Der Schützenkönig. Bon yvgxr Mottn. Der Buchsenmacher WaKIe in dem kleinen pommerlchen Städtchen, dessen Bewohner hauptsächlich für und von Gänsebrüsten leben, war in seiner Art ein Original. Nicht, daß er ver,qro, bene Ansichten aehabt hätte, 0 nein, Herr Watzke war im Verkehr mit seinen Mitmenschen sogar ein Normalmer.sch, DaS Original steckte er erst heraus, so bald die Zeit der Bogelschieben und der Schiitzenseste kam. Es war eine aus. gemachte Sache, daß der Buchsenmacher bei edem Kchieuen onig muroe, zum mindesten Bicelönig oder Marschall. Da gab eS dann gar nette Preise : ein Dutzend Silberlosscl, ein Silberservice, eine i,olxne Schnupftabaksdose u. s. w. lies aedieaene Sachen, die einen respektablen Werth reprüsentirten Herr Watzke erschoß" sich Jahr sllr Jahr seine Preise, er besaß davon eine Sammlung, die in dem Auslagefenfter einer, Berliner Goidlchmiedes Autieyen erregt haben würde. Wenn einer seiner Bekannten in die Silveriammer" zu gelassen wurde, schmunzelte Meister Watzke ganz vergnügt: Sehen Sie, das ist alles für meine Anna, die braucht 'mal keine Hochzeitsgeschenke weiter." Damit hatte es aber noch recht gute Wege, denn Anna war eben erst connrnurt worden. Noch eine ganze Reihe von Jahren heimste der Schützenkönig Watzke seine Preise ein. Erst wenn im Sommer die Scheibenschießen begannen, schien Leben in die hagere, dürre Gestalt des bu senmachers zu kommen. Dann schleppte er denn Morgen für Morgen die schwer n Doppelbüchsen ältester Construktion hinaus nach der Schießwiefe, um sich auf dieselben einzuschießen. Und wcnn ihm dann am Abend vor dem Feste die Schlltzenkapelle das obligate Stündchen brachte, wenn er am nächsten Mittag abgeholt wurde von der uniformirten Mannschaft, wenn die Gewehre präsen tirt wurden, die Trommeln wirbelten, dann war er kaum wieder zu erkennen. Er schien größer geworden zu sein, breitschultriger, imposanter. Die Sil berkette um den Hals, das faustgroße Silberschild auf der Brust, rechts und links flankirt von zwei Schützenfeldwe beln mit gezogenen Säbeln, so war schirte er an der Spitze des Zuges, dicht hinter der Fahne, die vor nunmehr 150 Jahren der Schützengilde von den Jungfrauen und Frauen der Stadt ge stiftet worden war. Da ließ sich ein Schneidernleister aus der Provinzhauptstadt gegenüber von Meister Watzke nieder und errichtete ein Herren Garderoben Magazin. Der Mann ließ ein mächtiges Firmenschild über dem Laden anbringen, auf wel chem in ellenlangen Goldbuchstaben zu lesen war, daß er Otto Junge heiße. Er war ein noch junger Mann, der sich bald einlebte, Kundschaft gewann und ein gutes Geschäft machte. Die Gigerl des Städtchens waren einstimmig der Ansicht, daß in einem Anzug nur dann Schmiß" stecke, wenn er aus dem Atelier des Herrn Junge hervorgegan gen sei. Natürlich war sich dieser bewußt, daß er auch gesellschaftliche Pflichten zu er füllen habe, und so meldete er sich zur Mitgliedschaft im Abendverein" und in der Schützengesellschaft". Er wurde ohne Weiteres aufgenommen, es konnte keinerlei Einwand gegen ihn erhoben werden. Beim ersten Vergnügen im Abendverein lernte Herr Junge seine Nachbarin Anna Watzke auch offiziell kennen. Das hübsche Mädchen war ihm schon längst aufgefallen. Man hatte sich unbekannter Weise" gegrüßt, zuerst kalt, dann höflich, dann herzlich. Schließlich war eine geheime Liebelei daraus geworden. Die Vorstellung im Abendverein war eine Erlösung für die Beiden, jetzt brauchten sie doch nicht mehr gar zu geheimnißvoll zu thun. Er stattete seine Visite am nächsten Morgen ab, Aennchen empfing ihn voll Liebenswürdigkeit, Papa Watzke etwas zurückhaltend, als traue er dem Land frieden nicht so recht. Diese Zurückhaltung war nicht er künstelt, hier war sie echt, ganz echt. Sein Nachbar war auch Mitglied der Schützengesellfchaft und als solches sehr aktiv, d. h. er lief auch sehr oft nach den Schi:ßständen hinaus, schätzte die Entfernungen ab, prüfte die Aufleger, den Scheibenstand, das Zielerhauschen. Als er sich in diesem zuerst blicken ließ, wurde ihm von dem alten Zieler Matthes ein sehr unwirscher Empfang zu Theil. Was schnüffeln Sie denn hier herum? Bei mir hat Niemand was zu suchen. Hinne (darinnen) ist meine, draußen Ihre." Damit war ihm die Thür vor der Nase zugeschlagen wor den. Junge war unangenehm berührt von dieser Grobheit, aber was ging ihn 'schließlich der Zieler an, beim nächsten Schießen wollte er schon sehen, waS er fertig bringen würde. Er befaß einen guten Vorderlader, eine ruhige Hand, klaren Blick, warum sollte nicht auch 'mal die Kugel in'S Zentrum jagen können? Von jetzt ab iid'e er die Woche mehren Male zum großen Aerger des alten Watzke, der gegen diesen Ein dringling eine immer feindseligere Hal jung annahm. Der Zieler MattheS und Meister Watzke faßen sehr oft im SchützenhauS beisammen in eifrigem Disput, sie redeten sich in heiligen Zorn b des neuen Mitgliedes, das sein Nase in All steckte. Inzwischen hatte im Herzen von klein Amu eine tiefe Neigung zu dem hüb schen, flotten Nachbar Wurzel gefaßt. An einein der letzten schönen Abende, als sie sich zufällig" auf der Prome nade getroffen hatten, war es zu einer Erklärung gekommen. Sie war kurz und bündig gewesen. Er hatte ihr" ohne viele Umschweife einen Kuß appli cirt. Nun waren sie heimlich verlobt. Wer aber sollte dem Schützenkönig nun die Sache beibringen? Anna entschloß sich kurzer Hand: Du, ich rede schon morgen mit Papa. Ich mag diese Heimlichkeiten nicht. ES läßt sich überhaupt nichts dagegen einwenden, daß wir uns heira then." Am nächsten Morgen beim Kaffee trinken brachte Anna die Neuigkeit ihrem Vater bei, kurz, unvermittelt, mit entschiedener Sicherheit. Da gab i eine Scene, wie sie im Watzke'schen Hause noch nicht vorgekommen Ivar, Der alte Herr gerieth schier außer sich, Er tobte, schimpfte und rannte plötzlich hinein in die gute Stube. Anna war ganz verblüfft, sie wußte in der That nicht, was sie davon ,nlen sollte. Ais Papa nach einer halben Stunde wieder zum Bor ein kam, uchke ne ivn aus, Er halte sich den Großvaterstuhl vom Fenster geholt und saß nun vor dem GlaSschrank, in welchem seine Schieße Prämien aufgestapelt waren. Aber Papa", flüsterte ihm sein Töchterchen in's Ohr, weshalb kannst Du denn Otto nicht leiden?" Der Alte schnellte empor, seine Haare schienen sich zu sträuben, er ballte die Hände, erhob die Arme in die Luft, dann entrang es sich endlich seinen Lippen: Der Mann ruinirt mich, der macht mich zum Spitzbuben, der tödtet mich." Um Gotteswillen, Papa, was denkst Du nur? Otto ist ja gut wie ein Kind, weshalb soll er Dich denn todten?" Weil er zu gut schießt," murmelte der Alte mit einer unsicheren Handbe wegung und knickte erschöpft auf den Sitz des Großvaterstuhles. Am großen JuniSchießen gab's in dem Städtchen ein tolles Leben. Die Compagnie marschirte eben nach der Schießwiese. Die Musikkapelle mühte sich ab, mit dem Armeemarsch 131, dann kam die altersgraue Fahne, da hinter Meister Watzke, der vorjährige Schützenkönig im Schmuck der silbernen tffirmMt und des lkbrenscbilkes. Kr schien schlechter Laune zu sein, der! Schützenkönig, das Brustschild schien ihn zu drücken, die Hutfeder nahm sich gar nicht mehr so herausfordernd aus, zudem konnte er garnicht so recht Schritt halten. Na, Wunder war das keins das schlechte Pflaster und die Huhner äugen. AIs der Zug über die Brücke gekom men wor und in die lilsiese einbog, waren die Zieler in ihren rothen Jacken mit präsentirter Zielscheibe aufgestellt. Da ereignete sich etwas Außergewöhn liches. Der Schützenkönig eilte auf den Zieler Matthes zu, drückte ihm die Hand und murmelte einige unverftänd liche Worte. Dann lief er wieder auf seinen Platz zurück. Nach den Üblichen Formalitäten hatte das Schießen begonnen. Der Garde robenhändler Junge hatte eine elf ge troffen, das war ein guter Anfang. Jetzt kam Meister Watzke an die Reihe. Er schleppte selbst sein Gewehr aus der Ladestube nach dem Stande. Sorgsäl- tig prüfte er Vl ir und Korn, putzte die Brille, legte dann den Schießprügel auf und sah gespannten Blickes nach dem Zielerhäuschen. Dort erschien plötzlich ein Rothhemd der Zieler MattheS suchte noch schnell den Schutzgraben zu erreichen. Watzke zog sein Taschentuch, ließ es im Winde flattern, wischte sich dann den Schweiß von der Stirn, zielte und knallte los. Sofort erschien der Weiser des Zeigers auf zwölf, rechts auf dem Kugelfünger tauchte ein nickender Mann auf, links auch, dazu wurde auf jeder Seite ein Böllerschuß losgeknallt. Natürlich hat Watzke wieder 'nen Kernschuß gethan," meinten die Leute ringsum. Ja. das ist ein Schütze !" Als sich Meister Watzke nach feinem Kernschuß mit einem Siegeslächeln auf dem Gesicht umdrehte, sah er diesen faden Menschen, den Junge hinter sich stehen, der eben ein Fernglas vom Auge nahm, durch welches er die Vorgänge da draußen beobachtet hatte. Er schüt telte lebhaft den Kopf, dann ging er zum Anschreiber, sprach mit einem Vor ftandSmitglied. plötzlich trat er auch zu Watzke und meinte: Na, boren Sie. wenn das 'ne Zwölfe war ! Ich habe mir die Augen auSgc guckt. Ueberhsupt mit dem Zieler MattheS.... Ist denn der Mann ge wissenhaft, ist er denn ehrlich? Mit seinem rothen Hemde macht er die Schützen ja nur unsicher. Meinen Sie nicht, Herr Watzke?" Der starrte den Frager mit weit auf geriffenen Augen an. Er war keines Wortes mächtig. Da schien ihm ganz plötzlich eine Eingebung zu kommen. Er winkte dem jungen Manne, ihm zu folgen. Beide ließen sich an einem Tisch im Salon des SchützenhauseS nieder. Watzke hatte sich überraschend schnell erholt. Er redete zu dem jungen Manne ganz väterlich, ganz vertraut. .Gut ist es, Sie weiden mein Schmiegersohn.' Sie heirathen meine Anna. Ich gebe Ihnen hiermit die Einwilligung. Trösten Sie da? arme Kind namentlich in den nächsten Tagen weil ich meine Ehrgeiz hab'! Sie, junger Mann", aus dem gemüthlichen Alten wurde ein erregter alter Herr, Sie rumircn mich, Sie machen mich zum Spitzbuden, Sie trei den mich in den Tod !" Junge war ganz entsetzt aufgesprun gen. Aber, Päpa Watzke, warum, weshalb?" stammelte er endlich. Weil Sie zu gut schießen," knurrte ihn der Alte mit heiserer Stimme wie geistesabwesend an. Mi tcr Watzke war wieder am Schuß. Er brachte diesmal eine Top, pelbüch e, ein altes Inventar einer BUchsenmacherwerkstatt. Er hatte da bei gestanden, als die beiden Läufe ge laden wurden, er nahm aber ein Pul' verhorn mit nach dem Stand, weil der linke Lauf manchmal versagte.- Der muß aufgemuntert werden," meinte er lächelnd, der soll Euch heut den Schützenkönig liefern." Und so nahm er das Pulverhorn trotz aller Proteste mit hinaus. Am Stand gab eS ein großes Ge dränge, die Schlltzenbrüder warteten auf ihren Könicj". Der sah aber gar nicht königlich aus. Blaß, wie über nächtig, mit etwas zitternden Händen. Via nu, mit diesem Tatterich" war doch kein Treffer zu machen? Aber als Watzke seinen Doppler auflegte, schien Ruhe über ihn gekommen zu sein. Links hinter ihm hatte Junge sich Postirt, das Fernglas in der Rechten. Es bleibt also dabei," wandte sich der Meister an ihn, Anna und Sie " Junge nickte zustimmend. Na also, aufgepaßt, jetzt böllere ich los, dann können Sie Schützenkönig werden." Und er beugte sich zu seinem Gewehr. Auf das Zündhütchen des linken Laufes schüttete er nochmals Pulver aus dem Horn, zum Erstaunen der Umstehenden. Der Lauf versagt sonst den Dienst," meinte er Pulver, Pulver, das thut's schon " uud nochmals ließ er die schwarzen Körnlein um das Zünd Hütchen rollen. Behutsam legte er den Doppler auf, er zielte lange, sehr lange. Dann zog er plötzlich sein weißes Taschen ließ es in der tust stattern, in dem selben Augenblick tauchte am Zielerhaus bas rothe Hemd des Zielers Matthes auf, der dem Schußgraden zustrebte, da dröhnte aber auch schon der Knall des SchuffeS das rothe Hemd da draußen schien sammt seinem Träger einen Liistlprung zu machen, um un mittelbar darauf im dichten Grase zu verschwinden. Ehe noch Jemand auch nur ein Wort sprechen konnte, brach eine Katastrophe herein. Meister Watzke hatte seinen Kopf dicht an die Eisen theile des linken LaufeS gelegt und dann in den Drücker gegriffen. Ein furcht barer Schlag riß die Umstehenden von ihren Plätzen Eisensplitter flogen wie Staub umher, ein entsetzlicher Pul vergeruch zog einher, und mitten in dem Trubel all' der aufgeregten Menschen lag der Schützenkönig Watzke mit zer schelltem Gesicht und zertrümmerter Schädeldecke todt, ohne jede Spur von Leben. Noch hatte man sich nicht von dem einen Schreck erholt, da kam eine wei tere Hiobsbotschaft: Der Zieler Mai thes war draußen erschossen worden Schuß durch den Kopf absolut tödtlich. So war das Ende des Schützenfestes ein sehr trauriges. Es dauerte fast ein Jahr, ehe das Gerede über die räthselhafte Geschichte verstummen wollt?. Dann aber kam die Heirath von Anna Watzke und Otto Junge. Sie verlief correkt, derart cor reit, daß selbst die eifrigsten Klatsch basen sich nicht den Mund zerbrechen konnten. Dann aber kam noch ein lieblicher Tratsch. Das neuvermählte Paar über wies sämmtliche Schießgewinne des durch einen so schauderhaften Unglücks fall um's Leben Gekommenen dem städtischen Museum. Wenn der Museumsdiener heute den Fremden umher sührt in den Räumen und zur Silberiammer" gelangt, er klärt er: DaS ist die hochherzige Stiftung ei nes hiesigen Ehepaares. All' das ist Silber: die Löffel, das Service, die Be stecke bitte, Alles schweres Silber, sehen Sie hier den Ehampagnerkühler : Silber, alles Silber. Das hat sich un sei Schützenkönig zusammengeschoffen, dann verunglückte er, der arme Mann. Sie sehen aber, daß seine Nachkommen sich nicht bereichern wollen, das find gute Lolalpatrioten." Ein ungelegener Besuch. Humoreske von 2 i g u 1 1. Wenn man einen Birnbaum pflanzt, dessen Wurzel düngt und seine Krone putzt, seinen Stamm putzt und dieWur mer von seinen Blättern ablieft, und dann, wenn die erste Fruchternte zwi schen dem Laub erglänzt, ein absolut unbekannter Mensch kommt und sagt: Gebt mir die Birnen und holt Messer und Teller herbei, um sie mir recht hübsch zu serviren!" so wird man wahr scheinlich glauben, daß dieser Mensch entweder seinen Scherz treibt oder ganz verrückt sei. Aber wenn man ein kleines Madchen besitzt, schön wie ein Tiroler Apfel und bezaubernd wie eine Prinzessin, dem man eine wohldurchdachte Erziehung ge geben, und das man achtzehn, neunzehn Jahre lang gegen alle Stürme bewahrt, es aus vollem Herzen geliebt hat, und dann ein Herr erscheint und sagt: Ge ehrter Herr, geben Sie mir das Mäd chen zur Frau!" dann wird man sich verbeugen und erwidern: Eine große Ehre für uns. mein Herr! Wie viele Laken, Tischtücher,' Kopfkissen und wie viel Geld verlangen Sie dazu?" Es wurdert mich gar nicht, daß die Menschheit viele Väter besitzt, welchen es schwer wird, obige Logik zu begreifen. Papa Lundström vermochte es jedenfalls nicht, und der Gedanke, daß irgend ein Lasse kommen könnte, seine Elin von ihm zu fordern, war ihm ebenso wider wartig, wie wurmer Champagner oder ein Taschendieb und dergleichen. Doch Niemand entgeht seinem Ge schick, und als seine kleine Elin von ei nein Besuch bei Verwandten heimkehrte, vermochte sie weder zu essen, zu trinken, Piano zu spielen, noch vernünftig zu sprechen. Wenn sie saß, blickten ihre großen, blauen Augen vorwurfsvoll zur Zimmerdecke empor, aber da diese neu gemalt war und leine lecken aunuwei sen hatte, schien ihr Betragen eher einen beginnenden Wahnsinn anzudeuten, als .zntere e für die vausiichlett. Mutter, sieh doch mal nach, ob sie sich nicht zu stark geschnürt hat," sagte der Papa zur Mama. Nein, der Knoten deS Schnllrleibs bandes saß noch an derselben Stelle wie an dem Tage, als ne zur Tante reiste Das Mädchen war eher magerer als stärker geworden. Die Tante setzt immer ihren Gästen so fettes Essen vor; gieb unserem Schatze einige Pillen," schlug der bekümmerte Vater vor. Ach, Lundström, ich habe ihr bereits seit fünf Tagen achtzehn gegeben, aber es bleibt dennoch beim Alten!" erwiderte die besorgte Mutter. Allein eines Vormittags, als der Papa in seinem Zimmer saß und nach einem guten Frühstück Kupons abschnitt und nicht an die Falschheit der Menschen dachte, trat das Mädchen bei ihm ein und weinte, als ob sie ein Tintenfaß über ihr hellrothes Kleid ausgegossen hätte. Sie schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn so feurig an sich wie er es nie erlebt, seit er allen Um- gang mit Schauspielerinnen aufgegeben hatte. Endlich setzte sie sich auf seinen chooß und küßte ihn so herzlich, daß selbst ein Sokrates davon hingerissen worden märe. Und dann brach es endlich los: wie sie bei der Tante in einer Gesellschaft einen Affeffor getroffen habe, der so schrecklich nett gewesen sei und sie sofort eine gewisse Beklemmung in der Brust gefühlt habe, die kaum zu ertra gen gewesen sei wie er so großartig schön getanzt habe und heute, am Vormittage, vielleicht in einer Stunde schon, vielleicht schon in der nächsten Mi nute den Papa besuchen und wahrschein lich ebenso kühn ihm gegenüber auftre ten werde, wie er es gegen sie gewesen sei, und dann ihr sei so schrecklich angst denn sie wisse ja, daß Papa so furchtbar hestig sei und dann. Er stieß sie von sich, als ob sie vom Teufel besessen wäre, und rief ein gan zes Heer von unterirdischen Mächten als Zeugen herbei, daß, wenn der Assessor es wagen sollte, zu ihm zu kommen, er die Temperatur so hoch wie möglich sin den werde. Sein geliebtes Kind drückte ob dieser Versicherung vaS Taschentuch gegen beide Augen und äußerte, daß es in die fern Falle weit besser sei, zu sterben, als ihrer Liebe zu entsagen. Sie ging dann zur Mutter, um in stummer Verzweif lung einige Bücher mit Novellen zu der schlingen, die mit großen Buchstaben gedruckt waren. Papa Lundström war nahe daran, vor Kummer und Aerger zu ersticken. Ein solcher Lasse, ein Assessor ohne Ge halt und mit Schulden aus der Stuben tenzeit bis über die Ohren! Welche Frechheit ohne gleichen! Vor seinen in neren Blicken hatte freilich in der Ferne ein blumengeschmückter Altar geschwebt, vor dem seine theure Elin ihr Knie beu gen würde; aber das sollte doch wenig stens neben einen reichen und vornehmen Mann geschehen, der einen Orden und Kupons zum Abschneiden hätte.' Und nun ... ein solcher Windhase, ein Schlin gel und Laffe, und Elin war ja noch ein Kind.. .. Ja. bei Gott, jetzt klopfte es an der Thür. Herein!" Ein sehr junger und furchtsamer Herr trat ein, blieb sich verbeugend an der Thür stehen und begann : Ich wollte...." Ergebener Diener! Ja, ich weiß schon, was sie wollen, mein Herr. Ich bin in diesem Augenblick erst von allem benachrichtigt worden. Sie wollen den Frieden einer bisher glücklichen Familie stören, Sie drängen sich ohne Schonung hinein " Bitte um Verzeihung, ich klopfte." TaS ist einerlei. Ich bitte, keine Versuche zu machen, witzig zu sein ! Hier sitze ich ruhig und zusrieden mit Frau und Tochter, als Sie gleich einer Bombe' ES thut mir leid, wenn ich stören sollte." Ob Sie stören ! Mein Herr, können Sie denn nicht begreifen, wie schmerz lich eS ist, wenn man ein Kind von sei nen Eltern reißt? Können Sie " Um Gottes willen, das war wirklich nicht meine Ab " . ficht, nein, nein, Gott behüte : aber ich kenne das. ES handelt sich nicht um den Verlust einer Tochter, ad durch diese Vereinigung gewinnen Sie einen Sohn."" Nicht wahr, so lautet die Sentenz? ES wird natür licherweise meine liebste Ausgabe sein, so oft wie möglich den theuren Schatz, dessen ich Sie beraubt habe, zurückzu führen."" Nicht wahr? Glauben Sie nicht etwa, daß ich nicht früher schon zu Hochzeiten geladen worden bin, wo die Schwiegersöhne ihre Dummheiten vor brachte, während Vater und Mutter von dem Schmerz der Trennung wie vernichtet waren? Was?" Ein beklagenswerther Irrthum , , , " Gerade das ! Ein beklagenswerther Irrthum ist es von dem Vater und der Mutter, die an solches Gewäsch glau ben. Nein, bekommt man jemals sein armes Kind zu sehen, dann muß man die Kosten der Reise selbst bezahlen und bereit sein, alle die Wechsel ihres un mündigen Mannes, die sie mit sich iin Koffer sührt. zu unterschreiben. Aber so setzen Sie sich doch, setzen Sie sich doch, zum Kukuk! Es ist eine Herzlo stgkeit, die " Herr Kommerzienrath, Ihre priva ten Interessen kann ich beklagen " , aber daraus keine Rücksicht nehmen. Nein, ganz natürlich nicht. Sie nehmen nur das Madchen mit so und so viel Tausend, und wenn diese verausgabt sind, schreiben Sie oder Ihre grau nach mehr. Ader bei Gott, wenn ich beabsich tige,..," mich auszuplündern. Nein, beileibe nicht. Es kann ja möglich sein, daß Sie jetzt nicht so denken." Aber so hören Sie doch, mein Bester,..." Niemals ! Niemals im Leben, sage ich Ihnen!" Aber seien Sie doch so gütig und sehen Sie! Das ist ja durchaus nicht...." Was sind das für Papiere, die Sie soeben hervorgezogen haben? Glauben Sie, ich zweifle daran, daß Sie Ihre Examina gemacht haben? Nein, be hüte! Lassen Sie die Papiere nur stecken " "Herr Kommerzienrath, wollen Sie denn nicht endlich mich anhören, andern falls wird das Gesetz " Sie drohen schon! Sie zeigen sich in Ihrer wirklichen Gestalt! Jetzt zei gen Sie die Klauen! Das Gesetz! Ja, freilich, wenn das Kind mündig gewor den ist, so folgt es dem Ersten Besten gegen den Willen der Eltern! doch mache ich Sie darauf aufmerksam, daß meine Tochter erst in zwei Jahren mün- dig wird, mein Herr!" ,Aber, Herr Kommerzienrath, um des Himmels willen: Was hat Ihr Fräu lein Tochter mit Ihrer Gasrechnung zu thun?" ,Ga. . . Ga, , . Gasrech nung? Herr, wer sind Sie denn?" ,Jnkai ator der Gasanstalt. Die Rechnung beträgt einhundertsiebzig Mark!" Im Salon saßen derweilen der Assessor und Elin und plauderten noch vergnüglich mit einander. Der verteu feite Mensch hatte den direkten Weg eiw geschlagen. Der preußisch Pfiff. Von Friedrich dem Großen wird in der Neumark erzählt, er habe häusig, in einen alten Soldatenmantel gehüllt, die Wirthshäuser besucht, um das Trei den seiner Soldaten zu beobachten. So traf er, wie der Bär" erzählt, auch einmal einen Soldaten an, der weidlich zechte und ihn zum Mittrinken aussor derte. Nach einigem Sträuben willigte der alte Fritz ein und fragte ihn zu gleich, wo er denn das Geld zu solcher he herneume, denn der old reiche dann doch nicht hin. Ja," meinte der Soldat, das ist eben der preußische Pfiff!" Was ist das, der preußische Pfiff?" entgegnete der König. Das kann ich Dir nicht sagen, Du könntest mich verrathen." Diese Antwort machte den alten Fritz gewaltig neugierig, und er drang in den Soldaten, bis dieser ihm das Geheimniß bekannte. So höre denn," begann er, ich erkaufe Alles, was zu verkaufen ist; es ist ja eben Frieden was brauche ich z. B. eine stählerne Säbelklinge, die ist ver kauft, siehst Du?" Damit zog er den Griff feines Säbels heraus und zeigte dem König eine hölzerne Klinge. Dieser that befriedigt und ging weiter. Er hatte sich aber den Soldaten wohl gemerkt, und nach einiger Zeit kam der Befehl, das und das Regiment solle vor dem König zur Parade antreten. Der König erscheint, reitet einige Male auf und ab, und als er den Soldaten auf Grund seines guten Gedächtnisses gefun den, befahl er ihm und seinem Neben mann hervorzutreten. Darauf sagte er zu dem Kameraden mit dem preußischen Pfiff: Ziehe Deinen Säbel und haue Deinem Nebenmann auf den Kopf!" Der Soldat erschrickt, faßt sich aber schnell und erwidert: Ach, Majestät, warum sollte ich das wohl thun? Mein Kamerad Nebenmann hat mir ja nichts zu Leide gethan!" Zieh," ruft der König, sonst soll Dir Dein Nebenmann den Kopf abschlagen!" Da bleibt dem Manne mit dem preußischen Pfiff nichts übrig, er legt die Hand an den Griff, blickt zum Himmel nnd ruft: Nun denn, wenn es nicht anders fein kann, so möge mich Gott vor Mord verhüten und geben, daß meine Klinge zu Holz wird!" Und siehe da, wie er den Säbel herausgezogen hat. ist die Klinge von Holz. Der alte Fritz lachte und sagte: .Ich merke, Tu verstehst den preußischen Pfiff.' i Unverfroren, Herr (zum Barbier, der ihn wieder holt geschnitten): Pr Messer scheint nicht z schneiden!" Barbier: Und ob's schneidet I. . . . Seh'n Sie nur in den Spiegel!" Kleines Mißverständnis;. Ein Junggeselle schreibt an einige seiner Freunde folgende EinladungS , karte: Wenn Du nicht etwas Anderes vorhast, so würde eS mich freuen, wenn Tu morgen mit einigen Freunden bei mir speisen wolltest!" Zur bezeichneten Stunde erschienen die Freunde und zwar jeder mit einigen Freunden. Mijjvcrstandc, Herr: Sind Sie musikalisch, mein Fräulein? Aelteres Fräulein (zögernd): Würde Ihnen das angenehm fein?" Slanbhaft. Richter: Sie wollten nur betteln? Und dann drangen Sie so mir nichts dir nichts in's Wohnzimmer deS Herrn KommerzienrathS ein?" Angeklagter: Herr Richter, ich hatte gerade keine Visitenkarten bei mir." 8 der !I!sterg. Der General ist zur Musterung ein getroffen und will auch die Kaserne be sichtigen. Durch Regimentsbefehl ist daran erinnert, daß die Temperatur in allen Stuben nicht über IS Grad be tragen darf. Der General betritt ein Zimmer, lobt die Sauberkeit und fragt den Stubenältesten: Wie viel Grad sind es hier, mein Sohn?" Gefreiter: IS Grad. Herr General!" General: Zeige mir doch 'mal das Thermometer!" Gefreiter: Wir haben kein's, Herr General!" General: Na, woher weißt Du dann, daß es IS Grad sind?" Gefreiter: RRR cgimentsbefchl, Herr General!" Rücksichtslos, Schneider: Nicht nur, daß Sie nicht zahlen, werden Sie von Tag zu Tag auch noch dicker, so daß man immer mehr Stoff für Ihre Kleider braucht!" SttZdig, Gesellschafterin: Der Herr Doctor hat schon wieder ein hübsches Gedicht ge sanöt, in welchem er Sie angesungen!" Reiche Wittwe: Ah, sehr schön!.. .. Wenn er kommt, e r i n n e r n Sie mich daran, daß ich ihm einen w o h l w o l lenden Blick zuwerfe!" Moderne Dienstboten. Baronin (zu dem neuen Diener): . . . Noch ein's! Ich bin gewohnt, meine Dienstboten mit Du" anzure den !" Di:ner (verlegen): Frau Baronin. wenn sich aber die Leute nur nichts da bei denken!" Zutreffend. e: Trotz .zhrer vielen Klagen' müffen Sie es doch zugeben, daß mein Adolfchen einen offenen Kopf hat?" Hauslehrer: Jawohl, und ob! WaS bei dem zu einem Ohr hineingeht, geht beim ander'n hinaus!" Recht beruhigend. General: ,. Also, Sie wollen meine Tochter zur Frau! Ja, wie steht eS denn mit Ihren Finanzen?" Freier: O lebe in ganz gere gelten Schuldverhältnissen!" Merkwürdige Schadenfreude. ' Bauer (zum Bader, der ihm im Wirthshause bei einer Rauferei zwei Zähne eingeschlagen): Siehst Du, das haft Du davon! D i e hätt' ich mir mor gen bei Dir ausziehen lass'n!" 3rn l?eiratts-Büreau, Herr Doctor, ich hab' e' feine Par thie für Ihre Tochter!" Jft der Betreffende in guten Ver Hältnissen?" Steinreich aber er hat 'n Stelz fuß!" Einen Stelzfuß?! Ja glauben Sie denn, ich mag einen Schmiegersohn mit einem Stelzfuß?" Nu, nehmen Se an: Ihre Tochter heirathet 'n reinen AdoniS mit gerade ' Glieder. Se geh'n auf de Hochzeit? s reif' in de Schweiz er besteigt 'n Berg er bricht sich 's Bein 's Bein muß ihm abgenommen werden Hier haben Se e' fertige Sach'!" fataler Nachsatz, Sie: Ich bitte Dich, lieber Heinrich, kauf' mir diese hübsche Mantille!" Er: Dein Wunsch ist mir Befehl und befehlen last' ich mir nichts!" Lcschcide, Unteroffizier: Zum Tonnerwetter, Müller, wo waren Sie bis jetzt und wie schau'n Sie wieder aus?!" Mensch, ich weiß wirklich nicht mehr, was ich mit Ihnen machen soll. Soll ich Sie nach ererzieren, oder beiier einsperren und lurztchlieizen lanen " Müller: Ach. Herr Unteroffizier, machen Sie sich nur wegen mir k e e n e Umstand nich!" Gesidäftssprat. EommiS: Und was haben Sie noch aus dem erzen. Lieschen Köchin: Zwei Psund Schweizer? " läse!" y (, . ,