Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 19, 1896, Image 9

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    Ein schneidiges Dirndel.
Dorsblld aus Tttikrmark von PrKikggcr,
Dirndel. heut'I"
WaS denn heut' ?"
Heut' hab' ich dich endlich einmal !"
..Wer? Du mich? Hihihi!"
Ja. ich dich. Ha ha ha !"
Da wird sich wohl einer schneiden !"
So begann ein Zwiegespräch zwischen
dem Johann Wendlinger und der Kuni
gunde Reiterin, als sie sclbander de
Weges gingen ins Dorf zur Kirchweih.
Er war um zwei Köpfe größer als sie,
sie um einen gescheidter als er.
Warum just du mit mir so trutzig
bist, Kunde! ?" fragte er sie.
Und warum dir just mein Truiig
sein so zuwider ist, Hansel?" war ihre
Widerred'.
Er blieb flehe, breitete seine Arme
ans und rief mit grossem Schwünge :
Weil ich dich liebe !"
Hi hi hi, jetzt hätt' ich bald ge
lacht ! versetzte sie lustig.
Was giebt's da zu lachen, miHt' ich
wissen !"
Ist's dir lieber, wenn ich flenne?"
lachte sie.
Gern haben sollst mich !"
Antwortete sie : Für so einen schö
nen Buben thiit' ich wohl viel zu schlecht
sein. Und du thust halt gerad' einmal
in drei Stucken nit für mich passen."
, das wär' nit schlecht !" sagte er
und richtete sich stattlich auf, so daß
man die Pracht feiner Gestalt, seines
Tuchgewandes und feiner Uhrkette recht
im Stande war, zu bewundern.
Sein thut's so," fuhr sie fort,
fürt erste bist du mir zu schön." fiir's
zweite zu stark und fiir's dritte zu reich."
Geh', foppe du einen anderen !"
,,ew,V auch noch!" versicherte ste.
Will dir's auch sagen, wie es gemeint
ist. Denn weil du mich am heutigen
Tage schon das drittemal fragst du
siehst, daß ich meine Kuöps' mach im
Sacktilchel so muß ich dir doch meine
Meinung einmal furhalten."
Ganz ernsthaft stand eS vor dem
eckigen Burschen, das kleine lose Ding
mit dem rothen Vollmondgesichtlein.
Schau, Biibel. sein thut's so !" be
gann sie. Dein Haar thut eh schön
glänzen, auch wenn du es nit thätest
schmieren mit Schweinfett. Und dein
sakrischer Schnurrbart möcht' doch sicher
auch ohne Schusterpech ein paar Hör
dein ausbringen. Und daß du viel
Thaler hast, weiß ohnehin jeder, daß
du sie nit erst müßtest an der Uhrkette
spazieren fuhren. Daß du stark bist,
glaubt man dir auch gern, ohne daß du
alle Sonntag einen Raushandel an
, heben müßtest. So, jetzt weißt es."
Der Bursch glotzte nur einmal ver
blllfft drein, auch beobachtete er die Bor
gänge auf dem Gesichte des rcschen
Dirndls, ob es wirklich Ernst sei, oder
ob man die Rede als Spaß nehmen
dürfte. Das letztere ging nicht recht
an, so sagte er stark gedämpft 'leicht
könntest einen Schulbuben nehmen, der
noch keinen Bart hat zum Spitzen, oder
einen alten Taderling, der kein Haar
mehr hat zum Schmieren. Oder einen
Pfründner, so einer wird dir gewiß
keine Thaler spazieren führen und auch
keinen Raushandel anheben ver
Hi hi bi, jetzt ist er schon giftig !"
kicherte sie.
Und raufen thu' ich eh nur deinet
wegen !" setzte er bei. Weil sie mich
allemal spötteln, daß du mich nit magst,
diese Haderlumpen !"
Und deswegen soll ich dich halt mS
gen, daß du dich nachher prahlen könn
t'st. gelt?"
Hörst, Kundel, mit dir ist nichts
auszureden. Du thust mir's zu Fleiß,
du bist eine boshaftige Person. Ader
das sag' ich dir, Madel, wenn ich dich
nit haben kann, so soll dich ein anderer
auch nit haben. Denk' was ich gesagt
hab' !"
Wie jetzt sein Gesicht blaß geworden
war, wie er seine Finger in die Tuch
weste einkrampste, da wär's der Kuni
gunde schier lieber gewesen, sie hätte auf
diesem Wege ihr Gutachten über seine
Eigenschaften nicht ausgepackt.
Werden wir's halt sehen !" sagte sie
noch in einem fast singenden Ton und
ging hinüber zum rechten Straßenrand,
dieweilen der Hansel an dem linken mit
seinen etwas sicheldeinigen Läufern
scherfällig dahinschritt. Er steckte seine
fj.ide in die Hosentaschen und sing
tot an zu pfeifen.
aä) einer Weile sing er wieder an :
Jft'S dir dort drüben auf dem steint
gen Rain lieber, wie bei mir herüben?"
.Bedank' mich schön, darüber hab'
ich noch nit nachgedacht", antwortete sie
kurz. Dann psiff n wieder so halblaut
vor sich hin. Ein Märschlein psiff er
und dachte, sie würde nach seinem Takte
Schritt halten. Sie trippelte aber viel
4i rrtMi h(i hin.
.Auf einmal fragte er: Ist dir das
Gernhaben leicht zu wenig, ai ge
heirathet sein?"
.Freilich." antwortete sie.
.Jetzt ist mir der Teure! schon einer
lei, ich heiratbe dich auch !"
.Ja. bitt' dich gar schön, sei so gut !"
spottete sie.
. Mt. ihr der neuerdinaZ ent
rüstete Hansel gerne gesagt, daß sie, die
arme Person. sro ,ein lunmc,
.. lÄobn. üe nebme.
der sie war keine arme Person. Sie
war die jüngste Toazier o zroar map
wichen ZimmermeifterS Reiter. Ihre
alteren vier Schwestern wann bereits
k'ehen ibkiratget und ganz ausge
zMchnete Hausfrauen, d fteinseft ,u
Der äomtaggM
Jahrgang 17.
ihren Männern hielten, gesunde Kinder
hatten und dabei selber noch allemcil
schöner wurden. So war natürlich
auch die Jüngste dieser guten Gattung
rechtschaffen umworben.
Um die Auszeichnung anzudeuten,
die ihr durch seinen Antrag werde, sagte
er nun : Wenn ich will, an jedem
Finger bleibt mir eine hängen !"
Glaub' dir's, antwortete sie. Und
die an den Fingern nit Platz haben,
kannst dir der Reihe nach an's Uhrkette!
fassen. Auf deinen Hut kannst ihrer
auch ein paar stecken."
Den Burschen zuckte es in den Armen,
er knollte die Fäuste im Sack, die Kun
del merkte es wohl; kichernd eilte sie
sürbaß, er trottete hinten nach und sann
aus Gelegenheit und Mittel, den Hohn
zu rächen. Daß diese Ziminermeiste
rische so gar nicht 'rumzukricgen ist!
Als sie gegen das Dorf hinabkamen,
war sie ihm schon um hundert Schritte
voraus. Der Hansel gesellte sich zu
einem Kameraden, der duckmäuserisch
dahinsiffelte nd sich fortweg mit dem
rothen Sacktuchdallen im Gesicht herum
fuhr, weil er Triefaugen und eine
Tricsnafe hatte. Dem klagte er die
Hoffahrt der Kundel.
Der Duckmäuser entgegnete in wci
nerlichem Tone: Sollst dir halt zu
helfen wissen. Ein einziger Tag ist
genug, um Weiberleuthoffahrt auszu
ireiden." Beim Hirschenwirth war Tanzmusik.
Alles, was svuber und lustig war im
Thale, hatte sich eingesunden, und auch
etwelcheS, was nicht sauber war. Es
wurden schon die Kerzen angezündet,
und das ist allemal eine reizende Zeit.
Die Kundel war auch da, mit ihrem
Vater, dem Zimmermeister. Der saß
mit dem Schullehrcr und dem Schmied
und dem Schneidermeister im Extra
stübcl, und sie sprachen sast so klug wie
ein Minister und so schön wie ein Pro
fessor über die Wahlrcform. Ob auch
Unverheirathete wählen dürfen, Bauern
knechte, Handwerksgesellen? Die im
Extrastllbel waren darüber noch lange
nicht einig, als im Tanzsaal das all
gemeine Wahlrecht bereits praktisch aus
geübt wurde. Jeder ohne Unterschied
des Standes wühlte sich eine. Die
meisten Wahlen wurden sür gültig an
erkannt, nur die alte Schlägelduttin be
stritt ihrem Manne das Wahlrecht,
zerrte den Armen aus dem Wirthshause
und heim in's finstere Duttenhäusel.
Ein junger Mensch, der mit einer
blasftn, aber gutmüthig dreinschauen
den alten Frau in die Wirthsstube trat,
wählte auch, vorläufig aber nur den
Tisch, an dem sie sich niederlaffen woll
ten. Derselbe stand in der Nähe des
Ofens, und an ihm saß Knnigunde
Reiterin mit einer vcrheiratbeten
Schwester. Gar artig verneigte sich der
junge Mann vor den Weibern und seine
Mutter die mit ihm gekommen war
meinte freundlich, sie setze sich schon
gern in der Nähe deS Osens, warm!
Das sei ihr das liebste auf der Welt.
Das waren die Kleinwächtersleute,
die draußen in den Auen ein Häuschen
besaßen und eine Korbflechtern, die sie
ziemlich knapp ernährte. Der Alte war
seit ein paar Jahren todt und nun war
es ganz an dem fleißigen Paul, das
kümmerliche GUtel aufrecht zu erhalten
und seiner Mutter ein Beistand zu sein.
Heute hatte er sie auf die Kirchweih ge
führt, daß sie wieder einmal ein Tröpfel
Wein verkoste und lustige Musik höre.
Ganz besonders festlich nahmen sich die
Leutchen nicht aus.
Die Frau trug ein schwarzes Kleid
und ein dunkelbraunes Halstuch dar
über, genau wie sie es bei dem Leichen
begängniffe ihres Mannes angehabt
hatte, auch denselben schwarzen Stroh
Hut mit dem Flordande. Schwarz,
meinte sie, könne man immer tragen.
Ihr Sohn, der Paul, hatte ein luftiges,
mattgraues Gemändlein an; die licht
blaue Halsschleife und eine Spätnelke
im Knopfloch zeigten seine fefttägige
Stimmung aber immer noch nicht so
entschieden an, als sein frisches, heiteres
Auge, mit dem er jetzt die Kundel an
lachte. Er war ein ganz hübscher
Junge, nur ein bischen zu weichmllthig
und unterthänig in der Stimme, als er
jetzt eine kleine Flasche Wein mit zwei
Trinkgläsern und einer Semmel be
stellte. Der dicke Wirth röchelte übn
laut lachend die Worte hervor, zur
Kirchmeih bekomme man bei ihm nur
fleischene Semmeln! worauf die Frau
bescheiden entgegnete, Nachtmahl ge
geffen hätten sie schon zu Hause.
Der Paul kam zwischen Ösen und
Kundel zu sitzen, wozu n scherzend de
merkte: Na. kalt wirb mir bei diesem
Tisch nit weiden." Dabei lächelte er
das Dirndel gar treuherzig an und
zupfte an dem glöckchen seines schnurr
bärtleinZ, das schüchtern und völliz
farblos über dem Mundwinkel hervor
guckte.
Der Ofen ist ja gar nit geheizt!"
lachte die kundel luftig auf.
Beilage zum Nebraska Staats-Anzelger.
Wenn das ist, dann muß ich mich
näher an diese Seite halten," sagte der
Paul und rückte so nahe an das Dirn
del, daß sich ihre Elldogen ein wenig
berührten. Und so saßen sie gesittig da
und wußten nicht recht, was sie mit ein
ander sprechen sollte. Weil vom Tanz
boden her die Pfeifen und Geigen klau
gen, so sagte der Bursch endlich leise zu
seiner Nachbarin: Weißt du, lang'
wird sich'S nit thun mit dem Sitzen
da!" Denn der steierische Landler zuckte
ihm durch die Beine. Weil die
Mannsleut' kein Fried' geben mögen!"
entgegnete das Dirndel, dieweilen trat
sie mit ihren Zehenspitzen selber den
Takt, ganz heimlich zwar, aber der
Junge merkte es doch, und jetzt zuckte es
ihm zwiefach durch die Beine, bei Land
ler und ihre Takttreten. Plötzlich stand
er auf, nahm das Dirndel am Arm
und sagte ganz zärtlich: Es geht nit
anders, gehn wir eins tanzen mit
einand!" Ihr war's recht, und sie eilten hin
aus. Es tanzten nur wenige Paare,
darunter auch der Wendlinger Hansel
mit einer schwarzhaarigen Italienerin,
die mit welschen Maurern in's Land
gekommen war, und es tanzte der Duck
mauser mit einer glotzäugigen Magd.
Kaum war unser junges Pärchen schllch
tern einmal herumgewalzt, als der
Hansel aus sie hersiel und den Paul
aus dem Kreise riß: Jetzt wird nit ge
tanzt, KörbelBud! Den Tanz hab' ich
gezahlt !" Und es war auch so, der Sil
dergulden lag auf dem Spielleuttisch.
Blak vor Berleaenheit kamen die bei-
den zurück in die Stube zum Ofen, dort
flüsterte der Paul seiner Mutter zu:
Ich bitt dich schön, ich muß einen
Tanz zahlen!"
Die Frau wendete sich halb in die litfe
und begann ihren Kittelsack auszusuchen.
Es zitterten ihr dabei die Hände ein
wenig, und sie machte kein besonders
frohes Gesicht. Endlich hatte ste ein
Silberzwamiaerlein hersücacbracht, ud
gierig, wie es sonst nicht seine Art war,
haschte der Junge darnach.
Als der eine Tanz aus war, zahlte er
den seinen. Rasch strichen die Spiel
leute das geringe Münzlein in den Leder
beute!, daß es nicht vor den Augen der
Leute daliege und ein schlechtes Beispiel
gebe! Mit nur halber Lunge begannen
sie einen ,lanqweiliqen Altväterischen"
zu blasen und der Paul begann sich mit
der Kunde! zu dreyen. Dabei lud er
kapfnickend die anderen Paare ein, nur
mitzuthun, etliche sprangen auch ein,
da schrie der Hansel grell: Aufhören!"
und warf einen Gulden auf den Spiel
leuttisch hin.
Aushalten!" rief der Paul drein,
aber er konnte seinem Befehle nicht den
silbernen Nachdruck verleihen, und die
Musikanten legten ihre Instrumente
auf den Tisch. Sie müßten ja doch ein
mal ausschnaufen.
Na, wartet!" rief die Kundel, ich
will euch den Blasebalg schon wieder
ausziehen!" Eilte zum Tische und legte
ein Guldenstück hin.
Und ich werde in den Blasebalg ein
großes Loch machen, daß er pfeifen
kann, wenn die saubere Jungfer Kuni
gunde mit ihrem Lotterbuben tanzen
will!" So der Johann Wendlinger
und ließ eine Fünfguldenschein hin
flattern auf den Spielleuttisch.
Das war jetzt ein Aufzucken in der
Stube, als hätte es allen den Athem
verschlagen. Alle schauten auf die Kun
del und den Korbflechter Paul. Der
letztere duckte den Kopf und verzog sich.
Aber das Dirndel trat vor, trat fo nahe
hin an den großen Bengel, daß ihre
Nasenspitze fast an seine schwere silberne
Uhrkette stieß: Jetzt muß ich schon fra
gen, der Lotterdub! Was meinst denn
damit?"
Er soll kommen und mich selber fra
gen!" darauf der Hansel herrisch.
Ist'S Dir nit recht?" fragte sie
scharf.
Ah, Tu bist mir eh recht," sagte er
und wollte seine Arme um ihren Nacken
legen.
So eine möcht' ich heut'!"
Da haft eine!" rief sie, und die
Ohrfeige saß ihm an der Backe. Sie
lief hinaus, er taumelte ihr nach, aber
nur bis an die Thür, dort wurde er
zurückgehalten. Er ballte die Füufte,
mußte aber, von mehreren Männern
gefaßt, stehen bleiben. Jetzt haft!
eine!" soflttrltlt ük. mit her s,,nn !
schlafen geben." Das Gelächter, wel
cheZ jetzt über ihn losbrach, hat seine
Wuth nicht gedämpft.
AIs die Kundel in die Gaststube zu !
ruciiam. wo er Paul bereits wieder
beim Ofen faß, setzte sie sich nicht mehr
hin.
Sie stellte sich nur an den Tisch und
sagte leise zum Burschen: .Tu, Paul,
wenn du wieder einmal tanzen willst,
so nimm dir ein Sirohmeidel da,u.
Heißt daS, wenn du es nit etwa sür
einen Hasenschrecker hältst und davon
laufst !"
Dachte er ein wenig ach, was das
heißen sollte. Und dann entgegnete er:
Des Weudlinger's wegen, gelt? Weißt,
ich hab'ft mir gedacht, mit so einem
Flegel will ich nichts zu thun haben, und
der Gcscheidtere giebt nach."
Geh , geh', red' du dich jetzt auf die
Gescheidtheit aus! Die ist bei dir ganz
unschuldig, verstehst? Auch mir graust
vor'm Raufe, und das hab' ich dem
Pölli da draußen heut' auch schon ge
sagt. Wenn ich aber ein Mannsbild
bin und tanz' mit einem Madel, und so
einer heißt mich einen Lotterbuben und
verschimpft ste damit, nachher kriech' ich
nit erst der Gescheidtheit unter den Kittel
Zuschlag' ich !"
Ja, und schmeißt dich der groß'
Lümmel an die Wand wie eine Haser
gnrb'!"
Ist mir Alles eins, 's Madel lass' ich
mir nit verschandircn!"
Mußt nit bös sein, Kundel," sagte
der junge Korbflechter und wollte seine
Hand zärtlich auf ihren Arm legen.
Sie schnellte ihn mit einer raschen Be
wegung ab und sagte: Weißt du, wie's
bei den Spatzen der Brauch ist? Ein
Mandel, das das Weibel nit kann be
schützen, bleibt allein stehen, als einsa
mer Spatz! Damit weißt du, daß ich
auch kann korbflechten und brauch' nit
einmal Weiden dnz. So, ausgeredet
ist's!"
Daß das Röcklein flog, so rasch wen
dete sie sich um, schritt zu ihren Schwe
stern und zeigte ihnen an, daß sie heim
gehe. Die Schwestern begleiteten ste,
weil der Vater Zimmermann im Extra
stübel das Wahlrecht noch nicht fertig
hatte.
Paul's Mutter kam jetzt näher an ih
ren Sohn Hera und fragte, ob es et
was gegeben hätte? Da warf der Paul
seinen Kopf in den Ellbogenwinkel und
hub an zu weinen.
Aber Kind! Kind!" jammerte sie,
was ist geschehen? Thut dir 'was
weh ?"
Da sprang der Bursche auf, ballte
gegen den Tanzboden die Faust: Die
ser verwünschte Lümmel!" Dann stand
er ein paar Augenblicke starr da, im
Gesicht war er noch blaffer als sonst.
Seine Mutter legte die Hände zusam
men und hauchte : Aber Paul! Aber
Paul! was machst denn sür Augen?!"
Plötzlich riß er vom Ofengeländer ei
nen Balken los und stürzte damit zur
Thür hinaus auf den Tanzboden. Nun
ging es rasch vor sich. Ein wüster Lärm,
die Musik brach schrill ab. ein gellender
Schrei dann haben ihn ihrer zwei
Männer in die Stube getragen.
Am Dorfende, wo das Kreuz steht,
wurden die Weiber auf dem Heimwege
erreicht. Habt's gehört?" rief ihnen
der Bote nach. Sie werden gleich lüu
ten. Für den Korbflechter. Fir den
Paul. Erschlagen haben sie ihn."
Die Sterne, die sonst fest am Himmel
stehen, huben vor den Augen der Kundel
zu tanzen an
Geläutet wurde. Aber nicht die
Sterbeglocke, sondern die Hochzeitsglocke
nach sechs Wochen, als der Bursche wie
der heil war. Die Kundel hatte wohl
gemeint,, der Paul könne sich seine Körbe
selber flechten und hat den ihren wieder
zurückgenommen.
Der Wendlinger Johann ist nicht bei
der Hochzeit gewesen. Während im
Wirthshause die nämlichen Pfeifen und
Geigen klangen, die er früher nach Be
lieben angerichtet oder abgestellt hatte,
saß er mit dem Duckmäuser draußen
unter einem Heuschober. Der Duck
mäuser hielt sein Sacktuch vor die trie
senden Augen, der Johann biß sich die
Fingernägel und knurrte: Höllsagra!
Ist das ein dummer Tag !"
Eilt tapferes U?eib.
iZine Räicherqcschich:? von Alircd Fncdmcinn,
Die Scene ist in Ealadrien.
Das Brigantenthum florirt in Jta
lien. Dem Lazzaro Brighone ist's im Ge
schäft schlecht gegangen.
Er dankt sür die Ellenritterei.
Er legt sich aus'S Wegelagern.
Brighone verachtet die Menschen und
ihr Leben ist ihm keinen Soldo werth.
Er würde einen vorzüglichen Hauptmann
abgeben, aber es sehlt ihm doch noch
seine Heldenthat", damit die Anderen
an ihn glauben.
Er ist ohne Scrupcl und ohne Mit
leid, wie man von Anderen sagt : Sie
sind ohne Falsch und Argwohn."
Schade, daß er die schöne Franzis
china von Nicastr liebt, die schon einen
braven Mann hat. Seine Liede und
der Mann sind ihm im Wege. Obne die
Liebe wäre er freier, und der Gatte hin
dert ihn, mit granzischina so zu girren
und zu kosen, wie er möchte; denn Fran
zischina liebt ihren Eheherrn, den Vater
Earlinos, aufrichtig.
Was thun?
i
l
No. 27.
Die Nicastrenserin hat eine Mühle
nd im Schrank in der Mühle einen
kleinen Sack, nicht voll Mehl, sondern
oller ersparter Ducaten.
Kann man ihre Liebe nicht haben,
will man's wenigstens mit den Gold
fiichsen versuchen.
Brighone läßt seine Bande, deren
anerkannter Häuptling er noch nicht ist,
im Buschwerk. Nur ein einziger Ka
merad begleitet ihn bei dem Besuche,
den er der schönen Müllerin abzustatten
gedenkt.
Um bei ihr keinen Verdacht zu er
wecken, heißt er seinem Gesellen, sich
hinter einen großen Oleanderstrauch ver
bergen und stellt sich allein am Thore
ein.
Es ist Sonntag, und der Räuber
weiß, daß Franzischinas Mann in der
Kirche und sie allein mit dem kleinen
Carlino zu Hause weilt. Er hat sich
einen falschen Bart angelegt, verkleidet
und giebt an, er sei ein Mllllerlnecht
ans der Suche nach Arbeit.
Die Müllerin empfängt ihn fteund
lich, heißt ihn eintreten und bleiben, bis
ihr Mann aus der Kirche komme; es
sei nicht ihres Amtes, Gesellen zu ver
pflichten. Carlino läuft einen Augenblick hin
aus. Da legt Brighone seinen Arm um
Franzischinas Wespentaille und um
klammert sie mit ehernen Griffen. Er
fleht um ihre Liebe, aber sie hat ihn
erkannt und schlägt ihm in s Ant-
litz....
Also nicht! Gut. So gieb Dein
Geld heraus. Ich weiß, wo, und wie
viel es ist!"
Mein Geld mögt Ihr nehmen. Es
liegt da droben in der Kommode. Da
ist der Schlüssel. Ich gehe voraus.
Macht, was Ihr wollt. Kommt mein
Mann dazu eilt Euch so fürchtet
seine Fucile seine Vendetta. Also
presto!"
Sie geht hinauf.
Brighone folgt ihr.
Das Zimmer ist offen. Er stürzt
sich auf den kleinen Schrank und wühlt
in den Sachen, im Sacke. Gold klingt,
Gold springt.
Aber Franzischina schließt doppelt die
Thür hinter seinem Rücken ab. Die
Fenster sind mit Eisenstäben versehen.
Die Thür ist einen halben Fuß dick.
Brighone ist wie ein Vogel im Spren
kel, wie eine Maus in der Falle,
Er flucht! Er tobt. Umsonst.
Inzwischen verliert Franzischina keine
Zeit.
Sie ruft Carlino herbei.
Carlino," sagt sie mit fliegendem
Athem, laus nach Nicastro, schlage
Lärm, hole die Carabinieri! Suche
Deinen Vater in der Kirche, schrei' ihm
zu es sei ein Räuber in der Mühle!"
Das Kind enteilt.
Die Müllerin verrammelt das Thor,
schließt alle Fenster.
Ihre Lage ist gefahrvoll.
Sie hört, wie Brighone mit einem
Hammer den Fußboden bearbeitet,
durchschlägt; wenn er sich mit einem
Sprung in den unteren Raum herab
läßt, ist er ihr näher er kann sich be
freien und dann, sie weiß es, ist sie
verloren, er kennt keine Gnade.
Das Kind rennt inzwischen mit sei
nem Auftrage davon.
Aber jetzt hört sie seinen Klageruf :
Der Spießgeselle Brighones vertritt
Carlino den Weg; auch der Räuber hat
das Geschrei des Eingesperrten, Ueber
listeten vernommen.
Franzischina hört den Elenden ihr
Kind mit dem Tode bedrohen, falls sie
nicht öffnet.
Carlino, ein süßer Knabe von wenig
Jahren, fällt dem Unhold zu Fußen und
bittet flehentlich um sein Leben.
Der Geführte Brighones denkt : zum
Halsabschneiden hast Du immer noch
Zeit und Du kannst den Kleinen als!
Geißel fortschleppen, dann thun diej
Herrn dem Hauptmann nichts."
Er begnügt sich damit, Carlino zu
fesseln; da er schreit, steckt er ihm noch
einen Knebel in den Mund und wirft
ihn in einen Graben.
Tann schleicht er um's HauS herum
und sucht eine Spalte, ein Pfortchen
zum Eindringen, um seinem Herrn zu
helfen, ihn zu befreien.
Ta kommt ihm die Idee, auf einem
Mühlcnflügel entlang zn kriechen und
durch das Loch des Radbaumes der
stehenden Mühle unbemerkt in's Innere
zu gelangen.
Im selben Augenblick hat die Mül
lerin den Gedanken, die Mühle am
Sonntag gehen zu laffen und so die
Aufmerksamkeit irgend eines Nachbarn,
eines Freundes zu erregen.
Der Mann war gerade bis zum Rad
bäum gelangt, als Franzischina den
Pflock herausnahm, der das Gangwerk
einstellte.
Das Rad schnurrt und ehe es zwei
Umdrehungen gemacht, ist der Unglück
liche gemahlen wie ein Pulver zwischen
Klöppel und Mörfcrtcrrii.e.
Franzischina hört Wehegcfchrei und
ist enlfctzt.
Sie wollte nicht zur Mörderin wer
den, aber der Wegelagerer und Bandit
hatte kein beffercS Schicksal verdient.
Er würde noch manchen Todtschlag ver
übt, manches Unheil angerichtet haben.
Brighone verhandelt von oben mit
ihr.
Schon hat er ein gewaltiges Loch in
den Fußboden gehauen. Er steckt seine
Füße durch und stemmt sich mit den
Händen gegen das Parquet, prodirend,
ob seine gedrungene Gestalt sich durch
zwängen nd den Sprung wagen könne.
Franzischina sieht in Todesangst um
sich was kann sie reiten.
Da zieht er sich nochmals nach oben
und holt aus zn wuchtigem Schlage, die
Oeffnung zu erweitern.
Ihr Blick fällt auf einen leeren Mehl
sack.
Sie stellt einen Treppenstuhl nahezu
in die Mitte des Zimmers und erfaßt
einen mächtigen Strick, der auf dem
Boden liegt.
Nun erscheint Brighone wieder bis
zur Hälfte am Plafond. Sie hält den
Sack hin, schlingt einen festen Knoten
um des Räubers gefangene Schinkel
und zieht zieht zieht das Ende
des Strickes an einer großen Walze de
festigend.
Nun mag er fallen oder schweben
oder sich zurück nach oben hissen sie
gewinnt Zeit öffnet stürzt hinaus
befreit ihr fast ersticktes Kind und
schreit:
Eil' dem Vater entgegen!"
In wenigen Minuten kam dieser jetzt
mit einigen Carabinieri an. Man
fand Brighone halb im ersten, halb im
zweiten Stock, das Gesicht blau unter
laufen.
Franzischina hatte so wacker znge
zogen, daß ihm das Blut in den Adein
den Kreislauf versagte.
Man brachte ihn sofort in das Ge
füngniß des Stadthauses.
Da wartet er noch immer aus Fran
zischinas Liebe.
Diese aber sank schluchzend über ihr
gerettetes Kind! Dann küßte sie ihren
Gatten, den Vater Carlinos, und zu Mit
tag thaten sich alle Drei in Speise und
Trank eine sonderliche Güte an. Beim
Ave Maria aber kniete Franzischina
mit den Ihren in der Dorskirche und
betete inbrünstig. Ein bunter Strahl
aus den milden Glasfenstern fiel der
klärend um ihr Haupt.
in dankbarer Wilddieb.
Vor einigen Wochen war in der Ge
gend von Laasphe in Westfalen ein
Wilddieb festgenommen und in das Ge
fängniß von Berleburg überführt wor
den. Dort entfloh er, und alles Be
mühen, seiner wieder habhaft zu werden
oder seinen Aufenthaltsort auszukund
schaften, blieb erfolglos. Da erhielt
plötzlich vergangene Woche der Gefäng
nißausseher in Berleburg ein großes
Packet, und als er eS öffnete, fiel ihm
Sträflingskleidung entgegen. Das
Packet kam aus Antwerpen, und ein
beigefügtes Schreiben ließ erkennen,
daß der entsprungene Wilddieb der Ab
sender war. In verbindlicher Weise
bedankte sich dieser für die freundliche
Behandlung während der Gefängniß
zeit. Als Anerkennung gestattete er sich,
einen Hasen zu übersenden; den ersten
Rehbock aber, den er Gelegenheit haben
würde, zu schießen, solle der Herr Amts
richter erhalten.
Lr bat recht,
Polizist (zu einem Betrunkenen):
Stehen Sie doch auf!"
Betrunkener: Zu was? I' fall'
ja doch glei' wieder um!"
in Menschenkenner.
Alte Jungfer: Gehen Sie, ich gebe
nicht?!"
Bettler: O weh, o weh! Was soll
aus uns Armen werden, wenn sogar
,hübsche junge Mädchen' keine Barm
Herzigkeit mehr üben!"
Alte Jungser (giebt ihm einen Dol
lar.)
Befürchtung.
Mann (seine junge Gattin in der
Küche überraschend): Aber Amalie,
was machst Tu denn da Tu kochst
doch nicht etwa?"
Druckfckler.
(Aus dem Berichte eines Lokalblattes
über das Stiftungsfest eines Klubs):
Beim Beginn der Tanzpaufe führte
jedes Mitglied sein Ehegespenft zur Ta
sei.'
Tsast
des Herrn Meier beim zehnten Stif
tungSfefl des Radsahrer-KlubS.
Tem Stahlroß flott reitenden.
Im Fahrsport fortschreitenden.
Radfahren verbreitenden,
Radiahrer begleitenden.
Mit Fahrrad arbeitenden.
Ten Fahrradklub leitenden
Verehrten Vorsitzenden
Ein donnernd Allheil".
3m kiebesrauiche,
Mutter: .Klärchen. trotz des hefti
gen Regens bleibst Tu mit Deinem
Bräutigam stundenlang draußen
hat Tich denn die Nässe nicht belästigt?"
Junge Braut: .Ach Mama, davon
habe ich gar nichts gemerkt.... mein
Erich hielt mich wanerdicht umarmt."