Sein Steckenpferd. Humorrskk oii Wilhelm ! eschen. Unvermeidlich wie das Fatum stellte sich beim Beginn der grossen Ferien schon seit fünf Jahren der Berliner Pro sessor der Archäologie, Dr. JustllS Fal kcnberg, bei seinem Bruder, dem Apo thekettdesitzer Fritz Falkenberg in Hones. dem deutschen Niz,a, ein. In früheren fahren hatte der Professor seine großen Ferien in Seebiidern zugebracht, aber das Leben hatte ihm eines schönen Ta geS dort nicht mehr behagt, er war älter und bequemer geworden. Bei seinem Bruder fand er ein wahres Heim, schone, geräumige Zimmer und eine solche nach jeder Richtung hin ihn befriedigende Verpflegung, das, der fünfzigjährige Junggeselle geradezu strahlte vor Wob behagm. Wenn er mit seiner hohen, breiten und vollen Gestalt und dem harmlos freundlichen Geficht durch die Straßen schritt oder auf den Promena den herumspazirte, dann sandte ihm mancher hohlwangige und engbrüstige Kurgast einen neidischen Blick nach. Die beiden Brltder waren reich von Hause aus. Der Apotheker zählte zwei Jahre weniger und war schon feit zehn Jahren Wittwer. An der Spitze seines Haushaltes stand jetzt fein einziges Kind, seine zwanzigjährige Tochter Marie. Unterstubtgwurde diese dur h eine ersah rene Köchin, eine Perle ihrer Art, wie der Professor sie nannte. Fast bei jedem Mahle sah er sich zu dem Ausruf ge drängt: DaS Weib versteht seine Sache brillant!" Zwischen den Brüdern herrschte eine selten schöne Eintracht bis aus einen Punkt; denn vollkommen ist ja leider nichts auf dieser schönen Erde. Der Professor hatte sein Steckenpferd welcher deutsche Gelehrte hat das nicht zumal wenn er Junqeselle ist. Da war die Graphologie: die Kunst, den Charakter einer Person au? seiner Handschrift zu erkennen. Der Apotheker aber hielt sie für eine Spielerei und hatte dafür das fürchterliche Wort Mumpitz". Doch der Professor kränkte sich schon lange nicht mehr über solchen Bardarismus seines Bruders; denn aus dessen Handschrift hatte er erkannt, daß derselbe flüchtigen Mistes sei: dem na turgemüß jedes ernste und tiefe Ein dringen in die Geheimnisse einer Wis- senschaft ein Gräuel sein mußte. Die ser lebensfrohe Mensch konnte sehr genau den Jahrgang eines Rbeinweines durch den Geschmack seiner Zunge angeben, aber ein wissenschaftliches Problem durch Scharfsinn und Nachdenken lösen un möglich! Daher Gnade mit dem Armen! Ost fand flch der Professor nach seinem Spaziergang fo gegen zehn Uhr in der Ossizin ein und war seinem Bruder und den beiden Gehilfen, die alle Hände voll zu thun hatten, sehr im Wege. Da sein Vater ebenfalls Apothekenbesitzer gerne sen war, verstand er sich ein wenig auf die Kunst, Rezepte zu lesen. Seit dem Frühjahr war ein neuer Kceisphysikus nach Honef gekommen, und als der Profeffor in den ersten Tagen seiner Ankunft davon hörte, reizte es ihn, die Rezepte und die Handschrift desselben kennen zu lernen. Heute erwischte er ein von diesem geschriebenes Rezept und vertiefte sich sofort in seine geliebte Graphologie. Er prüste lange, dann erklang mit großer Sicherheit und Deut lichkeit das Urtheil : Der Kerl säuft." Die Gehilfen mußten die Stand gefäße, die sie gerade in der Hand hat ten, niedersetzen, so sehr schüttelte sie ein Lachanfall. Der Apotheker aber rief zornig: Laß doch den Unsinn! Es ist der Kreisphysikus, von dem Du sprichst !" Ja. da hilst alles nicht e? ist doch so hier steht's geschrieben!" Ach, Mumpitz!" Das Wort reizte den Professor schon lange nicht mehr, aber der Ton. in dem ti heute gesprochen wurde, ärgerte ihn, und so erwiderte er ernst: Ich kann Dir nur rathen, einschlägige Bücher zu lesin, etwa die: Graphologische Stu dien" von Langenbeck oder von Professor Prever Zur Psychologie des Schrei den", dann wirft Tu schon Respekt vor dieser Wissenschaft bekommen! Durch sie ist festgestellt, daß in der Handschrift der Charakter des Schrei berS in jeder Einzelheit der Handschrist zum Ausdruck gelangt, daß ferner. . . " Ich bitte Dich, höre auf! Erstens störst Tu unZ hier sehr, und zweitens kann der Kreisphs,!us jeden Augen blick kommen, eS ist seine Stunk! Der Herr verschreibt hier täglich seine zehn bis zwölf Rez'pte!" .Und trinkt ebenso viel Apotheker schnäpse! Sei ehrlich, Fritz, ist es nicht so?" Ter Apotheke mußte unwillkürlich lächeln und erwiderte: .Richt ganz s viel aber halb!" ,Ra also, stehst Tu, wie probat meine Wissenschaft ist ! So drückt ftch beispielsweise die Neigung zum Trinken nicht nur durch das Hochsetzen . . . . " .Ich bitte Dich, geh, der Kreisphy fikus kommt !" .Nun ja, Tu ängstliches Gemüth, ich will Tir den Gefallen thun!" Kaum war der Profetior im Neben zimmer derlchwunden, so betrat in der That d PhyfikuS die Apotheke. Schon feine Rase verrieth seine Paffion durch die satte, purpurne Färbung an ihrer dicken Sp tze. Während n innerhalb einer Halden Stunde ein Tutzend Re zepte verschrieb, deren jedkZ er mit for taktischen Bemerkungen begleitete, tranl er drei läser Malton.Shnry. Tann. aS a fertig mit dem .Berschniben" war, ließ er sich ächten DrSherry geben. Er trank auch hiervon drei Gläser. Inzwischen spazierte der Prosessor im Garten und bewunderte den herrlichen Rosenflor. Tort traf er seine Nichte Marie, eine stattliche Blondine mit aw genehmen und feinen Zügen. Er brach eine prachtvolle Centifolie und sprach, indem er sie ihr überreichte, mit seinem angenehmen humoristischen Lächeln: Gestatte, Du Verlassene, daß ich Dir m Abwesenheit Deines Bräutigams, des allweisen Richters von Honef, diese Blume überreiche. Ich begreife es nicht, wie der Verlobte einer solchen Braut eine Erholungsreise antreten konnte." Ich nehme die Rose mit ehrerbietig cm Danke an. werde aber nicht et- mangeln, meinem Bräutigam sofort nach seiner Ankunft, die heute oder morgen erfolgen wird, von Deiner schweren Anklage Mittheilung zu machen. Fürchterlich! Die Angst schüttelt schon mein Gebern Die mächtige Gestalt des Professors war plötzlich zusammengesunken, seine Kniee schlotterten, und sein Gesicht zeigte einen so drollig ängstlichen Aus druck, daß Marie herzlich auflachen mußte. Als aber dieses melodische Lochen ein disharmonisches Echo fand, ahm der Professor mit einem Ruck eine imponirende Haltung an, und sein klares Auge fiel strafend auf die perfekte Köchin, die unbemerkt sich genähert und das Lachen ihrer Herrin begleitet hatte. Er war undankbar genug, in diesem Augenblick alle die kulinarischen Ge- niisse, die ihm Anna, die Köchin, be reitS bereitet hatte, völlig zu ergessen und fte in wenig zarter Welse anzu schreien. Die Köchin hatte das Schma benalter soeben erreicht und nahm die harten Worte des Professors mit klassi. scher Ruhe auf. Ich wollte nur gehorsamst fragen," sagte sie mit einem leisen Anflug von Ueberlegenheit, ob ich nicht vielleicht einen Kuchen zum Kaffee backen soll?" Wie kommst Du zu der Frage?" fragte Marie. Ach Gott, der Müller schrie mir durch das offene Küchenfenster in aller Eile zu, der Herr Amtsrichter sei soeben angekommen." Marie's Antlitz glühte vor freudiger Ueberrafchung. Gewiß, Anna, mache, was Du willst." Die Köchin warf dem Professor einen sprechenden Blick zu, der, in Worte ge kleidet, etwa also lautete: Na, siehst Du wohl, wie anständig die mich be handelt. Tu lgrodian !" Dann nickte sie ihrer Herrin beinahe herablassend zu und eilte, so schnell, wie ihre gewich- tige, runde Figur es erlaubte, dem Hause zu. Ich bin gespannt auf den lungen Amtsrichter und sri chen Bräutigam , sagte der Professor, welcher diesen noch nicht kannte, da derselbe erst seit sechs Ultonaten lein jetziges Amt bekleidete. Marie entwarf dem Onkel ein sehr günstiges Bild von demselben. Während Anna mit Eifer mit dem Anrühren des Kaffeekuchens beschäftigt war, klopfte Jemand sie auf die Schul ter. Mit einem Schrei der Ueber- raschung wandte sie sich bastig um, daß sie dem Attentäter einen Brief aus der Hand stieß, der feinen Weg schnurstrack! nach dem Kohlenkasten nahm. ,Ach Gott, Müller, Sie sind eS ! Wie kommen Sie dazu. ,mich so zu schrecken?" Müller warf erst einen besorgten Blick auf den entflohenen Brief und dann einen verliebten auf Anna. Er war der Gerichtsdiener. ein Mann von vierzig Jahren, dem die Köchin mit ihrem Erbtheil und ihren Ersparnissen von rund fünftausend Mark eine be gehrenswerthe Partie erschien. .Ach nee, Müller, Morgens habe ich für die Blicke keine Zeit, die müssen ie sich schon für den Abend aufbewah ren ! Was ist denn da in den Kohlen kaften geflogen?" Der Brief des Herrn Amtsrichters an Fräulein Mnne !" Ach, Du liebes Herrgöttchen von Biebernheim !" kreischte sie erschrocken und holte mit einem kühnen Griff den Brief aus dem schwarzen Versteck. Aber blinder Eiser schadet nur: daS bischen Kohlenstaub hätte dem Brief nichts ge schadet, doch die Abdrücke von AnnaS fettigen Fingern, die waren unvertila- bar. Als sie das Unglück sah, machte sie eine solche Jammermiene, daß Mül ler ihre mächtige Taille zärtlich umfaßte und tronend al 0 brach: .5!a enSiees nur gut sein, Aennchen, daS Malheur ist nicht so groß !" .Aber so kann ich den Brief meinem Fräulein doch nicht übergeben !" ,?!ein. nein, daS tollen Sie auch nicht ! Säubern Sie erst mal Ihre Fin gcr. und dann holen Sie mir ein neues Couvert!" .Was wollen Sie mach.-n. Müller?" .Eine Kleinigkeit bloß, die Krähen süße hier nachmalen !" ,sie wollen den Brief öffnen r .Warum denn nicht? Sollen Sie denn Vorwürfe von dem Fräulein und einen ordentlichen Wischer vom Amtsrichter erhalten? Ober sollen wir gar den Brief unterschlagen?" .Um des Himmels willen nicht !" .Also dann schnell, holen Sie Cou vert, Tinte und Feder !" .der den Brief nicht lesen !" .Ich denke nicht daran ! Liebesgesäu sel und gar von einem Amtsrichter entsetzlich!" Während Anna das Gewünschte her- beischaffte, öffnete Müller vorsichtig mit Hülse seines Zaschenme ers den Brief' Umschlag. Er hatte seine Fähigkeiten nicht überschätzt, in kurzer Zeit war eine neue Adresse geschrieben in Schriftzüge, die auf den ersten Blick denen deS Amtsrichters täuschend ähnlich sahen. So, Anna, das wäre geschehen Hier haben Sie den saubersten Brief von der Welt!" Anna rieb ihre Hände noch einmal gründlich mit ihrer weißen Schürze ad und nahm dann den Brief. DaS haben Sie wirklich gut ge macht. Müller ! Aber halt, eines fehlt och, auf der Rückseite der Absen der !" Muß das sein?" Jawohl, das muß sei, das ist unser Fräulein von Anfang an so ge ivohnt. Wenn sie den Namen liest, dann prüst sie nicht einmal mehr die Adresse." Müller schrieb also auch noch den Absender auf die Rückseite des Brief Umschlages, und Anna eilte in den Garten, wo sie ihre junge Herrin noch mit dem Onkel Professor antraf. Hier, Fräulein, ein Brief vom Herrn Bräutigam !" Freudig erregt nahm Marie den Brief, öffnete hastig, ließ das Couvert achtlos auf den Boden fallen und las mit po chendem Herzen die Zeilen des Gelieb ten. mit denen er sich zum Nachmittags kaffee ansagte. Anna hätte gern das Couvert vom Boden aufgenommen, doch der Blick des Professors schreckte sie ab, und sie eilte in ihre Küche zurück. Kaum war sie verschwunden, so bückte sich der Prosessor eiligst und nahm den Briefunschlag vom Boden auf; er brannte darauf, die Schriftziige des Aus erkorenen seiner Nichte zu sehen und zu prüfen. Kaum aber hatte er genau die Schrift geprüft, so rief er unwillkürlich laut : Ter Mensch säuft i auch!" Was mein t Du, Onkel ?" fraate Marie, die den Onkel nicht verstanden hatte." Ist der Brief wirklich von Deinem Bräutigam?" Dabei fiel ein Blick des Mitleids auf seine Nichte. Gewiß, Onkel, von Fritz !" Armes Kind! Du thust mir leid!" Aber Onkel! Was meinst Tu ?" Ich halte es für meine heilige Pflicht. Dich zu warnen! Ich muß Dir sagen, was diese Schriftzüge mir klar und deut lich verkünden !" - So 's I Da bin ich doch recht neu- gierig!" Sie verkünden mir, daß der Schrei- der ein Trinker und ein Raufbold ist!" Aber Onkel! Fritz trinkt nicht, er raucht nicht einmal und ist der friedlie- vendste !vcench!" Die Liebe ist blind, aber meine Wis- senschaft ist hellsehend!" Deine Wissenschaft ist ein Unfug, ein Verbreche! Jawohl, ein Verbrechen, denn sie verleumdet die Menschen, sie schneidet ihnen Ehre und guten Ruf ab! Du wirst Dein Urtheil nicht nur zurück nehmen, sondern sogar gründlich än dern!" Nein, das kann, das darf ich nicht!" So spann sich der Streit zwischen Onkel und Nichte noch lange und heftig fort, bis schließlich auch der Apotheker mit hineingezogen wurde. Natürlich hielten Vater und Tochter zusammen und gingen gemeinsam mit heftigen Vorwürfen dem Professor zu Leibe. Puterroth vor Zorn schrie der Apolyeier fchließlich : So lange Deine Manie kein Unheil anrichtete, habe ich Tir freien Willen geladen, aber jetzt, wo Tu mit derselben Unfrieden in ein glückliches Laus. Zwietracht zwischen ein glückliches Paar ringen miufl, oa verbiete ich Tir allen Ernstes, noch irgend eine Handschrift in meinem Hause zu charakterisiren! Jetzt habe ich genug von dem Unsinn, der ge scheidte Menschen verdreht und brave Leute unglücklich machen kann!" Der Professor lenkte ein. und der Friede wurde geschlossen. Beim Nachmittagskaffee lernte der Onkel den Amtsrichter kennen; er machte einen guten Eindruck auf ihn. umso mehr that eS ihm aufrichtig leid, daß der angenehme, kaum dreißigjährige Mann so häßliche Fehler besaß. Trinker und Raufbold! So sagte deutlich die Handschrift, und doch war das Auge des Amtsrichters so hell, klar und sanft, daß der Prosessor beinahe geneigt war, seiner sehr geliebten Wis senschaft in diesem Falle Unrecht zu ge den. Jedenfalls nahm er sich vor. zu schweigen und zu beobachten. ES wäre wohl alles glatt verlaufen, wenn nicht der Apotheker am späten Abend und in guter Weinlaune den Bruder gehäuselt und dem Amtsrichter daS Ergebniß der Graphologie verra then hätte. Der Amtsrichter war ein friedlieben der Mensch. Unter gewöhnlichen Um standen würde er über den AuSspruch des Professors erhaben gelächelt haben, aber ein verliebter Wenn ist sehr empfindlich, wenn seine Eigenschaften in Gegenwart der Geliebten in ein schlechtes Licht gestellt werden. So ärgerte er sich sehr, aber er sagte nichts. solange die gemüthliche Sitzung bei der Bowle dauerte. Bevor er jedoch nach Haufe ging, fand er Gelegenheit, mit dem Professor unter vier Augen über dessen Aeußerung zu sprechen. Diesem war die Sache höchst peinlich, gern hatte er sich durch eine Lüge aus der Schlinge gezogen, doch bai wider strebte feinem ftenen Charakter, und so gab er unumwunden zu, was die Schristzüge ihm gezeigt hatte. Da! aber war anch dem friedliebenden Amts richter zu viel ; eS kam zu einer heftigen AuSeinanderfetzung, und der Amtsrich ter ließ sich so weit hinreißen, Genug thuung mit der Pistole zu sordern, wenn der Prosessor nicht revozire. Die lauten Stimmen der Streiten den riefen schließlich den Apotheker nebst Tochter herbei, und so war das Un glück da. Der Amisrichter bestand auf Satis faktio und eilte höchst ausgeregt nach Hause. Der Professor goß Oel in'S Feuer, indem er die Forderung zum Duell als einen Beweis für die Richtigkeit der Graphologie hinstellte. Im höchsten Zorn schieden die beiden Brüder von einander, daS erste Mal in ihrem gan ze Leben. Noch niemals hatten die vier Bethei 'ligten eine so schlechte Nacht als die kommende. Wohl noch niemals wnrde die Graphologie so hestig verwünscht und verflucht wie in jener Nacht. Der Apotheker warf im Traum den Bruder zum Haufe hinaus. Marie sah ihren geliebten Fritz mit durchschos sener Brust auf dem grünen Rasen liegen. Der Professor überlegte die ganze Nacht, ob er feiner geliebten Grapholo gie die Schande anthun dürfe, sie durch eine Lüge bloßzustcllen. Dieser Kampf preßte ihm Seufzer über Seufzer ab. und doch konnte er zu keinem Entschluß kommen. Schon in aller Frühe war er auf den Beinen und eilte ins Freie. Die ihm entgegenkommenden Bekannten fragte er nach dem Charakter des Amtsrichters und erhielt zu seinem größten Erstau neu von Allen die beste und günstigste Auskunft. Sonderbar! Sollte seine geliebte Graphologie ihm dennoch einen Streich gelpiklt yaben k Tief unglücklich kam der arme Mann zu Hause an. Er war in einer Stim mung, daß er am liebsten die Pistole auf seine eigene Brust gesetzt hätte. Marie hatte schon um neun Uhr Morgens den Bräutigam zu sich bieten lasten, und es gelang ihren Bitten, ihn versöhnlich zu stimmen. Sie wollte ihn sofort mit dem Onkel zusammenbrin- gen; doch das lehnte er entschieden ab. er wollte lieber schreiben, da wäre man ruhiger und achlicher. Aber bitte, schreibe artig und nicht venepeno r Gewiß, das thue ich aern. denn n- stens ist er Dein Onkel, und zweitens ziemt es sich nicht für einen preußischen Richter, Jemand zum Duell heraus,- sorocrn. Ich werde dafür Sorge tragen, daß der Onkel Tir freundlich antwortet." Der Amtsrichter begab sich sofort nach Hause und schrieb seinen Brief, den er an den Professor absandte. Als dieser am Nachmittag das Schreiben erhielt und durchlas, wurde sein Blick immer erstaunter und sein Gesicht stets länger. Aufgeregt rief er nach feiner Nichte, und als diese kam. da rief er ihr ent- gegen: Schau' mal her, ist daS wirk- lich die Handschrift Deines Bräuti- gams?" Natürlich !" Ader mein Gott, das ist doch eine ganz andere Handschrift als die, ans welcher ich meine Schlüsse zog I Hier ist das Eouvert und hier der Brief I" Bei einer gründlichen und peinlichen Untersuchung kam nun durch das Be- lennmitz der perfekten Köchin die Wahr heit an den Tag. Selbstverständlich eilte der Professor sofort zum Amtsrichter, klärte das Mißverstündniß auf und bat um Ver zeihung. Durch die Aufklärung war der Amtsrichter in solch glücklicher Stimmung, daß Müller mit einem strengen Verweis davon kam. Zu seiner Genugthuung erfuhr der Professor auf seine Erkundigungen hin, daß der Gerichtsdiener Müller in der That manchmal ein Glas über den Durft trank und dann ein kleiner Krakehler war. Der Professor seufzte erleichtert und froh auf die Unfehl barkeit feiner geliebten Graphologie war gerettet. ver kluge General und pfiffige Lieutenant. der Freiherr v. Schlicht nennt sich ein I Berliner Autor, der sich seit einiger Zeit durch seine Militär Humoresken wirklich flotte, gut vorgetragene Humo resken bemerkbar macht. Im .Klei nen Journal" schilderte er dieser Tage die Borgange bei dem von den Offizier korpS geübten Kriegsspiel, und bei die ser Gelegenheit giebt er folgende Remi niscenz zum Besten. Ich möchte heute eine kurze, lehrreiche Geschichte erzählen, die sich einmal zu trug, alS auch Krieg gespielt wurde, zwar nicht im Zimmer, sondern in GotteS freiet schöner Natut. Die Vorgesetzten haben bekanntlich immer Recht, weil sie Alles besser wissen als ihre Untergebenen. Die nachfolgend Geschichte lehrt nein, waS sie lehrt, daS sage ich nicht. ES war in einem Manöver irgendwo im schönen deutschen Vaterland. TaS Tetachement der Rordpartei hatte unter der Führung feines Generals einen großen Fluß zu überschreiten. Schon von Weitem merkte man dem Herrn General eine gewisse Unruhe an, man konnte ihm das schließlich nicht erden len. den der Fluß war breit und tief. und wenn die eiserne Brücke brach, dann konnte ihm die Sache schlecht be kommen, sintemalen er siir das Lebe seiner Untergebenen verantwortlich war. Der Herr General setzte seinen Gaul endlich in Galopp und ritt voran, um sich persönlich von der Beschaffenheit der Brücke zu überzeuge, und als das Detacheinent herantam, sah man den Herrn General im eifrigen Gespräch mit dem Brückenwärter. Die Befürchtungen deS Herrn Gene ral erwiesen sich als grundlos, die Brücke hielt und wohlbehalten langte das Tetachement auf dem jenseitigen User an. Da ließ der Herr General plötzlich halten und berief die Herren Offiziere zu sich. Meine Herren, ich habe Sie zu mir gebeten, weil ich diese uns sich so leicht nicht wieder bietende Gelegenheit be nutzen möchte, um Sie darauf aufmerk sam zu machen, wie schwer es ist, die Breite eines Stromes auch nur an näherend richtig zu schätzen. Ueber die Wichtigkeit des richtigen Entsernungs schötzens brauche ich wohl kein Wort zu verlieren, Sie wissen Alle ebenso gut wie ich, daß von dem richtigen Ermit teln der Entfernung die Wahl des BisirS, der Haltepunkt und, hauptsäch lich damit zusammenhängend, die Treff resultate abhängen. Ist es schon auf dem Lande sehr schwer und erfordert es dort schon große Uebung, Entfernungen richtig zu ermitteln, so wächst diese Schmierigkeit, wenn wir eine Fläche schätzen sollen, die völlig eben ist, auf der sich dem Auge keine besonderen Merkmale bieten. Dars ich Sie nun bitten, meine Herren, sich die Breite des Stromes anzusehen und mir dann zu sagen, zu welchem Resultat Sie ge- kommen sind? Herr Oberst, darf ich Sie zuerst fragen, für wie breit Sie den Fluß halten?" Der Herr Oberst klemmte sich das Monocle ein und sagte nach kurzem Be sinnen: Fünfhundert Meter, Herr General." Ein väterlich wohlwollendes Lächeln umspielte den Mund des Vorgesetzten: Ja, ja, Herr Oberst, daS ist nicht so leicht, das bedarf großer Uebung. Herr Oberstlieutenant, wie denken Sie?" Der Herr Oberstlieutenant, der sich bei dem Herrn Oberste mächtig schusterte", meinte, er wäre derselben Ansicht wie der Herr Oberst, und der Herr Oberst nickte seinem Etstsrnäßigen zu, als wollte er sagen: Wir Beide haben Recht." Und wie denkt der Herr Major über die Sache?" Ich halte fünfhundert Meter für etwas weit, mehr als vierhundertfllnf undsiebzig sind es nach meiner Meinung kaum." Das klang gelehrt und sclbstllber zogen" und der Herr General hatte als einzige Antwort nur ein keineswegs väterlich wohlwollendes Kopfschütteln. Nach dem Herrn Major kamen die Herren Hauplleutc. dann die Herren Lieutenants und nun wurde darauf iosgerarym: iuw Bieter, üüü Meter, 300 Meter, 1200 Meter." Das metert" sich was zurecht. Der Herr General rang auf seinem Gaul die Hände und schüttelte sich vor Entsetzen, wenn eine Entfernung ge nannt wurde, als wenn er jede Sekunde einen Becher Ricinusöl einnähme. Aber, meine Herrn, ich bitte Sie fallch, ganz falsch aber, meine Herrn, machen Sie doch Ihre Augen auf kann denn Niemand mir eine wenig stens annähernd richtige Schützung an-geb-n?" Da trat ein ganz blutjunger Lieute nant vor und legte die Hand an den Helm. Sie, junger Freund?", sprach der Herr General anscheinend etwas der wundert, .da bin ich doch begierig nun, für wie breit hallen Sie den Strom?" Und ohne Besinnen sagte der Ge fragte : .Einhundertsiebenundachtzia Meter und dreiundvierzig Centimeter." lleberra cht blickte der General auf. dann versank er in tiefes Nachdenken. Hm, hm," machte er endlich. .Ihre Schätzung hat etwas für sich ie mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu der Ueberzeugung, daß sie wohl richtig fein könnte. So würde auch ich die Breite des Flusses geschätzt haben. Darf ich Sie fragen, wie Sie die Ent fernung ermittelten, welche Art Sie anwandten, um die Breite so genau zu bestimmen? Und ohne sich zu besinnen, sagte der junge Offizier, die Hand an den Helm legend : .Ich habe auch den Brllckenwärter gefragt. Herr General. Tableau. in atipus. Junge Frau: .Aber, Karl. Tu haft mir immer gesagt, das Wirthshaus leben sei Tir schließlich verhaßt gewesen und Du habest die Kameraden um ihr Heim immer beneidet und nun gehst Tu doch in die Kneipe!" Mann: LiedeS Frauchen, nur um mir 'mal wieder meines jetzigen Glücks so recht bewußt zu wer den!" Ein neidigkr XiAttr. .Angeklagter, den Einbruch haben Sie nach Angabe der Zeugen nach Mit ternacht verübt; sind Sie ver heirathel?" .Ja!" .Dürfen Sie denn Abend! so lange ausbleiben?!" lHoitetne Vic,,s,bote. Hanni, ich bin mit Ihnen sehr zu frieden und werde Ihnen deshalb von nun an, anstatt alle vierzehn Tage, jede Woche einen halben Tag frei geben!" Aber, gnädige Frau, da bitt' ich anch um Lohnerhöhung!" Auch. Onkel: Jetzt hast D einen neuen Klavierlehrer da wird wohl recht fleißig gespielt?" Nichte: Gewiß, Onkelchen gespielt wird auch," Seine Auffassung, Ein Straßenjnnge guckt durch daS Fenster einer Studirstnde, i welcher der Professor steht und die Kurbel einer Elellrisirmaschine dreht, deren Konduk tor er Funken entlockt. Der Junge eilt z seine Kameraden und rust: Kommt doch 'mal sehen, der Professor dreht sei nen Leierkasten, daß die Funken heraus fliegen, aber bringt keinen Ton her vor." Lbkl,chcs Zdll, Wie hatten sich die Beiden So lieb vor Jahr und Tag, Kein Zufall konnt' sie scheiden, Zwei Herzen und ein Schlag. Verbliche ist der Schimmer DeS Glücks von dazumal; Zwei Herzen sind's noch immer -Doch Schläge ohne Zahl! (Saiincrlnimor. Wachthabender (, einem eingeliefer ten Strolch): Haben Sie Etwas in der Tasche?" Ja." Her damit! Was denn?" Ein Loch." Macht in Scwowcheil. Rafeur (zu einem Kunden mit ziem lich kahlem Kopfe, welchem er die Haare geschnitten): Bitte, wünschen Sie das Haar in der Mitte oder auf der Seite gescheitelt?" Sä wächst der Mensch, Commis (mit starkem Cmbonpoini): Ich begreise nicht, weshalb Sie mir jetzt nach zehnjähriger Thätigkeit plötz lich kündigen? Ich habe doch immer meine Pflicht gethan." Prinzipal: Das ja, aber Sie neh wen mir allmählig zuviel Plag weg." pamdox. Dame: Sagen Sie 'mal. Herr Lieu tenant, ist denn die tropische Hitze wirk- lich o fürchterlich?" Lieutenant: Versichere Sie. Gnä- digste, wenn ich nur daran denke, lüuft's mir noch kalt den Rücken hinunter!" Schwer glaublich. Erster Student: Tu, pump' mir zehn Mark." Zweiter Student: Hab' keine." Erster Student: Was? Dein Aller hat Dir doch heut' Morgen fünfzig Mark geschickt!" Zweiter Student: Ja, aber unter der Bedingung, daß ich sie allein der saufe!" verfänglich, Herr (zum Dienstmädchen): Gehen Sie 'mal gleich zum Arzt, er soll zu meinem Vetter kommen; auf dem Rück wege können Sie auch beim Thierarzt anklingeln!" Dienstmädchen: Soll der auch zu Ihrem Vetter kommen?" Herr: Nein, den gebrauche ich per sönlich!" Gut gegeben. Tante: Aber Fritz, schäme Dich doch, daß T nicht versetzt worden bist!" Fritz: Warum denn, Tante? Tu bist ja auch sitzen geblieben." Anregung. Wie viel kostet Dein neues Kleid, liebe Alma?" .Nicht viel, einen Ohnmachtsanfall und zwei Küsse." Tas ist freilich sehr bescheiden, da muß ich mir auch ein solches an schaffen." vorsorglich, Gnädige Frau, ich möchte recht schön bitten, mich nach Hinterstadt fahren z lassen!" Ja, waS haben Sie denn dort zu thun?" Wissen gnädige Frau denn nicht, daß die Dragoner nächsten Monat von, dort hierher verfetzt werde? Da möchte ich halt heut' hinfahren und mir jetzt schon einen 'raussuchen, damit mir nicht wieder der Schönste weggeschnappt wird!" Webe dem, der lügt! Einem Gast wird beim Mittagessen u. A. Braten fervirt. Ta er keinen be sonderen Appetit mehr hat, entschließt er q. venfetoen zum bciiddrod zu verzehren, genirt sich aber dieses dem Kellner zu sagen. .Wickeln Sie mir 'mal den Braten in sauberes Papier ein!" bemerkt er diesem ich will ihn meinem Hund mitbringen!" Kellner (nach einigen Minuten): .H'er ist der Braten ich erlaubte mir noch einige Knochen zuzulegen!" Carum. Herr Toetor, darf ich Sie aus heute Abend zu einem Gläschen Punsch ein laden !" .Gnädige Frau. Ihr Punich ist mir I Befehl!" Y c