Die bucklige. Igeriiche ttoveUt All,, Fn.k. Ein Weihes, einstöckiges HauS in einer engen, ruhigen Straße des alten Tunis! ein einziges Fenster unter dem Schutze eine verschnörkelten Eisengitters, das sich in kühnem Bogen darüber wölbt; eine Marmorsäulen, die der Mauer einaesüat sind: eine breite, Hute, en ör, rnige Thür mit großen Nageln, die wunderliche Muster daraus bilden: eine rvtbbemaltc Hand, um den vo,en im. die Diettatura" abzulenken; ein schwe t Klovscr. der auf einen runden Eisenzapsen niedcrsallt. Alles stimmte, die war die Behausung meines Freun des ftamoiid. Ich Hopst, Niemand kam. Ich klopste mehrmals; ich hörte, wie der Schall des Hammers im Innern miederklang, dann blieb alles still. Run erst wurde ich gewisse Auffällig leiten gewahr. Das Fenstergittcr war ganj mit Spinnenweben überzogen; die Nägel waren von Rost zersressen; auf der wagerecht liegenden karthagischen Säule, die als Thürschwelle diente, lag eine dicke Staubschicht. Augenscheinlich ftand das Haus seit langem verwaist da. Am seltsamsten war der Umstand, daß das Thürschloß luftdicht mit einer ' verhärteten Masse angefüllt war, die mir Cement zu sein schien. Ein Araber kam des Weges, ich wollte ihn um Auskunft bitten, aber er kam mir zuvor. Es ist Niemand da, geh fort !" rief n mir zu, und laufend eilte er vorbei; ich hörte ihn die Worte murmeln: Fluch dem Satan !" Äeußerst beunruhigt entfernte ich mich langsam und suchte um mich her die Aufklärung zu dieser geheimnißvollen Umwandlung. - Hört, wer mein Freund Hamoud war. Aus einer früheren Reise nach Tunis es war zwei Jahre her, in den ersten Tagen der Occupation hatte mich, als , ich diesen entfernten Stadltheil durch schritt, das laute, freundschaftliche Guten Tag" eines graubärtigen Muselmanns' begrüßt, der vor seiner Thür Tschibul rauchte. Der wackere Mann theilte mir in einem abscheulichen Kauderwelsch mit, daß auch er ein Franke sei, eine Ver ficherung,' die mich im ersten Augenblick überraschte. feie war indeß vollständig zutreffend. In seiner Eigenschast als algerischer Araber war Hamoud fran- zostscher Unterthan. Es ist eine merkwürdige Erfahrung, die wir gemacht haben, daß die meisten Algerier, die wir in Tunis ansüsig , fanden, und die sich infolge von Empö rungen und aus Haß gegen unsere Herrschaft dahin geflüchtet hatten, bei unserer Ankunft mit einander Wetteifer ten, ihre Eigenschaft als Franzosen zu bekennen; sie sind seit der Okkupation unsere ergebensten Verbündeten g? blieben. Samond hatte übrigens in einem ganzen fünfzigjährigen Leben nicht die " geringste mpörerische Heldenthat oll führt. Er war ein Mann des Friedens und deS gesunden Menschenverstandes, der Gott und feinen Beylik" fürchtete. Unannehmlichkeiten aus dem Wege ging und sich stets nur um seine eigenen An, aelegenheiten gekümmert hatte. Seit, dem dieselben gediehen, dachte er einzig und allein daran, stch s Wohlergehen zu lassen. - Daß Hamoud eS verstand, gut zu leben, bewies sein rundes Bäuchlein unter der seidenen, hellgesärbten Djebba, daS zeigten seine hellen, blauen Augen, die nicht ohne Schlauheit blickten, und daö' Wohlwollen seines Vollmondgesich tei mit dem dreifachen Kinn. " Er lud mich ein, einzutreten und sein HauS zu besichtigen : es war ganz neu, und er sagte mir mit Stolz, er wäre sei eigener Baumeister gewesen. Das Häuschen war im maurischen Stile ausgeführt, sehr bequem angelegt und mit ebenso viel Geschmack wie Luxus ausgestattet. Man sah, es war von Jemandem erbaut, der es selbst bewoh nen wollte und nichts daran gespart hatte. Die schlanke Säulenreihe um den inneren Hofraum, das Patio, die ab wechselnd schwarzen und weißen Mar morquadern des Fußbodens, dieFayence cemosailen, die in lebhaften Farben die Wände bedeckten, daS alles erstrahlte in einer fast niederländischen Reinlichkeit, alles war hübsch, zierlich, anheimelnd, gleich heiter für das Auge wie für das Herz. Eine Magd hatte Zheetassen und Ho nigkuchen auf einem cisclirten Kupfer tadlet gebracht, das blinkte wie die Sonne. Sie stellte es auf eines jener zierlichen, vergoldeten Tischchen, die man in Tunis anfertigt. Alsdann erschien ! eine junge Frau, der mich mein Wirth mit beinahe europäischer Förmlichkeit vorstellte: dies war die Herrin des Hauses. Ihr heller Teint, das blaue, gemalte Kreuz zwischen den Augen, ihre eigen artige Kleidung, die einfacher war als die der tunesischen grauen, kennzeichne ten ihre kadvlifche Abstammung. Sie nur noch ganz jung und sehr schön. In ' ihren feinen Zügen herrschten Frohsinn und Güte vor ; aber man fand auch Stolz und Energie darin ausgeprägt, die Eharaktcrzüge. die von dieser kräfti gen Ziaise unzertrennlich sind. Lange noch werde ich mich des kurzen Aufenthaltes in dem Hause dieses Paa xti erinnern. Wir saßen am Eingänge in kühlen, dunklen Saales. Turch, die weit 'geöffnete Thür sahen wir die i eißen Arkaden der Galerie, den hellbe-j leuchteten Hosraum, eine Wasserstrahl, der murmelnd in seine Onurschale zu rttckfiel, ein (stoisch von Jasmin- und Rosensträuchc, die mit duftenden Blii thcn wie mit Sternen übersät waren ; darüber blaute der Himmel und beute suchende Schivalben flogen mit lautem Freudengeschrei hin und her, vergoldet von den Strahlen der untergehenden Sonne. Wir unterhielten uns, so gut wir konnten, indem wir gemiffcnhaft fran zösisch und arabisch radebrechten, die Zeichensprache zu Hilfe nahmen, wo uns die Worte fehlten, und alle Augen blicke darüber lachen mußten, daß wir uns nicht verstanden. Zunächst sprachen wir von den Tages ereignissen. Ais dieses unvernieidliche Thema rasch erschöpst war, brachte ich meine Wirth mit leichter Mühe dahin, von sich zu sprechen. , Er erzählte mir, daß er lange im Süden gelebt habe, in Tripolis, wo er durch Karawanen mit den Oasendewoh nein und den Sudanesen in Handels? Verbindungen gestanden habe. Innerhalb acht bis zehn Jahren halte er ei Vermögen erworben. Aber wie viele Mühe, wie viel Leid hatte ihn das gekostet! Bevor er diese Art des Er wertes versuchte, hatte er kein Glück ge habt. In Kabulien geboren, hatte er es an verschiedenen Orten mit dem öel Handel versucht, aber im Jahre 1871 wurden seine Magazine durch die In- surgenten theils geplündert, theils in Asche gelegt. Ja man hatte ihn als Freund der ranzosen erschieße wollen. Trotzdem wurde er von diesen als Theil nehmcr an der Empörung eingekerkert, als die Ruhe wieder hergestellt war. Schließlich setzte man ihn nach nzehr monatlicher Haft wieder in Freiheit. aber es gelang ihm nicht, auf die Liste Derer gesetzt zu werden, die man sür ihre Verluste entschädigte. So raffte er denn alles zusammen, was ihm blieb, und verließ Algier. Jetzt, wo er sich von den Geschäften zurückgezogen hatte, kannte er keinen anderen Ehrgeiz als den, im wohlbe wachten Tunis wie ein ruhiger, mau rischer Bürger zu leben. Er hatte alles, dessen er zum Glücke bedürfte. Ein saiistes, liebreizendes Weib, ein Landgut in La Marsa. an der See, wo man den Sommer ver brachte, den Verkehr mit den bewährten Freunden, anregende Gespräche, Schach, Musik und einige gute Bücher Hamoud that sich etwas daraaf zu gute, für einen Gelehrten zu gelten das schienen niir die Haupteleniente dieses echt Orientalin schen Glücks zu sein, dieses unthätigen, träumerischen, innlichen Lebens, um das ihn ein Horaz beneidet hätte. Während Hamoud sprach, hestete sein junges Weib die großen blauen Augen auf ihn, die in tiefer Zärtlichkeit er- strahlten. Hier sah ich zwei vollkommen glück- liebe Men chcn. In einer Ecke des Saales ließ sich die Magd nieder, die den Thee gebracht hatte. Bewegungslos und schweigsam saß sie da, keinen Augenblick ließ sie uns aus den Augen. Sie war eine Mulat- tin, ganz in Blau gehüllt, sehr häßlich, bucklig und einäugig. Als Hamoud sah, daß diese seltjame Erscheinung meine Aiismerksamkeit erregt hatte, sagte er lächelnd: Das ist unsere gute Zohra." Sein Weib aber bekräftigte: Ja, Zohra ist gut, wie das feinste. weißeste Weizenmehl; sie ist ein wahres Kmd Gottes." Hamoud erzählte mir die LebenSge schichte dieser Mulattin. Sie war in einer Oase Sklavin gewesen. Dort miß handelte man sie so fürchterlich, daß sie entfloh. Aus dem Wüstensande hatte er sie aufgelesen, schwer verletzt, blut überströmt, halbtodt vor Hunger und Durst. Er hatte sie dem Tode entris sen, sie gestärkt und geheilt nach Tunis geführt; und sie' war in seinem Hause geblieben. Kein Wunder, daß sie die treueste Magd war, der jungen Frau fast eine mütterliche Fürsorge bewies und ihrer Herrschast, der sie alles ver dankte, auf Tod und Leben ergeben war. Man sieht, daß sie gelitten hat, sie sieht so traurig aus". bem,rkte ich. Zohra traurig ,! w , lustia wie ein Ziegendöcklein", sagte Hamoud. Er rier ihr einige Worte zu; sie ging hinaus und kam nach einigen Augen blicken mit einer kleinen, dreisaitigen Guitarre zurück. Tann stimmte sie heiteren Tones ein 1 Lied an, das sie mit eigenartigen Gri Massen und bänkelsänaerischen Verren kungen begleitete. Es war eine gellende absonderliche Melodie, die im Einklang mit den Worten wohl eine auzerordent liche Wirkung ausüben möchte, denn Hamoud und feine Frau wanden sich vor Lachen. Ich mußte mich zwingen, aus Höflichkeit wenigstens zu lächeln, denn mochten meine Wirthe auch anderer Meinung sein mir schien es, als ob unter diesen heiteren Maske im Herzen der Sängerin eine geheime Bit terkeit sich verberge. Nahezu eine halbe Stunde war rasch dahingeftoisen, als ich mich von dem gastfreien Paare verabschiedete, wobei mir Hamoud wiederholt die Hände drückte und mir das feierliche Verspre chen abnahm ihn bei meiner nächsten Reise aufzusuchen. Was war nun aus den wackeren Men fchen geworden? Warum hatten sie das friedliche, behagliche Rest verlassen, in dem sie ihr Leben so glücklich gestaltet hatten? Um warum mieden jetzt die Vorübergehenden ihr Haus, als ob ein Fluch daraus laste? Ich setzte es mir in de Kopf, die Lösung dieses Räthsels zu sinde. Ver gebens wartete ich aus andere Vorüber- gehende; die Siraße blieb verödet, aber unweit ziveigte sich ein belebterer Weg ab. Tort sand ich ein mauri chcs linse, das seine bunten Matten, seine kleinen Eierbechern ähnlichen Täßchen und seine Krvstallflaschchen mit verschieden gesärd ten Liqueuren in dem kühlen, bläulichen Schatten eines alten Feigenbaumes aus breitete. Ich ließ mich nieder, bestellte mir eine Taffe Kaffee, und während der Kawadji" mich bediente, steuerte ich auf mein Ziel los, indem ich ihn fragte, ob er Hamoud kenne. Gewiß, schon lange, ".antwortete er, wir ind beide Algerier, er ist ein Ehrenniann, ein Radjel mleh" die, wiederholte er mehrmals. Und ivas ist aus ihm geworden?" Jetzt ist er in Sousse ; wir haben Nachrichten von ihm ; es geht ihm gut, Gott sei gelobt!" Wird er nicht bald hierher in sein Haus zurückkehren?" Bei dieser Frage verdüsterten sich die Züge des Eafetiers plötzlich; er sah mich einige Augenblicke prüfend an, dann sagte er mit gesenkter Stimme : Jenes Haus wird nie mehr bewohnt werden, weder von Hamoud, noch von sonst Jemandem." Und Warum ?" Nach unseren Anschauungen ist die Stätte, wo gewisse düstere Ereignisse stattfanden, gewisse Verbrechen began gen wurden, für imnier entweiht und unheilvoll. Das Haus, von dem Tu pnchst, ist von Gott verflucht." Ich lud den biederen Alten ein, den Kaffee mit mir zu nehmen, und er er- zahlte mir folgende Geschichte. 2. Hamouds Frau hieß Miriam. Sie war aus der Gegend des Forts Nativ nal, aus demselben Stamme, dem ihr Gatte entsprossen war. Nachdem er sich, wie ich bereits erzählte, in Tripolis ein Vermögen gesammelt hatte, war der Kabyle auf einige Zeit zu seinem Väter- lichen Stamm zurückgekehrt, in dem er noch Angehörige besaß. Er hatte das junge Mädchen gesehen und eine hestige Leidenschaft sür dasselbe gefaßt. Mi riams Familie, die ursprünglich sehr arm gewesen, wurde reich durch ihn, denn der graubärtigc Geliebte ließ es sich nicht nehmen, eine hohe Kaussumme für den Besitz seines hübschen Weibchens zu zahlen. Miriam erstattete die Wohlthaten ih res Gatten in reiche, Maße durch auf- opfernde Liebe zurück. Es schien, al, liebe sie nur ihn auf dieser Welt, und Beide genossen das ruhige Glück, in dem ich sie getroffen, bis eines Nachts etwas Eiqenthunilichcs sich zutrug. Es war um Mitternacht. Hamoud schlief; da hatte er plötzlich eine merk, würdige Empfindung am Halse. Er öffnete die Augen, sah die Lampe bren, nen, Miriam, außerhalb ihres Bettes, stand vor ihm, ihr Antlitz auf das seine herabgebeugt, als ob sie, ihn ausmerk- sam betrachte. Was giebts?" fragte er. Nichts; schlafe weiter, mein theurer Gatte!" Erst später gab sich Hamoud genaue Rechenschaft darüber, was sein Erwachen herbeigeführt haben mochte. Er hatte die Empfindung gehabt, als durch schaure ihn die Kühle einer scharfen StahIIIlnge. Als er im Laufe des nächsten Vorinit tages allein war, fragte. ihn Zohra, ob er gut geschlafen habe. In der Frage lag nichts Außergewöhnliches, ober die Zuge der Magd zeigten eine Besorg!, die dem Manne für einen Augenblick auffiel; er fordeitc indessen keine Auf- Ilärung. In der nächsten Nacht schreckte Ha- moud nochmals aus dem schlafe em por. Es hatte ihm geträumt, daß man irnn den Kopf abschlüge. Wie beim ersten Male sah er die brennende Lampe auf mein kleinen Tischchen nahe am Kopfende seines Bettes stehen. Wie in der vorigen Nacht hatte sich Miriam von ihrem Lager erhoben und stand über ihn gebeugt. Im ersten Augenblick des Erwachens glaubte er in ihrer Hand etwas aufblitzen zu schen, was einem Messer glich. .Was hältst Tu da in der Hand?" fragte er. Nichts Tu träumst! Schlaf in Frieden, Tu, mein Jnniggeliebtcr!" Tics sagend, löschte sie die Lampe aus. Sofort wieder in Schlaf versinkend, führte Hamoud seine Hand an den ode- reu Theil des Halses, und es kam ihm vor. als sei seine Haut leicht geritzt. Am nächsten Morgen wurde er ge wahr, daß seine Finger mit Blut befleckt waren. Als er sich daraus im Spiegel besah, entdeckte er eine kleine Schramme am Halse. Ticse Thatsache stimmte so merkwür, big mit dem Traume und den wirren Eindrücken dieser Nacht Uberein. daß der Kabyle sich dadurch beunruhigt suhlte. Auf einem Schemel sitzend, das Kinn auf die Hand gestützt, versank er in Nachdenken. Plötzlich erbebte er. Es mußte ihn Jemand beobachten. Die Mulattin war es; in einen dunklen Winkel gekauert saß sie ihm gegenüber. Einige Augenblicke sahen sie sich schmei gend an. Endlich stieß Hamoud zwischen den Zähnen die Worte hervor: .Weib, Tu haft mir etwas zu sagen.' Auf den Knieen kroch sie dicht an ihn heran. Ja Herr: doch was ich Dir zu sagen habe, ist so schrecklich, daß Tu mich töd ten wirst, wenn ich rede." Was es auch sei, ich schwöre Dir bei dem Propheten, es soll Dir nichts gc schchcn," Auf die Versicherung hin theilte die Mulattin, die noch imnier auf den Knieen vor ihm lag, ihrem Herrn Fol gendes mit: Vorgestern, als Tu Mittagsruhe hieltest, ist Miriam in das Zimmer hin aufgestiegen, dessen eines Fenster aus die Straße geht. Da hörte ich, wie sie Jemandem, der draußen stand, zurief : Heute Nacht wird es ausgeführt." Mehr hörte ich nicht. In der dai auffolgenden Nacht blieb ich mach. Gegen Mitternacht sah ich, daß in Deinem Zimmer Licht gemacht wurde; ich blickte durch das Schlüsselloch. Die Herrin war ausgestanden, sie öff nete das Kästchen, daö Du hier siehst, und zog ein Messer daraus hervor. Dann kehrte sie, mit diesem Messer in der Hand, vorsichtigen Schrittes zu Dir zurück. Schon wollte ich ausschreien. Da hörte ich Dich sprechen und suchte mein Lager aus. In dieser Nacht hatte sich derselbe Vorgang wiederholt, und wieder verlief er wie gestern. Schon hatte ich meinen fürchterlichen Verdacht unterdrückt, als ich eben wie der Miriam in das Zimmer hinauf gehen sah. Ich bin ihr gefolgt, und hinter einem Vorhang versteckt hörte ich deutlich, wie sie Jemandem folgende Worte auf die Straße hinabrief, die mich noch jetzt schaudern machen : Der alte Narr wacht immer in dem Augen blick auf, in dem ich ihm das Messer in die Kehle stoßen will ; zweimal schon habe ich s verfehlt, aber heute muß ich, ein Ende machen." Auf diese entsetzliche Enthüllung ant wartete Hamoud nur durch eine Ge beide, die der Angeberin gebot, sich zu zu entfernen. Einige Augenblicke saß er wie vernichtet da und konnte weder denken noch handeln. Dann verließ er das Haus, ohne sich nach seiner Frau auch nur umzusehen. Mehrere Stun den irrte er draußen umher. Die Leute, denen er begegnete, glaubten einen Wahnsinnigen zu sehen. Als er heimkehrte, war er ein wenig ruhiger geworden. Seine Frau befand sich in dem Gemach, in dem sie sich ge wöhnlich aufhielt, und arbeitete an einer Stickerei. Er begann ein Ge spräch, bei dem er ihren Gesichtsaus druck, ihre Haltung, ihre Stimme prü send beobachtete. Nicht einen Augen blick verleugnete sich die Heiterkeit dis jungen Weibes. Ihr Geplauder war lebhaft und fröhlich wie stets. Hamoud zuckle schließlich die Achseln darüber, daß er sich hatte durch eine Erzählung beunruhigen lassen, die auch nicht einen Schimmer von Wahrschein lichkeit an sich hatte. War das, was man ihm mitgetheilt hatte, nicht ebenso unsinnig wie abscheulich? Augenschein lich war die Bucklige toll geworden ! Als indessen seine Blicke zusällig auf das Kästchen fielen, das Zohra erwähnt hatte, sah er, daß es verschlossen war, während man es gewöhnlich offen stehen ließ. Was ist da drin?" fragte er. Es entging dem alten Kabylen nicht, daß Miriam leicht zusammenfuhr. Nichts, unnützer Kram," antwor tete sie. Oeffne das Kästchen," sagte Ha moud. Miriam schien verlegen, aber fast augenblicklich faßte sie sich. Sie that, als ob sie nach etwas suche, dann sagte sie ruhig : Ich' habe den Schlüssel verloren." Hamoud sprach darauf von etwas anderem. Als er eine Viertelstunde später allein in dem Zimmer zurückgeblieben war, holte er jedoch einen ganzen Bund klei ner Schlüssel herbei, die er besaß ; er versuchte sie nacheinander, bis er einen fand, der das Kästchen öffnete. Es enthielt einen einzigen Gegen stand ein, Messer mit einer Klinge von ausgezeichnetem Stahl; sie war scharf gewetzt, wie ein Rasirmesser. Auf dieser Klinge, nahe an der Schneide, war ein frischer Blutfleck. Hamoud legte das Messer in seinen Behälter zu rück und schloß ihn wieder zu. Des Abends, als er sich niederlegte, steckte er eine geladene Pistole unter seine Ma Iratze. Der erste Theil der Nacht verstrich ohne Zwischenfall. Gegen Mitternacht fühlte Hamoud, wie seine Frau sich in ihrem Bette aufsetzte; sie rief ihn z wiederholten Malen mit halblauter Stimme an, neigte sich über ihn und horchte auf seine Athemzüge; endlich. nachdem sie von seinem festen Schlafe überzeugt schien, stand sie behutsam aus, steckte die Lampe an, zog aus ihrem Geldtäschchen einen kleinen Schlüssel hervor, ging aus das Kästchen zu nd öffnete es. Sie entnahm ihm das Mes ser, dann sedlich sie, immer lautlos wie eine Katze zum Bette zurück. Einen Augenblick blieb sie unbemeg lich: sie belauschte den Silos ihres Gatten. Taun näbeite sie dos Messer feinem Halse. Ta plötzlich richtete sich Hamoud auf und faßte sie beim Hand qelenk. Nur einen einzigen Schrei stieß sie au. Er hatte sie zu Boden geworfen. Entsetzt lag sie da nd sah mit wilden Blicken zu ihrem Gatten auf. Er setzte ihr die Mündung der Pistole an die Schläfe; aber im Augenblick, wo er losdrücken wollte, fehlte ihm der Muth dazu. j Unglückliche," rief er aus, wie könn test Du niich todte wollen!" Als wäre sie äh aus ihrem betäuben de Schreck erwacht, richtete sie sich iiiit einer heftigen Bewegung au Ich Dich todten? Ich?" Wagst Du, es zu leugnen?" Ich! Ich! Das glaubst Tu von mir?" Hamoud hatte vor Allem einen Abscheu vor der Lüge. Diese Scham losigkeit erregte seinen Zorn aus's Neue, und abermals scntte er die Waffe auf sein Weib. Nun wohl," schrie sie voller Wuth, wenn Tu das von mir glauben konn test, so hast Du Recht, tödte mich!" Schon legte er den Finger an den. Drücker, aber auch diesmal rissen ihn die alte Anhänglichkeit, das Mitleid fort. Er konnte sich nicht entschließen, abzudrücken. Er warf die Waffe von sich. Morgen wirst Tu das Haus er lassen und zu Trinen Eltern zurück kehren !" Nein, tödte mich!" wiederholte sie funkelnden Auges. Dann brach sie in Thränen aus. Hamond, mein inniggeliebter Ha mond, wie hast Du einen so schrecklichen Gedanken hegen können! Es war ein Zauber, den ich versuchte! Ein Zan bermittcl, um Dich von den Fieber anfallen zu befreien, an denen Du lci dest. Ich brauchte dazu drei Haare Deines Bartes, die ich jn drei aufein ander folgenden Nächten Dir vom Kehl köpf schneiden mußte. Wer hatte Dich dieses Zaubcrmittel gelehrt?" Unsere gute Zohra." Zohra?" Wie vom Blitze erleuchtet Übersah Hamoud dies ganze teuflische Ränke spiel. Ja, es ist ein Geheimniß, welches ihr von einer Zauberin ihrer Heimath anvertraut wurde. Sie hatte mir auf die Seele gebunden, Dir nichts zu sagen, denn der Zauber konnte nur wirken, wenn ich Dir die drei Barthaare ohne Dein Wissen nahm. Während Miriam's Gatte, von der Ueberraschung und Entsetzen niederge schmettert, schweigend verharrte, ließ sich ein Geräusch vernehmen; es war die Hausthür, die zufiel. Hamoud eilte an'S Fenster. Da unterschied er einen Schatten, der eilends entfloh; er erkannte die treulose Magd. Der Kabyle stürzte zur Treppe, er reichte die Plalisorm, sprang über die Mauer, die ihn von den, Nachbarhause trennte, und so von Haus zu Haus bis an die Ecke, an der die Flüchtige gleich vorUbcrkommen mußte. Hier sprang er hinunter. Sie kam heran, athemlos, mit den Zähnen klappernd, Ihr Herr ergriff sie, packte sie an beiden Händen und zog sie bis in sein Haus; mit lauter Stimme rief er die Nachbarn herbei, damit sie Zeugen dessen wären, was nun ge fchchen sollte. Es war ein schrecklicher Auftritt. Jn demselben Zimmer, wo sich beinahe der geplante Mord vollzogen hätte, inmitten der entrüsteten Zeugen, kauerte die Mulattin. Halb bekleidet, das ab schreckend häßliche Gesicht von Strähnen wirren grauen Haares Verschleiert, aus denen ihre finsteren Augen hervorblitz ten, glich das verbrecherische Weib einem bösen Dämon. Hamond gab einen vollständigen Be richt von dem, was sich zugetragen. Während der ganzen Zeit, in der er sprach, ließ die Bucklige auch nicht ein Wort vernehmen. Antworte jetzt," sprach Hamoud, warum haft Tu gewollt, daß ich mein Weib tödt,?" Sie antwortete: Weil ich Euch hasse! UnS hassest Tu, uns, die wir Dich aus klenb und Tod errettet habe?" Ja, ich hasse Euch, denn Ihr seid glücklich, und ich war unglücklich, so- lange ich lebe, .zch haste Euch, weil Ihr Euch liebt, und weil ich nur immer beschimpkt, verhöhnt, verachtet worden bin, mehr als der Staub der Straße, den man von den Füßen schüttelt. Ich hasse alles, alles, was lebt und besteht!" Kaum hatte sie diese Lästerungen ausgeftoßen, so sank sie mit dem Gesicht vornüber, und um sie her sah man eine große Blutlache sich ausbreiten. Das hassenswerthe Geschöps hat sich selbst g richtet. Sie hatte das Messer aufge lesen, das ihrer Herrin entsunken war und mit gewaltsamer Hand hatte sie sich den Tod gegeben. Pariser Schwindler, Die Pariser Schwindler sind in ihrer Art wahre EdisonS; alle Tage erfinden sie eine neue Falle, in die sie ihre Harm- losen Ncbenmenschen fast stets mit Er folg hinein locken. Der letzte Kniff, den sie ersonnen haben, ist nicht ohne Humor. Ein kleiner Rentier erhielt dieser Tage einen Brief, in dem ein Anonymus vom Sterbebette aus an den ihm zwar unbekannten, aber als ehren haft und besonders verschwiegen empsoh lenen Empfänger schreibt, ihm liege eine schwere Sorge um feinen Ruf und Namen auf dem Herzen. Er habe stets ehrlich gelebt, aber einmal sei er ge strauchelt, dem Angebote einer Be- ftcchung von 500.0 Francs durch das Panama-Eyndikat habe er nicht wider-j stehen können. Von dem hielde Ge-i brauch zu machen, sei er in Folge der Beobachtunqen der Polizei außer Stande , gewesen. Er habe es mit einem sehr compromittirenden Briefwechsel zusam , men auf einem Gelände außerhalb der Jcstuiigswcrke vergraben, dessen Plan beizulegen er nicht verfehle. Der Em- psiinger solle die Schachtel, in der alleö i liege, ausgrabcn, die Schristsiückc ver- brennen und das Geld zum Andenken an eine Mann behalte, der ihm seine Tanlbarkcit nicht mehr anders bezeugen könne. Ein vernünftiger Mensch würde den Brief entwedcr für einen schlechten Scherz halte und zerreißen, der eine Betrug dahinter wittern lind ihn der Staatsanwaltschast übergeben. Der kleine Rentier aber, von der in Aussicht stehenden halben Million ge blendet, hat nichts Eiligeres zu thun, als Nachts mit Schaufel und Spaten ausgerüstet nach dem bezeichneten Ort zu ziehen, um den Schatz zu hebe und zugleich den Willen eines Sterbende zu erfüllen. Der Platz ist an der Hand des Planes bald gesunden. Weit nd breit ist um den kleinen Gemttsegarten. der einen so großen Werth birgt, lein Mensch zu sehen. Rasch tritt er ein und bemerkt ganz hinten eine kleine Hütte, die sicher völlig verlassen ist. Er beginnt zu graben, da geht die Thür der Hütte aus, ein Mann erscheint und fordert lärmend und drohend den Geprellten auf. sofort zur Polizei zu kommen, da er sich eines Einbruchs schuldig gemacht habe. Was bleibt dem armen Schatz gröber" anders übrig, als sich durch einen größeren oder kleineren Betrag je nach seinen Verhältnissen abzulausen, um nur keinen Skandal oder, was och schlimmer wäre, den Fluch der Löcher lichkeit auf sich zu laden? Nur den näch sten Verwandten erzählt er die tragt komische Geschichte und giebt ihnen den Rath, sich vor dem reuigen Chequard" wohl in Acht zu nehmen. Die Beciie verwechselt." Das liebliche Landstädtchen L. steht im Ortschastsregister des Deutschen Reiches aufgezeichnet mit dem Vermerk: E. St.; P. II. A.;Sup; zu deutsch; Eisenbahn-Station; Postamt zweiter Klasse; Amtsgericht; Superintenden tur. Zu der Zeit, da sich untenstehende Begebenheit zutrug, war freilich die nächste Eisenbahnstation noch süns Stunden weit entfernt und das Amts gericht hieß noch Kreisgericht. Neben dem Herrn Superintendenten war noch ein zweiter Pastor da, ein Mann in den mittleren Jahren, guter Familienvater und treuer Hirte seiner Gemeinde. Die ser Man besaß ein Paar gewaltige Filzstiefel, die über die alltäglichen Le derstiefcl gezogen wurden, wenn er im Winter zu Amtshandlungen in eins der sechs eingepfarrten Dörfer fuhr. Eines Winters nun starb ein auf etwa drei Stunden Entfernung benachbarter Pastor im Torfe K. Als gerade recht viel Schnee lag, wollte ein junges Paar dort Hochzeit machen. Trauen mußte sie unser Pastor, den er hatte wahrend der Vakanz die Anitsgeschäste z besorgen. So suhr er denn, nach dem er die Ungcthllme von Filzstiefeln angezogen hatte, zu Schlitten dem Felde seiner Thätigkeit zu. Wie er das Paar traute, brauche ich nicht zu beschreiben, das haben die Meisten schon mitgemacht. Die Filzstiefel hatte er natürlich mäh rend der Handlung abgelegt; als Alles vorüber war, besprach er in der Sa kristei noch Tics und Jenes mit dem Kantor, zog die Filzstiesel wieder an und setzte sich auf seinen Schlitten. Der Schlitten mußte am Hochzeitshausc vorüber, und der dort jetzt mit adge zogencr Mütze an der Thür stand, war Niemand anders als der Brautvater. Herr Pastor, würden Sie uns nicht die Ehre anthun?" Eben wollte der Angeredete entgeg nen, daß er Eile habe, als der kluge Einlader hinzusügte: Ter selige Hr hat das immer gethan." Na, denn auf zehn Minuten!" Jn dcr Stube saßen sie schon bei Tisch; ein leerer Stuhl sür den Pastor stand neben der Braut. Te: Pastor hängte Hut und Mantel an den Haken, die großen Stiefel behielt er an, schon um sich nicht lange zu verweilen. Nach der Suppe kam dcr Braten da fing es an, dem ehrwürdigen Herrn an einem Stiesel zu krabbeln. Er zog den Fuß unter den Stuhl: Kusch dich!" Jetzt mußte er auch den andern Fuß unter den Stuhl ziehen, auch der andere Filzstiefel wurde angepackt. Willst du fort, infames Vieh!" Ter Köter mußte sich in die Filzstiefel geradezu verliebt haben. Auch unter den Stuhl kam er' letzt. Marsch, fort!" Alles umsonst! Ach. bitte." sagte der Pastor schließlich zu dem ihm gegenüber sitzenden Braut valer, wollen Sie nicht den Hund hier wegrusen! Ter hat's aus meine Stie scl abgesehen," Ter Brautvater sah unter den Tisch: Ach, Herr Pastor, entschuldigen Sie nur, s'sl blos der kleine Waiscnjunge. der der Braut d e n S ch u h ausziehen muß, da geben denn die Gaste Geld für die Armen rein, und da bat er eben wohl d e Been? verwechle.lt!" Zum Hcifpic!. Lehrer: Transparent nennt man etwas, wo man durchsehen kann. Was ist also Transparent '." Fritz: Eine Leiter, Herr Lehrer." rdrne II grßt. Er (erst diesen Abend in der Gesell- schaft eingeführt): Was sür ein aus- fallend häßlicher Mann, Frau von Großbeutel dcr Herr da am Piano!" Frau von Gr.: Ich bitte, das ist ja mein Mann!" Er (schnell gesaßt): O, wie wahr ist e doch, daß die häßlichsten Männer immer die schönsten Frauen bekommen!"