Nitdesheimer Auslest'. Humoreske von R u d v l x h l ch o, Nun soll aber doch ein Bomben Element! " .Josef, Josef, lass' doch nicht schon wieder Deinem unvünoiqen empcra ment die 3üael schicken!" ..Ja. Mutter, was zu arg ist, ist z arg. Zivei Kellerdiebstahle laiinein an georoneie züeirjeuininegeiouijiiiticP'Uius bllrger zur Noth ertragen, beim dritten aber muß selbst ein lammfrommer npo tbekcr zum rasenden Roland werden. In mir kocht die Wuth, und um eine ErdloNon ,u -verHuten, mutz ich nucyen. Ein BombewElemmt soll den Schuft schlagen, der schon wieder unseren Kel- l ausgeraubt hat! so. vas erieicyicri mein Gemüth! Der krausköpfige Erbe der Schwanen Avolbeke. Josef B!ausmann, setzte bei dieser Zornentlabung einen Korb so heftig auf den Tisch, daß das darin e kindliche Schlüsselbund klirrte. Plötzlich öffnete sich eine schmale Seitenthur, und der Kops des Apothekers erschien in der Spalte. Papa Mausmann warf einen strafenden Blick über die Brille auf sei nen Erstgeborenen und sagte: Was jür in Lärm? Bring' doch den Medicinal wein in den Laden, Josef." Josef lachte zornmüthig auf: Kunst ftück! Wo nichts ist, hat der Kaiser selbst da Recht verloren." Jetzt trat der alte Mausmann mit erschreckter Miene in's Zimmer und fragte leise: Schon wieder eingcbro tyn?" Schon wieder." Und unser Ungarwein 1" Futsch!" Und der Bordeaux ?" Fort auf Nimmerwiedersehen." Aber von den Likören " Hat uns der Halunke nicht eine Flasche gelassen. Von unserem ganzen Borrath ist nichts zurückgeblieben, als die zwanzig Flaschen Trabener, die wir bis heute noch nicht geleert haben, weil das Moselbmmchen zu sauer ist." Donner und Doria!" schrie jetzt Mausmann senior und schlug mit der Faust auf den Tisch. Das ist aber mahrhastiq zum Tollwerden! Nun m den wir die eichene Thür am Eingange des Kellers angebracht und unser Ah theil durch ein Sicherheitsschloß mit Riegel verwahrt, und doch " So, nun sänge Du auch noch an zu toben," unterbrach in strengem Tone Frau Mausmann den Gatten. Wenn Josef sich zum Zorn hinreißen laßt, so kann man das mit seiner heißblütigen Jugend ent chuldiqen, obgleich ein mn zer Mann, der im Begriffe steht, Gatte zu werden, wohl etwas mehr Selbstbe herrschung üben könnte, wenn aber ein Mann im reisen Alter " Der Henker soll da kaltes Blut be galten," unterbrach der Apotheker die würdige Matrone,, wenn man sein wohlerworbenes Eigenthum nicht vor frechen Hausdieben schützen kann ! Ei nen Todtenkopf hatte ich auf die Thür gemalt und darunter geschrieben : Ach tung vor Fallen und Selbftschüssen!" Und dicht daneben haben die Schufte d Latten mit dem Stemmeisen losge löst und sind in den Keller geschlüpst." Dieser Einwurf Josef's schürte noch des Apothekers Wuth: Ich möchte nur issen, zu was wir unsere hochgerühm tat Detektives haben? Die beiden vor hngegangenen Einbruchsdiebstähle ha btn wir sofort angezeigt, und was ist geschehen? nichts, rein gar nichts. Wr sind also auf Selbsthulfe ange niesen," knurrte nach einer Pause Papa Mausmann und warf sich in seinen wurmstichigen Großvaterstuhl, daß die Augen krachten. So laß uns bera then, was zu thun ist. Geschehen muß twas." Run ließ sich auch die Hausfrau neben dem empörten Gatten nieder und be merkte: Wenn wir nur wüßten, wer tn Dieb ist." .Ja,' rief Joses, bitter lachend, .wenn wir das wüßten! Jedenfalls steckt in unserem Hause!" Nun unterzogen die drei Mausmanns sämmtliche Mitbewohner des Hauses ei nn moralischen Kritik. Vor dieser konnten alle langjährigen Miether be jtehen. zweifelhaft und darum verdächtig schienen nur der Tafeldecker Ehrenberg und der Osstziersbursche Fritz. Gegen den Letzteren hegte Frau Mausmann in starkes Mißtrauen, weil er um der Beköstigung willen mit zwei Köchinnen zugleich ein Liebesverhältniß unterhielt. Josef dagegen war stark gegen Ehren berg und dessen zwei Söhne eingenom men, weil die Jungen wiederholt Thier quälereien verübt hatten, ohne daß der Vater sie dasür ftraste, und weil dieser selbst mit einem nnterwürsigen Beneh nien ein gar zu verschmitztes Lächeln verband. Die Familienberathung führte zu dem Beschluß, daß man Fritz und die Ehrenberg's scharf beobachten und den Dieben eine Falle legen wolle. Um ihnen die Luft an weiteren Straf thaten zu verleiden, übernahm es Josef, sechs von den zwanzig Maschen sauren Mosels mit Brechweinftein zu versetzen und sie äußerlich mit der Vignette: ,Rüdshkimer Auslese" zu versehen. Um sür den Fall einer spateren Ent deckung ein Merkmal des gestohlene Gutes zu haben, zeichnete Mausmann senior, sobald sein Sobn das Tränkchen gemischt hatte, ein Sternchen in die vcke der Vignette. Tn so pröparirte Stäbn ward im Keller breit ausgelegt, und acht Nächte spater fand wieder eine Ausräumung deS MauZmann'schen Vorraths statt. Die sechs Flaschen Rü deshcmirr Auslcsc wanderten mit dem sauren Mosel in die unbekannte Diebes höhle. Als Josef diese Entdeckung machte, lachte er in grimmiger Schadensrcude aus und rief dem Vater zu: Run sollen die Gauner was erleben!" Im Grunde regte diese dritte Bcrau bung die Mausmann's weniger auf, als die beiden ersten, denn die Familie befand sich inmitten gewaltiger Zu rüstungen für Josef's Vermählung mit der einzigen Tochter des reichen Mau rermeisters Knortz, dessen stattliches Haus der Apotheke gegenüber lag. Julchen Knortz war eine hübsche Blon dine von sanfter Gemüthsart, die kurz nach ihrer Verlobung mit dem muute ren Josef die Mutter verloren hatte. Die Führung des Haushalts siel nun auf ihre jungen Schultern, und da sie einen Theil des TagcS stets am Erler fcnfter verbrachte, um mit dem Verlob ten allerlei Liedeszeichen auszutauschen, so wäre es um die Verpflegung des ver wittwetm Vater übel bestellt gewesen, wenn dieser in der alten Reginc nicht eine tüchtig Köchin besessen Hütte. Im Vertrauen auf diese bewährte Krast be schloß Knortz auch, die bevorstehende Hochzeit Julchen's im eigenen Hause zu feiern. Als oelf-made-rnan hielt et an einfachen Lebensqkwohnhciten fest, allein bei besonderen Gelegenheiten prunkte er doch gern mit dem Erworbe nen. Bei der Hochzeitsfeier sollte die weiten Räume des selbfterbautcn Hau- ses in festlichem Glänze erstrahlen, und an auserlesenen Taselgenüsscn durste es auch nicht fehlen. Knortz sah eil, daß er zur Bewirthung der Gäste einer in gastronomischen Dingen wohlerfahrenen Persönlichkeit bedürfe, und so rief er,, auf verschiedene Empfehlungen hin, den Tafeldecker Ehrenberg in sein Haus. Dieser erwarb sich durch den biederen Ton, den er anschlug, und die reiche Erfahrung, die er bei der Berathung des Menüs offenbarte, das volle Ver trauen des Gastgebers. Knortz legte das Arrangement der Tafel, die An- Werbung einiger Lohndiener und die Anschaffung der zum Diner nöthigen edleren Weinsorten vertrauensvoll in Ehrenberg's Hände, wobei er ihm ein schärfte : Alles muß feinster Qualität und reichlich sein, lieber Ehrender. Der Kostenpunkt spielt keine Rolle, denn am Hochzeitstage feines einzigen Kindes will man sich doch nicht blamiren. Ehrenberg verbeugte sich mit der Grandezza eines Oberhofmeisters und erwiderte, verschmitzt lächelnd: geschätzter Herr Baurath, nach dem Fest werden Sie mir zugestehen, daß ganz in Ihrem Sinne gehandelt habe Das Hochzcitsseft fand an einem naß kalten Apriltage statt, ,und die Geduld des Brautpaares und der Trauzeugen hatte in den Warteräunicn des Stern- desamteS und der Kirche harte Proben zu bestehen. Durchkältet und hungrig kehrte die kleine Gesellschaft in's Knortz sche Haus zurück. Hier aber belebte sich die gesunkene Stimmung wieder beim Anblick der festlich geschmückten, von goldigem Licht durchflutheten Räume. Kaum hatten sich die Paare im Salon zusammengesunden, so öffnete sich die Flügelthür des Speisesaales und ein Ah" der Ueberraschunq kam beim Anblick der verlockenden Festtasel von den Lippen der Eintretenden. Mit innigem Behagen nahmen Brautpaar, Eltern und Freunde vor den beladenen Fruchtschalcn, den silber- nen Eiskübeln, zierlichen Geschirren und dustenden Frühlingsblumen Platz, dann gab Ehrenberg in der ernsten Haltung eines Schtachtenlenkcrs das Zeichen zum Auskragen der Suppe. Unter dem Einfluß der Taselgeniiffe entwickelte sich bald in den Mannessce len der Drang, die Rednergabe sanft erstrahlen zu lassen. Zwischen der Suppe und dem Fisch flatterten Scherz Worte und Anekdoten von Gruppe zu Gruppe, dann begrüßte Papa Knortz die Gäste in kurzer, aber wohlgesetzter Rede, und als der Braten in Sicht kam, prüste sich der Gymnasialdirektor Dr. Kreuzmcycr, der älteste Freund Mausmann's, in aller Stille, ob er seine gedankenreiche Rede auf das junge Ehepaar noch fest im Gedächtniß habe. Mechanisch nahm er von der Schüssel ein Stück Rehbratcn, und als ein schwarzbesrackter Diener ihm ein Glas Rheinwein mit diskreter Angabe der Marke reichte, leerte er es mit dem Ke danken: der Wein steigert uiisere geistige Flugkrast. Josef, der junge Ehemann, hatte nach den starken Erregungen des lang ersehnten Tages einen Wolfshunger und ließ sich Speisen und Getränke trcsflich munden. In den Eßpausen stieß er mit Julchen an, wobei er lachend die Frage stellte: Na. Schatz, wie ist Tu als junge ffrau zu Muthe? Won nig, nicht wahr?" Und Julchen strahlte vor Glück. Außer der Suppe, von der si, wohlig durchwärmt wurde, war sie unfähig, noch irgend etmas zu genießen, denn selige Gedanken durchströmten ihr Herz, Sie begriff es auch nicht, daß ihr Joses so tapser zulangen konnte. Ja. sie er schrak fast, als dieler zum Wildbraten ein volles Glas Rheinmein aus einen Zug leerte und dann enttäuscht ausrief: ,O weh, dieser Rüdesheimcr hat einen Stich !" Wie konnte er in dieser weihe volle Stunde noch ein Urtheil über materielle Dinge haben I Ihr war's so freudig um s Herz, wie der sonnen trunkenen Lerche, die sich vom Acbren fcld jubilirend aufschwingt zum lichte blauen Aethcr. Ein Helles Klingen unterbrach Jl chen's Gedaiikengang. Dcr Braten war verzehrt, und es erhob sich mit feier licher Miene der Gymnasialdircitor zum Toast aus das jüngste Ehepaar. Wh rend der hochgeschätzte Redner sich räusperie, flüsterte Josef: Gott sei Dank, das mir uns gestärkt haben. Wenn dieser Demosthcncs das Wort er greift, laßt er es auch so bald nicht wie der los. Der Ansang dcr oratorischen Leistung schien Josef's Voraussage zu bestätign, denn uin nachzuweisen, daß Maus mann, sen., und Knortz Zierden der Bürgerschaft seien, deren Wohlstand sich I mit dem Ausblühen der Stadt und des deutschen Reiches entwickelt habe, unter nahm er einen weiten Exkurs in die va terländische Geschichte. Seltsamer Weise schien der bewährte Redner diesmal der gewohnten Ruhe und Selbstbeherrschung zu ermangeln. Sein Gesicht wurde von Minute zu Minute bleicher, bei den Kriegszügen Otto's des Großen mischte er sich den Schweiß von dcr Stirne, und als er glücklich bei der großen Leidens geschichte Deutschlands, dem dreißig jährigen Krieg, angelangt war, schienen ihm die Gedanken nicht mehr frei zuzu fließen, sondern unter Eonviilfioncn ge boren zu werden. Auf's Tiefste beim ruhigt, schob ihm die treue Gattin ihr volles Glas zur Stärkung hin, aber der Trank steigerte nicht seine Geistes kräfte, sondern erhöhte nur das Würge und Angstgefühl in seinen. Innern. Eben hatte n mit dem letzten Ausgebot seiner Kräfte die Phrase herausgestoßen: Im Augenblick der höchsten Noth aber erschien der große Friedrich auf der Bildflächc und wurde zum Retter der tiesgesunkenen Germania", da warf er seinen Stuhl um und rannte aus dem Jestsaal mit solcher Eile, als wolle er das Ausreißcn der Feinde Preußens parodircn. Das Auditorium war zunächst sprach los vor Verwunderung, dann schien es aber, als wirke das räthselhafte Beneh men des Direktors ansteckend. Wäh rend der jäh abgebrochenen Rede hatte sich auch der würdigen Frau Maus mann eine peinliche Unruhe bemächtigt. Sie war von Knortz zu Tisch gesllhrt morden, der sie mit Artigkeiten über häufte, weil er sich sagte: Julchens Schwiegermutter mußt du zart entge genkonimen, um sie siir dein Kind zu gewinnen. Er schenkte ihr fleißig ein, brachte ihre Gesundheit aus und rühmte Josef's Tüchtigkeit. Frau Mausmann that ihm erst freundlich Bescheid, wurde dann aber allmählich schweigsam und zerstreut, schien während der Rede des Direktors nervös zu werden und be trachtete, als dieser entfloh, mit an scheinend tiefem Interesse die Thür, durch die er den schleunigen Rückzug be werkstelligt hatte. Der galante Mau rernieistcr ahnte nicht, daß seine Nach barin jenseits der Thür eine stille Klause mit angstersllllter Seele suche. Bald verlor Frau Mausmann ihre strenge Haltung und flüsterte mit backfischarti ger Verschämtheit: Ich hab' mein Ta- schentuch im Mantel stecken lassen." Mit diesen Worten erhob sie sich, aber Knortz hielt den Augenblick sür ge eignet, seine Eourteosie in's rechte Licht zu setzen und sagte aussprmgend: Bitte, das ist meine Sache. Wie sieht Ihr Mantel aus?" In beschwörendem Tone cntgegnete Frau MauZmann: Sie werden ihn nicht finden, bitte, laffen Sie mich!" I, das wäre la noch schöner, so groß ist die Gesellschaft doch nicht " Nun riß der ängstigten Frau der Geduldsfaden. Mit beiden Händen den galanten Knortz auf den Stuhl nie derdrückcnd, rief sie ihm mit heiserer Stimme zu: Ich muß hinaus! Blei den Sie!" Spornstreichs entfloh sie dem Saale. Ganz verblüfft sah ihr der Maurer meisler nach und murmelte dann: J ul chen hat Pech in dcr Wahl der Tchmie germutter." Der Neuvermählten aber schien es zur selben Zeit, als sei sie auch unglücklich in der Wahl des Gatten gewesen. Als der rednerisch begabte Direktor so weit ausholte, wurde Joseph ungeduldig und höchst reizbar. Er machte spott, che Glossen, und als Julchen ihm zu-i flüsterte: Nimm doch Rücksicht auf! eine gute Absicht!" antwortete er barsch: .Ich' pseise auf seine gute Absicht. Kürze ist der Rede Würze." Aber Joses, er will uns doch hoch- leben lassen." j Dann soll er es noch heule thun und nicht, wenn wir alt und grau geworden find. Das Ende dieses VortrageS er leben unsere armen Eltern nicht mehr." Kaum war diese höhnische Bemerkung gesaUen, so stürzte der Redner aus dem raal und Joses brummte: Was oll der Narrenstrcich bedeuten?" Unterlaß doch die unschickliche 35c merkungen," warnte Julchen, sie könn ten gehört werden." Unschicklich? Ei. Tu willst mir schon am Hochzeitstage eine Lektion geben: das ist zu früh!" Aber Josef, Deine aufbrausende Heftigkeit erschreckt mich. In diesem Ion haft Du noch nie mit mir ge redet!' Wenn er Dir mißfällt, so fordere ihn nicht durch unpassende Bemerkungen heraus." Julchen starrte den Sprecher erst ver ftändnißlos an, dann füllten sich ihre Augen mit Thränen und sie stammelte: .Ach, nun sche ich. Deine Liedesver sicherungen waren erheuchelt!' Julchen. Tu Herrgott. Thränen! Na, da? fehlte mir noch. Thränen am Hochzeitstage! Ei, da soll den doch " C, er will mir heute schon den Herrn zeigen!" , klagte Julchen nd hielt ihr kostbares Taschentuch vor die Augen. Und das ist der ersehnte Glückstag! O Gott, o Gott, wenn ich das geahnt hätte " Im Gcsühl tiefster Enttäuschung konnte die junge Frau ein Schluchze nicht unterdrücken. Dies brachte Joses vollends m seine Fassung; er sprang ans. rannte ihr zu: Dein Benehmen ist kindisch unerhört!" und rannte wie ei Besessener ns dem Festsaal. Der Zank der Neuvermählten war vom alten Mausmann bemerkt worden. Dieser nahm aus dem von Josef ver lassenen Stuhl Platz, um die weinende Lchwiegertochter liebreich zu trösten. Dabei demertte er aber zu seinem Be fremden, daß sich die Reihen der ffest genossen ausfallend schnell lichteten. Schon war die Hälfte dem Direktor ge folgt, da fragte er sich: Was mag der Grund dieser' panikartigen Flucht vor der Freude sein? Ihm selber war wohl zn Muthe, denn er hatte an dem diäte tischen Prinzip festgehalten: Lösche dei- nen Durst bei großen Diners nur mit einem Getränke, Da ihm nun der zum Fisch , gereichte Josefshöfer geschmeckt hatte, so war er bei der Sorte geblieben. Julchen naher rückend, wollte er ein Glas zur Seite schieben, sah aber, daß der Wein getrübt war. Da ihn als Ehemiker Erscheinungen dieser Art in teressirten, so prüfte er die Flüssigkeit und seine Zunge stieß auf einen wider lich süßen. Beigeschmack. Eben erwog er, was wohl die Ursache der Trübung sein könne, da vernahm er neben sich die Frage: Noch ein Glas Rlldeshcimer Auslese gefällig?" Dies traf ihn wie ein Blitzstrahl. Er wollte vom Sitz aufschnellen, im selben Augenblick aber legte Julchen den Kopf gegen seine Schuller und klagte, daß Josef ihr recht weh gethan habe. Barsch rief der Apotheker dem Aufwärter zu: Setzen Sie das Tablett mit Flasche und Glas auf den Tisch," dann, als dies geschehen war, richtete er Julchen auf und prüfte die Vignette der Flasche. Ein leiser Ausschrei kam von seinen Lippen, Da, in dcr Ecke, war das fa tale Sternchen, das Zeichen der als Tiebssalle präparirten Flaschen. Haftig eilte er mit Flasche nd Glas zum Hausherrn und stellte die Frage: Wo ist dieser Rüdesheiiner her?" Weiß ich nickt. Ehrenberg bot mir an, die Weine zu bestellen. Er kennt die besten Quellen. Schmeckt Dir der Wein nicht?" Der Apotheker lachte grimmig, Eine dieser besten Quellen kenne ich genau; sie sprudelt in meinem Keller. O, dieser Ehrenberg! Ehrenberg? Schandberg müßte der Kerl von Rechts- wegen heißen! Der Wein ist gestohlen und der Dieb hat damit die Hälfte Dei ner HochzeitSgäste vergiftet!" Knortz erschrak heftig und ließ sich über die besondere Natur der Rüdes heimer Auslese aufklären. Als dies geschehen war, bemerkte Knortz: Na. der Dieb soll wenigstens nicht unbestraft bleiben. Laß' rasch alle Reste dieses unheilvollen Getränkes vom Tische ent fernen, unterdessen will ich, der ich zum Glück nur leichten Mosel trinke, den Monsieur Ehrenberg in's Gebet nehmen Ah, da kommt er eben!" Knortz winkte den feinsten Tafeldecker herbei und sagte in gleichmuthigem Tone: Versuchen Sie doch einmal die sen Rlldeshcimer. Mir scheint er ist trübe und schmeckt schlecht." Ehreitberg ließ den Wein prüfend über die Zunge gehen und meinte, er habe zwar einen etmas befremdlichen Charakter, aber das fei ja bei allen edleren Weinsortcn der Fall." Ja, Sie müssen das Glas ganz leeren," bemerkte Knortz, denn erst am Bodensatz erkennt man den üblen Ge schmack." Ehrenberq trank das Glas aus und versicherte, er habe den Wein aus der Erbschastsmassk eines Fürsten gekaust. Es wäre ja möglich, daß gerade in der vorstehenden Flasche ungewöhnlich viel Bodensatz gewesen sei. aber Blume und ümqkcit könne man dem Wein nicht absprechen. ..Hier ist noch ein Rest in einer an- deren Flasche." bemerkte Knortz, ver suchen Sie den; mir scheint, wir sind hereingefallen." Ehrenberg leerte auch dies Glas uud meinte dann in biederem Tone: Hier ist dcr Gcschmack reiner, und die sechs Mark, die ich sür ,ede Flasche bezahlt habe, ist der Wein sicher werth." Nun erhob sich der Hausherr, zog Ehrenberg in ein Nebenzimmer und sagte zu ihm: Die RüdcS!eimer Aus lese wird Ihnen bald zu Leibe gehen und Ihnen verrathen, daß Sie ein er tapptcr Dieb sind. Der Wein ist aus Mausmann's Keller gestohlen. Still, verlieren Sie kein Wort weiter Sie Sie Schandberg! Dies HochzeitS- feft haben Sie schändlich gestört. So fort verlassen Sie mein Haus. Wegen der Eindruchsdiedftahlt wird der Apo theker Sie zur Rechenschaft ziehen. Hinaus!" Ehrenberg verließ geknickt und leise fluchend das Knortz sche Haus. Unter dessen hatte Mausmann, weihrend der Wegräumung oller Weinresle, den Herren die verderbliche Wirkung des RudesbeimerS erklärt. Tie Glücklichen, die ihn hatten vorüdergcden lassen, waren schadenfroh genug, beim Anblick der zurückkehrenden Optcr in ein du enisikvenoen ?aui,ch!e,ten. au schadenfrohes Gelächter aufbrechen. I mählich wichen der Unglaube des gro Als diese aber den Grund ihres Unwohl-i ßen Hausens und die Borurtheile der seins erfuhren, machic sie gute Miene zum bösen Spiel und lachten mit. Josef aber kehrte reuevoll zu Julchen zurück, erflehte ihre Verzeihung und rics, als sie wieder lächelte: Liebste, D hast wirklich keinen Grund, an mci- nein Herzen zu zweifeln, nur mein Magen ging in die Falle. Ein GuteS hat die Rüdesheiiner Auslese UNS doch gebracht; die Rede deS DirekiorS ist uns zuni Theil erspart geblieben." Kaum hatte Joses diesem Gefühl der Genugthuung Ausdruck gegeben, da tönte ein helles Klingen durch den Saal und eine sonore Stimme sprach: Verehrteste, ivir waren bei dem Ev scheinen Friedrichs des Großen in der Böller-Arena stehen geblieben pic erste deutsche Eisendahn. AltNiirnbcrq war in großer Auf' regung. Etwas ganz Neues sollte im Werke sein. Einc Anzahl Leute sollte sich zusammcngkthan haben, um eine Dampsbahn ach dem benachbarten Furth zu bauen, und man sollte kiinf tig diese Strecke von I j Stunden in 15 Minuten zurücklegen können! Kluge Leute erklärten die Aussührung dieses Gedankens sür unmöglich. Die Menge verharrte in jener dumpfen, mißtraut' schen Neugier, die sie allem Neuen gc- genübcr an den Tag zu legen pflegt. Am lautesten aber eiserten die gegen den Plan, die von ihm Benachteiligung gewäitigtcn: die Inhaber der etwa 40, 000 Frachtwagcn, die auf der Fürth Nürnberger Pappelchaussce alljährlich hin und wieder fuhren. Ja, es hatten sich einige muthige und thatkräftige Männer vereinigt, um Deutschland die erste Eisenbahn zu schenken. Heinrich Riickert sang, tief ergriffen von dieser neuen Erscheinung: In dieser Fahrt ist eine Art Von göttlicher Allgegenwart Auf welchem Punkt im Erdenrunde, Wo willst Du sein? Zu welcher Stunde? Setz ein, fahr zu, halt an, steig aus, Steig wieder ein und sei zu Haus, Du hast, was Monde sonst getrennt, Wie Sonn' in einem Tag durchrennt , . Die Begründer dcr Bahn waren durchweg hoch angeschene Bürger. Georg Zacharias Plattier, dem die Ehre der ersten Anregung gebührt, hatte sich mehrfach um die Stadt ver dient gemacht und ihr u. A. schöne An lagen geschenkt. Sein thätigster Bun desgenosse war der ehemalige Bürger meister Johannes Scharrer, ihnen ge sellten sich aus Nürnberg der Erste Bürgermeister von Bäumen und die Kaufleute H. F. Meyer und I. W. Reißig zu. Es gelang eine Aktiengc sellschaft mit einem Kapital von 132. 000 Gulden zusammenzubringen, die sich am 18. Novcmder 183!! konsti tuirte. So war denn das erforderliche Gcld beisammen; nun galt es den geeigneten Baumeister ausfindig zu machen. Das war angesichts des Mangels an Ersah rangen in Deutschland eine schwere Sache, und man wandte sich darum zu erst nach England, an Robert Steven son, George Stevenson's genialen Sohn. der die große Fabrik in ?!ew casiic inne yane. icoen,n ,cyiug einen seiner Mitarbeiter zur Leitung dcs Unternehmens vor; aber der Mann stellte so hohe Forderungen, daß man darauf nicht eingehen konnte. Zum Glück bot in diesem Augenblick das Vaterland einen befähigten Mann dar. Es war der 1795 in Mainz geborene Ingenieur Paul Eamille Denis, der eben von einer Studienreise aus Eng land und ?!ord Amerika zurückgekehrt war, wo er die bereits entstandenen und noch vorbereiteten Schienenwege einem sorgsamen Studium untermor fen hatte. Es zeigte sich bald, daß durch Thatkraft und Umsicht Denis zur Leitung des bedeutsamen Unternehmens eine ungemcin geeignete Persönlichkeit war; er wurde die Seele dcs Werkes. In einer Hinsicht sah man sich freilich noch immer auf England angewiesen : die erste Lokomotive konnte man nur von Stevenson beziehen. Der Adler" wurde sie getaust ; und der Flug, den dieser Adler vom Tyne bis zur Pcgnitz machte, war ein theures Vergnügen. Denn es kostete die Lokomotive ein schließlich dcs Tenders und des Trans Portes 13.000 fl.; 120 bayerische Eent ner wog sie und hatte etwa 15 Pferde kräfte. ' Mit ihr kam ein Mr. Wilson nach Nürnberg, den das (beschick dazu bestimmt halte, der erste Lokomotivfüh rer in Deutschland zu sein. Im übri gen erwies sich die deutsche Industrie als durchaus leistungsfähig, sie stellte die Schienen, die Wagen, die Maurcrardei' ten schnell und gediegen her. Ja, es wur wirklich Ernst mit dcr Sache ! Aus dcr alten Ehaussee wurde gegraben und gebaut, und wieder gc wühlt und gebaut ; und als der Som mer des Jahres I835 gekommen war, da leuchteten bereits im Sonnenscheine die Eifenfchiencn, die das Lvmdol einer neuen Zeit werden sollten. In demsel den Maße aber, als die Sache Gestalt und Wirklichkeit annahm, schlug die Ttimmung der Bevölkerung um. Es mußte doch etwas daran fein, wenn mehr als 200 Männer aus Nürnberg und Umgegend ihr gutkS Geld an die Sache wagten! Und man strömte zu den wohl bekannten Pappeln und sah mit opf schütteln, mit Erstaunen, mit Bewunde rung auf die geheimnisvollen Arbeiten, sich beeinträchtigt Glaubenden" einer wachsenden Begeisterung. Am bkgeistcrtstrn aber warc die, in deren Hand das Werk lag, ndsorüstig förderten sie die Arbeit, daß schon im November 1835 die Bahn zu Probe, fahrten fertig war. Man hatte so gut gewirthschaftet, daß die Herstellung der Bahn sowie aller dazu gehöriger Uten silien nicht mehr als 175,490 Gulden 50 Kr. betrug. ES sei vorwcg bemerkt, daß sich Denis bei diesem Bauc soglcich als ein wahrer Meister i seinem Fache erwiesen hat, da der Bau sich vortrefs lich bewährt hat, ja im Laufe der Zeit stets gebessert hat. Dennoch mochte eö wohl ein ängstliches Gefühl fein, als am 21 . November die erste Probefahrt mit Dampfkraft vor sich ging. Fünf Per sonenivagen waren an die Maschine aii gehängt, und gespannt wurde das Sig nal zur Abfahrt erwartet. Es ging, c ging! Das Dampfroß zog an und legte die Strecke in 12 Minuten zurück. Der Sieg war entschieden; um aber dem Publikum Vertrauen einzuflößen, veranstaltete man am 3. Dezember drei weitere Probefahrten, an denen gegen Erlegung von 311 Kr. Jedermann theil nehme konnte. Dcr Sieg war gewonnen ! Es ging, es war also wahr ! Eine ungeheure Be geisterung bemächtigte sich jetzt des Publi kunis und der Montag, an dem die Ludwigsbahn" (diesen Namen hatte sie dem König Ludwig I, zu Ehren an genommen) eröffnet werken sollte, der 7. Dezember 1835, wurde zu einem VolkSsesttage siir ganz Nürnberg. Z Tausenden strömte die Bevölkerung zu dem Bahnhossgebäude, das sich fest lich geschmückt hatte. Da stand die räthsclhaste Maschine, durch eine hohe Esse weithin sichtbar, und ncun Per sonenwagen, die alle mit Fahnen ge schmückt waren, waren angehängt. Nachdem der Bürgermeister Binder aus die Bedeutung des Tages hingewiesen hatte und der Denkstein im Bahnhofs gebäude enthüllt worden war, der die Wappen Nürnbergs und FUrth's der einigte, zeigte, gab um 9 Uhr Vormit tags ein Kanonenschuß das Signal. Athemlose Spannung. Ein Psiff, und unter den die Lust erschütternden Vivats einer zahllosen von einer Stadt zur anderen Spalier bildeten Menschenmenge flog (wie ein Augenzeuge berichtet) der Zug, der Windsbraut ähnlich, durch die weite Ebene hin, und das Frohlocken dcr Nachbarstadt, die sich plötzlich mit ihrer größeren Schwester verbunden sah, mischten sich mit dem allgemeinen Ent zücken." Die Begeisterung für das neue Unternehmen äußerte sich am drastischsten darin, daß die Bahn in der ersten Woche ihres Bestehens nicht weni ger als 8044 Personen beförderte und daß die Aktien der Gesellschaft in einem Jahre aus 350 Gulden stiegen. Im ganzen Deutschland machte die Begeben- heit großes Aufsehen und zahlreiche Fürstlichkeiten und hohe Personen kamen, um eine Fahrt mit der Lud wigsbahn zu machen. ms die Meister. Direktoren und Aktionäre ihr Werk so gut gethan fan den und auch der zweite und dritte Zug müS mat 6flj, , tm?nLm fie in vouer Krönung feinen Weg yin und b im mnhum , mh, - im großen Festmahle, und tauschten man chcs gute Wort, und sangen nach der alten schöncn Weise : Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben": Ja, alle Ketten, Fesseln, Wehr und Waffen Aus roher harter Zeit, Sie werden einst in Schienen umge schaffen Zum Preis der Menschlichkeit. Mit Schienen, Freunde, webet ohne Bangen Ein Netz von Pol ,u Pol! Sieht sich Europa einst darin ge fangen Tann wird es ihr erst wohl." So fang zukunftsverkündend der Buch bindermeister und Magistratsrath Jacob Schnerr aus Nürnberg ; nd Teutsch land war in das Zeichen dcs VerkchrS' getreten. (ein bayrisches Idyll in okohama. Tie in Yokohama in deutscher und englischer Sprache erscheinende Eastern World" erfreute ihre Leser in ihrer Nummer vom 18. Januar mit folgen- dem reizenden Idyll aus dem gesell- schastlichen Leben der japanischen Hasen ftadt: Tie Bayern sind gemüthliche Leute, aber grob sind sie, saugrob. salva vciiia. Bös gemeint ist's frei- lich nicht und ein Baer versteht's schon. pielen da zwei Bayern Billard ,m Grand Hotel eines Abends, und ein Sachse, den das Spiel zu iiitercssiren schien, war naher hinzngegangen und hatte so in Gedanken die Hände aus den Rand dcs Billards gelegt. Tas sieht nnn dcr eine Bayer. Sö Ochs,' schritt er, nehinen's doch Jbre Sau pratzcn weg vom Billaid, bat er da seine Klauen draus liegen, wie a Paar Pflastersteine.' Tem achscn ist es ganz heiß über den Rücken gelaufen, gesagt bat er aber nichts, sondern bat schnell feine Hände weggenommen und ist weitergegangen. Tie Bayern haben ruhig weilergespiell und banerisch' miteinander geredet." Durch die Llume. A. : Ich habe gehört, Sie sollen öffentlich erklärt haben, ich fei ein Esel!' B. : O nein, ich erzähle nie ffent lich, was ich von Jemanden denke.'