Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, April 09, 1896, Image 9
r ( y Zwei vriidlir, ä:oii (.', ,irow, Daß ti manchmal schon schlimm ist, wenn ein Jüngling ein Mädchen liebt, wissen wir zum Theil aus Erfahrung, zum Theil aus dem berühmten Gedichte von der alten Geschichte, die ewig neu bleibt. Daß es unendlich viel Schlim meres bedeutet, wenn zwei Jünglinge ein Niädchen lieben, das leuchtet auch dem einsachsten Verstände ein. Da Allerschlimmste ist jedoch und war immer, wenn diese beiden zwei Brü der sind! Den beiden Brüder Gert 'und Hell. Muth OrtSdorff war in der That das große Unheil widerfahren, daß sie sich in ein und dasselbe Madchen verliebt hatten. Und hieraus waren schon die heillosesten Verwirrungen und Mißhel- Iigieiten entstanden. Gert, der Weitere, war von ruhiger und schwerer Gemüthsart. Er halte ganz das dickdlütige Wesen seiner frie sischen Landsleute, wenn auch seine Mutter eine leichtherzige Süddeutsche gewesen war, Hellmuth war diel mehr von jener landläufigen Liebenswürdig keit, die schnell alle Herzen gewinnt, aber er konnte auch sehr jähzornig wer den. Beide Brüder bewirthschafteten ge meinsam das vom Vater ererbte Gut. Es waren da zwei Herrenhäuser, so daß selbst für den Fall einer Heirath keine Trennung zwischen ihnen zu erfolgen brauchte. Es war eine ausgemachte Sache, daß dann Gert in dem alten Gutshause verblieb, während Hellmuth in das moderne kleinere Wohngebäude überzusiedeln hatte. In der legten Zeit war die Einigkeit zwischen den Brüdern st gestört wor den. Jeder beschuldigte den anderen der schlechten Laune, und keiner wollte eingestehen, daß Mite Fachmitz es war, die sie uneins machte. Eines Tages kam Gert nach dem Abendessen auf Hell- muth zu, legte ihm eine Hand auf die Schulter und sprach in seiner langsa men, gewichtigen Art: Hör' mal, Kleiner, das Muckschen zwischen uns muß aufhören; es führt zu garnichts und ist unwürdig." Also, warum muckscht du denn," la chelte Hellmuth. Ich thue es ja garnicht. Aber Mir wollen doch nicht Versteck miteinander spielen. Ich bin in diesen letzten Wochen recht heruntergekommen, gerade weil wir uns beide so stillschweigend quälten. , Es ist bester, wir reden. Also sag' offen: bist du in Mite Fachwitz der schaffen, ja oder nein?" Hellmuths Schläfenadern schmollen an, aber er beherrschte sich. Ich könnte das ebenso gut dich fra . gen," sagte er, aber es ist am Ende gleich ja, ich liebe sie! Und ich werde sie heirathen." Betroffen schaute ihn Gert an, und sein gutes Gesicht wurde um einen Schein blaffer. Bist du schon mit ihr einig?" Einig? Nein, einig gerade nicht. Aber ich glaube bestimmt, daß sie mich gern hat." Gert fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Ich glaube auch, daß sie daß sie Dich gern hat.'' Ich glaube auch, daß sie daß sie Dich gern hat,' sagte er mühsam. Dann ging er zur Thür, als sei nun weiter nichts mehr zu sagen, doch an der Schwelle drehte er sich noch einmal um, Bruder," sagte er, vielleicht tau schen wir uns beide. Mädels sind zu weilen so komisch. Und ich muß Dir doch erzählen, daß sie mir neulich einen Kuß gegeben hat." Was!?" schrie Hellmuth aufsprin gend. Sie Dir?" Ja," sagte Gert, und strich sich wie der über die Stirn. Sie war mit mir aus dem Tanzsaal gegangen, als ich eben von Dir zu ihr gesprochen hatte, draußen im Wintergarten sah sie mich eine Weile an und wurde ganz ernsthaft. (Sonst lacht sie doch gewöhnlich, wie Du weißt.) Und mit einem Mal hebt sie sich hoch und giebt mir einen Kuß und sagte: Sie goldene Seele." Hellmuth war sehr bleich geworden. Er sah mit brennenden Augen auf feinen Bruder. Und dennoch glaubst Du, sie habe mich gern?" fragte er heiser. Gert nickte. Gerade deshalb glaube ich es. Kurz vorher hatte ich Dein Lob gesungen wir find das ja nicht an ders von einander gewöhnt, nicht wahr Hellmuth? und vielleicht siel sie mir nun aus lauter Dankbarkeit um den Hals." Hellmuth trat heftig mit dem Fuße aus. Der Kukuk hole solche Dankbar teil." Gert stand noch immer bei der Thür, verlegen, als habe er etwas Unpassen des begangen. AIs er endlich gehen wollte, rief ihm Hellmuth nach: Morgen wollen wir hinfahren und uns Bescheid holen, wenn Du willst." Ja, abgemacht antwortete Gert und ging in sein Zimmer hinaus. Luftig klang das silberne Schellen qetön durch die sonnige Winterluft. Der Weg zu dem Fachwitz'schm Gute war nicht wert, wenn man über den kleinen See fuhr, der die beiden Be sitzunqen trennte. Hellmuth, der gewohnlich selbst fuhr, wollte die Jsadellen dort herumlenken, aber der alte Kutkcher erhob Einsprache. .Das Eis ist schon morsch, junger Der Jahrgang 16. Herr (Hellmuth blieb immer der junge Herr) und der Westmnd geht mir könnten Unglück haben." Als der Schlitten mit hellem Geläut auf den Gutshos fuhr, stand Mite am Fenster und nickte den Ankommenden zu. Einige Minuten daraus kam sie hinter ihrem Vater her in die Wtrtjn stube und begrüßte ihre Gäste. Jeder paßte nun aus, was sie dem anderen für ein Gesicht machen würde. Ach, es war kein Zweifel, Hellmuth war der bevorzugte; ihm reichte sie freundlich die kleine, rundliche Hand und lachte mit ihren blauen Augen frei zu ihm auf; Gert gab sie nur flüchtig die Rechte und kümmerte sich dann weiter nicht um ihn. Die Brüder hatten verabredet, daß der zuerst sprechen sollte, mit dem Mite zuerst durch Zusall allein bleiben würde. Zu ehrlich, um einen solchen Zufall herbeizuführen, blieben beide nun wie angenagelt auf ihren Plätzen sitzen; doch machte endlich Mite der Sache ein Ende. Denken Sie nur." sagte sie zu Hell muth, meine gestreiften Kamelien blühen schon; wollen Sie sie sehen?" Sie ging nach dem Wintergarten voran, und Hellmuth folgte ihr, wobei eine tiefe Röthe von seinem Nacken über das ganze Gesicht zog. Aber wie wurde Gert zu Muthe, als schon nach zehn Minuten sein Bruder wieder erschien, erdfahl und mit er loschenen Augen. Der alte Herr Fach witz war vom Inspektor abgerusen wor den, und Gert, der allein im Zimmer war, sprang aus: Hellmuth sie hat nein ge- sagt?" Der nickte nur und winkte dem Bruder, er sollte Mite aufsuchen! dann rannte er durch den Garten-Saal ge radeweqs in den verschneiten Park hin aus. Nun stand Gert vor dem jungen Mädchen. Mite," begann er mein Bruder hat Ihnen gesagt " Die Stimme stockte ihm, und sie schaute zu ihm auf, als warte sie. Hat er Ihnen gesagt, daß wir beide daß auch ich ich ich " Mit einem Male hielt er sie in den Armen und küßte sie, bis sie sich ibm entwand. Du dummer, dummer, lieber Elephant" (dies war sein Beinanie ge Wesen von Jugend auf) mehr konnte ich doch nicht thun, als dir um den Hals fallen neulich, und da sag teft du doch nichts!" I .Ich war so erschrocken, entschul- digte er sich. Ich dachte immer, du hast Hellmuth lieber!" Jawohl!" lächelte sie, du warft eben ein Blinder! Papa wußte längst, daß ich dich wollte. Und Andere auch." Ein neuer Schauer von Kllnen ver- schloß ihr den Mund Der arme Hellmuth!" sagte Gert nach einer Weile. .O, sei ruhig, den kostet es nicht das Leben," meinte Mite leichthin. Der, von dem sie sprachen, lies in. besten draußen im Park planlos um her, wie gehetzt von seinem großen Schmerz. Kleine Mite, kleine Mite, du hattest es nicht bös gemeint, aber besser wär's gewesen, du hättest den Brüdern deutlicher deine Herzensneigung gezeigt. Nun stand er an einen Baum ge- lehnt und starrte in den schönen, weichen Schnee. Und plötzlich sühlte er etwas Häßliches, Beißendes in sich ausfteigen, was ihn fremd an die Seele griff und alle seine Gekühle durcheinander wir belte. Neid, Neid auf Gert und eine wü- thende Eifersucht ergriffen Besitz von! ihm. Er sah nichts, hörte nichts, es war ihm. als wirbele sein Kopf rundum. und er biß die Zahne aufeinander, als wollte er sie zerbrechen. .Hellmuth! rief es vom Hauie her. Das war Mite's Stimme. Ja, nun mußte er hingehen und der Berlobungs seligkeit beiwohnen und noch dazu thun, als fühle er sich wohl dabei! Nein, das war zu unnatürlich, wollte er lieber allein nach Haus fahren. Gert würde schon von seinem neuen chmiegervater einen Schlitten gestellt bekommen. Er schlich sich durch das kleine Hofthor zu den Stallen und befahl anzuspannen. Aber als er eben heimlich davonfahren wollte, kam Gert aus dem Hause und winkte ihm: Ich sah. daß vom Flur dein Pelz und deine Mütze weg waren; da habe ich mich auch schnell verabschiedet ich sahre jetzt mit dir nach Haus und komme Nachmittags allein wieder her." Aber bitte!" sagte Hellmuth höflich. Wozu willst du dir solche Umstände machen ich finde auch allein nach Haus." Gert beugte sich dicht zu ihm. .Was haben mir uns versprochen, Hellmuth?" äNntagsaast. Beilage zum Nebraska Staats Anzeiger. sagte er bittend. Weißt du's nicht mehr " Hellmuth schmieg verbissen und knallte mit der langen Peitsche. Fort eilten die Jsabelle, als flögen sie. Diesmal nahm Hellmuth den kürze ren Weg über den See; es trieb ihn. nach Haufe zil kommen und ganz mit sich allein zu fein. Und während die Hufschläge der Pferde dumpf auf dem Eise wiederhallteii, überkam ihn von neuern lene quälende Wuth wie vorhin Er hatte etmaS zerschmettern, irqend etivas Rasendes thun mögen, um sich Luft z Ichaffen. Gert saß schweigend neben ihm. und gerade diese Ruhe regte ihn nur noch mehr aus. Natürlich träumte jetzt der Bruder von Mite's Küsten! Ah, Eine Blutwelle stieg ihm in die Augen und machte den Weg vor ihm flimmern und wanken. Die Pferde fühlten die un sichere Führung und machten einen Sei- tensprunq. Auch gut!" dachte Hellmuth und lenkte nun in kürzester Linie über den See, so kommen wir schneller an's Ufer." Aber das Geräusch der Hufe und der Kufen war jetzt anders gewor den, und Gert legte die Hand auf Hell' muth's Arm. Wende auf den Weg", sagte er, Hier können Mir eiubrechcn, hörst du nicht, daß das Eis hier nicht hält?" Doch die wühlende Qual in Hellmuth trieb ihn vorwärts. Mochten sie ein- brechen! Ja, käme es doch, daß sie eiw brächen! Ein wilder Haß gegen den Bruder erfüllte ihn und der deutlich. furchtbare Wunsch, daß er todt sein möge, ganz still und todt, damit auch er das schöne Mädchen nicht besitzen sollte. Verwundert beugte sich Ger! vor und at) ihn an; er blickte in ein aschgraues, nervös gespanntes Gesicht, in dem ein paar wirre Augen glühten. Mit einem sachten Griff suhr Gert in die Zügel und lenkte nach dem richtigen Weg zurück. Aber es war schon zu spät und mit einem dumpfen Krachen brach das Eis unter ihnen, und der Schlisten sank ein. Die Pferde riffen und zerrten in ihrer Todesnoth an den Strängen, jedoch unter ihrem wilden Stampfen brach avch ihnen das Eis unter den Füßen, und sie sanken ebenfalls. Der alte Kutscher, der von seinem kleinen Sitz zur rechten Zeit abgesprun- gen war, wars sich flach aus den Boden und griff nach seinen Serren. Doch war bereits Hellmuth mit all seiner Kraft und Gewandtheit emporgeschnellt und hielt nun mit aller Macht Gert um- saßt, der nicht schwimmen konnte. Roch waren die Pferde mit den Vor- derhufen und dem halben Leib auf dem Eise, und deshalb konnte auch Hellmuth noch eine Art Halt unter seinen Füßen an der Schlittenlehne finden, die ab wärts im Waffer hing. Schneide die Stränge durch!" schrie er dem Kutscher zu. Und es gelang. Kaum sühlten die Thiere ihre Freiheit, als sie mit einer mächtigen Anstrengung sich wieder emporarbeiteten, und bald triefend und zitternd auf sicherem Boden standen. Inzwischen hatte sich Hellmuth auf das Eis geschwungen, und indem er sich von dem Kutscher bei den Füßen fest halten ließ, zog er liegend den Bruder aus dem Wasser heraus und erreichte mit ihm das nahe Ufer. Dann aber brach er bewußtlos zusammen. Gert beugte sich über ihn. Armer Kerl." murmelte er zärtlich, armer Kerl." Dann rieb er ihm das Gesicht mit Schnee, bis er wieder die Augen auf schlug und lamqsam zum Bewußtsein kam. Kaum hatte er aber seine Gedanken gesammelt, als ihm eine dunkle Röthe der Scham ins Gesicht schoß. Gert," sagte er mit bebender Stimme. Gert. beinah hätt ich dich vorhin mit Absicht" Ach wo," unterbrach ihn Gert be schmichtigend. Tu hättest dich schon noch besonnen! Daß hier schon das Eis brach, war nicht deine Schuld!" i Doch, doch," beharrte Hellmuth düster vor sich hinstarrend, es war meine Schuld; wäre ich auf dem Fahr-! weg geblieben aber du glaubst nicht, wie mir auf einmal zu Muthe wurde. Nein, wie ein Verrückter war ich." Ich glaub's schon," sagte Gert gut müthig. Jeder von uns kann einmal verrückt werden. Ist es denn nun1 gaziz vorbei?" ! Hellmuth schaute ihm mit einem reuigen, großen Blick frei in die Augen, Ganz vorbei !" rief er. Ja. ja, so ein kaltes Sturzbad ist manchmal eine wundervolle Kur," sagte Gert. Na, nun komm aber, nun wollen wir zu Fuß nach Hause gehen und uns trocken lausen. Werten soll indeß die Gaule besorgen." ,Und Arm in Arm gingen sie zurück in ihr friedliches Heim, Die eine böse Stunde hatte sie wieder zur alten inni gen Freundschaft zusammengeführt. Der vicbstahl im (Dmnibus. Thomas Smithsoli, freier ainerikani scher Bürger, war Direktor der Maschi nenfadrik Herrn Andcrson's, einer der größten im Staate New-Bork. Im reiferen Knabenalter schon war Smith son als einfacher Arbeiter in den Dienst der Fabrik getreten und hatte sich bis zur. höchsten erreichbaren Stelle empor geschwungen. Seine über jeden Zwei sei erhabene Rechtschaffenheit erwarb ihm das unbegrenzte Vertrauen , des Chefs, in dessen Etablissement täglich über zweitausend Arbeiter beschäftigt waren. An einem Samstag Morgen, nach einer rastlo er Arbeit gewidmeten Nacht, übergab Herr Anderson seinem Direktor eine Anweisung auf fünfzigtausend Dollars an die KentuckyBank um den Betrag flüssig zu machen und hiervon die Lohnauszahlungen zu bewirken. Mit Rücksicht auf die Höhe der summe sollte Smith on die Einkasff rung persönlich besorgen. Thomas legte den Check in ein umfangreiches Portefeuille, nahm dieses unter den Arm und bestieg einen Omnibus, der in der Richtung der Bank fuhr. Hier kassirte er das Geld ein, verwahrte die- ses im Portefeuille und benützte zur Rückfahrt wieder einen Omnibus. Mit beiden Händen die Tasche mit ihrem merthvollenJnhalt auf den Knien festhaltend, suchte er mit äußerster An strenqunq dem Schlafe zu wiederftehen. der ihn nach der ruhelos verbrachten Nacht heimsuchte. Das einförmige Ge- räusch der Räder und die rüttelnde Be wegung dcS Wagens trugen dazu bei, der Natur zum Siege zu verhelfen, Smithson kämpfte eine Weile vergebens. Seine müden Lider schloffen sich und er schlief ein. Reben ihm saßen rechts eine umfang- reiche Gemüsehändlerin, links .ein Herr, der im Lesen seiner Zeitung vertieft war. Ein heftiger Stoß des Wagens weckte den Schläfer. Er erwachte und stieß gleichzeitig einen markerschütternden Schrei aus Das Portefeuille war verschwunden. Im Wagen saß nur er allein. Mit glühendem Antlitze und blut- unterlaufenen Augen, dem Wahnsinne nahe, stürzte er fort nach dem Komptoir seines Chefs, dem er mit einer Stimme, die kaum noch einen menschlichen Klang hatte, berichtete, was ihm begegnet war. Herr Anderson hörte ruhig zu, run- zelte die Brauen, sah seinen Direktor forschend an und sagte dann in gewohnt abgebrochener Weise: Merkwürdig frecher Dieb Poli zei verständigen Nachforschungen pflegen Anderen Check flüssig ma chen." Dann schien er sich zu besinnen und fügte rauh hinzu: Wenn sich die 50,000 Dollars nicht vorfinden, werden sie auf Ihre Rechnung gesetzt," Der Unglückliche erbebte, als habe er einen elektrischen Schlag empfangen. duntziatau end Dollars war eine größere Summe, als er je im Leben zu erwerben vermochte. Dazu noch der Argwohn, den er deutlich im Antlitze seines Chefs gelesen. Vergebens machten die Polizei und Thomas selbst alle Anstrengungen. Die- ser hatte eine Belohnung von 1000 Dollars ausgesetzt, doch ebenso erfolglos. Zwei Tage waren vergangen und vom Thäter noch immer keine Spur. Zwei Tage namenloser Oual. des Schwedens zwischen Furcht und Hoffnung, nach de ren Verlauf Thomas Smithson einen verzweifelten, aber unerschütterlichen Entschluß faßte. Am Morgen des dritten Tages brach- ten sämmtliche Blätter fett gedruckt fol- gende Ankündigung: Äamftaq wurde mir in einem nacd der Wallstreet fahrenden Omnibuffe ein Portefeuille mit dem Inhalte von 5,0,- 000 Dollars gestohlen, die dem Maschi- nenfabrikanten Anderson gehörten. Ich setze hiermit den Dieb in Kenntniß, daß, wenn er mir das Geld bis Donnerstag neun Uhr Vormittags nicht zurückgestellt hat, ich mir eine Kugel durch den Kops jage. Der Tod eines rechtlichen Mannes möge feine mich rächende Strase sein. Thomas Smithion," Lvnnerftaq war gekommen und es hatte sich Niemand blicken lasten. Mit dem ersten Morgengrauen war Smith son aufgestanden, hatte mir besonderer Sorgfalt Toilette gemacht, hieraus Frühstück eingenommen und traf nun alle nöthigen Vorbereitungen, der Ehre sein Leben zum Opser zu bringen. Mit stoischer Ruh zündete er eine s. 47. Cigarre an, setzte sich an seinen Arbeits tisch und schrieb einige Briefe. Der letzte galt feiner Mutter, der er in we nigen Worten ein letztes Lebewohl sagte. Dann nahm er einen Revolver aus der Schrcidtischlade. untersuchte die Waffen sorgfältig, legte sie neben sich und dazu die Uhr, indem er murmelte: Halb neun Uhr Noch dreißig Minuten!" Dann legte er sich im Fauteuil zurück, doch so daß er die Uhr im Auge behielt, und fuhr zu rauchen fort. Zehn Minuten waren schon vergan- gen, als plötzlich heftig die Klingel an der Eingangsthür seiner Wohnung ge- zogen wurde. Thomas zuckte zusammen und wurde blaß wie eine Leiche. Er, der noch eine Secunde zuvor mit Gleichmuth dem Tode. in s Auge geblickt, zitterte bei dem Gedanken an die Möglichkeit, dem Le- den erhalten zu bleiben. Herein!" rief er heftig und warf rasch das Sacktuch über den Revolver. Die Thüre ging auf und ein ältlicher Herr mit ergrauendem Haar in elegan ter, schwarzer Kleidung trat über die Schwelle. Sind Sie Herr Thomas Smith son?" fragte der Fremde, nachdem er höflich gegrüßt. Ja, mein Herr.' Und wohl derselbe, deffen Ankündi gung ich im Herald" gelesen?" Allerdings." Und Ihr Entschluß,..." Wird nach Ablauf von sechszehn Minuten zur Ausführung gebracht," erwiderte Thomas mit eisiger Kälte, nachdem er einen flüchtigen Blick aus die Uhr geworfen. Gott sei Dank, daß ich noch recht- zeitig gekommen bin," rief der alte Herr. Aifo rasch zur Kache." Das ist nöthig, denn uns bleiben nur vierzehn Minuten." Vor Allem gestatten Sie mir, mich Ihnen vorzustellen. Ich bin der Ban kier MacLellan." Thomas verneigte sich. Ich habe 'eine Tochter," fuhr der Bankier fort, schön und gut wie ein Engel, Sie hat Ihre Ankündigung gelesen und mich inständig gebeten, zu Ihnen zu eilen und Sie zu retten. . , . Mein Geschäft ist nur wenig umfang reich, doch erfreue ich mich in der Han delswelt eines guten Rufes. Jetzt wür den sich Aussichten zu ortheilhaften Unternehmungen hieten, doch bedarf ich eines rechtlichen Mannes, da ich selbst zu alt und kränklich bin, um Alles per onlich zu leiten. Ihre Redlichkeit steht außer allem Zweifel und wird durch Ihren Entschluß bewiesen. Fähigkeiten vesttzen ete, das weiß alle Welt. We gen eines Geldverlustes sich das Leben zu nehmen, wäre baarer Unsinn, und zwar um so mehr, weil damit nichts gut gemacht ist " Acht Minuten, bemerkte Thomas. Hier handelt es sich darum, das er forderliche Geld zu erwerben, um Ihren Chef zu entschädigen. Hören Sie also meinen Vorschlag. Treten Sie in meine Bank. Ich biete Ihnen ein Jahres gchalt von 5000 Dollars und Antheil am Geschäftsgewinne. In fünfzehn und. wenn das Glück uns begünstigt, in zehn Jahren, können Sie Ihre Schuld an Herrn Anderson abgetragen haben. Nun abgemacht?" Thomas war kreidebleich geworden. Einen Augenblick zögerte er, dann legte er seine Hand in die ihm dargebotene Rechte. Dank, ich nehme an," murmelte Smithson kaum hörbar und Thränen drängten sich in seinen Augen. Am nach ten Morgen schon trat er in die Dienste seines Retters. Mit seinem Kommen schien auch das Glück im Hause seinen Einzug gehalten zu haben, denn alle, zuweilen auch die waghalsig, sten Unternehmungen waren von Erfolg begleitet. Ein Jahr später hatte er an Anders bereits 4000 Tollars bezahlt und war nicht nur MacLellan's Komvaanon. kon- dcrn auch besten Schmiegersohn ge worden. Im Verlaufe weiterer bn Tiahn war die Schuld an seinen ehemaligen Chef getilgt und Thomas Besitzer von zwölf Millionen und Vater von sieben mumeren Zungen. a e, aber kein vollkommenes Glück unter der Sonne giebt, so kam auch ein Tag, der einen düsteren Schatten um sich verbreiten sollte. j -ein Schwiegervater und R,t! rnr gestorben. Im Testamente. dak Mac! Lellan Hinterlagen, war ein t-rfi.it,s an Smithson gerichtetes Schreiben vor gesunden worden, das nach dem Wunsche des Dahingeschiedenen sein Schwiegcr- ,vi civMurn un in lesen ollte. Das Blatt enthielt nur wenige Zei len: .Verzeihung! Der Tieb war ich ge- Wesen. Jene Summe hat mich vor unvermeidlichem Untergänge gerettet und unser Glück begründet. William MacLellan." Das war die Wolle, die Smithfon's sonst so glückliches Dasein trübte. tn freimüthiger rzt. Toktor Christian Ludwig Heim war zu Ansang unseres Jahrhunderts eine der populärsten Persönlichkeiten Ber lins. Er war Leibarzt der Prinzessin Amalie, der Königin der Niederlande und des Kurfürsten von Hesse, bei ih rem Aufenthalt in Berlin, und zuletzt auch der Prinzessin Ferdinand. Diese hohe Frau hatte einen vortrefflichen Charakter und war äußerst gutmüthig. Sie und ihr Hof halten aber noch die Färbung von der Hofhaltung Friedrich des Großen, der alle Leute Er nannte. Es kam zwischen ihr und Dr. Heim folgender charakterisirender Austritt vor. Die Prinzessin saß in einem prächtige Audienzsaale auf einem Sofa und de sah durch ein Vergrößerungsglas, von der Fußsohle bis zum Scheitel, den ge wünschten Heim. Tret' Er näher!" sagt sie und führt dann fort: Ich höre von Seiner Geschicklichkeit und von Sei ner großen und glücklichen Praxis sehr viel Rühmliches. Ich bin darum ent schloffen. Ihn zu meinem Leibarzt zu ernennen; solches habe .ich Ihm kund thun wollen!" Daraus erwiderte Heim: Eurer Ki niglichen Hoheit danke ich für Ihr Ber trauen, aber die Ehre, Ihr Leibarzt zu sein, kann ich nur unter Bedingungen annehmen!" Bedingungen?" entgegnete diePrin zesfin, die hat mir in meinem ganzen Leben noch niemand gemacht!" Nicht?" antwortete Heim scherzend, dann ist es hohe Zeit, daß Sie das lernen!" Nun," entgegnete die Prinzessin, ich bin begierig, diese Bedingungen kennen zu lernen ; laß Er hören!" Die erste ist," begann Heim in bester Laune, daß Eure Königliche Hoheit mich nicht Er nennen; das ist nicht mehr an der Zeit. Der König thut das nicht, und ich nenne selbst nieinen Be dienten nicht er. Die zweite Bedingung i t, da wie mich dann nicht, wie soeben geschehen, so lange im Vorzimmer war ten lassen; ich habe keine Zeit zu verlie ren; der längste Tag wird mir stets zu kurz. Die dritte, daß Eure Königliche Hoheit mir nicht so nach den Füßen se hen; ich kann nicht in Salontracht, son dern nur in Stiefeln und im bequemen Ueberrocke koinmen. Die vierte ist, daß Sie nicht verlangen, ich soll sofort u Ihnen kommen; ich komme nach Be schaffenheit der Frankheit, nach Lage der Straßen und Häuser. Die fünfte ist, daß Sie-mich nicht allzulange aus halten und nicht von mir verlangen, ich soll mit Ihnen von der wetterwendischen Politik und von Stadtneuigkeiten schwatzen, dazu habe ich keine Zeit. Endlich die sechste, daß Sie mich, weil Sie eine Königliche Hoheit sind, könig lich honoriren !" Beide lachten herzlich, und er wurde Leibarzt der Prinzessin. mn fSischter Mops. Der Pariser Gaulois" erzählt fol gende lustige Geschichte: Eine sehr reiche Pariser Dame kauste in London für schweres Geld einen wunderbaren Mops von sehr seltener Raffe nach einigen Gelehrten soll diese Raffe über Haupt nicht existiren und brachte ihn wohl verpackt nach Paris. Nach einem Monat merkte sie zu ihrem Entsetzen, daß das Möpslein erkrankte, und lieb sofort den Thierarzt holen. Der Dok tor betastete den Hund, setzte sich erst eine Brille, dann eine Lorgnette und schließlich noch eine Lorgnette aus die Nase, drehte den ungeduldigen Mops nach vorn, drehte ihn nach hinten, um endlich lgchend in die Worte auszu brechen: Aber meine Gnädige, Ihr Hund ist wohl und munter. Er wird bald platzen, das ist Alles!" Darauf legte er das unglückselige Vieh auf den Rücken und zeigte der Gnädigen, die vor Schreck einer Ohnmacht nahe war, eine Naht, welche sich längs der ganzen Bauchpartie des Mopses hinzog. Fin dige Leute hatten einfach ein junges Hündchen von ganz ordinärer Raffe in das Fell eines hocharistolratischen Mopses eingenäht. Nachdem das arme Vieh von seiner Hülle befreit war, zeigte ti eine unbändige Freude, die es durch Belllaute von seltener Schönheit kund gab. Weniger erfreut war seine be trogene Herrin, aber schließlich machte auch sie aute Miene iiim bösen Shi! und beschloß, den Mops, obwohl er kein Mops war, zu behalten." llnrerfraren. Prinzipal (zu dem kürzlich angenom menen Commis): Sie. ich höre beute zu meinem Erstaunen, daß Sie schon wegen Betrug. Unterschlagung, sogar wegen Diebstahl bestraft worden sind?" Nun ja, Sie wünschten doch eine möglichst vielseitigen Menschcn sllr Ihr Geschäft!" Bm IWliicr. Kunde: Sehen Sie nur. wie Sie mich da gcschnilten haben!" . Barbier: Ach. entschuldigen Sie nur. verehrter Herr, das wollen wir gleich kriegen. So!" Kunde: .Was bin ich Ihnen schul dig?" Barbier: Safiren 10 Pf., ein Heft Pflaster 5, Pf.. Wunddebandlung 2 Pf., macht 40 Pf." Z! acht vc drei Männer klaue rr