Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, July 02, 1896, Image 12

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    Das DiamantenRreuz.
Amkritanische gfizie von Ioskxh Herrmann,
Eines Tages betrat eine schöne und
reichgellcidete Daine den Laden der
?!uwelcnbändler Stephens & Martley
am oberen BroadwZy in New York,
Sie war in einer eleganten Kutsche vor
gefahren, die vor der ThUre auf sie
wartete, und bat, man möge ihr ma
manten-Kreuu ciaen.
Der Verkäufer legte ihr eine Anzahl
sehr werthvoller Kreuze vor, welche
Edelsteine von großer Reinheit und
Schönheit enthielten.
Nach längerem Bedenken wählte sie
endlich eines derselben und fragte nach
dem Preise.
DreizehnhundertDollarS," erwiderte
der verkaufn.
Tie Dame entnahm ihrem Porw
monnaie zwei knisternde neue Bank'
noten i ie tausend Dollars und über,
reichte sie dem jungen Aianne, welcher
sie zu dem Kassierer trug.
Der Letztere prüfte die Scheine sehr
sorgfältig, um zu sehen, ob sie echt
sein; dann öffnete er die Geldschublade,
um den überschießenden Rest herauszu-
mblen. Da er aber sah, daß er nur
einen geringen Vorrath an kleineren
Noten hatte,' und er sich nicht gänzlich
von denselben entblößen wollte, sandte
er die beiden Scheine der Dame zurück
und ließ fragen, ob sie nicht in minder
hochwerthigen Noten zahlen könne.
Der Verkäufer entledigte sich seines
Auftrages, indem er gteichzettig die bn
den Scheine vor der Dame auf den
Ladentisch hinlegte.
Lächelnd nahm sie dieselben in die
vand und fragte, ob ie nicht gut feien,
und als ihr der Sachverhalt erklärt
wurde, öffnete sie das Portemonnaie
und zeigte, daß daffelbe außer weiteren
drei Tausenddollar Banknoten nur
einen ganz geringen Betrag in Hin
gender Münze enthielt.
Der Kassirer warf nun die ihm
neuerdings llbergebenen Scheine ärger
lich in die Schublade, zahlte den über
schießenden Betrag von siebenhundert
Dollars aus und'wandte sich verdrieß
lich einer anderen Arbeit zu. Die Dame
aber schwebte mit ihrem Diamanten
kreuz lächelnd aus dem Laden, bestieg
ihre Kutkche und fuhr davon.
Eine Stunde später sah sich der Kas
sirer gezwungen, wieder die Geldschud
lade zu öffnen; dabei siel sein Blick auf
die Tausenddollarnoten und eine eigen
thümliche blaue Linie sprang ihm in die
Augen. Er untersuchte dieselben ge
nauer und fand, daß beide Scheine
falsch waren. Er zweifelte nun keinen
Moment, daß die Dame, als er ihr die
beiden Banknoten zurückgeschickt hatte,
dieselben zurückbehalten und statt deffen
Falsisicgte hergegeben hatte. Es war
zu sfttt, um die schöne Schwindlerin
selbst zu versolgen, und die Firma ließ
einen n& stofÄirft flpfsltttltim TWprtih
rufen. Derselbe kam sofort.
Der Verkäufer war zwar sicher, das
Gesicht der Dame sosort wieder zu er
kennen, er erinnerte sich auch, daß sie in
blaue Seide gekleidet gewesen war und
einen SviKensHaml getragen hatte; aber
ihr AntliK zu beschreiben, war er außer
Stande. Er berichtete nur noch, daß
die Kutsche Rüder mit bronzirten Spei
chen hatie.
Mr. Martin, der Detecti, notirte
sich Alles und verließ den Laden mit
nur geringer Hoffnung auf Erfolg: er
war aber trotzdem entschlossen, die An
gelegenheit ernstlich zu erfolgen. Meh
rere Tage hindurch sah er sich in den
Straßen nach einer Kutsche mit bronze
farbigen Rädern um Anfangs ver
geblich; endlich, nach fast einer Woche,
erblickte er ein rasch dahin rollendes
Fuhrwerk, das völlig der ihm gege
denen Beschreibung entsprach. Er ließ
den Roffelenker halten und fragte ihn
aus.
Das Gespann war ein öffentliches,
und der Kutscher erinnerte sich, daß er
vor niehreren Tagen eine Dame in
blauem Seidenileide nach Stephens &
Martley's Geschäft gefahren habe. Die
Lady habe seinen Wagen am Union
Square, wo er zu jener Zeit gehalten,
auf unbestimmte Zeit engagirt; nach
dem Besuche in der Juwelcnhandlung
habe er sie nach einem Modewaarenge
schüft in der Sechsten Avenue gefahren,
wo sie ihn entlaffen. Seitdem hatte er
sie nicht wieder gesehen.
Der Tetectiv notirte sich die Nummer
des Kutschers und entließ ihn. Für jetzt
war nichts weiter zu thun; er sandte je
doch eine allgemeine Beschreibung des
Frauenzimmers und des Diamanten
kreuzcs nach den größeren Städten des
Landes.
Nach Verlaufe einiger Monate er
hielt Mr. Martin von einem Collegen
in Boston die Nachricht, daß ein berüch
rigter Spieler, mit dem Spitznamen
Jumping Johnny", der bereits zwei
mal wegen Falschmünzerei im Zucht
Hause gcsesien habe, in jener Stadt
kürzlich in vertrautem Verkehr mit einer
Frau gesehen worden sei, welche in der
Eolumbus Avenue wohne und Mar
tin's Beschreibung jenes Frauenzim
mers, das bei Stephens & Martley den
Schwindel verübt, so ziemlich ent
spracht. Gerade weil die Frau in der
ßolumbus Avenue wohne und ihre Er
scheinung für eine so enge Verbindung
mit Jumping Johnny" zu respectabet
erscheine, müff dieser Verkehr Verdacht
erregen.
Der Benachrichtigte hatte nicht das
Vergnügen, Jumping Jahnny' zu
kennen, allein er reiste noch an demsel
ben Abend nach Boston ab, um sich nach
der Frau umzusehen, und nahm den
Verlaus von Stephens & Martley
mit. damit auch dieser sich dieselbe an
sehe. Tort angekommen, begab er sich
auf das Polizei Amt und ließ sich ein
vaar Polizisten mitgeben: darauf ver
fügte er sich nach dem bezeichneten Hause
in der Eolumvus-Avenue.
Er postirte einen Polizisten auf dem
Trottoir vor dem Hause und einen
zweiten in der Gaffe hinter dem Hause
und wies sie an, aus die Hinterpforte
und das Dach ihr Auge zu richten. Ich
will Jumvina Johnny" nicht haben,"
erklärte er den Beamten; ich bin hinter
einer Frau her, welche Diamanten tx
schwindelt und Falschgeld verausgabt
hat. Wenn Sie eine Frauensperson
sich aus dem Hause entfernen sehen, so
halten Sie sie fest !"
Der Name auf der an der Thür ht
festigten Porzellanglocke lautete einfach:
Lorrison".
Martin zog die Klingel, und nach
einigem Verzüge, während deffen er be
merkte, daß ein Paar Augen hinter den
Fensterläden des Kellergeschoffes ihn
und seinen Begleiter scharf betrachteten,
wurde die Thür durch eine sehr ordinär
aussehende Magd mit wirrem, brand
rothem Haar geöffnet. Diiselbe stellte
sich in die entstandene Oeffnung und
fragte nach dem Begehr der beiden
Fremden.
Ich möchte gern Mrs. Lorrison
sprechen; ist sie zu Hause?" begann der
Detektive.
Weiß nicht!" kam es unfreundlich
zurück.
Haben Sie die Güte, dies gefälligst
zu ermitteln," fuhr er fort; unser w
schaft ist sehr dringender Art."
Was ist eS?"
Martin legte seinen Finger geheim
nißvoll auf die Lippen, während er ihr
zuflüsterte: Es geht nicht an, dies hier
auf der Straße zu erklären; ich bemerkte
soeben auf dem Trottoir ein paar ist
sichter, die Spürhunden der Polizei sehr
ähnlich sehen.
Das Mädchen blickte ihn an, als vev
stände sie ihn ohne Weiteres, und indem
sie ihm zublinzelte, kam es über die
Lippen: O, Sie gehören auch zu uns.
nicht wahr? Bitte, treten Sie ein!" Sie
führte die beiden Herren nach einem
rüumigen, hübsch möblirten Parlor und
ließ sie dort allein.
Wenige Minuten später sahen sie
durch die offene Thür eine elegant at
kleidete Dame die Treppe herab kom-
men.
Wahrhaftig!" raunte der erstaunte
Verkäufer dem neben ihm Sitzenden zu,
das ist die Dame, welche das Kreuz ge
kauft hat !"
'Martin s Augen leuchteten aus; er
befand sich also endlich auf dem rich-
tigen Wege.
Inzwischen betrat MrS. Lorrison in
stolzer Haltung das Zimmer, die beiden
Besucher mit forschenden Blicken be
trachtend; sie war ein bildhübsches
Weib. Augenscheinlich erinnerte sie sich
des jungen Verkäufers nicht, oder wenn
dies der Fall war, so beherrschte sie sich
vollkommen.
Dieser Herr hier," began Martin,
auf seinen Begleiter weisend, ist ein
Angestellter der Firma Stephens &
Martley in New York.
Sie wurde ganz bleich und qrist nach
einer Stuhllehne, um sich zu stützen.
Ich, Madame," fuhr er fort, bin
ein Mitglied der New Jorker Kriminal
Polizei. Wir kamen hierher wegen
eines Diamanten-Kreuzes, das Sie vor
einigen Monaten von Stephens &
Martley kauften und mit falschen Bank
noten bezahlten."
Sie sank auf einen Stuhl und zit
terte am ganzen Körper. Welche
Strafe steht darauf?" fragte sie nach
einer Weile.
Darüber wollen wir später sprechen.
Ist das Kreuz noch in Ihrem Besitze?"
Ihre Gesichtszüge erhellten sich, und
sie sah den Geheimpolizisten leuchtenden
Auges an. Ich habe es noch!" rief
sie: wollen Sie mich straffrei ausgehen
lassen, wenn ich das Kreuz und das
Geld zurückgebe? Ihnen ist es doch
sicherlich nur darum zu thun, daß Ihre
Auftraggeber keinen Verlust erleiden!
Ich gebe Ihnen Alles zurück und noch
niehr dazu, wenn Sie mich nicht ver
haften!"
Sie saß da, die Hände ringend, ihre
schönen Augen voll Thränen, ein Bild
oll Verzweiflung, das ein Herz von
4tein rühren mußte. Sie wissen
nicht," fuhr sie fort, was es heißt, zu
einem Leben, wie dem meinigen, ver
dämmt zu sein; Sie ahnen nicht die
Pein, von Jemandem, der Einen ganz
in seiner Gemalt hat, zu allen mög-
lichen rbrechen gezwungen zu werden!
Gott weiß' es, ich würde besser sein,
wenn ich könnte!"
Unier Zweck ist vornehmlich, das
Eigenthum der Herren Stephens &
Martley wieder zu erlangen: doch kann
ich Ihnen vor der Hand Straffreiheit
noch nicht versprechen. Geben Sie das
Kreuz und die siebenhundert Tollars
zurück, und wir wollen Ihren Fall wei
tcr erwägen."
Mrs. Larrison erhob sich, um das
Gemach zu verlassen, und jetzt erst siel
es den Herren auf, wie klein sie selbst
für eine Frau war: ihre stolze Haltung
hatte sie vorher großer erscheinen lassen:
sie ging in das anstoßende Zimmer und
schloß die Thür.
Martin sandte seinen Begleiter in den
Flur und beaustragte ihn, die andere
Thür nicht aus den Augen zu lassen,
wahrend er selbst im Parlor blieb. Er
fürchtete nicht, daß ihm der Vogel ent
fliehen könne, denn er wußte, daß sie das
HauS nicht zu verlassen vermochte, ohne
von den draußen aufgestellten Polizisten
bemerkt zu werden. MrS. Larrison
blieb lange Zeit fort, während deren
man ein lebhaftes Gespräch im Neben
zimmer vernahm, besonders waren die
kreischenden Töne einer Knabenstimme
deutlich zu unterscheiden, ohne daß in,
dessen die einzelnen Worte verstanden
werden konnten.
Endlich war der Detectiv des Wartens
überdrüssig, und er stand schon n Be
griffe, in das Nebengemach einzudrin
gen, als die Thür aufging und ein miß'
gestalteter nabe heraustrat, der an
einer Krücke hinkte. Derselbe mochte
höchstens vierzehn Jahre alt sein, war
bucklig, und eine ab dienliche Ikrovbu
löse Narbe entstellte die eine Hälft des
.ficht. Während des Oeffnens der
Thür sah Martin, daß die Herrin des
Hauses in einem Armstuhle saß, ein
Taschentuch vor die Augen hielt und aw
scheinend weinte.
Meine Mutter hat mich beauftragt,
Ihnen dies zu überreichen," sagte der
Krüppel mit derselben krähenden
Stimme, die vorhin hereingedrungen
war; in wenigen Minuten wird' sie
selbst wieder hier fein. Sie werden sie
doch nicht verhaften, mein Herr?"
Ich weiß eS noch nicht," antwortete
der Detectiv, indem er ihm das Dia
mantenkreuz abnahm und in die Tasche
steckte. Wo sind die siebenhundert
Dollars?"
Ich bin aus dem Wege, das Geld zu
holen," sagte der Knabe, indem er einen
ausgefüllten Check zeigte; warten Sie
nur kurze Zeit, und Sie sollen besrie
digt werden." Er hinkte aus der Thür,
die Straße hinab, seinen Klumpfuß be
schwerlich nachschleppend.
Martin war froh, den abscheulichen
Anblick nicht mehr vor Augen zu haben.
Er wartete länger als eine Viertelstunde,
aber weder Mrs. Lorrison noch der
Knabe ließ sich sehen. Zuletzt war seine
Geduld erschöpft; er öffnete die in'S Ne
benzimmer führende Thür, und auf den
ersten Blick sah er, daß die Dame des
Hauses noch immer in der vorigen Stel
lung saß. Kommen Sie!" rief er ihr
zu; Sie haben später noch genug Zeit
zum Weinen. Kleiden Sie sich zum
Ausgehen an und folgen Sie mir!"
Die Angeredete rührte sich jedoch nicht,
und als er sie an der Schulter berührte,
erfolgte ein rohes Auflachen der Da
sitzenden. Das Taschentuch siel herab,
und die ordinären Züge der Dienstmagd
wurden sichtbar; sie steckte in den Klei
dem ihrer Herrin, und ihr wirres, ro
thes Haar war durch eine blonde Per
rücke bedeckt, die ihrer Herrin Haar voll
kommen glich. Sie dachten, ich sei die
Dame des Hauses, nicht wahr?" rief sie
aufspringend. Dank Ihrer Höflich
keit, daß Sie so lange warteten, ist
Madame jetzt vollständig außer Ihrem
Bereiche, wenn ihre Krücke und der
schöne Klumpfuß ihre Eile nicht beein
trächtigt haben."
Zehntausend Teusel!" schrie der De
tecti, sie heftig am Arm packend und
schüttelnd, Sie sagen, daß "
Ja, das sage ich!" rief sie ihm grin
send in's Wort. Das konnten Sie nicht
vermuthen, daß die schöne Lady sich so
häßlich machen könne, nicht wahr?
Herr Detectiv, Sie sind hübsch ange
sührt!"
Martin ließ ihren Arm fahren ; er
lief in den Flur, riß den Verkäufer mit
sich fort, und als er aus der Hausthür
auf die Vortreppe trat, blickte er die
Straße entlang. Aber keine Spur des
angeblichen Krüppels mar mehr zu ent-
decken. Der Vogel ist ausqefloqen,"
sagte er, grimmig auflachend : Mrs.
Lorrison ist uns entwischt, jedenfalls
aber haben wir das Kreuz!" Er holte
daffelbe aus der Tasche hervor und
reichte es seinem Begleiter.
Dieser nahm es und wandte es im
Sonnenlichte hin und her.
Es ist sehr schön." versetzte der De
teitiv, ihm über die Schulter blickend.
Ja," erwiderte der junge Mann,
traurig lächelnd, es ist sehr schön."
Diese Diamanten find ungewöhnlich
yell strahlend."
Ja, ungewöhnlich strahlend für
falsche Steine. Es ist die beste Nach-
ahmung, die ich emals gesehen habe!"
Ist denn das nicht Ihr Kreuz?"
fragte der Detectiv verwundert.
Die Einfassung ist die unselige,"
antwortete sein Begleiter; die Dia
manten sind nichts als geschliffenes
Glas oder anderes werthloses Mate
rial."
Es war nichts weiter zu thu. Tie
verschlagene Frauensperson war, wahr
schcinlich mit dem erschwindelten Gut in
der Tasche, unbehelligt an ihren Per
folgern vorbei gegangen und befand sich
nunmehr bereits in Sicherheit.
Eine verhängnisvolle Nachricht
Eine iürkische Anekdole von Ada v, Hlrich,
Im Jahre 1329. nach dem Falle
Parnas, getraute sich kein Würdentra
ger am kaiserlichen Hofe in Konstant!
nopel, dem Sultan Mahmud diese er
hängnißvolle Nachricht zu bringen. Ta
indessen die Thatfach nicht gar lange
verheimlicht werden konnte, so mußte
sich der in der türkiichen lyeichichte wohl
bekannte Scraskier (Kriegsminister)
Khosrew Pascha dazu entschließen, dies
gesahrliche Geschäft auf sich zu nehmen.
Er begab sich zu diesem Zwecke nach dem
prächtigen Palast Beglerdeg. am schönen
Bosporus gelegen, wo der Sultan sich
zumeist aufhielt. Der wahrhaft roman
tisch schöne Palast ist hatt am Meere,
auf der kleinafiatischen Küste erbaut.
Dazu gehtrt ein herrlicher, großer Park,
dessen Baumanlagen und eine ziemlich
große Menagerie och heutigen Tage?
sehensmerth sind.
Wie es im Orient Sitte ist, so wird
das Lieblingsschloß eines verstorbenen
Sultans nach dessen Tode nicht be
wohnt, weil man fürchtet, die Seele des
Verblichenen dadurch zu belästigen. So
auch ist seit dem Tode Mahmuds das
schöne Schloß Beglerbeg verlassen und
unbewohnt, dem Verfalle der Zeit über
lassen.
Also Khosrew Pascha wurde von dem
Beherrscher aller Gläubigen empfangen,
aber dieser war an jenem Tage so übel
gelaunt, daß der Seraskier es nicht
wagte, die Mittheiluug zu machen, son
dern sie auf eine spätere Stunde ver
schob, wo der kaiserliche Kef (Wohlbe
Hagen) besser dazu geeignet sein würde.
Der türkische Kef besteht in süßem
Nichtsthun; auf einem weichen Divan
mit untergeschlagenen Beinen zu ruhen,
ab und zu einen Zug aus der brennen
den Wasserpfeife zu thun und endlich
einen Schluck des dicken, schwarzen, so
aromatisch duftenden Kaffees zu neh-
men, das ist das Wohlbehagen der !vcu
selmänner, vom Sultan bis zu dem ge
ringsten Mann im Reiche.
Als Khosrew den Sultan verließ,
begegnete er dem kaiserlichen Arzte Ad-
dulah Effendi, der im Begriff war, in
den Palast zu gehen. Dieser würdige
Sohn Aeskulaps war berühmt wegen
seiner verschiedenen Kunstgriffe, die er
anwendete, umguteNachrichtenzu ersah-
ren und diese weiter zu überbringen.
Besonders war es ihm öfters gelungen,
von dem Seraskier interessante Neuig
leiten zu erfahren, weshalb er ihm
allerlei Schmeicheleien über sein gefun
des Ausfehen sagte. Abdulah erkun
digte sich auch, wie es einem guten Hos
manne und Oberarzt ziemte, nach des
Sultans Kef und nach der Art, wie der
erhabene Herrscher die traurige Nachricht
von Varna aufgenommen hatte.
Gelobt fei Gott !" rief Khosrew mit
erzwungener Salbung und verdrehten
Augen. Gelobt sei Gott ! Unser Pa
dischah hat die verhängnißvolle Nach
richt mit mehr Fassung aufgenommen,
als sich erwarten ließ. Er, der Schat
ten Allahs, fügte sich mit Ergebung in
die Rathschlüsse des Allweisen !"
Allah albar" (Gott ist groß), ver
setzte nun Abdulah in dem nämlichen
frommen Ton. Der Mittelpunkt der
Welt, unser Sultan, trägt in seiner
Taubenbrust die Seele eines Löwen.
Ich habe ihm eine Nachricht mitzuthei
len, die vielleicht im Stande ist, den
Schmerz über Varna zu tilgen."
Jnschallah inschallah!" (Wie Gott
es will!) erwiderte der listige Khosrew,
indem er sich entfernte und still lächelnd
sein Kalk (kleines Boot) bestieg, um
nach der europäischen Küste hinüber zu
fahren.
In wenigen Augenblicken stand der
Oberarzt vor dem Sultan. Er warf
sich ihm zu Füßen, küßte mehrmals den
Saum seines Kaftans und rief :
O König der Könige! Wenn es
rühmlich ist zu siegen, so ist es auch
ehrenvoll, das Unglück mit Ergebenheit
und Fassung zu ertragen. Was Allah
befiehlt, kann kein Sterblicher ändern !"
Was giebt's, Abdulah Effendi, was
fehlt Dir? Ha, ha, haft Du wieder
durch eines Deiner Heilmittel einen
neuen Mord begangen? Sprich!" sagte
der Sultan erstaunt über des Oberarztes
hochtrabende Einleitung.
Ein Haar aus der Mähne des Löwen
gerissen, ist nur eine jämmerliche Er
oberung in den Händen unwürdiger
Feinde; Maschallah" (Was Gott will)
verletz Avouiay.
Was ist Dir denn begegnet?" rief
Mahmud ihn unterbrechend. Zur
Sache, erkläre Dich deutlicher !"
Was der gerechte Finger des berich
tenden Engels niederschreibt, steht un
wandelbar und ist vorher bestimmt."
Bei meinem Bart und Kopf,"
sprach der Sultan mit erhöhter Stimme,
entweder haft Du mit den fränkischen
Herren getrunken oder Du willst mich.
Deinen Herrn, zum Besten haben ! Ich
sage Dir nochmals, rede deutlicher,
oder Wallah (bei Gott), es geht Dir
schlimm !"
Mittelpunkt des Weltalls! Das
Hupt Deines Sklaven liegt hier zu
Deinen Füßen. Aber ich bringe Dir
gute Nachrichten, die ohne Zweifel die
düsteren Wollen des gerechten Kummers
vertreiben werden, welche Deine kaiser
liche Stirn heute umdüstcrt haben.
Wenn auch diese ungläubigen Mnsko
witen durch Perrath Deine Stadt Varna
erobert haben "
Varna, Varna !" brüllte d:r Sul
tan. Varna erobert ! Das ist erlogen !
Das tann nicht sein!" Mit diesen
Worten sprang er von seinem Divan
auf, warf den Oberarzt hinter sich zu
Boden und stürzte in seine Privatge
mächer. Tort soll er sich einen ganzen
Tag eingeschlossen haben, um sich dem
Schmerze und Kummer über den so
unglücklichen Fall hinzugeben. Abdu
lah Effendi schlich wie ein begossener
Pudel hinweg und schmor, sich an dem
falschen Khosrew Pascha gelegentlich zu
rächen.
Nachdem dem Sultan sich wieder ge
faßt hatte, fragte er am folgenden Tage
den Seraskier, weshalb er die fatale
Nachricht nicht selb aebracbt hätte und
warum er dem würdigen Oberarzte,
einen solchen streich gelpielt.
Ter kluge Khosrew Pascha antwor
tete dem Sultan mit den Worten deS
lichter; Saadi: Sei die Nachtigall
die Uederbringerin guter Nachrichten:
schlimme Botschaften überlasse der
Eule !"
Vin praktischer r,t.
Herr Doktor Foalia bat ein Sanato
rium für Nervenkranke, das Welruft
genießt, denn die Erfolge, welche
er oorr erzielt, nitd, obwohl er nur
wenig Medikamente anweydet, ganz
i o l o 1 1 0 1 e.
Anstrengend freilich ist die Kur
sehr anstrengend. Das sagen Alle, die
herauskommen. Denn die Leidenden
müssen ausnahmslos täglich, ja, fast
stündlich am Ergostaten arbeiten bis
zur Ermiiduiig.
Darin aber liegt gerade die emi
nente Heilwirkung. Der Ergostat ist
nämlich eine Maschine, an der durch
Umdrehung einer Kurbel der Patient
eine an der lZontroluhr genau abmeß
bare Arbeitsleistung verrichten muß und
diese Arbeit stählt seine Sehnen, stärkt
seine 'Kernen, dringt seine Säfte in
frische Cirkulation kurzum, sie macht
einen ganz neuen Menschen aus ihm.
Und dann ist der Doktor Foglia nicht
etwa, wie man hie und da bei ärztlichen
Größen finden 'soll, ein derber, mürri
scher Mann im Gegentheil, er
schmunzelt und lächelt immer und
feuert seine Patienten unermüdlich
durch freundliche Worte zur Arbeit an.
Wenn allerdings die Patienten wüßten,
was für ein entsetzlicher E g o i st er
insgeheim ist, sie würden sein Schmun
zeln ost für ein satanisches Hohnlächeln
halten müssen.
Doktor Foglia hat nämlich eine sehr
sinnreiche, mohlverdeckte maschinelle
Construktion erfunden, wodurch er die
durch die Kur bedingten Arbeits
leistungen seiner Pfleglinge in der ein
fachsten Weise für seinen Hausbedarf
und seine Bequemlichkeit ausnützt.
Der nervenleidende Professor Con
fusius, der in seiner Zelle schon seit ei
ner Stunde wie ein Wilder arbeitet,
und alle fünf Minuten erschöpft einen
Blick auf die Controluhr wirft, hat zum
Beispiel keine Ahnung, daß er durch
seine Thätigkeit das Pumpwerk bewegt,
mittelst dessen der Gärtner unten im
Garten vergnügt und mühelos unten
den Rasen spritzt.
Ebensowenig weiß der reiche Bankier
Moses von Blümchenhain, der nach den
Aufregungen desBörsengeschästs eine
Kur durchmacht und sich am Ergostaten
plagt, während ihm sein Diener die
Stirne trocknet, daß er faktisch den
Bratspieß in der Küche dreht, indessen
die Köchin mit Behagen unthätig dabei
steht.
Auch die etwas überspannte Schrift
stellen Fräulein Theodosie Mondflit
ter, welche sich nur mehr niittels der von
ihrer Gesellschafterin dargereichten Riech
essenzen aufrecht erhalten und so weiter
kurbeln kaun, wäre empört, wenn sie
wüßte, daß sie den Schaukelstuhl des
Arztes, in dem er schmauchend Siesta
hält, und noch obendrein die Wiege sei
nes Jüngsten in Schwung setzen muß.
Und wie würde erst der vergötterte
Klaviervirtuose Bodo von Klinger rasen,
wenn er wüßte, daß er, der seine am
brosischen Hände" dazu hergiebt, in
Sturmeseile den Ergostaten zu bear
beiten, thatsächlich die Waschmaschine
und die Wäscheklätte der Frau Doktorin
treibt!
So arbeiten Alle für den Herrn
Doktor und was das Gelungenste
ist sie zahlen ihm noch schwer Geld
dafür. (Flieg. Bl.)
Ein kleiner Irrthum.
Während seines Aufenthaltes in Son
don machte der berühmte Professor Am
pere einer Dame einen Besuch, an die er
durch Empfehlungsschreiben gewiesen
worden war. Als das Dienstmädchen
ihm die Thür geöffnet und seine Karte
entgegengenommen, führte sie ihn in
das Boudoir, bot ihm einen Stuhl
und sagte: Madame wird sofort kom
men."
In der That trat die Dame im Au
genblick ein. . Sie war im Neglige,
ihre Füße waren nackt und nur mit
kleinen Pantöffelchen bedeckt. Sie be
grüßte ihn nachlässig und sagte: Gu
ten Morgen." Dann setzte sie sich auf
einen Stuhl, ließ einen Pantoffel fallen
und reichte dem Professor ihren Fuß.
Er wunderte sich ein wenig, aber da
es in Paris Mode war, den Damen
die Hand zu küssen, so war es ja im
nierhin möglich, daß man ihnen in
London den Fuß küßte. Daher besann
er sich keinen Augenblick, ergriff den
Fuß und drückte einen herzhaften Kuß
darauf.
Empört sprang die Tarne auf und
rief: Mein Herr, was erlauben Sie
sich! Wer sind Sie, und was wollen
Sie von mir?"
Ampere nannte seinen Namen.
Ja, sind Sie denn kein Hühner
augenoperateur?"
Nein, bis jetzt noch nicht."
Aber Sie haben mir doch die Karte
eines solchen geschickt," klärte die Haus
frau und reichte dem Professor die erhal
tene Karte.
Sie hatte die Wahrheit gesprochen,,
der Proses?or hatte, als er diesen Mor
gen ausging, die Karte eines Hühner
augenoverateurs von seinem Schreib
tisch genommen und zu sich gesteckt.
hatte sie dann mit seiner sprichmort
lichen Zerstreutheit nicht weiter ange
sehen, sondern sie in gutem Glauben.
es wäre seine eigene, dem Tienftmadchen
eingehändigt; und so war es gekommen,
daß ihn die Frau des Hauses für einen
Hühneraugenoperateur gehalten hatte.
Lein, Zlbschicd.
Amtmann: Liebe Leute, ich weiß
Euern Schmerz bei meinem Abschiede
wohl zu würdigen, denn es heißt mit
Recht: Es kommt selten etwas Besseres
nach!"
Bauer: Ja, ja, Herr Amtmann,
dees maß wahr sei! So hat Uier
Vorgänger au fl'saitl"
in Glücklicher,
Betrunkener: Wächter, Wächter, ich
hab' was gefunden!"
Wächter: Das müssen Sie abgeben.
Was ist es denn?"
Betrunkener: Das Schlüsselloch!'
Mißtranische Antwort.
He, Konrad, komm' einmal zu mir!"
Der Lehrer spricht. Betrachte Dir
Den Globus da denk' einmal tief:
Warum steht wohl die Achse schief?"
Das weiß ich nicht!" der Junge spricht
Und macht ein weinerlich' Gesicht.
Ich, hab' eS sicher nicht gemacht
Sie ward schon schies hierhergebracht!"
Abgemiinkcn,
Förster: Meine Herren, ich hab' ein
mal ein Eichkutz'l g'habt, das hab' ich
dressirt und auf einmal hat's ein paar
Wort' reden können."
Doktor: Und ich hab' einen Förster
gekannt, der ist in ein Dorf versetzt wor
den und nach einem Jahr haben die
Bauern alle Latein gesprochen."
3 der Rüche.
Frau: Jetzt sind Sie schon vier
Wochen bei uns!"
Köchin: Ja; wer hätte das ge
dacht!"
Kein Crauni.
Student: Ich hatte diese Nacht einen
merkwürdigen Traum; denken Sie, ich
war in's Wasser gefallen und nahe
daran, zu ertrinken, da kamen Sie und
haben mich an s Land gezogen!"
Hauswirthin: Stimmt ganz genau.
aber das war kein Traum; um zwei
Uhr haben Sie nämlich hier vor der
Thür in der Straßenrinne gelegen, und
ich habe Sie herausgezogen und herauf
gebracht!"
Der Alte.
A. (dem B. in einer fremden Stadt
begegnend): So, Sie sind auch hier?
Was machen Sie denn hier?"
B.: Was ich auch in meiner Vater
stadt mach'! Schulden!"
Ermuntert.
Richter: Wie alt, Zeugin?"
Zeugin (schweigt verlegen).
Richter: Geniren Sie sich nur nicht:
ich habe auch eine Tochter, die schon
dreißig Jahre alt ist!"
Ver krfolg.
Junger Arzt: Nun, hat die Bade
reise für Ihre Fräulein Schwester den
gewünschten Erfolg gehabt?"
Natürlich, haben Sie denn noch nicht
ihren Verlobungsring gesehen?"
Erklärt
Sie betteln und sind doch noch so
jung?"
Ja, wissen S'. a Arbeit hab' i' nit
und da thu' i' nur betteln, damit i' nit
ganz verbummle!"
Doch noch etwas.
Alle Ihre Waare haben Sie aus
verkauft? Haben Sie denn gar nichts
mehr aus Lager?"
Doch, noch 'ne unverheirathete Toch
ter von zmeiunddreißig Jahren?"
Zm if.
Ach, Fräulein Edie, beantworten
Sie doch meinen Antrag schnell mit
Ja oder Nein, und Sie machen
mich zum Glücklichsten der Sterblichen!"
Kindlich.
Die kleine Magda: Ach, ich wollte,
die ganze Welt wäre eine einzige große
photoladentasel, und ich wohnte
allein daraus!"
Die gute Pausftau.
Er (erregt): Bon Tag zu Tag wird
das Essen schlechter; was soll das nur
heißen?!"
Sie (begütigend): Ich will Tir nur
vor meiner ommerreiie ocn 'viqieo
nicht schwer machen."
INißrerstänoniß,
Hausfrau: Na. wie gesällt's Ihnen
denn bei uns, Badette "
Neue Kochin: O, dem Husaren aan.
gut, der Ulan war noch nicht hier!"
Der praktiscbe.
A: Was thäten Sie, wenn Sie in
der Lotterie das große Loos gewönnen?"
B: Nun, ich kaufte mir ein schloß
am Rhein. Und Sie?"
8: Ich? Ein schloß an meinen
Gelbkasten."
verblüffenoe tojif.
Wirth: Wie. Sie haben keinen
Psennig Geld bei sich und lassen sich
Gänsebraten vorsetzen?"
Zechvrellcr: Ader. Herr Wirth, daS
kommt doch nun aus ins heraus
das einfachst Butterbrot hall ich Ihnen
ja auch nicht bezahlen können!"
Aus ir f It.
Lehrer: Nenne mir das Wort Strom
in der Mehrzahl
Schüler: .Stromer.'