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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (July 23, 1896)
Der Briefkasten. .fiimoKtr von Carl )i r i g. Unb ich bleibe dabei, daß eS für mich geradezu eine Unmöglichkeit ist, die Zeit zu verschlafen, ja überhaupt zu einer anderen, als der einmal feftnefejten Stunde auszustehen! Tadei wies Herr Zacharias Settekorn entrüstet die Zu muthung, er könne sich jemals verspä. ten, zurück. Die Anregung dieses Themas an dem Stammtisch der alten Junggesellen hatte das beschämende Bekenntniß Tobias Hagendriicken's veranlasst, der unter dem Spott aller übrigen Genoffen so. eben eingestanden hatte, dah er heute Bormittag den um 9 Uhr nach Pose walk abgehenden Zug versäumt habe. Allerdings ist es höchst lächerlich, um 9 Uhr noch nicht zur Stelle zu sein," ließ sich der pensionirte Kanzleirath Christoph Wurm vernehmen, aber so ganz nd gar unmöglich, wie der gute Zacharias behauptet, ist es durchaus nicht. Ich möchte den sehen, der sich keiner Verspätung bewußt ist." Ich habe mich noch nie verspätet und werde es auch nicht thun," fuhr jetzt der gute Zacharias etwas erregt auf. Ich stehe alle Morgen um 7 Uhr 3 Min. auf, und davon hält mich nichts zurück. Ganz gleich, ob ich um 10 Uhr oder um 5 Uhr in der Frühe zu Bett gehe." Einer so bestimmt auftretenden Un fehlbarkeit, unter Zurückweisung jeden Irrthums, glaubten auch die übrigen Mitglieder des Stammtische wider sprechen zu müssen, und so kam eS denn zu einer ziemlich erregten Debatte, bei welcher Zacharias Settekorn Alle gegen sich hatte. Obgleich man ihm mit Vernunstsgrllnden -kam, ihm vor die Augen sührte, daß jeder Mensch dem Irrthum unterworfen ist, blieb er starr bei seiner Behauptung, daß er in die sein Punkt nicht irren könne. Bei an deren Dingen gab er es allerdings zu; aber in Betreff seines AufsteHens blieb er dabei, daß 7 Uhr 3 Min. die un fehlbar eingehaltene Zeit sei. Nun," bemerkte der behäbige Post rath Walter, 7 Uhr 30 Min. ist ja gerade keine ungewöhnliche Zeit, und ich gebe gern zu, daß der Mensch sich an eine bestimmte Stunde gewöhnen kann; dennoch ist aber aus besonderen Anlässen ein Ueberschreiten sehr leicht möglich, m ogar gewiß. AI o, mein lieber Zacharias, ereifere Dich nicht weiter und gieb ruhig zu, daß Du auch nur ein Mensch bist, wie wir. Wenn Du auch einmal die Zeit verschläfst, so schadet es a weiter nichts, Tu bist Dein eigener Herr und hast keinem Menschen Rechenschaft abzulegen. Allein Herr Zacharias ereiferte sich immer mehr und trieb die Sache so weit, daß er der gesammten Gesellschaft eine Wette anbot: Wenn man ihm nach weisen könne, daß er an irgend einem Tage langer als b,S 7 Uhr 3 Min. schlafe, so sei er verpflichtet, ein Abendeffen mit Champagner zu geben; kann man ihm dies innerhalb eines Jahres nicht beweisen, so hat er die Wette gewonnen, und jeder der An wescnden ist dann zu gleicher Buße der pflichtet. Alle waren damit einverstan den, und die Wette war damit ab geschloffen. Um 11 Uhr trennte man sich. Jeder ging seinem Hause zu in dem Bemußt sein, die Wette zu gewinnen. Christoph Wurm begleitete Zacha riaS. Natürlich sprachen sie über die Wette. Jeder würde sich freuen, wenn Zacha riaS verlieren würde. Obwohl ihm sein bedeutendes Ber mögen eine derartige außergewöhnliche Ausgabe leicht gestattete, war sein großer Geiz Jedem bekannt, und man wußte, wie bitter ihn der Verlust schmerzen würde. Tu wirst doch auf Deine alten Tage noch recht leichtsinnig, Zacharias," sagte Wurm beiläufig, nachdem sie eine kurze Strecke mit einander gegangen waren. Bedenke doch, wenn Deine Weckeruhr plötzlich stehen bleibt?" , Die bleibt eben nicht stehen." ent gegnete Zacharias mit einem schaden frohen Lächeln, die geht immer ruhig j weiter, und wenn eS so weit ist, dann klingelt sie so laut, daß eS bald ein Tauber hören müßte. Ihr seid leicht sinnig, und ich freue mich schon auf die lange Reihe vergnügter Abende, die mich keinen Pfennig kosten werden." .Tann vergiß nur nicht einmal, die Uhr auszuziehen. Da haft Tu recht, das werde ich so gar gleich besorgen." Und aus seiner Tasche eine Postkarte ziehend, warf er dieselbe in einen gerade in der Nähe an einem Hause befindlichen Briefkasten. Was heißt daS?" fragt Wurm ver wundert. .Ich ehe meine Uhr auf!" antwor tete Zacharias lächelnd. TaS verstehe ich nicht!" Ja, Ihr werdet wohl bald zugeben müffen. daß ich doch etwa? schlauer bin. als Ihr elle zusammen. ES thut mir leid, mein lieber Christoph, daß Tu auch daS theuer bezahlen mußt." höhnte Zacharias siegesbewußt. Teint knappe Pension sollte Tich von solchen leicht sinnigen Wetten fern halten. Würft Tu auf meine Seite getreten, so könn teft Tu im nächsten Jahre zehnmal um sonst speisen und Tir zehnmal ein Rauschchen in Champagner antrinken. Siehst Tu. dies Wecker, den ich so eben aufgezogen habe, läßt mich nie im Stich. Sein Federmerk kann nicht versagen, denn der ganze Apparat ist zu solide gebaut: TaS Gehmerk sind mensch liche Beine, daS Läutwerk die Glocke meiner Wohnung, die dicht über meinem Bette hängt nd durch Menschenhände in Bewegung gesetzt wird." Christoph Wurm blickte Zacharias immer verdutzter und immer ängstlicher an. Sollte plötzlich ein verstand ae litten haben? Wie kann ein vernünftiger Mensch solchen Unsinn sprechen ! Durch Einwerlk einer Postkarte in den Brief kästen will er seine Uhr ausziehen, deren Gehwerk Menschenbeine sein sollen Allmächtiger Gott! er wird doch nicht den Verstand verloren haben? Tu glaubst, ich sei verrückt gewor den," fuhr Zacharias fort, nun, ich will Dir das Räthsel lösen. Siehst Tu, jeden Abend, bevor ich nach Hause gehe, weise ich eine an mich aoressirte Postkarte in den Briefkasten, und jeden Morgen kurz vor 7 Uhr 30 Minuten zieht der Briefträger kräftig an meiner Wohnungsklingel. Ich werfe meinen Schlafrock über, denn die Stunde hat geschlagen, und nehme dem Briefträger meine gewohnte Postkarte ab. Das ist meine libendige Weckuhr. Kostet aller dings täglich 5 Pfennige, dafür habe ich auch nie Reparaturkosten." Die beiden alten Junggesellen trenn ten sich jetzt. Jeder suchte sein einsames Heim auf. Zacharias Settekorn in dem sichersten Bewußtsein seiner Unfehl barkeit ; Christoph Wurm im Nachden ken darüber, auf welche Weise die leben dige Weckeruhr zum Stillstand gebracht werden könne. So kamen denn die Freunde allabend lich zur gewohnten Stunde an ihrem Stammtisch zusammen. Von der Wette wurde von keiner Seite mehr ge sprochen. Wochen waren seit jenem Abend er gangen, als plötzlich von einem der Be theiligten der Borschlag gemacht wurde, am nächsten Tage einen gemeinsamen Ausflug zu machen. Angenommen !" tönte es wie auf Kommando aus aller Mund. Aha !" dachte Zacharias, sie wollen Dich auf die Probe stellen." Nach längeren Perhandlungen über das Ziel einigte man sich schließlich dahin, die Rüderdorser Kalkberge zu bc sichtigen. Um 8 Uhr 45 Minuten fahren wir zusammen vom Schlesischen Bahnhof ab ; daß sich aber Keiner ver spütet, bei Strafe eines Viertelchens !" hob der Kanzleirath noch ganz besonders hervor. Sind nicht Alle zur bestimm ten Stunde zur Stelle, so unterbleibt die Partie. Es braucht deshalb Keiner vor 7 Uhr 30 Minuten aufzustehen, um pünktlich zu fein." Ah !" denkt Zacharias, merkst Tu was?" Tie Unterhandlungen hatten sich etwas in die Länge gezogen, so daß es bereits 1 Uhr war, als man sich trennte. Auf dem Nachhausewege vergaß Zacharias nicht seine Weckeuhr in Ord nung zu bringen. Zur größeren Sicherheit warf er eine Karte in den Briefkasten des Postamtes, in deffen Be stellbezirk seine Wohnung lag. Jetzt war er unbesorgt. Er ver schloß wie gewöhnlich die Fensterladen seiner Parterrewohnung, untersuchte den Klingelzug, und nachdem er Alles in Ordnung befunden hatte, legte er sich im Gefühl absoluter Sicherheit nieder. Bald darauf umsing ihn ein tiefer Schlaf. Ein gelunder, fester Schlaf ist ein wahrer Himmelsseqen, und Die sen Segen genoß Zacharias Settekorn in reichlichstem Maße. Sobald er in Morpheus' Armen lag, störte ihn kein noch so lauter Lärm, nur die dicht über seinem Haupte hängende große Glocke war im Stande, ihn zu gewohnter Stunde wach zu rufen. So kam es auch, daß er von einem Geräusch, wel ches ungefähr zwischen 6 und 7 Uhr Morgens an der Thür, die vom Flur aus zu seiner Wohnung führte, nichts gewahr wurde. Er schlief den Schlaf des Gerechten. Nichts störte seine Ruhe. Plötzlich erwacht er nur müh sam öffnen sich die müden Augen Er horcht auf Nein, noch hat ihn der Glocke Ton nicht geweckt Er blickt um sich tiefe Nacht umfängt ihn Unwillig über sich selbst, legt er sich auf die andere Seite nd schläft weiter Und nach einiger Zeit schlägt er aber mals die Augen auf dieselbe Fin fterniß umgiebt ihn, und kein Laut dringt an sein Ohr. Wie kommt eS nur." denkt Zacha rias. daß ich diese Nacht so unruhig schlafe?" Wieder schließt er die Augen, aber ein fester Schlaf ist ihm nicht mehr be schieden und so, halb träumend, halb wachend, erwartet er in seliger Ruhe den Ruf der Glocke ! Jetzt wird eS draußen vor seiner Thür lebendig. Aha, nun ist's bald an der Zeit. Ta mit oller Gewalt wird an dem Klingelzug gerissen ; mit lau tem Ton kündet die Glocke, die Stunde ist da! Endlich !" seufzt Zacharias. springt aus dem Bette, schlüpft geschwind in den alten morschen Schlafrock und eilt zur Thür Haftig löst er die Sicher heitSkette ein Truck aus die klinke, und hagig wird von außen die Thür aufgerissen, daß Zacharias Mühe hat, nicht hinauszufallen. Aber was geht denn vor? Heller Son nenschein blendet ihm die Augen, vor seiner Thür stehen zehn Männer, jeder mit einer Uhr in der Hand, und groß lich tönt ei an sein Ohr : ES ist elf Uhr !" Jetzt erst erkennt er sie alle. ES sind seine Freunde, die ihm wie leibhastige Teufel erschienen. Entsetzt wendet er sich um. nd wie von Furien gepeitscht eilt er zurück in sein Zimmer; die Uebrigen hinterdrein, und immersort hört er die schaurigen Worte : Es ist elf Uhr!" Er reißt die Läden von den Fenstern, daß sie in ihr, Angeln krachen. Tazes helle llberfluthet das Zimmer und ein Heller Sonnenstrahl fällt auf die alte schwarzmälder Uhr. deren Zeiger eben falls verkünden: Es ist elf Uhr!" Tas ist nicht möglich!" schreit Zacharias, von Angst getrieben. Es ist elf Uhr!" antwortet der Chorus. Aber meine Postkarte!" stammelt er, Ich verklage die Post auf Schaden, erfatz, denn ich habe die Karte selbst in den Brie tasten gesteckt !" Auch eine lebendige Weckeruhr kann einmal falsch gehen," höhnte Christoph Wurm. Dabei nahm er Zacharias unter den Arm und führte ihn feierlich zur Thür hinaus, die Andern folgten Wir wollen Dir daS Räthsel lösen,' Obgleich sich Zacharias sträubte, in seinem äußerst mangelhaftem Costume den Hausflur zu betreten, half es doch nichts; man schleppte ihn mit Gewalt hinaus. Und was erblickte er hier? An seiner Thür prangte ein zierlicher, kleine: Briefkasten! Der Postrath öffnete denselben mittelst eines kleinen Schlüs- sels und überreichte dem verblüfft drein schauenden Zacharias seine Postkarte, welche der Briefträger zur gewohnten Stunde gebracht, diesmal aber, um den Adressaten zu so früher Morgenstunde nicht zu stören, in den neuangebrachten Brieskasten geworfen hatte. Wozu wären sonst Briefkasten vorhanden. Bei dem fröhlichen Abendeffen, zu welchem nur Zacharias als Verlierer der Wette ein betrübtes Gesicht machte, erzählte Wurm ihm, daß er der Erfin der des Streiches sei, und daß man den Kasten unter Vermeidung alles Lärmes zwi chen sechs und sieden Uhr mit tlei- nen Schrauben an der Thür befestigt ie, ihn aber letzt, da er seine Schul- bigfett gethan, gern wieder entfernen wolle. Zacharias überzeugte sich aber bald, daß es doch praktischer sei, den Kasten in seinem Besitz zu laffen. Störte ihn doch jetzt nicht mehr das Klingeln des Briefträgers in seinem Mittagsschläf chen. Statt der lebendigen Weckeruhr Der wendete er von lern an auch eine mechanische. Er fand, daß sie ebenso zuverlässig war wie ein Briefträger und noch dazu bedeutend billiger. Vo MacMahon Der Marschall MacMahon ließ sich als Präsident der französischen Republik viel in den Provinzen sehen, die ihm in der That treuer anhingen, als die Hauptstadt. Sein Adjutant, General Marquis d'Abzac, besorgte das Arn gement mit Meisterschast; er war noch aus der guten Schule der Kaiserzeit. Der Marschall wendete viel Geld auf, viel mehr, als sein Präsidentengehalt damals 600,000 Francs betrug. Trotz seiner Wohlthätigkeit aber hatte die Pariser Presse fast nur Spott für ihn und berichtete mit Vorliebe von allerlei kleinen und großen Schnitzern, die er beging. Der alte Kriegsmann zeichnete sich nicht gerade durch attischen Schliff und literarische Bildung aus. Er sah mit überlegener Ironie auf die Federfuchser des Civilregimes herab und stellte sich, um seinen Gegensatz zu ihnen zu markl ren, oft wohl noch unwiffender, als er war. Daher eine lange Reihe von MacMahon-Anekdoten, die zumeist von seiner Reise herstammen. Zur Einweihung einer Statue der Jungfrau von Orleans eingeladen, fragte er: Jeanne d'Arc, was ist denn das für ein Ding?" Sie paßen, Herr !v!arschall," war die. Antwort, es handelt sich um die Heldenjungfrau, welche die Engländer besiegt hat." Ein Frauenzimmer soll die Enaläw der geschlagen haben?" rief der brave Haudegen ungläubig. Wenn das wahr wäre, müßte man s doa? wissen!" Beim Besuch eines Krankenhauses zeigte der Arzt dem Marschall ejnen Typhuskranken. Schlimme Krank heit, der Typhus, scheußliche Krankheit," brummte MacMahon. Man stirbt daran, oder wird blödsinnig. Weiß das wohl; hab' ihn selbst gehabt, den Typhus." prichwörtlich ift eine andere Aeuße rung von ihm geworden. In der Ossi' zierschule von Saint-Cgr sagte er jedem Eleven, der ihm vorgestellt wurde, ein ermuthigendeS Wort, z. B. einem tun gen Schwarzen, der kürzlich eingetreten war: Sie sind ein Neger. Fahren Sie so fort." Bei einer Ansprache wollte er den UnterrichtSminifter erwähnen, kam aber nicht auf den richtigen Ausdruck, son der sagte: .Ter Tingsda, der Minifter der Schulmeifter." Ter Swatsininifter." flüsterte ihm der Adjutant d'Harcourt zu. Ter Marschall drehte sich lächelnd um. klopfte dem Sousfleur vertraulich auf den Leib und rief: .Ein Hauptkerl, der d'Harcourt. Ter weiß Alles!" fein anderer AuSfpruch wird noch viel citirt. Als MacMahon zu den Ueber fchmemmungen in Südfrankreich reifte und auf einem Aussichtspunkte vor dem trostlosen Bilde der Verwüstung einige paffende Worte z dem versammelten Volke sprechen sollte, brachte er nichts Anderes heraus alS: Welch' Waffer! Welch' Waffer!" Selbstverständlich sind alle diese Anet doten unter Vorbehalt hinzunehmen. Die Pariser Prelle war, wie schon wähnt, dem Marschall niemals grün. lin Mittagsmahl bei Peter en Großen. Als im Sommer des Jahres 1717 Peter der Große sich als Badegast in Spaa aufhielt, war auch der Staats rath de Launay aus Lttttich daselbst und wurde eines Tages vom Czaren zur Tafel geladen. Te Launay giebt da von folgende für die damalige Zeit wie insbesondere für die Person Peter's des Großen charakteristische Schilderung. Obgleich die Tafel sür acht Couverts bestimmt war, hatte man doch zwölf Personen daran zu setzen gewußt. Der Czar saß obenan mit einer Nachtmütze auf dem Kopfe, ohne Halsbinde. Zwei Soldaten trugen zwei große Schüsseln auf, worin irdene Näpfchen mit Bouil lon standen, in deren jedem ein Stück chen Fleisch schwamm. Sie wurden vor unsere Teller gestellt. Wer mit seiner Bouillon fertig war und mehr wünschte, tauchte seinen Löffel ohne Umstände in den Napf des Nachbarn. Der Czar selbst ging uns mit diesem Beispiel voran. Nun kam ein Bursche mit sechs Flaschen Wein, die er aber nicht auf die Tafel stellte, sondern sie darauf hinrollen ließ. Der Czar schenkte jedem Gaste und dann sich selbst ein Glas ein. Dann kam das zweite Ge richt. Einem Soldaten, den der Zu fall eben an der Küche vorbeigeführt haben mochte, war eine der Schüffeln aufgeladen worden, und weil er nicht Zeit gefunden, die Kopfbedeckung abzu nehmen, schüttelte er auf die passirlichste Weise mit dem Kopfe, daß sie herab fallen sollte. Der Czar gab ihm ein Zeichen, zu kommen, wie er eben wäre. Der Gang bestand aus zwei Kalbsleu len und vier jungen Hühnern. Seine Majestät erfaßte einHühnchen mit der Hand, führte es unter die Nase, unb, nachdem er mir durch ein Zeichen zu verstehen gegeben, daß er den Braten vortrefflich sinde, war er so gnädig, mir das Hühnchen auf den Teller zu werfen. Tas Dessert bitbete eine Schüssel mit Biscuit. Nachdem dies bis auf wenige Krumen verzehrt war, erhob sich der Czar und wir mit ihm. Auf dem Tische sah es wunderlich aus. Tas Taseltuch war überall mit Brühe überschüttet, mit Wein und Fett getränkt. Ich hatte,' schließt Herr de Launay seine Bericht, während dieser Vorgänge alle Mühe, mein Lächeln zu unterdrücken und war froh, als ich mich empfehlen konnte, Man sagte mir, daß der Czar stets so speise. (Hit niedliche Episode spielte sich kürzlich, wie die B. N. N." mittheilen, vor dem Hauptportal der Berliner Gewerdeausstellung ab. Er schien da ein biederes Ehepaar mit 2 Knaben im Alter von etwa zehn und zwölf Jahren. Der Mann, der an scheinend ein Handmerksmeister, trat an das Billetschalter: Was kostet der Eintritt?" Fünfzig Pfennig", entgegnete der Beamte. Auch für die Kinder?" Jawohl !" Für die wäre doch 25 Pfennig auch genug." Es thut mir leid, ich kann eS nicht billiger machen, der Preis ist einmal so festgesetzt." Der !v!ann war vor dem Schalter, legt die Stirn in Falten und denkt nach. Zwei Mark ift eine zu happige" Ausgabe, man müßte doch wenigstens ein Fumzigpfennigstück sparen können Tann wendet er sich wieder an den Beamten : Aber Kinder, die noch auf dem Arm getragen werden, sind doch frei?" Die sind natürlich frei." Und der Familienvater hebt schnell entschlossen den Zwölfjährigen auf den Arm und giebt seiner Alten einen Wink, die mit dem Zehnjährigen ebenso verfährt. Und die Familie zieht unter dem Gelächter der Umstehenden fröhlich in die Ausstellung ein und bezahlt jetzt nur eine Mark, Alles in Allem. Auch der Schalterbeamte schmunzelt und zuckt die Achseln : .Tagegen läßt sich nichts einwenden." Napoleon Reminiszens. Bald nachdem Napoleon I. zur Kai lerwurde gelangt war, pflegte er sämmtliche Mitglieder seiner Familie tägliche einige stunden um sich zu tm sammeln, um ihnen durch seine (e mahlin Josephne die Etiquette oder das Komplimentirwesen einüben zu laffen. Tie Gattin seines Bruders Josef, zuletzt König von Spanien, benahm sich in den Komplimentirftunden ziemlich lin lisch und machte dadurch ihre Lehrerin, die Kaiserin, oft sehr verdrießlich. Wie nicht selten gegen keine Brüder, so brach auch Napoleons Zorn einst gegen seine Schwägerin los, indem er mit unge wöhnlicher Heftigkeit zu ihr sagte: Wahrhaftig, Madame, Sie haben Ihre Rolle verzweifelt schlecht begriffen, und wenn Sie nicht besser Acht geben, so werden Sie sich und uns lächerlich machen. Ist eS doch wahrlich, wenn man Sie ansieht, als sei es schwer, eine Prinzessin vorzustellen." Furchtsam, wie sie war, füllten sich ihre Augen mit Thränen ; sie bat den Kaiser um Ver zeihung, indem sie sagte : ES ist aber auch das erste Mal, daß ich Komödie spiele." Wie, wie Komödie? Wir spielen hier keine Komödie! Nein, Nein!" Josef entfernte seine Gattin eiligst don dem Kaiser, der dieser sogar mit persönlichen Mißhandlungen drohte. ffraue im Eiscudahndlenfte. Es dürste wohl manchem Leser och nicht bekannt sein, daß die preußische Eisenbahnverwaltung seit dem ersten April dieses Jahres auch Frauen in ihrem Dienst verwendet, aber nicht etwa als Bahnwärterinnen, sondern als Wartesrauen bei den sogenannten Har monikazttgen. Seit dem genannten Tage wird nämlich jeder DZug von einer Frau begleitet, die lediglich die Ausgabe hat. dafür zu sorgen, daß die der gemeinschaftlichen Benutzung der Reisenden bestimmten Räume stets in sauberem Zustande bleiben. Als Amts Ileidung ist vorgeschrieben eine weiße Schürze und am linken Oberarme eine weiße Binde mit der Ausschrift: Wartefrau". Die Besoldung einer solchen Frau setzt sich zusammen aus festem Tagelohn von 1.50 Mark und Kilometergeldern : für je zehn Kilome ter, welche die Wartefrau im DZuge zurücklegt, erhält sie drei Pfennige, was im Durchschnitte ebenfalls 1.5 Mk. täglich ausmacht. latt Lösung. Einen hübschen AuSgang nahm dieser Tage eine Verhandlung vor einem eng lischen Gericht. Ein junger Mann und ein junges Mädchen stritten sich um ein Gut; der Fall war ein autzerfl verzmia ter. Der Richter schüttelte den Kopf und hatte plötzlich einen salomonischen Einfall. Mir beucht," begann er, ich sehe einen angenehmen und leichten Wea. um diesen Streit zu enden. Der Kläger ist ein ordentlicher junger Mann und die Verklagte ein allerliebstes jun ges Mädchen. Das Beste ist, Sie hei rathe sich und leben zusammen auf dem Gute! Setzen Sie den Prozeß fort, so wird das Gut an die Advokaten vergeudet, die sicher nicht so ungalant sein werden, zu wünschen, daß aus der Hochzeit nichts werde." Die Advokaten lächelten bittersüß, die Jungfrau errö thete tief und sagte nicht Nein; der Klä ger stotterte, daß sie sich immer sonst hätten gut leiden können", nd der Rich ter sprach das Urtheil: Das Gut gehört dem Klüger, wenn er binnen zwei Mona ten die Verklagte heirathet." Rattenschlaukeit. Ein Beispiel' 'von "Rattenfchlanheit wissen österreichische Blätter aus Znin zu erzählen. In der Scheune des Hauptlehrers M. zu I. brütete eine Henne, alle Zudringlinge von außer halb mit dem Schnabel abwehrend. Den nebenan im Holzstalle nistende Ratten gelüstete aber nach dem Inhalte des Nestes, und da sie anders nicht dazu gelangen konnten, griffen sie das Nest vin unten an. Zu bieem Zwecle wurde in dem Stroh ein schräg auf wärts führender Gang gemacht, der in das Nest mündete. Mit leichter Mühe wurde nun ein Ei nach dem andern in den Gang gezogen und weiter befördert. Es galt alsdann aber noch, sie über einen im Stalle befindlichen Gang zu schaffen. Aber auch hier wußten sich die Thiere zu helfen. Sie schlangen ihren Schwanz um das Ei, bewegten sich, auf den Hinterbeinen sitzend, vor würts in aufrechter Stellung und zogen da umschlungene Ei nach, bis sie es an Ort und Stelle hatten. Sine neue Industrie. Getrocknete Enten bilden ein von den Chinesen an der Pacisickllste hochgeprie senes und geschätztes Nahrungsmittel. Ein Amerikaner in Contra Costa Co.. Cal., hat ein ,,Ente,itrocknungs"Ge schüft eröffnet. Er kauft Hunderte von Enten von Jägern, füllt die Enten mit Salz und hängt sie sechs Wochen in der Sonne auf. Die Enten werden dadurch hart wie Sohlenleder oder getrockneter Stocksiich und halten sich lange in un verwestem Zustande. Während die bor tiqen schlitzäugigen Söhne deS himmli, schen Reiches früher ihre getrockneten Enten aus China importirten, decken sie ihren Bedarf an der beliebten Speife jetzt fast ausschließlich durch die diesbe zügliche Industrie an der Pacisicküste. Ei vorsichtiger Diplomat. Crommell, der bekannte Protektor Englands, traute auch seinen nächsten Beamten nicht. Sobald er bei wichti gen Angelegenheiten etwas zu diktiren hatte, ließ er stets drei bis vier sich völ lig widersprechende Depeschen aussetzen, um zu verheimlichen, welche davon wirklich die richtige sei. Aus dem lagebuch der Tante Susanne. Wenn man den Kindern öfters etwas schenkt, merkt man erst, wie gut sie einem sind. Dilemma. Warum gehen Sie nie auf Urlaub, Herr Kanzleirath?" Ja, daS ift so 'ne Sache! Perlange ich keinen Stellvertreter, so glaubt man. ich hätte nichts zu thun, verlange ich aber einen, so sieht der, daß ich nichts zu thun habe!' TPa ist (in pftr für die Kunst? Wenn ein Kunstkritiker eine schlechte Malerin nur deßhalb heirathet. damit sie aufhört zu malen. Die Ehe als tctttrie. Herr (werbend): Fräulein Berlha, wolle Sie mein LooS mit mir Ihei len?" Fräulein: Weiin ich wüßte, daß ich mit Ihnen einen Treffer machen wüide, gerne." Ein guter Täter. Herr (zu einem kleinen Jungen, der mit seinen neun Geschwistern nd der Mutter an einem Tische in der Garten wirthschaft sitzt): Warum sieht man denn euer Vater niemals bei euch?" Kleiner Junge: Er genirt sich halt, weil mir so viel sinn!" Itanti freilief. Ich weiß nicht, ich taun schon ein paar Tage gar nichts effen." Hast denn keinen Appetit?" Appetit schon, aber. kein Geld." Ein gut Mensch, Rentier: Als Sie mir das HauS verlausten, da sagten Sie mir nicht, daß es feucht wäre, jetzt hat sich meine ganze Familie schon den Rheumatismus geholt." Häusermakler: Ja, lieber Herr, ich wollte Ihnen das Haus nicht gleich von vornherein verekeln." Auch eine Ausrede. Wie kamen Sie denn dazu, Fräu lein Ella auf dem Spaziergange zu küf fen?" Ja, wissen Sie, das Gesprächs thema war uns ausgegangen, und un Inhalten muß man doch seine Dame!" Der Lehrer hat die Biene besprochen, ihren unermüdlichen Fleiß und ihre Emsigkeit hervorgehoben. Zum Schlüsse fragt er: Was können wir von der Biene ler nen?" Schüler: Honig schlecken!" Treffende Erklärung, Ein Herr tritt mit seinem Töchterchen eines Nachmittags in das Bureau eines Kassenbeamten, um eine Summe Gel des zu erheben. Es wird ihm bemerkt, daß die Kasse nur Morgens geöffnet sei. Warum denn nur Morgens?" frägt der Klient. Das weißt Tu nicht, Papa?" ruft da das achtjährige Mädchen iriumphi rend aus: Morgenstund hat ja Gold im Mund!" Ein Pfiffikus. Bäuerin (zum Bauer): Wozu nimmst Du den alte.it, zerschlagenen Krug mit aus das Feld hinaus?" Bauer: Eingrab'n will i ihn dort, damit die Gelehrten a Freud' had'n, wenn sie ihn sind n." Abkühlung, Sie: Also heirathen wollen Sie mich, lieber Baron? Haben Sie Schul den? Er: Eine Kleinigkeit! Achtzigtau send Mark." Sie: Ah! Mein Vermögen beträgt eben diese Kleinigkeit!" Er: Aber ich dachte, sie hätten einen siebenfachen Millionär zum Onkel!" Sie: Darum habe ich ihm auch heut' versprochen, seine Frau zu wer den!" Zn der Naturgeschichtsstunde. Lehrer: Heute habe ich ein viel ver leumdetes Hausthier vertheidigt, indem ich für die Katze sprach. In der nüch sten Stunde kommen wir auf den Hund." Anzüglich, Findest Tu nicht, daß ich eine große Aehnlichkeit mit dem Exkönig Milan von Serbien habe?" Allerdings, Tu hast ja auch nie mals Geld!" Aus der Sckundärbakn. Statiousvorstand : Zum Kukuk, wo bleiben Sie denn so lange?" Lckomotivführer: In Ferkelhausen war heut' Schlachtfest, und da hab' i" ihna halt mit 'm Dampf von der Loko motiv die Säu' ad'brüht!" Ansprüche. Der Fluß will durchschwömmen, Ter Berg will erklommen, Geschlürft und getrunken der funkelnde Wein. TaS Schwert will geschwungen, TaS Lied will gesungen. TaS Mädchen geliebt und geheirathet sein. lvoKImeinend. Chef: Also Sie wollen bei rathen! Haben Sie sich das auch gut Ubeilegt?" CommiS: Gewiß. Sonst " Chef: Na ja, ich mein 'S gut; denn wissen Sie, so eine Heirath kann unter Umständen -50 Jahr' dauern." Eine Neuigkeit. Berühmter Schriftsteller: . Du, Pauline, da lese ich eben in einem Ar tikel über mich, daß wir glücklich verheirathet sind!" Ei INcnsckxnkenner. .Wie machst Tu es nur. Edgar, daß Tu bei allen Teinen Patienten so be liebt bift?" .Ganz einfach! Ten eingebildeten Kranken versichere ich. daß fi sehr krank, den wirklich Kranken, daß sie ganz ge fund find!"