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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (July 9, 1896)
Erlösung. Jf Bot ttcHf ooii äilbm .ol)i. öS ist ein drückend schwüler Sommer tag. ZoNhoch liegt der grauweiße Staub auf der Landstraße, die von der zwei Meilen entfernten Stadt her an der herrschaftlichen Besitzung mit ihren mächtigen Parkanlagtii und den paar armseligen Hütten vorUberfllhit, in hnn hi k httrn s.ltn iifrfliiftintitl Arbeiter mit ihren Familien Hausen. Seit Wochen schon Hat die Heiße Erde leinen erquickenden Tropien in sich aus gesogen : traurig und sonnenmüde lie gen die weiten, ausgedörrten Kornfelder und Wiesen, und auch die hoben Ulmen und breitästigen Wallnukbänine im Parke blicken mit ihren herabhängenden Blätter voll bitterer Resignation auf die künstlich gewässerten Blumenbeete, die allein ein frisches, freundliches An sehen tragen. Wie von den heißen Strahlen der Sonne gelähmt erscheint alles ; kein Geräusch der Arbeit, kein Wagenroll, kein Stimmengemurmel dringt in die dumpfe, brütende Stille ; selbst das schläfrige Plätschern des Springbrunnens ist seit etlichen Tagen verstummt. Nur ein stolzer Pfau mit ausgebreitetem, leuchtendem Federrade schreitet behäbig über den weichen Na senteppich mit einer Anzahl indischer Perlhühner im Gesolge, und ein paar daarsllßige Kinder mit zerrissenen Klei dein und bestaubtem Gesicht stehen hin, ter den spitzenvergoldeten schwarzen Wtterstaben und sehen in slumpssinni, gem Schweigen dem alltäglichen Schaw spiele zu. Aber die junge Frau mit dem Mei- chen Antlitz und den großen dunklen Augen, die drüben im Herrenyauie am .offenen Fenster sitzt, die können sie nicht sehen. Auf ihrem Schoße ruhen einige Dutzend zierlicher Triefe, die sie nach langer. langer ISett einmal wieder yer , Sorgeholt hat. Es sind Briefe ihres letzigen ManneZ von der ersten Atxt ihrer gegenseitigen Liebe an bis zum ochuitstaae vor vier fahren. Welch ein gewaltiges Gefühl des Glückes lind der Liebe und der feepn- sucht aus diesen Blättern spricht ! Die an Zeit jener goldenen, jubeldurch- klungenen Brauttage liegt wieder frei vor ihr da. C, wie fett und treu sie damals mit all ihren Traumen und Hoffnungen an ihm gehangen, mit welchem Glauben und Vertrauen, mit welcher grenzenlosen Hingebung sie da mals ihren Kops an seine Brust gelegt, als er sie immer und immer wieder sein Höchstes und Heiligstes genannt, und ihr fast die Lippen wund geküßt hatte. Ihr ganzes liebe und anlehnungs bedürftiges Herz hatte sie ihm enthüllt, und er hatte ihr alles versprochen, alles alles. Daß er sie wie ein Kleinod, wie einen unersetzlichen Schatz behüten wolle und daß ede Stunde ihr keis auf'S neue Zeugniß von seiner Liebe und Verehrung ablegen und sie ihn immer und ewig auch den zartesten Wünschen geneigt finden solle. Und 8 war kein Zweisel: er hatte es gut und redlich gemeint, er hatte sie, das vermö- genslose Mädchen, wirklich nur um ihrer selbst willen geliebt und gehei rathet, und ihr einen hochgeachteten Namen, eine stolze, herrschende stelle, und Gold und Seide in voller Menge gegeben. Aber das Glück, das reine und wahrhaftige Glück des Herzens, das hatte keine dauernde Heimstatt bei ihr finden können. Sie war nicht so naiv oder so unklug, daß sie nicht gewußt hätte, wieviel Jllu sionen man aufzugeben hat, wenn man einen neuen Lebensabschnitt beginnt, und daß in der Ehe nicht alles so heiter und schön und festlich bleibt, wie eS vor her gewesen und wie zwei junge Liebes leute eS stets einander so gern betheuern. Sie hatte sich nicht verhehlt, was für wunderliche Geschöpfe wir Menschen im Allgemeinen sind, wie leicht nach Er füllung unserer Wünsche und unserer Sehnsucht die großen, überschwenglichen Gefühle des Herzens an Kraft und Schwung verlieren, wie leicht man im Laufe der Zeit müde wird, seiner Liebe deftändig'neuen Ausdruck zu geben und wie bei dem täglichen Zusammenleben einem bald alles reizlos und so ganz selbstverständlich erscheint, wenn eS auch einzelne tiefe und begnadete Naturen gibt, die befähigt sind, für das ge noffene Glück der Liebe ein ganzes Men schenleben dankbar zu sein. Sie hatte nicht felsenfest darauf gerechnet, daß ihr Gemahl zu diesen Auserlesenen gehörte, wiewohl sie eS in ihren Träumen stets begierig und eifrig gewünscht hatte. Aber diese Enttäuschung war eS auch nicht, waS sie so übermächtig quälte und wie ein verzehrendes Feuer in ihr wühlte; ti war die viel furchtbarere Er 'ennwiß. daß sie ihrem Gatten geradezu gleichgültig geworden, daß er ihrer viel leicht sogar überdrüssig war. Er hatte seit einiger Zeit angefangen, sich Zer ftreuungen außer dem Hause zu suchen und seinen eigenen Vergnügungen nach zugehen. Fast täglich ritt er auf meh wie Stunden nach der Stadt und man munkelte, daß er dort allerlei galante Abenteuer vollführe. Zuerst hatte i jedesmal gefchästliche Besorgungen vor! geschützt, bis n eines TageS selbst diese, üblichen Reden für überflüssig nachtet hatte und ohne weiteres devongesprengt. war. 19 I NO) lm oann am niu zarten, rücksichtsvollen Bitten genaht, da hatte er ihr unter flüchtigem Strei cheln. das die Wirkung seiner Worte im uaenblick weniaer empsindlich machen sollte, erwidert, daß er sich nicht gern in i allen Sachen aus die Finger sehe lasse Der Jahrgang 17. und daß sie doch wirklich nichts zu ent behren habe, und fröhlich und zufrieden ein könne. Laut aufgeschrieen hatte sie damals beinahe. O Gott, war es denn mög lich, daß er nicht fühle, wie sie sich härmte und m das entschwindende Glück der Liebe in verzweifelten Käm pfen rang, daß er nicht einsah, daß es nicht bloß eine Laune bei ihr war, ihn zum Bleiben zu bewegen, und daß er es nicht als ein Unrecht und eine Sünde empfand, sie zu hintergehen und sie wie ein altmodisch gewordene? Kleidungs stück bei Seite zu schieben? Hatte er denn vergessen, daß sie mit dem reiche Schatz der Liebe im Busen nach mehr, nach viel viel mehr verlangt hatte, als nach dem kalten Mammon eines in haltsleeren Wohllebens?! Still und verschlossen ist sie seit jenem Tage ge worden: sie hat nicht mehr den Muth, aus ihn einzuwirken, und es kann jetzt vorkommen, daß sie einander oft tage lang nicht sehen. Wie auf die Natur da draußen, hat ich auch aus ihre seele eine erstickende Schwüle gesenkt, die ihr fast unerträglich wird bei dem Gedan ken, daß ihr auch das einzige, daß ihr vielleicht Ersatz bieten könnte, daß ihr auch das Mutterglüa bis heute verjagt geblieben Ein dumpfes Donnerrollen schreckt die in schwermllthlges Sinnen versun kene Frau plötzlich auf. Sie legt ihre Briefe zusammen und tritt auf die Ter raffe. Schwere, bleigraue Wolkenmas sen sind am Horizonte anfgezogen und verfinstern den Schein der Sonne. Kein lebendes Wesen ist im Parke mehr zu erblicken, beklemmende Gradesstill: la gert über der ängstlich harrenden Land schiist, eS ist die Stimmung, die vor herzugehen pflegt, wenn sich etwas Großes in der Natnr vorbereitet. Kecke Windstöße fegen durch das Blättergewirr und näher und näher und immer lauter rollt das Getöse und Gekrach des Don ners. Da zuckt auf einmal ein flam mender Blitzstrahl hernieder und nun gewahrt die junge Frau die noch jenseits des Gitters weilenden beiden kleinen Geschöpfe. Sie weis?, daß die Arbeiter mit ihren Frauen sämmtlich draußen im gelde sind und dag die Kinder tags über meistens sich selbst überlassen sind, Und in dem Gefühl des Mitleids und des eigenen Verlaffenfeins, das ange sichts des drohenden Wetters mit ver stärkter Gluth zu ihrem Herzen schießt, und sie in die Gesellschaft einer mensch lichen Kreatur treibt, eilt sie die hohe stemlreppe hinunter und der Aus- gangSpforte zu, durch die sie die Beiden zu ich heranwinkt. Mit scbeuen, ver wunderten Blicken nähern sie sich der Gutsherrin, und dann nimmt sie jedes von ihnen an die Hand und flüchtet mit ihnen wieder in das Innere des Hauses. Und während jetzt Blitz auf Blitz durch das unyeimllche Tnnkel züngelt, begleitet von unaufhörlichen Doiiiier- fchlägen, und aus den geöffneten Schleusen des Himmels prasselnd und Hat chend der Regen in vollen Strö men niedenauscht, fitzt die junge Frau mit ihren Schützlingen drinnen in weichen Polstern und nimmt bald das eine, bald das andere der barfüßigen Kleinen auf den Schooß, und preßt sie an sich und drückt ihnen die Händchen und streicht ihnen das ungeordnete Haar, und küßt ihnen den Staub von Stirn und Backen. Die ganze, so lange Zeit zurückgedrängte eldenschaftlichieit ihrer liebheischenden Seele bricht sich in dieser Stunde Bahn und überschüttet diese beiden kleinen Wesen mit einer l,luth bon Zärtlichkeiten und Lieb kosungen. Da steht plötzlich ihr Gemahl auf der Schwelle, im grauen Regenmantel und mit gespornten Stiefeln. Wie auf etwas Unfaßbares, etwas Hebernd! scheS festgebannt, bleibt sein Blick 411s dieser Gruppe der drei alleS um sich her vergessenden Menschenkinder haften. Er kann im ersten Augenblick noch gar nicht begreisen, waS hier vorgeht. Wie er aber näher tritt und den glück seligen Zug im Antlitz seine WeibeS sieht und die leichtgerötheten Wangen und das große dunkle Auge, das heute einen so wunderbaren Glanz aus ftrablt, da überkommt es ihn wie eine göttliche Offenbarung, welch ein gewal tigeS Anhänglichkeitsbedürfniß, welch ein leidenschaftliches Verlangen nach dem seligen Geben und Nehmen der Liede in diesem Frauenherzen steckt, um an diesen beiden fremden, schmutzigen Kindern eine so köstlich Befriedigung zu finden, und mit brennender Scham liciyi C9 in mm uni, oug et aat nie hat zu verstehen suchen wollen, und wie kalt und schlecht er doch an ihr ge handelt. .Adele!" kommt eS wie ein schmerz sicher Ziuf von seinen Lippen. Mehr vermag er nicht hervorzubringen. .Ich glaubte. Tu seift schon sortze Ämtagbmst. Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. ritten," sagt sie ganz schlicht und unbe fangen und geht auf ihn zu. Bei diesem furchtbaren Metter? Aber wie gut, daß es gekommen ist!" Und er reißt die Thür auf und ruft in den Gang zurück. Wieder absatteln, ich bleibe zu Hause!" Dann wirft er Mantel und Hut zur Seite und streckt seinem Weibe beide Hände entgegen: Ich bleibe bei Dir jetzt und immer!" Einen Augenblick später liegt sie an seiner Brust, und nun entringt eS sich stammelnd und bittend und flehend sei nem Innern, und er küßt sie immer und immer wieder auf Stirn und Mund und Wangen und herzt und drückt sie, als wollte er sie nie für eine Sekunde mehr von sich lassen. Mein Weib, mein liebes, treues Weib!" wiederholt er immer wieder, dem Himmel sei Dank, der mir ein solches Weib geschenkt." Staunend stehen die beiden Kleinen und sehen sich das Unbegreifliche an, das da vor ihren Angen sich abspielt. Draußen ist es allmählich stiller und heller geworden, der Regen hat nachge lassen, das Gewitter hat sich langsam zertheilt. In der Ferne nur zuckt und grollt es noch von Zeit zu Zeit. Der glückliche Gatte ist hinausgeeilt und hat für die Kinder Kuchen und Ehokoladestückchen geholt, mit denen er ihnen die Taschen vollpfropft, und mahnt sie dann an das Nachhause gehen. Und seine ebenso glückliche Gattin nimmt wieder jedes von ihnen an die Hand und führt sie fo wieder zurück, wie sie gekommen. Noch tropft und wispert und raschelt es ringS in den Büschen und Bäumen, ein freier, erlösender Windhauch geht über die regengetränkten, neu aufath menden Fluren, es ist, als ob die Natur sich zu verjüngtem Leben erhöbe. Und wie die junge Frau wieder den nassen Kiesweg zurückgelegt und nun die Steinstufen wieder hinaufstllrmt, da steht ihr Gemahl mit ausgebreiteten Armen vor ihr und hält sie lange lange mit seinen Armen umschlungen, ' Und wie er sie mit verklärten Blicken ansieht, da gewahrt er, wie in ihren großen dunklen Augen etwas Feuchtes blinzelt. Vielleicht, daß vorhin von den Bäumen im Parke ein Regentropfen auf ihre Wimper gefallen. Oder sollte eS eine Thräne fein, eine FreudenS thräne der Erlösung der Erlösung ans banger, schwüler Zeit? Eine auftralischeksnchgeschichte. RoveUetle von Karl i?ugen Schmidj, KänguruhCamp war ein kleines Diggerlager in einer Seitenschlucht des Gilbertflusses in Nordauftralim. Einige dreißig Goldgräber hatten dort ihre Zelte aufgeschlagen. Das Lager zeich nete sich nicht gerade durch Stille und Friedfertigkeit feiner Bewohner aus: im Gegentheil vergingen selten drei Tage, ohne daß irgendwo ein Radau ausgevrochen wäre, wobei dann mit unter auch Revolver knallten und Blut floß. Hatte einer von den Goldgräbern einen großen Fund gemacht, ein iiugget oder ein reiches pocket entdeckt, so hing der Glückliche alle Arbeit an den Nagel, biS das Errungene ordnungsmäßig dnrchgebracht war. Der Feiernde legte sich unten bei Patty O'Shannessy in der ''Last Chance" auf' Pokerspie len und Whiskytrinken, bis ihn das Ausgehen des Mammons wieder zum "jn'8pecting ' trieb. Wenn im australischen Hinterlande von einem Streite erzählt wird, so fragt der Kläger nicht : Ou est la fenmie? sondern : What haud did he hold?; denn neun Zehntel aller Streitfülle in dem goldspronenden Lande entfprinzen am Kartentische. Die Bewohner von Känguruh Camp waren ohne Aus nähme eifrige Verehrer deZ PokerspieiS, und folglich war an Streitereien kein ! Mangel. Zu Anfang ging die Sache ganz gut: die Mitspielenden waren alle Kameraden und das corriger la ! kortune fiel keinem ein. Später aber! erschienen einige bösartige Elemente im j vamp, richtige "sliarpers , die über ! Haupt nur von den Karten lebten. Wenn jetzt ikmand einen glücklichen Fund that, fo war fein Verdienst bald ! in den Händen dieser Spitzbuben; und wenn wir Morgens an die Arbeit ain1 gen, so konnten wir die Spieler noch am Kartentische sitzen sehen, den sie seit dem Abend nicht verlassen hatten. Känguruh-ßamp gerietq allmählich in einen sehr dösen Ruf. Leider nicht mit Unrecht. Die ruhigeren Leute hat ten dem "hell k a camp" entweder den Rücken gekehrt oder verhielten sich dem wüsten Treiben gegenüber still, so daß das ganze Lager von der Spieler bände beherrscht zu sein schien. Das Nachts ein Schreien und Fluchen, ver mischt mit Rvolerschül?en, die Ruhe der Tigger störte, war jetzt etwas ganz Gewöhnliches, und mitunter lag am Morgen ein Erschossener auf der Straße, mährend sein Mörder im Shanty" saß und trank und lachte. Es wurde wirk lich unqemiithlich im Lager, denn im mer die Hand c- zolver haben zu müssen, ist ein seh. zweifelhaftes Ver gnügen. Als die Sache so weit gekommen war, traten die ruhigeren Goldgräber, die noch in dem wilden Camp geblieben waren, zusammen und beschlossen, eine Art von Lynchgericht zu bilden. Denn, Kameraden," sagte Hiqqs, der Entdecker der Goldminen von KänguruhCamp, das kann nicht so weiter gehen. Ich meine, es ist am besten, wenn wir es machen wie drüben in Amerika. Den Nächsten, der sich mit seinem Schießeisen zu breit macht, krie gen wir zu packen und hängen ihn an den ersten besten Banm." Der Plan des Alten schien, gut und wurde angenommen. Auch die legenheit, ihn auszflll)ren, ließ nicht lange auf sich warten. Bill Evans, ein junger Bursche aus Neusüdwales, für den die Arbeit außerordentlich wenig Reiz hatte, hatte beim Poker einen Mann erschossen. Am Tode des roth haarigen Kelly lag zwar keinem Men schen etwas, im Gegentheil athmete leder friedliche Insasse des Lagers er leichtert auf, als die Kunde von dem beschlennigten Ableben dieses Burschen durch das Lager getragen wurde, denn der Todte war ein bösartiger Raufbold und Falschspieler gewesen, der seit sei ner Ankunft in KänguruhCamp weder Hacke noch Schausei angerührt hatte. Da sein Mörder aber um kein Haar bester oar, und da es sich um Voll ziehung eines warnenden Beispiels han delte, wurde der Fall von dem Comite" aufgegriffen. Ein halbes Dutzend Leute gingen zu einem Mu, wo er seinen Rausch aus- schlief, und machten ihn dingfest. Dem Mörder schien die ganze Sache sehr spaßig vorzukommen. Auf die Fragen seiner Richter antwortete er nur mit einem spöttischen Gelächter oder einem ärgerlichen Fluche. Es war offenbar, daß er die Gerichtsscene nur für einen Scherz hielt, den sich die Goldgräber ausgedacht hatten, um ihm Angst zu machen. Nach und nach schien ihm aber doch der Ernst seiner Lage klar zu werden, denn die Männer vor ihm beschlossen mit der größten Gemnthsruhe, am besten sei Aufhängen, denn das fei billiger und mache außerdem nicht so viel Spektakel wie erschießen. Mike Smith erbot sich den noch fast neuen Strick von seinem "windlass" zu der Gelegenheit zu leihen, und der frühere Matrose Jack Nelson rühmte sich, eine Schlinge machen zu können trotz dem tüchtigsten Henker in der Christenheit. Um die Sache ganz formell adzu machen, wurde dan dem Verurtheilten gesagt, bis zum nächsten Morgen habe er noch zu leben, und wenn er einen letzten Wunsch habe, möge er reden. Bill Evans glaubte immer noch nicht recht an den Ernst der Sache und erwi derte dem alten Higgs einfach, er solle sich zum Teufel scheeren. Danach wurde die Ablösung der Wachen bestimmt und im Camp wurde es still, wie es seit Monaten nicht mehr gewesen war, denn die Spielerbande war auf die Nachricht von der Verurtheilung ihres Genossen hin plötzlich verschwunden, und keiner von ihnen wagte sich aus dem Zelte. Gegen Mitternacht kam einer der Wachtposten an das Zelt des alten Higgs und forderte ihn auf, zu Bill EvanS zu kommen, da er ihm etwas mitzutheilen wünsche. Bill hatte sein Gesicht in den Händen vergraben und redete mit dumpser Stimme, als HiggS ihn nach seinem Begehren gefragt hatte. Ich sehe," sagte er, daß eS Euch wirklich ernst ist, und ich kann eS Euch nicht übelnehmen. Der allmächtige Gott wird Mir hoffentlich gnädig sein. Ter Whiskey und die Karten sind an allem schuld. Aber o Gott, meine arme alte Mutter!" Hier schluchzte der Unglückliche laut aus und konnte eine ganze Weile nicht weiterreden. Dem alten HiggS und den beiden Wächtern wurde eS wunderlich zu Muthe bei dieser plötzlichen Veränderung der Haltung des Gefangenen. Und dann! die Mutter! Ter Gedanke an die Mut ter des von ihnen Perurtheilten bohrte sich den Männern in die Seele. Sie alle hatten ja auch einst eine Mutter ge habt, und die Erinnerung an Jugend und Mutterliede stimmte sie weich. Dem Gefangenen schien es schwer zu werden, sich zu sammeln und Worte zu finden. Endlich fuhr er mit gebrochener Stimme fort: Ich wollte Euch nur um Papier und Schreibzeug und um die Erlaubniß dit No. . ten, einen letzten Brief an meine Mutter zu schreiben. Sie ist alt und krank und weiß nichts von meinem jetzigen Treiben. Ach, wenn sie das erfährt, es wird ihr das Herz brechen!" Der alte Higgs räusperte sich und sah aus die Seite: Jetzt hatte der Bill Evans gar eine Mutter! Er konnte doch eigeut lich kein gar so schlechter Kerl sein, denn sonst hätte er seine Mutter nicht so ge liebt. Traurig, daß die arme, alte Iran dieses Unglück erleben mußte! Aber was da! Gesetz ist Gesetz. Strafe muß sein, und Bill muß hängen according to law. Dies waren die Gedanken, die dem braven Alten durch den Kopf sausten, während der Verur theilte sprach. Jetzt ermannte er sich und antwortete, German Charlie habe Tinte, Feder und Papier in seinem Zelte, und er werde diesen tackle ho len. Zehn Mnuten später saß Bill au dem als Tisch dienenden Baumklotz und verfaßte seinen Brief. Am Morgen fanden sich die Digger frühzeitig ein, um ihren gestrigen Ur theilsspruch zu vollstrecken. - Auf dem Baumklotz lagen zwei Briefe, und die Männer, die den Verurtheilten nicht aufwecken mochten, standen umher und unterhielten sich flüsternd. Einer von ihnen nahm die Briefe in die Hand, und da sie nicht geschloffen waren, las er sie neugierig durch. Ärmer Kerl!" sagte er dann und legte sie wieder auf den Klotz. Hat an seine Mutter geschrieben," wurden die Uebrigen belehrt, aber diese wollten mehr wissen und verlangte, er solle die Briefe vorlesen. Und so nahm Jack the Cockney die Schriftstücke wieder auf und las sie mit gedämpfter Stimme vor. Der erste Brief lautete in getreuer Uebersetzung folgendermaßen: Mein lieber Sohn! Ich habe Deinen Brief und die fünf Pfund erhalten. Gott segne Dich, daß Du an Deine alte Mutter denkst und ihr schon zum zweiten Male in diesem Monat Geld schickst. Ich sagte es auch von jeher, Du warst nie schlecht, sondern nur manchmal ein bischen wild. Aber ein guter Sohn bist Du immer gewesen . und ich bete jeden Abend für Dich, daß Dich der barmherzige Gott beschütze dort oben in dem wilden Lande und Dich be hüte vor bös Menschen! Die letzten vier Wochen habe ich nicht aus dem Bett gekonnt. Ich bin zn schwach, um viel zu schreiben. Der himmlische Vater be hüte Dich. In treuer Liede Deine alte Mutter Mary Evans. Der andere Brief hatte folgenden In halt: Liebste Mutter! Es geht mir schlecht, und ich bin in's Unglück gerathen. Die Karten, vor de nen Du mich so oft gewarnt hast, sind schuld daran. Ach Gott, wie wirst Du es überstehen, wenn Du davon hörst! Das allein quält mich, sonst liegt mir nichts am Leben; ich sterbe gern. Der gnädige Gott wird mir verzeihen um Deinetwillen. Meine Kameraden wer den Dir mein bischen Geld schicken. Lebe wohl! Ans Wiedersehen dort oben, wo der liebe Vater auf uns wartet. Dein treuer Sohn William Evans. Dem Lesen der beiden Briefe folgte eine minutenlange Stille. Die Män ner husteten und blickten verlegen auf den Boden und zur Seite. Jack Hill, der Jüngste des Camps, wischte sich mit dem schmutzigen Hemdsärmel ein paar Thränen aus den Augen, und Jack Nel son drehte seine Schlinge verlegen hin und her und ließ schließlich den Strick aus die Erde fallen. Rein, wer hätte das von dem Bill Evans gedacht!" sagte endlich Killarney Tick. Hat eine alte kranke Mutter, der er regelmüßig Geld schickt!" Kann doch kein so ganz schlechter Kerl sein!" meinte Louis, der Fran zse. W'ßt Ihr was. Mattes!" nahm jetzt Big Higgs das Wort. Wir lassen den Burschen lausen und verbie ten Hm einfach, sich jemals wieder in KängruhCamp sehen zu lassen. Wir sind ihn dann ebenso gut los, als ob er gehängt worden wäre. WaS brauchen wir der armen kranken Frau das Herz leid anzuthun! Was meint Ihr?" Allgemeine Zustimmung wurde- die sem Vorschlage zu Theil, und die Man ner schienen froh zu sein, ihren Vorsatz nicht ausführen zu müssen. Man weckte Bill, und Higgs sagte ibm, er möge sich packen und sich nicht mehr in Känguruh Camp sehen lassen. Vom Aufhängen wolle man um seiner Mutter willen ad sehen. Bill Evans weinte und schluchzte vor Freuden, drückte Allen die Hand und versicherte, ein neues Leben ansän gen und sich bessern zu wollen. Tann entfernte er sich aus dem Lager, wo er nicht mehr gesehen wurde, und die Tigger gingen mit dem frohen Be wußlsein einer guten That im Herzen an ihre Arbeit. Dieses Bewußtsein der guten That hielt so lange an, bis nach etwa vier zehn Tagen ein Prospektor" von Gol deii'Valley herüberkam und erzählte. Bill Evans sei drüben in allen Kneipen und Spielhöllen der Hauptbahn und erzähle überall prahlend, im Känguruh Camp hätten ihn die Dnmmköpse auf hängen wollen. Er habe ihnen aber mit Hülfe zweier in verschiedener Hand schrift abgefaßten Briefe einen Schwin del von einer alten kranken Mutter vor gemacht, und die weichherzigen Narren hätten ihn laufen lassen, obgleich er vor verhaltenem Lachen fast gestorben wäre, als die Grünhörner die Briefe lasen. Und ganz GoldenVlley lacht jetzt über Elich und denkt, Ihr seid die größ ten Einfaltspinsel am Gilbert, und wahrhaftig, wen die Geschichte wahr ist. dann calailire ich, Ihr seid'!" schloß der Mann seine Erzählung, und die Leute von KänglirhCamp schlichen still beiseite und fluchten. Genügender Grund. Als König Ludwig der Achtzehnte von Frankreich eines TageS in den Gärten des Palastes von St. Cloud spazieren ging, erblickte er an einem Spalier zwei prächtige Birnen. Da er Obst sehr liebte, befahl er dem Gärtner, die Bir nen zu pflücken und sie ihm in einen Pavillon im Hintergrunde des Gartens zu bringen. Der Gärtner hatte einen kleinen sechsjährigen Sohn, dem er die beiden Birnen übergab und ihn damit zum König schickte. Dieser ergriff sofort eine von ihnen und biß hinein, während er die andere dem Kinde zum Esten reichte. Aber er erstannte sehr, als er sah, daß der kleine Bursche ein Messer aus der Tasche zog und Anstalt machte, die Birne zu schälen. Wie!" sagte er, ich, der König von Frankreich, esse die Birne, ohne sie zu schälen, und Du kannst nicht das Gleiche thnn?" Allerdings," erwiderte der Knabe unbeirrt, esse auch ich das Obst am liebsten ungeschält, aber auf dein Wege hierher habe ich eine der Birnen fallen lasten ; sie ist in eine Mistpflltze gefal len, und ich weiß nun nicht, welche von beiden es war." Jetzt holte auch der König sofort sein Messer heraus. (Hn boxende Pferd. Professor Landermann, der vor ein! gen Jahren plötzlich mit einem boxenden Känguruh vor das Publikum trat, hat sich nach dem plötzlichen Tode dieses Thieres im Januar einem anderen Ob jekte zugewandt und produzirte kürzlich das Resultat seiner seitherigen Be mühungen, einen boxenden Pony, in London. Derselbe ist englisches Voll blut, 3 Jahre alt, 1 Hand 2 Zoll hoch und wiegt ungefähr 4 Centner. Ob gleich der Professor ihn erst feit unge fähr einem Monat unter den Händen hat, leistet er doch schon ganz Hervor ragendes. Das Thier ist Eigenthum des Herrn Edwards in London, und dieser erklärte, daß der Pony nur mit Güte dressirt sei, denn er würde eS nicht gestattet haben, hätte man ihn mit der Peitsche oder Stock berührt. Das Pferd bat seine Vorderfüße in Hüllen von demselben Material wie Boxhandschuhe, und sobald das Zeichen gegeben wird, boxt es ganz regelrecht. Wie gut es zu treffen versteht, hat Landermann schon wiederholt zu seinem Schaden erfahren. Die Vorführung ist jedenfalls eine sehr eigenartige und interessante, und beweift wieder einmal, wie weit man es in der Dressur bringen kann. Fachkennwiß. Weinhändler (einem früheren Lehr ling begegnend): Na, Meyer, haben Sie Stellung gefunden?" Ja, eine außerordentlich gute s gar !" Was habe ich Ihnen gesagt? Wer bei mir gelernt hat, den kann man überall gebrauchen Wo sind Sie denn jetzt?" In einer Essigfabrik!" ländliche Diagnose. Bauer: I woaß net, was dös iS, Bader, an Katarrh hab' i, an Husten und überall reißt's mi!" Bader: Dös macht nix... Woaßt, wer bei dem Sauwetter net krank is, der is überhaupt net g'sund, " erschnappt. Herr (an einemBettler vorübergehend, der auf der Brust ein Schild mit dem Worte: .Taubstumm" trögt): Ich möchte dem Mann ganz gern etwas ge den. wenn ich nur wüßte, ob er wirklich taubstumm ist." Der taubstumme Bettler: Tann le sen Sie doch das Schild!" logisch. .Kellner, ist das ein alter oder ein neuer Herina. den Sie mir da gekrackt haben?" .Können Sie das denn nicht schmecken?" .Nein!" .Tann kann Ihnen das auch aan egal sein!" Vitl in Anspruch genommen. .Willst Tu mir ein Gefällig keitsaccept über 500 Mari per Ultimo geben?" B.: .Bebaun sehr, aber diesen Mo not habe ich wirklich leine schlaflos Rächt mehr frei!"