Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 10, 1896, Image 11
.fi L-. . .ü- ,,.,.,v, .,. AAX1 wkcL Die Folgen eines Schneetreibens. Bon Tagobkrl . crbadl Amnnlor. Ob denn die Kleine ichi bald kom wen wird?" sagte der geheime Finanz rath schnell halblaut zu sich selber, in dem er durch den Qualm seiner Pfeife einen' prüfenden Blick nach dem über dem Blicherschranke hängenden Regula tor warf. Aus Frauenzimmer ist doch nie Per laß," brummte er ärgerlich, Else sagte mir doch, sie wurde bis halb Fiins be stimmt zurück sein, und nun ist eZ halb Jllns längst vorbei. - Der Herr Geheimrath, ein Wittwer, dem die vorangegangene Eheliebste das blonde Töchterlein Elfe als einziges Psand ihrer Liebe zurückgelassen hatte, wohnte in einer aus den Kreuzberg bin führenden Strasze. Wenn er den Kops zum Fenster hinausstreckte, dann konnte er im Somnier die neuen Anlagen des Kreuzberges bewundern; heute freilich, an einem trübe Wintertage, war da von keine Rede; still und todt lag der Kreuzberg, still war es unten aus der Straße. Der Wind sing an, immer toller zu heulen, und auf der Fenster briistung draußen begann es allmählich weist lu schimmern. Der erste Sckinec! und die öians. die Marie, hatte sicher keinen Schirm mit genommen! Diese vermaledeiten Win tervergnllgen! Nun fing das Elend mit den Theegesellschaften, Diners und Bällen wieder an! Oh, wie er diese Abende haßte, an denen er dem Kinde zu lieb in den altersgrauen Frack schliipsen und um seinen Hals daS einzige Ordensband schlingen mußte, das er in langer Dienstzeit gewonnen hatte. Immer ärgerlicher und ungeduldiger wurde Papa Schell: endlich horchte er ahnungsvoll aus, als das Geräusch der ohne vorhergegangenes Klingeln ge öffneten Corridorlhür an sein Ohr klang. Strahlend mit lieblich gerötheten Wangen, stürmte Schön-Elschen Über die Schwelle, indem sie den frischen Hauch de Wintertages in die taba! duftende Stube mit herein brachte. Guten Tag, mein lieber Papa!" Sie hing am Halse des Gehcimraths und drückte ihm ihr schwellendes Kir schenmündchen auf die schon wieder streng gerunzelte Stirn. Habe ich Dich ein klein wenig warten lassen? Sei nur nicht böse DaS arge Unwetter hat mich abgehalten." Verwundert musterte Papa Schell sein blondes Kind, dessen Antlik und Gewandung auch nicht die leiseste Spur von dem draußen nreoerwiroeinven Schnee zeigte. Du bist ja ganz trocken: wie haft Du denn dies Wunder bewirkt?" Wir sind gefahren, Papa." Die Antwort kam etwas unsicher über ihre Lippen. Hattest Du denn Geld bei Dir?" Nein. Papa, daZ war nicht nöthig. Rino hi1 hii nnfprprt 5Hilhrrt miihiir kenden Herren, der mit uns zugleich das Haus verließ, bemerkte, daß Marie keinen Schirm mitgebracht hatte. Sie können bei diesem Wetter unmöglich zu Fuß gehen," sagte er besorgt, gestatten Sie, daß ich eine Droschke herbeiwinke." Als ich dagegen protestirte, weil ich doch kein Geld bei mir hatte und auch Marie ohne Geld war, erklärte er dringend : Die Droschke gehört mir, ich will sie zu meiner Rückfahrt benutzen, und ich bitte um die Ehre, daß Sie, gnädiges Frau lein, und ihre Begleiterin mit zu mir hereinsteigen, damit ich Sie vor ihrer Thür absetzen kann."' Und daS haft Tu angenommen?" Was blieb mir anderes übrig, Papa? Der Schnee liegt fußhoch, und ich durste doch meine neuen Stieselchen nicht verderben." Sie hob ihr Kleid etwa? auf, und schob eines ihrer kleinen in rothem Sasfianlederftiesel steckenden Füßchen vor. Hm. hm ! Weißt Du übrigens, daß ich eS nicht liebe, wenn sich meine Toch ter von einem fremden Herrn eine Droschke bezahlen läßt? Wie heißt denn der dreiste Bursche, der sich zu diesem Dienste herandrängte?" .Herr . Eellstein. ein junger Guts befltzer, der den Winter über die Vor lesungen in der landwirtschaftlichen Hochschule besucht." Ich werde ihm sosort Deinen Droschkenantheil zurückerstatten, und ihm dabei den Stadtpunkt klar machen. Wo wohnt der Schlingel?" .Moabit, am kleinen Thiergarten, ?!,. 100." So, so? Nun. ich werde unS den Patron gleich ein für allemal vom Halse schaffen." Er holte seinen Mantel aus dem Nebenzimmer und trottete hinaus. Elschen schaute ihm verblüfft und ge ängstigt nach. Ach, Tu lieber Gott!" dachte sie im Stillen, wenn n den jungen. liedenS würdigen Mann nur nicht vor den Kops stößt! Und wenn er erst wüßte, daß Maz mein Partner im Bilde ist. und daß er mir schon einmal verstohlen die Hand gedrückt hat und ... daß ich den Mar so von Herzen lieb habe!" Dn Herr Geheimrath hatte sich eine Droschke genommm, und l.flte die weite Streckt bis Moabit heimlich fluchend zu rück. Endlich hielt dn Wagen. .Warte Sie ein paar Minuten. Kutsch I Ich sah dann gleich wieder nach Hause." .Wenn nicht längn a em paar Minuten dauert, schöueken, den will ick wohl warte; um Sieben bin ick aber bestellt." Der Geheimrath hatte aus Diese Be merkung des Kutschers gar nicht mehr geachtet, sondern war spornstreichs die Treppe hinausgeeilt. Keuchend hielt er vor einer GlaSthür des ersten Stock Werks, neben der ein Schild mit dem Namen: Max v. Gellstein" befestigt war. Er drückte mit bebender Hand auf den Knopf der Klingel. Ein junger eleganter Herr öffnete. Herr v. Gellstein?" Der bin ich. Mit wem habe ich die Ehre?" Geheimer Finanzrath Schell." Bitte, wollen Sie nicht naher treten, Herr Geheimrath?" Der junge Herr schritt voran, stieß die Thür zu einem behaglich eingerichteten Junggesellen ziminer auf und nöthigte den Gast, der seinen Mantel im Flur abgelegt hatte, hinein. Bitte, nehmen Sie gütigst Platz, Herr Geheimrath. Was verschafft mir die Ehre?" Sie haben mich und meine Tochter in eine äußerst peinliche Lage versetzt, Herr v. Gell stein, und ich habe mich so sort hierher begeben, um Ihnen Ihre Auslage für die Dro chke wiederzuer tat ten, zugleich aber zu bemerken, daß ich mir sür die Folge doch diese Aufmerk samkeite verbitten muß." Aber, Herr Gebeimrath, der plök lich eingetretene Schneesturm war doch ein unvorhergesehener Fall, ich glaube, daß es meine Ritterpflicht war, eine iiinge Dame, für die ich doch kein Frein der mehr war, vor der Unbill eines so furchtbaren Unwetters zu schützen. Der Geheimrath sah ihn scharf prü send an. Er witterte in ihm eine Art Courmacher Elsens und darum sagte er barsch : Sie bemühen sich vergeblich, meine Bedenken zu beschwichtigen. Sie haben mir und meiner Tochter einen schlechten Dienst erwiesen, und ich muß Sie bit ten, mir den verauslagten Fahrpreis zu nennen. Wie viel beträgt meine Schuld?" Wenn Sie durchaus darauf beste hen die Strecke von des Justizraths Wohnung bis zu der Ihrigen kostete ge nau eine Mark fünfzig das würde, wenn wir so scharf rechnen wollen, für Ihre Fräulein Tochter und deren Be gleiterin zwei Drittel, also eine Mark, betragen." Der Geheimrath griff in die Tasche seiner Hose, zog aber seine Hand wie der bestürzt heraus und stammelte der wirrt : , Sollte ich wirklich, , , ? Mein Gott, daS wäre ja im höchsten Grade fatal, . , in der That" er untersuchte vergeblich alle seine Taschen ich habe in der Eile vergessen, mein Geldtäichchen zu mir zu stecken. Herr v. Gellstem" seine Stimme klang plötzlich um vieles weicher und versöhnlicher ich muß vorerst noch Ihr Schuldner bleiben, ich werde Ihnen aber sofort nach meiner Heimkehr den Betrag zusenden." Um Mäzens Lippen zuckte ein leises acyein. Aber, verehrter Herr Geheimrath das eilt doch wirklich nicht so wir tonnen ja gelegentlich miteinander ab rechnen." Polternde Schritte auf dem Flure und ein kräftiges anhaltendes Tönen der elektrischen Glocke störte die Unter Haltung. Mar v. Gellstein sprang auf und ging, um zu öffnen. Die mit Schnee überrieselte Gestalt des Droschkenkutschers erschien im Rah mm der Zimmerthür und rief dem Ge heimrath zu : Nach m Kreuzberg kann ick Ihnen nicht mehr fahren,... da derzu ist es nun zu spät geworden. Geben Sie mir endlich mein Fahrgeld " In großer Bestürzung versetzte der Geheimrath: Ich mutz daraus bestehen, daß Sie mich nach Hause fahren, dort erst werde ich Sie bezahlen; ich habe kein Geld bei mir." Nee, nee Männeken, det kennen wir daruff läßt sich Neumann ich in! Nu mal gleich berappen!" Lächelnd kam Max dem Bedrängten ,u Hülfe: Gestatten. Sie verehrter Herr Ge heimrath, daß ich Sie auslöse! Was bekommen Sie, Kutscher?" Die Fahrt macht EenS fünfzig, und wenn ick vor daS vergebliche Warten bei so 'nem Hundewetter fünfzig Pfennige berechne, so iS det sehn billig, und macht zusammen zwee Mörker." Hier, mein Bester, find Ihre zwei Mark, und nun verlassen Sie uns. und seien Sie ein andermal etwas höf licher." Ter Kutscher brummte etwas Un deutliches und stampfte hinaus. Herr v. Gellstem," hob der Ge heimrath wesentlich erleichtert, aber anderseits doch auch recht befangen an, .ich kann diesen Ihren Dienst nur an nehmen, wenn Sie mit mir nach meiner Wohnung fahren, und mir so Gelegen heit geben, Ihnen meine Schuld sofort zu berichtigen." der " Bitte, nehmen Sie meine Einla dung an, ich bestehe daraus.'. Nur zu gern gab Max dem eifrig Drängenden nach. Beide Herren der ließen das HauS, und fuhren nach der Straße am Kreuzderge." Elschen traute kaum ihren Buae. als der Papa mit Max in s Zimmer trat. .Ich bringe einen Gast mit. mein Kind, dem ich die von Dir gemachten Schulde zu bezahlen habe. Herr von Gellste,, bitte, nehmen Sie Platz an unserem Theetisch; ich gehe nur in meine Arbeitsstube, um das Geld zu holen." Was hat das zu bedeuten?" fragte Elschen, als der Papa hinausgegangen war. Lachend, erzählte Max das Borge fallene. Wissen Sie, mein gnädiges Fräu lein," so schloß er seine schnell geflüsterte Mittheilung, daß ich jetzt Ihre Papa um Ihre kleine Hand bitten werde? Ein so günstiger Augenblick kommt nicht Mieder." Max ! ! !" Elschen ! ! !" Sie tauschten schnell den ersten Kuß. Der Geheimrath kehrte zurück, in der Hand mehrere kleine Geldstücke. Hier, mein lieber Herr v. Eellstein, zahle ich meine Schuld." Aber, Herr Geheimrath, so lassen Sie doch die Bagatelle." Wie? Sie weigern sich? Ich kann mir doch unmöglich von Ihnen ein Geldgeschenk machen laffen!" In einem Falle doch!" Ich verstehe Sie nicht." Nun, von Ihrem Schmiegersohn z. B. würden Sie doch ohne Weiteres eine Droschke sür Ihr Fräulein Tochter bezahlen lassen?" Bon meinem Schwiegersohn?" Ein flüchtiger Blick nach seiner Toch ter, und der alte Herr hatte erkannt, wie die Sachen standen. Drei frohe Menschen saßen diesen Abend noch lange am Theetisch. Der Geheimrath mußte sich darein finden, daß Max beide Droschken bezahlt hatte, und auf die Wiedererstattung irgend eines Antheils endgültig ver zichtete. Gerettet. Bon P, Erna. In den Abendstunden eines Früh lingstages stand vor einem der westlich gelegenen, alten, winkeligen Vorstadt Häuser der Hauptstadt ein junges Mädchen und las die Aufschrist eines Schildes, das über dem Eingang eines kleinenModi tenIadens hing. Ihr aus fallend hübsches Gesichtchen nahm jetzt plötzlich den Ausdruck höchster Bestür zung an Das war ja der Name nicht, den es hier z finden gehofft, trotzdem Straße und Hausnummer stimmten. Rathlos blickten die sanften, großen. tiefdunklen Augen nach dem Eingänge des Ladens. Was sollte das Mädchen hier nun beginnen, allein, in diesem Strome hastender Menschen? Wohin sollte es sich wenden, wenn es die Per wandte der verstorbenen Mutter nicht fand? Einige der Paffanten warfen dem hübschen Kinde lachend ein Scherzwort zu und ängstlich drückte sich die schlanke Gestalt an das düstere Mauerwerk des Hauses. Da Mäd chen trat in den Laden, man mußte in die em doch Auskunft geben können. wohin die Gesuchte gezogen war, aber eS verlor vollends die Fassung, als die Geschäftstheilhaberin erklärte, die frühere Ladenbefitzerin sei vor zwei Monaten gestorben. Die Frau fragte dann die Fremde nach yerlunft und Begehr und erfuhr, daß Hedwig M., so hieß das Möd chen die Tochter eines kleinen, ehr- lichen Sägewerksbesitzers sei, der durch eine unglückliche Holzspekulation seine Habe verloren, sich aus Verzweiflung darüber dem Trunke ergeben und vor Kurzem mit dem Tode abgegangen sei, Sie, Hedwig, die ihre Mutter kaum ge, kannt, hätte mit einer entfernten Ver, wandten vereinbart, in deren Geschäft einzutreten und das Modiftengemerbe zu erlernen, um sich ihr Brod bald seldstständlg erwerben zu können. Im Briefwechsel hätten sie weiter nicht ge standen, die Verwandte habe ihr gesagt: ES bedürfe keiner Anzeige, sie möge nur kommen, ihr Eintritt in ihr Ge schäft sei ihr jederzeit willkommen. Aufmerksam hatte die Frau das jungt Mädchen angehört. Ich will Ihnen einen Vorschlag machen," sagte sie jetzt kurz entschlossen. Gegen ein geringe Entgeld können Sie auch bei mir Ihr Vorhaben zur Ausführung bringen. Lernen und Wohnung uni Kost erhalten, ja später nach Ucberein kommen verbleiben. Wollen Sie?" Bei diesem Antrage siel Hedwig ein Stein vom Herzen. Wohin sollte sie sich wenden in ihrer Berlaffenheit. in dieser fremden Stadt? Besondere Sym pathie flößte ihr die Erscheinung der Frau freilich nicht ein, doch sie nahm sich ihrer an und zudem blieb ihr auch keine Wahl. Sie hatte nun ein Unterkommen ge funden, sie. die da? Leben bisher nicht sanft angefaßt und verwöhnt hatte: mit fieberhastem Fleiße eignete sie sich die Kennwiffe ihres Berufs an doch heimisch fühlte sie sich in dem Hause die sn Frau nicht. Es kam sehr bald zu Zmiftigkeiten. weil Hedwig sich nach dem Adendbrod stets in ihre, -nach einem schmutzigen Hose führenden Kammer zurückzog, anstatt bei den täglichen Be suchen eine BetterS der Frau, der ,u weilen einen oder mehrere Freunde mitbrachte, zugegen zu fein. Einige Zeit ließ man sie gewähren, dann be gann man das Mädchen durch Zudring, lichleit ,u belästigen. Nun wußte sich Hedwig keinen anderen Rath, als den. die Stunden nach dem Feierabend im Freien zu verbringen. Eine schöne KaftanienAll war ihr Lieblingsspaziergaug geworden. Die Einsamkeit dcS WegeS mar eS zumeist, die sie anzog. Doch auch hier sollte sie die Ruhe nicht finden, die sie suchte. In den letzten Tage war sie stets einer Equipage begeg et, in deren Fond ein junger Man in der Ecke lehnte, deffen hiidsche mänii liebe Erscheinung das Jniereffe der Wanderin erweckt ein eigenartig glückliches, ihr bisher fremdes Gefühl, in ihrem Herzen erstehen ließ. Und eines Tages, als das stolze Gesahrt an ihr vorüberrollte, hatte er ihr seinen Gruß entboten nd zugleich waren, von rascher Hand geworse, einige dunkel rothe Rose zu ihre Füße icderge fallen. DaS Glück lag wie heller Sonnen schein auf den Zügen des Mädchens, als sie heimkam. Drüben im Wohn zimmer klangen Gläser an einander und laute Stimmen schlugen an ihr Ohr. Um frisches Waffer sür ihre Blu men zu holen, ging sie nach der Küche. Eben wollte sie sich von dort wieder ent seine, da fühlte sie sich von zwei Ar men festgehalten, und Entsetzen lähmte ihre Glieder, als sie in das wuthverzerrte wüste Antlitz des Vetters blickte, der sich dicht an ihr Ohr neigte. Hab' ich eS doch gewutzt, datz das schöne Taubchen seine Schliche hat, trotzdem es so spröde that und unsere Gesellschaft, mied," keuchte er. Der schmucke Sohn des Fabrikanten Z., des Millionärs, steht freilich im Rufe, sehr splendid zu sein, das kann die schöne Tänzerin ans der "straße, die jetzt von ihm geliebt wird, bestätigen. Mit einem erschütternden Schrei riß Hedwig sich los und eilte in ihr Stüb chen. Hier war ihres Bleibens nicht länger. Sie packte ihre wenigen Hab seligkeiten zusammen und ließ ein Schmuckstück zurück. Dann stand sie draußen auf der Straße mit schmerzen den Hirn, der Verzweiflung anheimge geben. Was suchte sie noch auf dieser Welt voll Leid und Enttäuschung? Draußen vor der Stadt auf der Straße nach L., wohin sie mechanisch ihre Schritte gelenkt, sank Hedwig, von Ermüdung überwältigt, in die Knie nd weinte bitterlich. Dann sprang sie plötzlich auf und eilte vorwärts. In inmitten eines prächtigen Parkes, in dem der Wasserspiegel eines Weihers aufleuchtete, steht ein schloßähnliches Landhaus man hatte ihr, als sie einmal dahin gekommen, den Namen des Besitzers genannt. Tort war s e n Heim, dort nur dort, in seiner Nähe wollte sie aus dem Leben scheiden, Das schöne Mädchen, welches in den kühlen Fluthen des Weihers sein Grab zu suchen kam, war von dem Parkwüch ter gerettet und nach der Villa gebracht worden, die zur Zeit nur von dem jun gen Herrn bewohnt wurde, da dessen Vater sich aus Reisen befand. Heute ist Hedwig längst die glückliche Gattin des jungen Fabrikanten, der sich zum ersten Mate in seinem Leben toter lich und wahrhaftig verliebt hatte, ver- liebt in das arme, bescheidene Mädchen. das der Zufall ihm in den Weg geführt und das er dem Tode abgerungen. Reiche englische Künstler. Sir John Millais, der jüngst erstor, bene Präsident der Royal Academy, war von allen Präsidenten der reichste, denn seine Erben zahlten Steuern sür eine Hinterla enschaft von nahezu 8500,000. Sein unmittelbarer Vorgänger, Lord Leighton, hinterließ nur halb so viel; der ärmste" von allen Malern, welche in der Royal Academy den Vorsitz führ ten, war vermuthlich Sir Thomas Lawrence, der nur 880,000 hinterließ, und als all sein Eigenthum sammt Ge- mälden verkaust war, genügte der Er trag nur, um seine Schulden zu bezah- ten. Tan die Malerei icdoch in Eng, land ein sehr lukratives Geschäft ist und beliebte Maler, auch wenn sie es nicht zum Vorsitz in der Royal Academy briw gen, große Vermögen hinterlassen kön nen, erhellt aus einigen Beispielen, die ein englisches Blatt anführt. Da hat z. B. Turner, der berühmte Landschafts maler, ein Vermögen von 8700,000 hinterlassen, und Sir Edwin Landseer, der große Thiermaler, konnte seinen Er den sogar 800.000 hinterlassen. Vor wenigen Monaten starb ein Maler, der als der Krösus der Malerzunst galt. denn Edward Armitage übertraf Land seer s und Turner S Vermögen zusain mengerechnet, mit seiner Hinterlassen schaft von über 81.500,000 doch muß gesagt werden, daß er feine Künftlerlauf bahn mit einem bedeutenden Privatver mögen anfing, so daß sein Erwerb von Gemälden wenig in Belracht kam. Un ter andern wohlbekannten Künstlern, die reich starben, sei noch Edwin Long er wähnt, der 1891 seinen Erben 8370,000 hinterließ. Sir Joseph Böhm, der Inlpteur, denen Hinterlanenschaft sich auf nahezu 8240.000 bezifferte, während ein anderer Bildhauer, Sir FranciS Chantrey vermögend genug war. um der Royal Academy eiu Legat von 8500 000 zu hinterlassen, aus dessen Zinsen auiähruch modernde Kunstwerke sür die ammlung in Burlington House, dem Hauptquartier der Royal Academy in Piccadilly angekauft werden. Xt budrtihria JubilSu ver ngftrödrc. Ueber das Jubiläum der .Angst röhre" schreibt man der Kölnischen Volkszeitung" aus Paris: Heuer seiern wir, die wir mit Jabrhundertseiern schon mehr als beglückt sind, ein hun dertjährigeS Jubiläum, das wenigstens einmal ohne Denkmal, Festrede und Festessen verläuft. Es ist die Jahr hundertfeier der Ofenröhre (tuyau Jo poulo) der Angströhre, wie die Deut schen den Ehlinder nenne, der hier eben seiner vornehme und gleichzeitig technischen Bezeichnung chapenu haut du fonno Hochstaltiger Hut den Spitznamen GibuS erhielt, nach dem Namen eines HutmacherS, der sich da mals besondere Verdienste in die Bogue des Cylinders erwarb. Nicht gleich von Ansang an hatte der Cylinder, dieses heute so unentbehrliche Hauptstück bei Besuchen, Prüfungen, überhaupt bei allen Hauptaktioue von Freud und Leid, seine Achtung gebietende Länge erhalten, 1796 unter dem Direktorium erschien er zuerst auf einzelnen bevor zugten und modekllhncn Häuptern. Die Merveilleux, wie man damals die Gigerl nannte, also die Wunder- baren , sanden die Sache in der That wundervoll. Und seitdem hat der Cylinder seinen Siegeszug angetreten. In England, Fraukreich, Belgien. Italien, Spanien und sonst, wo das ronianischc Element herrscht, muß leder, der sich sür einen anständigen" Men schen hält, mit Cylinder gehe. I Deutschland ist dieser Unfug nicht so eingeriffe, ja, der Volksinstinlt sieht in ihm etwas außergewöhnliches. Sehr bemerkenswerth und ein auffälliger Beweis llr die Kultur ähmkeit" ist bei den Negern die Vorliede sür den Cylinder; dabei ist noch die seine Nuance, daß die Herren Brüder von der schivarzen Seite die graue Farbe vorziehen, gleich als ob sie fich leibst von vornherein z Kommerzienräthen stempeln wollten. Eine drollige Metamorphose. Bei Ankunft eines Proviantzuges auf einer Station in Frankreich im Jahre 1870 wurden Mannschaften koinman- dirt, um die Säcke vom Zuge in's Quartier zu tragen. Unter denselben war der Sohn eines Kölner angesehenen Kaufmanns, und der Gefreite, der die Leute bei der Arbeit befehligte, war ein Sackträger aus dem Geschäfte des Vaters. Der Zufall hatte es so gesllgt: der Herr mußte Säcke tragen, während sein Sackträger als Gefreiter die Aus ficht führte. Mit großer Amtswürde und einem Gemisch von Genugthuung und kölnischem Humor ließ der vom Sackträger zum Gefreiten avancirte Kölner' seinen Herrn unter der unge wohnten Last einherkeuchen, wobei er gutmüthig kürzere Schritte" comman bitte. Als der junge Herr, in Schweiß gebadet, vom Tragen des ersten Sackes zurückkam, wurde Halt!" commandirt, worauf der Gefreite seinen Helm jenem aufsetzte, ihm den Säbel umschnallte und diese Ordre gab: Den Spaß konnte ich mir nicht versagen, Sie ein mal einen Sack tragen zu lassen. Jetzt aber tauschen wir die Rolle: Sie sind für eine Stunde Gefreiter. Sie sollen wissm, daß Ihre Arbeiter trotz ihres hohen militärischen Ranges auch im Felde gern sür Sie Säcke tragen." Also geschah eS. Als nach Beendigung der Arbeit der Sackträger sich wieder in einen Gefreiten erwandelt, nahm der Gemeine seinerseits das Wort und sagte: Herr Gesreiter Michel! Du hast heute die letzten Säcke getragen. Ich ernenne Dich auf dem Felde der Ehre zu un serem Magazin-Ausseher!" Nach dem Kriege trafen Beide wieder glücklich in Köln ein; der Gemeine saß wieder im Comptoir auf dem gepolsterten Dreh- stuhl und der Gefreite führte die Auf? ficht im Magazin. Wissensdrang. An einem der letzten Tage der Berli ner Gewerbe-Ausstellung herrschte ein lebhafter Zitdrang zum Riesenfernrohr. Etwa zwanzig Personen standen im Kreise herum und warteten, bis die Reihe an sie kommen würde. .Sind Sie denn nicht bald fertig, mein Herr? Sie sehen doch jetzt schon mindestens zwanzig Minuten durch das Rohr?" Det jeht Sie jar nischt an, lassen Sie mir gefälligst in Ruh!" erwiderte der Angeredete. Was fallt Ihnen ein? Wir wollen doch alle mal dran kommen!" Quatschen Sie mir nicht m meine Jastrollegie rin,- sage ick Ihnen, sonst werd' ick eklig!" Wollen Sie letzt Platz machen, oder nicht? Ich kann auch sehr unangenehm werden!" Det find Sie mir jetzt schon!" Ausftellungöbedienfteter: .Sie haben lange genug durchgesehen. Treten Sie gefälligst zurück!" JS nich, mir fehlen noch drei Sterne!" .Wollen Sie Platz machen, oder nicht?" .Nu halten Sie die Luft an. Ick kann so lange durchkieken, wie ich luftig bin. Wat, etwa nicht? Da. ick bade die Zeitung noch zufällig in die Tasche. vier stevl ocll: ie Turch ich, durch daS Riefenfernrohr ist in der Zeit von 1U Uhr Morgens 613 10 Uhr Abends ae- stattet." Et is 3 Uhr. ick habe also noch sieben Stunden Zeit !" i ataillonskin. Genueser Blätter erzählen eine hübsche Geschichte von einem Bataillonslind. ES kommt nämlich in Italien öfter vor, daß die Osfiziere oder Mannschaften einer Truppe ein verlassenes Kind aus nehmen, und sür seinen Unterhalt und seine Erziehung sorgen. Sa geschah eS auch in dem IpiniBataillon Pieve di leco, als dasselbe im vngangenen August in den Westalpc mnnöverirte. Ein zehnjähriger Junge, der zu Hause in bitterer Nolh lebte, schloß sich dcm Bataillon a, die Ossiziere übernahmen im Einverstäiidniß mit dem Vdtr die elterliche Fürsorge, ud machten aus dein zerlumpte Betleljunge i kurzer Zeit einen ordentlichen, Irästigcn Bur schen, der jetzt dank dcm in der C aferne genossenen Unterricht die Aufnahme prüfung zur tcchnischcn Schule in Porto Maurizio bestanden Hut. Toit beginnt der kleine BataillouSsohn seine Vor studicn, um nach einigen Jahre als Osfizier in die mütterliche Truppe ein zutreten. Gerechte Entrüstung. Dircllor einer Schmiere (als er sei neu ersten Helden ungeschickt die Theater anzeigen an ein Haus aukleben sieht): .Na, sind Sie ein Jammerlappen, jetzt sind Sie schon zehn Jahre dei der Bühne und können noch nicht einmal ordentlich Plakate ankleben!" Schnicichelhast. Richter: Das Gericht hat Sie zu einer Geldstrafe von fünfzig Mark ver urteilt, Angeklagter!" Angeklagter (für fich): Fünfzig Mark?. , .Donnerwetter, so aaz berab- gekommen muß ich doch wohl noch nicht ansschau'n!" Her kleine Schlauberger. Fritz: Tante, ißt Tu gern Bon- bon?" O, sehr gern!" Fritz: Nun, dann will ich meine Düte lieber dem Onkel Fritz zum Auf hebe geben." Sie kennen sich, Sonntagsjäger (als ein Hase über den Acker läuft, zum Kollegen): Wer soll ihn nun fehlen, Sie oder ich?" Das liebe Geld. Tochter: Ich weiß, Papa, der Rechts anwalt liebt mich; daß er mich heirathen wird, ist keine Frage." Vater: Doch, mein Kind, es ist so gar eine Preisfroge. Entschuldigt. A. : Wie, bei dieser Kälte sitzest Tu im ungeheizten Zimmer?" B. : Jst s so kalt? Da muß wohl mein Thermometer nicht ganz in Ord nung sein!" Grob. Gattin: Bevor wir uns geheirathet haben, hast Du nie in meiner Wegen mart geraucht." Gatte: Das weiß ich. aber Tu hast damals auch in meiner Gegenwart nie mals die Zähne aus dem Munde ge Unangenehme Vertraulichkeit. Aelteres Fräulein (kokettirend) : Hier, meine Nichte meint, daß man heulzutaze romantischer liebt, als früher; was sa gen Sie. Herr Müller?" Herr Müller: Grade im Gegentheil; das wissen wir besser, Fräulein, nicht wahr, wir von der alten Garde?" Aus der Schule, Lehrer: Nenne mir ein Sprichwort, Müller." Müller: ...Aller Anfang ist schwer'." Lehrer: Und Du auch eins, Schulz." Schulz: .In der Noth frißt der Teufel Geflügel'." Mannliches Selbstbewußtsein. Gigerl: Aeh, Fräulein, haben Sie schon geliebt?" Damen: Mein Herr, eine solche Frage ist wohl etwas indiskret, zumal ich Sie erst heute kennen lernte!" Gigerl: Aeh meinte ja be vor Sie mich kennen lernten." Gemütblich. Richter (dem einige Raufbolde vorge führt werden): Natürlich, Sie müssen wieder dabei gewesen sein, Knittel!" ,.O. kerrAmtsricbter. beinabe bätte icb doch gefehlt; zuerst wollte ich nämlich an oem oenknenden !viorgen meine letzte Gefängnißstrafe absitzen gehen!" Feine Nase. Mensch, wie haft Tu mich nur hier in dem großen Hause gefunden?" Ich roch gerade Knoblauchmürftchen, und ich weiß, daß Du die früher immer gern gegessen haft!" Unter Kritikern. Schreibt der Dr. Schnock viel für Ihre Zeitung?" Ach der der ist ja bei mi Hahn im Papierkorb'!" höchste Serftreuthtit. Professor (der sich ein wenig den Fin ger verletzt hat): Johann, schneiden Sie mir sofort den Finger ab und tra gen Sie ihn zum Herrn Doktor!" Summarisches vcnadrm, .Grüß Dich Gott, alter Junge meinen Glückwunsch!.. Wie ist eS nur so schnell gegangen mit Deiner Ver lobung?" .Die Geschichte ist sehr einkach. Ich saß vorgestern Abend aus dem Balle der Harmonik mit der Familie Müller zu lammen an einem Zische. Der Wein war gut. die Unterhaltung gemütblich, die Stimmung vortrefflich da nahm ich mir einen Anlaus genau der Tochter meine Liebe, der Müller meine Hochachtung, dem Bater meine schul den. und dann verlobten wir ;!"