Rirschbliithen. Von Norbert Ja! ck. Der Schnee lag auf allen Bäumen. Ter Blilthenschnee. Und in die schim mernden Zweige griff eine schmale NUdchenhand ud brach ein duftiges Reis. .Tas gebe ich ihm!" Und das Bliithenästchen wurde mit der schmalen Hand an einen kleinen, rothen Mund gedruckt. Das schlanke Niüdchen ruckte das weiße Matrosenhüt chen auf ihrem dunkelbraunen Kopfe zurccht. steckte die Nadel, die es an das olle Haar heftete, ein wenig fester, und da creniefardige Kleid ein wenig fchiiryiid, daß die schmalen Füßchen. die in Lackschuhen staken, sichtbar wurden, eilte sie rasch durch die Kirschenallee, die im Glänze der Bormittagssonne grell weiß leuchtete. Sie sah sich öfter um. Vielleicht er spähte sie ihn irgendwo. Denn sie mußte ihn nochmals sprechen, ehe er zu ihrem Vater ging um dessen letzte Entschci dung. Der harte Vater! Er hatte ihn rund weg abgewiesen, beinahe barsch. Und Arthur war reich, ein liebenswürdiger, schöner Mann. Zu kurzem Ferien besuche war er aus der Residenz gekom men, seinen unbekannten Verwandten sich vorzustellen. Der Onkel war sehr erfreut, den Sohn seiner Cousine kennen zu lernen, wenngleich Arthur durch eine gewisse Kälte, die der stattliche, grau bärtige Herr mit Mühe verbergen wollte, ein wenig unangenehm berührt wurde. Er hatte verwandtschaftliche Wärme und Entgegenkommen erwartet, obzwar im Elternhause über diese Ver wandten niemals gesprochen wurde. Er war nur so ein plötzlicher kinsall gewe, sen. die schöne Junitage zu einem Aus finge i das kleine Provinznestchen zu benutzen, in dem Onkel Eduard wohlhabender Oekonom und Stein- bruchbesitzer lebte, der stattliche Firns ziger mit dem leicht ergrauten Barte that aber gar nicht sonderlich überrascht und freundlich, und .Arthur, Dessen Feingefühl verletzt war, wäre auch so gleich wieder abgereist, hätte ihn nicht jene süße Kraft zurückgehalten, die aus dem Wesen eines achtzeyniayrigen wao chens berückend duftet. Lucie hielt ihn zurück. Ein junges Mädchen, das in der Provinz erwachsen ist, wird vom Aeußeren eines Groß städters bestochen und verwirrt. Sie sieht und sühlt in ihm die größere, lautere Welt, von der sie aus Büchern hört und von der ein Heller Wiederschein aus den Spalten der Zeitungen, die jeden Morgen mit dem Poststempel Berlin auf dem Tische liegen, die jun gen Augen verwirrt. Sie sah zu Ar thur aus, sie schmiegte sich innerlich an ihn und er verliebte sich in ihre Fragen, in ihr lustiges, naives und doch kluges Wesen. Schon nach drei Tagen ge schah der erste Kuß. Unter winkenden, duftenden Kirsch blüthen. Willst Du mein Weibchen werden, Lucie? Mein kleines, herziges Weib chen?" Wenn Du mich magst ?" Aber der Onkcl hatte ihn abgewiesen. Die Verliebten waren bestürzt. Was hatte der Vater? Und er war der Mann, der immer gut überlegte, ehe er ein ?!ein sagte, und nie ein solches zurück nahm. Aber Arthur wollte ihn noch mals sprechen. Und wie er die steinerne Treppe zur Villa hinanstieg, huschte eine schlanke, lichte Gestalt neben ihm empor. Wie ein Duft. Lucie!" Tu gehst zum Vater " Ich werde Alles aufbieten " ' Nimm diese Blüthen!" Er nahm das Kirschblüthenreis, küßte es und trat in das Haus. Mit schla gendem Herzen eilte Lucie in den Garten. Wenn der Vater nochmals Nein sagte? Sie zerzupfte in allerliebstem Zorn ein grünes Blatt, Ei da, mein lieber Arihur!" Guten Morgen. Onkel!" Der alte Herr legte die Zeitung bei Seite. Tu kommst Dich doch r.icht schon verabschieden?" fragte er, seine bren nende Cigarre in eine Meerschaumspitze steckend. Beinahe, lieber Onkcl! Aber ich kann nicht eher sort von hier, als ich Dein letztes Wort über Lucie gehört habe." Ter alte Mann runzelte seine hohe Stirn. Seine großen, harten Augen blitzten unmuthig unter den buschigen Augenbrauen. Tu haft mein letztes Wort." sagte er ruhig. Aber Deine Gründe, Onkel! Diese möchte ich doch wenigstens kennen." Ter Alte lächelte. Kann Dir das ein Trost sein?" , Ter junge Mann zerrte nervöZ an seinem schwarzen Schnurrdart. Ich will wissen, was Tu gegen mich haft!" Der Alte musterte ihn vom Kopf bis Fuß. In seinem Blick lag etwas, als b ihm der junge Werder gar nicht miß falle, aber auch etwas wie Schadenfreude war darin. .Was haft Du denn da für Blüthen?" Sie sind ein Geschenk." Ter Alte sah ihm scharf in die Augen. .Von wem?" .Von Lucie.' .So. - Er lehnte sich zurück und blätterte in dn Zeitung, dann wandte er sich zu Arthur und sah ibn lange an. als wolle er etwas sagen und finde nicht recht den Anfang. Tu hast mir etwas zu sagen, Onkel." Der alte Mann lächelte und setzte sich nieder. Setze Dich hier neben mich, lieber Junge. Hier hast Tu Cigarren, rauche und lache mich aus, wenn es Dir Spaß macht. Sieh' ich war so alt, wie Du, oder so jung vielmehr, und liebte ein Mädchen. Recht herzlich. Man liebte damals viel inniger als heute. Ihr tröstet Euch viel schneller. Und sie gab vor, sür mich zu empfinden. Es ge nllgt schon stürmischen Temperamen ten, wenn man sich von ihnen lie ben laßt, ein erwiederter stutz, ein liebes Zeichen von Neigung kann arg belausche. Ich gab Stellung und Carriere aus, um sie bald mein nennen zu können. Es war im Juni. Ein Tag wie heute. Wir kamen von einem Ausflüge heim und gingen durch eine Kirschenanlage. Es mr eine leichte Verstimmung zwischen uns eingetreten, denn sie hatte sich vorhin mit einem jungen Assessor besser unterhalten, als mir lieb war. Er war allerdings gegen mich ein Adonis und hatte die zärtlichen Manieren, die unbedingt nothwendig sind, wenn Einen das weibliche schlecht n e t t" finden soll. Wir gin- gen ein Weilchen nebeneinander, ohne ein Wort zu wechseln. Aber mich drängte es, mit ihr zu sprechen. Es giebt Momente, in denen man einem Charakter tiefer auf den Grund blickt; Schweigen ist in solchen Momenten schädlich, denn eine Aussprache giebt die Richtung an, die Einen entweder näher zu der Person führt oder auf iinmer von ihr jcheidet. Um einen Anknll pfungspunkt zu haben, riß ich einen kleinen Zweig voll Kirschblüthen ab. Mit ihrem unwiderstehlichen Lächeln streckte sie ihre Hand danach aus und ich gab ihr das Blüthenästchen. An dem selben Abend saß ich in meinem Stamm Case und las. Es war sehr warm und nur wenige Gäste da. Eben wollte ich fort, als mehrere Gerichtsbeamte ein traten, unter ihnen auch der Affessor. Er war sehr lustig und gesprächig und hielt ein Aestchen mit Kirschdlüthen in der Hand. Ein Kirschblüthenästchen ist dem anderen mindestens so ähnlich, wie das sprüchwörtliche eine Ei dem ande ren. aber ich erkannte sofort die Blü then als die mänin. Ich bin eine jähe Natur und mußte mich sehr bezähmen. Ruhig fragte ich den Assessor, woher er die Blüthen habe. Er gab eine ironi sche Antwort und ich konnte mein Wuth nicht mehr zurückhalten. Es gab einen Skandal, dessen Abschluß ein Duell war. Er erlitt eine leichte Verwundung und ich mußte außer Land." Der Alte schwieg und stand auf. Und das Mädchen?" fragte Arthur. Er heirathete sie. Und weißt Du. wer sie heute ist? " Mit scharfem, stechendem Blicke sah ihn der Alte an. Und weißt Du, wer sie ist ?" wiederholte er Deine M u t ter." Der junge Mann zuckte zusammen. Meine Mutter? ! Und der Assessor etwa " Dein Vater...." Die Beiden sahen einander starr in die Augen. Der Alte mit verschränkten Armen, in den Blicken das Leuchten eines Triumphes. Kennst Du nun meine Gründe?" Der junge Mann stand betroffen, er staunt und verwirrt da. Darum also war im Elternhause noch nie ein Wort über diese Verwandten gesprochen wor den? Der alte Mann lächelte über die Ver wirrung seines Neffen, dann öffnete er ein kleines Lädchen seines Schreibtisches und entnahm diesem ein kleines Notiz buch, in welchem sorgfältig gepreßte, vergilbte Blüthen lagen. Hier hast Tu die Blumen, die ich einst Deiner Mutter gab." Den jungen Manii beschlich ein eigen thümliches Gefühl, als er die Kirsch blüthen sah. die seine Mutter als Mäd chen am Busen getragen hatte. Er ergriff die harte Hand des Onkels. Willst Tu mich bützen lassen für meine Mutter?" Aus des Alten Augen fuhr ein ml der Blitz. Ich will jetzt versagen, wie sie sagt hat." Und das könnte Dir eine Genug, thuung sein?" Es wird sie schmerzen und das wird mir wohlthun." Damit wandte er sich ad. Auf dem Tische lagen die trockenen. alten Blüthen, dürr, bei jedem Rucke drohend, in Staub zu zerfallen. Und neben diesen das frische, duftende Blü thenreiS, schimmernd in glänzendem Weiß und saftigem Blättergrün. Sieh', Onkcl. wie der Zufall da zwei Symbole neben einander legte." sagte der junge Mann, den Onkel sanft den Blüthen zuwendend. Sieh', das alte ReiS. welk und zerfallend, das ist Teine alte Liebe und Dein verjährter Haß. Und neben diesem die frischen Blüthen, da; ist meine Liede. Sollen diese welken und zerfallen, weil jene melkten? Könnte das ändern, was lange schon geschehen ist? " Ter Alte wich dem Blickt des Neffen aus. Er mach sich los und wanderte auf und ab. dann blieb er lächelnd vor dem jungen Manne ftehen und legte seine Hand auf dessen Schulter. So sahn sie einander lange in die Augen. .Wo ift Lucie t " .Im Garten.' I Wartet sie auf Dich?" Der junge Mann lächelte. Nun laß sie doch nicht so lange warten. Onkel ! !" Nun geh', geh', Du guter Narr !" Arthur erfaßte seine Hände. Kommst Du mit?" Nein, nein, geh' nur allein, Ihr konnt ja keine Zeugen brauchen. Und ich muß ja doch die neue Botschaft ver künden." Verkünden? Wem? " Laß nur laß " Der alte Mann ward roth. Er mochte sich wehren, wie er wollte, er ward umarmt und geküßt. Tann griff der junge Mann nach dein Hute und dem Blüthenreis. Halt, mein Sohn," wehrte lächelnd der Alte, die Blüthen läßt Tu hübsch mir !" Und als Arthur draußen war, da führte er die lichten Blüthen zu,n Munde und küßte sie. Draußen aber, im wogenden Grün des Gartens, hielt sich die Jugend küssend, umschlungen und auf die braunen Köpfe schneiten die Flocken der duftenden Kirschblüthen nieder. Das Seichen der rothen fyinö. Novellette nach dem Englischen von A, Nage l. 1. Sieh' doch! das ist ja das Zeichen der rothen Hand!" Ich blickte aus die weiße Wano und bemerkte auf derselben den Abdruck einer Hand, die in eine rothe Flüssig keit getaucht zu sein schien. Was bedeutet das?" fragte ich ängst lich. Das bedeutet, daß Sie ein todter Mann sind!" versetzte Alexis Petro- witsch. Haben Sie nie von der Liaa der rothen Hand gehört, einer ganz be- londers verzweifelten und muthiaen Nihilistenverschwörung? Sie müssen irgend etwas gethan haben, das ihre Rachsucht erregte. Sie geben ihren Opfern drei Zeichen, bevor sie das To desurtheil zur Ausführung bringen, und das ist eben eins davon. Noch zweimal werden Sie diese geheimniß volle rothe Hand erblicken und dann unter hundert Füllen entgeht nicht einer ihrer Rache." Ich war Attache bei der enalischen Gesandtschaft in St. Petersburg, und eine wichtige Mittheilung war in mei nen Besitz gelangt, die zufällig ein nihi listisches Complott zerstört hatte. Diese Mltttheilung hatte ich persönlich einem der ersten und treuesten Räthe des Zaren erzählt. Sonst hatte ich keinem Menschen ein Wort davon gesagt, nicht einmal meinem besten Freunde SUeris; und die Umstände waren derart, daß ich absolut nicht begreifen konnte, wie die Sache zur Kenntniß der Gesellschaft gelangt war. Ich machte alle möglichen Anftrengun- gen, um in Ersahrnng zu bringen, durch wen und wie das Zeichen an die Wand gekommen war, doch ohne Er folg. Das Zimmer war verschlossen gewesen und ich konnte nicht begreifen, wie man die Hand auf der Wand hatte anbringen können. Sie Sache war sehr geheimnißvoll, doch die Nihilisten lieben ja bekanntlich das Geheimniß. Mir war bei dieser unheimlichen Warnung etwas unbehaglich zu Muthe, doch alle, die die Methoden der Liga kannten, versicherten mir, ich hätte nichts zu befürchten, bis ich nicht das dritte Zeichen empfangen. Inzwischen bot mir mein Chef eine Stellung in England an, die der äugen blicklichen in vielen Punkten vorzuziehen war; doch ich hatte großen Gefallen an dem Leben in St. Petersburg gefun den, wo ich viele gute Freunde besaß, und lehnte in Folge dessen ab. Erst später sollte ich zu der Erkenntniß ge langen, daß es besser gewesen wäre, ich hätte die Stellung angenommen. Indessen verging die Zeit, und da ich kein zweites Zeichen empfing, so begann ich die Sache leichter zu behandeln. Vielleicht war alles nur ein Scherz, und vielleicht waren die Enthüllungen, die ich gemacht, der Nihilistengesellschaft unbekannt. 2. Eines Abends, etwa zehn Tage spä ter, wurde ich von einer mir befreunde ten Dame ausgefordert, sie in ihrer Loge in der Oper zu besuchen, und ich nahm die Einladung um so lieber an, als ich ein leidenschaftlicher Freund von Musik bin. Es wurde Carmen" gegeben, und das Haus war ausverkauft. Vor dem letzten Akte verließ ich meine Loge, um im Foyer eine Cigarette zu rauchen, wo ich Petrowitsch und andere Freunde zu treffen hoffte. Es war ein großes e dränge am Büffet, und als ich das Glas kalten Punsch, den ich mir bestell!, an die Lippen führen wollte, wurde mein Ellenbogen von einem Manne gestreift. I der hinter mir stand, und ein Theil der Flüssigkeit ergoß sich über meine Klei der. Ter Herr erging sich in Entschul- digungtN, und ich zog mich IN eine ent legenen Ecke des Salons zurück, um meinen Rock abzutrocknen. Als ich mein weißes Taschentuch her auszog, bemerkte ich auf demselben eine rothe Farbe, die ich zu Hause nicht dar auf bemerkt hatte. Ich faltete eS aus einander, legte es vor mich hin und er blickte das Zeichen der rothen Hand. Wie blaß Sie aussehen!" saate Aleris. den ich einige Minuten spater traf; .was ift Ihnen denn zugestoßen?" Ich habe eben das zweite Zeichen empfangen! versetzte ich mit lelscr Stimme. Allmächtiger Gott!" rief er, dann lassen Sie sich warnen und verlassen Sie sosort St. Petersburg. In Ihrer Heimath können Sie vielleicht dem Schicksale entgehen, doch das längere Verweilen in dieser Stadt wäre der sichere Tod." Ich gelangte zu der Ueberzeugung, daß Alexis Recht hatte; eS war wirklich unklug, länger in Rußland zu verwei len. Als ich nach Hause kam, schrieb ich zwei Briefe, bevor ich zu Bette ging; der eine war ein Demissionsgesuch auf meinen Posten in St. Petersburg, der andere eine Annahine-Erklärung für die Stelle in England. Ich verlor keine Zeit, die nöthigen Vorbereitungen für eine schleunige Ab reise zu treffen, wobei ein Umstand mich besonders erfreute: Alezis wollte mich begleiten. Er hatte sich schon längst vorgenommen, England zu besuchen, und jetzt war eine ausgezeichnete Gele genheit dazu. Ich hatte mir, bevor ich meine neuen Pflichten antrat, einen längeren Urlaub geben lassen und war somit fröhlich und guter Dinge. An dem festgesetzten Tage fuhren Petrowitsch und ich zusammen nach dem Bahnhof. AIs wir in das Coupee stev gen wollten, kam uns ein alter Mann in abgeschabter Kleidung mit Zeitungen entgegen. Ich griff in meine Tasche und händigte ihm eine Münze ein. Wir stiegen in das C oupee, und der Zug verließ die Station. Wir blau derten eine Zeit lang, und natürlich drehte sich das Gespräch um die Gefahr, die über mir schwebte. Dann haben Sie also noch kein drit teS Zeichen empfangen?" fragte AlqriS. Nein!" versetzte ich. Das Geheim niß meiner Abfahrt ist hoffentlich gut gewahrt, und wenn sie ihre mörderischen Absichten aussühren wollen, so werden Sie mir wohl nach England folgen müssen. Ich glaube, ich kann mich jetzt als gerettet betrachten." Ja, ich hoffe es auch Uebrigens was steht denn in der Zeitung von der gestrigen Aufführung?" Hier ist eine Zeitung!" sagte ich und nahm dieselbe aus meiner Tasche. Petrowitsch entfaltete das Blatt, dann aber stieß er einen Schrei der Ueber raschung aus und ließ es auf die Erde fallen. Er war bleich und sprachlos, und seine Hände zitterten. Was giebt's denn?" fragte ich; haben Sie irgend eine schlechte Nach richt gelesen?" Sehen Sie doch selbst V versetzte er hastig. Ich nahm das Papier auf und beim ersten Blick erstarrte mein Blut zu Eis. Ich sah das Zeichen der rothen Hand. Gerade aus den beiden Mittelseiten befand sich der Abdruck der Hand, wie er auf der Wand und auf meinem Taschentuch erschienen war. Das war also die dritte Warnung, und ich war jetzt ein verlorener Mann. Jeder Au genblick konnte mir den Tod bringen. Einige Minuten saßen wir in tiefem Schweigen, dann sagte Alezis: Hoffentlich sind Sie bewaffnet?" Ich habe meinen Revolver geladen und schußbereit," entgegnete ich. Ich ebenfalls! Die größte Gefahr ist von hier bis zur Grenze; davon bin ich fest überzeugt; mir müssen äußerst wachsam sein." Glücklicherweise," fuhr ich fort, haben wir beide unser Coupee für uns allein, und die Thuren sind beide vev schloffen; wir werden auf unserer Hut sein münen, wenn wir den Zug ver, lassen." Die Nacht brach herein und wir wur, den beide müde und schweigsam. Alexis lehnte sich in seine Ecke, den Kragen seines Pelzes in die Höhe gezogen, und schlummerte. Als ich ihn betrachtete, bemerkte ich, wie ähnlich wir gekleidet waren. Ich trug einen Pelz und einen Hut, der dem seinen ganz ähnlich sah, und ver mummt wie wir waren, wäre es einem Fremden schwer geworden, einen von dem anderen zu unterscheiden. Es war eine stockdunkle Nacht, und da ich wissen wollte, durch was für eine Gegend wir fuhren, so wandte ich mein Gesicht dem Fenster zu, um mit meinen Blicken den Nebel zu durchdringen. Als ich meine Nase an das Glas drückte, sah ich deutlich das Gesicht eines ManneS auf dem Trittbrett, doch es verschwand augenblicklich. Mit einer Hand an meinem Revolver, lehnte ich mich aus dem Fenster und sah hinaus, der Zug suhr mit großer Geschwindigkeit, und ich verlor fast meinen Hut in dem Winde; doch niemand war zu sehen. Wie sie ausiehen!" rief Petro witsch. was giebt's denn?" äi habe eben ein Gesicht am Fenster gesehen!" .Einbildung, lieber Freund!" Nein, nein, ich weiß eS ganz genau; es war teine Einbildung!" Tann haben Sie Ihr Spiegelbild im Coupeefenfter gesehen." Auch das war nicht der Fall: es war ein großer Mann mit einem Vollbart, während ich nur einen Schnurrbart trage." Aleris kcklua nnr aiir nnfltn hie Plätze "wechseln, und ich ging auf seinen ' Z. K . . . . . ! ' ' . . i Porichlag ein. 36 mich an leine Stelle, während er jetzt aus dem Fenfter blickte und sagte .Die Seche ift wirklich rdächtig, wir munen aus uniern Hut sein, Wir tauschte die Platze nun nicht , mehr und bliebe, wie wir jetzt waren. Jeder hielt einen Revolver , Bereit, schaft in der Hand. So saßen wir und unterhielten uns ungefähr eine halbe Stunde. Tic ganze Zeit hielt ich meine Augen starr aus die beiden Fenster ge, richtet. Petrowitsch war nickt so wack, sam, er blickte wohl einige Minuten a.:s dem Fenster und wandte sich dann wie, der zu mir, um zu plaudern. Plötzlich kam es mir vor, als bewege cy etwas auf der Seite, wo Alexis saß Als ich mich vorbeugte, konnte ich ein Gesicht unterscheiden, und durch das Fenster schimmerte ein Revolver, der auf den Kopf meines Freundes gerichtet war. Werfen Sie sich zur Erde, um Got tcs Willen, werfen Sie sich zur Erde," flüsterte ich Aleris zu, doch in demsdden Augenblicke ertönte ein lauter Knall, die Kugel riß ein großes Loch in die Scheibe, und der arme Petrowitsch sank von seinem Sitze z Boden. Jn-demsclben Moment ich gaube, es war sogar eine Sekunde vorher sah ich einen Mann auf den Trittbettern des Zuges entlanglaufen; ich feuerte noch einmal, doch ohne Erfolg. Der Zug hielt bald,' und es wurde eine sorgfältige Unteisuchuna einaeleitet. doch Niemand, der dem Mörder glich, wurde gefunden. Der Mann mußte ein Coupee für sich allein inne gehabt haben. denn Niemand im Zuge wollte gesehen haben, daß irgend Jemand einen Wa gen während der Fahrt verlassen hätte. Inzwischen stellte sich heraus, daß mein Freund Alexis nicht, wie ich bis her gefürchtet, todt, doch für sein Leben verunstaltet worden war. Auf der nach sten Station fanden wir eine Arzt, und heute ist mein Freund wiederherge stellt. Wahrscheinlich hat die Liga der roryen yand" von dem Irrthum, der sich aus unserm Platzwechsel ergab, nie etwas erfahren, und so glaubt sie wahr- icyenuicy auch, daß die Kugel des Möv ders mich zu Tode getroffen. Der Mör der hingegen entkam, ich hatte meinen Mann ungefähr einen Centiineter o fehlt, denn am nächsten Tage fand man ein von einer Kugel durchlöcherten Hut aus den Eisenbahnschienen. Fiite alte Reitergcschichte geht jetzt anläßlich des unlängst erfolg- len Ablebens des Generallieutenants z D. Siegfried v. Tietzen und Hennig durch die Blätter. Der Verstorbene war ein söhn des Generals der Kavallerie, Kommandirenden des 6. Armeekorps Wilhelm v. Tietzen und Hennig, Nach den Freiheitskriegen es wird 181ti oder 1817 gewesen sein lag das thüringische Ulanen Regiment, zu des sen Offizieren damals der ältere v. Tietzen und Hennig gehörte, zu Sten dal in Garnison. Von dort wurde es anscheinend ziemlich unerwartet nach Tuben (Kreis Bitterfeld) verlegt. Einige Tage nach dem Abmarsch sollte ein grotzer Ball im Gastbof ,um Schwarzen Adler" stattfinden. Ver geblich tröstete der tanzfähige Theil des Offizierkorps die Stendaler'Tamenwelt mit den Worten: Wir kommen zum Ball zurück !" Man glaubte nicht daran; es war ja zu weit von Düben nach Stendal und Eisenbahnen gab es da mals noch nicht. Die Offiziere ließen jedoch unterwegs heimlich Relaispferde zurück und schwangen sich, kaum in Düben angelangt, aus's Neue in den Sattel und eilten der altmürkischen Hauptstadt zu. Sie kamen dort am Abende an; der Ball hatte bereits be- gönnen. Schnell war die Balltoilette besorgt und auf ein gegebenes Zeichen hielt plötzlich die Ballmusik inne die Flügelthüren des Ballsaales öffneten sich, ein dreimaliger Tusch erklang und das tanzfähige Offizierkorps der thüringischen Ulanen erschien unter dem Jubel der anwesenden Ballgüste. Gene ral v. Tietzen und Hennig hat noch im Jahre 1801 in Bad Ems mit leuchten den Augen von diesem Reiterstücklein erzählt. Zit will nicht. In Sussex in England starb der Gasthosbesitzer Löwe, der seiner Frau ein Vermögen von 15,000 Tollars hin terließ. Diese Summe hatte der Ver- stordene bei einem seiner Geschäfts ictuiiuc i)iiiicurui, zugiciui wu uuo) , einen Disliitel, Anna ein neues Kleid, ein Testament m't der Anweisung, bie ! ipauline neue Hemden; dann muß ich Zinsen jenes Kapitals nur unter der Pukmacherin, um meine Winter Bedingung seiner Gattm auszuzahlen, j W. auszusuchen, während Tu ein daß sie einige bestimmt formulirte Vor! f fl jj schristen erfülle, j Er (einfallend): .... Das bischen Am Todestage so heit -es ,n dem Geld dazu verdienen muß!" Testament sollte die jyrau barfüßig, eine Kerze in jeder Hand tragend, rings Zm lvirikzdaus. um den Marktplatz gehen und hierbei Erster Reitender: Unser Geschäft ist mit lauter timme einen Satz von s groß, daß wir eine eigene Gallapfel einem Schriftstück ablesen, m welchem ' Pflanzung anlegen mußten um stets mit alles das verzeichnet sei, was sie ihrem i ?int, berMwn in fn " I .:(..i J. .i ...iir " " ' . . . Manne im Leben Böses angethan habe, j Tann sollte sie laut erklären, da wenn ihre Zunge kürzer gewesen. ibre3j Mannes Leben länget gewesen Ware. ; Ferner sollte ne alle umstehenden Frauen ermähnen, ihre Eheherren zu' ehren, ihnen zu gehorchen und niemals! zu ver,uchen, sie zu peinigen. i Wenn die Wittwe diese Bedingungen nicht erfülle, so schließt das Testament, soll die Frau nur 2'w Mari jahrlich an Zinsen erhalten, wahrend die übrige Summe an einen Verwandten falle. : iu mc villll iu) nninicucn n lycu, ' den Bedingungen Folge zu leisten, wird ei. : ... . Oiii am. tu . t.i nu lr,lt DruckfeKin, Am Saume des Waldes stand eine uralte Tante, welche zwei Männer kaum , zu umsahen lxrmochtni. Vct kleine Sammler. Papa: Merkt auf. Kinder, hier ist ein hübsches Gedicht: Die Locke". Unter alte, alten Briefe, Die ich heute hab' gefunden "" Der kleine Pcpi (unterbrechend): Bitte, Papa, schreib' doch dem Herrn, er möchte mir die alte Briefmarken schicken!" Zart besaitet, Das gnädige Fräulein hat wohl das Kochen im Pensionat gelernt?" Ich glaube nicht. Wie ich neulich Kartoffel schalte, wurde sie roth, lief da von und sagte: sie könne die Schinderei nicht langer mit ansehen!" fföchstc Faulheit, Herr Süffel, Sie müsse ausstehen es ist schon I Uhr!" Ach, da bleib' ich lieber liegen! Was kann überhaupt Gutes für b e n Tag herauskommen, der mit Auf stehen anfängt?!" Aus dem Raseruhfe, Feldwebel (zum Einjährigen) : Was? ie haben sich als B y c i c l i jt sür den Felddienst gemeldet? Sie sind also im Civil auch so ei Straßen Radirer!" 6,'ndcrbare Freundschaft, Richler (zu zwei Angeklagten, die einen Dritten bei einer Räuberei jäm merlich zugerichtet hatten) : Solche Roh heiten können nicht strenge genug be straft werden; ich werde das höchstinlüs sige Strafmaß anlegen!" Der Geprügelte: O me, , HerrAmls richter, i' thät halt doch bitten, daß Sie's net gar zu arg machen es sind ja meine zwei besten Freund'!" Durchschaut. Regierungsrath: Wissen Sie, lieber Herr College selbstverständlich ganz freundschaftlich unter uns gesagt Ihre geschätzte Frau Gemahlin müßte natürlich ganz sormaliter meine Gattin wohl doch zuerst grüßen!" Regierungs-Assessor: Bedaure un endlich, bin aber in diesem Fall ganz machtlos stehe leider auch unter dem Pantoffel!" Gewissenhaft, Gendarm (zu einem Verunglückten): Antworten Sie schnell, ehe es zu spät ist: Haben Sie gedient? Wo war Ihre frühre Wohnung? Ihr Beruf? Sind Sie geimpft?" Bevorzugung, Bliemchen: Mir Sachsen hamm doch was voraus! Während andere Wen schcnginder mit f i m f Sinnen her umloofen müssen, gennen mir schlanke beene mit Sächssinnen dorch's Läb'n geh'n!" Bedenklicher Nachsalz, Gast: Sie, Jean, der Wein ist miserabel!" Kellner: O, wenn Sie den einem Todten geben, so steht er auf!" Gast: Und schimpft!" Zlbkillilnng. Denken Sie 'mal, Herr Lieutenant, eine Dame möchte Sie in einer Stunde sprechen!" Aeh, bin doch aber schon verlobt. haben Sie nicht gesagt?" Ach, was Sie denken, das ist la die Frau von Ihrem Civilschneider, der noch einen Anzug von Ihnen bezahlt bekommt!" Warum ohrseigen Sie denn Ihren Lehrling so? Der Junge hat ja ganz geschwollene Wangen!" Eben; sein Papa kommt morgen, der soll glauben, er sieht wohlgenährt aus!" Die geplagte Gattin, Sie: O, Du hast es v i e l schöner. Emil, wie ich! Tu gehst einfach in Dein Geschäft ich aber muß zum Beispiel heute dem Hans ein Nanr ne" ?HptI fiinrVn vtrite hrniisft Zweiter Reisender: .Und wir haben ,;, ; vr y.liist, ,?K ,ini. Cuabratnieilen pachten müssen, um ge im Streusand ,a baden." Zn er Versammlung, ,m,ikr.n hr iuv u, , feinern Nachbar): Der Redner spricht (,,$ nichts als Unsinn." Nachbar: Sehr wahr!" edner: Ich dante dem Herrn, der ben .Sebr wahr- gerufen hat. es zeugt von seinem seinen Verständniß für meine AiiZsuvrunaen. OnkcKrt angewandt xnitnvrt. Nachbar: Ihr Gatte scheint ja ei nen furchtbaren Groll auf Sie zu ha den, Frau: Ach nein; mich schlägt er und die Schwiegermutter meint er."