Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 25, 1897, Image 11

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Seöcin.
Von . Hojjmann Kuischke.
Nackt ein Ubr und Alarm! Nach,
dem wir unS kaum einige Stunden
vorher in einer Scheune todlmude und
hungrig zur Ruhe niedergelegt hatten;
todtmllde l denn wir waren den ganzen
Zag marschirt bis Abends, mit wenig
Rast, aber viel Hunger, und zum
Abendbrot schmeckten uns ganz unreife,
grüne Kartoffeln, um die wir uns bei
der Ausbuddelung vorher noch tüchtig
gebalgt hatten, mit etwas Fett und
einem Topfe saurer Milch, ohne einen
Bissen Brot, recht gut. Doch, was sage
ich, ohne Brot l Hatte doch die Compag
nie den Tag vorher zwei Brote erhalten,
zwei Brote fUr einen Offizier, die
Unteroffiziere und 1:?0 Mann I (Die
Anderen waren bei Wdrth gefallen.)
Mein Bissen aber, den ich erhalten
hatte, steckte als eiserne Portion im
Portemonnaie.
Wir traten an, miide, schlastrunken
und wenig erbaut ob deS Gewecktwer
denS, denn der Herr General hatte uns
Abends vorher aus morgen Ruhetag
versprochen. Allein Alle traf dasselbe
LooS, und das war ein Trost. ES ging
fort im Dunklen, durch Feld und Wald,
über Berg und Thal, und wenn auch
die Konversation nicht recht in Fluß
kam, Anregung zum Scherzen giebt's
immer, und wenn der versprochene
Ruhetag herhalten sollte, falls der
General sich blicken ließ. Noch herrschte
viistereS Grauen in der Natur, als das
wohlbekannte Bumi icumr vi,
saaend aus der Ferne zu unS herüber,
tönte. Darauf sah Einer den Andern
an und wir verstanden unS gegen eilig
Beim nächsten Rendezvous machte ich
ahnungsvoll ob der kommenden Dinge
mein Lied: IN graung ouperes
Schweigen " und ging dann, um
vielleicht einen Bissen Brot zu holen.
allein überall umsonst! Endlich ein
Stück Kollatsch" bei der Artillerie
(Mehl mit Wasser vermengt, auf dem
Herde gebacken); eS schmeckte vortrefflich
und gern gab ich meinen ganzen Tabak
da ür beim Tau,a)ge,qa,i.
Seftiaer wurde der Geschützdonner,
immer größer der Bogen, den wir im
Marsche beschrieben; wir merkten unsere
Aufgabe. Durch schöne Dörfer, in
denen die Wewer handeringend staw
den. die Kinder weinten und die Mito
ner verbissen dreinschauten, ging unser
Marsch. Da tritt hinter dem einen
Dorf plötzlich die Musik ab. und wir
begriffen sofort unsere Situation. Bald
daraus igten Avuianlen im Gawpp,
rechts und links Befehle überbringend,
und donnernd raffelte in der tollsten
Carriere die Artillerie heran. Feind-
liebe Granaten platzten in unserer Nabe,
aber kernig erwiderten die Unseligen
die Grüße. Wir bekamen Befehl,
schleuniast nach link unS weiter zu zie
hen, in weitem Kreisbogen den Feind
zu umfassen!" Ein General hält mit
seinem staue an einem von uns zu
pafstrenden Hohlwege. Guten Mor
aen. Leute !" Guten Morgen, Herr
General!" Na, wo kommt Ihr
uxf .Von Weißenburg und
Wörtb I" Ah, diese Braven I Na,
heute noch einmal so, dann ist die Sache
gemacht !" Ezcellenz, an uns soll'S
nicht fehlen!" Bravo!" Und
weiter ging'S in flottem Tempo, immer
bergauf, bergab, ourcy yeaen unv Vra,
den, über Wiesen und Feld.
- Da eignete sich noch ein kleines
. SpSßchen für mich. Auf freiem Felde
stand ein Bauerngehdft, umrahmt von
den dort üblichen Schlehdornhecken ; im
Garten standen Obftbciume, welche, da
, mir dort gerade kurzen Halt machten,
schnell ihrer allerdigS noch unreifen
Früchte entledigt wurden.. .. Ich stehe
und sehe traurig der Kameraden Ernte
an und bedaure. zu spät gekommen zu
sein, als ich auf die Schlehdornhecken
mein Augenmerk richte, und da blau
angelaufen deren Früchte im Sonnen
schein erschaue. Gedacht ! gethan ! Für
den Hunger und Durft ist alles Labsal.
Schleunigst gepflückt, in den Broddeutel
gethan, und wer war glücklicher als
ich mit meinen fecmevMn
Kommt sich Rekrut Polak von der
Seite und schielt und schielt : Sagge,
Bruder, wa iS sich daS? Geht sich zu
essen?" Ah! am rav i schön i aus.
ichnet l Französische Pflaumen !"
.Ab, daS iS sich gut !" Und mit mir
raufte der brave Pole die nalvreisen
Schlehen vom Strauch, daß ti eine
Luft war, und versenkte sie in den Brod
beutn. Viele sahen' und lachten, sie
mußten wohl besseren Proviant aufge
trieben haben. Endlich eS dauerte
mir schon zu lange konnte mein
College Obstpflücker eS nicht mehr über'S
Her, bringen und kostete. Aber ! Wenn
Napoleon in diesem Augenblicke die
Schlacht verloren hätte, ein saureres
Geftcht hätte n unmöglich schneiden kön
nen. Pfui. Teufel! hat er sich ge
, schüttelt ! Und wie er mich blos ansah,
wie n schnell seine Brotbeutel um
kehrte, und wie er seiner Wege trod
delte, eS war eine zwerchsellcrschüt
ternde Episode.
An einem kleinen Wässerchen im
Thale, hinter' Erlendusch, hielten
blaue Hularen. Guten Morgen, Hu
sann I Seid Ihr dort sicher ?" .Gu
ten Morgen! Na. wartet nur. Euch
werden fie'i gleich besorgen. Ihr
Sandhasen. " Na, Nichts für un
gut. Kameraden !" Und weiter ging eS,
noch ine Höhe hinan. Hier an der
Lehne war Halt. Ueber unS sauften
die sranzösischen Granaten, in unsere j
hinteren Colonnen inschlagend. Man
sah Verwundete wegtragen.
uns gegenüber, aus der anderen Seite
der Berge, durch ein Thal getrennt,
lauen wir deutlich aus dem Kamme die
Franzosen vorgehen, eine lange Pappel
allee, und in dieser mehrere Batterien
aufgestellt, die flott feuerten. Die
Ossiziere sprengten im Galopp und ord
neten an, aber auch die Unseligen wa
ren nicht unthätig. Rechts in Floing
prasselte unaushörlich Jnsanterieseuer,
knarrten Mitrailleusen und krachten
Granaten. Gleich daneben zwei Bat
terien der Unseren in vollster Arbeit
gegen die feindlichen. Zwei französische
Geschosse ezplodirten, Leute und Pferde
fielen, aber weiter raste der erbitterte
Kampf.
Wir hatten die Gewehre rechts, knie
ten und unterhielten uns über das
Kommende; ich, der Unteroffizier Rast,
Freiwilliger Schadow und noch mehrere
besprachen lebhaft die Situation. Je
der von unS wollte behaupten, in Folge
böser Ahnungen, daß dies sein letzter
Tag sei, besonders der Freiwillige Scha
dom, ein Ostpreuße, welcher erzählte:
seine Braut habe ihm beim Abschied ge
sagt, er solle sich vor dem 1. September
in Acht nehmen, er wäre ihr blutig und
zerrissen im Traumeerschienen, und
denkt Euch, Kameraden, heut ist doch
der 1. September, ich falle bestimmt."
Wir sprachen ihm, obwohl unS selbst
nicht wohl war, Trost zu und versuchten
unseren knurrenden Magen mit einem
Schluck Rum und einem Stück Zucker
aus Rast'S Vorrath zu beschwichtigen
und zu stärken, so gut eS ging, und
auf andere Gedanken zu kommen. Aber
seltsam! Nicht, daß ich abergläubisch
wäre oder sogenannten Ahnungen Werty
beilegen wollte, Jeder urtheile selbst:
Wir find Alle gefallen! Ich schwerver
wundet, Schuß durch Mund und Ober
kiefer, Rast Schuß durch Schulter und
Arm, die Anderen Bein und Schenkel
schliß, und den armen Schadow hatte
eine Granate ganz zerrissen.
Da kamen Adjutanten mit dem Be
fehl: Das Bataillon zum Angriff!
Vorwärts!" Ich bitte mir ein kräf
tigeS Hurrah aus bei der Attacke!" sagte
der interimistische Bataillonscomman
deur, Hauptmann von Thadden, (der
Major war bei Wörth gefallen). Und
Zur Attacke Gewehr rechts! Marsch!
Marsch! Hurrah!" Ob daS ein Hurrah
war! Und was eS erst wurde! Ein Ge
brüll, ein Wehklagen, ein Todesschrei
im zerschmetternden Gewitter. Denn
kaum waren wir hinter der Deckung
hervorgekommen, so überschütteten uns
die Franzosen, die nur auf uns gelauert
zu haben schienen, mit einem Hagel von
Geschossen. Granaten. Shrapnells und
Jnsanterieseuer richteten bedeutende
Verheerungen m unserem Bataillon an.
trotzdem wir fast den Berg hinabflogen.
Das Bataillon war gänzlich zerstreut,
als wir am anderen Berge auf der
Straße nach Floing anlangten. Todd
müde, hungrig und zum Sterben
schöpft, brachen wir zusammen.
Nach einigen Minuten wurde gesam
melt zum Vorgehen. Können wir
nicht die Tornister ablegen?" Ja!
Aber merkt Euch die Stelle, wohin, und
nun wieder vorwärts, Kinder!" Aber
Hunger! Hunger! stöhnte das ganze
Corps, und Jeder suchte nach irgend
einem Reste, auch ich. Mein Biffen
Brot mußte aus dem Portemonnaie
heraus, ich konnte ihn nicht mehr erhat
ten! Die Schlehen waren längst alle.
Welch' ein Labsal! Ich dachte an die
Vermehrung des Brotes in der Wüste,
mußte mich aber zufrieden geben, denn
es wurde nicht mehr.
Jetzt aber vorwärts! ES nefen'S
Osmiere und Leute; unier Compagnie,
fllhrer, Landwehrlieutenant Schmidt
aus Görlitz (der Hauptmann und unser
Lieutenant waren bei Wörth gefallen),
sah mich noch einmal an mit todestraU'
rigem FreundeSblick, und wir verftan
den unS; er fiel bald daraus an meiner
Seite mn zerschmetterter Schulter.
Wir erstiegen den Berg, gingen den
feindlichen TirailleurS entgegen und im
Kartoffelfelde begann daS Ringen.
Schuß auf Schuß krachte, dazwischen
furchtbares Granatfeuer, daß die Erde
bebte und förmlich auseinanderriß. Ich
zuckte unwillkürlich mehrere Male und
fühlte nach dem Kopfe, so warm flog es
bei mir vvrbei, sausend, zischend,
aber vorwärts ging es, die Franzosen
zogen sich zurück, ihnen nach donnerte
unser Hurrah. Da wieder Erd und
Menschen zerschmetterndes rächen.
Blitzen, Zischen, Schnurren, und
mit lautem Aufschrei zu Gott stürze ich
nieder, einen mir die Bennnung rau
benden Schlag an der Stirn empfin
dend. Um 1 Uhr Nachmittags kamen
wir ungefähr in'S Feuer, jetzt mochte eS
zwischen drei und vier Uhr sein; wie
lange ich so gelegen, weiß ich nicht, aber
mein Erwachen war ein fürchterliches,
und da? weiß ich, daß ich mich im Jen
feitS wähnte, denn Alles um mich her
war finster, trübe und leer, S kam da
von, weil ich über und über mit Blut
und Schmutz bedeckt, das rechte Auge
ganz, daS linke theilweise mit Blut
unterlaufen und verschwollen war. Der
Mund war ganz zerrissen, die Zähne
mit dem Oberkiefer hingen mir über'S
Gesicht weg, eS war eine gräßliche Lage,
und ringS um mich ächzten und stöhnten
die anderen Verwundeten, lagen die
Todten Kill, aber immer noch flogen die
Kugeln wie vereinzelt Hagelschloffen
nieder und bewogen mich, Deckung zu
suchen rückwärts am Abhänge, den wir
kudnlich genommen. Tort lagen schon
vier dn Unseren, auch unser Bataillons
Kommandeur und der Eompagnieführer
blutend, einander verbindend. Mich
selbst empfing Hauptmann von Thadden
mit den Worten: Herrgott! Seht
blos, wie sie dem den Mund groß ge
macht haben!" Ich brach zusammen.
Durch frisches Waffer brachte man mich
wieder zu mir und ich bin mit angeleg
tem Nothverdande selbst noch nach Floing
gegangen, mit MUtzenschwenken einen
General begrüßend, der mit seinem
Stäbe nach vorwärts ritt, mir herzlich
dankend.
In Floing war jedes Gehöft ein
Lazarett). Ich ging in eine Scheune
und wnrde dort später verbunden, nach
dein ich mir vorher selbst den herunter
hängenden Fetzen aus dem Oberkiefer
abgeschnitten hatte, da die Aerzte keine
Zeit hatten. Als das Wundfieder vor
über war, kam ich nach St. Menge! in
die Kirche und hier machte ich mein
erstes Gedicht wieder auf eine Corre
spondenzkare, hier erfuhr ich auch die
Gefangennahme Napoleon'S. Die Ka
meraden sagten zu den Franzosen: Na
poleum kaput!" Diese antworteten je
doch darauf ungläubig: Napoleon nir
kaput! Berlin kaput!" Aber gefreut
habe ich mich und zu Ehren der
französischen Offiziere sei es erzählt
über folgenden ritterlichen Zug: AIS
wir Verwundeten vor der Kirche faßen,
brachten unsere Soldaten einen Trupp
von vielen hundert gefangenen Offi
zieren vorbei, höhere und niedere; als
sie uns sahen und namentlich schienen
sie die Decorirten damit auszuzeichnen
zogen sie Alle die Mützen und grüß
ten höchst ehrerbietig, trotzdem unter
uns kein Offizier war.
Halbwegs geheilt, bat ich um Trans
portirung nach der Heimath. Aber
welch' eine Fahrt! In den Bergen nach
Belgien mit meinem Kopfe. Auf einem
zweiräderigen, von einem Maulthiere
gezogenen Karren! Aber ein Lurrah
noch heute für Lüttich und das dortige
Comite für Verwundete! Solch' einen
Empfang und so viel Aufmerksamkeit
habe ich nirgends getroffen, wie bei den
belgischen Deutschen. TagS daraus
herrschte Heller Jubel auch bei den
Schwerverwundeten, als es hieß: Deut,
scher Boden!"
Eine Distanzfahrt.
RadfahrerHmoreske von Willy Walthcr,
Einen größeren Gegensatz konnte man
sich wohl kaum denken, als die beiden
lllngsten 'Mitglieder unseres Bicycle--Clubs,
Antonio Cavallo. der Italiener,
klein, kohlschwarz, mit brennenden Au
gen, immer beweglich, immer schwatzend,
immer gut aufgelegt, und Ralph Ro
der, der Engländer, groß, schlank, blau
auglg, nachslarbia. mit seiner unzer,
störbaren Ruhe und seinem ein wenig
an ltteianqolle reisenden Phlegma.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb
waren sie unzertrennliche Freunde, was
indessen nicht hinderte, daß sie sich gegen,
seitig allerlei Schadernak spielten.
Es war an einem schönen Sommer,
abend, nach einem scharfen Ritt, als
wir Alle in einer Kneipe unseren schier
unerschöpflichen Durft zu löschen bemüht
waren. Da brauste der Courierzug
vorüber und Ralph agte in seiner ruh,,
gen, schmermüthigen Weise: So schnell
lönnen wir S doch nicht!"
Oho." rief Einer, kurze Strecken
gehen qon o neu!"
Nun, bis nach hm, sagen wir nach
Laibach ging'S schon," sagte Antonio
und that einen großen Zug.
Unmöglich." erklärte Ralph.
"Corpo di bacco," rief Signor
Antonio und seine Augen funkelten lu
ftig und listig; ich wette, daß ich, auf
meinem Belociped sitzend, ohne adzustei
gen, von Trieft nach Laibach genau so
schnell wie der Eourierzug ankomme.
Willst Du um einen Korb Champagner
wetten. Ralph V
"Yes," sagte Ralph phlegmatisch.
Aber das iß ja in Unsinn, Anto
nio," rief Einer. Wenn man auch
schon die Strecke in vier Stunden ge
macht hat, so braucht doch der Courier,
zug nur drei und eine halbe!"
Schadet nichts," sagte Antonio und
blinzelte unS verstohlen zu.
Wir gingen spät aus einander; aber
am nächsten Morgen fehlte Keiner bei
der Station, außer Signor Antonio.
Schon wollten wir ungeduldig werden,
als er in einem komfortable ankam
daS Velocived auf dem Bock.
Was ist denn das?" Mit Wagen,
ftatt auf dem Bicycle!" riefen wir ihm
entgegen.
Nur Ruhe!" antwortetete Antonio
und nahm das Velociped herunter; Ihr
seht ja, daß ich daS Gestell mit habe,
das ich doch nicht tragen kann."
Ja. wozu brauchst Tu denn daS
Gestell?"
Aber Ihr wäret doch Alle bei der
Wette und habt den Wortlaut notirt,"
grinste Antonio. Ich habe gewettet,
daß ich auf meinem Velociped fitzend,
ohne abzusteigen, von Trieft nach Laibach
genau so schnell, als der Courierzug an
komme. Die Erlaubniß vom StationS
chef. im Gepäckwagen auf dem Velociped
zu fitzen, hab ich schon."
Ein unauslöschliches Gelächter be
lohnte den schlauen Einfall Antonio'S.
Nur Ralph blieb ruhig und sagt:
Well, steigen wir ein."
Aber Ihr werdet doch nicht wirklich
fahren wollen!" riefen Eini. Ralph
ift aufgesessen hat die Wett der
loren und muß zahlen."
C, nein." sagt Ralph, .wir find
noch nicht in Laidach; ich Halle mich
auch an den Wortlaut der Wette. Der
Zug kann entgleisen, im Gepäckwaggon
kann Feuer auSbrechen, Antonio kann
univohl werden. Wir fahren!"
Wenn Ralph einmal etwas gesagt
hatte, so blieb er dabei. ' Also stiegen
wir ein. Antonio mit süßsaurer Miene,
denn er hatte gehofft, daß Ralph sich
gleich besiegt erklären würde; so aber
vier Stunden allein in dem Marter
kästen.
Wir waren wirklich sehr fröhlich;
Ralph ungewöhnlich guter Laune; er
hatte köstliche Cigarren, sowie den Kord
Champagner nebst kalter Küche bei sich
und schenkte fleißig a Conto" ein! Auf
den größeren Stationen, wo einige
Minuten Aufenthalt waren, stiegen wir
stets in corpore aus, um uns gewissen
haft davon zu überzeugen, ob Signor
Antonio noch auf dem Bicycle hockte.
Theilnehmend fragten wir ihn, ob er
sich nicht doch etwas unbehaglich fühle,
ob eS nicht zu heiß im GepSckwaggon
wäre, und setzten ihn fortlaufend über
die Fortschritte in Kenntniß, welche wir
in der Vertilgung seine? Champagner?
machten. Antonio war wüthend, aber
er bezwäng sich und zischte nur: Wer
zuletzt lacht, lacht am Besten."
Kurz vor Laibach brachen wir der
letzten Flasche den HalS, und als wir
ausstiegen, waren wir gar nicht mehr
durstig.
Mühsam kroch Antonio von seinem
Vehikel herunter; der Aermste hatte viel
Pein ausgestanden, aber dieser Moment
sollte ihn doch entschädigen! Er hatte
doch seine Wette gewonnen und trium
phirend rief er Ralph zu: Du haft ver
lsren."
No," antwortete kaltblütig der Eng
länder. Ich habe gewonnen!"
"Per l'arnor di Dio," wütbete An
toniv, habe ich nicht ohne abzusteigen
die Fahrt von Trieft nach Laibach so
schnell wie der Courierzug gemacht?"
YeS." sagte Ralph phlegmatisch,
aber die Wette hast Du doch verloren!
Ich wußte nicht, welchen Trick Du
machen würdest; aber daß Du einen
Trick machen wolltest daS wußte ich;
also habe ich für alle Fälle heute früh
Dein Rad mit dem meinigen vertauscht,
Ueberzeuge Dich selbst da ist die
Nummer! Du haft die schöne, Reise auf
meinem Rade gemacht und nicht auf
Deinem."
Di Lappen.
Der Gemeindeschullehrer Dünnebeen
führt seine Zöglinge nach dem Flora,
Etablissement" in Berlin zur Bestch,
tigung der dort vorgeführten Läpp
länder.
Lehrer Dünnebeen (den Schülern er,
klärend): DaS Volk der Lappen bewohnt
den nördlichsten Theil deS europäischen
Festlandes ES weift ungesähr 25,000
Seelen aus.
Fritz: Ick sehe aber man blo? älwe,
Det find' ick dock'n disken nuttig.
Lebrer: Da das Volk im Aussterben
begriffen ift, so werden wahrscheinlich
nicht meyr abkömmlich gewesen sein.
August: Ach so! Darum hör' ick V,
lern ooch immer uf de kleenen Firschten,
thiemer sagen: et is ne Lappalie!
Weil sie im Aus sterben
Lehrer: Halt' Mund, Junge! Und
hör' zu. ES giebt zwei Klassen von
Lappen: FischerLappen, die sich vom
Fischfang nähren, und Wa
Otto: Wasch Lappen.
Lehrer: Waldlappen, die auf die
Jagd gehen.
Karl: der Kleene dort, der mit so
ville Muscheln spielt, det is doch woll
een Ohrlappken, mch, HenLeh,
rer?
Lehrer: Ich werde dich gleich beim
Ohrlappen kriegen. Paß lieber aus.
wie jetzt die Leute ihre Mahlzeit be
reiten.
Friedrich: Wat kochen se denn da in
ihr Lapperatorium?
Lehrer: Die Lappen nähren sich von
Renthieren. Dort ift ein kleines!
Anton: Herr Lehrer, Mutter sagte.
daß et bei die Lappen lar keene sims,
fteckije Heiser jiebt, um wenn se hin un
wieder in eene Höhle krauchen, denn
halten se die sor n L a p p s a I.
Lehrer: Labsal" heißt eS. Ja, da,
für sind sie auch Nomaden.
Gustav: Haben se denn jar keene No
Mädchen mang ?
Lehrer: Bengel du! WaS kümmert
dich die Weiblichkeit.,.. He. Richard
wo warft du denn? Ihr sollt doch alle
bei mir hier bleiben.
Richard (eine Düte Naschwerk der,
steckend): Ach, ick war blos bei mein'
Onkel, der is ooch hier, un der fragte
mir. ob ick läppisch reden könnte. Ün
da meente een Rachbar, er könnte det,
un quatschte nu zu den eenen Lappen
und der quatschte wieder, un denn ver
dolmetschte er un?, daß er sich erkun
digt hätte, wie'S ihm jeht un was nu
der Lappe iS, der sagte: Ick danke, et
läppert sich.
Lehrer: Der Mann hat euch geuzt.
Die Lappen reden ja wie die Finnen,
von denen sie abstammen.
Hermann: Ach, Herr Lehrer, denn
kommen Se man schnell wej. Vor de
ginnen iraul ick mir, denn an die ver
derbt man sich regelmäßig 'n Magen.
(Er reißt aus. die ganze Schaar hinter
drein, zuletzt der Lehrer).
Herr TUnnebeen (zu einem Schutz
mann): Ach helfen Sie mir, meine
Jungen zusammenholen.
Schutzmann: Ja, wat muffen Sie
ooch di Jöhren ausjerechnet hierher
führen. Hier könn' se ee'm natierlich
leicht durch de Lappen jebn.
(Bert. Ul!).
keltstverrath.
Die junge Frau Affessor hatte schau
derhafteS Unglück in der Küche. Ob
wohl sie täglich versicherte, daß sie aus
gezeichnet kochen könne, mißlang ihr
ebenso pünktlich jeden Tag daS Essen,
natürlich stets ohne ihre Schuld und
nnr durch irgend welche mißgünstige
Zufälle. Diesen schallte aber der
Asseffor, nachdem er Wochen lang mit
größter Selbstbeherrschung die unglaub
lichstcn Sachen verschluckt hatte, zuletzt
kein Vertrauen mehr und wagte sogar
eine? TageS, nach dem vollkommenen
Fiasko einer Lende mit Trüffeln, offen
seine Zweifel an der Kochkunst EmilienS
auszusprechen.
Nun aber gab s eine schreckliche Scene !
Verkennung, Undank und Lieblosigkeit
warf ihm die kleine reizende Frau vor.
Schließlich brach sie in ein so schmerz
hasteS Schluchzen aus, daß er sich im
Stillen einen heiligen Eid ablegte, in
Zukunft ohne Widerrede Alles essen zu
wollen, was sie ihm vorsetzen werde.
Am nächsten Tage kündigte ne denn
auch, als er heimkehrte, mit strahlen
dem Gesichte einen diesmal aber
schon wirklich ausgezeichneten" Reh
schlegel an, welche Nachricht der Asses
or um so gefaßter entgegennahm,
als er vorsorglich bereits durch ein
Frühstück im Weinrestaurant sich für
alles Kommende präparirt hatte. Der
Rehschlegel erwies sich allerdings
wieder zäh und ohne jede Würze,
aber der Gatte hütete sich, davon eine
Silbe zu sagen und brachte mit schein
barem Apetit und geheuchelter Aner
kennung.auch einige Bissen hinunter,
dann jedoch ging'S nicht mehr. Er
wollte schon trotz ihres mißtrauisch aus
seinem Antlitz ruhenden Blicke die
Gabel weglegen, da schellte es außen.
Er sprang auf und ging hinans. Ach
Kind," rief er, als er zurückkehrte,
.'denke Dir nur, unsere arme Wäsche
rin. die sieben Kinder und seit Monaten
einen kranken Mann hat, ift wieder
außen ; sie lainmert, daß sie schon seit
zwei Tagen nichts u esten mehr im
Sause hätten I Wenn ich mir vorstelle.
daß wir da so schlemmen, und Andere
leiden die bitterste Noth. Weißt Du
was. die armen Leute sollen S auch ei,
mal gut haben : Begehen wir eine
heroische That, geben wir der Wäscherin
den Rehschlegel !"
Und mit gutgespielter Begeisterung
ergriff er die Platte und wollte schon
damit hinauseilen, da fiel fie ihn in
den Arm und rief entsetzt : Um Gottes,
willen nicht, Hugo, die richtet mich ja
sonst bei allen Bekannten aus !"
Eingeseift.
Die Metzer Zeitung" erzählt: Im
Wartesaal erster Klasse deS hiesigen
Hauptbahnhofes spielte sich dieser Tage
folgender durchaus verbürgter Vorfall
ab: Mit Aufenthalt von knapp 35 Mi
nuten b!S zur Weiterfahrt in anderer
Richtung war ein ersichtlich wohlhaben
der Reisender eingetroffen, dem sein
mehrere Tage alter Bartanflug lästig
geworden war, weshalb er dringend
nach einem Barbier verlangte. Die
Kosten spielten keine Rolle, und so wurde
ihm in beflügelter Eile aus der Stadt
ein solcher geholt, der Gehilfe eines
rileurs. niaaro kam. mit dem cyaum
schlaaenden Apparate wohl versehen,
noch rechtzeitig an und seifte den in
einem der bequemen PlüschfauteuilS des
WartefaalS sitzenden, bereits etwas nev
vis werdenden Reisenden nach allen Re,
geln der Mnst ein. Doch, o weh!"
als eS zur Hauptsache kommen sollte,
ergab sich daS Schreckliche, daß Figaro
eine Kleinigkeit vergeffen hatte das
Rafirmesser und draußen pfiff die
Lokomotive zur Abfahrt! Keine Feder
beschreibt die alberne Miene des Watten,
los dastehenden BartkünftlerS, die Wuth
und Verzweiflung des Emgeseuten und
die unbändige Heiterkeit deS durch den
Lärm herbeigelockten Publikums. Auch
Wasser war nicht zur Hand und der bei,
nahe rafirte Reifende durfte sich glücklich
schätzen, so wie er war, in der letzten
Sekunde sein ikoupee zu erreichen,
Schneller aber wie er war Figaro vcr,
duftet. Er hatte sogar auf das ihm ge,
bührende Trinkgeld freiwillig verzichtet.
Dorfbader (nachdem er einem Frem,
den einen ahn ausgezogen yat: .So,
jetzt wollen wir mal sehen, ob wir auch
den richtigen gesaßt haben!"
Bald so weit.
Gerichtrath: Nun, haben Sie di
Zeugin nach ihrem Alter gefragt?"
Sekretär: Ich bin eben dabei.
Wenn sie jetzt nur noch drei Jahre zu,
legt, find mir im Reinen."
Lcruhigeno,
Tante: Aber Lieschen, Tu wirft
Dich doch unmöglich von einem fremden
Herrn allein nach Hause begleiten
lassen!?"
Lieschen: Aengftige Dich nur nicht,
Tante, eS kommt ja noch einer mit."
Malitiös.
Und wie alt ift Ihr Gatte, gnadig
rau?
Vierzig Jahre ! Wir sind zehn Jahre
auseinander !"
So. sür fünfzig hätte ich Sie aber
doch nicht gehalten !"
(Sin gutes Kind.
Mutter: Tie Müller schen Kinder
sind doch zu ungezogen ! Daß du mir
nicht wieder mit ihnen spielst. Willy !"
Will? (nach einer Pause): .der
hauen darf ich fie doch, Mama?"
NasemhoiblüN!.
Seraeant suirn klreiwilliaen Müller.
der eine Uebuna nicht richtig ausgeführt
hat): Freiwilliger Müller, was sind
Sie denn eigentlich in Jyrem viviiver
hältuiß?"
Müller: Pbilo opy. verrer
gant!"
Na, das hab ich mir auch gleich ge
dacht! So dumm kann nur a' Füllo
so pH sein!"
In der Avc,Iteke.
I' möcht' 'was für an' verdorb'na
Magen I"
Wer hat ich denn den !vcagen ver
dorben?"
Bis jetzt noch Keiner wir hab n
morgen Kirchweih !"
Eine noble Gesellschaft.
Sausmeifter (der die Gäste eines
Studiosus hinaus gelassen): Gut
schaut'S aus mit 'in Trinkgeld zwei
falsche 10 PfenigStck und drei Ho
fenknöps!"
Deutlich.
Ktndiokus: ,,..?ch schicke voraus.
i6 iA niifit in her Qnat bin. den An
zug vor drei Monaten zu bezahlen.
Wann wird er tcriig ,e,n,"
Schneider : In drei Monaien i
Er kennt sich ans.
Redakteur: Warum wollen Sie
Ihren Artikel: Rathschläge für
die Hausfrau" nicht mit Ihrem
Namen zeichnen?"
Schriltsteller : Weil meine ttrau ne
dann gewiß nicht befolgt !"
Zataler Vruckfebler,
M einem Romanl . .Lustia Vlau
dernd durchschritt die kleine Gesellschaft
den Wald und ließ sich dann, nahe bei
einer Quelle, aus dem üvvia schwellen
den Mops zum Frühstück nieder.
UnnSthig.
Führen Sie nicht ein Tagebuch,
Herr Studiosus?"
Wozu? Alles für mich Wis
senSwertbe schreibt schon der
Wirth auf!"
Erklärlich.
. . . Mir unbegreiflich, wie das schöne
Geld, welches mein Bruder erbte, so
schnell zusammenschmolz !"
Gar nicht anders möglich, liebe
Nichte, wenn man stets ein paar
Flamme n" und täglich einen
Brand" hat!"
vorgebaut.
Peperl (zum Lehrer): Einen schö
nen Gruß von meiner Mutter, und
meine Schwestern hätten die Masern ge
habt, und mein Bruder hätt' s' jetzt,
und wenn ich am Montag nicht in die
Schule käm', nacha hätt' ich s' auch!"
Dilemma.
Kathi, das Stück ist doch zu unpas
send! Wir wollen das Theater ver
lassen !"
Aber Tante, dann merken die Leute
ja, daß wir's verstanden haben !"
Geduldig.
Lina, Du darfst nicht mehr mit dem
Müller tanzen eS ift jetzt schon die
fünfte Tour !"
Ach, Mutter, Du weißt doch daß er
stottert!, . Ich liebe" hat er schon her
ausgebracht und die nächste Tour ift ein
Schottisch", da l,üpft ihm sicher noch
das Sie" heraus !"
Unvorsichtige Klage.
,.. . .Unglaublich, wie da? Geld weg
geht! Heute früh hab' ich 10 Marf
gewechselt und nun bleiben mir gerade
2 Mark davon übrig I"
Nicht wahr, Männchen, dafür
kaufst Du mir den neuen Hut. den
wir gestern sahen? ! D e r k o ft e t g e
radeLVMark!
Sonderbare kiasen.
Sonntagsjäger (der da? Malheur
hat, bei der Treibjagd stets, entweder
knapp vor oder hinter den Hasen vor
beizuschießen): Eigenthümliche Hasen
gattung in diesem Revier ! Einmal sind
sie vorne zu kurz, das andere Mal
wieder hinten!"
kjöchslc Sparsamkeit.
Verkäufer: Sie wünschen mein
Herr?"
Studiosus: Geben Sie mir einen
Papierkragen und einem Radir
gummi zum Selbftwafchen!"
Vater: Wie kannst Tu nur fo frech
zu Deiner Mutter sprechen! Ich habe
nie so frech zu meiner Mutter sprechen
dürfen."
Sohn: Na, zu meiner Mutter darfst
Tu auch nicht fo sprechen."
Ein unrrüglicher Beweis.
Hen (zum Wirtb. bei dem eine i.
geunerkapelle konzertirt): Sind das
auch wirtliche Zigeuner?"
Wirtb: .Und b! T.er "Smenner.
Primas ist schon zwölfmal wegen Dieb
payi oeflrasl!"
Boshatt.
Maler (m seinem immh:
sehr auch mein Können verkannt wird,
so habe ich doch ein Häuflein, die meine
unft würdigen, die sich über den klein
ften Ersolg mit mir freu'!"
Freund: Tu meinst gewiß Teint
Gläubiger!"
!