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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (July 9, 1896)
Große lVinde. Novell, von $. H, Das dritte Glockenzeichen ertönte. Schnell! Schnell!" rief der Schaff ner cht UberNüssiaerweise einem nline, bin atbemlvS herbeieilenden ffahrgast zu, der sich bei einer heißen Tasse Kaffee in dem Restaurationszimmer zu lange aufgehalten haben mochte, und schob ihn in das Soupee zweiter Klaffe, in .j. : r.i. utit f.,. ivruyci jeiict innen iup v"'". w' bald er die Tbllr mit besonderem Nach, druck zugeschlagen, ließ sich der bekannte schrille Psiff der Locomotive hören, und der Eisenbahnzug sehte sich nach einem Aufenthalte von sechs Minuten am Bahnhofe des kleinen Schweizer Siädt chens Zonnaen wieder in Bewegung. Noch waren indeß die Stationsgebäude den Blicken der Reifenden n cyi ganziioz entschwunden, da kam der Zug von neuem zum Stillstand. Allgemeine Entrüstung. Man hatte es schon unerhört gefunden, daß der Schnellzug an einem Orte wie Zofingen sechs Minuten verweilt hatte, und nun noch eine solche Versäumnitz. Was hatte sie zu bedeuten?" Aus allen Fenstern reckten sich Hälse mit mehr oder minder charakteristischen Köpfen. Schon malte sich in den Wie nen jener Ausdruck des Zagens vor dem Unbewußten, der selbst dem intelligen testen Gesicht einen Anstrich von Dumm heit verleiht ; schon ließen jene Leute, welche von den Ereignissen, die noch gar nicht geschehen find, unterrichtet zu sein Pflegen, sich in gewichtigen Aussprüchen über die Ursache des Aufenthaltes der nehmen ; schon schalten andere über die schweren, unersetzlichen Verluste, die ihnen aus der Verzögerung ihrer Reise erwachsen könnten. In wenigen Minuten erschöpfte man sich in allerlei grausigen Möglichkeiten. Ein Zug war entgleist, lag unweit der Station auf den Schienen, und die zer trümmerten Wagen, die Verwundeten und verstümmelten Leichen mußten erst weggeschafft werden, um die Geleise frei zu machen. Nach einer anderen Varia tion war man dem durch falsche Wei chenstellung verursachten Zusammenstoß mit einem in der Einfahrt begriffenen Gükrzug im letzten Augenblick wie durch ein Wunder entgangen. Es war ein Wagen in Brand gerathen, der ab gekoppelt werden mußte, besonders feine Rosen spürten den Brandgeruch ; eine sehr ängstliche Dame konnte nur mit Mühe davon abgehalten werden, aus dem Fenster zu springen wenn es ge gangen wäre ! Doch da kam schon die Erklärung: ZofingenS Polizeimacht rückte an. Keuchend und prustend lief der wohlbe leibte Polizeiwachtmeifter die Wagen , reihe entlang, finstere Blicke um sich werfend folgten ihm seine beiden Unter gebenen. Wie vom Winde hergetragen verbreitete sich nun das Gerücht, man fahnde auf einen Raubmörder und habe ihn grausiger und glücklicherweise in diesem Zuge entdeckt. Die Insassen des Coupees musterten sich gegenseitig verstohlen und entdeckten einer in der Physiognomie des andern Linien, welche zu denken gaben. Hätte die Situation länger gedauert, wer weiß, ob nicht dieser oder jener in seiner Erregung zum Angeber geworden wäre. Die Bersuchung ging indeß schnell vor, über. Heureka! konnte die Zosinger Hermandad rufen; sie hatte gefunden allerdings erst im letzten Wagen der langen stark befehlen Reihe. Tie Rei senden baten einander stillschweigend den gehegten erdacht ab. In dem Zoupee, vor welchem der Wachtmeister Halt machte, befanden sich vier Personen; eine ältere und eine jüngere Tame und ein zu beiden gehö render alter Herr, außerdem ein junger Mann, verieioe. er stch vorher bei tci nem Kaffee verspätet hatte. Er saß jetzt in eine Ecke gedrückt, hatte, obwohl es ein warmer Tag war, die Reisedecke bis zu den Schultern hinauf über sich gezogen und bei dem plötzlichen Still halten des ZugeS einen Laut des Un willen? von sich gegeben, sich dann aber weiter nicht gerührt, sondern feinen Reisegefährten artig das auf den Per ron gehende Fenster zum Ausblick über lassen. Er schien an den sich draußen abspielenden Vorgängen kein Interesse zu nehmen ; ein um so größeres nahm man an ihm. Der die Polizisten begleitende Schaff ner riß die Thür auf; beide Tamen stießen einen Schrei aus, aber der Wachtmeister beruhigte sie: Acngftigen Sie sich nicht, meine Damen," sagte er mit stark thüringi schem Dialekt, aus Sie ist's nicht ge münzt, und gethan scheint er Ihnen ja auch noch nichts zu haben." Wer? Was?" fragten die nun dop Pelt erschreckten Tamen, aber der Wacht meifter bedeutete sie durch eine Handbe wegung. daß Zeit. Ort und Amt ihm nicht gestatteten, sich auf nahe Erkla rungen einzulassen. Er hatte sich dem jungen Reisenden zugewendet, betrach tete ihn eine Weile prüfend, sah seine Gefährten an, die zustimmend nickten, und gebot dann : .Steigen Sie aus!" Was wollen Sie von mir?" fragte der eisende. Tie Polizisten sahen sich wieder an und nickten einander befriedigt zu. .Folgen Sie uns," sagte der Wacht meifter. ohne die Frage des Reisenden zu beantworten. .Wohin? Weshalb?' fragte dieser, ohne seinen Platz zu verlassen. Nach dem Polizeiamt ; das brauche ich Ihnen doch wohl nicht erst zu sagen, und weshalb, das wisse Sie auch am beste, Herr Zmirner." Er schleuderte ihm den Namen wie eine Brandrakete iii's Gesicht, aber der Andere ward da von nicht vernichtet. Ich heiße nicht Zwirner, sondern Müller." sagte er. Der Wachtmeister lachte überlegen. Wissen wir besser: kommen Sie." Er streckte seine Hand nach der Schul- tcr des jungen Mannes aus. Dieser war aiisgesprungen. Was erdreisten Sie sich? Mit tocl chem Rechte " Machen Sie sich hier nicht so mrn, sig, mein lieber Herr Zwirner," unter, brach ihn der Wachtmeister mit unheim, licher Gemüthlichkeit, halten Sie uns nicht unnöthig auf; meinen Sie, der Schnellzug soll Ihretwegen den Anschluß versäumen r Aber ich versäume ihn, wenn ich Jh nrn solge!" rief der Reisende zornig. Sollen Sie auch," antwortete der Wachtmeister mit unerschütterlichem Phlegma. Mein Schiff liegt segelbereit im Ha fen." Wissen wir," nickte der Beamte see lenvergnügt. Es geht morgen früh ab." Aber Sie nicht mit," schmunzelte der Wachtmeister ; sich in die Brust werfend, fuhr er barsch fort: Jetzt ist hier genug geschwatzt und parlamentirt, machen Sie jetzt weiter keine Umstände ; vor wärts, marsch!" Er gab seinen Begleitern einen Wink und diese näherten sich in so entschlösse ner Haltung, daß Herrn Zwirner oder Müller kein Zweifel über den Ernst sei ner Lage bleiben konnte. Er sah ein, daß er sich sügen müsse, und stieg aus. Ich werde Sie für allen mir aus dem Ausenthalt erwachsenden Schaden verantwortlich machen," drohte er. Was wird aus meinen Sachen?" Wollen wir schon kriegen," schmun- zelte der Wachtmeister, die stehen unter polizeilicher Aussicht." Wahrend die beiden Polizisten den Gefangenen, der die Hände auf dem Rücken hielt, in die Mitte nahmen klet terte der Wachtmeister in den Wagen, um das Gepäck mit Beschlag zu belegen, zugleich aber auch, um die Mitreisenden in einer, wie er glaubte, ganz unauf fälligen Weise ein wenig in's Verhör zu nehmen. Sehen die Herrschaften nur nach, es fehlt Ihnen doch nichts von ihren Sa chen?" fragteer. Wir haben kein Handgepäck,, das dulde ich nicht." erklärte der alte Herr. Und das Geld haben Sie sicher der wahrt? Sie können von Glück sagen, daß wir den Menschen abfaßten, ehe die Dunkelheit hereinbrach. Sie sind lange mit ihm gefahren?" Tie ganze Strecke; er ist also ein ge fährlicher Verbrecher." Tie Damen schaudten. Wer hatte das gedacht, er hatte so gute Manieren," sagte das junge Mäd chen, nur wunderte ich mich, daß er seine Hände erbarg, wir haben sie wäh rend der ganzen Fahrt nicht zu sehen bekommen." Weil er sie zu brauchen gedachte. wenn die Gelegenheit günstig war," er klärte der Wachtmeister wichtig, während er den Handkoffer, die Reiscdccke und noch einige kleinere Gepäckstücke seine: Gesungenen aus dem Wagen auf den Perron beförderte. Glückliche Reise, danken Sie Gott für den Aufenthalt in Zusingen." Damit stieg er aus dem Wagen, der Schaffner schloß die Thür und auf ein Zeichen des Stationsvorstehers setzte der Zug sich wieder in Bewegung. Auch mit einem anderen Zuge konnte es nun vorwärts gehen. Ein Packträger wurde mit den Sachen des Gefangenen bela den, die beiden Polizisten marschirtcn mit ihm voran, der Wachtmeister ging einige Schritte hinterher, mit Argus äugen jede Bewegung des Gefangenen beobachtend. Wollen Sie nicht wenigstens eine Troschke nehmen?" bat der junge Mann beim Anblick der Neugierigen, die Miene machten, ihn zu begleiten. Haben wir nicht," erwiderte der Wachtmeister nicht ganz wahrheitsgetreu. denn Zoffngen konnte sich allerdings des Beiitzes einiger dieler iicthssuhrwerke rühmen, die Benutzung eine! solchen hätte ihn aber um einen Triumph ge bracht, nach dem er sich seit Jahren ge sehnt. Stets hatte er davon geträumt, daß ihm einmal der Fang eines großen Verbrechers gelinge, eines Verbrechers, dessen Schlauheit den Scharfsinn der ge wiegtesten Criminalpolizisten der Haupt (ladt getäuicht, und letzt endlich war sein heißer Wunsch in ErfüUung.gegan gen. Am vorhergehend: Tage war ein Telegramm aus der Hauptstadt einae lauten, man olle aus einen Raubmör der sahnden, welcher der Polizei, die ihn schon in Händen zu haben geglaubt, mit aalglatter Gewandtheit entichlüpkt war und jetzt sicher auf Umwegen eine Hafen ftadt zu erreichen suche, um sich daselbst einzuschiffen. Der Gedanke an den groen Fang. der hier zu machen sei, hatte dem Wacht meifter keine Ruhe klaffen ; die Nacht über und während des Tages hatte er sich am Bahnhof aufgehalten, daS Sig nalement des Flüchtigen auswendig ge lernt, in jeden Wagen der durchfabren den Züge gespäht, und endlich war ihm der Gesuchte beinahe in die Arme gelau ten. Vom Buflet des ReftaurationS zimmert kommend, eilte er an ihm vor über, der Wachtmeister stürzte ihm nach, aber um ein Haar wäre er ihm noch ent gangen. Hatte er nicht durch seine Machtbefugniß och das Anhalten des Zuges bewirkt, so wäre der große Mo mcnt seines Lebens verloren gewesen. Jetzt aber war er da und mußte ausge lostet werden. Der Bahnhof lag am äußersten Ende der kleinen Stadt, die Hauptstraßen mußten durchmeffen werden, ehe man das RathhauS erreichte, und mit jedem Schritte vergrößerte sich die Begleitung. Tie gesaniinte Straßcnjngend grneth in Bewegung, in allen Häusern öffneten sich die Fenster, von Mund zu Mund pflanzte sich die Mär von der Helden that, welche der Wachtmeister verrichtet, fort. Einem Wunderthier gleich wurde der' Unglückliche angestaunt, der, den Kopf gesenkt, die Hände auf dem Rücken, zwischen seinen Begleitern einherschritt, in kaltem Schweiß gebadet vor dem Rnthhaus anlangte und, wie einer gro ßen Gefahr entgangen, ausathmete, als deffen Thür sich hinter ihm schloß. Der von seiner Verhaftung bereits in Kenntniß gesetzte Polizeibeamte erwar tete ihn schon. Der Wachtmeister er stattete seinen Bericht, dann wurde der Verbrecher zum Verhör vorgeführt. Er gsb an, Müller zu heißen und aus dem Wllrttembergischen zu sein; in der That hatte seine Aussprache auch ei nen Anflug von süddeutschem Dialekt. Man lachte darüber nur, dies war ein Beweis gegen ihn. In dem Signale ment hieß es. Zwirner versteht jede deutsche Mundart täuschend nachzu ahmen. Meine Papiere sind in bester Ord nung." versicherte der junge Mann. Der Beamte hatte sich bereits an die Durchsicht der ihm abgenommenen Brief tasche gemacht. Das ist bekannt, daß Sie sich einen oder auch mehrere Päffe zu verschaffen wiffen," sagte er, von Ihrer Schlau heit hatte ich einen anderen als den sehr durchsichtigen Namen Müller erwartet." Er ist der meinige." Ebenso wie dieses Geld. Warum tragen Sie eine so große Summe bei sich?" Er deutete auf den Haufen Kas senscheine und das reich mit Gold ge füllte Portemonnaie des Gefangenen. Es ist mein ganzes Vermögen." Tas trägt man doch nicht auf einer Reise in der Tasche." Ich wollte nach Amerika." Tas ist das erste wahre Wort, das Sie heute sprechen. Warum wollten Sie auswandern?" Der Gefragte wurde verlegen. Weil weil eS mir in Deutschland nicht mehr gefiel," stammelte dr. Was ist Ihr Beruf?" Philologe." Der Beamte lachte. Warum nicht gar Theologe? Mensch, sehen Sie doch ein, daß Ihnen das Leugnen gar nichts hust, das Signalement stimmt aus s aar. Er nahm ein Papier vom Tisch, blickte den Gefangenen an und nickte vor sich hm. Stimmt alles ganz genau Sucht auf Umwegen eine Hafenstadt zu erreichen. Wohin wollen &ie ?" Nach Bremen." Und Sie wollen aus Stuttgart kom wen? Da führt der Weg nicht hier vor bei." Ich habe einen Umweg genommen," antwortete der Gefragte, der immer ver wirrter ward. Sie haben in Zofinqen auf dem Bahnhof Kaffee getrunken?" Ist das auch verdächtig?" fragte der Reisende mit einem gewissen Galgen Humor. Wer die Blicke Anderer nicht scheut, wird sicher nicht hier aussteigen, um Kaffee zu trinken. Warum liefen Sie davon als der Wachtmeister Ihnen zu rief?" Weil der Zug im Abgehen war; ich hörte gar nicht, daß er nach mir rief." Und weshalb verbergen Sie Ihre Hände? Sie haben Sie während der fraljn mit der Reisedecke bedeckt und hat ten sie jetzt wieder auf dem Rücken." Der Angeredete wurde dunkelroth. Es ist so meine Angewohnheit," sagte er. Legen Sie die Hände auf den Tisch!" gebot der Polizcibeamte. Der junge Mann zögerte. Wird es balo?" rief der Beamte drohend. Jetzt gehorchte er und aus drei Kch len, der des Polizeibeamten, des Schrei bers und des Wachtmeisters, ertönte gleichzeitig ein Ah!" des Staunens, des Schreckens, der Ueberraschung. In dem Signalement hieß es, der Verfolgte habe auffallend kleine weiße Hände, die er aus diesem Grunde in Handschuhen, die ihm viel zu groß wären, zu verstecken suchte; was nun jetzt zum Vorschein kam, war auch eine Merkwürdigkeit, aber ganz anderer Art. Der blonde, gut gewachsene Mann mit der eleganten Haltung, den blaugrauen Augen, der gebogenen Nase und der Narbe auf der ittrn, genau wie e das Signalement bcfchrieb, befaß em Paar Hände von einer schier unglaublichen Länge und Breite. DaS ist Spiegelfechterei !" rief der Wachtmeister, .die richtigen Hände stecken darunter, wir werden sie schon zum Vorschein bringen." .Sie würden mir den größten Dienst von der Welt leisten," sagte Müller, dem die Sache jetzt komisch zu werden begann, und hielt geduldig still, wäh rend der Wachtmeister alle möglichen und unmöglichen Prozeduren mit ihm unternahm. Es war vergeblich, die kleinen weißen Hände kamen nicht zum Vorschein; man mußte sich überzeugen. daß die großen rothen das Eigenthum des Herrn Müller, und daß dieser nicht identisch niit dem Raubmörder Zwirner war. Jetzt änderte sich die Scene; der Poli zeibeamte schalt den Wachtmeister einen Tölpel und Esel und erschöpfte sich in Entschuldigungen gegen den Herrn mit den großen Händen. Müller stieß einen Ruf des Unwillens aus. Also auch hier!" Was haben Sie?" Große Hände!" seufzte der junge Mann. Ein seltsames Spiel der Natur hat sie mir verliehen, und sie sind das Unglück meines Lebens. I der Schule hieß ich Müller mit den großen Händen", auf der Universität trugen sie mir sogar den Spitzminen Orang-Utang ein: trat ich in einen Laden, nm Handschuhe zu lausen, so lief das Personal zusammen, man lachte und rieth mir, sie ansertigen z lassen, denn solche Nummer, die ich brauche, führe man nicht. Wagte ich mich auf einen Ball, so wollte keine Dame mit Müller mit den großen Hän den tanzen, ich kann in keinem Lehramt bleiben, denn die Jungen sehen nicht in ihre Bücher und nicht auf die Karten an der Wand, sondern nur auf meine großen Hände. Drei Körbe habe ich mir schon geholt," fuhr er mit heiserer Stimme fort, kein Mädchen will ihre Hand in meine große legen; es hilft mir auch nichts, daß ich mich gewöhnt habe, sie ans dem Rücken zu verbergen; des Gebrauchs seiner Hände kann der Mensch sich nicht lange enthalten, und sobald ich sie zum Vorschein bringe, heißt es: der Herr mit den großen Händen." Meine Eltern haben mir ein ansehn liches Vermögen hinterlassen, ich machte es flüssig und wollte auswandern, in Amerika giebt es ja viele Wunderlich leiten, da achtet man vielleicht nicht so auf große Hände. Aber was habe ich auf der Reise ausgehalten. Man starrte meineHünde an wie eine Kuriosität." Zuletzt verbargen Sie sie vor den Augen der Mitreisenden unter dem Plaid?" schaltete der Beamte ein. Und stieg nur an solchen Bahnhöfen' ans, um etwas zu genießen, wo andere Reisende es nicht thaten. So kam ich auch zu der Tasse Kaffee in Zofingen; sie war entsetzlich. Auch dies danke ich den großen Händen, ihnen mittelbar auch meine Verhaftung." Aber noch mehr die schnelle Ausklä rung des Irrthums," sagte der Poli zeibeamte; überzeugen Sie sich, das Signalement des Verbrechers paßt ge nau auf Ihre Erscheinung, bis auf die großen Hände." Herr Muller betrachtete seine Hände mit einer Aufmerksamkeit, als sähe er sie heute zum ersten Male. Sie sind also wirklich zu etwas gut. fenszte er; nachdenklich fügte er hinzu: Man darf nicht undankbar sein, ich erkenne jetzt, daß auch große Hände ihre Vortheile haben können. Tas Swift, das ich benutzen wollte, erreichte ich nicht mehr, so soll es mir ein Fingerzeig sein: ich bleibe im Lande." Und paffen Sie auf, Herr Müller, Sie kriegen doch noch eine Frau, trotz der großen Hände," tröstete der Wacht meister. Wenn Sie aber wieder einen großen Fang zn machen glauben," mahnte der Vorgesetzte, so denken Sie zunächst an den Herrn mit den großen Händen." Lin lviedersehen. Rovcllette von Paul Blitz, Ein herrlicher Frühlingstag. Im Park des alten Generals war es leben big und lustig. Tort feierte man den Geburtstag des Hausherrn, und eine glänzende Festversammlung tummelte sich in den breiten, mit gelbem Kies bestreuten Wegen. Tie Tamen in licht- hellen duftigen Toiletten, die Herren in Uniform, oder im schlichten Frack. Langsam, wie suchend, ging Doktor Walter durch die dichtgedrängten Grup pen lachender und frühlicher Menschen. Da endlich fand er sie; ganz hinten, fast am Ende des Parkes, stand sie und pflückte Veilchen. Endlich, gnädige Frau! Verzeihen Sie, daß ich nicht 'angst schon Veran lassung genommen, Sie zu begrüßen." Lächelnd sah sie ihn an. Tann sagte sie mit leicht versteckter Bosheit: .Aber lieber Herr Toktor, weshalb denn die Umstände?" Er wurde verlegen, er sühlte, daß er roth wurde. Endlich begann er mit unsicherer Stimme: Ich kam mit einer mir befreundeten Familie hierher, ich hatte wirklich keine Ahnung, da ich ie, gnädige grau, hier treffen würde." Sie schmieg und roch an den Veilchen. .Ich glaubte, Tie würden erst zum Herbst wiederkommen, gnädige Frau." Sie nickte. Geplant war's auch so. aber ich habe mich eben anders beson nen na und nun bin ich da, und so haben wir uns denn ohne unser Zuthun wiedergesehen." Lächelnd sah sie ihn un. .Aber weßhald stehen wir denn so steif da," rief sie lachend, .kommen Sie, dort stehen zwei Segel!" AIS sie saßen, reichie sie ihm die Hand. So, nun wollen wir uns erst 'mal gu ten Tag sagen, wie sich das für so gute alte Freunde geziemt." Uebeiglücklich küßte er die feine schmale Hand. .Und nun, lieber Doktor, sagm Sie mir. wie ist es Ihnen ergangen in den fünf Jahren, seit wir uns nicht gesehen haben?" Er lächelte und antwortete dann voll Sarlasmus: Nun, wie cs einem ein samen Jniiggksellk eben ergehen kann." Sie nickte Wir wäre damals doch recht gnte Freunde, nicht wahr?" lind mir könnten cs doch auch heute noch sein, wenn Sie damals nicht " Er zögerte. Aber sie ergänzte schnell: Wenn ich damals nicht so eigensinnig gewesen wäre, nicht wahr, das wollten Sie doch wohl sagen." Mit funkelnden Augen sah sie ihn an. Er schwieg jedoch und zog die Stirn in Falten. Ja, lieberFreiind, " sagte sie lächelnd, ich wollte eben gehcirathct sein." Aber damals konnte ich cs doch noch nicht! Keine Stellung, kein Einkam ine, keine Erfahrung." Ja, ja, aber darunter konnte ich nicht leiden, und daraus konnte ich nicht warten ein Mädchen darf nie den rechten Augenblick verpassen." Und darum heirathcten Sie den Baron?" Sie nickte. Denn er war reich und gab mir eine Stellung in der Gesellschaft." Aber Sie waren doch nicht glück lich!" Still davon! Er ist todt! Jetzt bin ich Wittwe und die Besitzerin eines gro ßen Vermögens. Er lächelte übermüthig. Das weiß ich Alles und da Sie nun so offen zu mir waren, will ich Ihnen auch einmal Etwas verrathen." Voller Erwartnng sah sie ihn an. Und wenn ich damals eine Stellung gehabt Hütte, ich hätte Sie trotzdem nicht geheirathet." Und warum nicht?" fragte sie zit ternd. Einfach darum nicht, weil ein Mann mit fünfundzwanzig Jahren noch nicht heirathen soll." Ach, das ist mir neu!" Durchaus nicht! Ein Mann, der ein guter Gatte werden will, muß erst Er fahrungen sammeln." Und Sie ?" Ich fing vor fünf Jahren erst an zu leben." Sie zwang sich zu einem Lächeln. Egoist, wie alle Männer!" Ein Zittern ging durch ihren Körper. Aber ich denke, Sie liebten mich damals ?" Er lachte laut auf. Gewiß liebte ich Sie damals, sehrsogar! Deßhalb braucht man aber doch nicht gleich vom Fleck weg zu heirathen!" Wenigstens sind Sie offen," sagte sie kurz. Er sah dem Spiel zweier Schmetter linge zu, während sie die Veilchen in nervöser Hast zerpflückte. Eine leichte Verstimmung war eingetreten. Endlich fragte er : Wollen wir uns nicht am Lawn Tennis bethciligen, gnädige Frau ?" Kurz, fast schroff antwortete sie: Tanke, jetzt nicht." Eine Pause war eingetreten. Endlich fand sie den leichten Ton wieder: Nnn, und Sie Sie haben sich doch bald getröstet, als ich fort war ? O ja, ich kann nicht klagen," sagte er etwas brutal. Jetzt lachte sie laut auf, aber klang grell und kalt. Tann fragte sie : Naturlich waren Sie wieder verliebt?" Gottlob ja! öfter sogar, zu mei nem Glück." Warum Glück ?" Weil das Verlieben das einzige Mit- tel war, Sie zn vergeffen." In der That, Herr Toktor, Sie sind sehr offen." Beide sahen sich an, fest und prüfend. bis sie den Blick senkte. Aber nun, begann er dann wieder lachend, habe ich genug Erfahrung und dürfte ein Mustergatte werden." So, so," sagte sie nur. Uebrigens, waS Sie noch nicht wis- fen werden, ich bin jetzt angestellt im Ministerium." Gratulire!" Nunmehr kann ich einen Hausstand gründen." Das ist brav." Jetzt habe ich die Absicht, zu hei- rathen" forschend sah er ihr in's Gesicht. Sie fuhr zusammen und starrte ihn an mit finsterem Blick. Einen Augen blick nur, dann antwortete sie mit er künstelter Ruhe: Aber nichts ist natür licher, Herr Toltor." qrtirfii Rnrnnm' ,f. mslsl nit langer mehr Junggeselle bleiben " Sie lächelte ironisch. Tas glaube ich Ihnen gern, Herr T.tr! - Tas Essen im Wirthshaus schmeckt Ihnen Jhtmtto. die möblirten Zimmer sind ! ,,7,.,ick n,md,n Tfir 9iiifrfi ift i schadhatt und wird schlecht ausgedenert. " y--' , oh. ich kann mir das wohl denken." Lächelnd sah er sie an und nickte ihr zu. .Also daS Einsachste. Herr Doktor, bevor Sie den Anschluß verpaffen führen Sie Ihr Schäfchen an den Altar?" Frau Baronin!" sagte er erstaunt. Und in demselben ironischen Zone sprach sie weiter: Oder fürchten Sie, keine Frau mehr zu finden? Deshalb keine Sorge! Ei Mann wie -e, mit so viel Erfahrungen, einem solchen Muftcrgattcn kann es doch gar nicht fehlen! Sie brauchen doch nur die Hände auszustrecken." Frau Baronin." sagte er ernst, warum sprechen Tie in diesem Tone zu mir?" Warum!?" antwortete sie in ftei gender Erregung, lüeil ich die Man cr von heute kenne!" Alle sind sie gleich! Alle sind sie Egoisten!" Frau Baronin!" Er stand aus. Jawohl, Heir Toktor! Und gerade Ihnen sage ich das, weil ich Ihnen damals näher stand, näher als Sie es ahnen." Schmciaciid sah er sie an. , .Jetzt kann ich Ihnen da sagen, denn jetzt ist Alles zwischen uns aus." Nein, Baronin!" rief er leiden schaftlich, nein, noch ist es nicht zu spät! Und wenn Sie mir jetzt auch ein bitterböses Gesicht machen, und wenn Sie sich noch so verstellen, ich sehe es Ihnen an. daß Sie nicht so sprechen wie Sie denken!" Piirpnrttbergosseii stand sie da und senkte den Blick, während er fortfuhr: Jawohl, ich sehe es Ihnen au, daß Sie auch jetzt noch Etwas für mich empfinden!" Oh, Herr Tottor. Sie bilden sich da Etwas ein " Aber er ließ sie nicht ausreden. Gewiß, es ist wie ich sagte, auch jetzt noch nehme ich einen Platz ein in Ihrem Herzen! Sie haben ja ganz Recht, wenn Sie mir Vorwürfe machen, ge miß, ich bin damals ein flotter lnstiger Kerl gewesen, vielleicht zu lustig, zuge geben, ja, aber deshalb brauchen Sie mich doch nicht gleich in Acht und Bann zu thun, im Gegentheil, Sie sollten auf die gnte Stimme hören, die in Ihnen redet." Und was glauben Sie, daß diese gute Stimme spricht?" fragte sie lächelnd. Zu meinen Gunsten spricht sie! Sie sagt, daß Sie mir verzeihen wollen. Oder habe ich Unrecht?" Sie antwortete nichts, sondern lächelte nur. Da aber hielt es ihn nicht mehr lün ger zurück, er ergriff ihre beiden Hände, küßte sie heiß und innig und sagte mit zitternder Stimme: Ich hab' Dich ja wirklich lieb, sehr, sehr lieb!" Und da antwortete sie ganz leise: Sünder, der Du warst, ich will Dir vergeben, wenn Du gelobst " Alles, Alles gelobe ich Dir!" ju belte er laut auf. Dann nahm er sie in seine Arme und gab ihr den ersten Kuß. Der ältefte lebende Licdercompo ni. Am fünfzehnten April d. I. beging der Tondichter Wilhelm Heiser in Ber lin die Feier seines achtzigsten Gebnrts tages. Er ist einer der wenigen noch unter uns ledenden Musiker der alten Schule". Der Beginn seiner musikali schm Lausbahn reicht zurück in die Zeit, zu welcher Zelter und Grell den damali gen kleinen Kapellenchor", Friedrich Wilhelm's III. Schöpfung leiteten, der aus sechs Männern und sechs Knaben bestand. Tie Singakademie war da mals die Uebnngsstüttc dieses Chors, in den Heiser schon als wölsiäbrioer Knabe seiner schönen Sopranftimmc wegen aufgenommen wurde, während er aleickieitia als Eborknake" in dr Königlichen Oper figurirte. Waren ihm die Genannten treffliche Lehrer, unter denen sich sein ausge zeichnete? Talent bildete, so führte ihn seine Neigung später ganz auf die Büh nenlaufbahn, nachdem schon ein erster öffentlicher Versuch die Partie eines der drei Genien in der Zauberflöte", welche 1830 versuchsweise von Knaben in der Berliner Oper gesungen wurden, außerordentlich gut gelungen war. Einige Jahre war Heiser erster Tenor an den Hcftheatern in Schwerin und Sondcrshansen. Später wendete er sich zugleich als Gesanglehrer thä tig der Liedercomposition zu und sand sich erst darin in seinem eigentlichen Berns. Von 1853 bis 186 Musik dirigent des GardeFüselier-Regiments in Berlin, zugleich Leiter des Garnison Kirchenchors, entfaltete Heiser eine ungemein produktive und glückliche Thätigkeit in seinen Kompositionen für ein wie mehrstimmigen Gesang, von denen mehrere zu echten Volksliedern wurden. Wer kennt nicht fein Lied : Zieht im Herbst die Lerche fort?" Eine seiner populärsten Schöpfungen ist Das Heidegrab", weit über Teutsch, lands Grenzen hinaus bekannt und auch in andere Sprachen Übersetzt. In Hunderttanseiiden von Exemplaren hat sein Lied : Nur einmal blüht im Jahr der Mai !" Verbreitung gesunden, in roeiienen reuen 1,1 lerner lerne 0mp'"T des Albert Träger schen M! -t ""e Mutter w !. b"""' flerporben . .llnb " b Nimmermüde, Wem Alter zum Trotz, an der Arbeit. ?fl" V" ZU schaffen. Schon der triih frühe Morgen findet den alten Herrn in dem von ihm bewohnten Hause in dem Berliner Vorort Friedenau, das ein freundlicher Garten umrahmt, aus dem Plan. Turch ein äußerst regel mäßiges Leben hat Heiser sich bis ans den heutigen Zag die volle Gesundheit des Körpers und jene Frische des Gki ftcs gewahrt, die ihn noch immer zu neuem schaffen desähigen. In aller nächster Zeit werden zehn neue Lieber des Achtzigjährigen, die bereits druckreis vorliegen, erscheinen. Snfant tniible. Lehrer: Welcher Trost bleibt uns stets, wenn wirKummer haben, Franz?" Franz ,schweigt. Lehrer: .Nun. was thut Tein Vater, wenn er Kummer bat?" Franz: Er trinkt einen Kümmel mit Bittern." f