Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 05, 1896, Image 12

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    Stiefel muß sterben !"
(Silier nmdrtti Z'egcdruKkii auä btm druiich
j;ö,ilche ricgk nacherzähl, oouK. f.
Gegen Ende der 00er Jahre lebte auf
linem Dorfe in der Nahe von Nürnberg
ein Bauersmann, sein Name war
Friedrich Schmelzer. Er gehörte ge
rade nicht zu den Reichsten, da er aber
sehr fleißig und sparsam, ja geizig war
und in der Ausübung dieser löblichen
Eigenschaften von seiner Ehegesponfin
kräftig unterstützt wurde, so war eS ihm
elungen, schon manchen 100 Mark,
schein zu erübrigen und in die Sparbank
nach der Stadt" tragen zu können; er
hatte sich also zu einem gewissen Wohl-
stand emporgeschwungen. Schmelzer
hatte blos zwei Kinder, einen Sohn
und eine Tochter, ersterer war Soldat
beim l t. Infanterieregiment in Nurw
berg. Er hieß Johann Georg und
wurde daher, wie es in dortiger Gegend
Brauch ist, vanSiöra" gerufen. Ob
gleich etwas beschränkt, war er doch ein
braver Kerl und beim Regiment hatte
man ihn gerne, weil seine Kameraden
immer Ulk mit ihm treiben konnten
Er hatte einen körperlichen Fehler, der
freilich angeboren war, nämlich seine
Pedale waren etwas groß, er hatte auch
Platt We. Bor dem Jahre 18i6 be
freite dieser Fehler den Rekruten vom
Militär, nach "00 aber ging dies nicht
mehr. Sein Hauptmann sagte einmal
zu ihm, als er in der Kaserne seine
Fuße sah: Kerl, Du hast den größten
Fuß beim ganzen Regiment, Du kannst
stehend in Deinen Stieseln sterben.
Sollte es einmal zum Krieae kommen.
Du brauchst eine Kugel mehr bis Du
umfall I !"
Nur zu bald kam es zum Kriege, für
yansiörg wenigstens und dessen Eltern.
Da er der einzige Sohn war, so wurde
er. nachdem er ein Jahr gedient und
abexerzirt war, auf unbestimmte Zeit
beurlaubt und befand sich zu Hause, als
ver deulia-sranzöiche Krieg ausbrach.
Bald brachte der Postbote die Order,
daß er unverzüglich beim Regiment sich
zu stellen habe und es dauerte keine acht
Tage, so war dieses vollzählig, alle be
urlaubten Soldaten hatten sich eilige,
funden. Wieder daueite es nur einige
Tage, da wurde am frühesten Morgen
Generalmarsch geschlagen, das 14. In
fanterieregiment marschirte dem Niirn
berger Bahnhof zu, wurde verladen"
und fmt gings nach Westen und über
den Rhein, in die bayrische Rheinpfalz,
Im Lager bei Pirmasenz versammelte
sich die ganze Armee, in zwei Korps ge
theilt, unter den Befehlen der Generale
D. d. Tann und Hartmann. Die lud
deutschen Truppen bildeten im Verein
Mit einem preußischen Armeecorps die
III. Armee der Deutschen. Oderbe
fehlshaber war der Kronprinz Friedrich
Wilhelm von Preußen, der wegen seiner
Freundlichkeit und Güte sowohl als
wegen seines Feldherrntalentes, von den
Truppen verehrt wurde.
Bald traf derselbe an der Spitze einer
Division im Lager ein, die übrigen
Truppen folgten am nächsten Tage
nach. Es wurde sofort eine Avant
garde gebildet, die aus dem zweiten
bayrischen Armeckorrs und einer Divi
sion Preußen bestand, und diese Trup.
pen, die der Kronprinz kommandirte
und bei denen auch das II. Regiment
sich befand, mußten voraus und zuerst
die Grenze überschreiten, während das
GroS der Armee nachsolgte. Am Mor
gen des 4. August 1870 kamen die
Bayern zuerst an den Feind, welcher die
feste Stellung bei Wcißenburg besetzt
und sich auf dem sogenannten Gaisberg
verschanzt hatte. Nachdem die Bayern
gegen die Verschanzungen vorgegangen,
griffen auch die Preußen von der öit
lichen Seite her die Berschanzungen der
Franzosen an, dieselben wurden aus
allen ihren Stellungen geworfen und es
half nichts, daß sich deren komman
dirender General Adel Touay. an die
Spitze seiner Truppen stellte, um die
selben nochmal gegen die Teutschen zu
führen! von mehreren Kugeln durch
bihrt fiel derselbe in diesem mörderi
schen Kampse. Man sagt, er hätte sich,
weil er die Schlacht verloren, absichtlich
dem Kugelregen ausgesetzt.
Inzwischen kamen auch die übrigen
deutschen Truppen heran und zwei Tage
später traf man die französische Süd-
arm unter Marschall MacMahon in
sehr fester Stellung bei Wöith. D.'i
Kronprinz schritt sogleich zum Angriff
und auch hier konnten die Franzosen
dem ''FurorTeutonicus"nid)t wider
stehen; nach heißem Kampfe mußte am
späten Nachmittag der französische Mar
schall einige Kürassier Regimenter
opfern, welche von den Teutschen fast
gänzlich aufgerieben wurden, die aber
die Verfolgung doch etwas aufhielten.
Fast in völliger Auflösung bewerkstellig,
ten die Franzosen ihren Rückzug in'S
Innere Frankreich's, verfolgt von den
deutschen Ulanen, welche noch Tausende
zu Gesungenen machten.
Der Soldat Schmelzer konnte von
Glück sagen, daß er in den beiden bluti j
gen Schlachten so mit heiler Haut da I
vonkam: viele von seinen Kameraden!
mußten in's GraS beißen oder wurden
schrecklich verwundet. Allein ein altes
Soldatensprüchniort lautet: wenn jede
Kugel treffen würde, dann könnte der
Teusel Soldat sein. Hansiöra befand
sich wohl, aber er mußte jetzt große
Vrsche machen, denn die bösen Fran
zosen hatten alle Schienenwege aufgej
rissen, die in das Innere ihr Landes ,
führten: die Stiefel, die er von u
Hause mitgenommen hatte, waren,
defekt und die, welch n vom Depot!
faßte", drückten seine Füße arg, ob
gleich man ihm die größte Nummer ge
geben hatte. Es waren starke Märsche
zu machen, bis man nach EhalonS für
Marne kam, wo man den Feind ver
muthete und eine weitere große Schlacht
erwartete. Denn hier auf dieser großen
Ebene, im Alterthum die Katalauni
schen Felder" genannt, wo einst im
Jahre 451 die große Hunnenschlacht ge
schlagen wurde, hatte der dritte Napo
leo in den 50er Jahren schon 12,000
Hektaren Land anlaufen lassen.
ES wurden auch weitläufige Verschon
zungen errichtet und alljährlich hielt der
Kaiser hier große Heerschau ab über
sein herrliches Kriegsheer", zu welchem
auch fremde Fürstlichkeiten eingeladen
wurden. Allgemein nahmen die deut
schen Generale an, diese für die Fran
zosen so günstige Stellung würde von
ihnen gehalten und auf's Äeußerste ver
theidigt werden. Allein deren Nieder
läge war größer, als nian deutscherseits
vermuthet hatte; das herrliche Kriegs
Heer" befand sich in voller Auflösung
auf der Flucht, das Lager war verlassen
und die Befestigungen demolirt.
die Spur des Feindes ging verloren,
aber man glaubte ihn in der Richtung
aus Paris vermuthen zu dürfen, um
unter den Mauern der Hauptstadt die
Ent cheidungsschtacht zu wagen.
Da die I. und II, Armee noch weit
zurück war, so bezog die III. Armee hier
im Lager von Ehalons und in den mn
liegenden Städten und Dörfern Stand'
quartiere. Die Soldaten hatten nun
Zeit und Muße, um an s Schreiben zu
gehen und keiner wollte es auch versau
men, seinen Lieben in der Heimath
Grüße zu senden und sie von unserem
Beftuden zu unterrichten. Die aber.
welche in der kühlen Erde gebettet lagen.
konnten leider dies nicht thun, auch die
vielen Tausende nicht, welche in den
Spitälern und Lazarethen an ihren
Wunden darniederlagen. Für diese
schrieben ihre Kameraden, die in treuer
Fürsorge ihr Schmerzenslager umstan
den. Auch der Soldat Schmelzer dachte
cm'8 Schreiben; er setzte sich hin und
schrieb wie folgt:
Liebe Eltern! Gott sei tausendmal
Dank gesagt, er hatte mich in den zwei
Schlachten, welche wir hatten, beschützt,
daß ich nicht einmal verwundet wurde,
während viele meiner Kameraden todt
oder verwundet sind. Bei Weißenburg
kamen wir an den Feind, es waren
Zuaven, garstige Kerle mit weiten
rothen Hosen und blauen Jacken, hatten
auch große Bärte. Aber wir Bayern
fürchteten uns nicht. Bei Wörth hatten
wir sie wieder, auch kamen wir da an
die Turko's, wilde Afrikaner. Sie
steckten i den Hopfengärten drinnen
und schaffen furchtbar heraus. Das
war ein Geklapper, als wir hinein
schössen, wegen der vielen Hopfenstan
gen. Da sie nicht weichen wollten,
mußten wir vor und hinein. Wir
wurden kommandirt, uns auf die Erde
zu legen und mit Händen und Füßen
vorwärts zu kriechen. TaS war gut,
denn sonst hätten uns die erst
Rothhosen alle erschossen, so aber kamen
wir ohne große Verluste an sie heran.
Als wir die Gärten beinahe erreicht
hatten, sprangen wir auf und im Nu
waren wir am Feind. Sie wollten
immer mit den Bajonetten nach uns
stechen, aber die vielen Stangen hinder
ten sie am Bajonettfechten, auch uns;
wir waren aber kurz besonnen, drehten
unsere Gewehre um und schlugen mit
den Kolben auf ihre Köpfe los. Das
fletschte! Sie hielten auch nicht lange
tand und gaben Fersengeld, indem
sie immer riefen: 0 rnon dieu, blue
diable!" Wir sandten ihnen unsere
Kugeln nach und haben noch viele er
schössen. Liebe Eltern! Wir sind jetzt
in Schalong und haben Standquartier;
unser Hauptmann meinte, eS kann 8
bis 14 Tage dauern, bis weiter mar
schirt wird, dann ging es auf Paris zu.
Wir köunen uns jetzt auch Sachen schicken
lassen von daheim: Strumpfsocken :c.
was wir so brauchen, auch LebenSmittel,
die haltbar sind, wie Schinken u. dergl..
und Ihr könnt mir auch was senden.
Wenn ich nur ein Paar kalbslederne
Stiefel hätte, denn meine lZommiß
drückeil mich schrecklich. Vater soll mit
unserem Nachbar, dem Schustersmichel,
reden, der soll mir schnell ein Paar
machen, und Vater soll sie hereinsende.
Denn der hat mir immer Stiesel ge
macht, wo ich gut d'rinn gegangen bin,
und mein Maß hat er auch. Das
Porto kostet nichts. Unser Hauptmann
sagte: Soldaten, hat er gesagt:' Ihr
könnt Euch senden lassen, was Ihr
wollt; auf der Post ist für Euch alles
frei. Also seid so gut, liebe Eltern,
und laßt mir in Paar Stiesel machen,
gut und nicht so schwer, denn wir müssen
weit Märsche machen. Aber das muß
schnell gehen, bis längstens 8 Tage muß
ich sie haben, denn Niemand weiß, wie
lange wir in Schalong bleiben."
Vater Schmelzer war gerade mit dem
Einheimsen von Getreide beschäftigt, als
ibm der Postbote den Brief brachte.!
TaS gab eine Freude. Alte!" rief er
feiner Frau zu, geh' nur gleich herein,
unser Hansjörg hat geschrieben, er ist!
also nicht erschossen worden.' Die
Schefter desselben kam auch herbei und
mußte den Brief vorlesen. Als Pater
Schmelzer von den neuen Stieseln hörte,
kratzte er sich hinter den Ohren und
meinte : Kalbslebern? Stiefel ! die werd n
a schön' Geld kosten. Die Mutter
aber dachte onderS: .Friedrich,' sagte
sie, .wir können doch unseren Hansjörg
nit stecken lasten? Und rindslederne
kann er auch nit brauche bei dem vielen
Marschir'n. Geh' mir glei nüder zum
Nachbarn und red'-mit ihm, daß 'S
glei' macht. mögen'S kost' waS woll'n."
Vater Schmelzer ging also zum Nach
bar Schustersmichel, wurde mit ihm
einig und in einigen Tagen waren die
Stiesel denn auch sertig. Es wurde
ein Packet gemacht, einige Paar Socken
und ein ziemlich großes Stück Schinken
dazugethan und der Bauer trug dasselbe
aus die Post. Als der alte Postexpedi
tor, der den geizigen Schmelzer kannte,
das große Packet sah, nahm er eine
Prise, zuckte die Achseln und sagte:
Lieber Schmelzer, dies Packet ist zu
groß und zu schwer, das geht nicht gra
tiS, das kann Euch ziemlich Geld losten.'
Aber," sagte Jener, mein Hans.
jörg hat doch geschrieben, an die Sol
baten nach Frankreich ist Alles frei."
,,Ja," sagte der Erpcditor, das ist
schon so, aber die Packele dürfen doch
das vorschriftsmäßige Gewicht nicht über
schreiten. Was habt Ihr denn d'rin?"
Ein Paar Stiesel und ein Stück
Schinken." Na," sagte der Beamte,
da ist leicht zu helfen. Da nehmt Ihr
halt das Packet wieder mit heim und
macht zwei daraus; das Stück Schinken
schneidet Ihr entzwei und packt in jedes
einen Stiesel ein; das eine bringt Ihr
gleich, das andere schickt Ihr in ein paar
Tagen ad, dann geht s."
Der Bauer bedankte sich höflich sür
den guten Rath, nahm sein Packet mit
nach Hause und formte zwei daraus.
Noch denselben Tag brachte er das eine
wieder auf die Post, das andere wollte
er in zwei Tagen aufgeben. Da er
aber viel Arbeit mit der Ernte hatte,
dauerte es einige Tage länger, bis er
dazu kam.
Mittlerweile wartete der Soldat
Schmelzer mit Sehnsucht auf seine
kalbledernen Stiefel. Es dauerte auch
nicht lange, jo kam das Packet richtig
an. Als er es aber geöffnet hatte, be
fand sich blos ein Stiefel darin, nebst
einem Briefe, in dem stand, was der alte
Postexpediteur gesagt hatte. Hansjörg
wurde sehr ärgerlich, jede Stunde konnte
die Armee alarmirt werden, was .-Sollte,
er dann mit dem einen Stiefel anfan
gen? Gott weiß, wann und ob der
zweite Stiefel eintrifft. Und richtig,
nach drei weiteren Tagen wurde Gene
ralmarsch geschlagen, die Regimenter
sammelten sich, die ganze dritte Armee
brach auf und marschirte weiter in's
schöne Frankreich hinein. Die Spur
des Feindes war wieder gefunden, aber
es ging nicht in der Richtung nach
Paris zu, fondern nördlich. Die Mär
sche wollten kein Ende nehmen,' endlich
am 30. August war man in einem
Walde in den Ardennen angelangt und
sah von den bewaldeten Anhöhen hinab
in s Thal von Beaumont, wo die Nach
Hut der französischen Armee gerade mit
Abkochen beschäftigt war. In ihrer
Sorglosigkeit hatten sie gar keine Vor
Posten ausqestellt. In aller Stille
wurde der Angriff formirt; der Feind
war völlig überrascht, als die bayerische
Artillerie ihre Granaten in's frauzösi
sche Lager warf, wo sogar die Kochtöpse
zertrümmert wurden. Der Feind war
bald geworfen, deffen Lager erobert
und da niittlerweile eine vierte Armee
gebildet wurde, welche unter dem Ober
befehle des Königs Wilhelm herbeikam,
so konnte das Kesseltreiben, welches der
Entscheidungsschlacht vorausging, be
ginnen. Die Schlacht bei Sedan war geschla
gen, der Kaiser Napoleon mit seiner
ganzen Armee gefangen. Ganze deut
sche Regimenter mußten zur Bewachung
und Begleitung der gefangenen Fran
zosen in den deutschen Festungen ver
wendet werden und kamen so auf einige
Tage in die Heimalh. Hansjörg, der
wieder unverwundet blieb, gehörte nicht
zu diesen Glücklichen, er mußte beim
großen Hausen bleiben und bald wurde
der Bormarsch auf Paris angetreten.
ES versteht sich von selhft, daß während
der vielen Hin und Hermärsche keine
Soldatenpackete besördert werden konn
ten; dieselben blieben vielmehr in den
Depots liegen, bis die Truppen wieder
Standquartiere bezogen hatten. Hans
jörg ärgerte sich, daß er den Stiefel so
weit mitschleppen mußte, erpackt im
Tornister, während seine Eommißstiefel
ihm die Füße wund drückten. Seine
Kameraden machten sich lustig über ihn
und hänselten ihn, wo sie nur konnten,
denn es war schon in der ganzen Eom
pagnie bekannt, daß er in seinem
Tornister einen Stiefel mit herum
schleppte. Bei jeder Gelegenheit, wenn
nicht in Reihe und Glied marschirt
wurde, riefen sie ihm zu: Hansjörg,
was macht der Sticht? Wo steckt wohl
der andere? Ist er noch nicht angekom
men? Ten bekommst Tu nimmer und
Tu mußt den einen Stiefel noch nach
Deutschland mit heimtragen." Hans
jörg wurde jedesmal roth vor Zorn.
Als sie vor Paris ankamen, waren tau
sende von Packeten da, leider aber war
der Stiefel nicht dabei. Das 14. bayeri
sche Infanterieregiment marschirte an
dem Ufer der Seine entlang außer
Schritt: die Soldaten dursten singen
und anderen Ulk treiben. Da ging eS
wieder über den aimcn Schmelzer her.
Hansjörg was macht der Stiefel?
Schmelzer war außer sich vor Zorn, riß
seinen Tornister vom Rücken, nahm den
Stiefel heraus und sagte: Ihr werdet's
gleich sehen, was er macht," und
schwupps flog der Stiefel in weitem
Bogen in die Seine. Ein höllisches
Gelächter erfolgte, auch die Offiziere
konnten sich des Lächelns nicht erwehren:
denn als Hansjörg den Stiefel in's
Wasser warf, sagte er dazu: .Ta.
geh', du Luder, du sollst mich nimmer
ärgern, und Ihr auch nimmer", zu sei
neu Kameraden gewandt. Einstimmig
sangen diese jetzt einen bekannten Gas
seubauer. eine Parodie auf das alte
Soldatenlied Muß ich denn sterbe
Stiefel muß sterben,
Ist noch so jung, so jung,
Stiefel muß sterben,
Ist noch so jung.
Wenn dies der Absatz wußt',
Daß Stiesel sterben müßt',
Würd' er sich grämen
Bis in den Tod.
Es wurde fast Abend, als man im
Dorfe Eharenton in der Nahe des Forts
gleiche Namens ankam. Die Truppen
bezogen im Dorfe Quartier und Schmel
zer kam mit noch fünfzig seiner Rame
raden in das obere Stockmerk eines
großen Hauses an der Hauptstraße. ES
war schon Nacht als Jemand mit
schwerem Tritt die Treppe hcraufge
stampft kam; es war der Soldat, der
das Befördern der Briefe und Packele
an die Kameraden der Compagnie zu
besorgen hatte. Als ihn Hansiörg sah.
rieselte es ihm eiskalt über den Rücken
hinauf, denn er ging gleich auf ihn zu
und sagt': Da, Hansjörg, bring' ich
Dir ein Packet von daheim, steckt gewiß
was Gescheidtes drm." Hansiörg
weinte fast vor Aergcr und Zorn: er
riß das Packet auf und warf den Stiefel
durch's offene Fenster auf die Straße
mn den Worten: Jetzt sollst du auch
zumKuckuck geh n". Und wieder stimm,
ten seine Kameraden unter großem Ee
lächter das Lied an: Stiefel muß
sterben .
Aus einmal sagte ein Soldat
Horcht, es kommt Jemand die Treppe
hinaus." Die Thür öffnete sich und
vor den erschreckten Soldaten stand
deren gestrenger Herr Hauptmann.
Wie der Blitz fuhr bei Jedem die rechte
Hand an die Stirn und Alle standen in
Achtung da.
Der Hauplmann war sehr zornig
und begann: Welcher Schlüssel von
Euch hat mir denn durch's Fenster einen
Stiesel an den Kopf geworfen?" Hans
jörg trat vor und sagte: Zu Befehl,
Herr Hauptmann, ich war es."
So", fuhr der Hauptmann fort,
wirft man denn die Stiefel durch die
Fenster auf die Straße, wo die Leute
geh'n?" Der anwesende Unteroffizier
mußte dem Hauptmann die Sache mit
kurzen Worten erklären. Der Haupt-
mann konnte sich kaum des Lachens er.
wehren und sagte : Kerl Du hast nicht
nur die größten Füße, Tu bist auch der
Dümmste in der Compagnie. Konntest
Du denn nicht warten und Deinen
Stiefel noch so lange im Tornister be
halten, bis wir Standquartier hatten?
Zwei Tage Mittelarrest, weil Du gar
so dumm bist, Tu, Schaf, du dum
mcS." Sprach's und ging die Treppe
wieder hinab. Von diesem Tage an
hieß Schmelzer bei seinen Kameraden
nicht anders als der Stiefel-Hansjörg.
Na
natürlich, was
denn Du? !
dachtest
Dumm, faul, gefräßig!" klafsisi
cirte der Herr Kantor von Schmartzcn
hagen den Freifchulzenhofheinz, der den
ganzen Tag mit der Biberfellmütze auf
dem Kopfe, die Stummelpfeife im
Munde, und die Hände in den Taschen
seiner Bockledernen vor der Freischul
zenhofpforte stand und die Leute an
grinste, nota bene wenn's nicht gerade
Eisenzeit war. Dumm, faul, ge
fräßig !"
Und diesen Bengel sollte Trinliese
Beneke aus Wittenstein heirathen, die,
wie derselbe Herr Kantor erklärte, noch
für den jungen Gnadenstuhler Amt
mann zu sauber und zu fein war. Die
beiderseitigen Väter hatten die Part hie
zustande gebracht. Geldsack zu Geld,
sack, basta !
Trinliese? Frage! Heinz?
Freust Dich wohl bannig auf die
Hochzeit, Freifchulzenhofheinz. gell?"
Na natürlich, was dachtest denn
Tu?!"
Das war nämlich eine siehende
Redensart bei dem jungen Herrn.
Fragte ein Knecht: Soll ich den Pfer
den noch eine Metze Hafer geben?"
Na natürlich, was dachtest denn
Tu?!"
ik in njlAfinr- finfl InnfiC 11!.
tMIll Hl. .HIHJVUl. .v"!' vvj.
Af-r iinw w m,fifnhh. ?6,!,n.
Lm?" ' Schmause (fetten. Sonderbarerweise
Na natürlich, was dachtest denn Trinliese gar nicht döse darum, sie
Ü2! schien sich un Gegentheil als ehever
Der Herr Kantor behauptete sogar. 'Tf ?ut VW! ""w".
,if?. f,.rfmht t,it3 nn!und Hansiochen Möbes hal oem hüb
mich diese Redensart bade er nur aus!
geschnappt wie ein Kakadu die seinigen.
Tausendmillionenschocklanzenspitzen!"
der junge Hansjochen Möbes machte
eine Faust, die er dem Heinz am liebsten
auf den Schädel geschlagen hätte.
Tu'S anstellst ! Wenn ich Tir was werth ,
bin und Tu will mich zur Frau, dann j
kannst' auch schon mal was thun, um l
die Sache mit dem Heinz zu Waffer zu
machen "
Hm." HanZjochen spintisirte. Taß j
Trinliese ihm gut war, wußte er;!
aber, trotzdem er es bei den Garde!
Ulanen zum Unterofsizier der Reserve ge !
bracht halte, wollte ihm doch nichts ein!
fallen, das bei der Ticklopngkeit des
aeldprotzigen Bauern durchschlagend ge
wesen wäre,
So rückte der Polterabend heran,
und noch war Alle beim Alten. Ta
tarn ihm hrr Zufall tu Mff. Er traf
hn Zckiilnkein am Moraeri des!
Polterabend auf dem Wege nach der
Residenz. I
Willst wohl Deiner Braut noch
einen Schmuck zur Hochzeit lausen,
Heinz?"
Na natürlich, was dacht, st denn
Du? !"
Hast' denn auch braZwanzigiark
stücke beigesteckt? Für solch' schöne Braut
wär' mir das Theuerste noch nicht gut
genug.
Na natürlich, was dachtest denn
Du? I"
HansjochenS Plan war gesaßt. Ich
gehe mit aussuchen, Heinz. Zeit habe
ich, und Bescheid weiß ich in der Stadt.
Ist Dir'S recht?"
Na natürlich, was dachtest denn
Da?"
Ein Schmuck war bald gekaust.
Nun wollen wir aber ein Glas Bier
trinken, Heinz, nicht?"
Na natürlich, was dachtest denn
Du?!"
Gesagt, gethan. Bald stellte sich
Kumpane ei, die den bramsigen
Schulzeiiheinz ganz besonders ins Auge
faßten. Darauf hatte Hansjochen specu
lirt. Noch ehe Beide das zweite Glas
Bier getrunken hatten, zogen jene Kar
ten hervor. Die Markstücke rollten hin
und her.
Wollen auch mal ein paar Meter
riskiren, Heinz, was? Ein Bräutigam
hat ja Glück."
Na natürlich, was dachtest denn
Du? !"
In wenigen Secunden ließ der brave
Freischulzenheinz beim Kllmmelblättchen
seine Markstücke springen.
Keine Angst, Heinz, gewinnst es im
Handumdrehen wieder. Und wenn
nicht, na, dann ist's auch kein Unglück,
Hast ja Geld wie Heu, und Trinliese
dringt Dir auch noch eine llniast mit."
Na natürlich, was dachtest denn
Du? !"
Hansjochen triumphirte. Die Sache
machte sich famos. Der Freischulzenhof
Heinz wurde immer gewiiinlüqiiger, je
mehr er verlor. An den Polterabend
dachte er schon gar nicht mehr, und
Hansjochen hütete sich, ihn daran zu
erinnern. Der Nachmittag war längst
hinüber, und emz lies noch immer
seine Markstücke springen.
Mußt doch endlich mal gewinnen,
Freischulzenheinz. Wirst doch Dein
Geld hier nicht sitzen lassen wollen?"
Ra natürlich, was dachtest denn
Tu?!"
Ich werde zu Hause bestellen, Du
kämst mit dem letzten Zuge nach."
Na natürlich, was dachte t denn
Tu? !"
Hansjochen fuhr, und Heinz spielte
weiter, bis seine Markstücke all waren.
Hast denn keine Uhr oder sonst was
von Werth?" meinten da die Kümmel
blättler. Heinz holte seinen Schmuck hervor.
In demselben Augenblick verdusteten
seine Mitspieler. Zwei andere Männer
standen vor ihm. Gucke da, hast Tu
wohl gestohlen, Bursche?"
Na natürlich, was dachtest denn
Tu? !" grinste Heinz in seiner Mords
dümlichkeit. Tann komm man mit, sollst es gut
haben !"
Jetzt wurde Heinz ungemllthlich; er
setzte sich zur Wehre. Was? Ich bin
der Freischulzenheinz von Schmartzcn
Hagen !"
Tu der Freischulzenheinz von
Schmartzenhagen?"
Na natürlich, was dachtest denn
Tu?!"
Daß Tu ein infamer Spitzbube
bist, weiter nichts."
Heinz bekam eine gehörige Tracht
Prügel und wurde eingelocht, des Dieb
stahls verdächtig und wegen Widerstan
deS gegen die Staatsgewalt, denn die
beiden Männer waren Crimmalbeamte,
welche dies Wirthshaus wegen Spielerei
zu beobachten hatten.
In Wittenstein lauerte man nicht
nur am Polterabend, sondern auch am
Hochzeitstage vergeblich auf dem Bräu
tigam.
Wüthend schnob Trinliese's Vater
den Freischulzenhosbauer an: Wo haft
denn Deinen Lotterbuben, he? Ist das
eine Sache, uns solche Schande anzu
thun? Tie Knochen schlage ich dem
Lümmel entzwei, wenn ich ihn unter
die Finger kriege !"
Ader aus der Hochzeit konnte unter
solchen umständen doch nichts werden
r r . .. ,
o sehr die geladenen Gäste nach dem
n .Mädchen dabei. Ta machte der
Benekenvater kurzen Prozeß, wies dem
freischulzenhosbauer die Thur und ver
lobte seine Trinliese mit dem Hans
jcchen.
AIs Heinz am folgenden Tage mit
1 'inmen oiuurn rneucn uno aiunaeioen
m Kopfe vor der reifchulzen.
5" nt die Leute ,hn trag
'TaS Hochzeiten war T,r wohl le.d
kworden, Schulzenheinz?" da greinte
er wie gewohnlich: .Na naturlich, was
dachtest denn Tu I !"
...
V tkeueme Metall,
Silber und Gold sind edel und kost
bar vor allen Metallen aber das
fer der Nets kommt noch viel theu
rer zu fteh'n!
Serknnt.
Richter:
ind Sie verheirathet.
Herr Professor?
Zeuge: Verheirathet?.
ich wüßte!"
Nicht das
(Eifersucht.
Gatte: Warum hast Tu denn das
Mädchen entlassen; sie war doch sehr
tüchtig."
Gattin: Ja, das mag sein; aber
Frau Scheibler von nebenan hat in vier
Wochen acht Dienstmädchen entlassen,
und ich nur sieden; ich werde mich von
der Frau nicht übertrumpfen lassen!"
jetstrciitc ?rohug.
Gerichtspräsident: Angeklagter, be
nehmen Sie sich anstäiidiz hier im Ge
richtSsaale, oder Sie sind zum letzten
Male hier gewesen!"
Alle HMumy
Junge Frau: Siehst Du, Emil,
diesen Sauerkohl hab' ich ganz allein
ausgewärmt!"
Denvttben,
Baron: Ich weiß nicht, Johann,
meine Cigarren werden immer schneller
alle "
Johann (unterbrechend): Und immer
schlechter es ist Zeit, daß wir uns
nach eittem neuen Lieferanten umsehen!"
Gerechte Liitrusiung.
Student (zu einem ihn wiederholt auf
dr Straße anhaltenden Gläubiger):
Sie impertinenter Mensch! Lassen Sie
mich jetzt endlich einmal in Ruh'; glau
den Sie denn eigentlich vielleicht gar.
ich wäre Ihnen allein schuldig?!"
r meint es anders.
Herr (zum fechtenden Handwerlsbur
schen): Was sind Sie von Prosession?"
Schlosser!"
Schlosser? Hm, da könnte ich Sie
vielleicht gleich einem Bekannten empfeh
len!"
Tas wäre mir angenehm, es fehlen
mir nämlich noch zehn Pfennige zum
Schlafgeld!"
Zwingender (Stund.
Frau (zum Kindermädchen): Hanni,
warum kündigen Sie, Sie haben es
doch bei uns ganz gut!"
Tas schon, aber Ihre Kinder fiirch
ten sich vor den Soldaten zu sehr!"
Aus der Dorfschule.
(Im deutschen Geschichtsunterricht)
Welche Strafe traf den, der dcn
Landfrieden freventlich brach?"
Er durste nicht wieder auf die
KirmeS!"
veutlich.
Fräulein: Mir gefällt der Doltor
titel so gut."
Doktor: Wir leben ja im Zeitalter
der Fraueneinanzipation, studiren Sie,
mein Fräulein."
Fräulein: Ach, das ist mir zu lang
weilig, geben Sie mir den Titel!"
Freie Soidatensxrache.
Unterossizier (beim Unterricht) : Aspi
rant Müller! WaS hat der Soldat zu
thun, wenn er sprechen will?"
Müller: Erstens: Ruhig zu ein!
Zweitens: Zu schweigen! Und drittens:
Das Maul zu halten!"
Aus der Rolle gefallen.
Richter: Auf welche Weife haben
Sie denn in der Nacht das gestohlene
Fahrrad fortgeschafft?"
Angeklagter: Ich habe mich einfach
hinausgesetzt und bin über das Feld da
vongesahren!" Richter: Ohne die Laterne am
zünden?"
Angeklagter: Jawohl!"
Richter (entsetzt): Aber Mensch, da
hätten Sie ja Hals und Beine brechen
können!"
Loulant,
Student: Also dreißig Mark kosten
die Kanonenstiefel? Gut, ich nehnie sie.
Werden sie aber auch immer so blank
bleiben?"
Schuhmacher: Gewiß; wenn Sie
sich dieses Glanzlacks bedienen. Tas
Fläschchen kostet zehn Pfennige."
Student: Gut. Den lanzlack be
zahle ich daar, das Uebrige schreiben
Lin Thierfteund,
Frau: Denke Dir, Mann, Deinen
theuren Pelz haben die Motten ge
fressen."
Profeüor: Na, wenn er ihnen nur
geschmeckt hat."
Aus der Scbule,
Lehrer (beim Rechenunterricht): Also
Sepp, sag' mir einmal, was verliert
Dein Vater, wenn er ein Schock Eier
verlaufen will, und eS find ein Tutzend
faule darunter?"
Sepp: Nichts, Herr Lehrer; denn
bei uns verkauft man die faulen euch
mit!"
Vacknschikum.
Tiefes Wagen in die Ferne,
Dieses Zagen in der Näh'.
Diese hochergoss'ne Freude.
Dieses tiefverschlosj'ne Weh.
Tieler wilde Trotz, und wieder
Tiese Milde, diese Ruh':
Wem käm' auch ein solches Wesen,
Kam' eS nicht dem Backfisch zu?
kernxrob.
Neu engagirter Diener: Jetzt will
ich einmal schauen, ob ich auch inen
ebrlichen Herrn hab': ich steck' ihm beim
Kleiderausllopfen ein Zroanzigpfennig
Stück in die Tasch'.. Bin neugierig,
od er's bedält!"