Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 13, 1896, Image 9
Gestohlene Perlen, Erzählung von M, 1 11 it 0 ro. Adieu, aller Junge, amllsire Dich flut und verdrehe den jungen Biüdchen an der See nicht zu lehr die Stopfe." Lebe wohl, lieber Fred. Schreibe mir bitte recht oft. Wenn Du fort bist -- und Robert ebenfalls, dann werde ich mich zu Haufe sehr einsam filhlen." Die Sprechenden waren Robert Lenz, mein Freund, erster Buchhalter bes weltbekannten Bankhauses Schanz & Co. und dessen Stiefschwester Gertrud. Robert war ein Mann von sllnfund vierzig Jahren, mit welken, bleichen Zügen, graumelinem Haar und müden Augen; Gertrud ein hllbsches, liebrei des Mädchen von vierundzwanzig Jahren, meine Braut. ES war gegen zehn Uhr Morgens an einem heißen Sommertag auf dem Bahnhof, von wo aus ich, ein junger Mann von sechsundzwanzig Jahren, meine Ferienreise nach Köln antrat. Aber nicht nur meiner Erholung wegen, sondern auch einer anderen Angelegen heit wegen fuhr ich dorthin. Ich sollte für das Bankhaus Schanz & So., wo selbst auch ich angestellt war, einige Er kundigungen einziehen. Vor acht Tagen halte mir Robert unter dem Siegel strengster Verschwie genheit eine sehr erstaunliche Mitthei lung gemacht. Vor etwa einem Jahr hätte sich Fürst F., ein junger Lebe mann, vom Hause Schanz & Co. die Summe von silnfhunderttausend Mark geliehen und als Unterpsand einen be rühmten Perlenschmuck, der er von sei ner Mutter, einer russischen Fürstin, geerbt, niedergelegt einen Schmuck, der einen Werth von einer Million Mk. besah. Diese Perlen waren mit der denkbar sten Vorsicht in dem festesten Tresor des Bankhauses eingeschlossen worden. Vor etwa vierzehn Tagen hatten nun die ChesS die erschütternde Entdeckung ge macht, daß mittels rasfinirtester Schlau heit die Sicherheitsschlösser des eisernen Zimmers wie auch des Geldschrankes erbrochen und einige der Perlen, etwa der fünfte Theil, verschwunden waren. Der Polizei machte man vorläufig keine Mittheilung, um die Sache nicht an die grohe Glocke zu hängen. Aber Robert Lenz, der als achtzehnjähriger Knabe in die Bank eingetreten und im Dienste derselben ergraut war, wurde in das Geheimniß eingeweiht. Ich wohnte seit drei Jahren in Robert's Hause und als sein bester Freund und zukünftiger Gatte seiner Stiefschwester besaß ich sein ganzes Ver trauen. So hatte er mir, etwas un vorsichtiger Weise vielleicht, den Verlust der Perlen mitgetheilt. Der Schlag, den die Bankiers er litten, hatte auch ihn gewaltig er schüttelt. Er betrachtete die Ehre, die Jnteres sen seiner Chefs als die feinen, wie dies in Anbetracht seiner langjährigen Ver trauensstellung ganz natürlich war. Er schien sogar ärgerlich, daß ich angesichts dieses tragischen Vorfalles meine Ruhe bewahrte und trotzdem meine Ferien reise antreten wollte. Am liebsten hätte, n eS gesehen, ich wäre zu Hause ge blieben. Robert selber sollte nach Kassel sah ren. Offiziell ging auch er zur Er holung dahin, in Wirklichkeit aber, um Erkundigungen über das Vorleben und die Familie eines in der Bank angestell ten Kafsirers einzuziehen, weil die Chefs Grund zum Mißtrauen gegen diesen etwas luftig lebenden Herrn zu haben meinten. Von alledem wußte Gertrud keine Silbe. Sie war ein herziges Mädchen, mit sanften, braunen Rehaugen und ruhigem Wesen. Nach meiner Ansicht ging sie zu einfach, geradezu unmodern gekleidet. Besonder geistreich, wie unsere meisten jungen Mädchen, konnte sie sich auch nicht unterhalten. Meistens war sie darum in der Gesellschaft schweigsam und reservirt. Manchmal rechnete ich ihr das sogar als Fehler an, denn ich besaß ein leb hasteS Interesse für die moderne Be weauna und besonders für die französi schen Romane, in denen geistsprühende I und mterenan grauen ,o paatno ge schildert werden, daß ich für diese Hel binnen schwärmte. So kam es, daß ich mir mit heimlichen Seufzern gestand. Gertrud sei gar nicht mein Ideal der Weiblichkeit, das ich aus die Tauer lieben könnte. Gerade in dem Moment, da der Schaffner die Thür schließen wollte, stieg eine in Trauer gekleidete Dame in mein Coup. TaS Geficht war mit einem dichten Crepeschleier verhüllt. Kaum hatte ich Zeit, sie flüchtig zu be trachten, da ertönte das Abfahrtssignal. Noch schnell ein Kuß von Gertrud, ein HSndedruck von Robert und der Zug keuchte davon. Ich setze mich in eine Ecke und begann meinen Roman von Zola ,u lesen. So verstrich etwa nne Viertelstunde tiefsten Schweigens, da vernahm ich plötzlich einen Seufzer. Unwillkürlich blickte ,ch nach meiner fchmarzverhüllten Reisegefährtin. Sie hatte den Schleier gelüstet und ich erblickte ein Gificht von so wunderbarer Schönheit, daß ich ganz bezaubert war. Ader ihre Augen sahen so furchtbar traurig aus. daß mir das Her, weh that. SS jung, s, schön, und so unglücklich? Sie war von schlanker, graziöser Figur und mochte über die erste Jugend hinaus fein. TaS machte sie jedoch in meinen Augen um so interessanter. Ver Jahrgang 17. Meiner Ansicht nach mußten so die Romanheldinnen aussehen. Ihr Haar zeigte jene goldblonde Färbung, die sich unter dem jchwarzen repehut um so herrlicher ausnahm, als sie un grellsten Gegensatz zu de en Farbe stand. Graue, unergründlich tiefe, graue Augen mit lanken, schwarzen Wimpern, welche wie ein seidener chleier über die Lider fielen, belebten ein seines blasses, fast durchsichtiges Gesicht, und ihre Stimme, die mich schüchtern fragte, ob ich nicht freundlichst das Fenster schließen wolle, versetzte mich in einen wahren Freu denrausch. Es war eine entzückende Stimme, so süß, so weich, so ein schmeichelnd, daß sie sich einem jungen Mann, wie ich es war, sofort in's Herz stehlen nmtzte. Armes Kind! Ihre Geschichte war eine sehr traurige, wie ich bald erfuhr. Vor sechs Monaten hatte sie ganz plötz lich den Gatten verloren, der sie Mittel los zurückließ. Jetzt befand sie sich auf dem Wege nach Paris, wo sie eine Stelle als Gesellschafterin bei Ver wandten in einem vornehmen Hause des Faubourg St. Germain angenommen hatte. Frau Hausen, so hieß die bezaubernde Wittwe, war in Deutschland geboren. Ihr Vater war Franzose, ihre Mutter eine Deutsche gewesen. So kam es, daß sie beide Sprachen gleich geläufig redete. Anfangs war meine schöne Wittwe sehr zurückhaltend und schweig sam. Doch bald waren wir in das Ge spräch gekommen, und nach und nach thaute sie auf. Das lebhafte, sprühende Temperament ihres Vaters schien bei ihr zum Durchbruch gekommen zu sein, denn jetzt lernte ich sie von einer Seite kennen, die mich ganz und gar be rauschte. Es stellte sich heraus, daß wir gemeinsame Bekannte hatten, von denen sie sehr lange nichts gehört hatte, mit denen ich aber erst kürzlich zusammen gewesen war, und nun führte sie die Unterhaltung in geradezu Überschwenj licher Lebhaftigkeit. Ihr ganzes Wesen übte auf mich ei nen faszinirenden Eindruck aus: Noch nie in meinem Leben hatte ich ein so munderbar schönes Weib gesehen, ge schweige in ihrer unmittelbaren Nähe geweilt. Außer deutsch und französisch sprach Frau Hausen noch englisch, ita lienisch, kurz, sie schien ganz intern tional zu fein. Meine Sinne waren so verwirrt und ich ganz und gar so be rauscht, daß ich beschloß, meine Reise abzuändern und sie nach Paris zu be gleiten. Ich hätte es mir nie ver ziehen, wenn ich diese auffallende Schön heit allein eine so weite Strecke reisen ließ. Nach langem Bitten gestattete Stell so lautete ihr Vorname mir end lich, daß ich sie begleiten und in dem selben Hotel absteigen durfte, woselbst sie die fünf Tage, die sie vor Antritt ihrer Stellung noch frei hatte, zubrin gen wollte. Schon auf der Reise hatte sie sich mit eifrigem Jntereffe nach allen Verhältnissen meiner Familie, nach meinem Leben und Gewohnheiten er kündigt und dieses Fragen nach allem möglichen damit motivirt, daß sie ein seltsames Jntereffe für mich empfinde und nicht etwa von bloßer Neugier ge leitet sei. Wie so ganz anders war doch Stella im Vergleich zu Gertrud. Der Gedanke an meine Braut war mir fast peinlich. Ich wußte, daß ich bis über die Ohren und mit rasender Leidenschaft in Stella erliebt sei! Ich hätte die größten Thorheiten für dieses Weib begehen können, wohingegen Ger trud Stella wollte genau wissen, mit wem ich verkehrte, wer meine besonderen Freunde seien u. s. w. Alle diese Fra gen stellte sie mit so bezauberndem Lä cheln. daß ich ihr AlleS sagte, was sie nur zu missen begehrte. Am vierten Tage meine? Aufent Haltes in Paris bekam ich einen fürch terlichen Schreck. Stella Kar. Kopf weh vorschützend, im Hotel geblieben, während ich auf den Boulevards um herschlenderte. Plötzlich wurde meine Aufmerksamkeit aus die Insassen einer eleganten, von zwei feurigen Vollblut Pferden gezog'nen Equipage gelenkt. Die in den Kissen zurückgelehnte, auffällig und kostbar gekleidete Dame, sehr hübsch, aber von herausforderndem Wesen, war eine der bekanntesten Chan sonettenSängerinnen von Paris, welche wegen ihrer Ertravanganzen sehr berüchtigt war. Und der Mann neben ihr mit den welken Zügen, dem grau melirten Haar und den traurigen Augen war ich denn bei Sinnen irrte ich mich auch nicht? Täuschten mich meine Augen, oder war das wirklich der erste Buchhalter, der Pertraute deS HauseS Schanz und Co.. mein Freund und zukünftiger Schwager Robert Len,? Tiefe Zweifel sollten bald gelöst wer den, als fein Blick auf mich fiel. Er äonntagsaast. Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. starrle mich entsetzt an, wurde roth, dann todtenblaß, und blickte mit un säalich elendem Ausdruck weg. Ich nahm eine Droschke und folgt: der Equipage. Die Ijielt vor einem der theuersten Hotels. Auch ich ließ halten und legte meine Hand auf Ro bert s Arm, als dieser ausstieg. Robert, sagte ich leise, aber be stimmt, ich muß Dich sofort sprechen." Einen Moment starrte er mich an, wie wenn er geisteskrank sei. Das Spiel ist also aus," murmelte er dumpf und führte mich schweigend m sein Zimmer. Versprich mir, daß Tu Gertrud nichts erzählen willst." sagte er, und frage nicht lange, was mich zu der That bewog. Es kam über mich vor einem Jahr Der Gedanke, daß die Perlen dort lagen, keinem Menschen etwas nützend Wie leicht es für mich fei, einen Theil derselben an mich zu bringen Auf mich würde nicht der mindeste Verdacht fallen, dessen war ich sicher Ich habe all' die langen Jahre ein Hundeleben geführt, Arbeit und Dienst, Dienst und Arbeit: das war mein Loos. Dazu eine Verantwort lichkeit bei geringem Lohn, wie sie sobald nicht wieder einem Menschen auf gehalst ist. . Tagtäglich gingen die un glaublichen Summen durch meine Hände,.. Die Versuchung war zu groß Sie war stärker als ich Ich bin krank herzkrank, ein Todes kandidat. Das weiß ich, und deshalb fühlte ich das mächtige Verlangen, ein mal nur ein einziges Mal und wenn es nur einige Tage wären das Leben zu genießen, jenen Taumel kennen zu lernen, von welchem man so viel er zählt." Stöhnend hielt er inne. Dann fuhr er fort: Nur noch wenige Wochen waren mir vom Arzt gegeben. Mich ergriff eine fieberhafte Sehnsucht nach den Freuden, die wir bisher versagt geblieben sind. Es ist ein Unglück, Alfred! Geld, Luxus, luftige Gesellschaft ich habe es genoffen vier Tage lang! Aber jetzt habe ich ge nug davon übergenug! Komm ich will Dir die Perlen geben. Es fehlen nur drei. Auch mein Bekenntniß sollst Du schwarz aus weiß besitzen. Ich habe es längst niedergeschrieben, weil ich fürchtete, daß ein Herzschlag mich plötz lich übereilen könne. ES ist versiegelt und an Schanz & Co. adressirt. Nun nimm diese Dinge und geh' in Dein Hotel zurück und komm' heute Abend um sieben Uhr wieder hierher. Du brauchst nicht zu befürchten, daß ich mich aus dem Staube machen werde. Leb' wohl, Alfred verzeih' mir und halte Dein Versprechen, Gertrud nichts zu verrathen." Ich ging. Daß ich Robert nicht lebend wieder sehen würde, war meine feste Ueberzeu gung. Ich war ganz erschüttert von dem, was ich in der letzten Stunde ge hört und gesehen. Das werthvolle Packetchen in der Hand, ging ich in mein Hotel zurück, eilte die Treppe hinauf, öffnete mein Zimmer und prallte de stürzt zurück. Auf dem Fußboden kniete Stella und wühlte emsig in meinem Koffer, den ich wohlverschlossen zurück aelas en; der Inhalt desselben lag zum großen Theil ringsum verstreut auf dem Boden. Als sie mich gewahrte, stieß sie einen Schreckensschrei aus und floh aus dem Zimmer. Dabei entfiel ihr ein Blatt Papier. Ich hob es auf und entdeckte, daß dasselbe im Depeschenstil gehalten und an eins der berühmtesten Detektiv Institute in Hamburg adressirt war, woselbst, wie ich mußte, auch weibliche Beamte angestellt waren. Auf dem Papier theilte meine schöne faSzinirende Wittwe ihren Chefs mit, daß sie das Obiekt" nach PariS ge lihrt habe und die Perlen baldigst zu erlangen hoffe. Leise schritt ich über den Korridor nach ihrer Thür und lauschte: Sie ging auf und ab. Behutsam drehte ich den Schlüssel herum und zog ihn ab. Wenn sie entdeckte, daß sie eingeschlossen war und Lärm schlug, mußte erst ein Schlosser geholt werden, um die Thür zu öffnen. Bis dahin konnte ich schon über alle Berge sein. Tann packte ich schnell meine Sachen. bezahlte meine Rechnung und verlieb das Hotel. Nun suhr ich zu dem lenigen, ,n welchem Robert wohnte. Ich fand den Besitzer desselben in größter Aufregung, denn man hatte meinen Freund todt aufgefunden er hatte zu diel Morphium genommen. Eine halbe Stunde später saß ich im Blitzzug nach Hamburg, um vieler Er fahrungen reicher und klüger. Tie Besitzer der Bank erhielten die Perlen sofort bei meiner Ankunft zurück. Ich nehme heute noch Robert'S Stellung ein. Seit jenem Abenteuer aber habe ich einen heftigen Widerwillen gegen weibliche Wesen, die auffallend schön sind und einen faSzinirende Eindruck ausüben. Seit einem Jahr bin ich mit meiner lieben, sanften Gertrud ver heirathet und der glücklichste Mann der Welt. Sie hat nie erfahren, welches Drama sich in jenen Ferientagen zugetragen hat. Denn auch meine Chefs haben über diese Angelegenheit nie ein Wort verlauten lassen. Sie danlen mir, daß ich es war, der ihnen die Perlen wieder zurückgebracht und schon aus Rücksicht aus meme kleine liebe Frau haben sie mir stets Stillschweigen gelobt. Ctebe mit kzindernissen. Humoreske on Hedenstjerna. Er war ein junger, frischer Jung ling, der sich der Landwirthschaft ge widmet hatte. Er hatte treue, blaue Augen, doppelsohlige, lange Schast stiesel und eine Stellung als Inspektor bei dem Gutsbesitzer Borst auf Lind acker. Sie war ein junges, frohes Mädchen, die eine Haushaltungsschule durchge macht hatte. Sie hatte ein blaukarrir tes Alltagskleid, eine kleine, nette Figur, runde Wangen, appetitliche Lippen und eine Stellung als Wirthschaften bei der Frau Gutsbesitzer Birst. Er hieß Karl Anders und sie hieß Lottchen Jensen. Sie sahen einander täglich, und eS wäre ein Wunder gewesen, wenn sie sich nicht geliebt hätten. Aber unser Herr hat aufgehört, Wunder zu thun; darum liebten sie sich auch, wie es ihre jungen, verhältnißmäßig unverdorbenen Herzen vermochten. Aber sie hatten niemals Gelegenheit gefunden, davon miteinander zu sprechen, und wenn Lottchen am Herde stand und ihre Braten in der Pfanne umwendete, hatte sie ein Gefühl, als wäre es ihr eigenes, sehnendes, liebendes Herz gewesen, das sie umdrehte. Herr Anders prüfte seine Vorzüge. Im mündlichen Vortrag war er nur schwach, die Augensprache war ein zwei schneidiges Schwert, das, wenn es bei Tisch erprobt wurde, die einzige Stelle, wo man sich sicher täglich traf, fehl treffen konnte und zwar die Gouver nante oder Frau Borst. Seine Hände waren groß und roth. Seine Stimme eignete sich nicht für den Gesang. Aber die Füße, das war Herr Anders' stärkste Seite. Er hatte, wie gesagt, Schaft ftiefel, er konnte täglich fünf Meilen gehen, ohne müde zu werden, und er faß Lottchen gerade gegenüber, Welches Feld für eine zärtliche und feine Fuß spräche! Und so drückte er denn in Gottes Namen zu, mitten zwischen der lZuppe und dem Hecht, mit den äußer sten Zehspitzen, zärtlich fragend, liebe voll Donnerwetter, meineHühnerauge n Halten Sie doch Ihre Füße still, Herr!" schrie der Gutsbesitzer. Man muß die Gegend genau kennen, um sich aus Fußpartieen einzulassen. Aus Lindacker gab eS viele schöne Pferde und einige reizende, kleine Fül len. Herr Anders liebte die Pferde, und wenn er einen freien Augenblick hatte, stand er immer in der Stallthür und schaute die schönen Thiere an. Wenn nun Fräulein Jensen Herrn Anders wie ein Fragezeichen in der Stallthllre stehen sah, eilte sie selbst schnell wie ein Gedankenstrich zu dem Regal, wo in der Küche die übrig gebliebenen trockenen Brodstücke hinge legt zu werden pflegten, schüttelte sie in ihre Schürze und steuerte auch ihrerseits nach dem Stall, um die kleinen, süßen Thiere zu füttern. Jetzt oder niemals" dachte der In spektor jedesmal, wenn er das blaukar rirte Kleid über die geharkten Gänge und das hervorsprießende Gras auf sich zuschweben sah. Aber gerade wenn er sein Herz öffnen wollte, kroch entweder einer der Knechte vom Hemboden herab der das Milchmädchen kam und sollte im Hackselkaften nach Eier suchen oder Frau Borst rief : Fräulein Jensen. wo ist der neue Wedelamm?" Oder es schrie der Guts besitz : ' Herr Anders sollen mir heute Korn säen?" Und dann umwölkte sich Lottchen S Stirn, und Herr Anders machte ein sehr unfreundliches Geficht. Aber dann ging die Sonne an einem schönen und lachenden Auguftfonntag über Lindacker aus. Alle sollten zur Kirche fahren, außer Lottchen. die urplötzlich furchtbare Zahnschmerzen" oelam, sowie Herr Anders, der zu Hause bleiben wollte und danach schen, daß die Torskinder nicht alle Kirschen stahlen. Um zehn Uhr Vormittags lenkten ein Paar blankgedürftete Reitstiefel aus bestem otzleder ldren Weg zum Park am See hinab und zehn Minuten fps t trippelten ein Paar netter, kleiner Ro. 13. Kalblederstieselchen denselben Weg ent lang. Sie trafen sich unter einer schal tigen Erle und zum hundertsten Male dachte Herr Anders : Jetzt oder nie mals !" Der arme, ehrsame Jüngling! Er zitterte don Kopf bis zu Fuß. Daß arme, ehrsame Mädchen! Auch ihr Herzchen klopfte mächtig .und die kleinen sonnenverbrannten Finger zit terten. 0, Fräulein Jensen. wie sehr habe ich mich nach dieser Gelegenheit gesehnt Ihnen zu sagen, wie innig " Ich hoffe, daß ich nicht störe?" sagte die Gouvernante süßsauer und schritt mit langen Schritten plötzlich aus den thaunaffen Büschen hervor. Ich ich dachte, das Fräulein wäre in der Kirche," stammelte der In spektor. Nein, unglücklicherweise bekam ich so schreckliche Zahnschmerzen! Guten !viorgen, meine Herrschaften! Biel Vergnügen aus Ihrer Promenade!" Und dann verschwand sie. Als Herr Anders sich nach Lottchen umwandte, war auch sie verschwunden, als wenn sie ein Nebeldild gewesen wäre. Der August ging zu Ende, aber der Mondenschein war noch wunderschön. Eines Abends, als Lottchen die Wäsche eingeweicht, Preißelbeeren eingekocht, vier Hühnchen gepflückt und alle ge bleichte Leinwand abgenommen hatte, meinte sie, das Recht zu haben, ein we nig hinauszugehen, und zu schwärmen. Der untrügliche Instinkt der Liebe lei tete Herrn Anders, der hinausspaziert war, um einige Züge aus seiner Ci garre zu thun, gerade zu derselben Bank unter einen groken Aotelbaum hin. Muthiger als jemals, in der stillen Abenddämmerung, die mitleidig ihre Schleier über sein verlegenes Ant litz breitete, begann er abermals: O, Lottchen, endlicv werde ich doch einmal Ihnen sagen können, wie gren zenlos ich Sie " Da saufte es wie ein Wirbelwind in den heftig sich schüttelnden Zweigen des Apselbaumes. Tausend kleine runde Körper regneten auf die beiden jungen ute herab, und mitten droben im Baume ertönte ein munteres Lachen. Es 1 1 wirklich sehr traurig, daß ein armer Inspektor, der den ganzen Tag im Schmeiße seines Angesichts gearbei tet hat, nicht einmal, wenn der Abend kommt, in der Stille und im Frieden der Natur, derjenigen, die er liebt, sein Herz öffnen kann, ohne erst nachzu sehen, ob nicht die Jungen des Prinzi pals auf dem Baume sitzen und Unfug treiben. Herr Anders faßte einen kühnen Entschluß. Er wollte am 1. Otkober ziehen und ein kleines Gut für eigene Rechnung pachten. Daher wollte er vorher keinen neuen Versuch machen, Lottchen unter vier Augen zu treffen. Aber wenn er seinen Lohn bekommen, hatte, seine Bücher und das Inventar abgeliefert und allen Borst's zusammen genommen für ein angenehmes Zusam rnenleben gedankt hatte, dann wollte er offen, ruhig und ernft sagen: Frau Borst, dürfte ich fragen, wo ich Fräulein Jensen treffen kann? Ich habe ihr ein paar Worte allein zu sagen." Und dann würde er ebenso ruhig und ernst die Hand der Geliebten erfassen, ihr in die Augen sehen und sagen: Lottchen, Du weißt, daß ich Dich liebe! Willst Tu mich auch ein klein wenig lieb haben?" Auf diese Weife würde alles schön und gut werden. Der 1. Oktober kam. Herr Anders bekam feinen Lohn, lieferte die Bücher und das Inventar ab, dankte der Fa milie Borst für die angenehme Zeit, die er in ihrem Hause zugebracht, wandte sich darauf an Frau Borst und sagte sehr ordentlich, wenn auch mit bebender Stimme: Frau Borst, dürfte ich fragen, wo ich Fräulein Jensen treffen könnte? Ich wollte etwas hm, eine Kleinigkeit ich wollte sie allein " Frau Borst lachte. Es thut mir sehr leid. Herr Anders. Fräulein Jensen bekam gestern Nach mittag Urlaub fortzureisen, um ihren kranken Bruder zu besuchen." Herr Anders taumelte fast bewußtlos aus dem Zimmer und auf das Fuhr werk hinauf, das ihn zum Bahnhof führte, kaufte ein Billet, stieg in den Zug ein und drückte sich in die Ecke, zog fein blaukarrirteS Taschentuch vor, schnaubte feine Nase und weinte, weinte zum ersten Mal seit seine Mut ter am Nervenfieder starb, als er erst 14 Jahre alt war. In Station 3t begegnet der Schnell zug N. 137, mit dem Herr Anders reiste, dem gemischten Zug No. 142, genau nach Vorschrift. Und so kam auch dieses Mal Zug No. 137 mit Herrn Anders in der Station an, als No. 142 bereit stand, abzugehen. Himmel! DaS ist LotlchenS blauer Shaml in dem Damencoupee dritter ('lasse des ZugeS No. 142. Herr Anders stürmte auf den Perron hinaus, verneigte sich vor dein Qhawl in No. 132 und ries mit einer Stimme die vor jahrelanger Sehnsucht, grenzen loser Liede und Angst bebte: Lottchen, willst Du meine Frau werden? Entsetzt über das heitere Erstaunen der glücklicherweise sehr wenigen Paffa giere, dachte Lottchen, in gewöhnlicher Mädchenweise, Umstände zu machen. Aber blitzschnell stand eS vor ihrer jung sräulichen Seele, daß eS jetzt galt, den Augenblick wahrzunehmen, wenn nicht das Glück ihres ganzen Lebens verspielt werden sollte, und sie antwortete einfach und treuherzig: Ja. Karl!" So steige sogleich aus," sagte Herr Anders. Und das that sie. Hand in Hand stürmten sie in den Wartesaal erster Klasse, und dort sank Lottchen an das getreue Herz, das sich so lange und in nig nach ihr gesehnt hatte. Aber das junge, holde Mädchen, dessen innerste Herzensnerven erschüttert waren, erbebte plötzlich in den Armen des Geliebten, schlug seine schönen feuchten Augen aus und rief in keusch, unbeschreiblicher Verwirrung: Meine Reisetasche!" Aber Herr Anders antwortete ihr nicht. Was sind wohl alle Reise taschen. Handkoffer und Reifekörbe der Welt für einen Inspektor, der liebt und , weiß, daß er wieder geliebt wird. Jag mit Leoparden. In seinem Buche "Beast and Man in India" (London, Macmillan) plau dert der Engländer Kipling von den seit Jahrhunderten für die Jagd der indischen Fürsten gezähmten Leoparden. Unser Mitarbeiter erwähnt davon Fol gendes: Der Fang der Thiere bereite keine große Schwierigkeit. Es giebt ge wiffe Bäume, unter denen sie zu spielen und ihre Klauen zu wetzen pflegen, wo bei sie leicht in die Schlinge des Jägers gehen. Nicht geringe Geduld und be sonders viel Geschrei dagegen verlangt ihre Zähmung, Zunächst wird das ge fangene Thier mit starken Stricken fest auf ein hölzernes Ruhebett gebunden, wo es dann mit verbundenen Augen oftmals am Äage den fürchterlichsten Spektakel über sich ergehen lassen muß, indem besonders Weiber ihm gellende Töne zur Einschüchterung in die Ohren schreien. Der Hunger thut ein UebrigeS, um die wilde Natur des Leoparden bis zur völligen Erschlaffung zu bändigen. Schließlich, wenn er sich mit Ergebung in sein Schicksal gefügt hat, wird er ge fesselt und von seinen Wächtern an Stricken festgehalten, durch die dichte Menge der Bazare geführt, um ihn an den Anblick der Menschen und an allerlei Lärm zu gewöhnen. Der end liche Erfolg dieser merkwürdigen Zäh mungsweise tritt besonders in der von vielen glaubwürdigen Personen be (tätigten Anhänglichkeit des ursprüng lich so wilden ThiereS an seinen Wach ter zu Tage, mit dem eS oft unter der selben Decke das Nachtlager theilt.. Von einer Ablichtung für die Jagd 'kann keine Rede sein, denn man sängt nur erwachsene Thiere, die aus eigenem An trieb schon manches Stück Wild erlegt haben. Von aliersher dienen gezähmte Leoparden den indischen Fürsten beson- derS aus der Antilopenjagd. In der Nähe einer Heerde solcher Thiere werden sie losgelaiien und stürzen sich dann, ihrer alten Gewohnheit treu, aus die nächste Beute, von der sie nur ein paar Mundvoll Blut und ein Stück Leber für sich behalten dürfen. Bei den Hoch zeitsfeftlichkeiten eines indischen Haupt- lings im ahre 1 hatten die Gäe das Vergnügen, einer Antilopenjagd mit einem gezähmten Leoparden beizu wohnen. Der solide paxa. Mutter (zum Sohn, der Morgens um fünf Uhr heimkommt) .Schämst Du Dich nicht vor Deinem Vater, Bengel der ist schon eine halbe Stunde zu Haus!" Unerwartete Replik. Tochter des fiaufes: Nun, mit bat es Ihnen bei uns gefallen, Herr Ba ton?" Gast: Vorzüglich, gnädiges Fräu lein! Glaube, daß ich diese Nacht von Ihrer Köchin träumen werde!" Brave Linder. Nun, Johanna, waren die Kin der während meiner Abwesenheit recht brav?" .0 ja nur zum Schluß haben sie tüchtig gerauft miteinander!" Warum denn nur?" , Jedes wollte am bravsten ge Wesen sein!" verkebrtk Welt, A: Hat die Wittwe Zangerle eigeni lich Geld?" B: Nein. Ich hab' aber gehört, ihr Schmieaeriobn. mit dem sie iett zusammen wohnt, will ihr zehntausend Mark mitgeben, wenn sie wieder hei rathet!' Ver schlaue Zigeuner. . Was, die alte geizige Jungfer hat Ihnen für die Erklärung der Hand linien ein Zehnmarkstück gegeben?" Ich hab' ihr prophezeit, daß sie mit ierundzmanzig Jahren ein U n glück treffen würde und das hat sie so gefreut!"