Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 28, 1896, Image 12

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    Fechtmeisters Codjtcr.
)li (MO.
Pfui. Konrad, schämt (iucb, !" Tie
blonde Wioviiima wandte sich vo,n tfeu
strr zurück und schaute den jungen
Mann entrüstet an. Schämt (Such,
sag' ich! SUifet ihr nicht, dass ich die
Braut Jrnsrieds bin? Wie könnt Ihr
so zu mir sprechen? Ich hielt Euch für
treu bis heute. Es thut mir weh,
das; Ahr Euch zum Judas macht."
Tas ehrliche, blonddartige Gesicht
ihres Gegenüber überzog sich mit
duntlk, Roth. Er rang mühsam nach
Worten. Tann sprudelte er heraus :
,.y.) bin nicht mehr sein Freund
:.., er verräth Euch. Da, lest!" Er
!'; cinen Brief aus der Tasche, entsal-
U:t il;n und zeigte aufgeregt aus eine
Stelle, Hier steht es. Meine Mutter
schreibt mir. Lest selbst!" Und wah
rcnd sich das Mädchen todtenbleich über
das schreiben beugte und mit brennen
den Augen dem hastigen Finger folgte,
der den Zeilen der großen, verschnörkelt
ien Schrift folgte, las er ihr vor : Und
denke Tir, unsere Schönheit, die
'schwarze Anna von Mohr, verlässt uns.
JeKt wissen wir, warum sie so viele
Körbe ertheilt hat. Sie ist seit Iah
ren mit dem Junker Jrufried v. Marr
leben heimlich versprochen. Ter kehrt
jcht als Toctor juris heiin und nun
giebt s Hochzeit."
Giovanna V. Wusterode riß den
Brief an sich, wandte sich zum geilster
und las die bösen Worte noch einmal.
Tann kehrte sie sich um, sah Konrad
fest in die Augen und sagte langsam :
Judas ! der Brief ist gefälscht !"
Konrad fäh sie bekümmert an :
Wahrhastig ! Eures Kummers wegen
wollt' ich beinahe, er wäre gefälscht.
Aber Ihr thut mir Unrecht ! Ter Brief
ist echt."
Ta trat sie dicht an ihn heran und
bohrte ihre Blicke fest in die seinen.
Schwört mir, daß Ihr die Wahrheit
sag,."
Er hob die Schmurhand. Ich
schwöre es Euch !" sagte er feierlich.
Taun dank' ich Euch." Sie
reichte ihm die Hand. Keht jetzt. Laßt
mir Zeit !"
Konrad ging. Sie blieb auf derlei
"den Stelle, bis sich die Thür hinter ihm
geschlossen hatte, Sie schrie nicht und
weinte nicht : Giovanna Wusterode war
kein weichliches Weib, iüber das schwere
Feusterlrenz, das ihre kräftige Singer
umkrallten, bebte mit dein Krampfe,
der ihren ganze Körper schüttelte. Da
bei waren ihre Lippen so fest zusam
menqepreßt, daß sie fast weiß erschienen.
Nichts lebte in dem starren Antlitz, als
die herrlichen, schwarzen Augen, die
slollao. auf welche die berufenen und
unberufenen Poeten Bologna's mehr
Sonette gedichtet habe, als Sterne am
Himmel stehen. Sie glühten in einen:
unheimlichen Lichte, wie die Augen des
Lnchses, wenn er sich rings umstellt sieht
und sich zum letzten milde Rettungs
sprunge zusammenkauert.
Giovanna von Wusterode hatte das.
was man heute Race" nennen würde.
Sie war einer jener selten vollkomme
nen Menschen, die aus der Mischung
zweier sehr verschiedener Bolkssiämme
entsprösse,! sind, Menschen, bei deren
Schöpfung Mutter Natur ihr Füllhorn
am verschwenderischsten ausgeschüttet hat.
Ihr Vater war der jüngste Sohn
eines alten Edelaeschlechts, dessen bau-
fälliger Stammsitz auf einer waldigen
Höhe im Selkethal gelegen war. Als
Offizier der päpstlichen Garde war er
vor etwa zwanzig Jahren in die alte
Musenstadt gekommen. Tort hielt ihn
zuerst das Fieber der Maremma, und,
als dies unter sorgsamer Pflege ver
schwunden war, das ärgere Fieber fest,
das die Wunden von Eros Gefchofsen
im Gefolge haben. Seine geduldige
''Krankenpflegen war Ursache ünd ward
Arzt dieser Krankheit, Jnes. die schwarz
haarige Tochter eines kleine spanifchen
Adligen, der als Regierungsbeamter in
Bologna hauste. So kam es denn, daß
unser Junker das Kriegshandwerk an
den Nagel hing und daß er als wohl
bestallter Fechtmeister der Universität,
zu dem er ernannt war, weil feine mei
sterliche Fechtkunst alle Mitbewerber aus
dem Felde geschlagen hatte, seine Jnes
zum Altar suhlte.
Das zarte Kind überlebte die Geburt
ihrer ersten Tochter nur weniae Monate.
Und ,'o wuchs die kleine Giovanna recht , ilieii zwischen all dem harten, silberi
als Batertochter auf. Sie hatte doni gen Olivmaemächs und den schwarzen
ihm den hohen Wuchs, die Kraft und Evpressen. Und Giovanna zierte sich
Kühnheit feines alten Kneaergeschlechts! nicht. All der andulusiiche Brennstoff
geerbt, wie auch das roth funkelnde , ihres mütterlichen Erdthcils war mit
Blondhaar, das wie Sonnenschimmer seinem Male in Heller Glnth aus
um ihren stolzen Kopf leuchtete. Bon geflammt und sie hatte schon gemeint.'
der sanften Mutter aber hatte sie die, sterben zu müssen, wenn sie nicht Jrn
fammktschmarzen Auge, Augen, wie sie ' srieds Freifrau werden könne.
nur Murillo seinen heilige Katharinen Darüber war fast ein halbes Jahr!
verlieh und von ihr hatte sie die Ergangen. Ter Junker hatte sich rast
heiße, stürmische Leidenschast der echten s mit Eorpus und Hausaklen herum-!
Kinder Andalusiens. ! geschlagen und war vor einer Woche
Das schone, schlanke Kind gehörte ' feierlich mairiia cinn lauslc zum 2.1a '
bald zum Zubehör des akademischen' gifter und Toctor juris ulriusque et
Fcchlboden. wie die Floretts. Säbel : nannt morde. Nun wollte er heim
und TrahtmaSlen. Ta war lein Tchu , reiten, fein Haus zu rüsten und d
ler ihres Batcrs, der ihr nicht lieb- Kaste zu laden und schon war der Tag
koiend Über den Krauslovf gestreichelt der Hochzeit feftzeicp. Keine Wolke
halle. Keiner, der ihr nicht mit einer stand am Himmel der Zukunft. Ter
Blume, einer Frucht, einem Spielzeug Bräutigam trug TroI und Launen sei-:
eine Freude balle machen wollen. Sie ner Schonen mit Liede und Heiterkeit,
war aber scheu ui storrig gegei die und nichts schien dem Zchifflein seiner
Meisten, Nur von Wenigen lies; iie sich Liede Geiahr zu drohen. !
galicheln und das waren stets die Und jetzt, unvorbereitet, traf das
beste Fechter. ' heißblütige Madchen die Nachricht von
Tie mutterlose Waise war von einer dem schwarze Verrath des Verlobten,
felt'amen Leidenschaft für die edle Kunst Ein Svielball war sie gewesen alle Zei!
der Wae beseelt. Schon als vierjah-, in den Handen eines Frevlers, der da-!
rigeö Kind stand sie stundenlang, re
giirnislos, bei Seite, wenn die Stuben
ten ihre Klingen kreuzten.
Die kleinen Aermchen auf dem Rucken
gelegt, stand sie du, mit blitzschnellen
Blicken Angriff und Abwehr verfolgend
und klatschte nur in die Hände, wenn
ein besonders schneller und fester Stosj,
eine schwierige Finte, den Gang be
endete und der Getroffene mit seinem!
Toccato! den Degen senkte. Wenn sie
allein war, übte sie unermüdlich mit
einem Stöckchen Stellung und Stoß,
bis ihr der Bater, besten Stolz und Ab
gott sie war, beim Meister Schmertfeger
eine zierlichen kleinen Stoßdegen ferti
gen ließ. So wuchs sie unter Männern
und Wäffen auf, und es war kein Wun
der, daß sie schon als schlanker, magerer
Backsisch selbst den beste Schüler ihres
Paters rühmlich Widerpartie halten
tonnte, Ei Gang mit Fräulein 0io
vaiina wurde zuletzt zur förmlichen Aus
Zeichnung, zu einer Art von Abgangs
Prüfung für die Schüler des Alten ;
denn nur mit den besten Klinge ließ
er sie die ihre kreuzen. Dann stand er
als Kampfrichter dabei und schalt und
mäkelte über jede Stoß; aber seine
scharfen, blauen Augen lachten doch
glückselig, wenn er sein Mädel" als
Meisterin auf der Mensur sah.
Aber aus dem Backfische ward in
wenigen Jahren ein Weid, eine könig
liche Schönheit, ein so strahlendes Licht,
daß sich die armen Motten zu Dußenden
ihre Flügel darin verbrannten. Tie
Landsmannschaften schlugen sich zu
ihrem Preise die Köpfe blutig und
machten mit scharfen Degenstichen rothe
Punkte hinter die Sonetts und Stanzen
ihrer Gegner.
Der Einzige, für den sie immer Kind
blieb, war ihr Bater. Bäter sind nicht
anders. Auch unser braver Meister
kam gar nicht auf den Gedanken, daß
es gefährlich sein könnte, ein Weib, wie
seine Giovanna, den jungen Brause
windeil noch immer als Kameradin
gegenüberzustellen. Und so konnte es
denn nicht ausbleiben, daß eines Tages
die schöne Fechterin, deren spöttische
Zprödigkeit die Verzweiflung einer
akademischen Generation gewesen war,
an ihren Opser gerächt wuide, Ter
Funke war einem Paar deutsch-blaucr
Augen entsprüht, die dem Junker Jrn
fried von Marzleben gehörten.
Tas war ei junger Recke aus thü
ringischem Adel, der nach einem ersolg
reichen Studium an einer deutschen
Universität in Bologna die Rechte weiter
studirte, ein fröhlicher Bursch, fest beim
Corpus juris. fest beim Becher und
sest mit der Klinge. Er war einer der
seltenen Begabten, deren Blick und Arm
gleich schnell und unfehlbar sind, der
Wenigen, die so eigentlich zum Fechten
geboren sind, daß sie kaum der ersten
Anweisung bedürfen und die Stufen
der Lehrzeit und der Meisterschaft
gleichsam mit einem Sprunge über
schreiten. Ter Alte schwärmte förmlich für
diesen Jünger; und so trat denn Kio
vanna, als der große Tag der Prüfung
gekommen war, schon mit einer Erregung
zum Waffengang a, die ihr bisher!
gänzlich fremd war.
TrolZdem halte sie, als sie mit heißen
Wangen ach dem zwanzigste Gange
das Florett im Salut senkte, wie ge
wöhnlich, den Sieg davongetragen.
Denn der junge Ritter war noch ver
wirrter als sie. Er gestand es nur sei
em alten Freund, der mit ihm zugleich
nach Bologna gezogen war, Konrad
Bärenreither, daß ihm die schwarzen
Sammetauqen der schonen Gegnerin
Auge und Arm gelähmt hatten, so daß ;
. fnst iit tni im cii.md a.tüM I
ti ui imi ivit im -,iuuiu( utii iiui
geführt habe.
Als der Junker wenige Tage später
wieder auf den Fechtboden kam,
empfing ihn der Meister wetternd, schalt
ihn einen Bönhasen und Stümper.
Jrnsried aber ahm ihn in eine Ecke
und trug ihm kurz und klar die Bitte
vor, sich um die Gunst seiner Tochter
bewerbe zu dürfen. Bon gutem Ber
j mögen und Waise, brauche er nur seine I
Promotion abzuwarten, um die ichöne
Giovanna zu seiner Eheliebsten zui
machen ; und für den Herrn Bater sei
auf Burg Marrleben Platz und Will j
komm bereitet, und der Bergmaldl
ringsherum habe Hirsche und Schwarz,
mild in Fülle. j
Der Alte hatte nicht viel einzuwen !
den, zumal ihn das Heimweh nach
einem winterlichen Buchenwalde nicht
beim gebunden war an eine Andere.
Wie sie sie haßte, diese Andere ! Und
er! Es brauste ihr vor den Ohren,
wenn sie an ihn dachte, an daZ lreuber
zige Auge dieses Betrügers, an seine
fröhliche Offenheit, die das verderbteste
Gemüth verbarg. Schmerz um ihre
zertretene Liebe. Zorn, Haß und Ekel
warfen sich, wie Sturmwinde gleichzei
tig von allen Richtungen her auf den
Ocean, auf dieses stürmische Herz und
regten es bis in die tiefsten Tiefen auf,
wo die Dämonen der Leidenschaft im
'Verborgenen schlafen.
So starrte sie mit irren Augen auf
den Tomplaö hinaus. Durch ihre
Adern toste nur ein einziges Gefühl:
Rache!
Jeßt zuckt sie zusammen, die weiße
Stirn furcht sich und ihre Augen neh
me eine bestimmte Richtung an. Dort
koniint er, wie täglich um diese Räch
Mittagsstunde, eiligen Schrittes. Von
Weitem schon lacht sie sein fröhliches
Gesicht an. Er nickt ihr zu. Blitzschnell
kreisen die Gedankci! durch ihr Gehirn.
Sie streicht mit der Hand über das Ge
ficht und ihre starren Züge glätten sich.
üie winkt mit der Hand und nickt ihm
zu, zärtlich wie immer. Tann tritt
sie in ihr Gemach zurück und sagt laut:
Ruhe!"
Sporenklirren, schnelle Sprunge über
stufen, er tritt herein und schließt sie
in die Arme, Sie duldet seine Liebko
sunge. Er plaudert. Morgen tritt
er die Heimreise an. Ob sie an ihn
denken wird? Gewiß!
lind nun sagt sie langsam, gleich
gültig, und meint doch, er müsse im
Bebe ihrer Stimme den rasenden Puls
schlag hören, der sie zu ersticken droht:
Konrad war liier,"
äo? Ich sah ihn nicht seit gestern.
Er wollte mich geleiten."
Jrnfried, ist Konrad treu?"
Er sieht sie erstaunt an: Konrad?
Tie Treue selbst! Für jedes Wort, das
er spricht, lege ich meine Hand in's
Feuer."
Tas freut mich," Sie holt tief
Athem. Es Hingt wie ein Seufzer.
Was hast Du?"
Nichts. Die Schwüle! Komm, un
seren Gang Florett." Sie fechten jeden
Rachmittag miteinander auf italienische
Art mit Dolch und Florett, das ist ihre
größte Freude, ihre Kunst aneinander
wieder und wieder zu messen. Und es
ist Giovanna's Stolz gewesen, der besten
Klinge Bologna's immer noch gewachsen
zu sein.
So folgt er ihr auch heute ohne Arg
und nimmt unbesehen die Waffen, die
sie ihm bietet. Sein Auge sucht zärtlich
das ihre, wie er ihr gegenubertritt. Sie
salutire und nun kreuze.: sich die schlan
ien Stahlnadeln. Ader Giovanna ist
beute nicht aus der Höhe ihrer Kunst.
-ie tot matt und langiam, als halte ,
etwas ihren Arm zurück,
Was hast Du heute?" sagte Jrn
fried verwundert, Du giebst Dir lau!
ter Blößen." Er fallt leicht aus und
stoßt Terz. Ta sitzt sie,"
Das Mädchen zuckt leicht zusammen.
Toccata", sagte sie höhnisch und salu
tirt. Er aber wird kalkblcich. Denn
auf dem weißen Seidenstoff auf ihrer
linken Schulter wird ein rother Fleck
sichtbar, der sich langsam ausbreitet.
Er will auf sie los. Aber sie schreit
ihm zu mit so straffem Stoß der
Stimme, daß er unwillkürlich gehorcht:
Bleib, wo Du stehst. Es ist nur ei
Ritz."
Giovanna ! Bist Du yon Sinnen?"
Sehr bei Sinnen, mein lieber
Freund." Tie Stimme ist mit schnei
dendem Hohn getränkt. Aber sage mir
doch, kennst Tu die schöne schwarze Anna
v. Mohr?"
Er stutzt. Was soll das?"
Tu kennst sie. Und weißt Tu viel
leicht auch, daß die schöne schwarze Anna
v. Mohr die Braut des Toctor juris
Jrnsried v. Marrleben ist?"
Er antwortet nicht, sondern sieht sie
an mit einem Blick, erst oll Trauer, der
dann einem kalten Hohn Platz macht.
Seine Mundwinkel zucken. Tas ist zu
viel für Giovanna's mühsam behaup
tete Ruhe. Mit sprühenden Augen
stampft sie auf den Estrich: Ist es
wahr?"
Ja, es ist wahr!" Die Antwort
kommt mit einer kalken Ruhe, die den
letzten Rest der Besinnung aus dem
Kopfe der Betrogenen fortbläst. Sie
hebt wuthend das Florett, ,,-churke !"
und greift ihn mit Ra'erei an.
Er steht bleich, aber ruhig und wehrt
sich mit blitzschnellen Paraden, Aber
er wehrt sich nur. Er verzichtet auf
den Angriff, der bekanntlich die beste
Abwehr ist und übt tti: schwerste Kunst
des Fechters, der entfchlonen ist, den
Gegner zu schonen. Es wäre ihm ein!
leichtes, die schöne Kampfmüthige
kampfunfähig zu machen, da sie. nurj
darauf erpicht, den Todfeind ins Leben j
zu treffen, jede Vorsicht von sich gewor i
fen Hai.
Kein anderer Mann der Welt hatte'
diese Ausgabe durchiubren könn'n. als 1
er, der die Kunst seiner Gegnerin aus
langer Uebung bis in ibre tiefsten Ge
heimniffe kennt, und auch er konnte es
nicht, wenn ibr nicht die Leidenschaft;
völlig geraubt hatte, was des Fechters
Bestes ist. das kalte Blut. j
Wie die Brandung, wieder und wie
der zurückgeworfen, den reifen rastlos
bestürmt, so gleiten ibre wüthenden An
grine von seiner steinernen Rüde ad.
Noch stebt er uuverwundet. von ei
Paar Hautritzen abgesehen. Sie gönnt
sich kaum eine Secunde Zeit, der
keuchenden Brust wieder Athem zu geben,
und stürmt wieder auf ihn ein. kein
Laut, als das feine Klirren des Stähls,
als das gepreßte Athmen aus der Brust
des Madchens.
Und jetzt sprüht ein Blitz äS Jrn
frieds Augen. Er hat die Gelegenheit
erspäht, auf die er seit langen Minuten
gelauert hat. Wie eine Schlange windet
sich seine Klinge um die seiner Gegnerin:
ein kraftvoller Ruck und das Florett
fliegt im hohen Bogen seitwärts in den
Saal. Mit riesigem Satze ist er hin
terher und stellt mit einem tiesen Seus
zer den linken Fuß auf die tödtliche
Waffe.
Mit dem Wirthgeschrei der Wildkatze
wirst sich Giovanna mit dem Dolch auf
ihn. Er hat Degen und Dolch nieder
geworfen und erwartet sie, den Rücken
gekrümmt, den Kopf weit vorgebogen,
die Hände ausgestreckt.
Die kurze Klinge beißt in seine Schul
ter: aber ehe sie in's Leben dringen
kann, hat er die Handgelenke der
Wüthenden umklammert und drückt sie
mit ungeheurer Kraft zu Boden nieder.
Und während sie schluchzend, keuchend,
thränenübergossen in die Hände beißt,
die sie bändigen, schüttelt er sie grimmig
und stößt hervor: Es ist nicht wahr!"
Die krampshafte Anspannung, mit
der sich Giovanna zu befreien sucht, löst
sich. Sie blickt ihn wie irrsinnig an.
Es ist mein Vetter Jrnsried. Er
kommt aus Paris. Wir ältesten Marr
leben heißen alle Jrnsried, Ich schwöre
es Dir bei Allem, was mir heilig ist."
Da umklammert sie seine Kniee und
bittet leidenichaftlich, Verzeih mir,
verzeih' mir! Heiland, Du bist ver
mundet !"
Er wehrt sie gütig ab. Nichts. Ein
Hautriß! Gieb mir den Wunddalsam
von Deinen rothen Lippen." Und
lachend küßt er sie, daß ihr die Sinne
vergehen, Sie duldet es glückselig,
Und warum sagest Du nicht
gleich,...?"
Da lacht er tieftönig in hellem Ueber
muth, Schien mir besser, meiner zulünfti
gen Frau Eheliebstcn zu beweisen, dufc
ich doch der beffere Fechter und der
stärkere Arm bin. ES ist nicht gut,
wenn die Frau sich was einbilden
kann, "
Da beugte sich die stolze Giovanna
herab und küßte demüthig die starke
Hand ihres Bezwingers.
Stiident'.'nstreichc,
Wer da glaubt, daß in unseren nüch
lernen Tagen die lustigen Studenten
streiche ausgestorben seien, der lasse sich
durch folgende Geschichte, die in den
Burschenschaftlichcn Blättern" erzählt
wird, eines Besseren belehren.
Tas sind jetzt bald dreizehn Jahre
her. da kam ein Jenenser Studio i
seinem neunte Semester zu Besuch
nach der alten Musenstadt und zwar
hegte er die löbliche Absicht, eine Schaar
Bären abzubinden. Zu dem Zwecke
hatte er eine größere Summe Geldes
daheim losgeeist. Tas Schuldenbezah
Ien ist immerhin eine schmerzliche Thä
tigkeit und mit reuiger Wehmulh sieht
man die blanken Goldfüchse in den
weitgeöffneten Handen der Philister"
verschwinden. Was lag daher naber,
als daß sich das bemooste Haupt diesen
Schmerz versüßen und den Wermuths
becher mit einem Tröpfchen Humor
würzen wollte ! Er ging daher nicht ohne
Weiteres zu den Philistern, zählte das
Geld auf den Tisch und ließ sich eine ge
wohnliche Quittung darüber ausstellen,
sonder er schrieb diese Quittungen
selbst und legte sie dann zur Kenntniß
nähme vor. So bescheinigte der Schnei
dermeister G. Folgendes: Für ein
Paar ertrafeine Sonntagshosen, welche
ich für den Herrn Kandidaten X. ange
fertigt habe, empffng ich soeben mit
vielem Tanke den Preis von 24 Mark,
obgleich ich dieselben hatte billiger her
steilen können."
Der Drechslermeifter H. unterschrieb
mit Vergnügen nachstehende Bescheini
gung: Ich, der Drechslermeifter H.,
bekenne hiermit äußerst geknickt, daß mir
die Freude, den Herrn Kandidaten
zu meinem Schuldner zu haben, durch
dessen mir unbegreifliche Zahlungseil
fertigkeit vereitelt worden ist. Obgleich
ich überzeugt bin, daß derselbe sein Geld
praktischer hätte anlegen können, als in
solchen Dingen, wie ich sie verkaufe, so
bade ich ihm diese Dummheit doch nie
übn genommen, und auittire, weh
mülhig schluchzend, über ',0 Mark."
Und so unterschrieben sie Alle, der Post
Halter, Schuhmacher und andere ehren
werthe Philister.
Den Haupttrumpf aber sollte sich die
alte treue Philine Wirths!ochter Frau
lein H. leisten. Bei ihrer seligen Mut
ter hatte der nunmehrige Kandidat als
kra'ser Fuchs ein Semester lang ge
mobni. aus aller Anhänglichkeit aber
immer noch einen Rest seiner Wirths
schuld anstehen lasten. Nun wohnte!
das junge oder eigentlich nicht mehr
ganz junge Madchen im dritten Stock
des ichmaien faules am Markt: der ,
alte Fuchs hatte ibr angekündigt, daß
er am Pormittag heraufkommen und!
den Rest seiner Schuld dezablen wurde, l
Tas gute alte Madchen war hoch erfreut
und versprach, eine Kanne Bier bereit !
zu halten. Als der -chnappbans an
der Rathhausudr ettmal vergeblich nach
dem Apsel geschnappt batte, bewegte sich
von dem am -mam gelegenen Heroin-1
dungsbause ein kleiner Zug tchrag Über!
den Platz, voran der alte -ludent. ,
hinter ihm acht weißdemutzte Fuchse.
Er betrat mit ihnen das Haus, ließ
sich das im ersten Stockwerk belegen?
Zimmer von den, Inhaber öffnen und
stellte an jedes Fenster das ganze
Hau hatte immer nur drei in der
Front einen Fuchs, Im zweiten
Stock wohnte ein Schuster, auch er
mußte seine drei Fenster für je einen
Fuchs hergeben. Dann ging es hinauf
in den Stock, wo Fräulein H., bereits
ängstlich über die seltsamen Vorberei
tungen, den Rest der Deputation ein
psing. Der alte Student hielt eine
feierliche Anrede, sprach von der christ
liehen Nächstenliebe, von der Bedeutung
des akademischen Studiums im Allge
meinen, und von dem sittlichen Werth
des Schuldcnbezahleiis im Besonderen,
trank dann nebst seine Begleiter von
dem dargebotene Bier und trat mit
ihnen a die Fenster, Mit weit schal
lender, den Anwohnern des Marktes
wohl bekannten Stimme hielt er nun
mehr an die gesammte Bürgerschaft
Jena's und das sich allmählich ankam-
melnde Volk eine zündende Rede, worin
er den Anlaß zu dieser Feierlichkeit kund
gab. Er pries die Tugenden der beiden
Plnlisterinnen, Mutter g Tochter, er
gedachte ihrer liebevollen Pflege, wobei
er so gerührt wurde, daß er zum Taschen
tuch greifen mußte: seinem Beispiel
folgten die aus den Fenstern sehenden
acht Füchse, welche ihre Schnupftücher
gleichfalls zum Zeichen ihrer Ergriffen
heit rangen.
Nunmehr verlas das alte Hans mit
lauter Stimme folgende Ouittuug vor
versammelter Zuhörerschaft : Jena,
20 Tage vor Weihnachten 1383. Ich,
die Jungfrau Karoline Frederika Anna
H., geboren an, 29, April 1848 in der
großherzoglichsächsischen Residenz- und
Universitätsstadt Jena bei (Himsdmrf,
bezeuge hiermit unter häusig vergösse
nen aufrichtigen, eigens dazu mitge
brachten Thränen, daß ich von 'dem
äußerst liebenswürdigen, von mir
äußerst hochverehrten Herrn X., Kandi
daten der Philologie und sonstiger
Dinge, soeben ganz wider Erwarten
den Rest seiner in S. S. 188 bei mei-
ner seligen Mutter lontrabirten Schul
den erhalten habe. Niemals werde ich
ihm diese edle That vergessen ; noch in
meinen letzten Jahren, welche hoffentlich
noch recht fern und. werde ich mit mon
iiigem Entzücken daran denken, wie
Herr X. als fideler Fuchs auf unserer
Bude wohnte, Waldborn blies, Klavier
spielte, sang, aus dem Fenster die Beine
heraushing und Reden an das versam
melte Volk hielt. Ich schließe tiefge
knickt mit dein frommen Wunsche, daß
einmal ein großer Mann aus ihm wer
den möge, welches ihm mein Mütterchen
ja jedesmal versprach, so oft er Geld
bezahlt hatte." Mit einem donnernden
Hoch auf das liebliche spate Mädchen
schloß die Feierlichkeit, für deren Ver
anstaltung Frl. H. tiefgcrührt dankte.
Freilich hatte sie entsetzt aufgeschrieen.
als ihr etwas fernab liegender Gedurts
tag urbi et orbi verkündet ward.
Auch sie lebt längst nicht mehr, sie ward
jählings dahin gerafft in der Blüthe
ihrer Jahre, eine Zierde der Jenenser
Jungfrauen.
Napoleon III, im Karzer.
Bekanntlich wohnte die Königin Hör
tense mit ihrem Sohne, dem späteren
Kaiser Napoleon den Tritten, eine Zeit
lang in Augsburg. Der junge Prinz
besuchte das dortige Gllmnasium, dessen
Vorstand der Hofrath Wagner war.
Mit einem von desten Söhnen stand der
Prinz auf besonders freundschaftlichem
Fuße. Eines Tages äußerten die üdri
ge Mitschüler der Beide Zweifel dar
über, ob der Prinz und sein Freund
denn wob! auch bestraft würden, wenn
sie einen Streich begingen. Beide wa
ren so liebenswürdig, ihre Mitschüler
darüber nicht lange im Zweifel zu lauen,
kauften Zündhütchen und zerschlugen
dieselben wahrend des Unterrichts. Na
türlich ward nun eine Untersuchung
über diese geräuschvolle und muthwillige
Störung angestellt und der Prinz und
sein Freund Rudolph Wagner als die
Schuldigen erkannt und zu einer Kur
zerstrafc über Mittag bei Master und
Brod verurtheilt. Die Königin Hör
teufe, welche davon gebührendermaßen
unterrichtet wurde, verordnete, daß der
Missethäter nicht nur sein Mittagesten,
sonder auch Wasser und Brod entbeh
ren solle, Tas war für das mitleidige
Herz der' Gattin des Hofraths denn
doch zu hart, -je sandte den Gefange
neu heimlich ein mächtiges Stück Bui
terbrod.
Frau Hofratdin," sagte der Prinz,
spater seinen Dank abstattend, nie hat
mir etwas so vortrefflich geschmeckt, als
dieses Butterdroo im Karzer!"
Iie desten Handschuke.
Als George Stephenson. der Eisinder
der Eisenbahnen, sich in Brüssel auf
hielt, sollte er auch dem König der Bel
gier vorgestellt werden. Kurz vor der
Audienz erhielt er den Besuch eines
Kammcrberrn. der ihn über das zu be
obachtende Eeremoniell unterrichiete und
itjnt av.co die arve seiner andichude !
angab.
Ich will Ihnen einmal was sagen,
Herr," versetzte -tepdenwn: meine ,
Mutter bat mir bei meiner Geburt ein 1
Paar Handschude mit aus die Welt mit-1
gegeben, und andere bade ich in meinem .
ganzen Leben noch nicht angezogen, und!
wenn der König von Belgien George
- repven'on mn oen reingewaiozenen
Handtchuoen. die idm seine Mutter mir
gab. nicht haben will, so soll er's bUi
den lauen."
In der Tda! ging er in bloßen Hau
den zur Audienz.
Iic richtige KluiiF.
Frau (in eine Klinik tretend): Ach
sonnten Sie mit nicht einen D.'llor in s
Haus schicken?"
Arzt: Wer ist den Iran!?"
Frau: Mein kleiner Polin!"
Arzt: Ihr Sohn?"
Frau: Rein, mein Papagei!"
Arzt: Hinaus mit Ihnen! Sie
misten doch, daß hier nur Menschen dc
handelt werden!"
Frau: Ja, aber auf Jbrem Schilde
steht doch Polluklinik!"
chil'ieeig'l cfel'I.
Feldwebel: Unteroffizier, wie viel
Mann haben Sie da oben?"
Unteroffizier: Sieben Mann, Herr
Feldwebel,"
Feldwebel: Gut, schicken Sie mir
die Hälfte herunter!"
llnl'cm'iflich!
Frau des Dichters (zu ihrem Gatten) :
Tu hast das friedliche Zusammenleben
zweier Ehelcnle, die Seelenharmonie, so
ergreifend geschildert und das häusliche
j Glück so innig dargestellt, daß ich beim
Wien ganz gcruyrl war:, , , . ag
mir, wo hast Tu denn da
eigentlich h e r?!"
S ftreiu.
Paukenschläger zur zweite Posaune):
Sie, der neue Kapellmeister ist ei
schärfer! Wein, man nicht auf die
M i n u t e zuhaut, wird er gleich un
angenehm!" Annonce.
Für ein Schweizer Alpenhotel
werden Münchener Kellnerinnen
im T iroler-Kostüm gesucht, welche
französisch sprechen können.
llm'crbesserlich,
Gefängnißoireltor (ui dem entlassene
Sträflingj: Ihr erster Gang wird
wohl z Ihrer Familie sein?"
Sträfling: Natürlich! Vorher muß
ich aber noch einige Kleinigkeiten
stehlen, damit ich den Kindern wenig'
stens 'was mitbringen kann!"
5i.'bolfen.
Sie: Wenn nur recht bald ein großer
Unglücksfall pasfiren möchte, damit mir
wieder 'mal einen rech! amüsanten
WohlthätigkeitSoall geben könnten."
Er: Da kann ich Dir helsen. das
Unglück ist schon da, ich bin pleite!"
Trost,
Alte Jungfer (schluchzend): 01
Jahre bin ich nun alt wie rosig er
schien mir dagegen die Welt, als ich
in's sechzehnte Lebensjahr trat: ich er
innere mich noch deutlich an meinen da
maligen Geburtstag."
Gratulant: Lieber Gott. 10 und 01
sind ja ganz dieselben Zahlen nur
ein Bischen anders gruppirt!"
Die vermabriing,
Richter: Schämen Tie sich, daß Sie
schon so oft mit dem Gericht zu thun
hatten."
Angeklagter: Na, warum denn schä
men? Ist denn das Gericht vielleicht
kein ehrenwerther Stand?"
Kindliche rii,k,
Mutter: Na, Gretchen. bist Du
denn gestern gut ohne Mama einge
schlafen?" Gretchen: Ach ja, Papa wollte mir
das Lied vorsingen, mit dem Du mich
immer einschläferst, da bin ich aber recht
schnell eingeschlafen, um es blos nicht zu
hören."
Lin Hottti Geschäft,
Sagen Sie 'mal, wie ist es denn
mit ihrem Geschart?"
Hm, das geht neun Monate gar
nicht, und drei Monate ist stille Sai
fon."
tu!
Einheimischer: Wir baden hier
immer Westwind!"
Fremder: Aber der Wind, der jetzt
webt, kommt doch von Osten!"
Einheimischer: O nein, das ist nur
der Westwind, der wieder zurückkommt. "
CCriftucr (Brunj.
Warum hast Tu denn den Dienst
bei Doktor's so plötzlich vertanen?"
Aus Gesundheitsrücksichten , . , , die
Gnädige fing selbst an zu lochen."
Unter m Pantoffel.
Darf ich Tir eine Eizarre anbieten,
alter Freund?"
Tanke Tir, ich habe mir das
Rauchen adgewobnt. schon seit rwölf
Jahren!"
Merkwürdig, wie die Zeit vergeht!
Mir ist's, als sei Deine Hochzeit erst sr
einem halben Jabre gewesen!"
bedenklich.
A.: Ich bade mir eine Streik-
Maschine angeschafft, aber ich werde sie
morgen wieder zuruckichicken."
B. : Warum denn?"
A.: Sie schreibt nicht orthographisch
richtig."
IIjMct tVr'i
Madam', find Sie doch so gut und
borgen Sie mir fünf Mark: ich werde
sie Ihnen gewissenhaft wieder zurück-
geoen:
Ader -,e belitze a nicht das ge
ringfte Vermögen! Wie wollen Sie m:r
da das liield wieder zurückerstatten?"
O. ich bettle es Ihnen raten
weise ad!"