Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 27, 1896, Image 12

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    Der Antrag.
Nach dem i'ngllschc von l5uuo i'ach,
Wir haben uns recht gnt unterhal
ten, nicht wahr, (Mi? och selten
verlebte ich einen so vergnügten Nach
mittag." . .
Ja, es war ganz nett dort," stimmte
die Nichte herablassend bei. Ich hatte
wieder einen."
WaS einen?"
Nun, einen Antrag natürlich."
Von dem jungen Fortescue?"
Ja. Er benahm sich zu albern da
bei. Tantchen! Im Ansänge citirte er
allerlei dichterische Ergüsse, und zum
Schluß behauptete er, ich habe sein l
benSglück vernichtet."
Du gabst ihm also einen Korb ?"
Das Mdchen lachte, so daß zivei
Reihen Perlenzithnchen sichtbar wurden.
Die Damen befanden sich auf der
Heimfahrt von einem Gartenfeste.
Fräulein Celia war sehr hübsch ; sie
besaß eine schlanke biegsame Gestalt,
große, tiefblaue Augen und feine klaf
sisch geformte Züge. In ihrer blühen
den Jugendfrische und majestätischen
Schönheit bildete sie einen auffallenden
Gegensatz zu dem bescheidenen Aeußeren
der sanften, älteren Dame an ihrer
Seite. Die Tante mochte die dreißig
schon überschritten haben. Wegen ihres
sanften zuvorkommenden Wesens nannte
man sie in der kleinen Stadt ein merk
würdiger Scherz! Celia Montagu's
Drache."
Selbstverständlich gab ich ihm einen
Korb. Arthur Fortescue ist mir viel
zu unbedeutend! zudem ist er ja auch
thatsächlich so arm wie eine Kirchen
maus. Der Mann, den ich einmal hei
rathe, muß wenigstens dreißig-bis vier
zigtausend Pfund das Jahr zu verzehren
haben."
Aber ich glaubte, du hattclt ihn
gern," meinte die Tante mit leisem Vor-
wurf.
Celia lachte von neuem. Das habe
ich auch, Tantchen. Zum Unterhalten
ist er ganz gut, aber zum Heirathen, . .
Sieh' nicht so entsetzt drein, bitte."
Kann es dich wundern, daß mich
deine Leichtfertigkeit betrübt? Leider
scheinst du dir sehr wenig daraus zu ma
chen, ob du jemand wehe thust oder
nicht. Die Liebe eines Mannes hat nur
in so fern Werth für dich, als sie zu
deinem Vergnügen beiträgt!"
Ja, ich gebe zu, daß es mir Spaß
macht, bewundert und angeschwärmt zu
werden. Weshalb auch nicht? Das Mit
leid mit den Männern kannst du dir
jedoch sparen, Tante Ruth. Nicht ihr
Herz, nur ihre Eitelkeit leidet darunter,
wenn ich sie ein wenig am Narrenseil
herumführe."
Kind, Kind, du bleibst nicht ewig
-jung!" tadelte Ruth mild, einen Seuf
zer, der der eigenen, entschwundenen
Jugendzeit galt, unterdrückend. Wenn
du dir durch dein Betragen den bösen
Ruf einer Erzcoquette zuziehst, wirst
du bald,.,"
Sie stockte und suchte nach einem pas
senden Schluß.
Lächelnd ergänzte Celia den Satz:
Wie die Pest gemieden. Wolltest du
das sagen, Tante? Nun, so weit sind
wir gerade noch nicht. Heute bin ich
allerdings Arthur losgeworden; aber
wenn ich mich nicht sehr täuschte, rückte
ein anderer Bewerber bereits an dessen
Stelle."
Wer denn?"
Major Grades."
Aber, liebes Herz, er unterhielt sich
kaum zehn Minuten mit dir!"
Dafür wich er aber den ganzen
Nachmittag nicht von deiner Seite,
Tante, und das ist doch das sicherste
Zeichen einer besonderen Verehrung für
mich. Es belustigt mich nicht wenig,
wenn ich sehe, wie alle damit anfangen,
um die Gunst der guten Tante sich zu
bewerben. Ich mußte an mich halten,
um nicht laut herauszuplatzen, als ich
den galanten Offizier so eifrig um dich
beschäftigt sah. Er holte dir ja Eis
und wer weiß was alles herbei !"
Ruth erröthete peinlich. Es ist für
eine Dame, welchen Alters sie auch sein
mag, nicht angenehm, wenn man ihr
orhait, daß sie passee ist und der
eigenen Person wegen keine Aufmerk
samkeiten mehr beanspruchen kann.
Ich glaubt, du täuschest dich, was den
Major betrifft," entgcgnete sie ruhig.
Auf mich machte es den Eindruck, als
entstamme jede seiner Handlungen der
wohlwollendsten Gesinnung. Von einer
Nebenabsicht habe ich nichts bemerkt."
Celia lächelte ungläubig. Mag sein,
daß du recht hast. Bat er nicht um die
Erlaubniß, uns besuchen zu dürfen?"
Ruth mußte, wenn auch höchst un
gern, diese Frage mit Ja beantworten.
Er fragte, ob wir morgen zu Hause
seien."
Siehst du! Dachte ich es mir doch,
worauf die Artigkeiten gegen dich hin
auslaufen würden. Mit Sicherheit darf
ich demnach den ritterlichen Soldaten
als das nächste Opfer bezeichnen."
Das Gesicht der Tante umwölkte sich.
Sollte der Herr Major dir die Ehre
erweisen, um deine Hand sich zu demer
den, so erwarte ich von dir, daß du ihn
nicht so schmählich behandelst, wie die
übrigen Freier."
Schau, wie er dich schon für sich ein
genommen hat, Tantchen!" scherzte
Celia übermüthig. Aus welchem
Grur.de sollte ich denn glimpflicher mit
ihm umgehen, wie mit Arthur For
tescue?"
Ich billige dein Betragen gegen den
jungen fortescue durchaus nicht. Er
tDBJ) illllia in uui'niuuri ein
wachsen, er wird die Enttäuschung der
muthlich so leicht verwinden, wie du
glaubst. Major Graves hingege ..ist
ein gereifter Mann; einer AuszeickFiiig
seinerseits liegt, wie ich fest überzeugt
bin, eine wahre tiefe Neigung zu
Grunde, und dich mit dem Herzen eines
solche Mannes dein Spiel treiben zu
sehen, wäre mir mehr als unan
genehm."
Er hat Dir ja furchtbar imponirt,
Tante!" spottete Celia. Uebrigens sei
unbesorgt. Er ist ein schöner Mensch,
wenn auch nicht mehr allzu jung, und
seine Vermögensverhältnisse dürften
auch den verwöhntesten Ansprüchen ge
nilge. Daß er ein äußerst gescheidter und
liebenswürdiger Herr ist, verdient auch
wohl Erwähnung," setzte Ruth hinzu,
Ein Monat war verflossen. Major
Graves, dessen Versetzung in die kleine
Garnisonstadt einen wahren Sturm in
den öenen der heirathsfühigen Mädchen
und jugendlichen Wittwen hervorge-
rufen, hatte feinen 'Kamen oer er
zahllosen Verehrer Fräulein Montagu's
beigefügt. Er war ein ständiger Be
such in der kleinen Villa außerhalb
der Stadt, wo die beiden Damen wohn
ten, und bei allen gesellschaftlichen Ver
gnügungen, welche die Schöne mit ihrer
Gegenwart beehrte, durfte man sicher
darauf rechnen, auch den Offizier anzu
treffen.
Celia verfuhr mit ihm ebenso, wie
mit ihren übrigen Courmachern. Zu
weilen bestrebte sie sich durch auffallende
Zuvorkommenheit ihn an sich zu fesseln,
und wieder zu anderer Zeit behandelte
sie ihn wie Luft. Der Major aber
ertrug die Launen der jungen Dame
mit philosophischem Gleichmuth. Diese
ärgerte sich heimlich nicht wenig dar
über, daß ihr wankelmüthiges Verhak
ten scheinbar so wenig Eindruck auf ihn
machte. War sie berechnend kalt und
abstoßend, oder hielt sie ihn durch einen
undurchdringlichen Wall anderer Be-
wlinderer von sich fern, dann flog wohl
ein Lächeln über die männlich schönen
Züge des Offiziers und ohne irgend
welche Empfindlichkeit zu verrathen,
suchte er die Gesellschaft der Tante auf
und verflocht diese in ein anregendes
Gespräch. Gegen diese ließ er es übri
gens auch sonst nie an der schuldigen
Ächtung fehlen.
Er ist feinfühlender als die anderen,
entschied die Tante, deren Geduld durch
die ungestümen Verehrer ihrer Nichte
nicht selten auf eine harte Probe gestellt
wurde. Bei ihm habe ich nie die Em
pfindung, als gäbe es außer Celia kein
anderes Wesen auf der Welt, das der
Beachtung werth sei. Wenn er sich mit
mir unterhält, schweifen seine Gedanken
nicht ab; er ist immer bei der Sache.
Hoffentlich hält sie ihn nicht zum besten.
Von Tag zu Tag erwartete Ruth.
der Major werde die so genau eingehal-
tene Grenze der Freundschaft llderschrei-
ten und als Celia's Bewerber auftreten.
Jedenfalls würde sie zuerst davon hören;
denn sie nahm als sicher an. daß Major
Graves, der ihr von Anfang an mit so
offenem Vertrauen entgegengekommen,
sie, wenn auch nur der Form wegen,
um ihre Einwilligung ersuchen werde,
ehe er um die Hand des ihrer Obhut
übergebenen Mädchens anhielt.
Gegen Ende des Monats auf dem
Balle bei Baronin Westover nahm der
Major augenscheinlich nicht ohne Er
gung an ihrer Seite Platz und lenkte
das Gespräch auf Celia. Ruth ahnte
sofort, was kommen werde.
Sie hängen sehr an Ihrer Nichte,
Fräulein Gardiner?" fragte der Offizier
mit gespanntem Ausdruck.
Ja. sehr. In dem Glück des Kin
des gipfelt auch mein Gluck, versicherte
sie."
er Major schaute in das von un
eigennützigster Zuneigung belebte Ant
litz der Tame und staunte bei sich, wie
Celia ihre Tante häßlich nennen könne.
Wiederholt hatte sie im Laufe des
Abends in ähnlicher Weise sich ge
äußert. Es thut wohl, zwei Menschen fo
innig mit einander verbunden zu sehen,"
sagte er mit befremdlicher Aufregung.
Fast will es einem dünken, es fei Un
recht, ein solches Band zu lockern oder
einen Einfluß geltend zu machen, der
eine Trennung herbeiführen würde
Ich habe in Wirklichkeit nicht vor, sie
beide zu trennen," setzte er hastig hinzu,
als befürchte er. mißverstanden zu wer
den. Selbst wenn die Hoffnung,
welche in letzter Zeit mächtig in meinem
Herzen sich regt, in Erfüllung gehen
sollte, liegt es durchaus nicht in meiner
Absicht, Sie von Ihrer Fräulein Nichte
ja scheiden." I
Celia wird nur bis zu ihrer Per
heirathung mit mir zusammen sein."
erklärte die Tante. Sie wollte ihm
alsbald die Angst benehmen, daß sie
darauf abziele, zu ihm zu ziehen, falls
er Celia beirathe.
Tiefe Bemerkung beruhigte ihn sehr.
Eines der tanzenden Paare hatte sich bis
dicht in ihre Nahe verirrt. Der Major
wartete, bis ti sich in angemessener
Entfernung befand und fragte dann
eindringlich: So darf ich einige Hoff
nung hegen?"
O, wie sehr wünschte Ruth, ihn in
dieser Zuversicht bestärken zu können!
Celia war jedoch unberechenbar, und sie
wagte nicht, den Bewerber allzusehr zu
ermuthigen. i
Ich bedauere, Ihnen keine bestimmte
Antwort geben zu können, bis Sie mit
Celia gesprochen. Wie sehr ich Sie!
schätze, und daß ich es für jede Frau als
das höchste Glück erachte, Ihre Liebe ge
Wonnen zu haben, brauche ich Ihnen
wohl nicht erst zu versichern. Aber die
Entscheidung hangt natürlich von meiner
Nichte ab."
Erstaunen malte sich auf seinem Ant
litz; er hatte wohl eine bestimmtere Ant'
wort erwartet. Fräulein Celia mag
mich ganz gern, wie ich glaube. Zu
weilen ist sie mir allerdings ein Räthsel;
aber ich bin gewiß, daß sie mich gut
leiden mag."
Die Tante seufzte. Auch ich verstehe
sie manchmal nicht."
Muß ich sie selbst fragen? Könnten
nicht Sie dies übernehmen?"
Unmöglich. Das würde von vorn
herein ein Vorurtheil gegen Sie er
wecken." Und wenn es sich nun herausstellt,
daß sie mich nicht genügend gern hat?"
Dann ist leider nichts daran zu
ändern."
Entschlossen erhob er sich. Ich muß
Klarheit darüber haben und zwar so
fort. Sollte sich mir indeß heute Abend
keine Gelegenheit dazu bieten ich
war nicht so glücklich, einen weiteren
Tanz von Ihrer Fräulein Nichte zu er
halten so darf ich wohl morgen vor
sprechen." Gewiß, wir sind den Nachmittag zu
Hause. Von ganzem Herzen hoffe ich,
daß Celia Sie freundlich aufnehmen
wird.. ,
Sie sind mir aber gar nicht abhold?"
Helle Freude leuchtete in Ruth's Au
gen auf, indem sie erwiderte: Ich schätze
Sie hoch, Herr Major. Celia darf sich
glücklich preisen, von Ihnen zur Gemah
lin begehrt zu werden
Während Ruth noch sprach, nahte sich
ihr Tänzer, um sie für die Quadrille
abzuholen.
Celia Montaqu befand sich inzwischen
in recht verdrießlicher Stimmung. Sie
hatte sich alle erdenkliche Zlcuhe gegeben,
den Major durch ihre Unnahbarkeit zifr
Verzweiflung zu treiben; aber der Ver
such war gänzlich fehlgeschlagen. Mit
dem vergnügtesten Gesicht von der Welt
schlenderte er nach seiner Unterredung
mit der Tante im Saale umher. Die
Erbitterung der Schönen nahm von
Minute zu Minute zu.
Sobald die Quadrille zu Ende war,
eilte sie zu Ruth hin. Ich möchte nach
Haufe fahren, Tantchen; mein Kopf
schmerzt.
Fräulein Gardiner, die noch immer
gern ein Tänzchen machte, verzichtete fo
fort auf das fernere Vergnügen und
folgte der Nichte.
Mißmuthig drückte Celia sich in eine
Ecke des Wagens. Ruth hielt es nicht
für rathsam, ihr in ihrer jetzigen Ge
müthsverfassung etwas über den bevor
stehenden Antrag des Majors zu sagen.
Am besten schob sie diese Mittheilung
bis zum nächsten Morgen auf.
Beim Frühstück befand sich die Laune
der verwöhnten Schönen am Stim
munqsmesser noch immer tief unter
Null. Ruth würde daher auch heute
noch das Geheimniß für sich behalten
haben, wäre nicht das Erscheinen des
Majors jeden Augenblick zu erwarten
gewesen.
Du bleibst wohl zu Hause, nicht
wahr Kind?" begann sie dann zaghaft.
Selbstverständlich. Wohin könnte
man in diesem elenden Rest denn auch
gehen?"
Major Graves hatte sich für heute
angesagt."
Das ändert die Sache. Ich werde
ausgehen, um ihn zu vermeiden. Du
bleibst wohl hier, da du ja so große
Stücke auf den Major hältst," setzte sie
spöttisch hinzu. Ich kann dich ja bei
Frau Ponsonby entschuldigen."
. Aber er kommt gerade deinetwegen.
Kind!"
Will er um meine Hand anhalten?"
Ja.... ich glaube, ja."
So gehe ich erst recht aus. Er kann
ja wiederkommen. Wenn er mich an
zutreffen wünschte, hätte er es mir selbst
sagen müssen und nicht dir."
Die Augen der Tante füllten sich mit
Thränen. Celia. es kann nicht Dein
Ernst sein, einen Mann, wie den Ma
jor, so rücksichtslos zu behandeln."
'Warum tollte ich denn mehr Ruck-
sich! auf ihn nehmen, wie auf jeden
anderen?" lautete die schnippische Ent
gegnung. Alles Bitten und islehen der Tante
fruchtete nichts. Das Köpfchen im
Nacken, marfchirte Celia von bannen.
In großer Aufregung wartet Ruth
auf die Ankunft des Offiziers. Ver
gedens sann sie auf eine genügende AuS
rede, um das Betragen ihrer Nichte
einigermaßen zu entschuldigen.
Ats Maior Graves endlich in semner
Gala-Unisorm, einen Blumenstrauß in
der Hand, bei ihr eingetreten, war,
stürzten ein paar fahren der Theil
nähme über ihre Wangen herab.
Verlegen stammelte sie einige Worte
der Entschuldigung.
Der Brautwerber schien ledoch die
Abwesenheit Celia's gar nicht so arg
schlimm autzutanen. .Ctten gestan
den, bin ich recht froh darüber, daß sie
nicht vier ist, meinte er, und liefe sich
neben der Tante nieder.
Die beiden plauderten so angeleget
lich und lange mit einander, daß ihnen
die Zeit wie im Fluge dahinschwand.
Fast hatte Celia bei ihrer Rückkehr den
Besucher noch dort anaetronen. Er
batte sich erst fünf Minuten vor ibrer
Rückkehr verabschiedet.
Nun, war er hier?" erkundigte sie
sich, ohne darauf zu achten, welch seit
same Veränderung mit dem Aeußeren
der Tante vor sich gegangen; sie sah
ausfallend jünger und hübscher aus, als
sonst.
Ja, er kam " antwortete diese
mit heißem Errathen.
Wird er seinen Besuch morgen er
neuern?"
Ruth nickte.
Celia betrachtete sich selbstgefällig im
Spiegel. Mache Dir meinetwegen
keine Sorge mehr. Tante. Ich habe
mich entschlossen, den Antrag des M
jors anzunehmen. Er ist reich und
schön, also, was man so nennt: eine
glänzende Partie."
Auf dem Antlitze der Tante wechselten
die wider streitendsten Empfindunaen,
O, wie leid thut es mir für dich, liebes
Kind! Nie werde ich es nr verzeihen,
daß ich dich in dem Glauben bestärkte,
Major Graves interessire sich für dich.
Ich mißverstand ihn gestern. Wir be
fanden uns beide in einem großen Irr-
thum."
Betroffen schaute Celia auf; sie wußte
sich diese Rede nicht zu deuten. Was
heißt das denn alles?" Will er mir ke
nen Antrag machen? Weshalb kam der
Mensch denn immer her? Was wollte er
heute hier?"
Er liebt mich, Kind. Er hat mich
gebeten, seine Frau zu werden. Es war
ihm unfaßlich, daß wir ihm eine andere
Absicht zugetraut hatten ; nur um mei
netmillen ist er gegen dich so artig gewe
sen Ach, ich hoffe aus Herzensgrund,
daß du ihn nicht zu lieben begonnen
hast, Theuerste!"
Die Nichte brach in Thränen aus und
stürzte wüthend aus dem Zimmer.
Ruth Gardiner seufzte schwer und
würderecht unglücklich gewesen sein; aber
an einem solchen Tage war ihr dieses in
der That unmöglich.
Vielleicht ist es eine heilsame Lehre
für Celia," suchte sie sich zu beruhigen.
Eingegangen.
In der kleinen Mufenstadt H. war
diegesammtePolizeimacht, bestehend aus
dem Wachtmeister Egidius Purzl und
seinen zwei getreue Nachtwächtern, in
heller Erregung.
Alle Morgen fanden die Polizisten die
große Laterne, welche am Hauptplatze
Licht in das nächtliche Dunkel verbreit
tete, abgeschraubt und in stiller Ruhe
zu Funen des Marktbrunnens liegen
Dieses frevelhafte Beginnen hatte den.
gesammten Mag, trat, sowie den Bur
germeister veranlaßt, dem Wachtmeister
Purzl das allerhöchste Mißtrauen aus
zusprechen, was natürlich in Verbin
dung mit einer ungewöhnlichen Amts
nase" geschah. Diese Rase konnte Herr
Edigius nicht überwinden, und er theilte
sie einen Untergebenen in menschen
freundlicher Absicht mit, damit diese
von den magistratischen Entrüstungen
über den sothanen Laternenfrevel auch
Etwas davon" hätten!
Das Polizeigenie Purzls hatte es
schon von allem Anfange heraußen, daß
hinter dem sich tagtäglich, eigentlich
nächtlich wiederholenden Frevel nur
Studenten stecken konnten. Darnach
instruirte nun Herr Edigius seine bei-
den polizeilichen Genossen mit dem Be
merken, da der Magistrat für die
Eruierung der Uebelthäter eine Prämie
von 20 Mark ausgeschrieben habe, und
daß diese Summe derjenige bekommen
solle, der die Frevler in flagranti er
wische.
Dabei ließ der Wachtmeister während
seiner Rede deutlich durchblicken, daß er
wahrscheinlich diesmal Derjenige" fein
werde.
So wurde denn der Marktplatz in H.
streng bewacht und Zimpfelmann, der
ältere Nachtwächter und Stellvertreter
Purzls, mußte an der Laterne Wache
stehen.
Da aber ein Nachtwächter auch we-
sentliche Bedürfnisse hat, so war es nicht
Wunder zu nehmen, daß Zimpfel
mann einschlief. Am Morgen jedoch
lag die Laterne abgeschraubt zu
stußen des Nachtwächters, der na-
türlich pflichtgemäß die Anzeige dem
Vorgesetzten erstattete. Darob eine
,Nase" für Zimpielmann vom Wacht-
meister Purzl und eine Eztranase" für
diesen vom hochweisen Magistrats.
Das ging dem Wachtmeister über
den Strich und. nun nahm er selbst die
Recherchen gegen die Frevler in die
Hand.
Und siehe da!
Schon die erste Nacht zeigte, daß man
es nicht wagte, die allmächtige Person
des Herrn Wachtmeisters anzuulken,
denn am Morgen stand die Laterne
auf ihrem Platze, d. h. sie hing unbe
rührt in ihrem Eisenkranze.
So waren schon acht Tage verflonen.
daß die guten Bürger von H. allmor
gentlich ihre Laterne am richtigen Platz
fanden und Purzl trug seinen Kopf
etwas höher, umfomchr, als der Ma
giftrat dem Polizisten die ehrenfte Aner
kennung für feine Umsicht und Energie
ausgesprochen hatte.
Aber innerlich suhlte sich Purzl tief
gekränkt. Die Belobung nutzte ihm
nichts und die Belohnung konnte er
nicht bekommen, da die Uebelthäter für
ihn unsichtbar geblieben waren.
Nichtsdestoweniger mutzte Purzl die
Frevler in seine Hände bekommen! Das
hatte er sich, schon der 20 Mark wegen,
feierlich zugeschmoren. Und das Glück
schien thatsächlich dem Wachtmeister zu
lächeln, denn eines Nachts bemerkte er
vier schlanke 'ieftalten, welche, einen Ge-
genftand verbüllt tragend, sich durch die
strotzen schlichen.
Die nächtlichen, verdächtigen Wände
rer verfolgen und sie sofort'stelle; das
war für Purzl Eins! Und richtig!
Ohne ein Wort der Widerrede, ohne
Fluchtversuch blieben die Angerufenen,
vier fröhliche Muscnsöhne, stehen und
ließen Purzl herankommen. Dieser
griff sofort nach dem verhüllten Gegen
stand, nahm das Tuch hinweg und
hätte vor Freude aufjubeln mögen!
Purzls Augen zeigte sich die Laterne!
Nun hatte er die Frevler und die 20
Mark!
Mit Wurde erklärte der Wachtmeister
die Biere verhaftet, die willenlos folg,
ten.
Am andern Morgen staunte Purzl
nicht wenig, da er seine kühne That so,
fort selbst verbreitete, als man ihm mit'
theilte, daß ja die Laterne am Markt'
platze hänge! Das konnte Purzl nicht
begreifen. Ehe noch die Verhandlung
gegen die Verhafteten begann, eilte der
Wachtmeister nach dem Marktplatz.
Er glaubte seinen Augen nicht trauen
zu dürfen.
Die Laterne hing richtig dort! Jtv
stinltiv fühlte der Polizist, daß er den
(Studenten aufge e en sei und tx-
schrak, als bei der vor dem versammel
ten Magistrate stattfindenden VerHand-
lung die vier l u st l g e n M u s e n
söhne dem Richter eine sal
dierte Rechnung vorwiesen,
worin ihnen bestätigt wurde, daß sie
bei dem Klempnermeister Blechinger
eine große Laterne be st ellt
und angekauft haben!
Seit jenem Tage jedoch ist Purzl auf
Studenten im Allgemeinen und auf
Laternen im Besonderen j schlecht zu
sprechen. Die 20 Mark Belohnung
aber liegen heute noch bereit, doch
Purzl kann sie nicht verdienen, weil die
Hängelaterne schon lange durch eine
andere ersetzt ist.
Auch in Jubilarin.
Auch der Erbswurst" muß in den
Kriegserinnerungcn gedacht werden,
denn sie hat ebenfalls im Jahre 1895
ihr 25jähriges Jubiläum gefeiert. Die
Erbswurst wurde im Jahre 1870 von
dem Koch Griinberg erfunden, welcher
das Geheimniß der Bereitung dieses
Nahrungsmittels dem Staate für 35,
000 Thaler überließ. Sie wurde im
Feldzug 187 71 zuerst bei der Armee
eingeführt. Eine gewallige Thätigkeit
wurde in der Fabrik der Erbswürste"
entfaltet; täglich waren 200 Schlächter
mit 400 Arbeitern bei der Herstellung
von früh bis spät beschäftigt. Hierzu
traten noch 30 an 50 Kesseln thätige
Köche. Spater wurden die Arbeits-
kräfte noch so vermehrt, daß täglich
100,000 Würste sabriznt werden sonn.
ten. Die Versendung der letzteren an
die Truppen geschah in Blechbüchsen
und Därmen. Durch die Ernährung
mit Erbswurst wurden bedeutende Er-
sparniffe gegen frühere Kriege erzielt.
Dazu kam, daß dieses Nahrungsmittel
kräftig und wohlschmeckend war. So
bald eine neue Siegesnachricht kam,
wurde in der Erbswurstfabrik Feier
abend gemacht, was um so leichter ge
fchehen konnte, alS die Riesenvorräthe in
der Fabrik niemals eine Stockung in
der Lieferung nach dem Kriegschauplatze
befürchten ließen. Dann machten sich
die Arbeiterinnen, die fast ausschließlich
Frauen eingezogener Reservisten waren,
daran, das große Fabrikgebäude innen
und außen mit Guirlanden zu schmücken,
welche aus Würsten. Spargelkraut und
Astern gewunden waren. Dieser
Schmuck blieb von einem SiegeSIage
bis zum nächsten hängen und wurde
dann in derselben Weise immer wieder
erneuert. Als nun gar die Sieges
nachricht von Sedan eintraf, da kannte
der Jubel in der Berliner Erbswurst
fabrik keine Grenzen mehr. Wiederum
fand eine allgemeine Ausschmückung des
Hauses mit Wurstguirlanden statt, aber
dazu beschaffte ein sindiger Schlächter
geselle noch eine besondere Ueberra
schung, indem er das Bildniß Napo
leons in Speck herstellte, und darunter
das Motto setzte: Er hat sein Fett
weg!" Man ficht, der Berliner Humor
war auch in der schweren Noth des Krie
ges nicht ausgeftorben.
Miethe, litt un Mtl,e
Ein origineller Briefwechsel, der die
gegenwärtigen Miethsverhältnisse in
Berlin beleuchtet hat kürzlich dort zwischen
einem Miether und einem am Kotbuser
Thore wohnenden Hausbesitzer stattge
funden. Der erstere schrieb: Habe
zwarftcn von Sie gemittet, is mich aber
zu theier; wen Sie fonde Mitte nich 3
Taler runter laßen, gönnen Sie magen
maß Sie wollen ; ziehe nich zu, weil mich
die Mitte zu theier." Tarauf antwor
tete der Hausmirth: Ihr freundliches
Schreiben habe ich erhalten und ent
nehme daraus, daß Sie den geschlossenen
Miethsvertraq nicht erfüllen wollen;
ich einbinde Sie sehr gern von demsel
ben und danke Ihnen, daß Sie mir
Ihre Willensmeinung so zeitig mitge
theilt haben, daß ich die Wohnung an
derweit zu vermiethen suchen kann ; ge
linat mir das. )o tonnen feie Jvre drei
Mark Draufgeld zurückerhalten. In
Ihrem Schreiben verwandeln Sie die
Miethe in eine .Mitte"; bei Ihrer be
deutlichen Rechtschreibung könnte sie
leicht zur .Mythe" werden."
Abgeblitzt,
Ladnerin: Womit kann ich dienen?"
Herr: .Bitte um einen schönen Kuß!"
Ladnerin ihinauSrufend): Herr Prin-
Ml. im Laden in ein Herr, der w:ll
einen schönen Kuß!"
Da, Salz kr il)
Der Lehrer spricht in der Schule über
daZ Salzen der Speisen. Nun,"
meint er zu einem Schüler, was thut
Dein Vater, wenn im Fleische zu wenig
Salz ist?"
Schüler: Da wirft er', der Mutter
an den Kopf."
Ans der Kaserne.
Unteroffizier (der mit feiner Corporal
schaft ein patriotisches Lied einübt):
Was die Kerls für Stimmen haben;
gegen Euch sind ja die Hamburger Fisch
weiber die reinen Salontvroler!"
Kindliche Auffassimg.
Kleiner Junge (zum ersten Mal einen
Matrosen anf der Straße sehend) : Sich
einmal, Mama, der große Mann geht
angezogen wie ei kleiner Junge."
Neidisch.
Redncrin (biim Kaffeekränzchen):
Wissen's über n Mann von der Frau
Filzclinaier wär' jetzt lang g'nug
g'schinipft, i' möcht' jetzt schon hab'n,
daß mei' Alter au' endlich dran käm.
Bezeichnend.
Radfahrer: Wie kommt es, daß Sie
ein Bicvcle so billig verkaufen können,
wo liegt denn da Ihr Verdienst?"
Fahrradhändler: In der Repara
tut."
Offenherzig,
Patientin: Sie sind der einzige Arzt,
der mir rathet, hier zu bleibe; alle Ihre
College sind dafür, daß ich in's Bad
gehe!"
Arzt: Ja, d i e haben auch ledenfalls
mehr Patienten wie ich!"
Ungerechter vorwnrf,
Student: Da schreibt mir mein Al-
ter, mein Studiren koste ihm ein H c i
d e n g e l d und ich studir' d ch g a r
nicht fo viel!"
Mißperstande,
Hausfrau (ihren fortgehenden Sohn
ermahnend): Karl, kneip' heute nicht
zu viel hörst Du?"
Dienstmädchen: Ach, Madame, das
bischen Kneipen vertrag' ich schon;
wenn er mir nur nicht immer auch ein
Bussel geben wollt'!"
Zurücksetzung.
Frau Justizräthin (zu ihrem Gatten,
der mit ihr wegen des verunglückten
Mittagessens zankt): Mußt Du mir
denn imnier Vorwürfe machen Du
hast doch sonst für jeden Raub
Mörder eine Entschuldigung!"
Onkel: Geh' her, kleine Maus, Du,
hast so ein kleines Händchen zupf'
mir 'mal die weißen Haare heraus!"
Nichte (nachdem sie eine Weile herum
gesucht): Onkclchen, darf ich nicht lie
der die b r a u n e n Haare nehmen? Ich
habe heut' fo wenig Zeit!"
Nicht todt zu kriegen.
Herr: Machen Sie, daß Sie fort
kommen, oder ich pfeife meinem Hund."
Händler: Darf ich Ihnen vielleicht
meine ausgezeichneten Hundepfeifen an
bieten?" Jägerlatein.
A. : Nun, was sagen Sie zu mei
nen afrikanischen Jagdabenteuern?"
B. : Sie hätten verdient. Ober
förfter zu werden!"
Kühne Folgerung.
Lehrling: Meestcrn, schmieren Sie
mir doch 'mal 'n bisken Butter uff'S
Brod."
Meisterin: Was, ooch noch Butter
ick gloobe, der Bengel will 'n L e b e
mann werden!"
Ahal
Junge (beim Schweineschlachten):
Mutter, soll ich nicht einen Schinken
für den Herrn Lehrer mitnehmen er
yai gestern schon mit der Natur
gcschichte vom Schwein" angefangen."
höchste Dankbarkeit.
Der erst seit Kurzem Verlobte einer
sehr streitsüchtigen Kokette hat soeben
deren Vater aus dem Waffer gezogen.
Schmiegervater in spe: Ich wäre, da
ich schon Krämpfe hatte, ohne Ihre
Hilfe elend ertrunken! Als Beweis
meiner aufrichtigsten und ewi
gen Dankbarkeit bekommen Sie
jetzt meine Tochter nicht!"
Auf der Treibjagd.
Förster (zum Jaqdgaft, auf den man
noch gemartets: .Sie lassen lange auf
sich warten, Herr Baron! Es ist hohe
Zeit, daß Mir mit der Jagd beginnen
die Hasen werden schon ungeduldig!"
Frei nach Schiller.
Hausbesitzer (entrüstet): Sagen Sie
'mal. wie kommen Sie einmtliA hnin
mir Jbr Saus so aerade vor die Nase
zu bauen?"
Unternehmer: Warum?.. Es heißt
ia: ier nuge i'iann Baut vor!"
kindlich Feuerzeug,
Geh', Sepp, steh' auf und mach'
Licht es klopft wer am Thor!"
Gleich, gleich! , . Ich zieh' nur mei'
Hosn an, daß ich 's Streichholz! an
reid'n kann!"
Unter Spitzbuben.
Deine Frau scheint krank zu sein!?"
Ach wo: 'Verstellung ich soll ihr
einen neuen Wintermantel stibitzen!"