Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 27, 1896, Image 9

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V Englischen, Bon Tr. , ohll,
at in allerliebste Mädel und
!jV v lehr gern. Sie war gut.
F"1 V und hübsch. Schon als Knabe
auf n int Vaters Pachthofe bewarb ich
'mich untl'ottie's Liebe in der altherge
qreWndllchen Weise, uud sie wußte,
? x3 " weiner Frau zu machen
gedaGe, das heißt, wenn ich je
,rai,,en sollte. Das Heirathen aber
2"'" iiüo) ,c,ne guten Wege, denn die Be
I'öung von Loltie's Vater war nur klein
und meine Ausfichten für die Zukunft
artn auch nicht derart, daß mir je aus
d Erfüllung unserer Wunsche hätten
?nen können. Und da war ich oft
lehr betrübt, wenn ich sah, wie auch an.
dere Burschen Lottie's Reize ebenso be
wunderten wie ich und sie gern, in Ai
betracht ihrer häuslichen Tugenden zum
,-ll,'e,be genommen hätten.
, Aber obgleich einige von ihnen unter
den Schönen von St.... als gute
Partien bekannt und begehrt wurden,
so blieb Lottie mir doch treu und er
sprach mir, zu warten. Da ereignete
sich etwas, was ich für einen Wink der
, Vorsehung hielt, damit ich doch endlich
im Stande sein würde, Lottie heimzu
führen.
Ein alter reicher Onkel von mir, der
sich früher nie um mich gekümmert,
Ichrieb mir plötzlich zum erstenmale in
; seinem Leben. Ich sei sein Pathe, be.
, merkte er in seinem Briefe, und er halte
. eS für seine Pflicht, sich meiner anzuneh
i wen. Es sei eine Stelle in seinem Ge-
schafte frei, und er biete mir dieselbe an;
, wemich eS nicht vorzöge, auf meines
. S3iO RUbenfeldern fort zn vegetiren
rn&s ich kommen und sie annehmen.
Ja) sollte indessen nicht denken, daß ich ,n
Anbetracht meiner Verwandfchaft mit
ihm faullenzen dürfe, er werde mich leh
ren, was ich zu thun habe, und er er
warte von mir, daß ich ein fleißiger
Lehrling sein werde. Er theilte mir
mit, wie viel mein Gehalt für das erste
Jahr sein und wie hoch sich der Zuschuß
im zweiten Jahre belaufen werde. Der
Brief war keineswegs zärtlich, mich aber
erfüllte er mit Entzücken. Nachdem
meine Eltern ihre Freude über meine
Aussichten für die Zukunft Genüge ge
than, eilte ich, Lottie den Brief zu zei
en. ? Du wirst ein Jahr auf mich war
ten nicht wahr Lottie?" fragte ich sie.
.Dann haben wir Alles, was wir brau
chen. Sie versprach mir, treu auszu-
halten, bis ich wieder käme, und nach
dem zärtlichsten Abschiede von ihr verließ
ich sie, überzeugt, daß es kein besseres,
hübscheres und süßere? Mädchen auf
dieser Welt gäbe als Lottie. Mit An
bruch des TageS fuhr ich zur Stadt und
acht Tage später trat ich mein Amt in
meines Onkels Comptoir an. Mein
Onkel war ein guter aber strenger
Mann. Er zahlte gut, wenn die Arbeit
gut ausgeführt war, aber er bestand aus
Fleiß und Gehorsam. Gegen Unred-
1 lichkeiten kannte er kein Erbarmen, und
iijjfrtf ihn oft sagen hören, daß wenn
efeTnen Sohn hätte und er ihn darauf
ertappte, daß er ihn beftehlen oder zu
' betrügen versuche, so würde er denselben
ebenso bestrafen, wie einen jeden Frem-
; den.
Ich war bestrebt ihm zu gefallen und
bin von Natur kein Faullenzer, mein
Onkel schien sichtlich mit mir zufrieden.
Sein Compagnon, weniger engherzig
wie er, lud mich zu sich ein. Dort in
meinem ersten schwarzen Frack, einer
weißen Cravatte und eine Rosenknospe
im Knopflocht, trat ich zum erstenmale
in der Gesellschaft auf, unter den
schützenden Flügeln meines Onkels.
Er. ein alter Haaestolz, der sich nie
viel um Damen bekümmerte, gelernt sich
bald zu einigen Herren, mit denen er
sich in ein ttnstes, gelehrtes Gespräch
über Stocks und Eisenbahnen vertiefte,
aber die Frau vom Hause erbarmte sich
meiner und führte mich in eine andere
Ecke des Saales, wo eine Anzahl junger
Leute plaudernd und lachend faßen.
.Grace!" sagte sie, und eine elegante
junge Dame erhob sich und ttat vor.
.Grace, meine Liebe, dies ist der junge
Herr Lascom. Herrn Lascom s Nesxe.
Herr Lascom, meine Tochter. Fräulein
Hudson."
Darauf verließ sie uns. Fräulein
Hudson stellte mich der Gesellschaft vor
itt6 übernahm es, mich zu unterhalten,
forderte mich auf, sie zu Tische zu
führen. Ich würde es niemals gewagt
haben und ich verbrachte einen köstlichen
Abend. Ich dachte an Lottie. Ich
dachte daran, wie hübsch sie sei, diel
hübscher als irgend eines der jungen
Mädchen in der Gesellschaft, und doch
welch' ein Unterschied! Wie machten es
diese Mädchen, daß sie so aussahen?
Warum fielen ihre Kleider in so an
uthige Falten! Wie war ihr Haar so
stilvoll geordnet! Wie stilvoll waren sie
selbst! Sie ginge und verbeugten sich,
tanzten und fächerten sich, nahmen die
Erfrischungen auf ganz andere Weise,
wie unsere' Mädchen auf dem Lande,
ch konnte nichts anderes wünschen als
Lottie möchte sei wie sie, besonders wie
Fräulein Hudson. Wie stolz würde ich
dann auf sie sein! der ich konnte mir
nicht verhehlen, daß. wen Lottie jetzt
eingetreten wäre, in ihrem einfachen
weißen Musieli kleide und ihrer römi
schen Schleife ich mich dessen, was ich
sonst so reizend gesunden hatte, ein rne
nig aeschüm, hatte. R.cht Lottie's-
.... . . .:;
e ein, rvrer our u u, up
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" . . A 1 M ( (;Vt
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,1hreS usrreltn,.
Ich war so aufgeregt
Der
Jahrgang 16.
von Alledem, daß ich die Nacht nicht
schlafen konnte. Erst gegen Morgen
verfiel ich in eine Art Halbschlumnier
und ich träumte, nicht von Lottie, aber
von Fräulein Hudson.
Ich sah nun Grace Hub on ehr vst
und je öster ich sie sah, je mehr lernte
sie bewundern; dann und wann
schrieb sie mir kleine Briefe. Wie
verschieden waren sie von Lottie's Brie
seil! Welch' feines Papier und welch'
schönes Monogramm in Blau und Gold!
Ich wünschte sehr, daß mein gutes
Mädchen besser schreiben und auch mehr
Mühe auf die Orthographie verwenden
möchte; ich trug mich lange mit dem
Gedanken, ihr in dieser Hinsicht einen
Rath zu geben, ehe ich den elben aus
führte. Es war ja nur zu ihrem Besten
daß ich sie bat, ein wenig sorgsamer zu
buchstabiren. Aber ich mußte mich da
bei ungeschickt benommen haben, denn
ihre Antwort zeigte mir, daß sie sich be-
leidiat aelühlt.
Mein Gewi en machte mir Borwurte
und ich setzte mich hin und schrieb ihr tv
ne langen Brief, einen Brief, wie ich
ihn früher an sie zu schreiben pflegte;
aber ich mußte zu einer Gesellschaft bei
Frau Hudson, und ich vergaß, den Brief
abzuschicken. Er blieb vier Tage lang
in meinem Schreibpulte liegen, ehe er
zur Post gebracht wurde. In dersel
ben Woche kam otlie mit ihrer Tante
in die Stadt. Die alte Tante war ein
Sonderling, und trug, es mochte Regen
oder Sonnenschein sein, stets einen roth
baumwollenen Sonnenschirm mit sich
herum. Lottie kam zu mir in das
Comptoir, um ein paar Worte mit mir
zu sprechen, und brachte die alte Tante
natürlich mit. feie halle keine ungiua-
lichere Zeit zu ihrem Besuch wählen lim
nen, denn Fräulein Hudson war gerade
anwesend, um ihrem Bater Geld avzu
schmeicheln, da sie verschiedene Einlaufe
machen wollte. Sie sah Lottie und die
schreckliche Tante.
..Ach. was für eine komische Alte,
flüsterte sie, nicht wissend, daß ich sie
kenne, und wie schlecht sitzt dem jungen
Mädchen das Kleid!"
Und Lottie war zu mir heranaekom
men und hatte in ihrer alten herzlichen
Weise gesagt:
..Nun. Eduard, da bist Du ja. Wir
fürchteten schon, Dich nicht zu treffen,
Wir konnten nicht warten, denn wir
haben Retourbillets.'
Und Fräulein Hudson hatte es gehört
und hatte groß ausgeschaut und v
schämte mich und Lottie sah eS.
Sie wurde sehr still, und wollte nicht
leiden, daß ich mit ihr in den Bahnhof
ginge. In wenigen Tagen kam ein
kleiner Brief von ihr, und er war ganz
richtig geschrieben; sie hatte sich große
Mühe gegeben, folgende Zeilen zu schrei-
den:
Eduard, wenn Leute sich Einer des
Andern schämen, so wurden sie sehr un
glücklich werden, wenn sie zusammen zu
leben gezwungen wären. Du schämtest
Dich meiner, als ich Dich neulich im
Comptoir besuchte, weil mein Anzug
nicht so modern war, wie der jener
Dame, die mich so anstarrte. Und
Eduard, ich schämte mich sär Dich,
Du Dich meiner schämtest, und es so
offen zeigtest. Ich glaube, ich schämte
mich am meisten. Lebe wohl! Um un
seres eigenen Glückes willen dürfen wir
uns nicht angehören. tZyarlotte,
Ich war beschämt, aber ich muß es
zu meiner Schande gestehen, ich suhlte
eine große Erleichterung. Ich liebte
Grace Hudson, und glaubte sie er,
widere meine Gesühle. Wenn ick
meinen Gehalt erHoden hatte, wollte ich
Grace fragen ob sie mich heirathen wolle.
Und dann würde sie gewiß darauf ge
drungen haben, daß ich als jüngerer
Theilhader in das Geschäft ihres Vaters
eingetreten wäre.
Das Jahr verfloß, und mein Urlaub
nahte heran. Mein Onlel hatte mir
gesagt, daß mein Gehalt erhöht werden
solle. Hoffnung schwellte meinen Busen.
Ich beschloß, ehe ich die Stadt verlassen
würde, um Erace zu werden. Ich sürch
tete ihre Antwort nicht. . .
Wir machten an jenem Tage früher
Feierabend wie gewöhnlich, und als ich
im Begriff war, das Comptoir zu der
lassen, rief mich Herr Hudson, und hün
digte mir eine Summe Gelde? ein mit
dem Bedeuten, ich solle dieselbe in der
Bank deponiren. Es waren nur hun
dert Dollars.
Ich denke. Sie werden noch rechtzeitig
kommen, ehe die Bank geschloffen ist.
Sollte es zu spät sein, s können Sie ja
morgen früh hingehen. Ich laste nicht
gern Geld un Comptoir, und Lascom
hat den Sicherheitsschlüffel mitgenom
men. Ich beeilte mich, so sehr ich konnte.
aber die Bank war geschloffen, ehe ich
ankam. So steckte ich das Geld in meine
Tasche zu meinem monatlichen Gehalt.
.Tort ist es am sichersten.' dachte ich.
Ader ich vergaß allcS um micd. als ich es
ÄnnlMasi,
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
erreicht hatte, daß Grace Hudson mich
ins Treibhaus begleitete.
Wir waren allein, umgeben von süß
duftenden Blumen, wir faßen neben
einander, ihre Hand ruhte in der mei
nigen. Ich sprach zu ihr von meiner
Liede, und fragte sie, ob sie mein Weib
werden wolle, und sie blickte mich an,
ein leises Erröthen flog über ihre Züge,
und dann rückte sie etwas on mir fort.
Ich bedaure sehr, Herr Lascom, daß
Sie sich so etwas in den Kopf gesetzt
haben," sagte sie. Ich bin um
zwei Jahre älter als Sie, und
ich kann keinen armen jungen
Mann heirathen, der, entschuldigen Sie
meine Aufrikhtigkeit, noch sehr viel zu
lernen hat. Ich muß einen vollendeten
Weltmann haben ein anderer würde
mir nicht genügen. In der That bin ich
auch mit einem solchen Mann verlobt.
Augenblicklich ist er auf Reisen, aber
gleich nach seiner Rückkehr wird die
Hochzeit sein. Er ist vierzig Jahre alt.
Sie sind noch ein Knabe und ich würde
Ihren ganzen Gehalt für Glacehand
schuhe und Parfümerien ausgeben.
Doch ich habe Robert Hastings den näch
ften Walzer versprochen. Kommen Sie."
Eine Stunde später war ich auf der
Straße. Ich hatte versucht, meine Nie
derlage im Wein zu ertränken und war
zum erstenmale in meinem Leben betrun
ken. Ich erinnere mich, daß ich, als ich
an einem hellerleuchteten Hause vorbei
kam, von einem Fremden angesprochen
wurde, der mir von dem Vermögen er
zählte, das manche junge Männer sich
am Spieltische machten. Eine mahn
sinnige Idee, daß, wenn ich Vermögen
besäße, Grace ihren Anbeter verlassen
und mem Weid werden würde bemäch
tigte sich meiner. Ich erinnere mich
ferner, in das Haus getreten zu sein.
noch mehr getrunken und mich nirgend
einem Spiele betheiligt zu haben. Ich
weiß, daß ich all mein Geld verlor und
gehen wollte, daß mich aber mein neuge-
backener Freund noch zu bleiben otxt
dete. Nach zehn Minuten halte ich auch
das mir anvertraute Geld verspielt
Von dem, was später geschah, habe ich
keinen klaren Begriff mehr. Der Mann,
der mich also beraubt hatte, war indes
sen nicht allen Mitleids bar. Ich weiß
mich schwach darauf zu entsinnen, daß
ich ihm sagte, wo ich wohne, und daß ich
den nächsten Morgen nach Hause reisen
wolle; er muß mich in den Bahnhos ge
bracht und ein Billet für mich gelöst
haben, denn als ich mit des Tages An
bruch steif und mit heftigen Kops
schmerzen erwachte, befand ich mich in
einem Eisenbahncoupe und hörte den
Schaffner St in meine Ohren
brüllen.
Ich stieg aus, wanderte meinen Weg
und meine ganze schreckliche Lage stand
mir klar vor der Seele. Ich hatte
meine Familie in Schande gebracht,
meine Stellung verscherzt und mich einer
schweren, entehrenden Strafe ausgesetzt
Unter solchen Umstanden zu leben, war
zehnfacher Tod. Als ich eine einsame
Stelle erreicht hatte, riß ich ein leeres
Blatt aus meinem Taschenbuchs, schrieb
ein volles Bekenntniß meiner Schuld
nieder und besesnqte das Schreiben an
meinem Rocke. Dann zog ich aus der
Bruntasche eine Pistole alle Tieieni-
gen in unserem Handelshause, denen
Geld anvertraut war. mußten eine solche
bei sich tragen und hielt sie gegen
meine Schläfe.
In diesem Augenblicke lenkte ein klei
ner Wagen, den eine Frau kutschirte,
in den Weg ein. Es war keine Zeit zu
verlieren. Rasch drückte ich ab
Ich erwachte eines Tages nach einem
langen festen Schlafe. Ich richtete mich
im Bette aus und fühlte mich schwach
und schwindlig. Ich wußte nicht, was
mit mir geschehen war mein Kopf war
von einer Binde umgeben. Ich lag in
einem fremden Bette, in einem mir un
bekannten Zimmer. In einem Seffel
unweit des Bettes saß ein junges Mäd
chen mit blondem Haar und nähte.
Lottie!" rief ich aus ; doch wir sollte
Lottie dahin gekommen sein? Ja, ja,
das Mädchen stand aus und antwortete
mir. Ha, es war Lottie, und jetzt kam
mir die Erinnerung wieder.
Es war ein schreckliches Erwachen.
Warum ließest Tu mich nicht fter
den?" sagte ich wild. Ich will nicht
leben. Ich habe beschloffen, nicht länger
zu leben."
Da legte Lottie ihre Hände aus die
meinigen und sprach: j
.Sei ruhig Eduard. Sage mir.
warum Tu des Lebens müde bist?"
.Las denn Niemand, was ich ae-
schrieben habe? ES war die Wahrheit."
Ich las eS, Eduard." versetzte sie.
nur ich allein. Ich fuhr den Weg und
fand Dich; ich nahm das Papier von
Tnem Rocke und verbarg eS. Niemanv
weiß darum wie ich. Genügt Dir das?"
Wie kann mir das genügen? Sie
wiffen jetzt Alle auf dem Comptoir, daß
ich ein Tied bin.
Eduard," sagte Lottie. Alles, was
Dir in jener Nacht begegnet ist, bleibt
ein Geheimniß zwischen Dir und mir.
Ich ging den nächsten Tag zur Stadt,
Ich sprach Deinen Onkel und Herrn
Hudson, ich erzählte ihnen, daß Du
schwer verletzt und daß Du zu spät zur
Bank gekommen seiest und daß ich ihnen
das Dir anvertraute Geld dringe, und
sie waren sehr betrübt über Deine
Krankheit und haben oft geschickt und
sich nach Dir erkundigen lassen. Sie
werden nie etwas erfahren.
Aber ich verspielte ihr Geld, Lottie,
wandte ich ein. Wie konntest Du es
zurückerhalten?"
Ja, siehst Du, ich hatte gerade hun-
dert Dollars, welche die Tante Mir ein
mal geschenkt hatte," sagte Lottie, die
Tante ist so gut gegen mich und,,
und ich nahm das Geld und brachte die
Sache in Ordnung, Du kannst es mir
später zurückgeben. Ich that es
Cduard, ich that es ja um Deiner armen
Mutter willen."
Du bist ein Engel, Lottie!" rief ich
aus.
Du mußt zu mir keinen Unsinn
mehr sprechen," sagte Lottie streng.
Wie liebte ich sie in diesem Augen
blicke! Wie schön, wie gut und lieb sah
ne aus! Und ich hatte mich die es SJind
chens geschämt!" Lottie, kannst Du
mir jemals verzeihen?"
Sie versuchte mich glauben zu machen,
daß sie es nie werde, aber sie verzieh und
niemals hat ein Mann ein herzigeres
Weib sein eigen genannt als ich meine
Lottie.
Was den feinen Ton anbelangt,
ist es wahrhaft bewunderungswürdig,
wie leicht Frauen denselben annehmen.
Ich hörte Lottie erst gestern Abends die
feinste und stilvollste Dame in der Gc-
sellschaft nennen.
Line schlaue Rothhaut.
Es wär ungefähr hundert englische
Meilen von Fort Walsh an einem schö
nen schneeigen Morgen. Eine Schaar
Cree-Jndianer machte beim Aufwachen
die vornehme Entdeckung, daß etwa ein
Dutzend ihrer auserlesensten Ponies
während der Nacht gestohlen und weg
getrieben worden waren. So schnell
wie möglich wurde die Verfolgung
organisirt, und nach einigen Stunden
fand man im Schnee eine frische Fährte.
Dieser folgte man an die dreißig Meilen
weit; alsdann führte sie geradewegS in
einen Fluß hinein und auf denen Eis-
decke weiter nach einer bewaldeten Insel
in der Mitte des Stromes.
Die Umstände ließen keinen Zweifel
zu, daß man auf der richtigen Spur
war. Man sah auch Rauch zwischen
den Bäumen der Insel aussteigen und
bemerkte eine Oeffnung, welche der Ein
gang einer Höhle zu sein schien, deutlich
genug. Es dauerte nicht lange, so
erschien eine einzelne Rothhaut, ein
Pieqan-Jndianer, vor dieser Oeffnung;
er hatte Kriegsfarbe und Kriegsschmuck
angelegt, und ein Hund war dicht an
seiner Seite. Tieser knurrte und bellte,
sobald er die Nähe des Cree's mittels
seines Riechorgans merkte. Jetzt schaute
der Picgan aus, ließ einen Augenblick
die Aeuglein um und um geh'n" und
verschwand dann rasch wieder in der
Höhle. Nach etwa zehn Sekunden sah
man einen anderen Piegan um die Fel
sen herum kommen; auch dieser ging
rasch in die Höhle hinein. Tann folgte
wieder einer und abermals einer, und
so fort, immer mit Zwischenpausen von
wenigen Sekunden.
Inzwischen" lagen die Cree's ganz ftill
im Buschmerk am Ufer und zählten ihre
Feinde; sie hatten schon 50 Piegans ge
zählt, welche um die Felsen herum ge
kommen und Alle in die Höhle gegangen
waren, und noch immer dauerte dieses
Kommen und Gehen fort. Einige zähl-
ten weiter und brachten es bald ans
Siebzig. Die Sache sah bedenklich für
die Cree s aus. Konnten sie einen
Kamps mit dieser starken Streitmacht
wagen, welche ohne Ausnahme mit
Winchefter-Büchsen wohlbewaffnet war?
Es däuchte den Cree S freilich merk-
würdig, daß alle diese PieganS einander
so ähnlich zu sein schienen; nicht nur in
Kleidung. Krieqssarbe und Waffen,
sondern sogar in der Gangart wollte
man eine auffallende Aehnlichleit be
merkt haben, denn jeder von ihnen
schien am linken Fuß ein klein wenig
lahm zu sein. Doch dies gab sür die
Cree'S der Geschichte erst recht einen un
heimlichen Anstrich, und ihr Aberglaube
erweckte in ihnen eine starke Befürchtung,
daß der Teufel und andere böse Geister
damit zu thun hätten. Mit einem Teu
fclsheere aber anzubinden, davor graute
ihnen erst recht, obwohl sie durchaus
keine Feiglinge waren.
So vollständig wurden sie von dieskn
gruseligen Gedanken beherrscht, daß sie
soaar noch mehrere Stunden spater, als
fie Verstärkungen erhalten hatten, sich;
9l. 41.
nicht entschließen konnten, die Insel an
zugreifen und endlich verzweiselnd wie
der abzogen, ohne daß auch nur einige
Krieger Lust gehabt hätten, als Beod
achtungsposten an dieser verwünschten
Stätte zurück zu bleiben. Sie hofften,
daß ein anderes Mal die Gelegenheit
günstiger für sie sei würde, den Pie
gan's Eins auszuwischen, die sich doch
nicht auf Schritt und Tritt der teuf
tischen Protektion versichern würden.
In der Nacht darauf aber wagte sich
doch einer der Crees, welcher etwas we
nigcr abergläubisch als seine Stammes
gcnoffen war, an diesen Ort zurück und
ging sachte über das gefrorene Master
nach der Insel, um eine Untersuchung
anzustellen. Als er an die besagte der
muthliche Höhlenöffnung herankam, sah
er etwas, das auch er gar nicht erwartet
hatte: eine Höhle war hier überhaupt
nicht vorhanden, sondern die Oeffnung
führte nur einige zehn Fuß in den Fel
sen, machte dort eine Biegung und kam
an der anderen Seite sogleich wieder
heraus! Jetzt bedürfte es keines befände
ren Scharfsinnes mehr, den ganzen Zu
sammenbang zu verstehen, zumal im
Hinblick aus den Ueberrest eines einzigen
kleinen Lagerfeuers: Es hatte thatsäch
lich nur ein einziger Piegan mit den ge
stohlenen Ponies hier gehaust und er
hatte, indem er längere Zeit beständig
durch jene Oeffnung hinein und auf der
anderen Seite wieder heraus ging u. f. w.
feine Feinde schnöde getäuscht und schließ
lich Gelegenheit gefunden, sich und das
geraubte Gut in Sicherheit zu bringen.
Und Cree nd Ponies sah man nie
mals wieder."
Ebenso kunstvoll und einfach haben
aber Indianer auch schon manchmal
Blaßgesichter getäuscht, ohne daß sie sich
auf irgend welchen Aberglauben dersel
den stützen dursten.
Furchttose Thier.
Die Welt ist vollkommen überall, wo
der Mensch nicht hinkommt mit seiner
Qual. In welchem merkwürdigen Grade
Vögel, die von Urzeiten ab nichts mit
der Krone der Schöpsunq zu thun hat-
ten, jeder Furcht bar sind, zeigte sich auf
der unbewohnten Insel St. Paul im
Dezember 1874. Damals wurde näm
lich eine französische wiffenschaftliche Er-
pedition entsandt, um das Vorübergehen
des Planeten Venus vor der Sonnen
scheide von dort aus zu beobachten. Es
wurden provisorische Baracken und Ob
servatorien errichtet, und diese unge-
wöhnlichen Erscheinungen erweckten auch
die Neugierde der dort heimischen dop-
pel chöpsigen Pinguine (Kudyptes
Aptenodytes chrysocome) in un
geheurem Maße. Sie kamen zu den
fremden menschlichen Eindringlingen
und bepickten mit ihrem Schnabel die
wissenschaftlichen Geräthe. Gingen die
!vtitglier der Erpedition aus Fuß
Pfaden, die mit Pinguinen besetzt waren,
so mußten sie diese merkwürdigen Vögel
gar oft mit Gewalt auf die Seite schie-
ven, um Platz zu gewinnen.
Daß solche Geschöpfe sich nur dort er
halten können, wo sie der Mensch nicht
verfolgt, ist von lelvft verständlich.
Von den bewohnten Usern müßen sie
unerbittlich und noch dazu rapid ver
schwinden, ebenso wie im Norden der
Ricsenalk verschwunden ist. Wenn auch
nicht so rasch, geht es den großen, vor
züglich beflügelten Herrschern der Luft
auf gleiche Weife. Vor kurzer Zeit las
man über Schritte, die die inst häufi
gen. jetzt sehr selten gewordenen Geier,
die übrigens nicht schädlich sind, in Bos
nien vor dem Untergange retten sollen.
Seit dem Eindringen der abendländi
schen Kultur daselbst scheinen diese im
pofanten Vögel auch dort eisrig sür die
Naturaliensammlungen erjagt zu wer
den, vielleicht auch, um lebend in Thier
gärten und Menagerien Verwendung zu
sinoen.
Tonhöhe der Stimm.
Ueber die Bremen der Snnkiii w
,e,iyqxn iimme pai ve vonte
Stevens sehr intereffante Untersuchun
gen in der Phqsical Review" (New Aork)
pudlizirt. Ter tiefste Ton, welcher von
der menschlichen Stimme bisher bekannt
ist. ist da, sllnfgeftrichene F mit 43
!?if)tmtiiinnn ttul4ir .... icx I
,Tt..nr Wv.uf. einem VCUlUCll
Baß. Fischer, im 18. Jahrhundert, zu.
gkillinkokn wiro. In er heutigen
Oper sindet man selten einen Baß. mel
Axt lies sinnt al in .
E (64 Toppelschwinqungen.) Der Ge.
in mcini, vieie itre nur unter
abnormen Bedinaunaen fihrrtrnft
wird: es gelang ibm selb, nl tin
Stimmbänder durch inen Influenza
Unfall geschwollen waren, noch aS zwei
Töne tiefere (53 Schwingungen) in
schwachem und sehr unmusikalischem
Schwung zu erreichen. Ein gewöhnlicher
Sopran reicht bis C mit lij Schwin
gungen und die mittlere Grnivn iwr
menschlichen Stimme dürsten MO für
den Baß und Vm für den Sopran
fein. Adelina Patti erreicht noch G mit
1536 Schwingungen mit gutem Klänge.
Wninrt hfiniiit 1790. daft Lucrttia
jugari in Parma noch ans dem drei
gestrichenen D trillern konnte. Ganz
außerordentliche Höhen beobachtete Ste
ne im Sckrei kvielender Kinder, wel
cher nach wiederholten Feststellungen
zwischen nr amiu Mppeiicymin
gungen variiren konnte.
Ueber in Bot aus Reise
berichtet die K. B. Z.": Bei der Insel
Vlieland am Eingang des für Schifft
sehr gefährlichen Schuitengat liegt di
sogenannte Belboie (Lüuteboje). ES
ist dieS eine riesige Tonne von länglicher
Form, auf welcher eine große Glocke
mit einigen Klöppeln befestigt ist. Der
geringste Wellenschlag wiegt die Tonne
auf und nieder nnd setzt auch die Klöp
pel in Bewegung, wodurch bei stillem
Wetter die Fischer und Schiffer auch zur
Nachtzeit durch leises Klingen aus die
drohende Gefahr durch Sandbänke auf
merkfam gemacht erden. Selbst den
wütheudsten Sturm übertönt der Schau
der durch die Wellen mißhandelten
Glocke. Diese Läuteboje schlug wäh
rend des jüngsten Sturmes von Anker
und unternahm einen musikalischen
Streiszug über die Zuidersee, wo bald
unter den Schiffern die Sage von un
tergegangenen Dörfern, deren Kirchen
glocken man bei stiller Nacht vernehmen,
könne, wieder lebendig wnrde. End
lich strandete die Boje im Norden Fries
lands bei St. Jakobi-Parochie. Dorr
vermochte Niemand das klingende Räth
sei zu lösen. Tag und Nacht läutete
die unsichtbare Glocke. Da fände
spielende Knaben das rüthselhafte See
ungeheuer und brachten es in das Darf,
von wo aus es nun wieder an den alten
Ankerplatz gebracht wurde.
.,inerl, jetzt hilft Dir nicht!"
Aus Wien berichtet das Etrablatt":
Das zu Gunsten des Vereins Nikolai
unter Leitung von Siegsried Wagner
veranstaltete Konzert der Philharmoniker
hat einen Reinertrag von 3000 Gulden
geliefert. Nach der Veranstaltung der
sammeln sich die Musiler um den Diri
genten und einer hielt eine Ansprache.
Herr Wagner stand hochgerötheten Ant
litzes da und die Künstlerschaar harrte
der Antwort. Jung-Siegfried konnte
jedoch in seiner Erregung die Worte
nicht sinden. Endlich nahte sich der
Hofkapellmeistcr Richter und klopfte dem
Sohne WagnerS ertraulich auf die
Schulter: Kinderl, jetzt hilft Dir
nichts, Du mußt sprechenl" rief des
große Hans und über Siegfrieds Lippen
floß langsam die Rede.
Telephon in er Wüst Sahr.
Der Ingenieur Bholle, der an der
Spitze der aus 100 Personen bestehen
den telegraphischen Mission von Biskra
nach Tuggurt reift, hat aus seinem 18
Kilometer entfernten Lager zum ersten
Male nach Biskra telephonirt. Er ge
dachte täglich um fünf bis zehn Kilome
ter vorwärts zu kommen und Tuggurt
Mitte Dezember zu erreichen. Doch hat
sich eine ganz besondere Schwierigkeit
herausgestellt. Die Kameele, die die
Telegraphenftangen tragen, sind an fc.
lange Lasten nicht gewöhnt, weigern sich
oft, mit denselben vorwärts zu gehe
und legen sich mitten im Marsch damit
auf den Boden.
Leweneregel.
Die Been hall warm.
Din Kopp wes kold;
An Harten jung.
An Jnsicht old
Holl to den Mund
Un up dat Ohr;
De Kähl holl sucht.
Drög den Humor!
Bi jere Arbeit six to Been
So plattdütsch Mann, so mag 'k Dr
sehn.
kin ominöser Ruf.
Jedesmal, wenn ich meinem Diener
.Johann' zurufe, erschrecken Sie!"
Ja, wiffen Sie, ich bin HandlunsjS
reisender."
kZypnbel.
.Der fierr Baron ift mnhs n k.
ger Jäger?"
Na und ob! Der hat schon zwei U.
fallversicherungs-Gesellschaften danke
rott geschossen!"
Modern.
Dame (mm dreier her h.n um iür
Hand angehalten): Momentan kann
ich Ihnen leider keine 5iukaa arhrn
weil ich noch keinerlei Neigung
iurieoer,oure.... aber kommen
Sie nach einer Stunde wieder!"
Doch DOS,
Erster Lehrling: .Tu, Fritze, wes
halb bifte denn jrade zum Optiker in de
Lehre jejangen?"
Zweiter: .Ach. weekte. k kn i
die Stullen wenigstens immer durch'
erironerungsiias ankieken."
Das Gegengift.
.Also Ihr Mann kann das Rauchen
absolut nicht lasten! Na, was mache
Sie denn dagegen?"
Ich versuche ihn durch egengift zu
kuriren, ich rauche einfach auch."
Akal
.Na, gehts gut als neuer Aovolat?"
.Ausgezeichnet, obgleich ich bish
blos einen Klienten habe."
.Ist er reich?"
.N?in. aber er war reich."