Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 07, 1897, Image 12

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    Zwei Rüsse.
Humoreske von Eylvestcr grey.
So, NUN können Sie kommen,'
sagte Cläre, sich beruhigten AugeS um
blickend.
Nicht wahr, Bernhard." fuhr sie
kort, indem sie sich zu dem Gatten wew
dete, der eben in das Zimmer trat und
die Alten, in denen er disyer gearveikek.
in den Schreibtisch schloß nicht wahr.
e sieht eigenllicht hübsch bei uns aus !
....Nicht übertrieben lujurii, aber
bebaalud und Mb com orwdtt!..
Ich bin recht neugierig, was für Augen
StolzingS machen werden!"
Der gute Heinz! Mein bester Freund
noch von der Schulbank her!"
Und erst Ada! Ich habe sie so lieb
als märe sie meine leidliche Schwester!'
Assessor Melvsen hatte sich eine Ciga
rette angezündet. Dann setzte er sich in
einen Lehnstubl, der nahe dem Kamin
stand, und ließ mit offenbarem Wohl
behagen eine Dampfwolke nach der an
deren den Lippen entschlüpfen.
Die junge Frau trat zu ihm, und
den Arm um den Rücken des Sessels
schlingend, neigte sie das hübsche blonde
vauvt dicht an dasiemae oti mutn.
Im Zimmer war es so traulich und
Still. Im Kamin tanzte die Flamme
uftig auf und nieder. Die chinesische
Stutzuhr unter dem Spiegel gab mit ih
rem Tiktak den einzigen Laut von sich,
welcher zu vernehmen war.
Weißt Du noch -vor einem Jahr?"
hub Cläre an, dem Gatten zärtlich in
die Augen blickend.
Richtig! Es war grade wie heute
am Sylvefterabend!"
Damals hätte ich mir nie träumen
lassen, daß ich innerhalb so kurzer Zeit
Deine Frau sein würde!"
Das hinderte jedoch nicht, daß ich
schon lange bis über die Ohren in Dich
verliebt war."
Oh, angethan hattest auch Du mir's
lange! Nur konnte ich mir gar nicht den
kn, daß ich eS sei, auf welche Du ein
Auge geworfen!"
Bis endlich jene beiden Küsse"
Wirklich," fiel sie ein, es waren
allein jene beiden Küsse, welche uiiS die
Ueberzeugung verschafften, daß wir zu
einander gehörten!"
Und sie lachten hell auf so laut und
übermüthig, wie es nur vas Glück und
die Jugend vermögen
Dann lagen sie sich in den Armen und
küßten sich so lang und innig, daß sie
gar nicht hörten, wie draußen geläutet
wurde und sich gleich darauf die Thür
öffnete, um den so sehnsüchtig erwarte
ten Besuch eintreten zu lassen.
Du, Heinz!.... Gruß Dich Gott,
meine geliebte Ada!"
Das war eine Freude beim Wieder
sehen! Ein Händedrücken und In
dieAugenBlicken Die vier Wen
schenkinder, welche durch die echtesten,
uneigennützigsten Bande, diejenigen
einer aufrichtigen, erprobten Freund
schast, aneinander gefesselt waren, wur
den gar nicht müde, immer wieder Will
kommensgrüße zu tauschen und dem
Glück deS nunmehrigen Beisammenseins
den beredtesten Ausdruck zu geben.
ES dauerte auch kaum einige Minu
ten, so sühlte sich Lieutenant Stolzing
mit seiner jungen Frau hier so heimisch,
als wohnten sie immer in dem kleinen
schmucken Haushalt als wären sie
nicht erst eben von München gekommen
mitten im Winter nur auf die we
nigen Tage, welche der Urlaub dauerte
allein deshalb um bei lieben Freun
den traute Erinnerungen zu durchleben
und Stoff für neuere fernere anwachsen
zu lassen.. ,.
Und wie hübsch, daß Du grade zu
Neujahr kommst." sagte Assessor Melv
sen, dem Freunde nochmals wie zum
Dank die Hand drückend.
Du erwartest doch nicht eiwa Gäste?"
fragte Ada. sich an die Freundin wen
dend.
Nein! Wir wollten ganz unter
uns bleiben! Bernhard und ich waren
einig in der Ansicht, daß dieser Sylve
fterabend nicht inniger und fröhlicher
gefeiert werden kann, als wenn wir Vier
allein den Uebertritt vom alten Jahre
in das neue begehen!"
Die Stunden verrannen, als wären
eS Minuten.
.Man faß beim Mahle und tauschte
aute Gedanken miteinander auS. Die
Männer hatten sich so vielerlei zu erzäh
len; nicht minder die Frauen, wiewohl
zwischen diesen noch ouS der Pension?
zeit her ein steter brieflicher Verkehr g'e
herrscht hatte. Immer inniger wurden
die Mittheilungen, immer munterer die
Unterbaltuna. Schllekliaz mußte, ca.
mit die Freundschaft auch äußerlich eine
Steigerung trsatnen, sogar Cläre mit
dem Lieutenant und edenio denen Ichet,
mische Frauchen mit Bernhard Melvsen
Brüderschaft trinken,
t Heissa! wie hcll die Gläser klingen!
.Ader Eins weiß ich immer noch
nicht.' sagte Heinz. . . ..Ada und ich
wir baden uns ich oft genug den Kopf
darüber zerbrochen!"
. .ras märe?" fragte der ss.'fsor.
.Wie Jdr Bei ein Paar geworden
seid? .... So viel ich mich erinnere, war
doch davon zuerst gar nicht die Rede
....Man e'züdlte vielmehr, daß Du
Dich mit einer d-t Cousinen Deiner
Fiau ich weiß im Augenblick nicht
mehr mit welcher verloben würdest."
Elite und ihr otte sahen sich glück
strahlende Blicke an.
.Ja." erwiderte dieser wie wir
unS fanden, ist eWam genug . . . . rt g
schad, durch-pxi KüZe!"
So erzählt doch." begann der i'ieu
tenant.
Gekannt haben wir uns schon lange
genug, Cläre und ich! Denn schon als
Student verkehrte ich im Hause des
Obergerichtsraths, ihres OheimS. Der
loviale alte Herr würde auch heute Be
stimmt in unserem Kreise weilen, wenn
lbn nickt die Gicht an das immer je
selte. Ich war durch eine befreundete
amilie mit ihm delannt geworoen,
und kann wohl sagen, daß wir unS von
dem ersten Augenblick an ganz Vorzugs
lich verstanden daben."
Cläre nickte bestätigend mit dem
Kovke:
Es ist wahr! Onkel Bergrath
mochte Dich stets sehr gut leiden!
Schon als noch gar nicht daran zu
denken war, daß Du jemals mit ihm
verwandt werden wurde t."
Ich muß vorausschicken," fuhr der
Assessor fort, daß der prächtige alte
Herr, wie für Jedermann, so besonders
für seine Familie ein inniges, warmes
Herz und ebenso ine netä offene
Tasche hat. Jetzt, wo ich ihm so nahe
getreten bin und also Einblick in die
ganzen Verhältnisse gewonnen habe,
kann ich darüber die sicherste Auskunft
geben."
So ist eS." schaltete Cläre ein ... .
Was wäre aus mir geworden, wenn
er sich meiner nicht angenommen
hätte!"
Der Assessor faßte die Hand der aller
liebsten kleinen Frau.
Daß er für Dich sorgte der un
erheirathete, begüterte Oheim für die
elternlose Waise das war nur selbst
verständlich! Aber die Art, wie sich
Deine Cousinen in seinem Hause das
Scepter anmaßten und den alten guten
Herrn zu terrorisiren suchten ah, ah,
daran denke ich noch heute mit In
grimm,"
Ada lachte hell aus.
Das kann ich mir denken! Ich
kenne sie beide noch von der Pension
her Allerdings nur ans ehrer
bietigfier Entfernung. Denn ich war
ja damals ein ganz junges Ding, das
kaum über die Tischkante sehen konnte
während sie bereits in der obersten
Klasse saßen Sie machten da
mals schon viel voki sich den, denn sie
waren sehr hübsch, aber auch hochmüthig
und rechthaberisch! Du bist mir
doch nicht böse, Cläre, denn im Grunde
sind eS immer Deine Cousinen, über
welche ich so offen mein Urtheil ab
gebe!"
Die lunae ffrau schüttelte träumen ch
das Haupt, während der Assessor wieder
das Wort nahm:
.Ganz und gar nicht, liebe Freun
din! Mein armes Weibchen hat
genug von ihnen ausstehen müssen
Wenn sich der Onkel nicht hin und
wieder für sie sehr entschieden in's
Zeug gelegt hätte, wäre sie thatsächlich
A chenbrddel gewe en Das ganze
HauS war nur sür die beiden Cou
sinen vorhanden Ueber die Kasse
des Oheims verfügten sie, als stammte
das ganze Vermögen von ihnen
Selbst über meine Wenigkeit geruhten
sie bereits zu versllgen "
Ah. ich verstehe." ries Ada.
Jawohl! Sie hatten nämlich
so lange gewählt, bis die Freier schließ
lich ausblieben!.... Ich mußte also
für ihr alterndes Herz nachgerade eine
ganz gute Partie erscheinen. Nur
und das war der einzige Bortvell, wel
cher mir daraus erwuchs , nur kann
ten sie sich absolut nicht darüber einigen,
welcher von ihnen ich denn angehören
sollte!"
Famos!" rief der leutenant.
So kam der Sylvefterabend.
.Wenn meine Situation schon sonst
die allerundequemste von der Welt zu
sein pflegte, so erst recht an diesem
Tage Die beiden heirathsbeflisse
nen Damen schienen eS sich in den Kopf
gesetzt zu haben, mich durchaus zu einer
Erklärung zu zwingen. So setzten sie
mir zu mit allerhand zwar nur durch
die Blume, aber darum doch deutlich
genug gesprochenen Anspielungen
Wirklich: am liebsten hätte ich mich auf
und davon gemacht, wenn mich nicht die
Liebe zu einem jungen, reizenden Wesen,
das zwar nicht die mindeste Notiz von
mir zu nehmen schien, das ich kaum zu
Geficht bekam, das eS mir aber vielleicht
darum um so enschiedener angethan
wenn die mich nicht wie mit unsichtbaren
Banden zurückgehalten hätte!
Immer stürmischer wurde daS Drän
gen, immer peinlicher meine Lage!
Wir hatten bereits damplenden Punsch
getrunken und von den schön gebräunten
Neujahrskarpfen gegessen. Die Stim
mung war zu jener Höhe gediehen,
welche sie eben nur bei besonders bevor
zugten Gelegenheiten zu errichten imj
Stande ist.
Frauen setzen bekanntlich AlleS durch.
To hatten eZ meine beiden ungestümen
Freierinnen auch eingerichtet, daß ich
mich mit ihnen allein, abseits von der
übrigen Gesellschaft, in einem deson
deren Zimmer befand. Unter dem
Borwande. Blei gießen zu wollen, war
daS sehr leicht möglich geworden. Im
Hintergrunde lauerte natürlich die Ab
ficht, mir eine Erklärung mit allen
daran haftenden Folgen adzunöthigen.
DaS Blei war schon zerstückelt. AlleS
zum Gusse bereit.
Plötzlich erlosch daS GaS.
Die beiden vousinen stießen einen
Schrei aus jenen Schrei der Zim
Verlichkeit, der darum doch etwa! ganz
Anderes bedeutete.
Ader statt nun hinauszueilen und
Licht herbeizuschaffen, blieben sie ruhig
bei mir im dunkeln Zimmer.
Einen Augenblick war eS so mäuS
chenstill, daß man das Blatt gehört
hätte, welches zur Erde fiel.
Da plötzlich kam mir ein gottloser
Gedanke. Der Schelm, welcher mir ja
ohnehin zuweilen im Nacken sitzen soll,
packte mich und ich
Kurzum: mit einem Mal hörte man
zwei Küsse schallen.
Zwei laute, wirkliche Küsse so
deutlich, so wahr, daß man an ihrem
Vorhandensein garnicht zweifeln konnte.
Wieder war es eine kleine Weile
still....
Aber nur einen Augenblick. Dann
begann ein GeHader. Die beiden Cou
finen überhäuften sich nämlich gegensei
tig mit Vorwürfen, daß man sich von
mir habe küssen lassen.
Jede leugnete entschieden, daß sie von
mir geküßt worden sei. Aber eben so
bestimmt wollte sie dies von der andern
wissen.
Glücklicher Weise wurde bald Licht
gebracht.
Aber der Zank dauerte fort. Er
wurde sogar immer ärger und artete
schließlich in einen Kampf aus, bei wel
chem eS hüben und drüben die ärgsten
gegenseitigen Beschuldigungen regnete.
Zu meiner Schande muß ich gestehen:
ich hätte laut auflachen mögen so amü
sirte mich die Komödie, deren Zuschauer
ich geworden.
Die Uebrigen kamen Onkel Berg
rath Du. Cläre...."
Der Oheim lachte :
Lieber Himmel ! Was ist denn da
großen Aushebens zu machen," sagte er
zu mir Sie haben eine meiner
Nichten eelußt feie lieben sie also!
....Ich gestehe, Sie sind mir als
Schmieger-Neffe ganz erwünscht ES
handelt sich also nur noch darum,
welche von meinen Nichten Sie heirathen
wollen !"
Da siel mein Blick auf Dich, Cläre.
Du standest wie regungslos, und an
Deinen langen seidenen Wimpern er
glänzten Thränen.
Ich trat aus Dich zu, indem ich
sagte :
Wohlan, Herr Oberbergrath! Wenn
Sie mir also in der That die Ehre er
weisen wollen, daß ich in verwandt
schastllche Beziehungen zu Ihnen treten
darf, so bitte ich Sie um die Hand von
Fräulein-KIäre!"
Die beiden Cousinen sahen sich fra
gend an, als trauten sie ihren Sinnen
nicht. ,
Auch der Oheim war zuerst sprachlos.
Cläre," sagte er dann Aber die
war ja gar nicht im Zimmer! Die kön
nen Sie doch also nicht geküßt haben !
DaS stimmt allerdings," erwiderte
ich Aber Fräulein Cläre allein ist
es, die ich liebe und mit der ich glücklich
lein würde! Uebrigens ist in imem
dunkeln Zimmer auch keine der beiden
übrigen Damen von mir geküßt wor
den Das Ganze war ein Scherz, eine
Täuschung Ich habe meine eigene
Hand geküßt!"
Wieder war der Oheim einen Augen
blick sprachlos dor Staunen.
Aber dann ging ihm mit einem Mal
ein Licht auf. Er durchschaute mein
bodenlos übermüthiges Manöver. Daß
ich jene beiden Küsse nur nachahmte,
um die beiden Bewerberinnen um meine
werthe Persönlichkeit aufeinander eifer
süchtig zu machen u. s. w.
Indem er sich den Bauch vor Lachen
halten mußte, rief er aus :
Sie Tausendsassa! Solche
Streiche können Sie spielen Aber
mir soll eS recht sein!, ... Da habt Ihr
Euch !"
So wurdest Du meine Frau, Cläre!
Und darum ist mir der Sylvefterabend
so werthvoll in der Erinnerung die
Stunde, wo ich Dich beim Eintritt in
das neue Jahr gewinnen durfte sie
lebe hoch !"
Alle Anwesenden erhoben die Gläser.
Sie lebe hoch!" scholl es von den
Lippen.
Auf der waldchaussee.
Von Alvin Römer.
Am Stammtisch im Deutschen
Hause" in dem Zimmer hinten mit den
alten Ledertapeten und den Bildern zu
Bürger'S Leonore" und Goethe'S
Werther" war ein Platz nach dem
anderen leer geworden. Nun saßen
nur noch die beiden letzten der alten
Herren auf ihren schweren eichenen Lehn
stuhlen, zwei oute alte Kameraden.
deren Freundschast lange vor der
Stammtisch. Periode im Deutschen
Hause" begonnen hatte: Doktor Witte
und Landrichter Völker.
Schon als Studenten hatten sie sich
gekannt und wegen der vielfach gleichen
Ansichten und Meinungen lieb gewon
nen. AIS dann daS Schicksal den einen
hierhin, den anderen dorthin geführt
hatte, waren sie trotzdem einander nicht
fremd oder gteichgiliig geworden, wie
daS sonst Jugendfreundschaften döufig
zu Passiren pflegt; ein lebhafter Brief
Wechsel hatte sie aneinander gekettet und
ihr Verhältniß womöglich noch inniger
gestaltet. Tann datte man dem Zufall
ein wenig in die Hände gearbeitet, so
daß Völker eines schönen Tages an daS
Gericht jenes schmucken Landftädtchens
versetzt wurde, in dem Witte der Kunst
AeSculap'S oblag. Mitsammen waren
sie dort alt und grau geworden, hatten
Freud und Leid getheilt wie Brüder und
schauten nun behaglich zurück auf die
durchlebten Jahre, den heranwachsenden
Kindern dabei manch Goldkörnchen der
aui dem Alltagssande gewaschenen Er
fahrung spendend. Zu manchen Neue
rungen schüttelte sie natürlich die Köpfe.
In ihrer Jugend war so Vieles anderes
gewesen, viel schlichter, einfacher und
bescheidener. Da hatte man noch Tanz
stundenBouquetS iin eigenen kleinen
Garten gepflückt, Broihan getrunken
statt Piisener und Porter und daS
Schinkenbrot ohne Butter gegessen!
Der LuzuS nahm Uederhand! Dar
über waren sie besonders einig.' Und
die ihm am meisten und unsinnigste
Vorschub leisteten, waren die Rad
fahrer! Da in Erlenburg ein Radfah
rerclub bestand, der sich ein wenig auf
fällig und dabei nicht just geschmackvoll
uniformirt hatte, theure Feste veranstal-
tete, zu denen töchterreiche Büter sich den
schnöden Mammon für ungezählte Ball
Ileider abquälen lassen mußten, Aus'
flügi unternahm, auf denen eS manche
mal hoch hergehen sollte, so war eS
eigentlich kein Wunder, daß die beiden
Alten den Strampelfatzken" nicht grün
waren. Es gab in ganz Erlenburg
keine entschiedeneren Feinde des Stahl-
rades als die beiden llnzeitcennlichen".
Und wenn man sie einmal schimpfen
hören wollte, so brauchte man nur
Abends am Stammtisch oder Mor
gens, wo man sie tagtäglich zwischen
acht und neun Uhr auf der Promenade
treffen konnte, das Gespräch auf den
Radfahrersport zu dringen. Sie über
boten sich dann förmlich in beißenden
Spottreden auf die Flitzkittelei".
Warum haft Du eigentlich Deinen
Jungen nicht mitgebracht?" fragte die
sen Abend der Landrichter, nachdem er
sich mit der Blume seines Schlußschop
pens gestärkt hatte.
Er hat eine Einladung zum Bür
germeister !"
Hm und wann will er fort?"
Ausgangs der Woche. Das Schiff
fährt äm Dienstag oder Mittwoch ab
und er muß vorher noch den Ge
sundheitszustand der Mannschaft unter
suchen !"
Hat er sich wirklich auf drei Jahre
verpflichtet?"
Es ging nicht anders !"
Ja, ja. Es ist eine schlechte Zeit
jetzt. Unser neuer Actuar ist auch schon
zweiunddreißig. Neun Jahre gelaufen
bis zur Anstellung !"
So?. . .. Hm. ... Und wie gefällt
er Dir?"
Sehr netter Mensch!" meinte der
Landrichter.
Trotz seines Radfahrens?" fragte
Witte.
Der Landrichter wurde ein wenig
roth, was seinem weißumrahmten Ant
litz nicht Übel stand.
Ja I" sagte er endlich. Aber ich habe
mir erzählen lassen, Dein Theodor hätte
in Halle auch gestrampelt."
Auf diese Entgegnung hin stieg auch
dein Doctor das Blut ein wenig in den
Kopf.
Ja ja, diese Jugend!" seufzte er
dann gepreßt. Es wird wohl wahr
sein ! Uebrigens, was ich Dir sagen
wollte, alter Freund: morgen früh. "
Gut, daß Du mich da erinnerst,"
fiel der Andere da hastig ein. Wir
müssen unsern Spaziergang morgen
früh mal aussetzen. Ich muß mich
nothwendig mit einer eiligen Arbeit
beschäftigen, die sich nicht aufschieben
läßt!"
Das paßt vortrefflich !" erklärte der
Doctor, ohne indessen aufzusehen. Ich
habe einen complicilten Fall, der mich
in Anspruch nimmt !"
Kuriose Fügung !" lacht? der Land
lichter etwa? gezwungen.
Wirklich kurios!" bestätigte der
Doctor und versuchte gleichfalls zu
lachen, was ihm indessen ebensowenig
gelingen wollte. Dann tranken sie aus,
wünschten sich Gute Nacht" und be
gaben sich auf den Heimweg. . . .
Am nächsten Morgen, kurz vor acht,
hielt an der Gartenpforte des Landrich
terschen Besitztums ein junger Mann
mit einem Stahlrade und winkte mit
seinem Taschentuche nach den Fenstern
des weinlaubumrankten Hause? hinauf.
Bald danach wurde der Herr diese? klei
nen Paradieses sichtbar.
Guten Morgen, Herr Actuar ! Na,
haben Sie Wort gehalten?"
Aber selbstverständlich, Herr Land
richt. Und passen Sie mal auf. wie
famo? Ihnen das gefällt I"
Na, na!" meinte mißtrauisch der
Alte. In meinen Jahren? Ueber
Haupt, wenn Sie mir nicht vorgerechnet
hätten, was wir bei unsern ländlichen
Gerichtstagen alles sparen, wenn wir .
Aber ein Unsinn ist eS doch ! Und vor
dem lieben Gott nicht zu verantwor
ten...."
In Jesselwitz haben wir durch daS
Fahrrad fozar einen Raubmörder ge
kriegt !" erzählte der Actuar.
Und wenn Sie in einer Kutsche ge
fahren wären?"
Eh' da angespannt gewesen wäre,
hätte der Strolch schon die Grenze hin
ter sich gehabt und sein Versteck erreicht !
So aber kamen wir ihm, ebe er sich'S
versah, über den Hals !"
Wahrhaftig?"
Sie können eS mir glauben. Herr
Landrichter! Ader in Jesselwitz
fahren wir auch alle, vom Tirector bis
in hn ffiflreihern m
Hm und Sie meinen, hinten
auf der Gußlacher Waldchaussee wird
un? Niemand überraschen?"
.eine Seele! ES söhrt alleS über!
Wellrode und die Fußgänger gehen den
Waldweg :
Sie missen sehr gut Bescheid?"
Ja. wo kommt man aber auch nicht
überall hin mit seinem lieben Rössel !"
lachte der Actuar und streichelte in drol.i
liger Zärtlichkeit die blitzblanke Lenk
stange.
Na. denn in GottcS Namen. loS !"
erklärte der Landrichter und hinter Gär
ten und Felder entlang schlugen sich
Meister und Schüler seitwärts der be
sprochcnen, verödeten Waldchaussee zu.
Dort zeigte der Actuar mit vielem Eiser
und Geschick dem alten Herrn die Hand
habung der ihm bisher verfehmt ge
wesenen Maschine, half ihm aufsitzen,
führte mit unermüdlicher Sorglichkeit
Roß und Reiter erst kürzere und nach
und nach längere Strecken und erklärte
ab und zu enthusiastisch, daß aus der
ganzen Welt kein Mensch größere An
lagen für diesen Sport habe als der
Herr Landrichter.
Wenn uns bloß Niemand sieht!"
stöhnte der Alte, dem die Geschichte
etwas sauer wurde und den außerdem
Gewissmsbisse peinigten. Es w das
erste Mal gewesen, daß er seinen lieben
ehrlichen Doctor beschwindelt hatte!
Was würde der sagen, wenn er von die
sem verrückten Versuche erfuhr, zu dem
ihn der nette Kerl von Actuar da be
schwatzt hatte I
Hier sind wir sicher wie in Abra
ham'S Schooß!" beruhigte ihn sein
Lehrmeister. Ich denke, wir nehmen
jetzt einmal ein flotteres Tempo, Herr
Landrichter. Bis an die Chaussee
biegung dort, wo der Meilenstein steht,
werde ich'? wohl aushalten !"
Gut !" sagte der Landrichter, inner
lich fest entschlossen, nach diesem Ritt
Schluß zu machen und das gleißende
Radungeheuer nie wieder zu besteigen.
Nach einigen bedenklichen Schwan
klingen suhren sie denn auch loS. Der
Actuar trabte, daß ihm der Schweiß in
Strömen herunter lief und der Land
richter keuchte wie eine einlaufende Loco
motive. Links schärfer treten!" rief der
Actuar und der Landrichter gehorchte.
Dabei verloren sie leider beide den Weg
aus den Augen, den sie schon ziem
lich bis an die Waldecke zurückgelegt
hatten
Plötzlich bekamen sie beide einen fürcht
terlichen Stoß. Der Actuar stürzte!
der Landrichter flog förmlich von dem
tückischen Zmeirad und eine wohlthätige
slauvmoile hüllte ne aus ein paar Au
genblicke derart ein, daß sie von den bei
den llngiuasgeno en, die auf der ent
gegengesetzten Seite der Chaussee dem
gleichen zweifelhasten Vergnügen des
Lehrens und Lernen? der edlen ffahv
radkunst obgelegen hatten und so prompt
mit ihnen zusammengerödert tonten,
nicht gesehen werden konnten.
Donnerwetter!" fluchte der Land
richter. Welcher Esel hat mich denn
da umgesayren? '
Heinrich!" klang daraus durch die
Staubwolke hindurch eine Stimme, die
dem Landrichter unheimlich bekannt vor
kam, bist Du'? wirklich?"
Es war der Doctor, der sich von sei
nem Sodne, dem angehenden Schiffs
arzt, hatte verführen lassen, im Jnter
esse seiner Landpraxi? und zur Ver
hlltung der drohenden Fettleibigkeit das
Stahlroß zu besteigen, das der Sohn
während seiner Oceanfahrt im Eltern
Hause einquartieren wollte.
Mit dem ganzen Schmutz und
Staub, den ihnen ihre Purzelbäume
eingetragen hatten, fielen die beiden
Alten sich um den Hals, ohne ein Wort
weiter zu sagen. Nur ihre Augen
sprachen ein gegenseitiges Bitten und
Vergeben.
Erst am Abend, als sie wieder allein
am Stammtisch saßen, erklärten sie ein
ander die Geschichte ihrer heimlichen
Thorheit. Einer hatte sich vor dem
anderen genirt deZ früheren gemein
schastlichen Schimpfen? wegen! Es war
wirklich zu dumm! Zwei so alteFreunde,
sich so anzulügen!
Da sieht man's, wohin'S einen führt,
das Radeln!" brummte der Landrichter.
Zum Schwindler wird man!"
Na, eigentlich war's kaum geschwin
delt!" meinte der Doctor. Eilige Ar
deit war's und ein complizirter Fall
auch! Also. . . . ?" Und er lächelte dem
Freund verschmitzt in'? Antlitz.
Meinetwegen!" lachte der darauf
luftig, radeln wir weiter!"
Wann werde Krau ritt
Diese Frage wurde jüngst in einer
Tamengesellschaft aufgeworfen und wie
folgt beantwortet. Eine junge, schöne
Frau meinte: Sobald das Weib keine
Liede mehr zu erwecken im Stande wäre;
eine Andere behauptete: mit dem ersten
grauen Haar; eine Tritte: bei der Con
firmation des ältesten Kindes; eine
Vierte: wenn sich die ersten Runzeln
zeigen u. s. w. Schließlich, da man sich
über den Beginn deS Alters der Frau
nicht einig werden konnte, wurde die
Großmama, eine silderlockige Greifin,
zu deren sechzigster Eeburtagsfeier die
Gesellschaft stattfand, als Richterin be
rufen. Die Matrone sann einen Au
gcnblick nach und sazte dann schmun
zelnd: Kinderchen, wie kann ich daS
w'.ssen danach müßt Jbr eine alte
Frau fragen."
t?in aiscr,rt.
EintS Tage? bemerkte der Zar Paul
der Erste auf der WachtParade einen
Olfiiier, der sehr schlecht zu Pserde saß.
Solche Leute kann ich nicht gebrau
eben!" rief er dem kommandirenden
General zu. Sagen Sie dem jungen
Menschen, er solle sich auf seine Güter
scheeren."
Verzeihen Eure Majestät. ttz)exU
der General, er ist in txv.n Teufel,
der keine guter besitz'-"
So gebe man ihm welche," versetzte
der Zar kurz und ritt weiter.
Natürlich darf an einem Zarenwort
nicht gedeutet werden: der Offizier er
hielt daher von Staats wegen einen
Güterkompler geschenkt und beeilte sich
nun, dem Gebote deS Herrschers nach
zukommen. Er forderte vergnügt fei
en Abschied und begab sich auf
seine Güter.
Alter Radfabrer
(zu einer jungen Radlerin): WaS ist
Ihnen denn, als Sie fahren lernten,
am härtesten vorgekommen, Fräulein?"
Radlerin: Der Erdboden."
Im Liscnbahncouxee,
Junge Dame (die heimlich niit ihrem
Liebhaber entflohen ist, beim Morgen
grauen): Um die Zeit wird Mama
gewöhnlich mach und sieht nach der
Uhr."
Er: Dann wird sie Dich gleich ver
missen!"
Sie: Mich noch nicht, aber die
goldene Uhr!"
Abgewiescn.
Professor, (sich beschwerend): Unter
mir wohnt seit 14 Tagen ein Student.
Der unverschämte Mensch singt jeden
Abend zum Klavier: Komm' herab,
o Madonna Theresa! WaS soll .
ich da thun?"
Polizeicommissär: Heißen Sie The
resa?"
Professor: Nein!" ,
Polizeicommissär: Nun, dann bmu
chen Sie sich auch nicht darum zn be
kümmern!" Der kleine ljans.
Papa, warum find die Fische eigent
lich stumm?"
Dummer Junge, kannst Du denn
sprechen, wenn Du unter Wasser bist?"
Die schönste Sxracke.
Er: Dieser Kuß soll Dir alles
sagen?"
Sie: Ach, bitte, bitte .sage eS noch
'mal!"
Uneigennützig,
Bankier: ....Bist Du denn auch
überzeugt, liebes Kind, daß Dich der
Lieutenant aufrichtig liebt?"
Tochter: .O, gewiß Papa! Er hat
ja gesagt: Und wenn ich eine M i l
li on als Mitgift hätte er könne
doch nicht von mir lassen !"
Auch ein Benefiz.
Herr (zum Regisseur einer Schmieren
truppe): Warum spricht denn heute
Ihr Souffleur so laut? Man kann
ja die Schauspieler kaum mehr ver
stehen!"
Regisseur: Ja, wissen Sie, der
hat heute seine Benefiz.Vorstel
lung!"
probat,
Wie hast Du es nur gemacht, daß
Dein Rechtsanwalt sich so sür Deine
Sache interessirt?"
Ich hab' ibn anaevumvt. Verlier'
ich nun den Prozeß verliert er sein
eiv mili"
Ein klassischer Zcldmebel.
Einjähriger: Heut' sind Sie wieder
einmal geistreich!"
Feldwebel: Ja, i' bin halt wie
der alte Cäsar sagt a 'w e n i ' wie
der witzi'!"
Hie eingebildete Kranke.
Frauenarzt (dem eine Patientin in
halbstündiger Rede alle erdenklichen flei.
den vorklagt): Also das Alle? haben
sie. meine Gnädige Nun, do
fehlt Ihnen ja eigentlich gar
nichts !"
Kindliche NaiveUt.
Onkel (der dem kleinen Karl ver
sprachen, ihm eine schöne Geschichte zu
erzählen, beim Mittasessen: ck
nicht mehr, ich p l a tz e I"
riazen (schnell,: Aber. Onkel,
vorher mußt Du mir noch die schöne
Geschichte erzählen!"
verschnaxxt.
Baron: Johann, von meinem Port
niein mub fcrnntih mit,;.! mix
.... u M.ii.niiicu. -pullen
Sie auf, damit ich den Kerl erwische!"
äs., ri.-v ix .-N . .
Hiui. ,u?oii oaql geven,
JVrr 9Wnn h- A Ix.. i
V vu v ii 11 r ii w i
uns nicht gefallen lassen !"
verkannt.
Ich glaube, lieber Neffe. Tu kannst
meinen Tod gar nickt abwarten ,i,
meinem Gelde zu kommen!" ,
Ader Onkelchen. sür wie schlecht
hältst Tu mich! Mußt Tu denn durch
aus zuvor sterben?!"
Ein kleiner 5chlaule,
Tie Mutter fast in rinA,..
. , ' 0 U nt VU V
deute ,n die schule angemeldet werden
,'oll: .Komm', lauf. Fritzcken. sonst
nimmt man Tich nicht mehr in die
Scdule auf!"
Ader Fritzchen hat sich dai hinter die
Ohren geschrieben und tW i
Weilchen zur Mama: Ach was. Mama,
wir wollen lieber nicht so schnell lauien!"
Schade.
.Ich gestatte mir. um die Hand Ihrer
Fräulein Tochter anzuhalten."
Reichn Banquier: .Ich habe ja gar
keine Tochter."
Richt? O. das ist aber sehr schade'.'