Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, July 09, 1896, Image 9

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    Erlösung.
Jf Bot ttcHf ooii äilbm .ol)i.
öS ist ein drückend schwüler Sommer
tag. ZoNhoch liegt der grauweiße
Staub auf der Landstraße, die von der
zwei Meilen entfernten Stadt her an
der herrschaftlichen Besitzung mit ihren
mächtigen Parkanlagtii und den paar
armseligen Hütten vorUberfllhit, in
hnn hi k httrn s.ltn iifrfliiftintitl
Arbeiter mit ihren Familien Hausen.
Seit Wochen schon Hat die Heiße Erde
leinen erquickenden Tropien in sich aus
gesogen : traurig und sonnenmüde lie
gen die weiten, ausgedörrten Kornfelder
und Wiesen, und auch die hoben Ulmen
und breitästigen Wallnukbänine im
Parke blicken mit ihren herabhängenden
Blätter voll bitterer Resignation auf
die künstlich gewässerten Blumenbeete,
die allein ein frisches, freundliches An
sehen tragen. Wie von den heißen
Strahlen der Sonne gelähmt erscheint
alles ; kein Geräusch der Arbeit, kein
Wagenroll, kein Stimmengemurmel
dringt in die dumpfe, brütende Stille ;
selbst das schläfrige Plätschern des
Springbrunnens ist seit etlichen Tagen
verstummt. Nur ein stolzer Pfau mit
ausgebreitetem, leuchtendem Federrade
schreitet behäbig über den weichen Na
senteppich mit einer Anzahl indischer
Perlhühner im Gesolge, und ein paar
daarsllßige Kinder mit zerrissenen Klei
dein und bestaubtem Gesicht stehen hin,
ter den spitzenvergoldeten schwarzen
Wtterstaben und sehen in slumpssinni,
gem Schweigen dem alltäglichen Schaw
spiele zu.
Aber die junge Frau mit dem Mei-
chen Antlitz und den großen dunklen
Augen, die drüben im Herrenyauie am
.offenen Fenster sitzt, die können sie nicht
sehen. Auf ihrem Schoße ruhen einige
Dutzend zierlicher Triefe, die sie nach
langer. langer ISett einmal wieder yer
, Sorgeholt hat. Es sind Briefe ihres
letzigen ManneZ von der ersten Atxt
ihrer gegenseitigen Liebe an bis zum
ochuitstaae vor vier fahren.
Welch ein gewaltiges Gefühl des
Glückes lind der Liebe und der feepn-
sucht aus diesen Blättern spricht ! Die
an Zeit jener goldenen, jubeldurch-
klungenen Brauttage liegt wieder frei
vor ihr da. C, wie fett und treu sie
damals mit all ihren Traumen und
Hoffnungen an ihm gehangen, mit
welchem Glauben und Vertrauen, mit
welcher grenzenlosen Hingebung sie da
mals ihren Kops an seine Brust gelegt,
als er sie immer und immer wieder sein
Höchstes und Heiligstes genannt, und
ihr fast die Lippen wund geküßt hatte.
Ihr ganzes liebe und anlehnungs
bedürftiges Herz hatte sie ihm enthüllt,
und er hatte ihr alles versprochen, alles
alles. Daß er sie wie ein Kleinod,
wie einen unersetzlichen Schatz behüten
wolle und daß ede Stunde ihr keis
auf'S neue Zeugniß von seiner Liebe
und Verehrung ablegen und sie ihn
immer und ewig auch den zartesten
Wünschen geneigt finden solle. Und
8 war kein Zweisel: er hatte es gut und
redlich gemeint, er hatte sie, das vermö-
genslose Mädchen, wirklich nur um
ihrer selbst willen geliebt und gehei
rathet, und ihr einen hochgeachteten
Namen, eine stolze, herrschende stelle,
und Gold und Seide in voller Menge
gegeben. Aber das Glück, das reine
und wahrhaftige Glück des Herzens, das
hatte keine dauernde Heimstatt bei ihr
finden können.
Sie war nicht so naiv oder so unklug,
daß sie nicht gewußt hätte, wieviel Jllu
sionen man aufzugeben hat, wenn man
einen neuen Lebensabschnitt beginnt,
und daß in der Ehe nicht alles so heiter
und schön und festlich bleibt, wie eS vor
her gewesen und wie zwei junge Liebes
leute eS stets einander so gern betheuern.
Sie hatte sich nicht verhehlt, was für
wunderliche Geschöpfe wir Menschen im
Allgemeinen sind, wie leicht nach Er
füllung unserer Wünsche und unserer
Sehnsucht die großen, überschwenglichen
Gefühle des Herzens an Kraft und
Schwung verlieren, wie leicht man im
Laufe der Zeit müde wird, seiner Liebe
deftändig'neuen Ausdruck zu geben und
wie bei dem täglichen Zusammenleben
einem bald alles reizlos und so ganz
selbstverständlich erscheint, wenn eS auch
einzelne tiefe und begnadete Naturen
gibt, die befähigt sind, für das ge
noffene Glück der Liebe ein ganzes Men
schenleben dankbar zu sein. Sie hatte
nicht felsenfest darauf gerechnet, daß ihr
Gemahl zu diesen Auserlesenen gehörte,
wiewohl sie eS in ihren Träumen stets
begierig und eifrig gewünscht hatte.
Aber diese Enttäuschung war eS auch
nicht, waS sie so übermächtig quälte und
wie ein verzehrendes Feuer in ihr
wühlte; ti war die viel furchtbarere Er
'ennwiß. daß sie ihrem Gatten geradezu
gleichgültig geworden, daß er ihrer viel
leicht sogar überdrüssig war. Er hatte
seit einiger Zeit angefangen, sich Zer
ftreuungen außer dem Hause zu suchen
und seinen eigenen Vergnügungen nach
zugehen. Fast täglich ritt er auf meh
wie Stunden nach der Stadt und man
munkelte, daß er dort allerlei galante
Abenteuer vollführe. Zuerst hatte i
jedesmal gefchästliche Besorgungen vor!
geschützt, bis n eines TageS selbst diese,
üblichen Reden für überflüssig nachtet
hatte und ohne weiteres devongesprengt.
war. 19 I NO) lm oann am niu
zarten, rücksichtsvollen Bitten genaht,
da hatte er ihr unter flüchtigem Strei
cheln. das die Wirkung seiner Worte im
uaenblick weniaer empsindlich machen
sollte, erwidert, daß er sich nicht gern in i
allen Sachen aus die Finger sehe lasse
Der
Jahrgang 17.
und daß sie doch wirklich nichts zu ent
behren habe, und fröhlich und zufrieden
ein könne.
Laut aufgeschrieen hatte sie damals
beinahe. O Gott, war es denn mög
lich, daß er nicht fühle, wie sie sich
härmte und m das entschwindende
Glück der Liebe in verzweifelten Käm
pfen rang, daß er nicht einsah, daß es
nicht bloß eine Laune bei ihr war, ihn
zum Bleiben zu bewegen, und daß er es
nicht als ein Unrecht und eine Sünde
empfand, sie zu hintergehen und sie wie
ein altmodisch gewordene? Kleidungs
stück bei Seite zu schieben? Hatte er
denn vergessen, daß sie mit dem reiche
Schatz der Liebe im Busen nach mehr,
nach viel viel mehr verlangt hatte,
als nach dem kalten Mammon eines in
haltsleeren Wohllebens?! Still und
verschlossen ist sie seit jenem Tage ge
worden: sie hat nicht mehr den Muth,
aus ihn einzuwirken, und es kann jetzt
vorkommen, daß sie einander oft tage
lang nicht sehen. Wie auf die Natur
da draußen, hat ich auch aus ihre seele
eine erstickende Schwüle gesenkt, die ihr
fast unerträglich wird bei dem Gedan
ken, daß ihr auch das einzige, daß ihr
vielleicht Ersatz bieten könnte, daß ihr
auch das Mutterglüa bis heute verjagt
geblieben
Ein dumpfes Donnerrollen schreckt
die in schwermllthlges Sinnen versun
kene Frau plötzlich auf. Sie legt ihre
Briefe zusammen und tritt auf die Ter
raffe. Schwere, bleigraue Wolkenmas
sen sind am Horizonte anfgezogen und
verfinstern den Schein der Sonne. Kein
lebendes Wesen ist im Parke mehr zu
erblicken, beklemmende Gradesstill: la
gert über der ängstlich harrenden Land
schiist, eS ist die Stimmung, die vor
herzugehen pflegt, wenn sich etwas
Großes in der Natnr vorbereitet. Kecke
Windstöße fegen durch das Blättergewirr
und näher und näher und immer lauter
rollt das Getöse und Gekrach des Don
ners. Da zuckt auf einmal ein flam
mender Blitzstrahl hernieder und nun
gewahrt die junge Frau die noch jenseits
des Gitters weilenden beiden kleinen
Geschöpfe. Sie weis?, daß die Arbeiter
mit ihren Frauen sämmtlich draußen
im gelde sind und dag die Kinder tags
über meistens sich selbst überlassen sind,
Und in dem Gefühl des Mitleids und
des eigenen Verlaffenfeins, das ange
sichts des drohenden Wetters mit ver
stärkter Gluth zu ihrem Herzen schießt,
und sie in die Gesellschaft einer mensch
lichen Kreatur treibt, eilt sie die hohe
stemlreppe hinunter und der Aus-
gangSpforte zu, durch die sie die Beiden
zu ich heranwinkt. Mit scbeuen, ver
wunderten Blicken nähern sie sich der
Gutsherrin, und dann nimmt sie jedes
von ihnen an die Hand und flüchtet
mit ihnen wieder in das Innere des
Hauses.
Und während jetzt Blitz auf Blitz
durch das unyeimllche Tnnkel züngelt,
begleitet von unaufhörlichen Doiiiier-
fchlägen, und aus den geöffneten
Schleusen des Himmels prasselnd und
Hat chend der Regen in vollen Strö
men niedenauscht, fitzt die junge Frau
mit ihren Schützlingen drinnen in
weichen Polstern und nimmt bald das
eine, bald das andere der barfüßigen
Kleinen auf den Schooß, und preßt sie
an sich und drückt ihnen die Händchen
und streicht ihnen das ungeordnete
Haar, und küßt ihnen den Staub von
Stirn und Backen. Die ganze, so lange
Zeit zurückgedrängte eldenschaftlichieit
ihrer liebheischenden Seele bricht sich in
dieser Stunde Bahn und überschüttet
diese beiden kleinen Wesen mit einer
l,luth bon Zärtlichkeiten und Lieb
kosungen.
Da steht plötzlich ihr Gemahl auf
der Schwelle, im grauen Regenmantel
und mit gespornten Stiefeln. Wie auf
etwas Unfaßbares, etwas Hebernd!
scheS festgebannt, bleibt sein Blick 411s
dieser Gruppe der drei alleS um sich
her vergessenden Menschenkinder haften.
Er kann im ersten Augenblick noch
gar nicht begreisen, waS hier vorgeht.
Wie er aber näher tritt und den glück
seligen Zug im Antlitz seine WeibeS
sieht und die leichtgerötheten Wangen
und das große dunkle Auge, das heute
einen so wunderbaren Glanz aus
ftrablt, da überkommt es ihn wie eine
göttliche Offenbarung, welch ein gewal
tigeS Anhänglichkeitsbedürfniß, welch
ein leidenschaftliches Verlangen nach
dem seligen Geben und Nehmen der
Liede in diesem Frauenherzen steckt, um
an diesen beiden fremden, schmutzigen
Kindern eine so köstlich Befriedigung
zu finden, und mit brennender Scham
liciyi C9 in mm uni, oug et aat nie
hat zu verstehen suchen wollen, und
wie kalt und schlecht er doch an ihr ge
handelt.
.Adele!" kommt eS wie ein schmerz
sicher Ziuf von seinen Lippen. Mehr
vermag er nicht hervorzubringen.
.Ich glaubte. Tu seift schon sortze
Ämtagbmst.
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
ritten," sagt sie ganz schlicht und unbe
fangen und geht auf ihn zu.
Bei diesem furchtbaren Metter?
Aber wie gut, daß es gekommen ist!"
Und er reißt die Thür auf und ruft
in den Gang zurück.
Wieder absatteln, ich bleibe zu
Hause!"
Dann wirft er Mantel und Hut zur
Seite und streckt seinem Weibe beide
Hände entgegen:
Ich bleibe bei Dir jetzt und
immer!"
Einen Augenblick später liegt sie an
seiner Brust, und nun entringt eS sich
stammelnd und bittend und flehend sei
nem Innern, und er küßt sie immer
und immer wieder auf Stirn und
Mund und Wangen und herzt und
drückt sie, als wollte er sie nie für eine
Sekunde mehr von sich lassen.
Mein Weib, mein liebes, treues
Weib!" wiederholt er immer wieder,
dem Himmel sei Dank, der mir ein
solches Weib geschenkt."
Staunend stehen die beiden Kleinen
und sehen sich das Unbegreifliche an,
das da vor ihren Angen sich abspielt.
Draußen ist es allmählich stiller und
heller geworden, der Regen hat nachge
lassen, das Gewitter hat sich langsam
zertheilt. In der Ferne nur zuckt und
grollt es noch von Zeit zu Zeit.
Der glückliche Gatte ist hinausgeeilt
und hat für die Kinder Kuchen und
Ehokoladestückchen geholt, mit denen er
ihnen die Taschen vollpfropft, und
mahnt sie dann an das Nachhause
gehen.
Und seine ebenso glückliche Gattin
nimmt wieder jedes von ihnen an die
Hand und führt sie fo wieder zurück,
wie sie gekommen.
Noch tropft und wispert und raschelt
es ringS in den Büschen und Bäumen,
ein freier, erlösender Windhauch geht
über die regengetränkten, neu aufath
menden Fluren, es ist, als ob die
Natur sich zu verjüngtem Leben erhöbe.
Und wie die junge Frau wieder den
nassen Kiesweg zurückgelegt und nun
die Steinstufen wieder hinaufstllrmt,
da steht ihr Gemahl mit ausgebreiteten
Armen vor ihr und hält sie lange
lange mit seinen Armen umschlungen, '
Und wie er sie mit verklärten Blicken
ansieht, da gewahrt er, wie in ihren
großen dunklen Augen etwas Feuchtes
blinzelt. Vielleicht, daß vorhin von
den Bäumen im Parke ein Regentropfen
auf ihre Wimper gefallen. Oder sollte
eS eine Thräne fein, eine FreudenS
thräne der Erlösung der Erlösung
ans banger, schwüler Zeit?
Eine auftralischeksnchgeschichte.
RoveUetle von Karl i?ugen Schmidj,
KänguruhCamp war ein kleines
Diggerlager in einer Seitenschlucht des
Gilbertflusses in Nordauftralim. Einige
dreißig Goldgräber hatten dort ihre
Zelte aufgeschlagen. Das Lager zeich
nete sich nicht gerade durch Stille und
Friedfertigkeit feiner Bewohner aus:
im Gegentheil vergingen selten drei
Tage, ohne daß irgendwo ein Radau
ausgevrochen wäre, wobei dann mit
unter auch Revolver knallten und Blut
floß. Hatte einer von den Goldgräbern
einen großen Fund gemacht, ein iiugget
oder ein reiches pocket entdeckt, so hing
der Glückliche alle Arbeit an den Nagel,
biS das Errungene ordnungsmäßig
dnrchgebracht war. Der Feiernde legte
sich unten bei Patty O'Shannessy in
der ''Last Chance" auf' Pokerspie
len und Whiskytrinken, bis ihn das
Ausgehen des Mammons wieder zum
"jn'8pecting ' trieb.
Wenn im australischen Hinterlande
von einem Streite erzählt wird, so fragt
der Kläger nicht : Ou est la fenmie?
sondern : What haud did he hold?;
denn neun Zehntel aller Streitfülle in
dem goldspronenden Lande entfprinzen
am Kartentische. Die Bewohner von
Känguruh Camp waren ohne Aus
nähme eifrige Verehrer deZ PokerspieiS,
und folglich war an Streitereien kein !
Mangel. Zu Anfang ging die Sache
ganz gut: die Mitspielenden waren
alle Kameraden und das corriger la !
kortune fiel keinem ein. Später aber!
erschienen einige bösartige Elemente im j
vamp, richtige "sliarpers , die über !
Haupt nur von den Karten lebten.
Wenn jetzt ikmand einen glücklichen
Fund that, fo war fein Verdienst bald !
in den Händen dieser Spitzbuben; und
wenn wir Morgens an die Arbeit ain1
gen, so konnten wir die Spieler noch am
Kartentische sitzen sehen, den sie seit dem
Abend nicht verlassen hatten.
Känguruh-ßamp gerietq allmählich
in einen sehr dösen Ruf. Leider nicht
mit Unrecht. Die ruhigeren Leute hat
ten dem "hell k a camp" entweder
den Rücken gekehrt oder verhielten sich
dem wüsten Treiben gegenüber still, so
daß das ganze Lager von der Spieler
bände beherrscht zu sein schien. Das
Nachts ein Schreien und Fluchen, ver
mischt mit Rvolerschül?en, die Ruhe
der Tigger störte, war jetzt etwas ganz
Gewöhnliches, und mitunter lag am
Morgen ein Erschossener auf der Straße,
mährend sein Mörder im Shanty" saß
und trank und lachte. Es wurde wirk
lich unqemiithlich im Lager, denn im
mer die Hand c- zolver haben zu
müssen, ist ein seh. zweifelhaftes Ver
gnügen. Als die Sache so weit gekommen war,
traten die ruhigeren Goldgräber, die
noch in dem wilden Camp geblieben
waren, zusammen und beschlossen, eine
Art von Lynchgericht zu bilden.
Denn, Kameraden," sagte
Hiqqs, der Entdecker der Goldminen
von KänguruhCamp, das kann nicht
so weiter gehen. Ich meine, es ist am
besten, wenn wir es machen wie drüben
in Amerika. Den Nächsten, der sich mit
seinem Schießeisen zu breit macht, krie
gen wir zu packen und hängen ihn an
den ersten besten Banm."
Der Plan des Alten schien, gut und
wurde angenommen. Auch die
legenheit, ihn auszflll)ren, ließ nicht
lange auf sich warten. Bill Evans, ein
junger Bursche aus Neusüdwales, für
den die Arbeit außerordentlich wenig
Reiz hatte, hatte beim Poker einen
Mann erschossen. Am Tode des roth
haarigen Kelly lag zwar keinem Men
schen etwas, im Gegentheil athmete
leder friedliche Insasse des Lagers er
leichtert auf, als die Kunde von dem
beschlennigten Ableben dieses Burschen
durch das Lager getragen wurde, denn
der Todte war ein bösartiger Raufbold
und Falschspieler gewesen, der seit sei
ner Ankunft in KänguruhCamp weder
Hacke noch Schausei angerührt hatte.
Da sein Mörder aber um kein Haar
bester oar, und da es sich um Voll
ziehung eines warnenden Beispiels han
delte, wurde der Fall von dem Comite"
aufgegriffen.
Ein halbes Dutzend Leute gingen zu
einem Mu, wo er seinen Rausch aus-
schlief, und machten ihn dingfest. Dem
Mörder schien die ganze Sache sehr
spaßig vorzukommen. Auf die Fragen
seiner Richter antwortete er nur mit
einem spöttischen Gelächter oder einem
ärgerlichen Fluche. Es war offenbar,
daß er die Gerichtsscene nur für einen
Scherz hielt, den sich die Goldgräber
ausgedacht hatten, um ihm Angst zu
machen.
Nach und nach schien ihm aber doch
der Ernst seiner Lage klar zu werden,
denn die Männer vor ihm beschlossen
mit der größten Gemnthsruhe, am
besten sei Aufhängen, denn das fei
billiger und mache außerdem nicht so
viel Spektakel wie erschießen. Mike
Smith erbot sich den noch fast neuen
Strick von seinem "windlass" zu der
Gelegenheit zu leihen, und der frühere
Matrose Jack Nelson rühmte sich, eine
Schlinge machen zu können trotz dem
tüchtigsten Henker in der Christenheit.
Um die Sache ganz formell adzu
machen, wurde dan dem Verurtheilten
gesagt, bis zum nächsten Morgen habe
er noch zu leben, und wenn er einen
letzten Wunsch habe, möge er reden.
Bill Evans glaubte immer noch nicht
recht an den Ernst der Sache und erwi
derte dem alten Higgs einfach, er solle
sich zum Teufel scheeren. Danach wurde
die Ablösung der Wachen bestimmt und
im Camp wurde es still, wie es seit
Monaten nicht mehr gewesen war, denn
die Spielerbande war auf die Nachricht
von der Verurtheilung ihres Genossen
hin plötzlich verschwunden, und keiner
von ihnen wagte sich aus dem Zelte.
Gegen Mitternacht kam einer der
Wachtposten an das Zelt des alten
Higgs und forderte ihn auf, zu Bill
EvanS zu kommen, da er ihm etwas
mitzutheilen wünsche. Bill hatte sein
Gesicht in den Händen vergraben und
redete mit dumpser Stimme, als HiggS
ihn nach seinem Begehren gefragt hatte.
Ich sehe," sagte er, daß eS Euch
wirklich ernst ist, und ich kann eS Euch
nicht übelnehmen. Der allmächtige
Gott wird Mir hoffentlich gnädig sein.
Ter Whiskey und die Karten sind an
allem schuld. Aber o Gott, meine arme
alte Mutter!"
Hier schluchzte der Unglückliche laut
aus und konnte eine ganze Weile nicht
weiterreden. Dem alten HiggS und den
beiden Wächtern wurde eS wunderlich zu
Muthe bei dieser plötzlichen Veränderung
der Haltung des Gefangenen. Und dann!
die Mutter! Ter Gedanke an die Mut
ter des von ihnen Perurtheilten bohrte
sich den Männern in die Seele. Sie
alle hatten ja auch einst eine Mutter ge
habt, und die Erinnerung an Jugend
und Mutterliede stimmte sie weich.
Dem Gefangenen schien es schwer zu
werden, sich zu sammeln und Worte zu
finden. Endlich fuhr er mit gebrochener
Stimme fort:
Ich wollte Euch nur um Papier und
Schreibzeug und um die Erlaubniß dit
No. .
ten, einen letzten Brief an meine Mutter
zu schreiben. Sie ist alt und krank und
weiß nichts von meinem jetzigen Treiben.
Ach, wenn sie das erfährt, es wird ihr
das Herz brechen!"
Der alte Higgs räusperte sich und sah
aus die Seite: Jetzt hatte der Bill Evans
gar eine Mutter! Er konnte doch eigeut
lich kein gar so schlechter Kerl sein, denn
sonst hätte er seine Mutter nicht so ge
liebt. Traurig, daß die arme, alte
Iran dieses Unglück erleben mußte!
Aber was da! Gesetz ist Gesetz. Strafe
muß sein, und Bill muß hängen
according to law. Dies waren die
Gedanken, die dem braven Alten durch
den Kopf sausten, während der Verur
theilte sprach. Jetzt ermannte er sich
und antwortete, German Charlie habe
Tinte, Feder und Papier in seinem
Zelte, und er werde diesen tackle ho
len. Zehn Mnuten später saß Bill au
dem als Tisch dienenden Baumklotz und
verfaßte seinen Brief.
Am Morgen fanden sich die Digger
frühzeitig ein, um ihren gestrigen Ur
theilsspruch zu vollstrecken. - Auf dem
Baumklotz lagen zwei Briefe, und die
Männer, die den Verurtheilten nicht
aufwecken mochten, standen umher und
unterhielten sich flüsternd. Einer von
ihnen nahm die Briefe in die Hand, und
da sie nicht geschloffen waren, las er sie
neugierig durch.
Ärmer Kerl!" sagte er dann und
legte sie wieder auf den Klotz. Hat an
seine Mutter geschrieben," wurden die
Uebrigen belehrt, aber diese wollten
mehr wissen und verlangte, er solle die
Briefe vorlesen. Und so nahm Jack
the Cockney die Schriftstücke wieder
auf und las sie mit gedämpfter Stimme
vor.
Der erste Brief lautete in getreuer
Uebersetzung folgendermaßen:
Mein lieber Sohn!
Ich habe Deinen Brief und die fünf
Pfund erhalten. Gott segne Dich, daß
Du an Deine alte Mutter denkst und
ihr schon zum zweiten Male in diesem
Monat Geld schickst. Ich sagte es auch
von jeher, Du warst nie schlecht, sondern
nur manchmal ein bischen wild. Aber
ein guter Sohn bist Du immer gewesen .
und ich bete jeden Abend für Dich, daß
Dich der barmherzige Gott beschütze dort
oben in dem wilden Lande und Dich be
hüte vor bös Menschen! Die letzten
vier Wochen habe ich nicht aus dem Bett
gekonnt. Ich bin zn schwach, um viel
zu schreiben. Der himmlische Vater be
hüte Dich.
In treuer Liede Deine alte Mutter
Mary Evans.
Der andere Brief hatte folgenden In
halt:
Liebste Mutter!
Es geht mir schlecht, und ich bin in's
Unglück gerathen. Die Karten, vor de
nen Du mich so oft gewarnt hast, sind
schuld daran. Ach Gott, wie wirst Du
es überstehen, wenn Du davon hörst!
Das allein quält mich, sonst liegt mir
nichts am Leben; ich sterbe gern. Der
gnädige Gott wird mir verzeihen um
Deinetwillen. Meine Kameraden wer
den Dir mein bischen Geld schicken. Lebe
wohl! Ans Wiedersehen dort oben, wo
der liebe Vater auf uns wartet.
Dein treuer Sohn
William Evans.
Dem Lesen der beiden Briefe folgte
eine minutenlange Stille. Die Män
ner husteten und blickten verlegen auf
den Boden und zur Seite. Jack Hill,
der Jüngste des Camps, wischte sich mit
dem schmutzigen Hemdsärmel ein paar
Thränen aus den Augen, und Jack Nel
son drehte seine Schlinge verlegen hin
und her und ließ schließlich den Strick
aus die Erde fallen.
Rein, wer hätte das von dem Bill
Evans gedacht!" sagte endlich Killarney
Tick. Hat eine alte kranke Mutter,
der er regelmüßig Geld schickt!"
Kann doch kein so ganz schlechter
Kerl sein!" meinte Louis, der Fran
zse.
W'ßt Ihr was. Mattes!" nahm
jetzt Big Higgs das Wort. Wir
lassen den Burschen lausen und verbie
ten Hm einfach, sich jemals wieder in
KängruhCamp sehen zu lassen. Wir
sind ihn dann ebenso gut los, als ob er
gehängt worden wäre. WaS brauchen
wir der armen kranken Frau das Herz
leid anzuthun! Was meint Ihr?"
Allgemeine Zustimmung wurde- die
sem Vorschlage zu Theil, und die Man
ner schienen froh zu sein, ihren Vorsatz
nicht ausführen zu müssen. Man weckte
Bill, und Higgs sagte ibm, er möge sich
packen und sich nicht mehr in Känguruh
Camp sehen lassen. Vom Aufhängen
wolle man um seiner Mutter willen ad
sehen. Bill Evans weinte und schluchzte
vor Freuden, drückte Allen die Hand
und versicherte, ein neues Leben ansän
gen und sich bessern zu wollen.
Tann entfernte er sich aus dem Lager,
wo er nicht mehr gesehen wurde, und
die Tigger gingen mit dem frohen Be
wußlsein einer guten That im Herzen
an ihre Arbeit.
Dieses Bewußtsein der guten That
hielt so lange an, bis nach etwa vier
zehn Tagen ein Prospektor" von Gol
deii'Valley herüberkam und erzählte.
Bill Evans sei drüben in allen Kneipen
und Spielhöllen der Hauptbahn und
erzähle überall prahlend, im Känguruh
Camp hätten ihn die Dnmmköpse auf
hängen wollen. Er habe ihnen aber
mit Hülfe zweier in verschiedener Hand
schrift abgefaßten Briefe einen Schwin
del von einer alten kranken Mutter vor
gemacht, und die weichherzigen Narren
hätten ihn laufen lassen, obgleich er vor
verhaltenem Lachen fast gestorben wäre,
als die Grünhörner die Briefe lasen.
Und ganz GoldenVlley lacht jetzt
über Elich und denkt, Ihr seid die größ
ten Einfaltspinsel am Gilbert, und
wahrhaftig, wen die Geschichte wahr
ist. dann calailire ich, Ihr seid'!"
schloß der Mann seine Erzählung, und
die Leute von KänglirhCamp schlichen
still beiseite und fluchten.
Genügender Grund.
Als König Ludwig der Achtzehnte von
Frankreich eines TageS in den Gärten
des Palastes von St. Cloud spazieren
ging, erblickte er an einem Spalier zwei
prächtige Birnen. Da er Obst sehr
liebte, befahl er dem Gärtner, die Bir
nen zu pflücken und sie ihm in einen
Pavillon im Hintergrunde des Gartens
zu bringen. Der Gärtner hatte einen
kleinen sechsjährigen Sohn, dem er die
beiden Birnen übergab und ihn damit
zum König schickte. Dieser ergriff sofort
eine von ihnen und biß hinein, während
er die andere dem Kinde zum Esten
reichte. Aber er erstannte sehr, als er
sah, daß der kleine Bursche ein Messer
aus der Tasche zog und Anstalt machte,
die Birne zu schälen. Wie!" sagte er,
ich, der König von Frankreich, esse die
Birne, ohne sie zu schälen, und Du
kannst nicht das Gleiche thnn?"
Allerdings," erwiderte der Knabe
unbeirrt, esse auch ich das Obst am
liebsten ungeschält, aber auf dein Wege
hierher habe ich eine der Birnen fallen
lasten ; sie ist in eine Mistpflltze gefal
len, und ich weiß nun nicht, welche von
beiden es war."
Jetzt holte auch der König sofort sein
Messer heraus.
(Hn boxende Pferd.
Professor Landermann, der vor ein!
gen Jahren plötzlich mit einem boxenden
Känguruh vor das Publikum trat, hat
sich nach dem plötzlichen Tode dieses
Thieres im Januar einem anderen Ob
jekte zugewandt und produzirte kürzlich
das Resultat seiner seitherigen Be
mühungen, einen boxenden Pony, in
London. Derselbe ist englisches Voll
blut, 3 Jahre alt, 1 Hand 2 Zoll hoch
und wiegt ungefähr 4 Centner. Ob
gleich der Professor ihn erst feit unge
fähr einem Monat unter den Händen
hat, leistet er doch schon ganz Hervor
ragendes. Das Thier ist Eigenthum
des Herrn Edwards in London, und
dieser erklärte, daß der Pony nur mit
Güte dressirt sei, denn er würde eS nicht
gestattet haben, hätte man ihn mit der
Peitsche oder Stock berührt. Das Pferd
bat seine Vorderfüße in Hüllen von
demselben Material wie Boxhandschuhe,
und sobald das Zeichen gegeben wird,
boxt es ganz regelrecht. Wie gut es zu
treffen versteht, hat Landermann schon
wiederholt zu seinem Schaden erfahren.
Die Vorführung ist jedenfalls eine sehr
eigenartige und interessante, und beweift
wieder einmal, wie weit man es in der
Dressur bringen kann.
Fachkennwiß.
Weinhändler (einem früheren Lehr
ling begegnend): Na, Meyer, haben
Sie Stellung gefunden?"
Ja, eine außerordentlich gute s
gar !"
Was habe ich Ihnen gesagt? Wer
bei mir gelernt hat, den kann man
überall gebrauchen Wo sind Sie
denn jetzt?"
In einer Essigfabrik!"
ländliche Diagnose.
Bauer: I woaß net, was dös iS,
Bader, an Katarrh hab' i, an Husten
und überall reißt's mi!"
Bader: Dös macht nix... Woaßt,
wer bei dem Sauwetter net krank is, der
is überhaupt net g'sund, "
erschnappt.
Herr (an einemBettler vorübergehend,
der auf der Brust ein Schild mit dem
Worte: .Taubstumm" trögt): Ich
möchte dem Mann ganz gern etwas ge
den. wenn ich nur wüßte, ob er wirklich
taubstumm ist."
Der taubstumme Bettler: Tann le
sen Sie doch das Schild!"
logisch.
.Kellner, ist das ein alter oder ein
neuer Herina. den Sie mir da gekrackt
haben?"
.Können Sie das denn nicht
schmecken?"
.Nein!"
.Tann kann Ihnen das auch aan
egal sein!"
Vitl in Anspruch genommen.
.Willst Tu mir ein Gefällig
keitsaccept über 500 Mari per Ultimo
geben?"
B.: .Bebaun sehr, aber diesen Mo
not habe ich wirklich leine schlaflos
Rächt mehr frei!"