Das Viindelchen. 9!oot(I(tle von Cmll P e s ch ! c, u. Am Morgen jene Tage? so be gann Freund G. seine Erzählung iuyr ich n Schweiß gebadet, mit einem milden Angstschrei aus dem Schlafe auf. Da Herz schlug mir, als wollte zeriprmgen, und meine Arme fuhren zuckend, krampfhaft in die Luft, als mllßten sie dort etwas erfassen, festhal Kn, an meine Brust reißen. Es dauerte lange, ehe ich ganz zum Bewußtsein kam. Matt und fiebernd lag ich da, starrte verwundert nach den Bucherrega len, nach dem mit Schreibereien bedeck ten Tische, nach dem Glasschrank mit der elektrischen Batterie, den Draht spulen, den kleinen Ballons und Phiolen. Erst allmählich besann ich mich so weit, daß ich ja in meinem Arbeitszimmer auf dem Sopha lag. Da hing auch meine Taschenuhr an dem Bronzeständer, dessen Füllung meine Frau so hübsch gestickt hatte und dort lagen die Pantoffeln, die auch von ihr (noch Jiel hübscher) gestickt waren ich hatte eben geträumt und nun kam mir auch der Traum, den ich so schwer abzuschütteln vermochte, ganz deutlich in die Erinnerung. Ich hatte den traurigen Herbst gesehen, genau so, wie er jetzt durch das vom Regen ge trübte Giebelfenster zu mir hereinblickte: die kahlen Bäume, das melancholische Rieseln, die einsam im Nebel der- schwindenden Felder, den müden, grauen Himmel. Und plötzlich war die Thür unseres Häuschens geöffnet wor den, leise, vorsichtig und fröstelnd. zusammenschauernd, den Kopf mit einem ärmlichen Tuche verhüllt, wankt eine weibliche Gestalt hinaus in die Dämmerung. In der Hand trug sie ein Bündelchen, und als ich aufschreiend meine Frau erkannte, da hielt sie mir das Bündelchen entgegen und sagte mit einer Stimme, die wie aus dem Grabe klang: Es ist nur das bischen Wäsche, Georg ich nehnie sonst nichts mit." Und nun schrie ich zum zweiten Male auf und erwachte. Ja, das hatte ich geträumt. Und in der Erinnerung daran trat mir der Schweiß wieder auf die Stirn, das Athmen wurde mir schwerer und von Neuem kam die Angst, das herzzer reißende Mitleid. Dann aber auch der Widerspruch, der Hohn. Wie sie wohl geschlafen hatte nach dem Zank von gestern?" Ob auch sie durch solch einem Traum gemartert worden? Ob sie jetzt auch so dalag .... fiebernd , ... mit die sem Wehgesühl, das nur Jemand kennt, der geliebi hat. Plötzlich hörte ich draußen ein leises Schleichen. Die Treppe herauf, an den Wänden, dann nach der Thür zu, jetzt wurde leise angeklopft. Was giebt'S?" fragte ich, vom Sopha springend. Dann hörte ich die Stimme unserer Auguste. Ich wollte nur fragen, ob der Herr Doktor den Kaffee auch in Jhrem'Zim mer nehmen werden." Nein, nein," erwiderte ich rasch. Ich komme hinab. Aber es ist ja doch . es ist doch noch nicht Zeit." Der Herr Doktor gehen ja heute schon früher in's Geschäft. Wir haben Donnerstag." Donnerstag? Natürlich. Das hätte ich ganz vergessen. Ihr Du denkst doch an Alles, Auguste. Meine Frau sie ist wohl noch gar nicht auf?" O doch. Die Frau Doktor sind schon um sechs Uhr aus den Federn ge wesen." Um sechs Uhr? Wirklich, Auguste?" Die Frau Doktor plätten nämlich. Ich muß jetzt auch nach dem Eisen sthen." Ich komme gleich," rief ich ihr noch nach, während sie sich entfernte. Meine Frau plättete! Als das Mädchen das sagte, fühlte ich einen Stich im Herzen und ich sah wieder die rührende Gestalt mit dem Bündelchen hinauswanken in die Dämmerung. Was hatte Mathilde um sechs Uhr Morgens zu plätten? Warum war sie so früh aufgestanden? Ich hätte doch liebn Aber nein, es war gut so. Der Zank hatte sich nur über einer Lappalie entsponnen, aber wenn sie mich geliebt Hütte, wie ich r"-Tült INI sie jcyi iiruic, ituurin ioi out Bündelchen gesehen.. .. Herr Toklor!" rief die Stimme Zluguftens von unten. Ich komme", antwortete ich, dann beendete ich rasch meine Toilette. Als ich zehn Minuten später in unser Eßzimmer trat, saß Mathilde bereits vor dem Kaffeetisch und ich bemerkte, daß sie eben recht kräftig in eines der knusperigen FrllhftückSbrodchen biß. Mit ihren rosigen Wangen und ihren bereits zierlich geordneten blonden Löck chen. mit der schneeweißen sauber ge steiften Schürze und dem trotzigen AuS druck um da4 süße schwellende Münd chen berum, sah sie so gar nicht nach dem Bündelchen aus. daß sich mein Herz wieder ein wenig verhärtete. Ich war mit einem Gefühl eingetreten. alS wüßte ich sie in meine Arme nehmen und mit ihr durch'S Zimmrr tanzen nun aber sagte ich nur kalt: Guten Morgen. Mathilde." Guten Morgen, Georg." erwiderte sie.' , . . Tann schenkte sie mir Kanee tut, -.ch! mir die Broschen, die Butter, immer ohne ein Wort zu sprechen, im. mer mit derselben mehr gleichgiltigen alS trotzigen Miene. Um dem peinlichen Sichweigen rn Jahrgang 17. Ende zu machen, fragte ich endlich, wie sie geschlafen habe. ,O danke, ganz gut," war die Ant wort. DaS heißt,. .." ,DaS heißt?" .So gut wie Du habe ich allerdings nicht geschlafen. Ich bin schon vor sechs Uhr ausgestandeii." ,Ach ,a.. ,. Du hast,. ,. Du hast geplättet." Plötzlich fuhr das blonde Köp chen. das bisher vermieden hatte, mich anzu sehen, in de Höhe und die dunklen Augen bohrten sich fast feindselig in die !ine,i. Du weißt, daß ich Du hast also daran gedacht?" Woran soll ich gedacht haben?" fragte ich verwundert. Daß ich heute zum Kaffeekränzchen bei Behrens muß." Kaffeekränzchen bei Behrens?" lachte ich auf, obwohl ich wieder einen schmerz lichen Stich empfunden hatte. Nein, daran daran habe ich wirklich nicht gedacht!" Ich meinte," erwiderte sie pilirt, weil Du doch vom Plätten sprachst. Und Du weißt ja, daß das einzige Kleid, in dem ich zu so etwas gehen kann mein schwarzes Spitzenkleid." Ich weiß gar nichts. " unterbrach ich sie erdrossen. Ich war heute Morgen wirklich nicht danach gestimmt, an Klei der und Kränzchen zu denken. Auguste hat mir gesagt, daß Du plättest. Uebri genS ist es jetzt höchste Zeit für mich. Du weißt ja, daß ich Tonnerstag Adieu, Mathilde." Sie war aufgestanden und an's Fen ster getreten , , , . ich machte jetzt ein paar Schritte nach der Thür zu. Adieu, Mathilde!" Adieu," tönte es kalt und kurz zu rück. Sie wandte sich nicht um und ich er griff die Klinke. In diesem Augenblick aber schien eS mir, als könnte ich nicht über die Schwelle schreiten. Und der Zorn, der in mir aufgestiegen war, kämpfte vergebens mit diesem wunder lich schmerzlichen, diesem qualvoll ver zehrenden Liebesgefühl. Ich sah ja wieder das arme Weib, wie es fröstelnd hinaus in die Herbftdämmerung wankte, das Bündelchen in der Hand. Und wie aus dem Grabe herauf zitterte es durch meine Seele: Es ist nur das bischen Wäsche, Georg ich nehme sonst nichts Mit." Mathilde!" schrie ich auf, und nun wandte sie sich um und sah mich er schrocken an. Was willst Du? Was haft Du?" stammelte sie, ohne näher zu kommen. Du wirst den Zug versäumen." Ich habe heute einen Traum ge habt," fuhr ich fort, einen Traum. , . ich träumte von Dir, Mathilde." Nun kam sie mir einen Schritt ent gegen. Wirklich? Und ich, .. - ich habe von Dir geträumt So schön, Georg!" Sie machte noch drei Schritte, und im nächsten Augenblick stand ich vor ihr und faßte ihre Hand. Ich, Mathilde, ich habe gar nicht schön geträumt. ' Ich sah Dich aus dem Hause gehen mit einem Bündel chen." Ein Lächeln glitt über das süße Ge sichtchen. Wie hübsch sie doch war. Ich sah Dich auch mit einem Bün deichen, Georg," erwiderte sie. TaS ist seltsam. Und ich ging auch so fort? So. ...so. ...als sollte ich nimmer wiederkehren als ginge ich in den Tod?" Sie schüttelte den Kops und sah mich nachdenklich an. Das haft Du von mir geträumt. Georg?" Ja. Und als Tu so hinausschlichft. so jammervoll, und sagtest. Du nähmest nichts mit. als das bischen Wäsche, da kam eS mir fürchterlich, fürchterlich, Mathilde . ... wie närrisch lieb ich Dich habe !" Sie sah mich noch immer nachdenklich an und plötzlich schössen ihr die Thränen in die Augen. Die Träume kommen doch wohl aus dem Blut. Georg?" fragte sie mit son derbar zitternder Stimme. .So recht aus der eigensten Natur?" Tai denke ich auch. Mathilde." er widerte ich. Und nun war sie mir um den Hals geflogen, und wie hat sie mich da ge küßt, wie haben wir einander geküßt !. . Närrchen !" sagte ich endlich, was hat Dir denn eigentlich geträumt. War denn auch ein Liebestraum?" Den Kopf zurückdiegend sie saß jetzt auf meinem Cchooß und ihre tbrä nennasien Augen ans die meinen hef tend, bisweilen meine Hände wie im Fieder drückend, so erzählte sie nun, wie ich ibr im Traum erschienen war. Ganz zeheimnißvoll hattest Tu die Thür geöffnet leise, vorsichtig und dann kamst Tu herein, Georg, daß ich or Angst aufschrie s finster Sonntagsgast. Beilage zum Nebraska Staats-Anzelger. sahst Du aus und dann Georg, hieltst Du mir das Bündelchen entgegen und sagtest drohend: Da!" Als ich es aber nicht nehmen wollte und weiter floh, da lachte Du auf, warfst Dich auf die Knie und sagtest: Perzeih', Ma thilde sei wieder gut da sieh ich habe ja immer an Dich ge dacht immer und weil Du doch eigentlich kein rechtes Kleid hast, um in solch eine Gesellschaft zu gehen , . , sieh nur, sie Mathilde da habe ich Dir eines mitgebracht. Aber Du lachst ,a, Georg?" Ja, Närrchen, soll ich denn darüber nicht lachen?" zauchzte ich aus. Ist Dir denn garnicht zum Lachen? Gar nicht zum Lachen?" Sie schüttelte den Kopf, und die Thränen drangen ihr wieder in die Augen. Ich fühle jetzt erst, wie viel besser Du bist, Georg! Wie viel mehr Du mich geliebt hast! Aber jetzt liebe ich Dich gerade so wie Du mich lieb hast ja gerade so." Und dann neigte sie ihr Gesicht wie der nach dem meinen und das Küssen begann auf's Neue. Als der Doktor mit seiner Erzählung so weit gekommen war, deutete er mit der Hand nach dem Glassturz, der auf einem Schrank im Wohnzimmer steht. An jenem Tage," fuhr er dann fort, haben wir das Bündelchen dort gemacht und einen Glassturz dazu ge kauft. Und so blieb es immer bei uns, obwohl wir das idyllische Häuschen ja dann verlassen mußten, obwohl wir viel herumgezogen in der Welt, obwohl es dann zweimal vorkam, daß der Glas stürz zerschlagen wurde. Einmal von einem kleinen Hans und einmal von einer noch kleineren Mathilde. Und so oft irgend etwas unseren Frieden stören wollte, da hieß es immer nur: ,,Ma thilde, nimm doch das Bündelchen," oder Georg, willst Du nicht nach dem Bündelchen sehen?" Dann stieg immer sofort die Liebe siegend herauf in unseren Herzen, und was uns aus einander bringen wollte, wurde hinweg geküßt und hinweg gelacht. Bis wir's nicht mehr nöthig hatten. Denn von Jahr zu Jahr wurde das Bündelchen seltener angerufen und jetzt.... jetzt thront es nur noch dort oben als unser Jamilienheiligthum, als eine Erinne rung an die köstlichsten Augenblicke, die uns das Leben geboten hat " Gauner-Humor. Ein Lebensbild von P a u l B l i h. Es war eine schöne Sommernacht. Zwei Uhr mochte es wohl gewesen sein. Langsam ging ich durch den Thiergar ten meiner Wohnung zu. Ich kam aus einer kleinen Gesellschaft. Ein Freund, ein bekannter Portraitmaler, feierte fei nen Geburtstag und hatte sich einige Bekannte zur Bowle geladen. Wir waren alle Junggesellen, alle luftige und trinkfrohe Manner, und so wurde denn das kleine Fest auch ausgelassen heiter. Gegen zwei Uhr erst trennten wir uns. Die schöne milde Nachtluft that mir außerordentlich wohl, und mit Behagen zog ich den frischen Duft des jungen Grüns ein. Meine Müdigkeit war vorbei, der kleine Rausch war auch ver flogen, und jetzt fühlte ich mich köstlich wohl. AIS ich meine Straße betrat, graute schon der Morgen. Tie Milchmagen kamen aus den Pororten in die Stadt gefahren. Bäckerjungen und Zeitungs frauen begegneten mir bereits, so daß ich mich heimlich schämte, als Müßig gänger erst jetzt heimzukommen, da Andere bereits ihr Tagewerk begannen. Ich war froh, daheim und all den neugierigen Blicken entkommen zu sein. An Schlafen war nicht mehr zu denken. Ich zog mich also um. legte mich auf die Ehaiselongue, die unmit telbar unter dem Fenster stand, dessen beide Flügel ich vorher weit öffnete, und wollte so träumend den Tag ermar ten. Ungefähr eine halbe Stunde mochte so vergangen sein, als ich plötzlich leise Schritte vernehme im Kies meines Vor artenS, der mit zu meiner Parterre Wohnung gehört. Zuerst glaubte ich. geträumt zu haben, als ich aber mit Aufbietung aller Kräfte hinhorche. höre ich ganz deutlich die leisen, schleichenden Schritte. Eben wollte ich auf, zu sehen, wer da sei, als die Schritte nicht mehr gehört wurden. Dafür höre ich nun ebenso deutlich, wie Jemand das eiserne Gitter erklettert und zwischen den spitzen Stäben langsam weiter steigt. j Ich greife zu meinem Revolver, plötz lich aber sehe ich über mir zum Fenster herein ein paar Beine baumeln. Im Nu greife ich danach, halte fest mit der Kraft der Angst, und ziehe so den Kerl herunter, daß er auf die Chaiselongue purzelt. Jetzt werfe ich mich auf ihn und drücke ihm die Kehle zu. Alles das Werk eines Augenblicks. Der Gauner aber, mit überlegenem Lächeln, flüstert Guten Morgen!" Das kam mir so überraschend und dermaßen komisch vor, daß ich mit lächelte, ebenfalls Guten Morgen!' sagte und ihn losließ. Sofort erhob er sich und sagte lächelnd: Na, Sie find doch wenigstens 'mal ein vernünftiger Mensch, immer leben und leben lassen ein Anderer hätte mich vielleicht gewürgt." Sprachlos musterte ich ihn. Seine mehr als defekte Kleidung war wenig vertrauenerweckend, und unwillkürlich griff ich wieder zum Revolver. Doch wieder lächelte er und sagte Meinethalben brauchen Sie sich keine Mühe zu aeben, ich gehe jetzt wieder so, wie ich gekommen bin. Stecken Sie nur die Knallbüchse getrost em." Noch immer weiß ich nicht, was ich von dem Kerl halten soll. Dann aber frage ich: Was wollen Sie hier?" Was kann ich gewollt haben? Ein brechen wollte ich," entgegnete er mit der größten Seelenruhe. Nun wird man Sie einstecken." Meine Sorge!" sagte er ruhig, wenigstens bekomme ich dann wieder etwas zu essen." Und warum wollten Sie ein brechen?" Finster sah er mich an. Weil ich Hunger hatte," sagte er schroff. Aber man hätte Sie doch leicht er tappen können; es ist ja bereits ganz hell draußen, und alle Augenblicke kommt Jemand hier vorbei; ja, es ist geradezu erstaunlich, daß man Ihr Einsteigen von draußen nicht bemerkt hat." Das märe mir ganz schnuppe ge we,en. Wenn man seit drei Tagen so gut wie nichts gegeffen hat, ist man zu Allem fähig." Der arme Kerl dauerte mich letzt wirklich. In seiner ganzen Haltung war so viel Ernst, so viel Verachtung aller Gefahren, daß er in meinen Augen einen Zug von Größe bekam. Wollen Sie etwas e et ' fragte ich. Erstaunt, fast ungläubig starrte er mich einen Augenblick an, dann an! wartete er lächelnd: Dann wäre wenig stenS meine Mühe nicht ganz umsonst gewesen." Ich zwang mich, ernft zu bleiben, winkte ihm, mir in das Nebenzimmer zu folgen, und dort setzte ich ihm Brod, Butter und etwas kaltes Fleisch vor. Mit einer wahren Gier aß er darauf loS und kümmerte sich nicht im Gering sten um mich. Erst jetzt bemerkte ich, daß er ein in telligentes Gesicht hatte. Ich beobachtete ihn nun genauer. Er war vielleicht vierundzwanzig Jahre, hatte schmale, fast weiblich zarte Hände, und seine Art zu essen zeigte deutlich, daß er ehemals wohl in besseren Verhältnissen gelebt hatte. Sein Anzug war zwar sehr de fekt, aber trotzdem ließ er doch erkennen, daß er aus gutem Stoff und nach der vorletzten Mode war. Tann goß ich ihm eine Flasche Bier ein.. Er trank und meinte lächelnd: Man ißt ganz gut bei Ihnen, mein Herr." Auch ich mußte lächeln über seinen trockenen Witz. Aber gleich wieder war ich ernft und fragte: Haben Sie denn keine Eltern oder Angehörigen mehr?" Er verneinte. Meinen Vater habe ich nie gekannt und meine Mutter ist vor fünf Jahren gestorben. Verwandte, die ich habe, wollten mit mir nichts zu thun haben." Ader warum arbeiten Sie denn nicht? Sie sind doch gesund und kräf tig. Haben Sie denn kein Handmerk gelernt?" Nein, ich wollte zur Bühne gehen. Aber ich habe kein Talent. Und seit meine Mutter todt ist, bin ich Verbum melt." Aber, was soll denn aus ihnen Mer den? Sie sind noch f jung. Schä men Sie sich denn gar nicht, so zu ver lottern?" I Grinsend sah er mich an und sagte: Sie gehören wohl zu dem Verein für Rettung Gefallener?" Ich machte ein böses Gesicht und wollte ihm eben eine Zurechtweisung geben, als er sofort abbittend einlenkte. Entschuldigen Sie, daß ich ihre Lie denswürdiakeit so schiecht lohne, aber ich kann mich nicht anders machen, wie ! ich bin. Sie brauchten la nur Lärm zu schlagen, dann wäre ich eingesteckt worden. Sie haben eS nicht getdan. Gut, so sind Sie eben anders, als die Anderen. Aber wenn Sie un ihr Lie beSwerl krönen wollen, dann geben Sie mir noch ein paar Groschen, und dann lassen Sie mich laufen." .Ader was foll denn aus Ihnen wn Ro. 14. den, Mensch, so versinken Sie ja ganz!" sagte ich entsetzt. Ich gehe schon nicht unter, dafür brauchen Sie keine Sorge zu haben. Ich befinde mich jetzt nur vorüber gehend in so desolaten Verhältnissen. Ich habe Pech gehabt. Ich spiele famoS Billard. Und' bei den Rennen wette ich auch. Wie gesagt: Ich gehe schon nicht unter." Nun, ich gab ihm also ein paar Mark, schenkte ihm auch noch einen Rock, und dann ließ ich ihn durch den Eingang zum Hinterhaus fortgehen. Nochmals besten Dank" rief er, und lassen Sie fich's gut gehen. Viel leicht sehen wir uns 'mal bei einer besse ren Gelegenheit wieder" dann ging er, stolz und aufrecht, als gehöre ihm halb Indien. AIs ich auf meiner Chaiselongue lag und das ganze doch gewiß höchst eigen artige Erlebniß durchdachte, kam mir immer wieder der Gedanke, da es im Grunde schade sei um den Burschen, in dem doch gewiß irgend ein Talent steckte. Vielleicht fand ich ihn einmal wieder. Dann wollte ich ihn 'mal ernsthaft stellen, daß er wieder auf gute Wege käme. Nun, ich traf ihn bald darauf schon wieder. Aber wie! Er lag im Thiergarten, an einen Baum gelehnt, den rechten Fuß unter geschoben, so daß es aussah, als sei der Fuß invalid, denn eine Krücke lag auch dabei; über den Augen trug er eine große Brille mit dunkelblauen Gläsern, und neben ihin stand eine große Blech- büchse für die Almosen; fortwährend bat er kläglich: Bitte, ein armer Mann." Da er noch meinen Rock trug, erkannte ich ihn sofort. Erstaunt trat ich heran und fragte, was ihm denn passirt sei. Wieder verzog er grinsend den Mund, wie ehedem, dann sah er sich spähend um, ob auch Niemand ihn hören könne, und sagte halblaut zu mir: Das ist ja alles nur Mumpitz, ich bin ja ganz ge mnd, aber es 1 1 wirtlich ein ganz ein klägliches Geschäft, die Leute fallen d'rauf rein. Man muß eben sehen, wie man durch die Welt kommt. Ich schwieg und ging weiter. Nun war ich curirt. Dann, nach einem Jahre vielleicht, traf ich ihn wieder. Diesmal stand er vor t iti Richter. Ader wieder war es ein ganz eigen artiger, fast ein genialer Streich, den er vollführt hatte. Er war in ein Eolonialwaaren Geschäft gekommen, gerade um die Mit tagSzeit, als nur ein Verkäufer im Laden war, und hatte verlangt, daß man daS Innere feines Hutes mit Syrup füllen solle. ES handele sich um eine Wette. Er hatte drei Mark dafür vorher dezavtt, und o füllte der Verkäu fer den Hut mit Syrup. Als dieses geschehen war, nahm der Gauner den Hut m Empfang und im Nu ftülpte er ihn auf den Kopf des Verkäufers, so daß dessen Gesicht von dem dickflüssigen klebrigen Syrup über und über bedeckt war. Mit einem kühnen Griff nahm der Gauner dann die Geldkassette und entfloh. Aber er hatte wieder Pech. Im selben Augenblick war ein anderer Käufer gekommen, der sofort die Sach läge überschaute, und so war der kühne Räuber festgehalten, dann ganz jäm merlich durchgebläut und hierauf der Polizei Übergeben worden. So wurde er in's Gefängniß gesteckt, und seitdem habe ich seine Spur ver loren. Lieb überwindet alles. Sir Thomas Torley war ein echt englischer Originalcharakter. Kaum dreißig Jahre alt, zog er sich in sein entlegenes Schloß zurück und verbannte jede weidliche Person aus seiner Nahe, denn er haßte das schöne Geschlecht und hatte sich deshalb auch gelobt, nie zu heirathen. In allen guten Kreisen Englands machte man seine Glossen über diefen Sonderling, aber Sir Tor lev blieb seiner Gülle lange Jahre ae tau. Da geschah eS, daß er eines Tages, von der Jagd sehr ermüdet, auf einem entlegenen, ihm nicht bekannten Meierhofe einkehrte. Tiefen Hof de wohnte eine Wittwe von Stand und Bildung mit ihrer Tochter Lucie; sie hatte sich durch allerlei Schicksalzschläge gezwungen, aus der' großen Welt in diese stille Einsamkeit zurückgezogen. Sir Thomas sah bei dieser Gelegen heit Miß Lucie, deren Schönheit und geistige Vorzüge einen solch' tiefen Ein druck auf ihn machten, daß er in seinem Entschlüsse bezüglich deZ HnrathenZ schwankend wurde. Er kämpfte ritter lich gegen die aufkeimende Liebe, aber seine Leidenschaft wuchs von Tag zu Tag und endlich stand der Frauenhafter vor Lucie und bat um ihre Hand. Wie bestürzt aber war n. als Lucie, zwar gerührt, jedoch entschlossen, ihm n widerte, daß sie nicht im Stande sei, seinem Wunsche zu entsprechen und daß sie ihm auf für die Zukunft jede Hoff nung benehmen müsse. Sir Thomas gerieth in Verzweiflung, er kam wieder und bat Lucie abermals, doch ohne des seren Erfolg, und als er absolut den Grund für dieAblehnung wissen wollte, wies ihn Lucie an ihre Mutter, die ihn bescheiden möchte. Sir Thomas eilte zur Mutter und erfuhr, daß Miß Lucie in ihrer Kind heit durch einen unglücklichen Fall ein Bein gebrochen habe, welches durch die Ungeschicklichkeit des Arztes amputirt werden mußte. Ein Mechaniker ver fertigte ihr ein hölzernes Bein, und da nun Lucie glaubte, sie könne dieses Um standeS wegen keinem Manne auf die Dauer gefallen, fei sie fest entschlossen, nie zu heirathen. Am andern Tage befand fich Sir Thomas auf dem Wege nach London. Dort legte er sich im Gasthose in'S Bett, ließ den berühmten Wundarzt Piraton rufen und verlangte von diesem, daß er ihm seinen gesunden linken Fuß arnputiren solle. Piraton weigert sich natürlich, doch ehe er eS ver hindern kann, hat Sir Thomas ein Pistol ergriffen und sich mit einem Schuß das linke Knie total zerschmettert. Nun blieb keine Wahl, Piraton ampu tirt den Fuß und nach drei Monaten ist Sir Thomas leidlich geheilt. Derselbe Mechaniker, welcher Lucie das hölzerne Bein gemacht, besorgt auch Sir Thomas ein solches und nach einigen Tagen reift der standhafte Liebesritter, um einen Fuß armer, auf den Meierhof Lucien's. Er wurde aus dem Wagen gehoben. Miß Lucie kam ihm entgegen und er rief ihr freudig zu: Jetzt besteht kein Hinderniß mehr zwischen uns! Hier, Theure,, haben Sie einen kleinen Beweis meiner Liebe, ich habe meinen linken Fuß Ihren Besorgnissen geopfert." Das überraschte Mädchen stand anfangs da wie erstarrt, und dann flog sie in seine Arme. Drei Tage später vereinigte das eheliche Band das sich ähnlich ge machte glückliche Paar. Das Bataillon er Schiffbrüchige. Kürzlich starb in Prag bei den Barm herzigen Brüdern das letzte Mitglied ei ner sonderbaren Gesellschaft, die in der Nikolausgasse auf der Altstadt in einer Schnapsboutique ihren ständigen Sitz hatte. Die Politik" erzählt von diesen merkwürdigen Käuzen: Die verkommen: mensten 'Kerle kamen da zusammen Hausherrensöhne, welche dreistöckige Häuser durchgebracht halten, Schau spieler, welche mit ihrer Stimme und Kunst, fertig waren. Privatbeamte. welche sich an dem anvertrauten Ver mögen ergriffen hatten, kurz, schiff brüchige Existenzen, welche ihre Vergan genheit in, Alkohol zu vergessen trach- men. Wie vom Schnee und Regen nach und nach zusammengemehte Gesell schaft kristallifirte sich lanasam zu einer Gilde zusammen, welche einen ehemali gen begabten Advokaten und Adgeord neten auf den Schild erhob und ziemlich strenge Disziplin und Kameradschaft hielt. Das Bataillon", unter welchem Namen die Gesellschaft die verwegensten Streifzüge in die Hauptstadt veran staltete, um sie mit Bettelbriefen, ver schämten und unverschämten Bettlern. Dieben und ähnlichem Gelichter zu be lästigen, wurde zuletzt durch Schließen der Boutique gesprengt. Die Mit glieder" fanden theils in Strafanstalten Unterkunft, theils starben sie eines elen den Todes, so auch der akademische Ob mann in dem Spitale der Barm herzigen Brüder. Dieser Letzte der traurigen Ritter war ein Schwindler ohne Gleichen. Er besorgte die Ein künfte des Bataillons" dadurch, daß er Spaßen in Kanarienvögel umfärbte, Katzen in Hasenfelle einnähte und ein mal sogar eine Ratte in ein Eichhörn chen verwandelte. Ein alter Prager Hausherr kaufte das Thier, dessen wilde Sprünge ihm Spaß machten. Allein als er am anderen Tage das Eichhörnchen" füttern wollte, biß sich dieses aus dem Felle heraus und verbiß sich in den Finger des bestürzt drein schauenden Greises, der vor Schrecken vom Schlage gerührt wurde und ver schied. BerüXmte un beleibte Kraue. Alle aroken iiiMirfin Slm, in der Vergangenheit und in der Jetztzeit qaoen nicoi an Magerleit gelitten. Nach den Eameen und Statuen zu schließen, war die Königin Klnntrn ptiHifHn beleibt und ebenso waren die Kaiserin Maria Theresia und Katharina von Rußland durch Körperfülle ausgezeich net. Auch die Gute Königin Anna" von England erfreute fich eines vortreff lichen Enbonpoints wie dasselbe bei den svanischen Kknillinnpn ßhristmrt iinh Jsabella der Fall war. Auch die gegen warrige onigin-Ziegentin der Nieder lande, wie die großbritannische Majestät besitzen eine große Körperfülle. In der Literatur und Kunst ist eS auch nicht anders. George Eliot, George Sand. Hanna Mo, Frau . Stael und die Theosophin Blavatsky waren alle wohlbeleibt. Tie berühmte fran Zösische Malerin Roso Bonheur ist auch daS (Gegentheil von mager. Der pankffelbel!,. . (der mit seinem Freund eine ahnfahrt gemacht hat, als daZ Boot plötzlich kentert): Entsetzlich, wir find rettungslos verloren!" B.: Gräßlich, und ich habe meiner Frau noch besonders versprechen müssen. nicht so spät räch Hause zu kommen."