papier trug, jedes Heft war mit einem weißen Schildchen versehen, als hätten beide einen Buchbinder zum Bater; Jeder hatte auch mit blauer Tinte ge schrieben, wie auf der ersten Deckelseite zu sehen war. Wer von den Herren Versauern führt da Kind seiner Muse zuerst vor ?" begann Hölting geziert. Latten wir da LooZ entscheiden. meinte Kantor Hunger mit seiner dün nen, ängstlichen Stimme. .Adgemccht. scholl eS von der So phaecke her und gleich darauf flog auch schon ein Geldnua aus den Tisch, das über das Schicksal zweier Dichter ent scheiden sollte. Das Thalerftuck nel auf die Wappenseite. Max Werner'S Seite sein Stück hatte den Vorrang, es sollte also zuerst verlesen werden. Der err Kantor begann. Seme Fistelstimme, die manchmal einen krei sehenden Ansatz zeigte, wie ein schlecht geschmierteZ Wagenrad, erzählte von einem jungen Pärchen aus der Roccoco zeit, einem Schäfer und einer Schäferin, die sich nicht kriegen konnten, denn er hatte nichts und sie noch weniger, bis ihr eines Tages im Walde ein Köhler begegnete, um ihr eine seltene Pflanze zu zeigen, die eine große Heilkraft in sich bergen sollte. Sie brach die wild wach senden Blumen, trug sie nach der Stadt und als man deren Heilkraft erkannte, erhielt sie dasür ungezähltes Geld, und Reich und Arm wallfahrten gar bald zu der Schäferin, um dort Heilung zu suchen für ihre Gebrechen Mit geönnetem Munde war der Poft meifter der Vorlesung gefolgt. Ein Zittern überfiel ihn am ganzen Körper und die kalten Schweißtropfen rannen ihm fortwährend von der Stirn, so da er unaufhörlich sein rothseidene Ta schentuch benutzen mußte, um sie zu trocknen. Träumte er oder wachte er? Das war ja s e i n Lustspiel, daS der Kantor aus dem Werner (chen Heste vorlas !, . . Aber das konnte ja gar nicht sein, oder sollte gar dieses unglückselige Ber, liner Bureau auch seinem Assistenten und Widersacher ein Manuskript auf Bestellung geliefert haben? Wenn er seine Arbeit jetzt lesen mußte, kam die Sache an S Tageslicht, er war lein Dich ter mehr, sondern ein blamirter Post, meister und in allen Kneipen lachte man ihn auS. Furchtbarer Gedanke! Hunger hatte jetzt geendet., Bravo Bravissimo!" scholl eS von allen Seiten; begeistert ward Werner, der jugendliche Dichter, beglückwünscht. Jetzt sollte deS Postmeisters Arbeit verlesen werden. Eben hatte Werner deS Alten Manu skript in die Hand genommen, um darin zu blättern, als es ihn wie ein elektrischer Schlag traf. Alle guten Geister loben den Herrn," brummte er mit geheimem Grauen und seine Blicke schweiften dabei hinüber, wo der Po t, meister in der peinlichsten Aufregung saß. Aber schon hatte dieser seine Be, wegung bemerkt und ihm hastig daS Heft auS der Hand gerisien. Lesen, Postmeisterchen, lesen," krähte jetzt HöUing mit dem Mephistopheles gesicht und über das blaßgelbe Antlitz huschte ein verbindlich sein sollendes Lächeln. Die Anderen stimmten ein, Der Aufgeforderte aber stotterte einige Worte von plötzlichem Unwohl, sein, schob das Manuskript in seine Brusttasche, da, wo fte am tiefsten war, und verließ schwankenden Schrittes, ge, stützt von Tilli, das Zimmer, die Der- dutzt dreinschauenden Gäste zurück- lallend. Am anderen Tage empsing Maz, der einen moralischen und physischen Jam, mer von seltener Vehemenz hatte, fol, gendeS Briefchen von Tilli: Mein einziger Lieber! Ich weiß Alles, Papa hat gebeichtet. Du ha t unrecht an , ihm gebandelt, allein er verzeiht Dir, da doch nur ein unglücklicher Zusall die eS Beryängni heraufbeschworen, natürlich nur unter der Bedingung, daß Du schweigst, immer und ewig! Er, sowie Mama halten eS deshalb für daS Beste, wenn sie Dir ein Schlößchen vor den Mund hängen, be er gearbeitet, wie Papa geno's Schloß. Dieses Schlößchen aber bin ich! Komm und hole so bald wie möglich Deine treue Tilli." Ein halbes Jahr später war bei Post, meisterS Hochzeit. DaS Bureau für Gelegenheitsgedichte in Berlin O aber hat an jenem Tage gleichzeitig zwei Kunden wieder verloren, und in Karls heim herrscht Verlegenheit um einen neuen Lokalpoeten. Bewerber mit guten Zeugnissen können sich jederzeit melden. Die liebe ZNama. Erzählung von Anna Leyiiert. Nu erschrecken Se man nich, jnä' grau, Jyr Mäzeien 13 m n feee le fallen!" Die Angeredete, eine blühende junge Frau, erhob sich schlaftrunken von der Chaiselongue, auf welche fte sich zu kurzem Nachmittagsschlummer nieder gelegt, und starrte der Portierfrau, der rücksichtslosenUnglücksperson, ungläubig in das verarbeitete Gesicht. Zugleich fühlte sie, daß ein lähmen deS Entsetzen sie an jeder weiteren Be wegung hindere. Wie, erschrecken sollte fte nicht, wo eS sich um ihr Kleinod, ihr einziges adgöt tisch geliebtes Kind handelte? Ich will ja Nichts gesagt haben, aber ich meine doch, jnä' Frau waren manchmal zu streng mit dem armen Jungen. " Martya (Stirnen hob die schönen, sprechenden Augen, die auch ihr Kind besaß, in flehender Bitte zu der vor ihr Stehenden empor. Diese hatte die stumme Frage wohl verstanden. Schnell senkte sie den Blick. Martha sah aber doch die Thräne, die ihr verborgen bleiben sollte. Jetzt erst war eS ihr, als habe sie einen tödtlichen Schlag erhalten. Ein schmerzhaftes Aechzen entrang sich ihrer gemarterten Bruft. Da is nichts mehr zu machen, jnä' Frau," murmelte die Andere unbe halfen, was dot is, das is dot, un das Grad jiebt Keinen wieder heraus!" Martya n sich jag empor. Hülse, Rettung für mein Kind!" wollte sie rufen, aber der Ton blieb ihr m der Kehle Necken; mit einem unter drückten Ausschrei sank sie auf daS Rubebett zurück, denn soeben wurde die Thür aufgerissen, und vom Flur herüber tönten schwere Schritte. Wie im Krampf wand sich ihr Körper und doch öffnete sie weit die Augen und ihr Blick schien ftch festzusaugen an dem todtbleichen Antlitz ihres Kindes, dessen Köpfchen auf dem Arm deS ToktorS ruhte, der soeben das Zimmer betrat. Sin matteS Lächeln irrte um Martha'S Mund. Wie gut. daß der Doktor, ein Freund ihre Mannes, mit ihnen dieselbe Villa in der Sommer frische bewohnte ohne seine Hülfe oh das Furchtbare ist nicht ausm. denken er wird den Knaben retten Ta löst sich ihr Blick von dem lilien haft weißen Antlitz ihres Kindes und hcftct an deS ToktorS fliiaen.l I Diese sind ernst und verschlossen. Um so vernichtender treffen sie seine trostlosen Worte. Sie faltet wie in Todesangst die Hände: O, mein Gott, mein Gott, nimm mir nicht mein Kind!" So betet fte verzweiflungsvoll in Gedanken, über die bebenden Lippen zwingt fte kein einziges Wort. Und dann sieht sie, wie der Arzt den Körper des Kindes auf den Tisch legt, wie er mit scharfer Scheere die wasser getränkte Kleidung zerschneidet, das rei zende, mit buntseidener Borte bestickte Röckchen, an welchem sie eine volle Woche mit ach, so frohen, Hoffnung? reichen Empfindungen gearbeitet. Noch einige bange Augenblicke, und der kleine Leib ist endlich von der nassen, kältenden Kleidung befreit. Jetzt be ginnt die schwere, verantwortungsvolle Arbeit deS ArzteS der Wiederbele. biingsdersuch. Martha verfolgt AlleS mit fieberhaft gespanntem Blick, und während der Doktor immer von Neuem auf ein Lebenszeichen des Ertrunkenen lauscht, leidet fte unsägliche Qualen. Es bedarf nicht erst noch der weni gen, feierlichen Worte deS ernsten Man nes, die ihr den Tod deS Lieblings klln den, seit Minuten weiß fte bereits, daß sie ihr süßeS Glück verloren. Sie sieht es an dem langgestreckten Körper ihres Knaben. Wie seltsam die Glieder sich bereits verändert haben, auch auf dem weißen, plötzlich so schmal gewordenen Gesichtchen thront die herbe Majestät des Todes. Und da ist eS plötzlich, als dehne ftch eine unendlich weite, öde Fläche vor Martha's innerem Blick aus, Alles leer und kalt um sie her, ein unbeschreib liches Grauen schüttelt fte. O, furchtbares Geschick! Vor einer halben Stunde noch hielt sie ihr Kind lebensfrisch in den Armen bei dieser Erinnerung ist es der jungen Frau plötzlich, als wachse ein ungeahntes Etwas in ihr empor, als brenne sich ein tödtlicher Schmerz in ihrem Herzen fest Hat sie denn zuletzt ihren herzigen Jungen liebkosend im Arm gehalten, sich mütterlich an seinem Kindesüber muth erfreuend? O nein, nein o grausames Ver hängniß, das ihr nun nicht mehr ge stattete, gut zu machen, was sie in un verzeihlichem Mißmuth und kleinlicher Ungeduld verfehlt I Miixchen war unartig gewesen. Er hatte an einer feinen Decke, welche Mama mit bunten Arabesken verzierte, weiter gearbeitet" und dadurch den kostbaren Stoff arg mitgenommen, so wie die durch leise Umrisse angedeuteten Figuren zum Theil beschädigt, der Mama also, anstatt zu helfen, wie er meinte, eine recht unliebsame Ueber, raschung bereitet. Mama hatte es sich in den Kopf ae, setzt, die Decke noch am selbigen Tage fertig zu machen, und in ihrem Unwil len über die Verzögerung hatte sie sich hinreißen lassen, ihren Jungen sehr yan zu zuqtigen. Fast ungeheuerlich erschien eS ihr nun, daß sie das vierjährige Kind so arg genrast hatte, und noch jetzt tönt ihr daS jämmerliche Geschrei des Klei nen in den Ohren.... Unerbittlich hart war fte mit dem Knaben versah ren, denn durch die Schläge, welche sie austheilte, war ihr Blut mehr und mehr in Wallung gerathen, und sie hörte nicht eher auf, bis sie der Arm schmerzte, bis das Geschrei des Knaben in einem konvulsivischen Schluchzen er stickte !" So war es heute gewesen, aber leider auch oft genug vor dem ! Und trotzdem der kleine Sünder schließlich reuevoll um einen Kuß bat, hatte sie ihm diesen mit harten Worten versagt. Freilich, alsbald that es ihr leid, da sie sich wieder zu einer so exemplarischen Bestrafung hatte fortreißen laffen, und unter Selbstvorwürfen und mit dem Vorsatze, den Kleinen später für die er littenen Schmerzen reichlich zu entschädi gen, schlief sie ein. Mit diesen übertriebenen LiebeSbe theuerungen aber fehlte sie noch weit mehr, und ihre Küsse mochten Märchen ebenso viel Qual bedeuten, wie die schweren Strafen, welche er zu dulden hatte. TüS kam der Bedauernswerthen erst jetzt zum Bewußtsein, während ihr klar die einzelnen Scenen vor die Seele tra ten. Ein unbeschreiblicher Kampf mar, terte ihn Bruft, aber die Reue um be gangenes, nicht zu sühnendes. Unrecht kam zu spat I Diese Reue aber bohrte ftch wie glü, hendeS Eisen ein in ihr Inneres. Wie sollte fte weiter leben, jeden Augenblick versolgt von den schmerzlich anklagenden Blicken deS Verlornen Lieblings? In seldflauülerischer Grübelei suchte sie zu erforschen, aus welche Weise das Kind, das sie wohl gehütet glaubte, allein an den See gelangt sein könne. Sollte daS kleine Herz so verzweifelt gewesen sein, daß eS sich scheute, jemals wieder unter die Augen der gestrengen Mama zn treten. WaS Martha in diesen Minuten litt, als ihr die Vermuthung auftauchte, ihr Knabe könne in Folge ihrer Grausam keilen den Tod gesucht haben, das wiegt den Schmerz eine ganzen Menschen ledenZ auf. Ancftverwirr schweift ihr Blick hin über zu der kleinen Leicht ; kann nicht ein Wund geschehen, um den stillen Schläfer zu neuem Leben zu erwecken? Soll sie eS ein langes Leben hindurch &.JijZifJI?S& büßen, daß sie gefehlt, wo sie doch so unbeschreiblich geliebt? I Sie befindet sich jetzt allein in dem Zimmer, der Doktor hat eS mit der Fran schweigend verlassen. Scheu wie eine Verbrechen erhebt sich Martha, sie schwankt, aber dann ist sie doch an den Tisch getreten, auf wel chem, nur mit einem Tuch bedeckt, die kleine Leiche ruht. Sie will ftch überzeugen, ob sie ihr Kind in Wirklichkeit so hart behandelt, wie die krankhaft erregte Phantasie eS ihr jetzt ausmalt. Durch die eigene Schwester wurde die Bäuerin mit Mann und Kindern vom Hofe getrieben. Vor wenigen Monaten wurde dem Hänsele sein Gut, und Alles, was dazu gehört, versteigert. Um ein Dritttheil des Schätzwertes ging es weg. In alten Märchen kommt nun zu braven Bauern, wenn sie so recht in der Tinte sitzen wie der arme Hänsele, ent, weder eine gute Fee oder ein Zauberer. Feen giebt's heutzutage nicht mehr, aber Tirol hat ictzt einen großen, hilf, reichen Zauberer und der heißt: Frem, denverkehr. Der Kurort Erics lockt viele Gesunde und Kranke an, die Um, gebung von Bozen aber flihrt zahlreiche Touristen hinab in da? gesegnete Süd, Tirol, und diesem Zauderer nun haben auch der Hänsele und seine armen kleinen Buben und Gitsch n" ihr neue! Glück zu verdanken. Kam da vor ein! gen Wochen ein recht reicher, alter Herr von Schlesien herab, wo er große Fabriken besitzt. Der wollte ftch eden falls an den herrlichen Tiroler Bergen und ihrer würzigen Luft erfreuen, und so stieg er auch einmal hinauf zum Burgfrieden von Wangen und kam in das kleine Haus, wo der Hanfele eben sein Bündel schnürte. Ein Wort gab das andere, und so hatte er denn gar bald den ganzen Jammer erfahren. Tieferschüttert hörte der alte Herr zu und in seinem guten Herzen keimte ein edler, großherziger Plan. Er selbst ist kinderlos, sieht ganz allein auf der wei ten Welt und freut ftch nur, wenn er so recht vom Herzen wohl thun kann. Also war's ihm denn auch sofort klar, daß da geholfen werden müsse. Was aber konnte einfacher sein, als das Gut wieder anzukaufen und den armen Leu ten damit Haus und Familienleben zu retten? Und so geschieht's! Mit Hilfe einer wackeren Bozener Bürgersfrau wird die Sache zurecht ge macht. Sie kauft im Auftrage Jenes das Gut. Und jetzt wird es auf den ältesten Sohn, der sich schon als Knecht hat verdingen müssen, übertragen und dem alten Hänsele wird's wohl Jeder gönnen, wenn er vor Freude etwas tiiser in die LepS" Kanne steigt.... Ein Srsinder um jeden Preis. JameS Watt, der große Schöpfer der Dampfmaschine und Dußender von an deren technischen Neuerungen, dessen Talent Humphry Davy eines TageS zu dem AuSspruch hinriß: Man be stellt bei Watt Erfindungen, wie man beim Schneider einen Rock bestellt!" dieses Genie des Erfinders beschränkte seine schöpferische Gabe keineswegs auf die Technik. Er war vielmehr ein so gewandter und hinreißender Geschichten Erfinder und Erzähler, wie nur einer je auf englischem Boden gefunden wurde. Eine Freundin seiner Mutter, bei der er als Jüngling einmal zu Be such weilte, erzählte, daß JameS' Unter Haltungen und phantastische Geschichten, die er Abend für Abend im Kreise die ser begründeten Familie vortragen mußte, bald daS ganze HauS in einen Zustand von Erregung und Schlaf losigkeit versetzten. Man lauschte dem Erzählir Stunde für Stunde, ohne S zu merken, ließ die halbe Nacht auf diese Weise verstreichen und war dann für den Rest derselben zu aufgeregt. um Ruhe zu finden. Watt behielt diese Gabe deS FabulierenS bis in sein Grei senalter, und wäre er nicht ein so großer Ingenieur gewesen, er wäre gewiß ein Romandichter von Ruf geworden. Wie Walter Scott mittheilte, passirte dem 82jährigen Watt noch folgende heitere Geschichte. Er hatte wieder einmal eine Tafelrunde durch eine seiner leben! wahren und nur zu wahrscheinlicher fundenen Erzählungen in Verwunde rung gesetzt, als einer seiner Zuhörer, was für gewöhnlich Niemand wagte, schüchtern bemerkte: Sollten Sie uns da dielleicht eine von Ihnen erfundene Geschichte erzählm?" Dieser Zwei sei setzt mich in Erstaunen." erwiderte lächelnd Watt, ich habe ja seit zwanzig Jahren nichts anderes gethan, wenn ich das Glück hatte, die Abende mit Ihnen zuzubringen. Ein aufmerksamer (Sitte . Er (zum Kellner): A gutes Bier möcht ich haben und etwas zum Ellen. Haft Du auch Hunger, Karoline?" Sie: Ja." Er: Tann bringen'! blos a Bier!" Darum! Vater (fein Söhnchen spät auf der Strofze treffend): Was treibst denn Tu Tich so spät hier herum? Tu gehst obl auch schon in die Kneipe?" Sohn: Ja wohl Mutter bat mich, ich soll Tich holen." Abaebliyt. Wie mag nur Ihn Nase so roth geworden kein?" Au? Scham über die dielen nase weisen Menschen auf der Erd!" Abgeblitzt. Geck: Mein Fräulein, was würden Sie mir antworten, wenn ich Ihnen mein Herz zu Füßen legte?" Dame: Ich würde Ihnen rathen, Ihr Herz in den Korb zu thun, den ich Ihnen geben würde." 3Iii5 junger (Ehe. Mann: Es ist mir unmöglich, wei ter zu essen, liebe Fanny; ich Hab' ein Haar im Gemüse gesunden!" Frau: DaS ist jedenfalls eins mei ner Haare, lieber Emil, das bei'! K chen hineingefallen ist. Du versicherst mir röglich. Du könntest mich aus Liebe aufessen und nun verdirbt Dir schon ein Haar von mir den Appetit!" Der Man ohne Kops. Frau: Aber, lieber Mann, woran denkst Du denn? Hältst ja Deinen Schirm geschlossen, trotzdem eS in Strö men regnet." Professor: Hm, sehr sonderbar, ich war die ganze Zeit in dem Glauben, daß ich ihn vergessen Hütte!" Erklärung. A. : Wie kommt das nur? Ihr Bart ist ganz schwarz und Ihr Haar ist schon vollständig weißl" B. : DaS ist ganz natürlich ! Das Haar ist ja auch schon fünfundzwanzig Jahre älter!" Ausrede. Herr (zum Haufirer): Die Uhr. die Sie mir verkauften, ist , miserabel! Zehn Stunden geht sie gut, dann bleibt sie aber ftehen!" Hauftrer: Na, wenn Sie zehn Stun den gehn, werden Sie auch a bissel aus ruh'n wollen!" Zrech. Baron: Sie bekommen nichts, sind noch zu jung und können arbeiten!" Sie noch Bettler: Haben Sie gearbeitet, Herr Baron, als Sie jung waren?" Anstandshalber. Gattin: So kommst Du heim, Du bist ja total betrunken!" Gatte: Ja. weißt Tu, Alte, heut' hatten wir in unserem Verein ein klei nes Stiftungsfest, und da muß ich eS doch anstandshalber sein!" Appetitlich, Tourist: Sie, Herr Wirth, das iicener ,chne,et aber miserabel!" Plauschen S' nicht, ich hab mir ge, stern Abend noch die Hühneraugen da, mit g'schnitten." Lr weiß sich zu helfen. Patient: Herr Doktor, Sie sagten mir neulich, eine einzige Flasche Wein könnte mein Tod sein, und gestern hab' ich mit meinem Freund sechse aetrunken und bin heute gesund! Wie kommt denn das?" Doktor: Das ist sebr einfach! Da war halt gerade die, welche Sie hätte tödten können, nicht dabei." Na ja! Lieutenant (der in einem Stück fiebt. wie ein Lieutenant einen Korb kriegt): Na. hätte blos ich auf der Bühne sein sollen!" pari. l'iast: Sie, Kellner, wenn man an der Wurst riecht, wird einem ordentlich schlecht!" Kellner: Die Wurst ist aber nicht zum Riechen da, fondern zum Essen!" Sin prompter Schuldner. Oberst: Ist das Darlehn getilgt, welches Sie bei dem Banquier Gold beiger aufgenommen hatten?" Lieutenant: ..Selbstverständlich; die fünizigtausend Mark habe ich ja schon nach vier Monaten wieder abgehe! rathet!" Er weiß es. A. : Wie kommt eS. daß Graf Pumpwitz nicht mehr im Klub er scheint?" B. : Wie ich hörte, soll er krank sein. Das alte Nervenleiden hat ftch wieder eingestellt." A.: Aeh, versteh' schon, der.nervus rsruW'!" In der ?ckule. Lehrer: In welchen Meeren lebt wohl der Tintenfisch weifet SV Karl?" Der kleine Karl: Im schwarzen Meer." Aus der Rolle getan. Professor Tiftelmeier inftruirt seinen kleinen Neffen Maz: Wenn Herr Ouaffelmeier kommen sollte, so sagst Tu, ich wäre nicht zu Hause." Nach geraumer Zeit kommt Herr Ouaffelmeier. Ontel ist nicht zu Hause." schreit Maz schon von weitem dem Besuch entgegen. So." meint dieser, wann wird er denn wiederkommen?" Ta ruft Maz in'Z Zimmer hinein Tu. Onkel, wann wirst Tu beim kommen?" v,e bötne Z. Schugermeifterin ,,um Katiens: Ader. Paul, warum prügelst Tu denn heute unseren Lehrbuden fortwähren!?' Na. waßt's net! Ter lernt heute den letzten Tag. morgen wird er lo?e sprechen, und da muß ich'! doch noch ausnützen!"