Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 05, 1896, Image 10

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    Eine geheime paffton.
.ftumorroff von 'Jlltranbtr bt 'Jiror
Der frühere Hotelbesitzer, jetzige Ren
tier August Bolle war mit seiner Zrau
früh Morgen in einem cisrigen Gc
sprüch begriffen.
Ich sage Tir noch einmal." sprach
sie. daß ich solche Heimlichkeilen nicht
länger dulbcn will."
Und ich sage Dir, daß Tu Dich um
meine kleinen harnilosen Liebhabereien
gar nicht zu lümmern brauchst."
So, das nennst Tu kleine harmlose
Liebhabereien, wenn Du Dich stunden,
lang in einem Zimmer einschlickt und
dort herumwirthschastest Wenn Gutes
vorginge, oder auch nur Harmlose, so
brauchtest Tu nicht so heimlich damit zu
sein. Gewiß treibst Tu dort Dinge,
die das Lickt scheuen."
Ach was. Licht scheuen! Hat sich was
da Licht scheuen! Wenn Xu wiitzicti,
was ich da mache, Tu wurdest sicher"
..Aber dann faa' mir doch, was es
mit dem geheimen Kabinet für eine Be
wandtnis; bat: dann ist ja alles gut !'
Das geht nicht, geht absolut nicht !"
Siehst Du wohl, daß ich Recht habe,
es muk doch also wohl
Thue mir den einzigen Gefallen und
laß uns abbrechen. Verlaß Dich dav
auf, daß im Zimmer nichts Böses ge
schiebt, nicht das geringste, und damit
gieb Dich zufrieden,"
Du hast gut reden. Ich soll mich
zufrieden geben, wenn mein eigener
Mann o, es ist abscheulich!"
Nun höre aber endlich auf mit Dei
mm Lamentiren! Mußt Du denn wegen
solcher Kleinigkeiten schon am srühen
Morgen Spektakel ansangen?"
Ich fange nie Spektakel an, wie Du
das nennst. Ueberhaupt ist Spektakel
in ganz unpassender Ausdruck, der
durchaus nicht in ein nobles Haus ge-
hört."
Bist Du glücklich wieder bei Deinem
Thema angekommen? Nobles Haus,
Noblesse, das sind Deine Schlagwörter.
Damit stehst Du aus, und damit gehst
Du Abends zu Bette. Ich Pfeife auf
die ganze Noblesse.
Solche Reden zu führen! Wenn da
unsere Liesbeth hörte!"
Mag sie's hören! Ich habe den gan
zen noblen Krempel satt. Was zu viel
ist, ,ft zu viel."
O, dieser Barbar! Liegt Dir s,
wenig an dem Lcbensblück Deines Krn
des?" .
Daran liegt mir eben so viel, wie
Dir. Das können wir aber auch mit
weniger Noblesse schon ganz gut zu
Stande dringen."
Ich sehe wohl ein, mit Dir ist heute
'mal wieder nicht zu reden, Du vergißt
ganz, daß Du Dich im salon be
findest."
Salon hin, Salon her! Ich bin
früher ohne Salon glücklicher gewesen,
als jetzt. Uedrigcns bin ich hier in
meinem Hause, wo ich denn doch wohl
sprechen kann, wie ich's meine und wie
mir der Schnabel gewachsen ist."
Nein, ich halte es nicht länger aus,
meine Nerven ertragen solch ein Beneh
men nicht. Aber Du wirst es schon be
reuen, merke Dir das, August !"
Nach diesen Worten ging Frau
Tyerese Bolle in das ?!evenzimmer, um
ihren Gatten mit seinen Gedanken allein
zu lassen.
Er blickte ihr eine Weile nach, dann
sprach er: Nun hat sie auch schon Ner
den! Was man sich doch im Laufe der
Zeit alles angewöhnen kann. Nerven !
Davon hat sie früher nichts gewußt, als
wir noch die Hotelwirthschaft hatten,
von früh bis spät zugreifen mußten und
Abends froh waren, wenn wir uns
endlich ausruhen konnten. Und jetzt
bekommt meine Therese vor Langeweile
und Hochmuth Migräne und Nerven.
Ich glaube, wenn ich nicht ab und zu
meiner kleinen Passion nachgehen
könnte, hätte ich mich schon längst auf
gehängt; denn diese Vornehmthucrei
meiner Frau ist gar nicht mehr auszu
halten.' Er ging darauf einige Male nach
denklich im Zimmer auf und ab ; dann
blieb er plötzlich stehen und sagte vor
sich hin : Ader daran ist blos das viele
Geld schuld, das ich zusainmen erdient
habe, das ist ihr in den Kopf gestie
gen "
Plötzlich hielt er in seinen Monologen
inne und richtete die Augen anhaltend
nach einer bestimmten Stelle aus dem
Fußboden. Was hat er dort erblickt?
Was ist es, was seinen Blick fesselt?
Ein Paar Stiefel sind's ; die seine Auf
merksamkeit erregt haben.
Aha. da spielt mir ein glücklicher
Zufall ja wiedei ein Paar in die Hände !
Flink, daß mich meine holde Gattin
nicht damit erblickt."
Schnell die Stiefel nehmend, eilte er
Mit diesen in das Nebengemach.
Frau Bolle hatte sich nzwchen zu
ihrer Tochter begeben, um derselben
im Wirthschafts-Tlspofitlonen zu er
theilen ; aber die Tochter mußte wohl
der Mutter aus den Augen gelesen ha
den. daß sie etwas drücke. Als sie kaum
den Salon betreten hatte, begann die
Tochter:
.Ader, Mama, so sag' mir doch,
was Dich quält,"
Ach. Kind, wie kann ich! Gerade
Dir nicht." entgegnete Frau Bolle.
.Du wirft es mir. Teiner Tochter,
doch wohl am ersten sagen können, wenn
Dich etwa? bekümmert."
.Ja. solltest Tu denn nicht schon
selbst bemerkt haben, daß in den letzten
sechs Wochen "
.Was denn. Mama?"
Tie Frau zögerte etwas, ehe sie Ant
wort gab ; endlich sprach sie :
Daß in unserem Hause nicht '!es
so ist, wie es sein sollte?"
Ich weiß nicht, was Tu meinst,
Mama."
Nun ist Tir denn an Deinem Papa
nichts aufgefallen?"
Die Tochter schüttelte mit den, Kopfe.
Aber Kind." suhr die Mutter sort,
denk doch 'mal nach."
Liesbeth sann einen Augenblick nach.
Ja a wohl !" sagte sie dann.
(r trügt jetzt wieder mehr runde Hüte,
während er sonst immer mit dem E lin
der ausging."
Du ahnungsloses Kind ! Denk' doch
mal an das geheimnihvolle Zimmer !
Ja das ist aber auch wahr !"
..Nun. siebst Du !"
Das ist wirklich sonderbar, daß
Papa sich in letzterer Zeit so häu,g ein-
schließt."
Ja, es ist fast mehr als sonderbar !"
Was macht Papa denn eigentlich da
drin?"
Weiß ich's?" Da ist ja eben mein
Kummer, daß er Heimlichkeiten hat vor
mir, vor dem ganzen Hause, daß Nie
mand in jenes Zimmer, das früher
eine gewöhnliche Rumpelkammer war,
hineinkommen darf, ausgenommen die
scr abscheuliche Mummcl, den ich nie
mals leiden konnte, auf den aber Papa
große Stücke hält!"
9iun, der Papa wird wohl seine
Gründe dazu haben, wenn er sich heim
lich einschließt. Am Ende giebt's
nächstens für uns Alle eine hübsche
Ueberraschung, die Papa da drinnen
ganz verschwiegen vorbereitet."
Liesbeth wandte sich jetzt von dem
Gespräche ab, setzte sich an den Tisch
auf ein Fauteuil, ergriff die Zeitung
und begann darin zu lesen,
Das unschuldige Kind!" sagte Frau
Bolle leise vor sich hin, als sie die letz
ten mit großer Naivetät gesprochenen
Worte ihrer Tochter gehört hatte. Es
ahnt das Entsetzliche nicht, aber ich ahne
es! Der Falsche! Unter unserm eige
nen Dache veranstaltet er Zusammen
künfte ich mag es gar nicht ausden
ken ! O, diese Männer !
Sie hatte auch gar nicht Zeit, aus
zudenken, denn eben klingelte es. Sie
lief daher hinaus, ehe ihr die Tochter
zuvorkommen konnte, welche zu diesem
Zwecke ausgeiprunqen war.
Liesbeth setzte ihre Zeitungslektüre
fort, nach einigen Minuten stutzte sie
unv lay vom Blatte aus. Was soll
ich anfangen vor Angst!" sprach sie.
Diese Notiz hier in der Zeitung
und dazu das gehnmnipdoUe Zimmer
und das seltsame scheue Wesen Papa's
o ich stürbe, wenn es so wäre ! Wo
steht es denn? Hier!"
Und sie las :
Seit etwa vierzehn Tagen sind größere
Mengen gefälschter Banknoten mit n
geheurem Raffinement in den Verkehr
gebracht worden. Tie Nachahmung die
ser Scheine ist eine so geschickte, daß nur
das , geübteste und sachkundigste Auge
die Fälschung entdecken kann. Die so
fort angestellten Recherchen lassen mit
Sicherheit vermuthen, daß der Sitz der
atscherbande in unserer Stadt hier zu
suchen ist. Hoffentlich gelingt es den
eifrigen Bemühungen der Behörde die
Lyätcr zu ermitteln.
Wenn das mit Papa's geheimniß
vollem Zimmer zusammenhinge," mo
noiogisirte sie dann weiter, wenn er
selbst 0, ich kann's gar nicht denken
und doch! Wozu sonst diese Heimlich
keit in seinem Thun und Treiben? Und
ich kann nicht einmal Jemandem davon
sagen es ist größlich! Wenn die Po
lizei Gefängniß. O. mein Kopf,
mein Kopf! Es ist zu schrecklich!
Schnell jetzt zur Mama, um ihr meinen
Verdacht mitzutheilen."
Tie Zeitung in der Hand verließ sie
schnell das Zimmer, um ihren Vorsatz
zur Ausführung zu bringen. Sie war
kaum heraus, als aus einer der Selten
thüren das Faktotum Volles, Jodokus
Mummel, den Kopf hereinsteckte.
Niemand hier?" sagte er verwun-
dert. Um so besser; dann kann ich ihm
diese zwee Paar Stiebel hier ooch wieder
inschmuggeln, daniit er seine Passion
befriedigen kann na. so 'n verrückter
Kerl! Ja, jedes Thierchen hat sein Plai
sirchen wahrhastig, so ist's ooch.
Aber seine Olle darf uff keenen Fall
wissen, was vor 'ne Verrücktheit er da
drin treibt. Ob er denn überhaupt
noch drin is ins Zimmer? Werd 'mal
nachsehen."
Er geht bei diesen Worten an eine
Thür und guckt durch Schlüsievoch.
Während er noch dabei ist seine Neu
gierde zu befriedigen, ist unbemerkt die
Frau vom Harne hereingetreten und hat
Mummel erblickt. Leise auf ihn zu
gehend, ruft sie, dicht vor ihm ange
kommen:
Mummel, was machen Sie denn
da?"
Nifcht, Madame." erwidert Jener
erschreckt, jar nischt, nee jewiß ich, uff
Ehre!"
Sie wiffcn. daß Sie mich nicht Ma
dame nennen sollen! Wie ost soll ich
Ihnen denn das sagen?"
Pardon det hab' ickjanz vergessen.
Madame jnädige Frau, wollt' ick
sagen."
Und nun heraus mit der Sprache!
Was hatten Sie da zu lauschen?"
Na, dett kann nett werden," spricht
der Abgefaßte leise vor sich hin. ,nu
nimmt die mir hier förmlich in die
Beichte!"
Wird'S nun bald ?" fragte jetzt in
gestrengem Ton Frau Bolle. Was ha
jben Lie überhäuft hier im Talon zu
suchen, noch dazu in solchem Anzüge und
mit den Stiefeln? Wie?"
Ick wollte blos "
Wie er verlegen wird!" sprach Frau
Bolle leise vor sich hin. Der weiß mehr
von den schnöden Geheimnissen meines
Mannes." Und laut sügte sie hinzu:
Also?"
Ick wecß wahrhastig nischt " ant
wortete Mummel.
Machen Sie Ihre Sache nicht och
schlimmer, als sie schon ist. Wissen Sie
nicht, wer hier im Hause zu sagen hat
Jen also!"
Aber, madige Frau "
Keine Ausflüchte! Ich weiß ohnehin
ie,t yeute Morgen die ganze Geschichte,
bin endlich der Sache auf die Spur ge-
kommen."
Mummel suchte zwar nicht sein Heil
in der Flucht, sondern im Still
schweigen. Nun?" mahnte die Hausfrau.
Ja det heeht "
Sie wiffen also doch um das ge
heimnißvolle Zimmer!"
Nu ja nu nee!"
Was wollen Sie damit sagen! Ich
verstehe Sie nicht !"
Des verstehen Sie nicht, jnädige
Frau? Ick spreche doch so klar und deut
lich." O ja ich fange an zu begreifen."
Seh'n Se, dett is nett, denn brauche
ick Ihnen die Sache nich weiter ausein
anderzusetzen." In dem Zimmer also der Nichts
würdige! da untersteht er sich "
Na natürlich untersteht er sich da!"
O, es ist empörend," rief ftrau
Bolle, erregt im Zimmer bin- und ber-
gehend.
Versteht sich! Det lind' ick ooch!"
und leise fügt er hinzu: Habe kccne
Ahnung, wat die meent."
Und Sie sind der Mitschuldige, Sie
wußten von Ansang an um sein vcr
brecherischcs Thun, haben ihn wohl gar
dazu angestiftet !"
Nee, im Jcringsten jar nich. Nee,
die Jeschichte seiner Liebhaberei, oder
ooch Passion genannt, stammt noch aus
seine frühere Verjangenheit, als er noch
in Grand votel
Ganz einerlei Sie sind sein böser
tengei ! Mir aus den Augen!
Mummel, froh aus dem Bereich die-
I ser Frau zu kommen, beeilt sich, dieser
Aufforderung nachzukommen. Kaum
sind diese Worte der Frau Bolle et-
Ichlupst, so ist das Faktotum erschwuw
den.
Einen Augenblick steht die Frau des
Hauses sinnend da; dann rafft sie st,
zusammen und spricht:
Wie konnte ich nur so mit Blindheit
geschlagen sein! Unter einem Dache mit
mir unterhalt er seine Lieb chaftcn! O,
wenn ich ihn jetzt hier hätte, in diesem
Augenblick ich wüßte nicht, was ich
thäte. Aber das Zimmer soll mir an s
Licht. Aufbrechen lasse ich es vom
Schlosser, heute noch."
Sie wird in ihrer Rede durch den
Schall der Hausglocke unterbrochen.
Wer mag da kommen? Ach am Ende
der Dr. Kleiber, werd' einmal nach-
sehen."
Mummel hatte nicht lange die Freude,
sich den erquisatorischen Fragen entzogen
zu sehen, denn soeben erscheint aus
einem Nebenzimmer die Tochter des
Hauses, das unglückselige Faktotum
hinter sich herziehend mit den Worten :
Hier kommen Sie herein, Mum-
mcl ! '
Aber die Frau Mama?" fällt er ihr
ins Wort.
Tie ist nicht hier, wie Sie sehen.
Und ieko wünsche ich die aame Geschickte
zu erfahren."
Welche denn? Du von Rothkäppchcn
oder vom Däumling, oder "
Schweigen Sie still mit Ihren
Dummheiten und antworten Tie aus
meine Fragen. Denn Sie sind in
mancher Hinsicht der der Vertraute
meines Vaters."
Ja, det is richtig ich schmeichle
mir, diese Ehre zu icnießen."
Wiffen Sie auch, daß Sie mit mci
nem Vater unter einer Decke spielen,
und daß man Ihrem verbrecherischen
Treiben auf der Spur ist?"
Nanu, wie meinen Se det, Frau-
lein LieSbety ? '
chon in den nächsten Tagen steht
die Entdeckung der ganzen Sache bevor.
und Sie wissen doch, was dann ge
schiebt?" Ja, dann muß ick meine schöne
Stellung hier einbüßen, und ick sehe in
eine recht betrübte Zukunft. Et is
wirklich jammerschade!"
Wie?"
Na. et is doch 'ne jute Stelle hier
und so an die Lust jesetzt werden
würde Ihnen denn vaS anjenehm sind?"
O, mein armer, unglücklicher Ba
ter," rief jetzt das junge Mädchen, da
bei in Thräuen ausbrechend.
Aber so trösten Sie sich doch. Fräu
lein," beschwichtigte sie Mummel, et
jcht am Ende allens vorüber!"
Und dabei können Sie noch so ruhig
sein? Sie find doch der Mitschuldige!"
So jroß is nu meine Schuld am
Ende nich, ick mußte doch thun, was
ich, im Jcjcnthcil, denn wenn der
Herr sich die Finger schwarz dabei
machte, so brauchte ick et natürlich ich
mehr zu thun. II det könne Sie mir
jlauben, Fräulein, der Herr versteht sich
uff den Rummel, det jcht wie der Dei
bel. Aber nu werd' ick mal seh n,
was der jnädige Herr macht, ick jlaube,
er rüst mir sojar."
Letzteres war nun zwar nicht der
Fall, doch sollte dieser AuSspruch dazu
Vcraula ung bieten, daß er sich cntsev
nen könne. Und ehe es sich Fräulein
Liesbcth versah, war Mummel zur Thür
hinaus geschlüpft, sie mit ihren Gcdan
ken und Betrachtungen über das hier
vorliegende Geheimniß allein lastend
Vcrzweiflnngsvoll halte sie soeben
ausgerusen: Es ist keine Rettung mehr,
keine o, mein armer, rettungslos
verlorener Vater!" als Frau Bolle mit
dem Dr. Kleiber eintrat.
Ader nicht wahr, bester Herr Doktor,
ich rechne aus Ihre strengste Verschwieg
genheit!"
Natürlich, natürlich," sprach dieser,
versteht sich ganz von selbst. Ah, sich
da, da ist das junge Fräulein ja auch!
morgen, Morgen!
Guten Morgen, Herr Doktor," ent
gegnete Liesbeth mit erzwungener
greundllchlcit,
Wie geht's, was machen die Augen?
Die Entzündung ganz vorüber? Lasten
Sie mich 'mal sehen Hm! noch etwas
geröthet hat aber nichts mehr zu sagen
doch noch etwas schonen die Augen
nicyl meyr im Dämmerlichte )o ange
strengt lesen oder sticken hm, apropos.
ein merkwürdiger Fall, was mir Mama
da erzahlt von Herrn Bolle heimliches
Zimmer einschließen Niemanden ein
lassen das sitzt im Kopfe fire Idee
Verfolgungswahnsinn. Thut mir sehr
leid um den Mann trauriger Fall
sehr trauriger Fall will sehen, was sich
da machen läßt."
Im selben Augenblick öffnet sich die
Thür des geheimnißvollen Zimmers und
hereintritt Herr Bolle, in jeder Hand
ein Paar Stiefel haltend. Sobald er
die Anwesenden erblickt hat, bleibt er
erschrocken stehen.
Mein Mann!" laßt sich zunächst die
Frau des Hauses vornehmen.
Der Papa!'- fügt pflichtschuldigst die
Tochter hinzu.
Herrn Bolle ist dieses Zusammentref
fen höchst unangenehm, und er kleidet
diese Empfindung in die leise vor sich
hingefprochenen Worte :
Na, das fehlte gerade noch, daß ich
der ganzen Gesellschaft so in den Wurf
komme."
Dabei sucht er die Stiefel hinter seinen
Rücken zu verbergen.
Wie verstört er aussieht, wie scheu!
Tie Sache ist richtig: Verfolgung
Wahnsinn!" denlt der Doktor bei sich
und setzt laut hinzu: Guten Morgen,
Herr Bolle."
Der Arzt bietet ihm die Hand dar
zum Willkommen.
Guten Morgen, Herr Doktor!" ant-
wortet zwar mechanisch der Hausherr,
doch befindet er sich in sichtlicher Berle
genheit, denn er weiß nicht, wenn er
auf die dargebotene Rechte des Arztes
einschlagen will, wo er mit seinen v,'r
borgen gehaltenen Stiefeln bleiben soll.
Er benimmt sich letzt unbeholfen und
feine Gattin kann nicht umhin zu ibm
zu sagen: Aber, lieber August "
Nun, Herr Bolle," spricht der Dok-
tor, was machen Sie denn? Ich un
terhielt mich soeben mit Ihrer Frau,
unv oas Thema bildeten sie.
Nicht möglich! Na, das sreut mich."
Ihr Befinden macht uns Sorge,"
fährt der Doktor fort nach der üblichen
Einteilung.
Wieso denn? Ich befinde mich ja
ganz ausgezeichnet", und leise hinzu
fügend, spricht er: Abgesehen von die
sen heillosen Stiefeln."
Seien Sie offen gegen mich, sagen
sie mir Alles!"
Ich begreife Sie nicht, Herr Dok
tor."
Ich meine, Sie sollten 'mal zu mir
reden, wie zu Ihrem besten Freunde,
sollen mir Ihr ganzes Herz ausschütten
und für den Augenblick vergessen, daß
icy rziir Ar vin
Ja, Herr Doktor, ich verstehe Sie
ganz und gar nicht; was wollen Sie
denn eigentlich von mir,
Es ist nichts aus ihm herauszuho
len!" Mit diesen leise gesprochenen
Worten wendet sich der Arzt an Frau
Bolle und in demselben Flüstertöne
spricht die geangstigte Hausfrau zurück
Aber bedenken Sie doch auch in
Gegenwart des KindcS " Arzt und
Frau Bolle sprechen leise weiter. Der
Hausherr benutzt diese sich ihm darbie
tende günstige Gelegenheit, um seiner
seits in Jammertöne halblaut hervor
zubringen: O, diese verwünschten
Stiesel! Liesbeth, die Tochter des Hau
ses, ties ergrisjen von der Lage der
Sache seufzt: Ach, der unglückliche
Papa!" Da tritt plötzlich Mummel.
gleichsam wie der Sturm nach der Ruhe,
schnell ein in die Worte ausbrechend:
Herr Bolle, hier iö noch Nanu
wird'S jut, so mußte et kommen."
Diese letztere Herzenserqießunq ent
mein Herr von mir verlangte, un det j lockte ibm der Anblick der Anwesenden.
ändert die Sache schon. Un wat is ooch Schasskopf, kannst Tu denn nicht
schließlich Schlimmes dabei?" sehen?" flüstert ihm Herr Bolle zu!
TaZ fragen Sie noch?" Doch die Frau des HaufcS hat mit
Et iS ja richtig, ick habe ihm die Argusaugen ibren Gatten und dessen
Tinger zugetragen, un nachher wenn se ' vermeintlichen Mitschuldigen beobachtet.
fertig waren, denn bab ick se ooch heim 1 Sie wendet sich sogleich an Mummel.
lich wieder rausjcholt un über Seite je ; indem sie fragt: .Was giebt's denn?
bracht. Ader " WaS sollen wieder die Stiesel hier.
Also Sie gestehen doch damit nen "Mummel?"
Ihr schmutziges Handwerk ein?" Nun jeht'Z los!" denkt dieser und.
l-ot mir war et so schmutzig rade ' last, sei es aus Angst oder Ungeschick-
lichkcit ein Paar Stiefel mit Gcpoltcr
zur Erde fallen.
Die Hausfrau hat mit Erstaune in
zwischen die Gcheiiiktherci ihres Gat
teil bemerkt.
Und was ist den das? Was
verbirgst Tu da och, August?"
Herrn Bolle ist diese Frage höchst fa
tal. id er will durchaus nicht mit der
Sprache heraus! Hat er etwa ein böses
Gewissen?
Was ich da habe?" sragt er gedehnt
lind läßt wiederum eine Pause ciulrc
tc, ehe sich seine Lippen z einer Ant
wort öffnen.
Da fällt, komisch betrübt, das Fakt,
tum ein: Ach, wenn Sie wüßten,
Herr Aolle, wat mir diese Geschichte
heute schon bei Ihre Frau un das Fräu
lein da vor Unjelegcnheite und Schere
rcien und 'Verhöre injcbrockt hat, Sie
würden Mitleid mit mir haben. Und
det allens wegen die lumpigen Stie
dein. Sagen Sie et doch der jnadigen
Frau Madame, damit das endlich ein
Ende hat."
Wie? Die Stiefel?" fragte erstaunt
Frau Bolle.
Hm! Merkwürdige Geschichte! Wirk
lich sehr merkwürdige Geschichte!" läßt
sich etzt halblaut der Arzt vernehmen.
Na. wenn's den nicht anders ist."
spricht Herr Bolle da! Die ganze Ge-
tchichte."
Er wirft dabei das andere Paar Stie-
fcl vor sich auf den Fußboden.
Der Herr Doktor," führt er letzt
fort, hat ja immer als Freund zu uns
gehalten, der wird's auch nicht weiter in
der Welt herumtragen."
Aber was denn?" werfen Mutter
und Tochter neu- und wißbegierig eiu.
Was denn? Nun. daß ich als Ab-
wechselung in der Langeweile dieses
elenden noblen Leben zu meinem Ver
gnügen Stiefel wichse I Du
weißt, Therese, als wir uns kennen
lernten, da war ich Hausknecht im
Grand Hotel, und diese Beschäftigung
na, Du verstehst mich wohl."
Der Doktor machte ein erstauntes und
enttäuschtes Gesicht, denn mit dem Ver
solgungswahnsinn war es diesmal
glücklicherweise nichts. Er schüttelte
nur mit dem Kopfe, als er Herrn Volles
Erklärung vernommen hatte.
Und das triebst Du dort in dem
veimiimen iiavmet!" meinte Frau
Bolle.
Naturlich!" erwiderte der Gatte.
Also Du hast keine Banknoten darin
gemacht?" fragte die Tochter.
Aber, Liesbeth, wie kommst Tu auf
olchen Unsinn?" sagte der Pater.
Und auch keine heimlichen Liebschaf-
ten darin unterhalten?" fügte Frau
Bolle leise hinzu.
fcag mal, Thercle, sehe ich mit
meinen fünsundfllnfzig Jahren noch so
nach heimlichen Liebschasten aus?"
sprach fast beleidigt der Hausherr.
Na. Gott lob!"
Und nun, Therese, was sagst Tu
nun
Komm' in meine Arme und verzeihe
mir den schmählichen Verdacht!"
Ach ja, Papa, mir auch!" fiel die
Tochter ein.
Es sanden nun zwei Umarmungen
statt, die den hauslichen Frieden und
die Ruhe des Hauses wieder herstellte.
Kopfschüttelnd entfernte sich der Dok
tor, und alle, vor allein aber Mummel,
waren froh, daß der Schleier des Ge
heimnisses in so zusricdeiistellender Weise
gelüftet worden war.
Stiesel hat von nun ab Herr Bolle
weder im geheimen Kabinet noch sonst
wo gcputzi, er wuroe aver vasur ein
eisriger Skatspieler, was er aber nicht
gehe hielt, denn er hatte genug von
der Gcheimthuerei.
Die Popularität der iugsritlichc,i
Königin" war so groß, daß sclbst die
Frauen sür sie schwärmte ; sie Ilcideie
und srisirte sich gnuz so wie sie. bevor
ziigten die LicblingSsarbcn der Königin,
rosa und hinnnclbla, d glücklich
schätzten sich die Mädchen, die von Heiner
Statut waren, blondes Haar und blaue
Augen hattcn, während die großen und
die schwarzhaarigen tief unglücklich
waren. Unter dem Adel war die Be V
licdlheit der Königin och größer als 1
beim Volle. Sie förderte ihre Pop
larität, indem sie sast täglich itiie
Diners veranstaltete, Bälle und Ans
flüge orgnnisiite und kleine Eoiizeilc
ansagte, wobei sie nicht selten selbst als
Süiigeri auftrat. Fast alle Tage ritt
sie zivei oder drei Stunde lang spa
zieren, begleitet von einer sröhlichei,
Schaar adeliger Damen. Der heute so
steife und langweilige englische Hos war
damals der Sammelpunkt heiterer In
gend, und gerade die ungezwungene
Lebeusluhrung machte die lungsniu
liche Königin" bei ihren Unterthanen so
sehr beliebt.
Vom Krönungslage erzählen die Ar
tikel von ''Wonian atHoino" mehrere
tragikomische Zwischenfälle. Man hatte
zwar eine Krone anfertigen lassen, die
für den Kinderkopf der Königin Paßte,
aber Niemand hatte daran gedacht, die
Größe des goldenen Reichsapfels z vcr
ringern, den sie vier geschlagene Stun
den lang so lange dauerte die Kro
nimgsseier in ihrer winzigen Hand
halten sollte. Als die Königin die
große schwere Kugel erblickte, erbleichte
sie. Was soll ich denn damit?" sragte
sie. Das muß Ew. Majestät in der
Hand halten." erividerte ernst und
würdevoll Lord Thynne. Aber das
ist ja entsetzlich schwer!" antwortete die
Königin und brach in Thränen aus.
Doch die Thränen nützten nicht mehr
und die Königin mußte sich fügen. Der
Krönungsring war sür den kleinen Fin
ger hergestellt worden; aber in letzter
Stunde erklärte derErzbischof, daß nach
dem Ceremoniell der Ring auf dem
Zeigefinger getragen werden müsse.
Das Ende vom Liede war, daß man
den Ring mit aller Gewalt ausbringen
mußte, daß der Zeigefinger der Königin
anschwoll, daß sie während der Feier
schreckliche Schmerzen aushielt und daß
sie dann die Hand in eiskaltes Wasser
stecken mußte, um den Ring wieder vom
Finger ziehen zu können.
us ,,ri Bik's" jungt lagen.
Ueber die Jugendzeit der Königin
Victoria von England veröffentlicht die
Zeitschrift "Woman at Home" eine
Reihe von sehr interessante Artikeln:
Die Fürstin, die heute unter den Mo
narchen Europa's den Altersvorrang
hat, flößte, als sie noch ledig war,
grausam vkiiiigende'Leidenschaften ein,
und ihre Unterthanen nannten sie die
jungfräuliche Königin". In England
wurde eine ganze Anzahl junger Leute
aus Liebe zu ihr verrückt, andere bcgin
gen Selbstmord, da sie sür ihre Leiden
schaft ein anderes Heilmittel nicht san
den. Ter Besitzer eines nach Millionen
zählenden Vermögens verliebte sich so
rasend in die Königin, daß er den gan
zen Tag in der Nahe des königlichen
Palastes herumstrolchte", in der Hoff-
nung, die yeingkiievle an irgend einem
Fenster z sehen; wenn die Königin
aussubr. fuhr er im offenen Wagen
voraus und begleitete sie überall hin; er
machte sich schließlich so lästig, daß die
Behörden ihm drohen mußten, man
werde ihn in's Irrenhaus stecken, wenn
er nicht aushSrk, die Königin zu Versal
gen. Auch Eharles Dickens war vom
Licbesfieber ergriffen, nd eine Zeit
lang war die Königin Herrin und Be
Herrscherin all' seiner Gedanken und sei
er zarten Gesühle; zum Glück sür die
Literatur wurde er rasch gesund, und
die Erinnerung an die Irrungen und
Wirrungen seines Herzens mußte ihn
nicht wenig ergötzen an dem Tage, an
welchem ihn. der bereits aus der Höhe
seines RuhmeS stand, die Konigin ein
lud, mit idr im Schlosse zu Wiudsor zu
speisen. Beim Nachtisch überreichte ibm
die Königin ein Eremplar der von ihr!
Vin wahrer SXlman.
Mit Hinterlassung von 30,000 Mark
starb kürzlich in Berlin der Hauptmaim
a. D. Hans Friedrich August Freiherr
v. Mark. Er starb einsam und halb
vergessen, drei Kindern einer Nichte des
Hauptmannes fällt das Vermögen zu.
Wie der Hauptmann, der arm wie
Hiob war, zu diesem Vermögen gekom
men, erzählt ein früherer Kamerad von
ihm folgendermaßen:
Es war im Jahre 1807, als die
Wogen wegen der Luxemburger Auge
legenheit ziemlich hoch gingen; da trat
Freiherr Hans eines Mittags mit einem
fremden patenten Zivilisten in die Wein
kneipe von Boland zu Mainz, wo wir
wie gewohnlich unseren Schoppen Iran
ken. Ter fremde Herr war Ober
Inspektor einer Lebensversicherunasae-
sellschast in Leipzig und erzählte uns'in
gewandter Weise, daß seine Gesellschaft
ganz neuerdings, als erste in der Welt,
Versicherungen abschließe, die auch für
den Kriegsfall ihre Giltigkeit behielten;
vom Tage der Mobilmachung an müsse
nur für deren Tauer der dreifache Be
trag der Jahresprümie gezahlt werden.
Selbstverständlich wurde der Antrag
uns zu versichern, da sauer bekanntlich
lustig macht und wir tranken ja Su
rius", mit ungeheurer Begeisterung
aufgenommen und die Versicherungen
von je 3000 Mark derartig abgeschlossen,
daß nach dem bevorstehenden oder dem
nächsten Kriege überhaupt die Ueber
lebenden das Kavital erheben sollten,
um damit ihre Schulden zu bezahlen";
so lautete unsere, damals mit Wort und
Handschlag getroffene und schließlich mit
der Gesellschaft fest abgeschlossene Ab
machung. Tie Policen wurden bei
einem Notar in Mainz niedergelegt und
die Prämienzahlung aus die Kleider
lasse" sicher gestellt.
Es war ein eigenthümliches Verhäng-
,, das über lener Stunde rubte. Au
der .Luremdurger Affaire" wurde be
kanntlich nichts und aus dem französi
schen Kriege kamen von den 1 f damals
die Versicherung beantragenden jungen
Offizieren nur zwei, lebendig wieder;
ich, der Schreiber dieser Zeilen, und der
Freiherr Hans, der Einzige von uns
lallen, der überhaupt keine Schulden
yalte und auch niemals einen Pfennig
Schulden gemacht hat!
Freiherr Hans hob damals nach dem
Feldzuge die nicht unbedeutende Summe
ab, legte sie sicher an. und zahlte all
mählich von den Zinsen die hinterlasse
nen Andenken (6. h. die Schulden) der
gefallenen braven Kameraden ab.
Er selbst war krumm geschossen und
I lebte einfach, aber anständig von seiner
Pension, die unter Zuschlag der sog.
Vkkftümmelungszulage er hatte einen
steifen rm und ein steifes Pein
etwas mehr als 3000 Mk. betrug.
Von den 30.000 Mark hat 'er nie
einen Pfennig angerührt.
AeltercS
5toI.
Fräulein :
Nicbt wabr.
Verlusten Hochlandreise" mit der cizrn- i Herr Pro'enor. ich werde so langsam
Händig geiqrievenen ?'omung: iie eine alle , zunglers"
unbedeutendste Tchrillstellerin dem der- Proiesior : .Langsam, mein Frau
vorragendsten Schrislstcller Englands." lein, abei sicher!"
"V