N A Das Weib des vandiien. Po Hcrrman Sciiirit. Einig Meilen von Neapel gelangt man an einen HUgel, der zwar nicht sehr hoch, aber dicht mit Strauchmerl überwachsen ist, so daß er von ferne fast wie ein ansteigender Wald aus sieht. Ungesabr im Mittelpunkte diese Hügels befindet sich eine sehr tiese und geräumige Höhle, deren Eingang eben falls ganz von Gestrüpp verdeckt und kaum so breit ist, daß ein Mensch durch zuschlüpfen vermag. Diese Höhle war nun aber der Zu fluchtsort einer berüchtigten Banditen rotte, die das Land ringsum denn ruhigte, die Reisenden ermordete, die reichen Abteien zerstörte und oftmals den wachsamsten liZensdarmen Trotz bot und ihnen ein Schnippchen schlug, wenn sie schon dachten, endlich einen glück lichen Fang zu machen. Genug diese Bande war so kühn und verschlagen, daß die Neapolitaner, wenn sie Abends am Feuer beisammen saßen, sich die schaudervollsten Geschichten von ihren Wagnissen erzählten. Und thatsächlich war cS niemals einem Schergen gelun gen, sich auch nur eines Einzigen der Banditen zu bemächtigen. Und da sie unter einander den Schwur geleistet hatten, durch Aufnahme neuer Glieder ihre Familie nicht zu vergrößern, so vermehrten sie sich nur durch Geburten innerhalb ihres geschlossenen Kreises, verminderten sich aber allmülig durch häufigere Todesfälle so sehr, daß schließlich nur noch ein einziger Räuber mit seinem Weibe und seinen beiden Kindern von der ganzen Truppe übrig geblieben war. Dieser Mann, mit den Seinigen nunmehr alleiniger Besitzer der Höhle, nannte sich Ullo-Guru. Er war unge -fähr vierzig Jahre alt, befaß pechschmar zes Haar, ein im Gegensatz hierzu uns fallend bleiches Antlitz, Kühnheit sonder Gleichen und, was das Schlimmste war, einen wütbenden Barbarismus. Man erzählte sich die ungeheuerlichsten Legen den üöer ihn; schon als Knabe sollte er seine Jugendgespielin, ein herrliches, schönes Mädchen, jählings mit seinem Dolch erstochen haben, nur weil sie einem Andern, als ihm, einen bedeutungsvol len Blick zugeworfen hatte. Das Mor den war überhaupt feine Lieblingsbe schäftigung. ES verdroß seinem furcht baren Auge, etwas Ledendes zu sehen, und nur seine Kinder verschonte der Un mensch. AIS der troglodytische Räuber sich immer mehr vereinsamt fühlte, sing auch seine mörderische Beschäftigung an, ihn zu langweilen, und er führte seit dem mehr und mehr ein zuruckgezogc nes, beschauliches Leben; denn die Beute, welche er während der Reihe von Jahren selbst gemacht und von den verstorbenen Genossen geerbt hatte, reichte hin, ihn bis an sein Ende zu ernähren. Mit Hülfe pfiffig Berstellungskunst wußte er sein schreckliches Rüuber-Exterieur zu jeder Zeit in ein ganz unverdächtiges zu verwandeln, und in solcher Gestalt tauchte er plötzlich ungesehen irgendwo auf öffentlichem Markte auf. versorgte sich mit Lebensmitteln und verschwand wieder unbemerkt. . Das währte Jahre lang, und die Gensdarmen hatten ihn längst vergessen. Ullo Äuru wiegte sich immer mehr in Sicherheit und verließ eines Tages, als ihm das Pulver ausgegangen war, in Begleitung feine? Weibes Oriella, früh Morgens sein Versteck, und zwar ohne jede Verkleidung, ganz leck die doppel. läufige Flinte über dem Rücken und furchtlos das dichte Gehölz durch querend. Als er am Saume desselben angelangt war, machte er Halt, schickte sein Weib nach der Stadt, um für andern Bedarf zu sorgen, und versprach ihr, sie an dieser Stelle wieder erwarten zu wollen. Der ehemalige Räuber schweifte nun umher, um einen Jäger oder Wilderer zu erspähen, den er er schießen und ihm sein Puiverhorn ad nehmen könnte. Da erblickte er auf der Landstraße eine Staubwolle, und sein scharfes Auge erkannte deutlich die Umrisse von Bewaffneten, die ihre Richtung geraden wegS auf das Gehölz zu nahmen. Gut. laate UllGuru vor sich hm. indem er kaltblütig seinen Carabiner von der Schulter nahm, die weroen Pulver fiir mich haben." lind als die Gensdarmen, die effcn bar ausgezogen waren, auf einen andern Uebelthätcr, IS ven langn oeigeenr,n Räuberhauptmann, Jagd zu machen, sich in Schußweite befanden, wurden auch sofort zwei von ihnen todt zu Boden gestreckt. Ullo-Guru's Gewehr traf gleich mitten durch'S Herz. Der Verfolger waren aber noch drei, und da dem großen Räuber leider das allerletzte Pulver ausgegangen war mit , den beiden abgegebenen Schüssen, so n,it, n tick verstecken. Er ward nach drucklicher bedrängt und verfolgt, als er erwartet hatte. Wie ein Fuchs mußte .t fi hnnft hie Gebüsche drangen, da die Verfolger ihm ftetS auf den Fersen saßen und geschworen halten, blutige Rache für ihre getödteten Kameraden zu , nehmen. Unaufhörlich den Athen, an j haltend, schleichend und im Stillen die Blätter verfluchend, die unter und neben j ihm rauschten und gestreift wurden, schlich er von Busch zu Busch. Zumeuen yorie er, wie r me die Beste xrdrachen. die ihn der rqen hielten, dann erviiaie 'eine .'iolaer aar selbst, und einmal tauch en ihre rothen anist nur wenige Schritte weit von ihm auf. Endlich. Vü Jahrgang 17. nach einer dreistündigen Angst, gelangte er zu einer Höhle. Doch es daueite nicht lange, da erschollen schon wieder die Schritte und die Verwünschungen der Gensdarmen, und ein vielfältiges Echo raunte dem Einsamen die Gefahr, seines LebenZ um so grausiger in's Ohr. Einmal schien es, als entfernten sich die Schergen wieer, als wenn sie die Spur verloren härten, gleich daraus aber v rnahm der Umzingelte wieder ihre Stimmen und Fußtritte. Der Eingang zu der geheimnißvollen Höhle war so versteckt, daß sein Bewohner so gnt wie sicher sein durfte, der Gefahr entronnen zu sein. Nur für sein zu rückkehreiides Weib fürchtete er noch. Minuten waren wieder ergangen. Die Gensdarmen schienen sich ent fernt zu haben. Ebenso gut mochten sie aber auch in unmittelbarer Nähe lauern und sich absichtlich still verhalten. UlloGuru lauschte, sein Ohr war noch schärfer als sein Auge, und er würde den leisesten Athemzug eines im Hinter that befindlichen Lebewesens gehört haben. Alles war ruhig. Da, plötzlich ein knisterndes Geräusch. UlloGurn hielt den Athem an und horchte wie ein Luchs. War es ein Scherge oder sein Weib, was sich in einige Entfernung, seinem Auge unent deckbar bewegte? Mit einem Male begann der kleine Jambo, der seit langen Stunden nicht gestillt worden war, nach der Mntter Brust zu schreien, und zwar so hestig, daß es nicht möglich schien, ihn anders als durch Nahrung zu beruhigen. Und nun hörte Ullo Guru während der kurzen Pausen des kindlichen Jam mergeschreis wieder die verdächtigen Ge räusche der Spürer. Der schreckliche Räuber flucht ingrim mig in sich hinein, und der Todesschweiß tkatihmuf-keStirox"',.dieser"Blq wird mich und diesen Schlupfwinkel verrathen !" Er lauschte mit Anstrengung aller Nerven, aber das Geschrei seines Kindes übertönte das auffälligste Geräusch außerhalb der Höhle. Ullo-Guru ver schließt mit eiserner Hand den kleinen Mund des Kindes und nun hört er, wie die Gensdarmen ganz nahe schon am Eingange sind. Noch können sie die Oeffnuiig nicht entdeckt haben, aber jeden Augenblick kann es geschehen. Die krampfhaften Bewegungen des armen kleinen Jambo sind so heftig, daß er, schon halb erstickt, den Mund unversehens wieder befreit hat und nun mit doppelter Gewalt in das zuruckge drängte Geschrei ausbricht. Da ergreift derwildeRäudersmann den Knaben voll jäher, qualvoller Wuth und schleuderte ihn mit heftiger Kraft gegen die Fels wand, daß die feinen Gliedchen wie Glas zerschellen. Seine bebenden Lippen stießen einen wilden Fluch aus da noch zuckt die kleine Leiche tritt Ullouni'S Weib in die Höhle. Sie hatte das Gehölz voller Sbirren gefunden und sich bis jetzt verborgen halten muffen. Das verdächtige Ge räusch, das Ullo Guru veranlaßte, kurzer Hand sein Kind zu zerschmettern. rührte nicht von den Verfolgern her, sondern von Jambos Mutter. Sie brachte Nahrung sür den Knaben, nun war's zu spät. Sie hatte nur noch den letzten Ausschrei des kleinen Ge schöpschens vernommen. Mit stierem Blick stand das Ungeheuer von Vater vor ihr. Oriella schmieg. Einige Sekunden starrte sie auf die blutrünstige kleine Leiche, dann verließ sie die Höhle, stumm, ganz stumm. Vor dem hohen Rathe von Neapel er schien noch am selben Tage ein bleiches. armselig gekleidetes Weib. Ihre Augen glänzten und ihre Nasenflügel vibrirten. .Wer seid Ihr, und was wollt Ihr?" fragte man sie. Wer ich bin, mag Euch gleich sein," antwortete sie mit sicherer Simme. .Was ich will? Euch Ullo . Guru aus liefern, den letzten Rauber, der in der geheimnißvollen Höhle bei Neapel haust.' .Wie? Ullo Guru. den wir langst wie die Andern verschollen glaubten er lebt noch ?" .So lange ich ihn nicht verrathe.' Und wie kommt Ihr dazu, ihn zu verrathen, seid Ihr sein Weib?' Er ist ein Ungeheuer ich bin nicht sein Weib.' .So ist eS auch wohl Ullo-Guru. der zwei unserer besten Gensdarmen heute früh getödtet hat?' i .Er wird eZ sein, und er würde' vielleicht alle seine Bersolger getödtet haben, wenn er noch Pulver gehabt1 hätte.' .Und Ihr wollt unS die verborgene Höhle verrathen?' j .Ja, das will ich. Und sogleich.' .Wird er Widerstand leisten '." .Ich glaube nicht. Er wird sich be , rauscht haben, sowie er immer zu thun j pflegt, wenn er gemordet hat.' Sonntagsgast. Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. Und Oriella führte die bewaffneten Soldaten an den Ort dcö Grauens. Als sie in die Höhle traten, fanden sie den Räuber auf einem Steine sitzend, den wiisten Kopf auf beide Fäuste ge stützt, vor sich hinbriitend und seine ent geisterten Augen aus den entseelten Kindesleichnam heftend. Er war nicht berauscht, diesmal hatte er seine Mord tust nicht in feurigem Weine ertränkt. Die Lust am Leben war ihm verraucht, UlloGuru war zu Tode ernüchtert. Ruhig ließ er sich ergreifen und fesseln und leistete auch nicht mit einem Worte Widerstand. Sechs Tage später ward er in Neapel hingerichtet. Das Weib des Banditen blieb ver schwunden, aber die Ungewißheit ihres Schicksals beschäftigte noch lange das Gespräch der Neapolitaner. Erst nach Jahren hörte man wuder von ihr. Viele Meilen von Neapel entfernt hatte man ein Bettelmeib getroffen, das an der Hand ein hübsches, kräftiges Mäd chen führte und überall erzählte, sie sei Oriella, das Weib des hingerichteten Banditen Ullo Guru, und ihre kleine Begleiterin sei Geta, ihr gerettetes Kind, die Schwester des erbarmungslos vom Vater zerschmetterten Jambo. Man schenkte der armen, gebeugten Frau überall Mitleib und reichliches Almosen, bis die schöne, graziöse Geta eines Tages von einer herumziehenden Cirkus Gesellschaft ausgenommen und zur Kunstreiterin ausgebildet wurde. Ihre alte Mutter behielt sie bis zu deren baldigem Tobe bei sich, sie selbst aber ward schnell eine gefeierte Artistin, die ihren Namen ebenso berühmt in Airo baienkreisen machte, wie ihr Vater Ullv Guru den seinigen berüchtigt gemacht hatte. ' Line lvettfahrt. Skizze mi3 dem ieitu von W, v, Zchierbrand Mein Freund Paul Westenberg hatte verschiedene Eigenthümlichkeiten. Er war durch eifrige Energie, rastlosen gleiß und ungewöhnliche Fähigkeiten zu dem geworden, was er war Gc schäftssllhrer einer großen westlichen Ellenbahn. Niemand hatte ihm bei m Aufstieg geholfen. Ohne Protektion, ohne anderen Einfluß als den seiner werlhvollen Dienste, war er im Alter von 40 Jahren schon zu einer Stellung gelangt, die äußerst verantwortungs reich, schwierig und anstrengend war, aber dasllr auch seinem Ehrgeiz volles Genüge leistete und brillant besoldet war. Niemand mißgönnte ihm den Posten, denn er hatte ihn durch eigenes Verdienst errungen und er füllte ihn aus. Paul Westenberg hatte aber, wie ich oben sagte, einige Eigenthümlichker ten. Vor Allem hatte er sich die ein fachen Sitten, die er von seinen deut- schen Eltern geerbt, treulich bewahrt. Er trug sich so einfach und lebte in einer Weise überhaupt, als ob er höch stens 815 die Woche verdiente, und Abends ließ er sich einen Krug Bier aus der Wirthschaft an der Ecke brin- gen, ganz wie ein kleiner Spießbürger. Er hatte eine einzigen Sohn, aber mit diesem war er so strenge und verlangte von ihm gerade so viel, als ob derselbe einst seinen Weg im Leben unter dew selben Schwierigkeiten sich bahnen mülie, wie er selbst es gethan. Nie mals auch schenkte er Jemand etwas direkt was er gab, mußte auf diese oder icne Manier verdient werden. Dies war nicht Geiz bei ihm, sondern Prinzip er glaubte, daß Gelchenke nur schaden, Geber und Empfänger zu gleich. Da traf ich eines Tages Albert, seinen lljahngrn Sohn, freudestrah lend auf der Straße, wo er ein fiin kelndes. prächtiges Bicycle tummelte. Er fuhr sein Rad mit großer Eleganz und Geschicklichkeit, und man merkte ihm an, daß er stolz darauf war. Ich, der ich seines BaterZ Sparsamkeit und auch seine Abneigung gegen Bkycles kannte, die er für nutzlosen Lurus hielt, war erstaunt und frug Albert, wie er zu dem theuren Rade gekommen sei. .Papa hat mirs geschenkl,' sagte er mit glücklichem Lächeln. TaS wunderte mich noch mehr, und als ich einige Tage später Hrn. Weftenberg in einer persönlichen Angelegenheit aussuchte, nahm ich Gelegenheit, auf die Sache zurückzukommen. Ja,' bemerkte der Vater, und ein Leucdten ging über sein ganzes Gesicht, .ich habe das Rad thatsächlich meinem Jungen geschenkt. Oder eigentlich die Eisenbahn Compagnie. Merkwürdig, nicht wahr? Ader hinter der Sache steckt eine ganze Geschichte. Albert hatte Nch ein Rad schon seit langer Zeit ge ' wünscht, aber sich nicht getraut, mir" ttthig hflhnn in fn.irn r mein Ansichten über den Punkt kannte. Reu lich indeß kam er zu mir und bat mich. ihm 830 zu leihen bis zum Herbst, zu welcher Zeit er mir das Geld wieder zurückzahlen zu wollen versprach. Na türlich wollte ich miffen, wozu er das Geld brauche. Und da kam'S denn heraus. Er hatte sich aus seinem klei nen Wochenverdicnst, den er bei mir durch Abschreiben mancher amtlichen Schriftstücke erhält, schon 830 zusam mengespart und wollte das übrige Geld, was ihm noch fehlte, um sich ein schönes Bicycle zu kaufen, ebenfalls auf dieselbe Weise zusammenbringen, was ihm ungefähr ein Jahr genommen Hütte. Da hatte er gerade jetzt eine famose Chance, ein prächtiges, solides Rad direkt aus der Fabrik zu einem bedeutend reduzirte Preise zu kaufen, und so wollte er sich bei mir die noch fehlenden $30 leihen. Na, offen ge standen, gern that ich's nicht, denn ich hielt damals das Radfahren für ein nutzloses Ding, aber sein Unterneh mungsgeist und seine Energie, sich ganz allein schon die Hälfte der erforderlichen Summe erspart zu haben, imponirten mir doch, und so that ich ihm den Ge fallen, nachdem er fest versprochen hatte, mir das geliehene Geld im Herbste zu rückzuzahlen, Er gab mir seine $30 und ich schrieb ihm einen Check für den vollen Betrag von $00, den er am selben Tag noch fortschickte und bald darauf das Rad erhielt." Albert und Sie selbst sagten mir aber doch, daß das Rad ein Geschenk sei, ' warf ich ein, und die Geschichte kam mir ganz alltäglich vor. Allerdings darauf werde ich gleich kommen," erwiderte Herr Weftenberg. Also, Albert benutzte sein 'neues Rad so fleißig während seiner Freistunden, wie es ein enthusiastischer Knabe nur kann. Und dann sparte er jeden Cent auf, um die $30 bald zusammen zu bringen. Aber ich mußte, es fehlte noch etwas daran, und der Zahlungs tag war schon beinahe da. Ich hatte schon angefangen mich darüber zu ärgern, daß Albert nicht Wort halten würde. , Aber da kam das kleine Ereig niß dazwischen, welches mich veranlaßte, ihn persönlich dem Direktorium unserer Gesellschaft zur Belohnung vorzuschla gen, und welches außerdem meine An sichten über das Fahren auf dem Bi cycle bedeutend modiftzirte." Nun. und Da war?" Als Antwort schloß Hr. Westenberg, dem inan in diesem Augenblick ganz den glücklichen Vater ansah, eine kleine Kas fette auf und entnahm derselben einen schriftlichen Bericht, den er mir zur Durchsicht überreicht. Daraus ging Folgendes hervor: Albert Westenberg hatte, während er eine Spazierfahrt in der Umgegend der Stadt machte, eine kleine Station, deren Vorsteher er kannte, besucht und sich mit demselben in ein Gespräch eingelaffen. Während desselben pafsirte ein Fracht zug das Geleise vor dem Häuschen. Der Zugsührer nickte im Vorüberfahren dem Stationsvorsteher, Pinckney, freundlich zu. Im selben Moment aber bewegte sich der Telegraphen Apparat, der in der Ecke eines kleinen Büreaus stand, und die Zeichen auf dem Streifen Papier, das zwischen seinen Fingern herausrollte, entzifferte, da wurde er kreidebleich, sprang sofort auf und' rannte vor die Station auf das Ge keife, wo er dem eben voriibergefahrenen Frachtzug nachblickte und in seiner Rich- tung verzmeisclte Bewegungen mit den Armen machte. Der Frachtzug indeß entschwand im selben Moment seinen Blicken, denn er fuhr um eine Biegung herum, die sich neben einer kleinen An Höhe hinzoz und die nun den Zug völlig verdeckte. Um Gottcswillen," schrie Pinckney, das gibt ein Unglück Nr. 17 ist vor einer halben Minute von Andersonville fortgefahren und befindet sich auf dem selben Geleise, wie der grachtzug vor ihm.' Nr. 17 war ein Erpreßzug, das wußte Albert und die Bedeutung der furchtbaren Worte, die sein Freund so eben ausgesprochen, wurde ihm sofort klar. Was thun? Mit einer Geistesgegenwart, die weit über feine Jahre ging, warf sich Albert sofort auf sein Rad, das er gegen das Häuschen gelehnt hatte, und fuhr davon wie der Blitz. Pinckney blieb zurück, sich den Kops mit beiden Händen bal tend, wie Jemand, der den größten Schmerz empfindet. Albert aber fuhr darauf los, als ob er den höchsten Preis bei einer Wcttsahrt gewinnen wollte. Und eine Wettsahrt war'S in der That, die er jetzt machte, eine Wettfahrt mit dem Frachtznze, der vor ihm fuhr, jetzt dem Auge nicht sichtbar und mit bedcu tendem Borsprung. Aber der Knabe hatte sofort an einen schmalen Pfad ge dacht, der auer durch das Feld lies, eine Halde englische Meile lang, und bet j dann bei einer Böschung wieder ouf das ' Geleite flirt. Der Biad war beschwer, lich und oft mit Steinen bestreut, aber! No. 26. Albert wußte, daß er um eine große Strecke kürzer war, als der Weg, den der Zug bis zu jenem Punkte zurückz legen hatte, und auf diese Thatsache hatte er seine Hoffnung gegründet, dem Frachtzug den Rang abzulaufen und rechtzeitig einzutreffen, um ihn vor der drohenden Gefahr zu warnen. So flog er denn auf dem Pfad dahin, die Augen fest auf den Boden gerichtet, um den Steinen mit seinen Rade auszuweichen, und die Muskeln seines jugendlichen Körpers auf'S Aeußerste anspannend. Es dä uchte dem Knaben eine Ewig seit, und doch war eS nur wenig über eine Minute, als er richtig an jener Böschung eintraf und sein Stahlroß mit Plötzlichem Druck auf die Bremse zügelte. Er starrte das Geleise entlang. Eben kam der Zug angesaust, und hin ter ihm noch eine ganze Strecke, don nerte der Expreßzug eben an dem klei nen Stationshäuschen vorbei, vor dem Pinckney händeringend und schreiend, aber vom Zugsührer unbeachtet stand. Dem entgegenkommenden Frachtzug aber brauchte Albert, abermals seine Geistesgegenwart beweisend, das ein zige Mittel, um ihn zum schnellen Hak ten zu bringen. Er zog sein altes rothes Taschentuch, das er zum Ab reiben seines Rades in der Ledertasche neben dem Sattel führte, schnell her vor, steckte es auf einen im Felde liegen den dicken Maisstengel und wehte mit dieser so construirten Flagge kräftigst und ohne Unterlaß. Der Zugführer sah ihn auch und lachte, der vorderste Bremser ebenfalls. Da deutete Albert mit ausgestrecktem Arm auf den Ex preßzug, dessen Rauchstreifen eben ficht bar wurden, und die Leute auf dem Frachtzug begriffen. Schnell hielten sie den Zug an, und die beiden Bremser auf dem hintersten Theile des Zuges sprangen schnell herab und rannten das Geleise entlang, dem donnernden Ex preßzug entgegen, ihre rothen Flaggen schwenkend. Der Zug war gerettet. Der Zusam menstoß vermieden. Und das war der Grund, warum Herr Westenberg in der nächsten Direk torcnsitzung diese Angelegenheit zur Sprache brachte und warum er seine Meinung vom Bicycle geändert hatte. Und als er seinen Sohn frug, welches Geschenk er von der Eisenbahngesell schajt am liebsten annehme würde, da hatte Albert gesagt: Mein Bicycle." Zerstreut. Nroskstor Wenkbeim Ubie mit fpinpr Gattin glücklich und zufrieden. Das vciqeiocne isjiuct orte bisher lern A!,ß- tnn. i5r nmr pin iptipr Wninrptt hip in ihrem Beruf ihr Alles erblicken, und ,eme lrau, vermine, eine veqeioene ruhige Gattin. Seit einer Woche aber ging Wend heim sorgenerregend herum. Sonst nlflllderte et Mittnns hpi fifrfip in er scherzte manchmal sogar, aber seit einer Wollte mär er ,iumm, lyeiinaymsios sür Alles, was um ihn herum vorging. Seiner Gattin entging dies nicht, und so oft fil mtfh in ibn pitlhvntlrt er möge doch sagen, was seine Seele so drücke, so war es doch vergeben?. Ihrer Beobachtung war es nicht entgangen, daß er manchmal starr vor sich hinblickte uno oann aul,prang uno sorteille. Sein Betragen wurde tüalicb be ängstigender. EineS Tages saß er wie der in Nackisn hprfiinfirn mif hpm Sopha, sein Auge starr nach dem Boden gerichtet. Hermine nahm an feiner Seite Platz, und indem sie ihn zärtlich streichelte, bat sie ihn innigst, er möge doch sein Herz erleichtern 'und sagen, warum er seit einiger Zeit so verändert sei. Wendheim faßte seine Gattin zärtlich bei der Hand, und indem er ihr unruhig in's Auge blickte, begann er : Hermine, ich hatte es mir vorge nominen, niemals sollte es über meine Lippen kommen und doch eS muß sein, denn ich bin nicht sicher, daß Dir morgen die erstbeste Klatschbase Das er zählt, was ich. Dein Gatte, Dir ver heimlichte!" Aber so sprich doch! Foltere mich nicht noch länger ! Sei es, was es will !" ,Nun denn !' sprach er zitternd, Heimine, mein Alles, verstoße mich ich habe eine Andere geküßt !' Wendgeim'S Gattin fuhr wie von einer Tarantel gestochen empor. Tu haft eine Andere geküßt?" brachte sie, einer Ohnmacht nahe, her vor. Wendheim faß ruhig das Gesicht ver bergend da. So sage mir doch wenigstens wen. wann, wo? Wenn eS schon ist so ge- slehe mir ein. damit ich weiß, welche mid) löcberlicd rnn.l'n tnirh " Kr seufzte und nur mühsam sammelte er 10). Ach ! Hermine, das ging so zu,' be gann er, Du weißt, heut' vor einer Woche, ja, es ist genau eine Woche, machte ich die bekannte wiffenschast liche Entdeckung ; ich war freudig er regt, und als ich zur Universität gehen wollte, begegne ich im Flur einer weid lichen Person, wieso, warum, das weiß ich nicht, kurz, ich fiel ihr um den Hals und küßte sie ! Jetzt weißt Tu Alles.' In Herminen's Antlitz leuchtete ti auf. Im nächsten Moment lag sie an seiner Brust, und indem sie ihn küßte, tröstete sie ihn : Aber Paul, bist Du zerstreut, die, die Du damals geküßt yat, das war i ich !" Marianne Brandt. die vortreffliche Altistin der Berliner Hokover. aastirte aleickieitia mit Albert Niemann und Lilli Lehman in New Bork und erntete viel Ehre und Tollars. Marianne Brandt erhielt von einer Ber liner Freundin z Weihnachten eine Handarbeit in einem eingeschriebenen Briefe, den sie sich von der Post abholen sollte. Der Beamte verlangte don ihr eine Legitimation ; sie aber trug weder einen Brief, noch eine Visitenkarte bei sich, durch welche sie sich als die preußi scke Kammersängerin Brandt biitte au. weisen können. Das könnte Jeder sagen", sagte der Beamte, daß Sie Marianne Brandt sind." Nun", sagte die Künstlerin in ihrer originellen Weise, ..sauen kann es liede aber be. weisen nicht. Hören Sie mal gefälligst zu und sofort ließ sie mehrere schmet ternde Triller erschallen, so daß nicht nur der Auslieferungsbcamte verwun dert lauschte, sondern aucd die Tbllren der benachbarten Büreaus sich öffneten und ein ausmerkjamer Hörcrkreis sich um ..unsere Marianne" sammelte. Zweifellos find Sie die berühmte Sän- aerin". bick es nun und der innpfAri bene Brief war im nächsten Augenblicke i lyren yanden. Affenüberleguna. Ein enaliscker Oberst, der sicb lanae in Indien aufgehalten und dort einen zahmen Affen besessen hatte, erzählt Folgendes von ihn, : Eines Tages gab ich dem Affen eine fest verkorkte Flasche, in die ich vorher ein Stück Zucker gesteckt hatte. Er war nun höchst possirlich, zu sehen, welche Anstrengungen das Thier machte, um zu dem Leckerbissen zu ae- langen. Als alles nichts half, ver schmähte er schließlich sein gewöhnliches ffutter und zoa sicb mit der Zilascke, die er mit den Zäbnen' und Armen nack Kräften bearbeitet, in seinen Schlaf Winkel zurück. Dabei geschah es nun, daß er bei einem seiner tollen Sätze ein auf einem Tisch stehendes GlaS mit ein gemachten Bananen umstieß. Das Glas fiel zu Boden, brach in Stücke, und die Früchte wurden zerstreut. Im ersten Augenblicke war Jack darüber sehr erschrocken, dann aber schien eine große Idee in ihm vufzusteigen. Er hob die Flasche in die Höhe und warf sie dann mit voller Krakt ans kr Rn- den. Sie zersplitterte natürlich, und nun verzehrte der kluge Affe den Zucker. Jra Rein. Ueber ein heiteres Mißverständniß in einer Danziger Schöffengerichts-Sitzung berichten die Tanziger Neuesten Nach richten": In der Strafsache contra Buchholz und Genoffen wegen Körper Verletzung berief sich die Mitangeklagte Ehesrau Buchholz auf das Zeugniß einer Nachbarin. Wiffen Sie, wie die Frau heißt?" fragte der Richter. Nein," lautete die Antwort. Ja, aber dann können wir die Zeugin doch nicht laden lassen, wenn sie nicht einmal wiffen, wie sie heißt." Nein, Herr Rath, ich bitte, die Frau zu vernehmen." Aber ich sage Ihnen doch, daß wir Niemand laden können, den wir nicht kennen. Sie sagen ja selbst, daß Sie nicht wissen, wie Ihre Zeugin heißt.' Herr Rath, die Frau heißt Nein' und steht draußen auf dem Korridor.' Ach so!" Kalmückische Sitte. ' Die Gespräche sind bei den Kalmücken um so langsamer, je mehr sie eine Per son ehren wollen. Wenn Fremve von Rang dem Kalmückensttisten vorgestellt werden läßt dieser zwischen Frage nnd Autwort immer fünf Minuten ber streichen, und von einem Ceremonien meister wird dem Reisenden bedeutet, daß er es eben so machen solle. Der Zweck dieser uns wunderbar scheinenden Sitte ist ein lobenswerther: Man will den Sprechenden Zeit zur Sammlung und zum Nachdenken lassen, damit der Inhalt seiner Worte um so tieser und inhaltsreicher werde und daS Gespräch nicht in leeres Geschwätz ausarte. voradnunz. Mutter: Wie. Tu kochst nur Suppe heute?' Junge Frau die zum ersten Male selbst kocht): Ja, ich glaube. Eduard wird gar nichts weiter verlangen, wenn er die gegeffen hat!" 5inn?prnck. So lang' man Falten zahlen kann, Ist man noch jung und gut daran; Ein wirklich echtes, altes Haus Kennt sich vor Falten nimmer aus! ?bzcm,mxn. .Ich glaube nicht im Unrecht zu sein, wenn ich sage, daß ich der erste Schrift fteller der Gegenwart bin.' Jedenfalls der erste, der es sagt.'