Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 28, 1897, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    f
eS
I
F
1
Nach zwölf Jahren.
3lu bim (knglischkn von Theodor Q i i t.
Ali da Dienstmädchen fortgegangen
war, um den Herrn, den sie zu sprechen
wünschte, zu benachrichtigen, schickte sie
einen langen, neugierigen Blick durch
daS kable, steifmöblirte Zimmer. ES
war offenbar da Empfangszimmer,
und zwar da eines Logirhauses. Sie
ertappte sich bei dem Wunsche, die
Stiihle ordentlich aufzustellen, die wie
zu einer Leichenfeier in geraden Reihen
an den Wänden standen. Dann lächelte
sie in sich hinein, halb nervös, halb be
lustig,, als wäre sie nicht sie selbst, und
als läge in ihrem Besuche eigentlich
etwas sehr Komisches.
Der Raum war dunkel und kalt, sie
ging hinüber zu dem Kamin, und hielt
eine kleine, zierlich bekleidete Hand an
die Kluth. Sie war überhaupt eine
zierliche kleine Person, etwas unter
Mittelgröße, von schlanker, aber voll
kommen ebenmäßiger Figur, und ihren
Kops trug sie so hoch, als wollte sie da
durch die Würde erreichen, die ihrer Ge
statt sonst mangelte. Ihre Haare und
Augen waren von glänzendem Braun:
die Augen ftol, und etwasshart im Aus
druck, obwohl gerade jetzt die rothen
Lippen -ein wenig zu schmal vielleicht,
um schön zu kein vor unterdrückter
Nerdösität zitterten. Ihr Kleid war
schlicht und einfach, ebenso das Cape,
das sie am Halse geöffnet hatte, sodaß
eine hübsche, seidene Taille mit kleinen
rothen Punkten zum Vorschein gekom
men war. Auch an der einen Seite des
kleinen schwarzen HutcS war etwas
Roth sichtbar. Die Hand, die den
Muff hielt, war an ihrer Seite nieder
gesunken: aber sie hob sie, als wollte sie
ihr Gesicht vor dem Feuer schützen, als
sie hörte, wie die Thiir sich öffnete. Ein
Mann trat näher, halbwegs bis i dem
Feuer, doch da ihr Gesicht im Schatten
war, erkannte er sie nicht.
Eine Dame wünschte mich zu üxt
chen." sagte er in höflichem Erstaunen.
Mein Gott l Anna I" rief er dann, als
er näher herankam.
Die ffrau sah ihn ruhig an, und be
merkte fast auf den ersten Blick, daß die
diäten lamarzen locken mit Grau ge,
mischt waren, daß tiefe Furchen sich um
den kräftigen Mund die scharfblickenden
grauen Augen zogen. Nach einem
Augenblick sagte sie ruhig: Du bist er
staunt, mich hier zu sehen. Ich schickte
Dir keine Karte, weil ich fürchtete, Du
würdest mich dann nicht empfangen.
Er antwortete ihr nicht, sondern be
trachtete sie mit einer Art verwirrter
Ueberraschung, während sie aus dem
Fenster blickte. Der geräuschvolle März.
Nachmittag ging zu Ende; die wenigen
Fußgänger, die noch auf den Beinen
waren, schienen sich inmitten eines dün
nen, grauen Nebels zu bewegen. Sie
drehte den Kopf langsam wieder um,
hielt ihre Hand wieder an das Feuer,
und sagte: ES ist bitterlich kalt."
Wie schön Du noch bist, Anna!"
erwiderte der Mann. Nicht ein einzi
geS graue! Haar, und Du bist doch fast
vierzig.
Ihre Augen nahmen einen milderen
Ausdruck an, aber nur einen Augen
blick. Indessen hatte daS Compliment
ihr doch Freude gemacht.
Ich sehe, Du bist grau geworden,
Albert sagte sie ruhig. Zwölf Jahre
gehen bei den meisten Menschen nicht
spurlos erüber. Ellinor ist jetzt neun
zehn'
Ellinor I' wiederholte der Mann.
Ja, Ellinor; meine Tochter und die
Deine. Haft Du sie vergessen? ES find
zwölf Jahre, seit Du sie nicht gesehen
hast.'
Sie sprach langsam, um ihre offen
bare Verwirrung zu verbergen.
Die Zeit steht auch bei Kindern
nicht still.' fuhr sie fort; und Ellinor
ist sehr hübsch geworden. Ich glaube"
sie warf ihm einen schnellen Blick zu
ich glaube, sie gleicht Du."
Er bezwäng sich, und kam näher an
den Kamin heran. Zugleich schien er
kein Erstaunen abzuschütteln, denn er
sagte mit einem cynischen Lächeln, das
ganz ungekünstelt war: Darf ich fra
gen, was mir die Ehre dieses Besuches
verschaff,?"
Ein peinliche Erröthen flog über ihr
Antlitz, aber ihre Stimme klang hart,
als sie erwiderte:
Ich wäre nicht hier, wenn ich nicht
etmaZ für Ellinor thun wollte. Sie ist
auch Dein Kind, weißt Du, und hat
noch einigen nlpruoz an wenn
Du auch mich aufgegeben haft."
.Wesbald tckiickk Du denn nicht Elli
nor. ntrm ti Dir so peinlich ist, zu
kommen? Allerdings würd ich sie nicht
kennen.
Er sprach nachlässig und gleichgültig.
DaS glaube ich doch; wie ich schon
sagte, gleicht Ellinor Dir sehr.'
Ah. wirklich?"
Sie wußte eigentlich nicht, b eS ein
AuSruf der eine Frage war. Sie
wollte das letztere annehmen, und ant
orten.
.Ja, wie Tu ist auch Ellinor groß
und dunkel, mit schönen grauen Augen:
allerdings sind sie mild im Ausdruck,
obwohl sie sonst Deine Anlage und Dein
Tempirament besitzt."
Diese Mal war ti gewiß nur ein
Ausruf, und sie ließ ihn unbeantwor
Ut Nach einer Weile fuhr n ironisch
fort:
.ie-ftaimg für Dich, daß sie nicht
daS Deine erbte !"
Sie fuhr unruhig mit ihrem Muff
hin und der.
.Ich bin sehr froh darübn ab
Der äonntagsgast.
Jahrgang 17.
Sie brach plötzlich ab, und ging zum
Fenster hinüber. Er bemerkte, daß sie
sich geräuschlos bewegte, ohne die ge
wohnte Begleitung des Knisterns einer
Seidenrobe. DaS gesiel ihm; das Sei
dengeknister war ihm immer unange
nehm gewesen. Als er dastand und
nach ihr hinblickte, wie sie sich von
dem Dämmerlicht des Fensters abhob
brauchte er seine Phantasie nicht sehr
anzustrengen, um sie sich wieder jung
vorzustellen.
An dem Tage, als er um sie anhielt,
hatte sie auch solch einen kleinen Hut
getragen. Wie gut er sich daran er
innertc! Sie waren zusammen spa
zieren gegangen, unö oer srische yervst
wind hatte die Farbe aus ihre Wangen
und das Bekenntniß seiner Liebe auf
seine Lippen gebracht, ehe sie zu dem
molligen kleinen Wohnzimmer ihres
Heims zurückgekehrt waren. Wie när
risch verliebt er doch damals gewesen
war! Jetzt wandte sie den Kopf etwas
zur Seite, und er sah, daß ihre Wan
gen nicht mehr die sanfte Rundung von
einst hatte. Dennoch erschien sie seinen
Augen nicht verblüht er sah den
Abglanz ihrer Jugend.
Sie trat zurück von dem Fenster,
und stand auf ihren Muff gelehnt am
Tische.
Ellinor wird sich demnächst verhei
rathen," sagie sie langsam.
Ja?" erwiderte er geistesabwesend.
Es schien ihn nicht zu interesfiren; er
dachte nicht an das Mädchen, sondern
an des Mädchens Mutter.
Er ist ein sehr netter junger Mann
und wird ihr, wie ich hoffe, ein guter
Gatte sein soweit das Gatten eben
find "
Du warft nicht glücklich in der
Wahl deS Deinen," meinte er.
Der junge Mann gefällt mir,"
fuhr sie fort, seine Bemerkung ignori
rend. Wir haben ihn genügend ken
nen gelernt, und er hat fich für Ellinor
vom ersten Tage an intereffirt. Sie
sie liebt ihn "
Das letztere ist natürlich nothwen
dig," sagte der Vater mit leichtem
Lachen.
Allerdings." entgegnete sie mit Enb
schiedenheit. Meine Tochter würde
ohne das nicht heirathen. Hoffentlich
wird sie nicht zu leiden haben, wie ich
aelitten habe."
Sie sprach bitter, fast wie zu sich
selbst. Er schaute sie ernst an und
sagte dann milder als vorher:
Ist Dein Leben denn so schwer ge,
Wesen?"
, Eine geschiedene Frau führt nie ein
beneidensmerthes Leben. Du warst
sebr arokmütbia" sie sah ihn dank,
bar an aber Du konntest manches
einmal nicht ändern. Ich will nicht
klauen: deshalb bin ich nicht geiom
men. Wir haben uns darüber lange
verständigt, und eS ift deffer so. Du
Host daS Deine gethan, und ich würde
nicht mehr verlangen."
Sie hielt inne, und er hob fragend
die Augenbrauen empor.
Beklagt Ellinor sich?" fragte er.
Warum sollte sie? Sie hat keine
Ursache. Doch ihretwegen '
Nun?"
Ihretwegen bin ich hierher gekom
men. Ich möchte nicht gern, wenn mir
etwa Menschliche begegnete wenn
ick, Kerben sollte Du mußt dann doch
misien, daß Ellinor vermählt ist."
Sie zögerte einen Augenvua und suyr
dann schnell fort: Ich wollte Dir das
also mittheilen, und zwar vorher, so
daß Du mir keinen Vorwurf machen
kannst. Ich werde Dir den Namen des
jungen Mannes nennen, und wenn Du
etwas von ihm weißt oder hörst, das
Dir nicht gefüllt nun, dann ift Elli
nor ja auch Dein Kind."
Du bist sehr, großmüthig. Anna,"
sagte er freundlich. Und Du wärest
bereit, meine Entscheidung anzuerken
nen, selbst wenn sie Deinen Wünschen
nickt entspräche den Deinen und
denen deS MädckxnS?"
DaS ift gleich." sagte sie, indem sie
fich zwang, ruhig zu sprechen. .Ich
hatte Niemanden, zu dem ich kommen
konnte, als Dich ihren Vater. Ein
Mann hat so diel mehr Gelegenheit,
Dinge über andere Männer herauszu
finden, und ein junger Mann zeigt fich
doch dem Mädchen. daS er liebt, nur
von der besten Seite."
War dies die einzige Veranlagung
zu Deinem Kommen. Anna?"
Was mochte wohl der bittende Ton
seiner Rede für eine AnWort erwarten?
.Gewiß." antwortete sie abstoßend.
.Tu. als Ellinor'S Bater. mußtest eZ
erfahren, und sie selbst konnte ich nicht
schicken."
.Allerdings wohl nicht." sagte er.
wieder in seinen ironischen Ton vn
fallend. .ES wäre ja auch nicht Pas
send gewesen für in Kind, seinen Vater
M besuchen: außerdem Hütte eS in die
fern Falle noch besondere Verlegenheiten
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
gebracht, da wir einander kaum erkannt
hätten."
Sie antwortete nicht, aber sie zog ihr
Eape hoch über die Schultern, als ob
ihr kalt wäre.
Vermuthlich hast Du dem Mädchen
meinen Charakter sehr lebhaft geschil
dert," fuhr er fort.
Die Mutter überlief ein leichtes Frö
sieln.
Ich habe überhaupt nicht von Dir
gesprochen," sagte sie kalt.
Nein? Nun, was konnte ich an
dereS erwarten?"
Er sah sie nicht an; deshalb hielt sie
es auch nicht für nöthig, ihm zu ant
Worten. Schweigend standen sie ein
paar Minuten da. Als ein Stück Kohle
im Kamin mit leichtem Geräusche nie
betfiel, fuhren sie beide zusammen, und
er sagte plötzlich:
Hast Du genug für Deinen Bedarf?
Ich bin jetzt reicher weißt Du."
Ich habe davon gehört," sagte sie.
Wir haben genug gehabt in
deffen ," sie zögerte und wandte sich
erröthend ab. Er schaute sie fragend
an, sein männlicher Sinn erfaßte die
Situation nicht gleich, v.p . , v
Ellinor ist im Begriff, sich zu der
heirathen," fuhr sie leise fort.
Jawohl, Du sagtest es vorhin schon."
Zum ersten Male während der Unter
redung lächelte sie.
Aber," meinte sie dann muthig,
mit hundert Dollars im Monat kann
man nicht gerade für eine glänzende
Aussteuer sorgen, und Ellinor ift doch
Deine einzige Tochter.
Er lächelte auch.
Ah so! Eine finanzielle Schwierig'
keit. Ellinor muß Kleider haben."
Ja. Sie freut fich über hübsche
Sachen, und hat in ihrem Leben nicht
viel davon gehabt. Ich möchte jetzt gern
etwas sür fte anschaffen."
Sie sprach frei heraus, und sah ihn
mit offenen, sprechenden Augen an.
Ja?"
Er blickte langsam, gedankendoll über
die zierlich gekleidete Gestalt vor ibm.
Du wünschst, daß ich Dir die Mittel
dazu gebe?" fragte er.
Ich habe nichts zu wünschen." sagte
sie, ohne eine Spur ihres vorherigen
Muthes.
Weshalb kamst Du denn eigentlich
zu mir?" sagte er fast ärgerlich.
Weil ich der Ansicht bin. daß es
Deine Pflicht ist, für Deine Tochter zu
sorgen. Ich glaube, ich sagte Dir, daß
ich für Ellinor alles zu thun bereit bin
leib tt zu Dir zu kommen."
ES lag etwas wie Uebermutb in dem
Ton, mit dem sie diese Worte sprach und
er schaute sie einen Augenblick gespannt
an, ehe er fragte: Was meinst Du zu
tarnend Dollars?
Wenn Du sie übrig hast." sagte sie,
und setzte nach einer kurzen Pause hinzu:
Ellinor wurde hfl) treuen.
Aus dem feuchten Schimmer in i&
ren Augen erkannte er, daß sie sich auch
freute; doch fragte in gemachtem Er,
staunen :
Würde sie sich überhaupt freuen über
etwas, das von mir kommt, ihrem ver
haßten Bater'k"
Sie haßt Dich nicht," sagte sie
freundlich. Ich habe m den ganzen
zwölf Jahren nicht mit ihr über Dich
gesprochen. Wahrscheinlich ruht tief in
ihrem Herzen eine natürliche Zuneigung
zu Vir."
Hoffentlich," sagte der Bater kurz,
indem er sich in halbem Zweifel ad
wandte. Willst Du einen Cheque über
die tausend Dollars haben?"
Jetzt gleich?" '
Ja."
Nun ja."
Willst Du dann, bitte, hier einen
Augenblick warten," sagte er und ging
zur Thür. Sie fühlte fich seltsam be
drückt, als ob in der Unterredung, die
ja natürlich sebr peinlich sür sie gewesen
war. etwas gefehlt Hütte. Als er schon
die Hand an der Thür hatte, wandte er
sich noch einmal, und sagte leichthin:
Ich darf doch wohl auf meine Ein
ladung zur Hochzeit rechnen?"
Sie schrak zusammen, und ließ ihren
Muff fallen. Er kam zurück und hob
ihn auf.
Würdest Tu denn kommen?" fragte
sie.
Ich möchte sie gern wiederseben? und
dann hat ein Mann doch den Wunsch,
auf der Hochzeit seiner Tochter anwesend
zu sein. ES thut mir leid, daß', er
machte eine kleine Pause, .daß sie Dir
nicht mehr gleicht."
Sie hob ihre Augen empor, und sah
ihn mit seltsamem Ernst an. Dann
drängte ei sie zu sogen: .Sie gleicht mir
durchaus nicht. Sie liebt ihren zukllnf
tige Kalten."
Er trat lanzsam näher.
.Hast Du mich nie geliebt, Anna?"
fraate er sanft.
Ein Schatten flog übn ihr Gesicht,
als fie mit zitternd Stimme antaor
tete: .Niemals. Tu weißt doch, daß
ich Dich Deiner Stellung wegen heira
thete.
'Ich weiß es," sagte er bitter.
Und weil Tu mich nicht liebtest, hattest
Du keine Geduld mit meinen Fehlern.
Ich habe manche davon überwunden,
Anna."
Ich fürchte, ich war zu schnell be
reit, Fehler zu entdecken." antwortete
fie. Ich bin auch verständiger gewor
den, Albert."
Anna." sagte er dann schnell und
heftig, Anna, trotz allein liebe ich Dich
noch habe ich Dich immer geliebt."
Sie lehnte sich schwer gegen den
Tisch.
Ich werde Dich stets lieben, Anna."
fuhr er ruhiger werdend fort, obwohl
wir zwölf Jahre getrennt waren und
wohl so bleiben werden bis zum Ende."
'Du liebst mich noch?" fragte sie, ihn
mit weitgeöffneten Augen ansehend.
Nach den langen zwölf Jahren?"
Ja, Anna," erwiderte er mit bitte
rem Ausdruck. Du magst mich für ei
nen Narren halten: aber es ist so."
Nach allem, was ich that?" fuhr sie
zerknirscht fort. O so höre mich an
nachdem wir uns getrennt hatten, da
wurde es mir klar, daß ich Dich liebte,
in Wahrheit habe ich Dich wohl immer
geliebt. Mein unglückseliger Stolz
aber ließ es nicht zu, daß ich eS sagte ;
und dann hatte ich ja Ellinor, für die
ich leben konnte und Du Du hattest
gar nichts.
Du liebtest mich, Anna?" sagte er
in grenzenlosem Erstaunen.
Jedenfalls habe ich Dich feit zwölf
Jahren gelidt," entgegnete fte liebevoll,
und ich denke ich werde eS immer
thun."
Da ergriff er schnell und fest ihre
Hand.
Ist daS Wahrheit, oder treibst Du
Deinen Scherz mit mir?" fragte er hef
tig.
Sie blickte empor in fein gequälte?
Antlitz, und er sah in ihren feuchten
Augen einen, ganz neuen, zärtlichen
Ausdruck. Da hielt eS ihn nicht länger,
lind er nahm sie in die Arme und küßte
sie. Sie aber entzog sich sanft den Ar
men ihres Gatten.
ES ist spät," sagte fie, Ellinor war
tet auf mich."
Willst Du nicht etwas Thee nehmen,
ehe Du gehst?" fragte er.
Sie sah mit einem sprechenden Blick
durch das ungemüthliche Zimmer.
Willst Du nicht lieber", fragte fie
dann mit einem reizenden Lächeln,
willst Du nicht lieber mit heimkam
men?"
Als er seinen Ueberzieher angezogen
hatte, und sie bereit waren in den ftür
mischen Abend hinauszugehen, sagte er:
Ich habe den Cheque, den ich Dir der
sprach, nicht mitgebracht; ich kann
Ellinor'S Rechnungen ja eben so gut be,
zahlen, nachdem sie unS in'S HauS ge,
schickt find."
Der erste Freistaat in der neuen
weit.
Ein Märchen auS alten Zeiten."
Doch nicht auS dem alten, sagen,
umwobenen Europa ; auf unserem Con
tinent. dem Matter of säet Amerika,
spielte sich der Roman ab : Die Ge
schichte der ersten Republik der neuen
Welt.
Ein Ritter,' wie er im Buche steht
der junge Held, Jahrhunderte alt daS
Wappen, leer der Geldbeutel, locker in
der Scheide der nach Beute witternde,
scharfe Degen.
Mißerfolge und Kerkerhaft bringen
die einzelnen Kapitel, doch dazwischen
flattern die schillernden Flügel junger
Liede ; glänzend steigt die fconne aus
zum Zenitb, bis der unausbleibliche
Abend kommt, die Nacht ihren tiefen
Schatten wirft.
In den ersten Jahren des vorigen
Jahrhunderts war das große Gebiet,
daS nun als der Staat TeraS unfern
Union einverleibt ift, das Ziel und der
Tummelplatz europäisch Abenteurn.
Man erzählte fich Wunderdinge von
dem Lande, deffen Ströme übn Gold
und Silbersand fließen sollten; der
Boden war angeblich der fruchtbarfte
der Welt, in den Wäldern grünten mit
heilendn Zaubnkraft versehene Bäume
und Krüutn, sprudelten die Quellen.
welche Greisen ewige Jugend verluden.
Spanische und französische Forscher
hatten das Gebiet durchstreift und im
Namen ihrer Herrscher Stationen er
richtet ; so reklamirten beide Nationen
das Wunderland für fich, doch Spanien
vegicit Ichiießiiä, die Oderhand.
ES war ungeiähr ,u diel Zeit, als
unser amerikanischer Roman in Paris
begann. Graf Et. TeniS und Eheva
lin ix Belisle. junge Edelmann, vn
liebten sich in dieselbe Schöne, dU'Uirten
sich natürlich und Belisle firl, anichei
nend todtlich verwundet. Et. TniiS
flüchtete uno kam schließlich nach Ame
No. 36.
rika, wo seine Dienste von der großen
sranzöftlchen LoulstaiiaConipagnie so,
fort acceptirt wurden.
DaS ganze von Spanien beanspruchte
Gebiet nördlich vom Rio Grande wurde
damals von einem Gouverneur regiert,
den der Statthalter von Mexico er
nannte. Die Louifiana Compagnie
hatte ihr Augenmerk auf dieses Land
gerichtet und der unge Graf St. Denis
wurde mit einer Armee" von weniger
als hundert Mann ausgeschickt, um die
Flagge Frankreich'S über den sparn,
scheu FortS und MissionZ-Stationen
auszuziehen.
mascy wuchs der junge Held mit sei
nen größeren Zwecken; er durchquerte
ein von feindlichen Indianern förmlich
wimmelndes Gebiet, verstand eS als fei
ner Diplomat, mit den Häuptlingen
Verträge zu schließen, ohne auch nur
einen Flintenschuß abfeuern zu lassen,
brach, berauscht vom Erfolg, vollstän
dig mit der Louisiana Compagnie und
Frankreich ad und etablirte im nörd
lichen Texas einen eigenen Freistaat,
der selbst von den alten spanischen An
siedlern freudig begrüßt wurde.
DieS war im Jahre 1714 und der
allererste Versuch, auf dem heutigen,
von Pol zu Pol reichenden Continent
der Republiken eine unabhängige Regie
rung zu etabliren. Eigenthümlich ge
nug war die Regierungsform; St.
Denis stand natürlich an der Spitze
kraft der von ihm selbst geschriebenen
Verfaffung. Er führte den bescheide
nen Titel Gouverneur, herrschte aber
unbeschränkt wie ein Czar aller Reußen.
Bald nach seinem Regierung?
antritt" begab sich St. Denis auf die
eise nach der Stadt Mexico, zu web
chem Zwecke, ift heute noch nicht recht
klar. Angenommen wird, daß er den
spanischen Bice-König bewegen wollte,
sein Gebiet als unabhängig anzuerken
nen oder ihn zum Gouverneur unter
spanischer Oberhoheit einzusetzen.
Als er im Preftdio San Juan, nicht
weit von Rio Grande, eintraf, wurde
er vom Gouverneur VillefecaS mit fürst
lichen Ehren empfangen und bewirthet ;
unser junger Ritter verliebte fich leiden
schaftlich in die schöne Donna Maria,
des Gouverneurs Töchterlein, und seine
Liebe ward erwidert. Doch dies gefiel
dem Gouverneur Anayo von Coahuila
nicht, der sich selbst um Maria'S Hand
bewarb. Als St. Denis auf seinem
Gebiet eintraf, liiß er ihn sofort ein
perren und uchte durch fürchterliche
Drohungen die Liebenden zu zwingen,
einander zu entsagen.
Aber Ritter und Maid ließen sich
nicht einschüchtern ; Donna Maria warf
fich dem Vice-König in der Stadt
Mexico zu Füßen und dieser, gerührt
durch des schönen Mädchens Bitte, ver,
fügte St. Denis' Freilassung, ließ den,
selben an seinen Hof berufen, schloß ge,
Heime Verträge mit ihm ab, und St,
DeniS kehrte, mit Donna Maria als
angetrauter Gattin, in sein Reich
NordTexaS zurück.
Dort baute er Forts, ließ Straßen
anlegen, zog Ansiedler heran und er,
warb Seitens der Indianer den
Ehrentitel Gerechter Häuptling". Da,
mit die Romantik nicht zu kurz komme,
muß hinzugesügt werden, daß Gouver.
neur St. DeniS einst einen Ritt von
drei Tagen machte, um einen gefange
nen Weißen auS den Händen eines
JndianerftammeS zu erlösen. Als ihm
der abgezehrte Gefangene vorgeführt
wurde, erkannte n ihn und: In den
Armen lagen fich Beide und weinten
vor Schmerz und Freude."
ES war der Chevalier de BeliSle.
den er einst im Duell niedergestochen
und sur todt verlassen hatte und der.
von seinen Wunden genesen, schließlich
auch nach Amerika gekommen war, wo
er nach schweren Wirrsalen von seinem
ehemaligen Gegner gerettet wurde. Das
klingt wie au einem für Backfische"
geschriebenen Roman und doch ift Alles
historisch verbürgt.
Auch sür Et. Denis und fein .Reich"
kam mit der Zeit daS Ende; er fiel in
einem Kampfe mit den Indianern an
der Grenze und die kopflos gewordene
Kolonie ging unter. AnfSffig gemacht
hatten fich etwa 3 Weiße, zumeist
durch den Tauschhandel mit den In
dianern wohlhabend geworden. Die
mexikanische Regierung nahm fie unter
ihren Schutz; Donna Maria. Wittwe
deS gefallenen Selbftherrfchns, wurde
von einer aus Häuptlingen d Indianer
bestehende Ehren-Eskorte nebst ihren
Schätzen, darunter 100,000 in Gold,
ihrem alten Betn im Preftdio San
Juan zugeführt.
Dn reiftaat hatte aufgehört: viel
Blut sollte noch in TeraS fließen, et
n fich mit Hülfe der Ver. Staaten von
der mexikanischen Herrschaft für immer
loßieißen konnte.
Vmckirklertkufel.
Turch Hüte brachte der junge Mann
seine Frau zum Nachgeben.
graue al Ritter der sranzöslsch,
hrenlegto.
Die Verleihung deS Orden? der
Ehrenlegion an Madame Bogelot, die
Vorsteherin deS Vereins zur fittlichen
Wicdercrhcbung au? dem Gefängnisse
entlassener Frauen, welche im Iah
1894 erfolgte, gab Veranlassung, fest
zustellen, wieviel weibliche Personen
überhaupt jener Ehre theilhaftig gewor
den find und wofür ihnen diese AuS
Zeichnung verliehen wurde. Bis zum
Jahre 1894 erhielten im ganzen 34
Frauen diesen Orden, davon nicht weni
ger als 27 wegen ihrer Verdienste im
Felde. Von diesen 27 waren 20 Kran
kenpflegerinnen. Napoleon I., der
Stifter des Ordens, gab das rothe
Band zwei Mädchen, welche beide aktiv
Soldaten waren. Virginie GheSquie
diente lange Zeit unerkannt unter dem
Namens ihres Bruders in der Arm.
Sie wurde verwundet, als fie im
Kampfgewllhl ihrem Obersten das
Leben rettete. Danach verlieh ihr der
Kaiser die Auszeichnung.
Marie Schelling, die bei JemappeS,
Aufterlitz und Jena mitgefochten hatte,
langte zuerft die Charge eines Lieute
nants. und Napoleon heftete ihr eigen
händig den Orden an.
Sodann wurde die Dekoration zwei
Marketenderinnen zu theil, die sich in
den Feldzügen während des ersten Kai
serreichs verdient gemacht hatten.
Unter der Restauration und der zwei
ten Republik gelangte keine Frau in dir
Reihen der Ehrenlegion ; Napoleon der
Dritte aber gewährte seiner Gemahlin
die Auszeichnung, als Eugenie Cholera
kranke im Spital besucht hatte. Die
Kaiserin ihrerseits wieder überreichte
eines TageS den eigenen Ordensftern
der Malerin Rosa Bonheur. Während
des Krieges von 187071 und unmit
telbar nachher wurde eine Reibe von
Pflegerinnen dekorirt, unter ihnen auch
eine Ausländerin, Lady Pigot. Ma
dame Bogelot war die erste Frau,
welche für Werke christlicher Nächften
liebe im Civilleben das vielbegehrte
Band erhielt.
Das,Zimmr Wallensttin.
Julius Gundlina erzählt in seinen
Böhmischen Wanderungen" folgendes
heitere Intermezzo aus Eger: Kein
Franzensbader Kurgast unterläßt eS.
sich Eger einigemal anzusehen. Frei
tich kann dann manchem passiren, was
in den achtziger Jahren dem berühmten
Pianisten Hans v. Bülow begegnet ift.
dem Man, als er da erste Mal nach
Eger kam, in dem Stadthaufe das
Zimmer zeigte, in welchem Wallenftein
erstochen worden ist. Als bald darauf
Bülow seinen Ausflug nach Eger wie
derholte und das Stadthaus zum zwei
ten Mal besuchte, führte man ihn in
eine andere Stube, in welche nun ohne
weiteres die Wallenstein Katastrophe
verlegt wurde.
Aber Sie haben mir ja vor vier
Wochen ein anderes Zimmer als das
jenige gezeichnet, in welchem Wallen
stein den tödtlichen Stoß empfing !" be
merkte der Komponist.
Verzeihen Sie", meinte der Führer,
das andere Zimmer wird eben aus
gewaschen, da können wir jetzt nicht
hinein !"
Er bezahlt niemals I
Einen Zug hübscher Selbsterkennt,
niß erzählt O. Meding in seinem neue
ften Buch von Alexander Dumas. Der
große RomanSchriftfteller wohnte in
einem sehr heißen Sommer in Mont
morency. DaS EiS war sehr knapp
geworden. Ein einziger Gastmirth hatte
noch Vorrath von EiS, gab aber davon
außer dem Hause nur noch an DumaS
ab, soviel dieser wollte. Ein Graf O.
nun, der eines TageS durchaus für
feine Gäste EiS haben wollte, dachte,
fich dieses durch Lift zu verschaffen und
ließ seinen Diener um EiS für Herrn
Dumas" bitten. Man füllte auch sei
nen Eimer mit dem kostbaren Krystall.
Als nun aber der Diener nach dem
Preise fragte und zuglejch ein Goldstück
hmlegte. riß ihm der Wirth sofort den
Eimer auS d,r Hand und rief : .Sie
haben mich betrogen. Sie kommen nicht
von Alexander Duma?, denn der be
zahlt niemals." Traurig kehrte der
Diener zu seinem Herrn zurück. Die
Geschichte aber machte die Runde durch
ganz Paris, und als Dumas selbst fie
hörte, rief schmunzelnd: Der Mann
kennt tnich !"
Betrachtung.
Ich web nicht da redet man im
mer von Luftreisen mit dem lenkbaren
Ballon und Flügeln ich bin nun
schon seit zwanzig Jahren Reisender
und fliege seitdem ohne Apparat durch
dir Lust.
Zur ärztlichen praris.
. .Aber, mein Liebrr ?i I.
skl! ja verkümmern!.. Ich rathe
Ihnen, sich jeden Morgen eiskalt ,u
waschen und abzureiben!"
.ias thu ich ,a bereit;
Herr Dok
toi!"
So!.. Nun. dann mli,
eben aufgebe I"
Sagenreich.
Der Frarn (aas. ,.
, . " ' ' " ' v.i. wuil
4 sagt, bet MattheZ dhät kaae. wann
d Philipp och amol sage dhät' n
dätt' was üwwn de Sedaschiian 'sägt
nn dhät' n'm dorch de gonrad saae
lotse. was dbat' tr fi n,,i.,.
losse'