Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 05, 1896, Image 10
Eine geheime paffton. .ftumorroff von 'Jlltranbtr bt 'Jiror Der frühere Hotelbesitzer, jetzige Ren tier August Bolle war mit seiner Zrau früh Morgen in einem cisrigen Gc sprüch begriffen. Ich sage Tir noch einmal." sprach sie. daß ich solche Heimlichkeilen nicht länger dulbcn will." Und ich sage Dir, daß Tu Dich um meine kleinen harnilosen Liebhabereien gar nicht zu lümmern brauchst." So, das nennst Tu kleine harmlose Liebhabereien, wenn Du Dich stunden, lang in einem Zimmer einschlickt und dort herumwirthschastest Wenn Gutes vorginge, oder auch nur Harmlose, so brauchtest Tu nicht so heimlich damit zu sein. Gewiß treibst Tu dort Dinge, die das Lickt scheuen." Ach was. Licht scheuen! Hat sich was da Licht scheuen! Wenn Xu wiitzicti, was ich da mache, Tu wurdest sicher" ..Aber dann faa' mir doch, was es mit dem geheimen Kabinet für eine Be wandtnis; bat: dann ist ja alles gut !' Das geht nicht, geht absolut nicht !" Siehst Du wohl, daß ich Recht habe, es muk doch also wohl Thue mir den einzigen Gefallen und laß uns abbrechen. Verlaß Dich dav auf, daß im Zimmer nichts Böses ge schiebt, nicht das geringste, und damit gieb Dich zufrieden," Du hast gut reden. Ich soll mich zufrieden geben, wenn mein eigener Mann o, es ist abscheulich!" Nun höre aber endlich auf mit Dei mm Lamentiren! Mußt Du denn wegen solcher Kleinigkeiten schon am srühen Morgen Spektakel ansangen?" Ich fange nie Spektakel an, wie Du das nennst. Ueberhaupt ist Spektakel in ganz unpassender Ausdruck, der durchaus nicht in ein nobles Haus ge- hört." Bist Du glücklich wieder bei Deinem Thema angekommen? Nobles Haus, Noblesse, das sind Deine Schlagwörter. Damit stehst Du aus, und damit gehst Du Abends zu Bette. Ich Pfeife auf die ganze Noblesse. Solche Reden zu führen! Wenn da unsere Liesbeth hörte!" Mag sie's hören! Ich habe den gan zen noblen Krempel satt. Was zu viel ist, ,ft zu viel." O, dieser Barbar! Liegt Dir s, wenig an dem Lcbensblück Deines Krn des?" . Daran liegt mir eben so viel, wie Dir. Das können wir aber auch mit weniger Noblesse schon ganz gut zu Stande dringen." Ich sehe wohl ein, mit Dir ist heute 'mal wieder nicht zu reden, Du vergißt ganz, daß Du Dich im salon be findest." Salon hin, Salon her! Ich bin früher ohne Salon glücklicher gewesen, als jetzt. Uedrigcns bin ich hier in meinem Hause, wo ich denn doch wohl sprechen kann, wie ich's meine und wie mir der Schnabel gewachsen ist." Nein, ich halte es nicht länger aus, meine Nerven ertragen solch ein Beneh men nicht. Aber Du wirst es schon be reuen, merke Dir das, August !" Nach diesen Worten ging Frau Tyerese Bolle in das ?!evenzimmer, um ihren Gatten mit seinen Gedanken allein zu lassen. Er blickte ihr eine Weile nach, dann sprach er: Nun hat sie auch schon Ner den! Was man sich doch im Laufe der Zeit alles angewöhnen kann. Nerven ! Davon hat sie früher nichts gewußt, als wir noch die Hotelwirthschaft hatten, von früh bis spät zugreifen mußten und Abends froh waren, wenn wir uns endlich ausruhen konnten. Und jetzt bekommt meine Therese vor Langeweile und Hochmuth Migräne und Nerven. Ich glaube, wenn ich nicht ab und zu meiner kleinen Passion nachgehen könnte, hätte ich mich schon längst auf gehängt; denn diese Vornehmthucrei meiner Frau ist gar nicht mehr auszu halten.' Er ging darauf einige Male nach denklich im Zimmer auf und ab ; dann blieb er plötzlich stehen und sagte vor sich hin : Ader daran ist blos das viele Geld schuld, das ich zusainmen erdient habe, das ist ihr in den Kopf gestie gen " Plötzlich hielt er in seinen Monologen inne und richtete die Augen anhaltend nach einer bestimmten Stelle aus dem Fußboden. Was hat er dort erblickt? Was ist es, was seinen Blick fesselt? Ein Paar Stiefel sind's ; die seine Auf merksamkeit erregt haben. Aha. da spielt mir ein glücklicher Zufall ja wiedei ein Paar in die Hände ! Flink, daß mich meine holde Gattin nicht damit erblickt." Schnell die Stiefel nehmend, eilte er Mit diesen in das Nebengemach. Frau Bolle hatte sich nzwchen zu ihrer Tochter begeben, um derselben im Wirthschafts-Tlspofitlonen zu er theilen ; aber die Tochter mußte wohl der Mutter aus den Augen gelesen ha den. daß sie etwas drücke. Als sie kaum den Salon betreten hatte, begann die Tochter: .Ader, Mama, so sag' mir doch, was Dich quält," Ach. Kind, wie kann ich! Gerade Dir nicht." entgegnete Frau Bolle. .Du wirft es mir. Teiner Tochter, doch wohl am ersten sagen können, wenn Dich etwa? bekümmert." .Ja. solltest Tu denn nicht schon selbst bemerkt haben, daß in den letzten sechs Wochen " .Was denn. Mama?" Tie Frau zögerte etwas, ehe sie Ant wort gab ; endlich sprach sie : Daß in unserem Hause nicht '!es so ist, wie es sein sollte?" Ich weiß nicht, was Tu meinst, Mama." Nun ist Tir denn an Deinem Papa nichts aufgefallen?" Die Tochter schüttelte mit den, Kopfe. Aber Kind." suhr die Mutter sort, denk doch 'mal nach." Liesbeth sann einen Augenblick nach. Ja a wohl !" sagte sie dann. (r trügt jetzt wieder mehr runde Hüte, während er sonst immer mit dem E lin der ausging." Du ahnungsloses Kind ! Denk' doch mal an das geheimnihvolle Zimmer ! Ja das ist aber auch wahr !" ..Nun. siebst Du !" Das ist wirklich sonderbar, daß Papa sich in letzterer Zeit so häu,g ein- schließt." Ja, es ist fast mehr als sonderbar !" Was macht Papa denn eigentlich da drin?" Weiß ich's?" Da ist ja eben mein Kummer, daß er Heimlichkeiten hat vor mir, vor dem ganzen Hause, daß Nie mand in jenes Zimmer, das früher eine gewöhnliche Rumpelkammer war, hineinkommen darf, ausgenommen die scr abscheuliche Mummcl, den ich nie mals leiden konnte, auf den aber Papa große Stücke hält!" 9iun, der Papa wird wohl seine Gründe dazu haben, wenn er sich heim lich einschließt. Am Ende giebt's nächstens für uns Alle eine hübsche Ueberraschung, die Papa da drinnen ganz verschwiegen vorbereitet." Liesbeth wandte sich jetzt von dem Gespräche ab, setzte sich an den Tisch auf ein Fauteuil, ergriff die Zeitung und begann darin zu lesen, Das unschuldige Kind!" sagte Frau Bolle leise vor sich hin, als sie die letz ten mit großer Naivetät gesprochenen Worte ihrer Tochter gehört hatte. Es ahnt das Entsetzliche nicht, aber ich ahne es! Der Falsche! Unter unserm eige nen Dache veranstaltet er Zusammen künfte ich mag es gar nicht ausden ken ! O, diese Männer ! Sie hatte auch gar nicht Zeit, aus zudenken, denn eben klingelte es. Sie lief daher hinaus, ehe ihr die Tochter zuvorkommen konnte, welche zu diesem Zwecke ausgeiprunqen war. Liesbeth setzte ihre Zeitungslektüre fort, nach einigen Minuten stutzte sie unv lay vom Blatte aus. Was soll ich anfangen vor Angst!" sprach sie. Diese Notiz hier in der Zeitung und dazu das gehnmnipdoUe Zimmer und das seltsame scheue Wesen Papa's o ich stürbe, wenn es so wäre ! Wo steht es denn? Hier!" Und sie las : Seit etwa vierzehn Tagen sind größere Mengen gefälschter Banknoten mit n geheurem Raffinement in den Verkehr gebracht worden. Tie Nachahmung die ser Scheine ist eine so geschickte, daß nur das , geübteste und sachkundigste Auge die Fälschung entdecken kann. Die so fort angestellten Recherchen lassen mit Sicherheit vermuthen, daß der Sitz der atscherbande in unserer Stadt hier zu suchen ist. Hoffentlich gelingt es den eifrigen Bemühungen der Behörde die Lyätcr zu ermitteln. Wenn das mit Papa's geheimniß vollem Zimmer zusammenhinge," mo noiogisirte sie dann weiter, wenn er selbst 0, ich kann's gar nicht denken und doch! Wozu sonst diese Heimlich keit in seinem Thun und Treiben? Und ich kann nicht einmal Jemandem davon sagen es ist größlich! Wenn die Po lizei Gefängniß. O. mein Kopf, mein Kopf! Es ist zu schrecklich! Schnell jetzt zur Mama, um ihr meinen Verdacht mitzutheilen." Tie Zeitung in der Hand verließ sie schnell das Zimmer, um ihren Vorsatz zur Ausführung zu bringen. Sie war kaum heraus, als aus einer der Selten thüren das Faktotum Volles, Jodokus Mummel, den Kopf hereinsteckte. Niemand hier?" sagte er verwun- dert. Um so besser; dann kann ich ihm diese zwee Paar Stiebel hier ooch wieder inschmuggeln, daniit er seine Passion befriedigen kann na. so 'n verrückter Kerl! Ja, jedes Thierchen hat sein Plai sirchen wahrhastig, so ist's ooch. Aber seine Olle darf uff keenen Fall wissen, was vor 'ne Verrücktheit er da drin treibt. Ob er denn überhaupt noch drin is ins Zimmer? Werd 'mal nachsehen." Er geht bei diesen Worten an eine Thür und guckt durch Schlüsievoch. Während er noch dabei ist seine Neu gierde zu befriedigen, ist unbemerkt die Frau vom Harne hereingetreten und hat Mummel erblickt. Leise auf ihn zu gehend, ruft sie, dicht vor ihm ange kommen: Mummel, was machen Sie denn da?" Nifcht, Madame." erwidert Jener erschreckt, jar nischt, nee jewiß ich, uff Ehre!" Sie wiffcn. daß Sie mich nicht Ma dame nennen sollen! Wie ost soll ich Ihnen denn das sagen?" Pardon det hab' ickjanz vergessen. Madame jnädige Frau, wollt' ick sagen." Und nun heraus mit der Sprache! Was hatten Sie da zu lauschen?" Na, dett kann nett werden," spricht der Abgefaßte leise vor sich hin. ,nu nimmt die mir hier förmlich in die Beichte!" Wird'S nun bald ?" fragte jetzt in gestrengem Ton Frau Bolle. Was ha jben Lie überhäuft hier im Talon zu suchen, noch dazu in solchem Anzüge und mit den Stiefeln? Wie?" Ick wollte blos " Wie er verlegen wird!" sprach Frau Bolle leise vor sich hin. Der weiß mehr von den schnöden Geheimnissen meines Mannes." Und laut sügte sie hinzu: Also?" Ick wecß wahrhastig nischt " ant wortete Mummel. Machen Sie Ihre Sache nicht och schlimmer, als sie schon ist. Wissen Sie nicht, wer hier im Hause zu sagen hat Jen also!" Aber, madige Frau " Keine Ausflüchte! Ich weiß ohnehin ie,t yeute Morgen die ganze Geschichte, bin endlich der Sache auf die Spur ge- kommen." Mummel suchte zwar nicht sein Heil in der Flucht, sondern im Still schweigen. Nun?" mahnte die Hausfrau. Ja det heeht " Sie wiffen also doch um das ge heimnißvolle Zimmer!" Nu ja nu nee!" Was wollen Sie damit sagen! Ich verstehe Sie nicht !" Des verstehen Sie nicht, jnädige Frau? Ick spreche doch so klar und deut lich." O ja ich fange an zu begreifen." Seh'n Se, dett is nett, denn brauche ick Ihnen die Sache nich weiter ausein anderzusetzen." In dem Zimmer also der Nichts würdige! da untersteht er sich " Na natürlich untersteht er sich da!" O, es ist empörend," rief ftrau Bolle, erregt im Zimmer bin- und ber- gehend. Versteht sich! Det lind' ick ooch!" und leise fügt er hinzu: Habe kccne Ahnung, wat die meent." Und Sie sind der Mitschuldige, Sie wußten von Ansang an um sein vcr brecherischcs Thun, haben ihn wohl gar dazu angestiftet !" Nee, im Jcringsten jar nich. Nee, die Jeschichte seiner Liebhaberei, oder ooch Passion genannt, stammt noch aus seine frühere Verjangenheit, als er noch in Grand votel Ganz einerlei Sie sind sein böser tengei ! Mir aus den Augen! Mummel, froh aus dem Bereich die- I ser Frau zu kommen, beeilt sich, dieser Aufforderung nachzukommen. Kaum sind diese Worte der Frau Bolle et- Ichlupst, so ist das Faktotum erschwuw den. Einen Augenblick steht die Frau des Hauses sinnend da; dann rafft sie st, zusammen und spricht: Wie konnte ich nur so mit Blindheit geschlagen sein! Unter einem Dache mit mir unterhalt er seine Lieb chaftcn! O, wenn ich ihn jetzt hier hätte, in diesem Augenblick ich wüßte nicht, was ich thäte. Aber das Zimmer soll mir an s Licht. Aufbrechen lasse ich es vom Schlosser, heute noch." Sie wird in ihrer Rede durch den Schall der Hausglocke unterbrochen. Wer mag da kommen? Ach am Ende der Dr. Kleiber, werd' einmal nach- sehen." Mummel hatte nicht lange die Freude, sich den erquisatorischen Fragen entzogen zu sehen, denn soeben erscheint aus einem Nebenzimmer die Tochter des Hauses, das unglückselige Faktotum hinter sich herziehend mit den Worten : Hier kommen Sie herein, Mum- mcl ! ' Aber die Frau Mama?" fällt er ihr ins Wort. Tie ist nicht hier, wie Sie sehen. Und ieko wünsche ich die aame Geschickte zu erfahren." Welche denn? Du von Rothkäppchcn oder vom Däumling, oder " Schweigen Sie still mit Ihren Dummheiten und antworten Tie aus meine Fragen. Denn Sie sind in mancher Hinsicht der der Vertraute meines Vaters." Ja, det is richtig ich schmeichle mir, diese Ehre zu icnießen." Wiffen Sie auch, daß Sie mit mci nem Vater unter einer Decke spielen, und daß man Ihrem verbrecherischen Treiben auf der Spur ist?" Nanu, wie meinen Se det, Frau- lein LieSbety ? ' chon in den nächsten Tagen steht die Entdeckung der ganzen Sache bevor. und Sie wissen doch, was dann ge schiebt?" Ja, dann muß ick meine schöne Stellung hier einbüßen, und ick sehe in eine recht betrübte Zukunft. Et is wirklich jammerschade!" Wie?" Na. et is doch 'ne jute Stelle hier und so an die Lust jesetzt werden würde Ihnen denn vaS anjenehm sind?" O, mein armer, unglücklicher Ba ter," rief jetzt das junge Mädchen, da bei in Thräuen ausbrechend. Aber so trösten Sie sich doch. Fräu lein," beschwichtigte sie Mummel, et jcht am Ende allens vorüber!" Und dabei können Sie noch so ruhig sein? Sie find doch der Mitschuldige!" So jroß is nu meine Schuld am Ende nich, ick mußte doch thun, was ich, im Jcjcnthcil, denn wenn der Herr sich die Finger schwarz dabei machte, so brauchte ick et natürlich ich mehr zu thun. II det könne Sie mir jlauben, Fräulein, der Herr versteht sich uff den Rummel, det jcht wie der Dei bel. Aber nu werd' ick mal seh n, was der jnädige Herr macht, ick jlaube, er rüst mir sojar." Letzteres war nun zwar nicht der Fall, doch sollte dieser AuSspruch dazu Vcraula ung bieten, daß er sich cntsev nen könne. Und ehe es sich Fräulein Liesbcth versah, war Mummel zur Thür hinaus geschlüpft, sie mit ihren Gcdan ken und Betrachtungen über das hier vorliegende Geheimniß allein lastend Vcrzweiflnngsvoll halte sie soeben ausgerusen: Es ist keine Rettung mehr, keine o, mein armer, rettungslos verlorener Vater!" als Frau Bolle mit dem Dr. Kleiber eintrat. Ader nicht wahr, bester Herr Doktor, ich rechne aus Ihre strengste Verschwieg genheit!" Natürlich, natürlich," sprach dieser, versteht sich ganz von selbst. Ah, sich da, da ist das junge Fräulein ja auch! morgen, Morgen! Guten Morgen, Herr Doktor," ent gegnete Liesbeth mit erzwungener greundllchlcit, Wie geht's, was machen die Augen? Die Entzündung ganz vorüber? Lasten Sie mich 'mal sehen Hm! noch etwas geröthet hat aber nichts mehr zu sagen doch noch etwas schonen die Augen nicyl meyr im Dämmerlichte )o ange strengt lesen oder sticken hm, apropos. ein merkwürdiger Fall, was mir Mama da erzahlt von Herrn Bolle heimliches Zimmer einschließen Niemanden ein lassen das sitzt im Kopfe fire Idee Verfolgungswahnsinn. Thut mir sehr leid um den Mann trauriger Fall sehr trauriger Fall will sehen, was sich da machen läßt." Im selben Augenblick öffnet sich die Thür des geheimnißvollen Zimmers und hereintritt Herr Bolle, in jeder Hand ein Paar Stiefel haltend. Sobald er die Anwesenden erblickt hat, bleibt er erschrocken stehen. Mein Mann!" laßt sich zunächst die Frau des Hauses vornehmen. Der Papa!'- fügt pflichtschuldigst die Tochter hinzu. Herrn Bolle ist dieses Zusammentref fen höchst unangenehm, und er kleidet diese Empfindung in die leise vor sich hingefprochenen Worte : Na, das fehlte gerade noch, daß ich der ganzen Gesellschaft so in den Wurf komme." Dabei sucht er die Stiefel hinter seinen Rücken zu verbergen. Wie verstört er aussieht, wie scheu! Tie Sache ist richtig: Verfolgung Wahnsinn!" denlt der Doktor bei sich und setzt laut hinzu: Guten Morgen, Herr Bolle." Der Arzt bietet ihm die Hand dar zum Willkommen. Guten Morgen, Herr Doktor!" ant- wortet zwar mechanisch der Hausherr, doch befindet er sich in sichtlicher Berle genheit, denn er weiß nicht, wenn er auf die dargebotene Rechte des Arztes einschlagen will, wo er mit seinen v,'r borgen gehaltenen Stiefeln bleiben soll. Er benimmt sich letzt unbeholfen und feine Gattin kann nicht umhin zu ibm zu sagen: Aber, lieber August " Nun, Herr Bolle," spricht der Dok- tor, was machen Sie denn? Ich un terhielt mich soeben mit Ihrer Frau, unv oas Thema bildeten sie. Nicht möglich! Na, das sreut mich." Ihr Befinden macht uns Sorge," fährt der Doktor fort nach der üblichen Einteilung. Wieso denn? Ich befinde mich ja ganz ausgezeichnet", und leise hinzu fügend, spricht er: Abgesehen von die sen heillosen Stiefeln." Seien Sie offen gegen mich, sagen sie mir Alles!" Ich begreife Sie nicht, Herr Dok tor." Ich meine, Sie sollten 'mal zu mir reden, wie zu Ihrem besten Freunde, sollen mir Ihr ganzes Herz ausschütten und für den Augenblick vergessen, daß icy rziir Ar vin Ja, Herr Doktor, ich verstehe Sie ganz und gar nicht; was wollen Sie denn eigentlich von mir, Es ist nichts aus ihm herauszuho len!" Mit diesen leise gesprochenen Worten wendet sich der Arzt an Frau Bolle und in demselben Flüstertöne spricht die geangstigte Hausfrau zurück Aber bedenken Sie doch auch in Gegenwart des KindcS " Arzt und Frau Bolle sprechen leise weiter. Der Hausherr benutzt diese sich ihm darbie tende günstige Gelegenheit, um seiner seits in Jammertöne halblaut hervor zubringen: O, diese verwünschten Stiesel! Liesbeth, die Tochter des Hau ses, ties ergrisjen von der Lage der Sache seufzt: Ach, der unglückliche Papa!" Da tritt plötzlich Mummel. gleichsam wie der Sturm nach der Ruhe, schnell ein in die Worte ausbrechend: Herr Bolle, hier iö noch Nanu wird'S jut, so mußte et kommen." Diese letztere Herzenserqießunq ent mein Herr von mir verlangte, un det j lockte ibm der Anblick der Anwesenden. ändert die Sache schon. Un wat is ooch Schasskopf, kannst Tu denn nicht schließlich Schlimmes dabei?" sehen?" flüstert ihm Herr Bolle zu! TaZ fragen Sie noch?" Doch die Frau des HaufcS hat mit Et iS ja richtig, ick habe ihm die Argusaugen ibren Gatten und dessen Tinger zugetragen, un nachher wenn se ' vermeintlichen Mitschuldigen beobachtet. fertig waren, denn bab ick se ooch heim 1 Sie wendet sich sogleich an Mummel. lich wieder rausjcholt un über Seite je ; indem sie fragt: .Was giebt's denn? bracht. Ader " WaS sollen wieder die Stiesel hier. Also Sie gestehen doch damit nen "Mummel?" Ihr schmutziges Handwerk ein?" Nun jeht'Z los!" denkt dieser und. l-ot mir war et so schmutzig rade ' last, sei es aus Angst oder Ungeschick- lichkcit ein Paar Stiefel mit Gcpoltcr zur Erde fallen. Die Hausfrau hat mit Erstaune in zwischen die Gcheiiiktherci ihres Gat teil bemerkt. Und was ist den das? Was verbirgst Tu da och, August?" Herrn Bolle ist diese Frage höchst fa tal. id er will durchaus nicht mit der Sprache heraus! Hat er etwa ein böses Gewissen? Was ich da habe?" sragt er gedehnt lind läßt wiederum eine Pause ciulrc tc, ehe sich seine Lippen z einer Ant wort öffnen. Da fällt, komisch betrübt, das Fakt, tum ein: Ach, wenn Sie wüßten, Herr Aolle, wat mir diese Geschichte heute schon bei Ihre Frau un das Fräu lein da vor Unjelegcnheite und Schere rcien und 'Verhöre injcbrockt hat, Sie würden Mitleid mit mir haben. Und det allens wegen die lumpigen Stie dein. Sagen Sie et doch der jnadigen Frau Madame, damit das endlich ein Ende hat." Wie? Die Stiefel?" fragte erstaunt Frau Bolle. Hm! Merkwürdige Geschichte! Wirk lich sehr merkwürdige Geschichte!" läßt sich etzt halblaut der Arzt vernehmen. Na. wenn's den nicht anders ist." spricht Herr Bolle da! Die ganze Ge- tchichte." Er wirft dabei das andere Paar Stie- fcl vor sich auf den Fußboden. Der Herr Doktor," führt er letzt fort, hat ja immer als Freund zu uns gehalten, der wird's auch nicht weiter in der Welt herumtragen." Aber was denn?" werfen Mutter und Tochter neu- und wißbegierig eiu. Was denn? Nun. daß ich als Ab- wechselung in der Langeweile dieses elenden noblen Leben zu meinem Ver gnügen Stiefel wichse I Du weißt, Therese, als wir uns kennen lernten, da war ich Hausknecht im Grand Hotel, und diese Beschäftigung na, Du verstehst mich wohl." Der Doktor machte ein erstauntes und enttäuschtes Gesicht, denn mit dem Ver solgungswahnsinn war es diesmal glücklicherweise nichts. Er schüttelte nur mit dem Kopfe, als er Herrn Volles Erklärung vernommen hatte. Und das triebst Du dort in dem veimiimen iiavmet!" meinte Frau Bolle. Naturlich!" erwiderte der Gatte. Also Du hast keine Banknoten darin gemacht?" fragte die Tochter. Aber, Liesbeth, wie kommst Tu auf olchen Unsinn?" sagte der Pater. Und auch keine heimlichen Liebschaf- ten darin unterhalten?" fügte Frau Bolle leise hinzu. fcag mal, Thercle, sehe ich mit meinen fünsundfllnfzig Jahren noch so nach heimlichen Liebschasten aus?" sprach fast beleidigt der Hausherr. Na. Gott lob!" Und nun, Therese, was sagst Tu nun Komm' in meine Arme und verzeihe mir den schmählichen Verdacht!" Ach ja, Papa, mir auch!" fiel die Tochter ein. Es sanden nun zwei Umarmungen statt, die den hauslichen Frieden und die Ruhe des Hauses wieder herstellte. Kopfschüttelnd entfernte sich der Dok tor, und alle, vor allein aber Mummel, waren froh, daß der Schleier des Ge heimnisses in so zusricdeiistellender Weise gelüftet worden war. Stiesel hat von nun ab Herr Bolle weder im geheimen Kabinet noch sonst wo gcputzi, er wuroe aver vasur ein eisriger Skatspieler, was er aber nicht gehe hielt, denn er hatte genug von der Gcheimthuerei. Die Popularität der iugsritlichc,i Königin" war so groß, daß sclbst die Frauen sür sie schwärmte ; sie Ilcideie und srisirte sich gnuz so wie sie. bevor ziigten die LicblingSsarbcn der Königin, rosa und hinnnclbla, d glücklich schätzten sich die Mädchen, die von Heiner Statut waren, blondes Haar und blaue Augen hattcn, während die großen und die schwarzhaarigen tief unglücklich waren. Unter dem Adel war die Be V licdlheit der Königin och größer als 1 beim Volle. Sie förderte ihre Pop larität, indem sie sast täglich itiie Diners veranstaltete, Bälle und Ans flüge orgnnisiite und kleine Eoiizeilc ansagte, wobei sie nicht selten selbst als Süiigeri auftrat. Fast alle Tage ritt sie zivei oder drei Stunde lang spa zieren, begleitet von einer sröhlichei, Schaar adeliger Damen. Der heute so steife und langweilige englische Hos war damals der Sammelpunkt heiterer In gend, und gerade die ungezwungene Lebeusluhrung machte die lungsniu liche Königin" bei ihren Unterthanen so sehr beliebt. Vom Krönungslage erzählen die Ar tikel von ''Wonian atHoino" mehrere tragikomische Zwischenfälle. Man hatte zwar eine Krone anfertigen lassen, die für den Kinderkopf der Königin Paßte, aber Niemand hatte daran gedacht, die Größe des goldenen Reichsapfels z vcr ringern, den sie vier geschlagene Stun den lang so lange dauerte die Kro nimgsseier in ihrer winzigen Hand halten sollte. Als die Königin die große schwere Kugel erblickte, erbleichte sie. Was soll ich denn damit?" sragte sie. Das muß Ew. Majestät in der Hand halten." erividerte ernst und würdevoll Lord Thynne. Aber das ist ja entsetzlich schwer!" antwortete die Königin und brach in Thränen aus. Doch die Thränen nützten nicht mehr und die Königin mußte sich fügen. Der Krönungsring war sür den kleinen Fin ger hergestellt worden; aber in letzter Stunde erklärte derErzbischof, daß nach dem Ceremoniell der Ring auf dem Zeigefinger getragen werden müsse. Das Ende vom Liede war, daß man den Ring mit aller Gewalt ausbringen mußte, daß der Zeigefinger der Königin anschwoll, daß sie während der Feier schreckliche Schmerzen aushielt und daß sie dann die Hand in eiskaltes Wasser stecken mußte, um den Ring wieder vom Finger ziehen zu können. us ,,ri Bik's" jungt lagen. Ueber die Jugendzeit der Königin Victoria von England veröffentlicht die Zeitschrift "Woman at Home" eine Reihe von sehr interessante Artikeln: Die Fürstin, die heute unter den Mo narchen Europa's den Altersvorrang hat, flößte, als sie noch ledig war, grausam vkiiiigende'Leidenschaften ein, und ihre Unterthanen nannten sie die jungfräuliche Königin". In England wurde eine ganze Anzahl junger Leute aus Liebe zu ihr verrückt, andere bcgin gen Selbstmord, da sie sür ihre Leiden schaft ein anderes Heilmittel nicht san den. Ter Besitzer eines nach Millionen zählenden Vermögens verliebte sich so rasend in die Königin, daß er den gan zen Tag in der Nahe des königlichen Palastes herumstrolchte", in der Hoff- nung, die yeingkiievle an irgend einem Fenster z sehen; wenn die Königin aussubr. fuhr er im offenen Wagen voraus und begleitete sie überall hin; er machte sich schließlich so lästig, daß die Behörden ihm drohen mußten, man werde ihn in's Irrenhaus stecken, wenn er nicht aushSrk, die Königin zu Versal gen. Auch Eharles Dickens war vom Licbesfieber ergriffen, nd eine Zeit lang war die Königin Herrin und Be Herrscherin all' seiner Gedanken und sei er zarten Gesühle; zum Glück sür die Literatur wurde er rasch gesund, und die Erinnerung an die Irrungen und Wirrungen seines Herzens mußte ihn nicht wenig ergötzen an dem Tage, an welchem ihn. der bereits aus der Höhe seines RuhmeS stand, die Konigin ein lud, mit idr im Schlosse zu Wiudsor zu speisen. Beim Nachtisch überreichte ibm die Königin ein Eremplar der von ihr! Vin wahrer SXlman. Mit Hinterlassung von 30,000 Mark starb kürzlich in Berlin der Hauptmaim a. D. Hans Friedrich August Freiherr v. Mark. Er starb einsam und halb vergessen, drei Kindern einer Nichte des Hauptmannes fällt das Vermögen zu. Wie der Hauptmann, der arm wie Hiob war, zu diesem Vermögen gekom men, erzählt ein früherer Kamerad von ihm folgendermaßen: Es war im Jahre 1807, als die Wogen wegen der Luxemburger Auge legenheit ziemlich hoch gingen; da trat Freiherr Hans eines Mittags mit einem fremden patenten Zivilisten in die Wein kneipe von Boland zu Mainz, wo wir wie gewohnlich unseren Schoppen Iran ken. Ter fremde Herr war Ober Inspektor einer Lebensversicherunasae- sellschast in Leipzig und erzählte uns'in gewandter Weise, daß seine Gesellschaft ganz neuerdings, als erste in der Welt, Versicherungen abschließe, die auch für den Kriegsfall ihre Giltigkeit behielten; vom Tage der Mobilmachung an müsse nur für deren Tauer der dreifache Be trag der Jahresprümie gezahlt werden. Selbstverständlich wurde der Antrag uns zu versichern, da sauer bekanntlich lustig macht und wir tranken ja Su rius", mit ungeheurer Begeisterung aufgenommen und die Versicherungen von je 3000 Mark derartig abgeschlossen, daß nach dem bevorstehenden oder dem nächsten Kriege überhaupt die Ueber lebenden das Kavital erheben sollten, um damit ihre Schulden zu bezahlen"; so lautete unsere, damals mit Wort und Handschlag getroffene und schließlich mit der Gesellschaft fest abgeschlossene Ab machung. Tie Policen wurden bei einem Notar in Mainz niedergelegt und die Prämienzahlung aus die Kleider lasse" sicher gestellt. Es war ein eigenthümliches Verhäng- ,, das über lener Stunde rubte. Au der .Luremdurger Affaire" wurde be kanntlich nichts und aus dem französi schen Kriege kamen von den 1 f damals die Versicherung beantragenden jungen Offizieren nur zwei, lebendig wieder; ich, der Schreiber dieser Zeilen, und der Freiherr Hans, der Einzige von uns lallen, der überhaupt keine Schulden yalte und auch niemals einen Pfennig Schulden gemacht hat! Freiherr Hans hob damals nach dem Feldzuge die nicht unbedeutende Summe ab, legte sie sicher an. und zahlte all mählich von den Zinsen die hinterlasse nen Andenken (6. h. die Schulden) der gefallenen braven Kameraden ab. Er selbst war krumm geschossen und I lebte einfach, aber anständig von seiner Pension, die unter Zuschlag der sog. Vkkftümmelungszulage er hatte einen steifen rm und ein steifes Pein etwas mehr als 3000 Mk. betrug. Von den 30.000 Mark hat 'er nie einen Pfennig angerührt. AeltercS 5toI. Fräulein : Nicbt wabr. Verlusten Hochlandreise" mit der cizrn- i Herr Pro'enor. ich werde so langsam Händig geiqrievenen ?'omung: iie eine alle , zunglers" unbedeutendste Tchrillstellerin dem der- Proiesior : .Langsam, mein Frau vorragendsten Schrislstcller Englands." lein, abei sicher!" "V