Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 25, 1897, Image 10
Aissa's Pulver. Erzählung aus bicn von Üittot Zorir. In der nördlichen Vorstadt von Hai darabad herrschte an einem Mailage des JahreS 1819 ein auffallende! Ge dringe. In dem Hofe des gewaltigen Palastes, der von Bastionen umgeben ar. und wirksam.gegen einen Angriff vertheidigt werden konnte, sah man nicht nur die Diener deS Residenten, des von der Oftindischen Handelskammer emge fetzten SattthalterS, sondern auch eine Menge Soldaten der eingeborenen Truppen, europäische Offiziere und Be amte der Oftindischen Sompagine. In einem der kleinen Häuser auf dem Hofe des Residenzpalastes, welche dienst lichen Zwecken, zumeist als Biireaur dienten, wurde ein Kriegsgericht abge. halten, welches aus europäischen Ossizie nn der Nizamarmee zusammen gesetzt war. Den Vorsitz des Kriegsgerichts führte Oberft HugheS. Als Angetlag. ter erschien der Lieutenant Lee, ein Schotte von Geburt. Vor den Schran ken des Gerichtshofes stand als Zeuge der Schatzmeister des Nizam von Haidara bad. Namens Bulram Sing, wie die ganze Herrscherfamilie, ein Mohameda. nkr. . . .Es ist so. Sahib (Herr), erklärte der Schatzmeister dem Obersten und Vorsitzenden deS Kriegsgerichts, es ist so, Herr, wie ich Dir sage. Die Ost,n dische Compagnie hat von meinem Ge bietn, dem Nazim von Haidarabad die Auslieferung des großen Diamanten verlangt, der nach ihrer Behauptung nicht Privatbesitz deS Nizam. sondern Staats'Eigenthum sein soll. Nach langem Zögern hat mein Gebieter sich entschlossen, diesen Diamanten auszulie. fern. Ich selbst brachte von zwölf be waffneten Dienern begleitet, den kostba nn Stein in die Wohnung des Sahib L. welche in der östlichen Vorstadt liegt. Dort übergab ich den Diaman ten gegen eine EmpfangsBestätigung. die ich hier vorlege, Sahib Lee kann nicht leugnen, daß er den Stein richtig empfangen hat." .Ich kann den Empfang deS Steines nicht leugnen." erklärte der angeklagte Lieutenant Lee; ich habe ihn richtig ein pfangen und habe ihn zugleich in der Geldkiste, die mir als Zahlmeister des Regiments zur Verfügung steht, einge. schloffen. Aus dieser Geldkiste ist der Diamant auf unerklärliche Weise ab. Handen gekommen. Wer hatte den Schlüssel zu der Geld liste?" fragte Oberft HugheS. Ich allein. Der Schlüffel ist nicht aus meiner Hand gekommen, und doch war am nächsten Tage der Diamant fort. Ich hatte den Stein in ein seidenes Tuch gewickelt und ihn sorgfältig in eine Ecke gelegt. Ich sah ihn noch, als ich am Morgen die Geldkiste öffnete, an Ort und Stelle liegen, und überzeugte mich durch Befühlen deS SeidentucheS, daß sich ein harter Körper, also der Stein in demselben bifand. Ich der schloß die Kiste sorgfältig und ging zur Abrechnung nach der Oftindischen Com pagnie. Als ich nach meinem Bureau zurückkehrte, fand ich dort die Commis. fton der Civilbeamten, die von mir den Stein verlangten. Ich öffnete die Geld kifte, deren Schloß unversehrt war. und sah zu meinem Schrecken, daß dus Tuch mit dem Diamanten verschwunden war!" .Sie bleiben bei dieser Erllürung, die eigentlich leine ist?" sagte Oberft HugheS. Lieutenant Lee zuckte die Achseln. Ich muß wohl dabei bleiben." sagte er. denn ich weiß nichts anderes auszusa gen." .Sie kannten den Werth dieses Stei n8?" .Jawohl, ich weiß, daß er eine halbe Million Pfund Sterling werth ist." .Ich bitte noch einmal um die Erlaub niß. zu sprechen, Sahib." mischte sich Bulram Sing, der Schatzmeister des RizamS. in die Verhandlung; .wir ha den Zeugen, daß Sahib Lee den kostba rni Stein Händlern zum Verkaufe an geboten hat, zum heimlichen Verkaufe, ohne dazu berechtigt zu fein. Diese Zeugen sind draußen; e! sind ehren werthe Hindukausleute aus Haidarabad, welche bereit find, ihre Aussagen mit einem Eide zu bekräftigen. Sahib 8 hat sie heimlich zu sich kommen lassen und sie gefragt, wa! man dafür erhalten würde, wenn man ihn verlaufen wolle." .ES ist nicht nöthig." erklärte Lee, .diese Leute ,u vernehmen. Ich gestehe zu, zwei Juwelenhändler zu mir bestellt ,u haben. Ader ich war dazu berechtigt, denn ich mißtraute Bulram Sing, und wollte den Stein auf seine Echtheit prü sen lagen. Ich bade auch die Händler befragt, was sie wohl für den Stein ge den würden, um mich zu überzeugen, fcii i irklilk den eckten Diamanten in meinen Händen hatte. Wenn die Höndler deyaupim, ifl) .ane oen klein heimlich verkaufen wollen, so ist das ein Irrthum. Ich habe nur gefragt, was man für hm Stein bekommen würde. Daß ich den Stein verkaufen wolle, habe ich mit keiner Silbe geäußert." .Jedenfalls spricht eS gegen Sie." sagte Oberft HugheS. .daß Sie die Leute heimlich in das Haus kommen lie ßen. Sie handelte gegen Ihre Jnft:uk tion; Sie durften nicht einmal einem Dritten mittheilen, daß der Stein sich in Ihren Händen befand. Es war auch durchaus mm ynres mies, cm rein schätzen zu lassen." .Ich habe ein echt, verletzt zu sein durch dieses Mißtrauen des Lieutenants Lee." nahm Bulram Sing wieder das Wort. Ich bin kein Betrüger, der unechte Steine ausliefert. Doch ver zichte ich persönlich auf jede Genug thuung für diese Beleidigung. Ader meinem hohen Gevieier. oem 'jcizam, liegt sehr viel daran, daß Licht über diese Sache verbreitet werde. Der Nizam sichert dem Lieutenant Lee volle Strafloftgkeit zu und wird auch bet dem Residenten ein gute? Wort für ihn ein legen, wenn Lieutenant Lee nur an giebt, wohin der Stein gekommen ist.' Ich habe nichts zu gestehen," er klärte Lieutenant Lee. Nun, so nehme das Verfahren feinen Gang." sagte der Oberst streng und sah sich in dem Kreise der Ofsiziere, die zu Gericht saßen, um. Auf allen Gesich tern laS er die Verurteilung Lee's. Eine halbe Stunde später verkündete der Oberft als Vorsitzender des Kriegs gerichtS den Spruch desselben: ..Lieutenant Lee. Sie sind schuldig des Diebstahls, zum Mindesten des eicbtfertiaen Verlustes eines dem Nizam von Haidarabad. beziehungsweise der Oftindischen Compagnie gehörigen Dia manten im Werthe von einer halben Million Pfund Sterling. feie haben ?lbre Pflicht in gröblicher Weise verletzt. und das Kriegsgericht verurtheilt Sie zur Degradation vor der Truppe und zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe. Das Urtheil wird durch die Unterschrift deS Residenten rechtskräftig. Diese Un tcrschrlft wird innerhalb drei Tagen, nachdem der Resident von seiner In spektionsreise zurückgekehrt ist, erfolgen, und das Urtheil wird dann an Ihnen vollzogen werden. Man führe den Ge faugenen ab." Im Hofe empsing eine weinende Menschenmenge den Lieutenant Lee. Es waren fast ausnahmslos Soldaten seiner Compagnie; schlanke, kräftige, gutmüthige Burschen, die an ihm stets einen liebenswürdigen Vorgesetzten ge habt hatten. Sie drängten sich an ihn heran, und die ihn begleitenden Sol daten einer anderen Compagnie hatten alle Mühe, den Gefangenen bis in eine der Bastionen zu bringen, wo er in eine Gefängnißzelle eingeschlossen wurde. Haidarabad liegt inmitten einer wei ten, von zahlreichen Teichen besäten Ebene, über welche eine chaotische Masse von Granitfelsblöcken verstreut ist. Die Wohnung des Lieutenants und Zahlmeisters Lee lag am Rande eines ManaoWäldchens und bestand aus einem kleinen Hause, das er mit seiner Familie und seiner Dienerschaft allein bewohnte. Wie landesüblich, bestanden die Räumlichkeiten dieses Hauses aus einem großen Mittelraum, der rings von kleinen Gemächern umgeben war, die alSBadezinimer, Schlafzimmer, An kleidezimmer u. f. w. dienten. In diesem Hause faß, in Thränen aufgelöst, am Tage, an dem das Urtheil gegen Lieutenant Lee gesprochen wurde, seine Gattin. Die arme Frau war erft sünfund- zwanzig Jahre alt, seit fünf Jahren mit Lee verheirathet, dem sie unter den schwierigsten Verhältnissen überall hin gefolgt war, wohin ihn der Dienst rief. Treue Liebe hatte den Bund geschlossen, dem ein Kind entsprossen war, ein jetzt vierjähriges Mädchen, das harmlos zu den Füßen der Mutter spielte, ohne zu ahnen, welch' furchtbares Schicksal dem armen Vater drohte! Degradirt. entehrt, zu Zuchthaus strafe derurtheilt ! In drei Tagen geschah das gräßliche! Man führte Lee in das offene Viereck der Truppen, ein Korporal riß ihm die Schnüre vom Rock, zerbrach ihm den Degen, schlug ihn in das Gesicht und er klärte ihn für einen Ehrlosen, der nicht mehr würdig fei die Uniform zu tra gen. Dann wurde er in das Zuchthaus gebracht, er war ein Todter für die Welt, für die Seinen. Und dabei war er unschuldig. Frau Lee zweifelte nicht einen Augenblick daran, wenn sie auch nicht begriff, auf welche Weise der Stein verschwunden sein könne. Ein Bote kam und brachte der un glücklichen Frau einen Brief deS Oder ften Hughes. Er enthielt die Mitthei lung, daß Frau Lee jetzt, nachdem das Urtheil gefällt war, den Gatten im Ge füngniß besuchen dürfe. Bei der Unter redung müßten jedoch zwei Korporale anwesend sein. Der Oberst sprach sein Bedauern darüber auS, daß die Strafe gegen Lee so streng ausgefallen fei. Es war ein fürchterlicher Gang, den die Arme mit ihrem Kinde antrat, um den zur Entehrung und zu Zuchthaus verurtheilten Gatten im Gefängniß wiederzusehen. In einem Büreauzim mer durfte sie das Eintreffen des Gatten erwarten. Die beiden Unteroffiziere brachten ihn herein und stellten sich dann an Thür und Fenster auf, um eine etwaige Flucht zu verhindern. Lange hielten sich die unglücklichen Eheleute stumm umschlungen, dann be gann ein haftig geführtes Gespräch zwischen ihnen. Lee versicherte seiner Frau, er sei unschuldig, und sie er klärte, sie sei davon überzeugt. Lee nahm dann seine kleine Tochter auf den Arm, küßte sie und sprach in französi scher Sprache zu ihr, während er ihr die Wangen streichelte und sie liebkoste. In Wirklichkeit jedoch waren die französi schen Worte nicht an das Kind, sondern an die Frau gerichtet. .Wenn Tu mich liebst." sagte Lee. I .so gieb mir die Wöglichteit, der Ent evrung zu enigetjen: veriqai?e mir Gift! ES ist Deine Pflicht als Gattin, mir in U ser fürchterlichen Lage zu helfen. Ich kann die Entehrung nicht überleben. Ich werde aus das strengste überwacht, habe keine Gelegenheit, mir das Leben zu nehmen, und doch wirst Tu bei näherer Ueberlegung einsehen, daß der Tod einer schimpflichen Ent ehrung vorzuziehen ist. Du hast mir Treue geschworen bis zum Tode, Du mußt mir helfen, da ich keine andere Wahl mehr habe." Tu forderst Uedermenschliches von mir!" stöhnte Frau Lee. Du willst, daß ich Dir den Tod gebe?" Ja, und ich erflehe DieS von Dir als letzten Beweis Deiner Liebe. Denke an dieses Kind und an Deine eigene Zukunft: Es ist besser. Du wirst die Wittwe eines ManneS, der sich daS Le den nahm, als die Frau eines dkgradir ten Offiziers und Züchtlings. Habe Mitleid mit mir! Du mußt mir helfen! Es wird mir noch in letzter Stunde ein Augenblick deS Glückes sein, zu wissen, daß Du mich vor dem Entsetzlichsten ge rettet haft." Hier trat einer der Korporale heran und sagte: Entschuldigen Sie, aber die Unterhaltung in einer fremden Sprache ist nicht gestattet!" Lee übergab plötzlich seiner Frau das Kind, nickte ihr noch einmal zu und ver lieh dann, gefolgt von den Unteroffizie ren, das Zimmer. Frau Lee eilte mit der Kleinen, ihrer Sinne kaum mächtig, nach Hause. Was verlangte ihr Mann von ihr? Sie sollte ihm, den sie liebte, zum Tode verhelfen? Nein! Sie konnte das nicht. Nein, fie vertraute auf die Gerechtigkeit des Himmels und auf die Unschuld des Gatten. Seine Unschuld mußte ja an den Tag kommen! Wenn nun aber erst nach Jahren diese Unschuld fich herausstellte, so war doch ihr unglücklicher Gatte für immer entehrt, er war degradirt, er hatte unter gemeinen Verbrechern seine Strafe verbüßt, war vielleicht der Schande und dem Züchtlingsleben erlegen, langsam zu Tode gemartert, durch Elend und Verzweiflung! War es nicht grausam, ihn einem solchen Schicksal zu überlas sen? Würde er ihr nicht fluchen, daß sie ihm nicht die ersehnte Befreiung ge bracht hatte? Eine schlaflose, qualvolle Nacht ver brachte fie, am Morgen stand ihr Ent schlutz fest: sie wollte dem Gatten das Gift verschaffen, aber fie wollte mit ihm sterben. Sie konnte den freiwilli gen Tod des Mannes, den fie über Alles liebte und von dessen Unschuld fie über zeugt war, nicht überleben! Doch was geschah mit dem Kinde? Frau Lee ent setzte sich vor dem Gedanken, auch die unschuldige Kleine mit aus der Welt zu nehmen. Ein solches Unterfangen wäre Mord gewesen. Nein, nein, einen Mord wollte sie nicht auf ihr Gewissen laden! Das Kind würde Helfer, Freunde, Be schützer finden. Durch einen Brief wollte sie die unglückliche Kleine dem Schutze des Regiments anbefehlen. Sie fühlte und wußte es, die Kameraden deS unglücklichen Offiziers würden für das Kind sorgen. Als Frau Lee mit diesen Plänen fertig war, wurde sie ruhig, fie hatte die Empfindung, daß fie recht handle, und daß sie gar nicht anders handeln könne. Sie wußte, daß eS in der östlichen Vorstadt, in dem Viertel, in dem die Mohammedaner wohnen, eine alte Ära bcrin gab, die in dem Rufe stand, eine Zauberin zu fein. Durch ihre eingebo rene Dienerin konnte Frau Lee die Wohnung des WeideS, von der man er zählte, daß sie Zaubermittel, Gift, Schminke, Schönheitswasser u. dergl. gegen gute Bezahlung feil halte. In frühester Morgenstunde zog Frau Lee das Gewand einer Mohammedane rin an, verschleierte fich und ging zu Fuß nach der Ostvorftadt. Sie hielt es im Interesse der eigenen Sicherheit und deS Gelingens ihres Planes für nöthig, das Kostüm der mohammeda nischen Frauen zu wählen. Ter Be such einer Engländerin bei dem berttch tigten Weibe hätte zu viel Aufsehen er regt. Unbemerkt kam fie bis zu dem Hause, das ihr angegeben worden war. Ein mächtiger eiserner Thürklopfer hing an der fest verschlossenen, hölzernen, mit Schnitzwerk redeckten Thüre. Frau Lee ließ diesen Klopfer dröh nend einige Male auf die Thür nieder fallen, und bemerkte, wie hinter dem Muscharabieh (Gilterwerk in der Fen fteröffnung) eine verschleierte Gestalt erschien, um hinaus zu spähen. Man hörte einen schlürfenden Schritt im In nern, und dann wurde der hölzerne Riegel der Thüre zurückgezogen. Tritt ein," sagte eine tiefe Frauen stimme. Frau Lee sah nichts, denn der Hau! flur war völlig finster. Sie trat aber dennoch ein und richtete ihre Schrille nach einem Lichtschein, der aus einer Thür weiter unten im Hausflur fiel. Sie hörte die Person, die ihr geöffnet hatte, vor sich hergehen, und folgte ihr bis in ein Zimmer, daS die Führerin alsbald hinter ihr abschloß. Tie verkleidete Engländerin stand anscheinend allein in dem Zimmer, daS vom Tageslicht nur halb erhellt war. Nach einigen Augenblicken aber bemerkte sie einen dunklen Körper, der sich in einer Ecke bewegte, und hörte eine Stimme rufen: .Tritt näher, mein Töchterchen. Welche Wünsche führen Dich zu Aissa? Willst Tu einen Liebes trank, oder willst Tu eine Nebenduhle rin tödten? Bedarfst Tu der Schminke? Willst Tu Waffer haben, damit Teine' Augen hell und glänzend werden? Was willst Tu?" Frau Lee kannte da? Hindustan, die allgemeine Verkehrssprache Indien's. Sie zog aus der Tasche ihres GcwandeS ihre Börse, entnahm dieser ein eng lischeS Goldstück, das sie der Alten, die fie im Hintergrund des Zimmers be merkt halte, hinhielt, nun sagte: Hier, nimm, Aissa!" Gold, wirkliches Gold!" lachte diese. DaS lob' ich mir! Aber zeig' mir Dein Gesicht, Hanum (Frau). Du bist eine Fremde. Zeige mir Dein Gencht, ich muß wissen, mit wem ich zu thun habe." Ohne Zögern entschleierte sich Frau Lee. Ja, ich bin eine Fremde." sagte sie. Aber ich habe von Deiner Kunst viel gehört und wäre Dir dankbar, wenn Du mir eine Bitte ersüllen wolltest." Sprich, Hanum, was wünschest Du?" fragte Aissa, see Dich hier nie. der, da hast Du ein Polster. ES spricht fich im Sitzen besser, und vielleicht haft Du mir etwas zu sagen, was man nicht gern laut auSspricht. Frau Lee empfand etwas wie ein (Stauen vor der Frau, welche anjchei nend ihre geheimsten Gedanken errieth. Sie ließ fich auf dem Kissen nieder und begann: Ich bin bereit. Dir viel Gold zu geben, wenn Du meine Wünsche er füllst!" Sprich nur, Herrin, was willst Du?" ersetzte die Alte. Ich möchte wetten, Du willst ein schnell tödtendeS Gift haben. Handelte es fich nur um ein Kchönheitsmittel für Dich, so wür dest Du nicht so lange zögern. Habe ich recht?" Frau Lee nickte mit dem Kopse. Nun wohl, dann mußt Du mir einige Fragen beantworten. Für wen ist daS Gift bestimmt, für einen Mann der eine Frau?" Für einen Mann," flüsterte die Uw glückliche. Für einen Mann! Haha, ich kann eS mir schon denken, er hat Dich ange führt, und Tu willst Dich an ihm rächen. Nun beantworte mir noch eine Frage. Willst Tu ein recht rasch ww kendeS Gift, das ihn tödtet, ohne daß er etwas vom Tode empfindet, oder willst Du ein langsam wirkendes und doch sicher tödtendes Gift?" Die Engländerin schauderte, aber fie antwortete fest: Ich möchte ein rasch wirkende? Gift, durch das man ohne Schmerzen stirbt." Du liebst ihn noch," erklärte Aissa. Du willst Dich an ihm rächen, aber Du liebst ihn doch noch, deshalb willst D, daß er schmerzlos aus dem Leben scheidet. Gut, Du sollst das Gift haben. Gieb mir noch vier, solcher Goldstücke." Frau Lee zog aus ihrer Börse noch vier SovereignS hervor und legte fie in die braune, mumienartige Hand der Alten. Aissa steckte das Gold ein und suchte dann in einigen Kästchen, die rechts und links vor ihr standen, herum. Sie zog endlich ein haselnußgroßes Holz kügelchen hervor, und in diesem Kügel chen befand fich ein braunes Pulver. Gieb ihm dieses Pulver in Wein. Er wird nach wenigen Minuten entseelt zu Deinen Füßen fallen." Frau Lee griff hastig nach dem Kügel, chen, überzeugte sich davon, daß es ver, schlössen sei, und wickelte es dann in ein Seidenfleckchen, das ihr die Alte zum Einpacken gab. Nachdem sie es sorg fältig in ihrer Börse verwahrt hatte, sagte sie: Ich habe noch eine Bitte: Ich möchte noch ein Gift haben, ein rasch wirkendes Gift für eine Frau." Aissa ließ ein kurzes Lachen hören Nein, Hanum," erklärte sie, dieses zweite Gift gebe ich Dir heute nicht. Komm' wieder, wenn das erste gewirkt hat. Aissa klatschte dreimal in die Hände, und eine Dienerin erschien, welche Frau Lee hinaus bis auf die Straße geleitete. Mehr todt als lebendig, völlig er schöpft von den ausgestandenen Qualen und Aengften, kam die unglückliche Frau daheim wieder an und fank auf ihr ager nieder. Endlich am dritten Tage erhielt Frau Lee einen Brief des Obersten, elcher die Worte enthielt: Ter Resident hat heute Früh das Urtheil gegen Lee be (tätigt. Die Degradation findet mor gen früh statt. Es ist Ihnen gestattet, Ihren Gatten heute Nachmittag noch einmal zu sehen. Nach der Tegra dation wird er sofort abgeführt, Sie können ihn dann nicht mehr sprechen." ' So kam die Stunde, in welcher Frau Lee Abschied von dem Gatten für das Leben nehmen sollte. Sie ging mit dem Töchterchen nach dem Gefängniß und erhielt die Mittheilung, daß fie Lee nur auf fünf Minuten sprechen dürfe, und daß bei dem Gespräch ein Offizier und zwei Korporale anwesend sein wür den. Sie nahm die winzige Holzbüchse mit dem Eist auS der Börse und verbarg fie im Taschenluche, das fie in der Hand hielt. Nun war Alle? vorbereitet. Voll unerschütterlicher Entschlossenheit trat sie in die Zelle des Perurtheilten. Ihr Gatte schloß sie erschüttert in seine Arme und sein Blick war s fragend, so flehend, daß sie ihn ohne Worte ver stand. Während fich ihre Hände und Lippen fanden, schob sie idm die Heine Büchse in die Rechte. Er küßte sie noch einmal heißer und inniger als je. beugte sich dann zu dem Kinde herab, das neben der Mutter stand, und während er es streichelte und küßte, gelang es ihm. die kleine Kugel in den Acrmel deS WuffenrockeS hineiiigleiten zu lasten, Mit tbränenüberftrömtem Gesicht rich tete er sich dann auf und umfing noch einmal die Gattin. Da fühlte er. wie ihr Körper schwerer und schwerer wurde. die Unglückliche war ohnmächtig ge, worden. Der untersuchungSfiihrende Offizier trat an Lee bcran und aate: Wie äe,t ist vorüber. Für Ihre Gattin wird gesorgt werden. Beunruhigen Sie fich nickt. Ein Arzt ist in der Näde." Einen Augenblick später war Lee in seiner Zelle wieder allein und betrachtete sorgfältig daS Holzlüchelchen. Er fand den Strich, der sich um die Kugel herum zog und die Stelle andeutete, wo ne auseinander zu nehmen war. AIS er fie öffnete, fand er daS braune Pulver und ein winzig kleines Zettclchen, auf dem von der Hand der Galtin die Worte standen: In Wasser. Leb' wohl !' Er murmelte ein inniges Dankes wort, schüttete den Inhalt des Büchs' chens in ein GlaS Wasser und fab, wie dasselbe fich binnen wenigen Sekunden färbte; das Gift hatte sich vollständig aufgelöst. Dann trank er das GlaS auS und legte ich aus daS Feldbett nieder, um den Tod zu erwarten. Er hatte mit dem Leben adgetchlo en. Frau Lee erwachte aus ihrer Ohn macht erst wieder in ihrer Wohnung. Man hatte fie vom Gefängniß aus in einer Sänfte dorthin geschafft. Als die Unglückliche zu sich kam, sah fie ihr Töchterchen und ihre eingeborene Die, nerin neben dem Bett. Einen Augen, blick besann fie sich, dann griff sie nach ihrer Uhr. Drei Stunden waren seit dem Au genblick verflossen, in dem sie in den Armen des Gatten ohnmächtig geworden war. Nun war Alles vorüber. Sie zwei, felte nicht daran, daß er sofort das Gift genommen habe, nachdem er in seine Zelle zurück transportirt worden. DaS Gift lvirlte schnell; er war als todt Die arme Frau verbarg ihr Geficht in den Kissen ihres Lagers und versuchte, ihr Herz durch Schluchzen zu erleichtern Fortwährend aber stand vor ihr das Bild des sterbenden Gatten. Es litt sie nicht länger aus dem Lager. Sie sprang aus und schritt händeringend im Zim, mer hin und her. Scheu hatte sich die Dienerin zurück gezogen. Das Kind pielte tn der Ecke, In ihrem stummen verzmeifeltenSchmerz wurde Frau Lee dadurch gestört, daß das Kind sie am Kleide zupfte. Es wußte nichts von der Seelenpein der Mutter. Es verlangte ihr. daß fie ihm in die Ecke folge, um dort die Puppe zu betrachten, die in einem kleinen Pup penwagen lag. Frau Lee küßte das Kind und folgte ib m dann bis zu dem Puppenwagen. In kindlichem Geplauder erzählte die Kleine, wie schön die Puppe gebettet sei. Sie nahm die Puppe heraus aus dem kleinen Bettchen. Da stieß Frau Lee einen Schrei des Erstaunens und des Erschrecken? aus: in dem Puppen, wagen lag unter der Decke der große Brillant. Dtis gelbseidme Tuch, in welchem er eingewickelt gewesen war. diente der Puppe jetzt als Hülle. Das Kind, das öfter durch den Verbindungz, gang nach dem Zahlmeisters Büreau hinüber lief und dort mit dem Vater spielte, hatte jedenfalls, als dieser einen Augenblick den Rücken wendete, in der offen stehenden Geldüfte das geldseidene Tuch gesehen und eS als willkommene Hülle sür die Puppe heraus genommen, Ter glitzernde Stein in dem Seidentuch hatte dem Kinde, als es ihn entdeckte, auch gefallen und eS hatte ihn als Spiel zeug in seinem Puppenwagen unterge bucht. Einen Augenblick lang stand Frau Lee wie versteinert, da stieß sie einen gellenden Schrei aus und eilte wie mahn sinnig nach dem Paläste des Residenten. Entsetzt wichen ihr auf der Straße alle Begegnenden aus. Athemlos erreichte fie den Hos deS Palastes. Mein Mann stirbt! Er ist unfchul dig! Hier ist der Diamant!" stieß fie hervor. Von allen Seiten liefen Soldaten und Beamte herbei. In wenigen Au genblicken hatte sie ihnen auseinander gesetzt, was fie entdeckt, hatte fie ge standen, daß fie dem Gatten Gift ge geben habe, damit er fich das Leben nehme. Schreckensbleich eilte ' der unter suchungssllhrende Oberft nach der Zelle Lee's und ließ dieselbe öffnen. Aus dem Lager fand man den leblo sen Körper deS Verurtheilten. Nach der Ostvorftadt jagte ein Wa gen. Frau Lee fitzt darin, der Resident hat ihn ihr zur Versügung gestellt. Sie will zu Aissa, will ein Gegengift von ihr erlaufen. Vielleicht ist eS noch nicht zu spät. Die Aerzte, die man hierbei geruten hat, um den ledlosen Körper Lee's zu untersuchen, baden erklärt, das eri schlage noch, auch Alhmung sei vorhan den. Wenn eS gelinge, dem Bewui,t losen ein Gegengist einzuflößen, könne er vielleicht noch gerettet werden. Taß die unheimliche Araberin auch über ein solches egengist deisüze. erschien Frau Lee rweifelloZ, und sie eilte deswegen zu ihr, um fie zu beschwören, .ihr dies ret tende Mittel zu geben. Am Eingarg der Straße, in welcher Aissa wohnte, hielt er Wagen. We nige Minuten später öffnete fich die Thüre vor der stürmisch Einlaß begeh senden Frau Lee. Wiederum eine Mi nute später stand fie im Gemach, in wel chem Aissa saß. Nur einmal hatte das! unheimliche Weib Frau Lee gesehen, und doch erkannte sie die Besucherin, die heute europäische Kleider trug, sosort wieder. Sie stieß ein heisere Lachen aus, das entsetzlich in den Ohre der unglücklichen Frau klang, und rics ihr zu: Da bist Du ja. Herrin! Ganz wie ich vermuthete. Ich sehe es Deine,,, Gesicht an: da Gift hat gewirkt, und nun kommst Du, ein Gegengift j ho len, da Du mit Goldstücken der !lge Aissa aufwiegen willst. Habe ich nicht Recht?" Ja. Du hast Recht!" stieß Frau Lee heraus. Gieb mir ein Gegengist! Schnell, schnell! Er ist unschuldig," Damit zog sie aus ihrer Tasche eine Börse mit Goldstücken und reichte sie Aissa hin. Sorgfältig prüfte die Alte den Inhalt der Börse; dann erklärte sie: Haha, ich wußte eS, daß Du wieder kommen würdest. Er ist natürlich un schuldig, und Du hast Dich übereilt! So macht Ihr eS Alle. Ihr thörichten jnn gen Dinger. Geh' nach Hause, Tu Närrin. Dein Mann, den Du ver giftet zu haben glaubst, ist nur betäubt. Nach einem zwölfstündigen Schlafe wird er gesund und vergnügt erwachen. Glaubst Du. Fremde, daß ich wirklich Gift verkaufe an liebestolle Weiber? Nein, dazu ist Aissa zu klug. Du bist nicht die Erste, die mir zehnmal so viel für das Gegengift geboten hat, als sür daS Gift selbst! Geh' heim. Du Närrin, und komm' nicht wieder!" Am nächsten Morgen erwachte Lee in der That auS seiner Betäubung. Neben seinem Bett sah er Frau und Kind sitzen; aber auch eine Anzahl seiner Ka meraden hatte neben ihm gewacht. Daß er unschuldig erurtheilt worden sei, daran zweifelte jetzt Niemand mehr. DaS Kriegsgericht trat nochmals zu sammen, hob daS erste Urtheil gegen Lee auf, verurtheilte ihn aber wegen unvorsichtiger Gebahrung mit ander trauten RegierungZwerthen zu einer kurzen Arreftftrafe, die ihm nach den ge setzlichen Bestimmungen nicht erspart werden konnte. Alles bemühte sich aber, ihm und vor Allem seiner Gattin, die in diesen Tagen so entsetzliches hatte durchmachen müssen, seine Sympathie' kund zu thun. Aus Gründen der Disziplin konnte Lee nach diesen Vorgängen bei der Ni zam-Jnfanterie nicht mehr bleiben. Er trat mit Empfehlungen deS Residenten und feines Obersten zur Verwaltung der Oftindischen Compagnie über, bei wel cher er eine glänzende Carriere machte. Auszubewahrende Briefe. AIS der Schriftsteller Thomas Bailey Aldrich einen Brief von seinem Freunde, dem Professor E. S. Morse, dem be rühmten Crpräfidenten der Amerikani Nischen Akademie zur Beförderung der Wissenschaften erhielt, fand er die Hand schrift vollkommen unleserlich. Darauf hin ertheilte er folgende Antwort: Mein lieber Herr Morse! ES bereitete mir eine große Freude, vor wenigen Tagen einen Brief von Ihnen zu er halten. Vielleicht wäre eS für mich noch angenehmer gewesen, wenn ich ihn hätte lesen können. Ich vermochte davon aber nichts anderes herauszuftudiren, als daS Datum das ich erkannte und Ihre Unterschrift die ich errieth. Ein Brief von Ihnen hat allemal einen eignen und auch andauernden Reiz; er wird niemals alt. Jeden Morgen kann man sich auf'S Neue sagen: Da ist ein Brief von Freund Morse. Noch hab' ich ihn nicht'gelesen. Ich denke ihn heute vorzunehmen, und vielleicht bin ich im Laufe einiger Jahre im Stande, zu entziffern, was er mit seinen t'Z, die wie w's, und mit den g Z, die wie p's aus sehen, eigentlich meint. Andere Briefe werden durchlesen und dann weggewor fen und vergkffen, die Ihrigen dagegen für immer ungelesen aufbewahrt. Ein einziger davon reicht für einen halbwegs verständigen Mann das ganze Leben lang aus. In gewohnter Ver ehrung Ihr T. B. Aldrich." Der rtragsreichst Wallnufzbaum soll in der Krim zu finden fein. Ersteht im BaidarThale in der Nähe von Ba laclava und liefert eine JahreSernte von 8 bis 10,000 Nüssen. Angeblich ist er 1VU0 Jayre alt und gehört lins Tarta renfamilien, die fein Ergebniß theilen. Daß Nußbaumvffanmnaen übriaenS eine hübsche Rente abwerfen, zeigt auch ein Beispiel auS England, in der Nähe on Bradford. Hier wurden vor 70 Jahren fünf Hektar Land, die früher zum Hopsenbau verwendet worden wa ren, mit 350 Nußbäumen bepflanzt. Der Fruchtertrag derselben wechselt freilich mit den Jahren nicht unbedeu tend. bei guten Ernten lieferten die Bäume aber doch durchschnittlich je 20. 000 Nüsse, die im Großen für 3t Mark daS Tausend verkaust wurden. Im Mittel trägt ein Wallnußbaum zur Zeit seines krästigften Gedeihen? etwa 130 i! Rune. Im Turchschnitt stehen auf einem Hektar 10 Bäume, die eine Jahrescrnte von 2700 Mark liefern. lie elegante junge e?glSierin hat schon wieder etwa! .Unentbehr liehe!" entdeckt fie kann nicht mehr ohne einen Tolch auskommen. Selbst mit dem knapp anliegenden Zuchtleid wird eine aus feinem gehämmertem Stahl gefertigte Waffe getragen. Auch zum ausgeschnittenen Salonkleid gehört ein Tolch. dessen goldener Griff bei be sonders eleganter Au-ftalluna mit Edelsteinen, Tiamanten mit Saphiren der Tiamanten mit Smaragden, be setzt ist.