Das Brautkleid. Von M. ifaglcr. Frau Tottor Thurmeier trat aus dem behaglichen Zimmer auf den Hausflur und ries nach dem Dienstmädchen. .Auguste, was ist denn das für ein Lärmen, was machen denn die jungen Mädchen dort oben?" Was werden sie machen. Dumm heilen natürlich," brummte Auguste. Sie, Frau Doktor, haben doch un serem Elöchen die Schliissel von oben ge geben und nun putzen sich die jungen Tamen niit dem alten Staat und wol len sich dabei halb todt lachen." Ta muß ich doch einmal z innen geh,,,," sagte die alte Tame lacyeino und stieg dann langsam die Treppe cm vor au in oberen Stockwerke, aus dem ihr frohe, jubelnde Stimmen entgegen klangen. Die scheinen sich gut zu un, terbalten." ivrach sie befriedigt. Sie amiUirten sich wirklich. Vier junge Damen, die sich bei Elschen, Frau Doktors Enkelin, zum Besuche eingefun den hatten, durchstöberten Kisten und Schranke und holten alte Staatsroben, Hute, Stoffe, Blumen und allerhand Krimskrams daraus hervor. Da ging eine Thiir auf, hinter der Elfe soeben Toilelte gemacht hatte. O, wie schön. Ach, wie reizend." erscholl es von den Lippen der Anderen. Man konnte sich auch wirklich nicht Schöneres denken, als Elschen's schlanke Gestalt in einem Brautkleide aus alter Zeit. Der gelb liche schwere Brokat, der altmodische Schnitt des Kleides Pakten vorzüglich zu Else's zierlichem Köpschen mit den braunen Rehaugen und dem dunklen lockigen Haar. Lachend umlanzten sie die Ucbrigen. Wie schön Du bist, Elsc." Wer ist schön, Elschen?" fragte die alte Frau Doktor, welche über die Schwelle trat. Als sie aber des jun gen Mädchens im bräutlichen Schmucke ansichtig wurde, herrschte sie dasselbe an: Wie kannst Du es Ivanen, mein Brautkleid anzuziehen, weg damit, ich befehle es Dir." ' Erschrocken stoben die jungen Damen auseinander. Die Uebelthüterin stam melte eine Entschuldigung und kämpfte mit Thränen. Die Großmama war sofort wieder heruntergegangen, ohne weiter den Eindruck ihrer rauhen Worte zu beachten. Die jugendlichen Teilnehmerinnen an der lustigen Maskerade fanden ihre frühere frohe Laune den übrigen Nach mittag nicht wieder. Die gedrückte Stimmung wich erst von ihmn, als sie Abschied genommen hatten. Die alte Dame hatte sich in ihr Zim mer zurückbegeben und saß nun schmei gend im Sophaeckchen. Die welken Hände lagen gesaltet im Schooße und Thräne um Thräne rann über das fal tige Gesicht. Da trat Elschen schüchtern herein. Als sie die alte Frau ansah, die Thrä nen, die Trauer, die sich auf deren Zü gen malte, gewahr wurde, umhalste sie dieselbe und stammelte bittend: Groß mama, ich wollte Dir nicht wehe thun, verzeihe mir, ich hatte nicht geglaubt" Sprich nicht mehr davon," sagte die alte Dame ruhig und machte PlaK ne ben sich. Du haft mir nichts zu Leide gethan. Ich war nur erschrocken dar über, gerade an Dir, mein Liebling, das Kleid zu sehen, welches ich an dem schwersten, unglücklichsten Tag meines Lebens trug, und ich fürchtete in einer thörichten Anwandlung von Abcrglau ben, etwas von dem Herzeleid, das ich darin empfand, könnte, auf Dich über gehen." Als Braut Herzeleid, Großmama?" Nicht wahr, mein Kind, das scheint Dir wunderlich? Hochzeit haben ist ja für jedes junge Mädchen der Inbegriff oller Seligkeit. Warum ich an meinem Hochzeitslage unglücklich war, sollst Tu hiren. Als ich in Deinem Alter war, hatte mein Vater schon den Abschied genom tuen, eines bösen Augenleidens wegen, das sich trotz der Kunst der Aerzte ver schlimmerte, bis schließlich ollständige Erblindung eintrat. Seine karge Hauplmannspension reichte nicht viel weiter, als zu seiner Pflege, oazu hatte er das Haus voll Kinder, zwei Söhne und vier Töchter, von denen ich die . älteste war. Wir waren alle fleißig, arbeiteten, sparten und darbten, um den beiden jüngsten Knaben zum Stu dium zu verhelfen. Hübsch waren wir auch, deshalb glaubten die Eltern, sie würden uns nicht allzulange im Hauses behalten; doch so ohne jedes Vermögen, so blutarm, wie wir waren, hatte es bisher an Freiern gefehlt. Heute, wo ich Dir die alte Geschichte erzähle, glaube ich noch der Mutter Stimme zu hören, die eines Tages zu mir in die Küche kam: .Anne, der Doktor Thurmeier war hier und hat um Dich geworden." Mit gepreßter Stimme und thränenden Augen brachte sie es heraus. Ich sei- i ber lehnte, einer Ohnmacht nahe, am ! Küchentisch. Ich kann nicht, schrie es ; in mir, doch da sah ich die dürftige Ge '. r: i i OT1..11 v : . .. - , . hw 01.11,1 pari Der ziuun, uic dic uilv 7iuv im Hause, ich konnte ihnen durch meine Heirath iai Elend etwas fern halten, denn Thurmeier war ein reicher Mann. Mir wurde es unendlich schwer, das Jawort zu geben, denn ich liebte einen Andern. Dieser Andere war ein armer Künstler, ebenso arm. als ich selber. I doch wir beide blickten hoffnungsvoll in ! die Zukunft und baltea uns Treue ge lobt. Seit vier Wochen war Erhard! in Italien und bisher hatte ich keine, Kunde von ihm erhalten. War krank oder todt, oder hatte er mich der geffen? Ich aber konnte ihn nie er gefsen, das mußte ich. Auf dieses Zureden der Meinen und nach schwerem inneren Kampse willigte ich endlich ei, deS Doktors Frau zu erden. Der Brautstand währte nur einige Wochen. Mein Bräutigam quälte mich nicht mit Zärt lichkeiten; er hatte weder Zeit noch Neigung dazu und war überdies wohl fünfzehn Jahre älter als ich, ein ruhiger, ernster Mann. Die Zeit verging und mein Hoch zeitstag kam heran. Thurmeier hatte mir die herrlichsten Schinuckfachen, auch das Brautkleid zum Geschenk gemacht; auch meinen Eltern und Geschwistern die Sorge, welche ihnen das Ausrichten einer einigermaßen standesgemaßenHoch zeit verursachte, abgenommen. Ich stand bereits zur Trauung fertig, oben in unserem kleinen Mädchenstübchen, welches ich nun sür immer verlassen sollte, und dachte bangen Herzens des fernen Geliebten. Thräne um Thräne rann über mein Gesicht, bis ich einen schweren Tritt die Treppe heraufkommen hörte. Ich dachte, es wäre mein Bräu tigam und trocknete eilig die Thränen spuren. ' Da steckte der alte Briefträger lachend den Kopf zur Thür herein und reicht mir ein Packet Briefe. Mein Blick fiel auf einen, und das Herz stand mir' still. Kaum, daß ich dem Alten für die gutgemeinten Glückwünsche daw ken konnte. Der Brief war von Er hardt. Ich las ihn und traute meinen Augen nicht, denn er schrieb, daß er auf alle seine Briefe noch nie eine Antwort erhalten habe. Von Bekannten, die er in Mailand getroffen, habe er erfahren, daß ich vorhabe, mich mit Thurmeier zu verloben. Er bat mich, ihm die Treue zu halten und nur noch kurze Zeit in Geduld auszuharren, dann hoffe er eine Anstellung zu haben, die es ihm möglich mache, mich als sein Weid heimzu führen. Das Alles stand da schwarz auf weiß und ich las es an meinem Hoch zeitstage. Ich wankte mit dem Briefe in der Hand zu meiner Mutter. Angst und Entsetzen malte sich in ihren Zügen, als sie mich so bleich, so gebrochen vor sich stehen sah. Um Gottes Willen, was ist Dir," schrie sie auf. Ich konnte ihr nur stumm den Brief reichen. Nichts kann wohl ergreifender sein, als die eigene Mutter beschämt, reuevoll vor sich Iiiieen zu sehen. Ich hatte rich tig vermuthet. Sie hatte Erhardt's Briefe an mich mir verheimlicht und dann vernichtet, als sie sah, daß der reiche Doktor Thurmeier sich für mich interessirte. Heute war durch Zufall ein Brief in meine Hände gelangt. Wäre sie nicht so sehr beschäftigt ge Wesen, so hätte sie auch diesen letzten behalten und Erhardt hätte mich für treulos gehalten. Mutter, Du hast mich um meine Liebe betrogen, Du hast mein Leben vernichtet, stehe aus, ich kann Dich nicht sehen," schrie ich die alte Frau an. Ich wußte selbst nicht, was ich that. Dann hob ich die weinende Frau auf und führte die Zitternde zum Sopha. Mutter, noch ist's möglich, wenn ich dem Doktor sage " Er weiß es," sprach leise die Mutter. Aber Anne, um Gottes willen, thue uns doch die Schande nicht an und laß es nicht den Vater wissen, wie ich an Dir gehandelt habe; es wäre mein Tod, o Anne, nur das nicht," fing sie wieder an zu betteln. Ich wandte mich ab, denn mein Bräutigam kam soeben die Treppe hin auf, ich hörte ihn mit der jüngeren Schwester sprechen. Ich machte noch eine Bewegung, ich wollte fort, hinaus zum Fenster. Beffer todt, als in eine Ehe, in die man mich hinein betrogen hatte. Im nächsten Augenblick stand mein Bräutigam an meiner Seite, um mich zum Wagen zu führen. Mecha nisch ließ ich Alles geschehen. Die Trauung, das Festmahl, die Glück wünsche der Gäste, Alles ging spurlos an mir vorüber. Die Schwestern waren fröhlich und lachten mit den beiden Brüdern, der Vater hatte sein Leiden vergeben, nur die Mutter sah in ihrem armseligen Festlleide recht grämlich aus, und doch sagte mir jeder Blick aus ihren Augen, daß ibr ein Stein vom I Herzen sei. Eine stillere Braut hat! wohl niemals an einer Hochzeitstafel gesessen; ich hörte kaum, waZ mein ! Mann zu mir sprach, mir war derKopf! so voll hundert Gedanken. Zuletzt faßte , ich den Enischluß, meinem Manne Alles, zu sagen. Er, der ältere Mann mit. seinen reichen Erfahrungen würde mich stützen und Nachsicht mit mir haben. Lieben konnte ich ihn nicht, so sollte er wenigstens die Wahrheit wissen, viel leicht hatte ich dann viel weniger Scheu vor einem Zusammenleben mit ihm. .Als die Festlichkeit vorbei war, be gaben wir uns in sein schönes stattliches HauS, das ich bisher immer als ein Wunder betrachtet hatte. Er führte mich durch einige Zimmer und übergab mir die Schlüssel, Tann entschuldigte er sich. Ich muß noch einige Patienten besuchen und komme erst spät wieder. Laß Dir indessen von Brigitte Bericht über alles, was Dich im Hause interes firt, erstatten." Tann rief er nach der Haushälterin und ging mit einem kur ze, .Guten Abend" hinweg. Die Worte, die ich mir auf den, Heimweg zurecht gelegt, blieben gesprochen. Ein gutes, freundliches Wort, ein Lächeln hätten mir Muth gemacht, doch ich blickte immer in ein gleichmäßig ernstes Gesicht und blieb still, am ersten Abend, ie an den folgenden Tagen. So lebten wir neben, aber nicht mit einander, höflich und kühl wie verstäw dige Leute. Ich mußte mich in's Uir vermeidliche siigen. Mein junges Herz verlangte nach Liebe und fand nur Jammer und Weh. Ich hätte auf schreien mögen in wilder Verzweiflung und fürchtete nur immer die kalten. grauen Augen, die mich am Ende noch höhnten, wenn ich sagte, laß mich frei sein! schicke mich fort bis an's Ende der Welt, nur gieb mich frei ! Da wurde mir die Kunde, daß mein Vater unerwartet eine bedeutende Erb schaft gemacht hatte. Alle Sorge und Noth waren sortan aus dem Eltern, jault geschwunden, o war also mein Opfer umsonst gebracht. Ich war tief elend darüber und dürfte es doch Nie mand merken lassen, am wenigsten der Mutter, die ich seit meiner Hochzeit nicht wieder fröhlich gesehen habe. Ich mußte Gesellschaften geben und Besuche machen und immer ein freundliches Gesicht zei gen, mich glucklich preisen lassen mit dem Weh im Herzen. Es war zum Berzweifeln. Einst waren wir zu einer befreuw beten Familie geladen. Als wir in die erleuchteten Festraunie traten, fiel mein erster Blick au Erhardt, Mir war als müßte ich umsinken. als unsere Blicke sich begegneten uno war ihm dankbar, als er uns sehr sonn, lich wie oberflächliche Bekannte begrüßte. War eS Verstellung, kluge Zurückhab tung oder hal er Dich vergessen, der achtet? Mir schwindelte und ich war froh, als mein Mann von Bekannten umringt und hinweggeführt wurde. Eine Weile hielt ich noch aus in der Gesellschaft, gab Rede und Antwort, dann ertrug ich es nicht länger. Mein Kopf schmerzte, ich zitterte an allen Gliedern und die Zähne schlugen wie im Frost zusammen und als ich glaubte, unbeobachtet zu sein, zog ich mich in ein etwas abseits gelegenes, kleines Zim merchen zurück. Es war leer und nur matt erleuchtet. Nicht lange hatte ich dort gesessen, da hörte ich einen, ach nur zu bekannten Schritt. Ohne aufzu sehen, mußte ich, wer gekommen war. Ich hätte laut aufjubeln mögen in tho richter Freude, denn es war Erhardt, welcher vor ihm stand. Da öffnete er schon die Lippen zu vorwurfsvollen Worten, die ich ruhig hinnahm. Sage mir nur das Eine. Anne, ob Du mich ganz ergessen hast. ob ich nichts inehr zu hoffen habe?" Der zärtliche Blick, der Ton seiner Stimme, mit der er diese Worte sprach. nahmen mir den letzten Rest on Fas sung. Erhardt," rief ich, sei barm herzig, es ist ja alles vorbei, alles will ich ertragen, nur verachte mich nicht, hatte ich gewußt Aber ich habe keinen Deiner Briefe erhalten und glaubte mich von Dir erlassen, nur einen erhielt ich an meinem Hochzeitstage." So Aehnliches stammelte ich verwirrt. Ich konnte es mir denken," jubelte et. AIs ich Tich hier eintreten sah, so traurig und blaß, da wußte ich, daß Dein Herz mir gehört ; mein Lieb, mein herziges, armes Lieb !" Der Ton seiner lieben Stimme, das Mitleid, das in seinen Worten lag. überwältigten mich. Im nächsten Augenblick hatte er die Arme um mich geschlungen und ich ruhte an seiner Brust, an seinem Herzen. Es war so feierlich still im Zimmer ; ich hätte am liebsten aus der Stelle sterben mögen, Ta glaubte ich draußen Schritte zu ver, nehmen und kam zur Besinnung. Viel, leicht suchte mich Jemand. Mein Mann. Wie ein Blitz fuhr mir der Gedanke durch den Kopf. Wie kannst Du mit ihm weiterleben, wenn er Dich hier mit Erhardt findet ! So kann es nicht weitergehen, noch ist es Zeit zur Umleyr. Leb wohl," sagte ich leise, und gönne mir die schwer erkämpfte Ruhe. Vergiß mich und diese Stunde und werde glücklich." Und Tu, Arme?" Ich bin die Frau eines ehrenhaften Mannes und nun behüt' Dich Gott." An ihm vorüber ging ich in den Festsaal. Die Wirthin kam mir ent gegen mit der Nachricht, daß mein Mann eines leichten Unwohlseins wegen das Fest bereits verlaffen habe. Ein Unwohlsein? Ich begriff sofort. Er hatte uns belauscht, er hatte gehört ivnä ich mit Erhardt gesprochen und deshalb war er fortgegangen. Ich muß heim," sagte ich. Ent schuldigen Sie mich, bitte, bei den Ta men. Im Vorzimmer traf ich Erhardt, der mich heimbegleiten wollte. Ich gehe allein," sagte ich beinahe heftig und stürmte durch den strömenden Regen vorwärts, so schnell als mich meine Füße tragen konnten. Als ich vor dem Hause anlangte, sah ich Licht in meines Man nes Zimmer. Er öffnete auf mein Klopsen und schien erstaunt, mich schon zurück zu sehen. Einen Augenblick setzte ich mich, um mich zu sammeln und ihm alles zu beichten und aus seinem Munde mein Urtheil hinzunebmen. Ich konnte die rechten Worte nicht finden, es würgte mich in der Kehle; endlich begann ich za gend: Man hat mir gesagt. Tu seiest unwohl, es hat wohl einen anderen Grund, daß Tu daS gest verlaffen haft ?" .Ja, eS hat einen andern Grund," brummte er unwirsch. .Ich wei es. Tu haft gesehen, wie ich mit Erhardt gesprochen habe und im Zorn über mich bist Tu fortgegangen." .Tu haft ihn gesprochen?" frug er gleichgültig. .Nun, da kann ja noch! ant, glli er. aj ein nr eine Erklärung schuldig. Anne, wenn Tu mich heute noch anhören willst. Latz es mich kurz machen. Ich bin ein armer ruinirter Mensch. Mein Bankier ist bankerott und mein großes Vermögen ist dahin." Seine Stimme zitterte und er trom melte nervös auf der Tischplatte. Aber Du hast ja Deine Pnijiä," wagte ich einzuwenden. 'Glaubst Du, es wäre mir möglich länger hier zu leben, arm zu sein und zu kämpfen ums tagliche Brot? Tu weißt, Anne, daß ich den größten Theil meiner Patienten dem jungen Holm übergeben habe, nur um meinen Stu dien leben zu können. Noch einmal von vorn ansangen, wozu? Das einzige Gute an dem Unglück ist, daß es für Dich nicht zu spät kommt. Du gehst zurück zu Deinen Eltern und wenn der Mann, den Du liebst, Dich noch zum Weibe begehrt, woran ich nicht zweifle, so kann am Ende noch Alles gut werden. Siehe, sprach er hastig weiter, als er sah, daß ich ihn unterbrechen wollte, von unserem Hochzeitstage an that es mir leid, Dein junges Leben an das meine gebunden zu haben, denn ich konnte Dir weiter nichts bieten, als ge sicherte Verhältnisse und wie blutwenig das war, habe ich Dir angemerkt." Er bedeckte das Gesicht mit den Hän den und ein schmerzliches Stöhnen kam aus seiner Brust. Ich war aufgestan den und zu ihm getreten. Und Du, Gottfried, was soll aus Dir werden?" frug ich ihn leise. In der nächsten Mi nute schrie ich entsetzt ans. Ich hatte gesehen, wie seine linke Hand ein Pistol umklammert hatte und es vor meinen Augen verbergen wollte. Gott sei Dank, ich war nicht zu spät gekommen, noch konnte ich das Schlimmste berhü ten. Also das soll das Ende sein. Gottfried," begann ich wieder, m fühle, daß Du ein Recht hast, mich fort zuschicken. Ich bin Dir keine treue Gattin gewesen, hab' nur an mich ge, dacht und an das, was gewesen ist, viel zu wenig an Dich und daß Du einsam war t, und allein wie ich." Ich nahm seine beiden Hände in die meinen. Merkwürdig, alle Scheu, die ich ihm gegenüber bisher empfunden, schien von mir gewichen zu sein. Bitte, laß mich bei Dir bleiben, ich will Dir Dein Unglück tragen helfen und dadurch gut machen, was ich an Dir zu sündi gen im Begriff stand. Ich will meine Pflicht thnn, so gut ich kann, nur laß' mich bei Dir bleiben und versuche es noch einmal mit mir." Da wandte er sich zu mir und sein Kopf sank auf meine Schulter und er schluchzte, da es seinen ganzen Körper erschütterte. Wie ich so auf seine ge- brochene Gestalt, sein ergrauendes Haar blickte, überkam mich ein tiefes Mitleid, und ich gelobte in diesem Augenblicke, treu zu ihm zu stehen, in Freud und Leid, auf daß uns nichts mehr trennen könnte. Und so ist es auch geblieben. Alles Mißtrauen, alle Scheu waren von mir gewichen und auch er war weit weniger finster und blickte wieder freudig in die Zukunft, da er mich zur Seite hatte. Allmählich haben wir uns wieder emporgeningen. Nach den schweren Zeiten der Arbeit und Sorge habe ich erst seinen edlen und rechtschaffenen Charakter kennen und schätzen gelernt. Nach allen Kämpfen haben wir noch manche sorgenlose Jahre miteinander verlebt, still und friedlich, und als nach einiger Zeit uns (sott ein Töchterchen, Deine Mutter, liebe Elfe, bescheerte, wünschte ich mir kein schöneres Loos. Tu, mein liebes Kind, hast ja den Großpapa noch gekannt, und mit mir an seinem Grabe geweint. Alle aber, die iyn kannten, rühmten ihn als den edelsten, besten Menschen, und mir war es vergönnt, bis zu seinem letzten Athem zuge sein Leben zu erheitern und zu ver schönern. Tas ist meine Geschichte. Jetzt aber vergiß den Schrecken, den Tir die alle Großmama wegen ihres Brautkleides eingejagt hat. Wolle Gott,' daß Tir das Glück beschieden sein mag, wonach Tein junges Herzchen sich sehnt." Das kleine e" Humoreske von 1 n ft j 1 1 1 1. Assessor Otto von Gallen kam eines Tages fuchsteufelwild und noch vor Beendigung seines Sommerurlaubes auS dem Karpatenbad S. in seine Ko mitatsstadt zurück. Seine zahlreichen Freunde steckten die Köpse zusammen, und kamen nach kurzer Berathung über ein, daß ihm nun wieder einmal ein Liebesabenteuer mißglückt sein musst, Tenn die einzige, aber glühende Leiden, schast des kleinen, beweglichen Affeffors waren die schönen Frauen. Tas wäre i nun soweit ganz in Ordnung: daS Be, dauerlichste daran war nur der Umstand, daß unser Herr, der als junger und fescher Lebemann gar manchen süßen Ersvlg errungen haben mochte, leider vergaß, daß er die Schwelle der .Vier ziger" bereits überschritten hatte. Wie richtig man über die Ursache der bösen Laune gerathen hatte. daS zeigte sich noch desselben Abends. IS sich die gewohnte Corona beim schäumenden Msenerauf der Glasveranda des Hotels fe-tm ml CT Vfl . "'77"V" K.. tltrtldl t.M.M.tMA 4, . i lu.uiiu "wtimmuiity uuui ci'Ufltliru, zuerst sehr schweigsam, sagte er beim dritten GlaS endlich: .Kinder, von heute an giebt'S keine Fremdwörter und keine Tamen mehr für mich!" Allgemeines Staunen. .Erzählen, erzählen!" klang eZ von alle Seiten. Ich will Euch meine Blamage ich weiß kein deutsches Wort dasür thatsächlich erzähle, verbitte mir aber im vorhinein jede Bemerkung. Das hätte jedem passiven können, denn Ihr wißt, daß ich mit den Frauen umzu gehen verstehe." Lautlose Zustimmung durch bejahende Gesten. Ich habe also in S. die Bekanntschaft einer reizenden, jungen Wittwe gemacht, in die ich mich wahr und wahrhaftig verliebt habe. Sie ist ein wahrcr Teufel an Ueber muth und verfügt über jenen Grad distinguirter vornehmer wollte ich sagen Koketterie,.Verzeihng für das fremde Wort, der us Männern so wohl behagt. Ohne unbescheiden zu sein, darf ich behaupten, daß sie mir sehr entgegenkam. Nun wißt Ihr, daß ich ein Mensch bin, dei Poesie im Leibe hat; ich wollte also für meinen Heirathsantrag einen recht stimmungsvollen Ort aus, suchen. Bei meinen täglichen mehr, stUndigen Spaziergängen hatte ich einen reizenden Punkt anssindig gemacht, zwar etwa eine Stunde zu steigen, aber prachtvoll, Bellevue" hieß das Ding. Zuerst galt es meine spröde Wittwe dazu zu überreden. Tas war kein leich tes Stück Arbeit. Zuweit wollte sie nicht. Sie schlug mir vor, ihren ent fernten Vetter, Hans Friedmann hieß der Jüngling, mitzunehmen, einen sehr schüchternen blonden Maler. Da es nun nicht anders ging, nahm ich endlich diesen Vorschlag an; ich dachte nämlich: wenn der Maler die Aussicht vor Augen kriegt, nimmt er sein Skiz zenbuch aufs Knie und ist für die Welt verloren. Also war die Sache bald ab gemacht. Der kommende Morgen war herrlich, wie geschaffen sür Landpartien und Liebeserklärungen. In aller Frühe schickte ich darum den Badediener zum Bergwirth, denn oben giebt's kein Wirthshaus, mit folgendem Briefe: Ich gehe heute mit einer Dame und einem Herrn auf die Bellevue; schicken Sie mir Punkt 12 Uhr drei Bauteilen Burgunder mit einem anständigen Diner." Und dann ging's in die Höhe. Sie haben doch Ihr Skizzenbuch mitgenommen, Herr Friedsam? Sie finden oben prächtige Auslese", meinte ich zu dem Maler. O nein, ich bin Portraitmaler." Schöne Gegend," brummte ich un gehalten ; herrlich" antwortete er mit entzücktem Augenauffchlag, im vollen Mißverstand meines Ausrufs. Endlich waren wir an der Spitze. Nachdem wir den schönen Fernblick ent- sprechend gewürdigt hatten, runzelte Lacy, die sehr verwöhnt ist, ihre schöne Stirn : Aber hier ist ja keine Restau ration und ich bin riesig hungrig und durstig." ' ! Nur ein wenig Geduld, meine Gnä digste", schmunzelte ich, ich habe ein Tischlein deck dich." Und nun kam das Unglück mit Nie, senschritten. Punkt 12 Uhr keuchte der Kellner mit einem großen Korb heran packte drei Flaschen aus und stellte sie aus den Tisch. Und das Mittagessen?" Solches hat mir der Herr nicht mit, gegeben; die Frau wollte auch den Wein nur mit dem Gaisbuben schicken, aber der Wirth meinte, Sie hatten eigens geschrieoen, man soll den Bur gunder mit einem anständigen Diener schicken und so hab ich selbst kommen müffen." Tableau! Ich war wie verzweifelt, Lacy machte ein allerliebstes Schmollmäulchen und nur der Windhund blieb gleichmllthig. Pardon, meine Herrschasten", meinte ich endlich, ich will das Fehlende sofort herausschaffen lasten", und vhne weiter nachzudenken, stürmte ich auf der ande ren Seite des Berges mit dem Kellner hinunter. Das war ein Weg ! Glühende Mit tagshitze, kein Tropfen Schatten und die Blamage! Eine halbe Stunde hinab, Sturm in der Wirthshauslüche, eiliges Packen von kaltem Geflügel und dergl. und dann wieder im Sturm schritt hinaus! Und als ich mich ahnungslos der Laube nähere sitzt meine Lacy ganz knapp neben dem Maler und hat ihre weißen Arme um seinen Schwanenhals dorauf Ver wirrung, heißes Erröthen, Vorstellung als Verlobte ; den Rest könnt Ihr Euch denken." Der Aiieffor hielt erschöpft inne. .Aber Tu sagtest ja. er wäre so schüchtern", fragte man aus der Runde, ."er eri hal iq ,a an meinem Burgunder Eourage angetrunken, meinte Gallen wüthend. Die schallende Heiterkeit, die sich darauf entlud, liefe es unserem Assessor fast leid thun, daß er seine Kameraden in die Geschichte eingeweiht hatte und um ihn zu trösten, ließ man ein paar laschen Burgunder anfahren, die ihm gar bald die Sorgen verscheuchten. L,n vnzroeifelter. StudivsuZ (zu seiner Angebeteten): C. Emilie. ich balle mich Ihretwegen ssin ttt'i Artin .ftiint ttunti ."dasselbe mcht eine so große . n " Aversion hatte!" Abkühlung, (Auf der Soiree.) .Gnädiges Zräu lein, darf ich Ihn eine Er frischung anbieten?" .Ach ja wollen Sie mich nur eine Viertklftund allein lassen!" Iik schöne Ass!chl, Miether: Das Zimmer genügt wohl meinen bescheidenen Ansprüchen. Auch der Preis paßt mir. Aber sagen Sie mir noch eins, liebe Fran: In Ihrer Ankündigung schrieben Sie, daß das Zim.ner eine schöne Aussicht habe, wo ist die? Ich sehe hier aus dem Ferstet nur auf eine Reihe alter Häuser." Vermieterin: Ader sehen Sie just da drüben den schönen Wurstladen nicht?" Starke Abkühlung, Mama (sehr corpulente Dame, im Ballsaal, zu ihrer sehr hübschen Toch. ter: E? scheint, daß ich heute wieder meinen beim jom- habe, trotz meiner fatalen 48 Jahre. Der Oberstlieute nant hat mich bereits um dritten Wal zer gebeten ist heute ausnahmsweife galant." Tochter: Er hat soeben auch mit Be wunderung von Dir gesprochen." Mama: Wirklich was hat er denn gesagt?" Tochter: Er sagte, kein Mensch würde es glauben, daß Du in der Mitte der Fünfzig stehst." vor hie lüahl gestellt. Schneider: Zum letzten Mal, Herr: wollen Sie Ihre Rechnung bezahlen oder nicht?" Schuldner: Na, denn lieber nicht!" verfehlter vormurf, Frau (zu dem spät heimkehrenden Manne): Mein Gott, vollführst Du einen Lärm; schämst Du Dich nicht vor dem Zimmerherrn nebenan?" Mann: Nee! Denn der kommt hin ter mir total bekneipt de Stiege ruffje krochen!" Ivarnung. Vater: Junger Mann. Sie wollen meine Tochter heirathen? Bedenken Sie wohl sie hat meine Frau zur Mutter !" Jlul A. (Schauspieler): Gestern habe ich als Tell mal wieder den Vogel abge schössen!" B. : Den Vogel? Ich denke, den Appel?" Falsch aufgefaßt Droschkenkutscher (im Handschuhla den): Fräulein, jeb'n Sie mich een Paar Handschuh' für meine Jattin." Fräulein: Welche Nummer, bitte?" Droschkenkutscher (auf seine Droschke draußen deutend): Nummer Neunhun dertdreizehn." Doppelsinnig, Wirth (einem Gast sein gefülltes Glas hinreichend): Probiren Sie 'mal den neuen Wein, den ich bekommen habe!" Sie wollen mir wohl den Mund wässerig machen?" Lnfant terrible. Tante, mich friert." Ader, Käthchen, schäm' Dich, bei dem schönen Wetter zu frieren; sieh', mich friert garnicht." Ja, Tante, Tu hast auch ein dickes Fell, hat der Papa gesagt." Nebelhaft. Baron: Johann, was ist denn für Wetter heute?" Johann: Ja. Herr Baron, es ist so furchtbar neblig draußen, man kann es nicht sehen!" Anzüglich. Kind (weinerlich): ..Sieh' doch, Mama, bei mir ist ein Zahn lose Pater: Aber Kind, deswegen brauchst Tu doch nicht zu weinen, sieh', bei Mama sind alle lose, und sie weint doch nicht." Angenehme Frage, Tame (in der Absicht, einem Rad fahrer etwas angenehmes zu sagen): Herr Schulze, haben Sie sich schon oft beim Radfahren den Hals ge brachen?" Zweifel, Jüngling: Guten Tag. Herr Pro feffor. kennen Sie mich nicht mehr? Ich v,n yans Mller - Professor: Potztausend. Sie wären der kleine Müller? Unmöglich! Tiefer große Mensch! Tas kann nicht sein, Sie sind am Ende Ihr großer Bruder Eduard?!" Auch ein k?eiralhsgrun. Sie wollen heirathen?" Ja, die Kartoffeln sind ja Jahr so billig!" dieses Doppelsinnig. Beamter: Ihr Alter, mein Fräu l.-in?" Fräulein: .Aber ich habe es Ihnen doch bereits mit 2? Jahren angegeben!" Beamter: .Also angeblich 23 Jahre!" Im Prirathi Sürcju. Junger Mann: Also, 150,. 000 Mark hat die Tame! Wie sieht sie denn ans?" Prinzipal: .Nun. Ivie hzlt eine mit 150,X0 Mark ausschaul!" Gemüthlich. .Schau. Girgl. wie sich der Skvp dort langweilt! Geh. hau' ihm ein Paar hinter die Ohren!"