Die Goldtasche. Von Adolph W i l d e, Die Tante war richtig eingeschlafen, behaglich hingestreckt auf dem Sitz des Vmipe'S zweiter Klaffe. Man konnte ihr ein ganzes Sopha einräumen, da die kleine Gesellschaft allein geblieben war, was den eifrigen Bemühungen Roberts zu danken war. Das Braut paar wünschte allein und ungestört zu sein man rechnete darauf, daß die Tante, die als Aufsichtsdame fungirte, ein wenig schlummern würde. Lange hatte sie gellagt, dafe sie zu niedrig läge. Sie suhlte sich überhaupt nicht wohl unji nahm Knmillentropfen aus der Reiseapotheke, die sie stets mit sich führte und die ihr ganzer Stolz war. Robert und Ilse hatten Plaids und Regenmäntel kunstvoll zusammen gerollt und ihr unter den Kopf gepackt, man hat auch den Schleier itbcr die Gasflamme gezogen. 9!iirt schlief die Tante, während der Schnellzug gleichsörmig sortrüttelte. Die Liebenden waren wirklich allein, Sie dachten nicht on'9 Schlasen, sie wa ren zufrieden, aneinander geschmiegt zu plaudern, einen Kusz zu tauschen, und der halbdunkle Wagen wurde den Glück lichen zum Paradiese. Sie sprachen von ihrer Einrichtung, bon ihrer künftigen Wohnung. Dazu eigentlich reiste man nach Wien. Allerdings, der äußere Anlaß dazu war die Konversion der Staatspapiere. Diese Papiere bildeten Ilsen's limitiern und mußten an irgend einer Haupt lasse umgetauscht werden, weil eine neue Emi ion bevorstand. Bei dieser Gelegenheit wollten sie auch ihre Ein iiiufe machen. Dazu sollte zum Theil das kleine Erbtheil des Lieutenants verwendet werden, er hatte keine Schulden. Jl sen'S Vermögen wurde von der Kaution vollständig in Anspruch genommen. Ilse hatte das Buch mitgenommen, welches sie eben las. Es war Anna Karenina von Tolstoi. Robert kannte dies Buch nicht, ja, er hatte nicht ein mal davon gehört. Ilse schalt, das wäre unverzeihlich. Und sie begann von Anna Karenina zu erzählen. Da- bei gestand sie nicht zu, daß auch sie manches Eavitel über aMagen hatte. Aber den furchtbaren Tod der Anna Karenina hatte sie gelesen, wie die sich auf die Schienen wirft, gerade unter einen Ei enbahnzug, um chren Geliebt ten m ärgern, um Rache an ihm zu üben. Gerade an dieser Stelle stand Ilse vor der Abreise und sie wollte nun qern wissen, was er, der Geliebte Anna's, dazu sagte. Darum hatte sie das Buch mitgenommen. Robert, im- merbin ein wenig beschämt, ein so be rühmtes Buch nicht zu kennen, behaup tete, derlei schreckliche Sachen brauche sie überhaupt nicht zu lesen. Aber Ilse behauptete, das sei ganz wahr und deshalb müsse man derlei auch lesen. Auch sie würde in diesem ffalle sterben. Robert fand, das sei dummes .Zeua. Und vielleicht hätten sie sich wirklich entzweit, hätte sich nicht ein unvorher- aetebener Zwischen all ereignet. Sie mußten auf einmal umsteigen, und Robert hatte doch sicher geglaubt, sich in einem durchgehenden juge zu be finden, in dem sie bis Wien bleiben konnten. Das war sehr unangenehm. Die Tante mußte geweckt werden und brummte. ' Auch Ilse war erstimmt, weil Robert sich so geirrt hatte. Es gibt so viele durchgehende Züge, es kann doch unmöglich schwer sein, die richtigen zu finden. In aller Eile raffte man das Hand gepack zusammen und Ilse hing die be rühmte Tasche mit den Staatspapieren um. In wenigen Minuten war man umgesiedelt, von Nenem installirt. Die Tante schlief von Neuem ein und das junge Paar lachte und schäkerte weiter. Robert hatte ein reichliche? Trinkgeld gegeben und man blieb wieder allein. Ilse schnallte ihre Tasche ab und legte sie in das Netz. Sie naschten noch ein mal von dem Obste und tranken ihren Rothmein ans. Die stillen Nachtstunden wurden ihnen nicht lang, sie wurden nicht schläsrig, denn sie waren ja so sehr glücklich. Dazwischen erwachte die Tante wieder einmal und klagte über Unwohl sein. Sie hatte Milzstcchen und ver langte nach ihren Kamillentropfcn. Robert griff zuvorkommend nach der Reiseapotheke, aber Ilse fiel ihm in den Arm. Das war ja die Geldtasche, die er für die Reiseapotheke hielt. Nein doch." rief die Tante, .das ist ja meine Apotheke, gebt nur her. ich muß Kamillentropfen nehmen.' Die Tante behielt Recht. WaS man in der Dämmerung des Wagens für die Gkldtafche gehalten hatte, war wirklich die Reiseapotheke. Die Tante entnahm derselben ihre Kamillentropfen. Wo war aber die Geldtaiche S Eine leichte peinliche Unruhe, ein Ängstliches Greisen und Suchen! Wo war die Geldtasche? Man räumte beide Gepäcknetze ab die Geldtasche war nicht da. Sie hatten sich geirrt. Was sie vom Augenblick des UmfteigcnS an sür die re,.,,!, kbaltcn hatten, war die Reiseapotheke! Roch einmal wurde Alles umgekramt, ahtr die Geldtasche war nicht da. Wirklich, sie war nicht da! Es wagte Niemand, dies schreckliche 2itm auszu fnrfAen. Die Tante war kaum mun ter. und die jungen Leute konnten es nicht fallen: Tas Geld war ton ! Der Jahrgang 16. Man rief eben irgend eine kleine Station aus. Wir müssen hier bleiben, nachsor sehen," sagte Robert. . Das junge Mädchen und die Tante gehorchten mechanisch. Sie waren völlig betäubt. Alle drei stiegen aus, ohne noch recht zu wissen, warum, nur unter dem un- bestimmten Eindruck, das Geld sei fort. Stumm und starr verblieben sie da auf dein kleinen Perron, ohne recht zur Be sinnung zu kommen. Bölli rathlos, ivie von Sinnen, standen sie da mit ihrem Gepäck. Was sollte nun werden? Nebenan war der Warteraum dritter Klaffe, wo zwei Bauern mit ungeheuren vollgepackten Korben im sitzen schliefen. In diesen verödeten Räumen überkam Robert und Ilse zuerst das Gcsühl des gräßlichen Schreckens, des Grauens vor dem Kommenden. Der junge Mann hatte die unbestimmte Bor tcllung, eine Thorheit begangen z haben, daß er nicht weiter, bis zu einer größeren Sta tion gesahren war. Sie sahen einander in die via en verstörten Gesichter und ohne sich auszu sprechen, lasen sie das Entsetzen von den Bcicnen. Aber auch diesmal machte sich Robert mannhaft zum Helden der Situation. Kein Zweifel, damals, als umgestiegen wurde, hatte nian die Geldtasche im Waqqon liegen gelassen, Robert wußte zufällig die Nummer des Coupes, denn er war ein oder das andere Mal ausgc stiegen, um Blumen und Erfrischungen au holen. Nachdem er sich zu dem Sta- tionschef begeben und mit diesem con ferirt hatte, wurde eine Depesche abge schickt, welche jenen von den drei Rei senden verlassenen Zug aus einer größe ren Station einholen mußte. Es war eine Kleinigkeit, in jenem Coupe nach zusuchen, dessen Nummer angegeben war. Dort lag die Tasche ja im Ge- päcknetz. Nach etwa zwei Stunden traf die Antwortdepesche ein: . Die Geldtasche war in dem bezeichneten Coupe nicht ge funden worden. Nun verlor auch Robert die Fassung Da standen sie nun in dem verlassenen Winkel, mitten in der Nacht, in dem kleinen kahlen Wartezimmer, gleichsam verlaffen von der Welt und wußten nicht, was beginnen. Bon hier aus geht es nicht. Wir nlüffen mit dem nächsten Zug weiter fahren nach Wien und dort die Polizei alarmiren. Ich werde gleich fragen. wann der nächste Zug nach Wien geht, Und er stürzte hinaus, froh, den peinlichen Erörterungen entronnen zu sein. Soeben fuhr draußen ein Zug davon man horte ihn noch pselicn. Ilse und die Tante warteten eine ganze lange Weile auf die Botschast, welche Robert bringen sollte. Er kam sehr lange nicht. Tie kleine Station war wieder in das tiefe Schweigen der Nacht versunken. Nichts regte sich. Nur die Gasflamme knisterte aanz leise, und von ganz ferne. wohl von einem benachbarten Torfe her vernahm man das Bellen eines Hundes. Wo blieb nnr Robert. Ilse erhob sich, um ihn zu suchen. Sie durchschritt einen kleinen Eorridor, wo sich die Piepaaausnayme Befand. Hier war kein Mensch, jedoch in einem kleinen halbdunilen Nebenzimmer fad sie einen Mann mit einer Laterne, der sich auf einer Bank hingestreckt hatte und im Begriff schien, einzuschlummern. ... bitte, saaen Sie mir doch, wann der nächste Zug nach Wien geht?" rief Ilse dem Manne zu. Der ist gerade fort, lnurric oer Weichensteller schlaftrunken, nun geht keiner bis 5 Uhr 7 Minuten. Der Herr ist eben noch mitgekommen." Ter Herr?" Ja, der rannte auch dem Zuge nach." Sie trat hinaus auf den leeren, sin fteren Perron, über welchen der Herbst wind hinstrich. Tie einzige Gasflamme flackerte unruhig. Mit Blitzesschnelle übersah sie das ganze Bcrhängniß. Sie konnten, nicht heirathcn ohne Caution und die Eaution war fort. Vielleicht hatte Robert es sür .das Beste gehalten, dieser schrecklichen Lage ein rasches Ende zu bereiten. Denn von Wien aus würde er schreiben, sich entschuldigen, berichten, daß die Papiere nicht zu finden waren u. s. m. Buch büßte sie mit Recht für ihre schreckliche Unachtsamkeit, denn ihr war die Tasche, welche Robert in Uni sorm nicht gut tragen konnte, anoer traut. Eiauz allein stand sie bier in der Nacht, vor den von der Gasflamme matt beglanzten Schienen. Tie führten in die nächtliche ,erne, in eine Ferne, wcl cher er nun schon zueilte, dem sie ihr Schicksal anvertraut. Er hatte sie ver lauen, kein Zweifel. Er tonnte nicht anders, glaubte nicht anders zu können, und so halte er sich rasch entschloffen. ÄmtagSga Beilage zum Nebraska Staats-Anzeigcr. Eine gröbliche Verzweiflung bemäch- tigte sich ihrer, ein Gefühl unsäglichen Elends, und auf einmal fiel ihr Anna Karenina ein, die sich ans die Schienen wirft, unter einen Zug, um sich an dem Geliebten zu rächen. Das wollte sie auch thun. Ihr schien das gar nicht schwer, sie empsand keine Todesfurcht. Nur rasch, nur rasch ein Ende es muß ja bald wieder ein Zug kommen. Eine ganze lange Weile sie wußte selbst nicht, wie lange, rannte sie auf dem Perron hin und her, denn sie wußte ja nicht, woher ein Zug käme. Sie wär wie eine Hypnotisirte, die den Stich nicht fühlt, den man in ihr Fleisch führt. Nur eines lebte in ihr: Es ist zu Ende, ich muß auf die Schienen!" Da taumelte der Mann mit der kiei- ncn Laterne heraus, noch immer schlaf trunken. Ilse frug, ob ein Zug käme. Ja, ein Lastzug von dort, und er wies mit der Hand' die Richtung. Ilse lief in dieser Richtung die Schienen entlang. Ter Bahnwärter mochte glauben, daß sie sich nur die Zeit des Wartens der treibe und ließ sie gewähren. Der Zug nach Wien, den die Herrschaften ja benützcn wollten, kam erst früh 5 Uhr 7 Minuten. Auch Anna Karenina hatte sich unter einen Lastzug geworfen, dachte Ilse. Sie niußte dem Zug entgegen gehen, sonst bemerkte man sie am Ende auf der Station. Sie konnte in der Finster niß kaum die Strecke unterscheiden, rutschte aus, glitt halb die Böschung herab und fühlte mit den Händen lan ges, nasses Gras. Fast wörtlich er innerte sie sich der Schilderung aus dem Roman: Sie verwandte kein Auge von den Rädern des herankommenden Waggons, und genau in dem Augen blick, als der Mittelpunkt zwischen den Rädern und ihr war, schleuderte sie den rothen Reisesack von sich, siel, den Kopf zwischen die Schultern ziehend, auf die Hände unter den Waggon und ließ sich mit einer leichten Bewegung in die Knie sinken. In dem nämlichen Augen blick erschrack sie über das, was sie ge than hatte und wollte sich zurückweisen, aber etwas Ungeheuerliches, Un?rbitt liches stieß sie vor den Kops packte sie beim Rücken " Das dröhnende, taktmiißige Rollen kam heran und das grelle Licht der Lo comotive. Da war es gleich würde Alles vorbei sein. Ihr war Alles wie ein Traum, sie zog den Kopf zwischen die Schultern wie Anna Karenina. Da dröhnte die Lokomotive heran Ilse wollte sich erheben glitt in dem nassen Grase aus und kletterte mit einem Ruck die Böschung empor. Ueber ihrem Kopfe Polterte der Zug sie stürzte siel, wurde hcrumgcriffcn, endlos dröhnte der Zug a ihr vorbei. Wüh rend er drüben schon in die Station einfuhr mit schrillem Pseifen, lag sie wieder in dem naffcn Grase, aber zwei Arme preßten sie und eine keuchende Stimme schrie: Ilse, um Gottes wil len " Es war Robert, der sie dem sicheren Tode entrissen hatte. Nun hielt er sie fest. Flüsternd gestand sie, daß sie hatte sterben wollen, weil sie sich von ihm verlassen wähnte. Er wurde ganz wüthend. Wie hatte sie das glauben dürfen, nie würde er sie verlaffen, auch ohne Caution würden sie heirathen und glücklich sein. Und nun lachten sie über alle ihre Angst, denn was lag an dem dunimen Gelde, sie hatten ja ein ander. Robert erklärte jetzt, wie er hinauf in den ersten Stock gegangen, um noch mals den Stationschcf zu wecken. Es gab hier keinen Nachtdienst, aber Ro bcrt hatte doch noch eine Depesche an die Behörden absenden wollen und das Alles hatte eine ganze Weile in An spruch genommen. Ruhig, ja glücklich kamen sie in den Warteraum zurück. Tie Tante, die ein wenig geschlasen hatte, glaubte, sie hätten ihre Geldtasche wieder. Sie nahm abermals Kamillentropfen und klagte über Kalte. Robert schnallte den Plaidriemen auf, der ihren Mantel enthielt und da fiel etwas Schweres heraus. Es war die Geldtasche, welche die Tante selbst, sie mit der Apotheke verwechselnd, in den Mantel gewickelt hatte, um höher zu liegen. Sie hatte das aber nachher verschlafen. Tas junge Paar jauchzte auf, aber es lag ein tiefer, ernster Schatten auf ihrer Jugend. Der ganze furchtbare Ernst des Lebens hatte sich ihnen er schloffen, sie waren andere Menschen geworden. Die kleine iMonte. Der Tragoner-Premier v. Sielten wartete schon lange aus das Rittmeister Patent oder den Abschied. Jedes- mal, bevor zum Manöver ausgerückt wurde, machtrer sich auf das Schlimmste gefaßt. Dieses Schlimmste bestand iiämlich darin, von dem werthen Gaul abgeworfen zu werden. Es Ivar ein guter Offizier und zwar kein außer ordentlicher, aber ein passabler Reiter. Seitdem er jedoch auf einem Rennen seine gute Ophelia" den Weg alles Fleisches gegangen war, hatte er das Pech, immer an bockbeinige oder gar zu seurige Gäule zu gerathen. Beim Kauf oder beim Prodcreiten waren sie immer lammsromi, später entpuppten sie sich als wahre Satanasse, und zum Staunen und Gaudium des manövcri renden Heeres und des Herrn Brigade Generals war Lieutenant . Stetten bereits in zwei Manövern von feinern jedesmaligen Rosse auf den Sand ge setzt worden. Tas war fatal! Um so fataler, als das Offiziercorps des Regiments im klebrigen aus vortrefflichen Reitern be stand was noch fataler war keiner von ihnen von einem solchen Gaul-Pech verfolgt wurde, wie er. Seine Käme radcn' hatten Bomben-Glück mit den Chargenpfcrden. Nur ihm allein blühte immer wieder das nämliche Pech. Nein, das passirte diesmal gewiß nicht. Seiner Ophelia" waren Her mandad" und Satanas" gefolgt, die ihm allemal dasselbe Schicksal bereiteten, bei den Manövern und noch dazu bei einem gewiß recht wichtigen und allseitig bemerkten Momente aus den Sand gc setzt z werden. Die Stute Herman dad" war teuflisch geradezu und der Wallach Satanas" machte seinem Na men die vollste Ehre. Er hatte es fertig gebracht, sich just vor den Augen seines Brigadiers von seinem Reiter zu tren- ncn , wie man Derartige Ren-uiiiaue so hübsch und harmlos umschreibt und das war eine doppelte Malice. Denn dieser Brigadc-General war ein Reit-Fez durch und durch. Er selbst ritt noch trotz seines eisgrauen Schnurr barts und seines dito gefärbten Haupt Haares wie ein Renn-Matador und ver langte dasselbe von allen seinen Ossi- zieren, isveondere aver von oen Pre- miers, die nicht an der Rlttmeistcr-Eckc schon scheitern wollten. Die andere Eigenheit" des Generals war fast noch schlimmer. Er liebte es, wenn die Ritt rneister seiner Brigade nicht mehr als Junggesellen durch's Leben ritten. Man munkelte davon, daß der gute Brigadekommandeur nur seine Brigade kornmandire, daß ihn aber im Hause seine Ehegattin, die Frau Gcnerali, das Kommando völlig abnehme. Und da waren einige Boshaste, die meinten, ein leises Rachegefühl und eine ein wenig ausgeprägte Schadenfreude ver möge den General dazu, recht Biele in den Stand der heiligen Ehe hineinzu bugsiren, auf daß ihm nicht allein das Koiumaudirt werden" passt. Das war in der ganzen Brigade bekannt und gefürchtet. Aber diesmal eilte Premierlieutenant v. Stetten sicgesfroh aus der Garnison, als es hieß, ins Manöver ziehen. Denn jetzt hatte er eine dunkelbraune Stute, mit dem schönenNamen Iris" begabt, die sanft schien, wie ein gutes Weibchen, trabte und galoppiite, wie der schlimme Satanas und die sich ganz seiner Zügel sührung ergab, wie eine gute Ehefrau der des gestrengen Herrn Gemahls. Im jetzigen dritten Manöver hatte er also aus seine Iris" alle Hoffnungen gesetzt, aber nach dem ersten Kanonen schuß fuhr der Regcnbogengöttin der Schreck derartig in die Glieder, daß sie einen hiuimelyohen Sprung machte, und Herr v. Stetten lag im Grase. Das war doppeltes Pech! Teiln die Es cadron unseres Premiers, die aus eine feuernde Batterie eine Attacke machen sollte, ward aus dem Attackcnritt bcglci tet von dem Brigadegeneral, der einmal sehe wollte, wie sie ins Zeug ging!" Richtig! Als v, Stetten im schönen Bogen in das Gras sauste, sah er grad' noch den General in seiner Nähe anhal ten und langsam aus ihn zureiten. Nun haben mir's," dachte er weh müthig! Adieu, du zweiter Stern auf dem Epaulett. Als armseliger Premier werbe ich meinen Abschied nehmen müs sen. Nun werde ich nimmcrmchr Ritt Meister!" Als er sich erhoben hatte, winkte ihn der Brigadcgkneral heran und sagte: Herr V. Stetten. Sie iniicn die kleine Blonde vom Major . Holder mann nehmen, sonst werden Sie nie Rittmeister." Ter Lieutenant erschrak über diese Worte mehr, als über seinen Sturz. Also solche Offiziere gab es im deutschen Heer! Um seine Beförderung zu erlan gen, sollte er die Tochter eines Freundes des Generals heirathen! In seiner Bestürzung salutirte er nur kurz militärisch: .Zu Befehl, Herr General! Werde die kleine Blonde nehmen!" und machte dann Kehrt, um mit schmerzenden Hüf- , ten seine Ins ulzuiuchen, die ne. I türlich die schöne Attacke ohne I 5 No. 37. Reiter mitgelaufen war und die nun von eineni Gefreiten hergebracht wurde. Den ganzen Unniuth, den v. Stetten empfand, bekam die braune Stute jetzt auszukosten. Zunächst bekam sie mit der fluchen Säbelklinge eins über die Weichen, daß sie mit den Pordcrfüßen himmelan stieg und ihre Tücke von vor- hin gern noch einmal wiederholt Hütte. Aber diesmal war ihr Reiter auf seiner Hut und nun ritt er die arme Iris so lange in schärfster Po, bis sie total mit Schmeiß bedeckt war und schließlich mit zitternden Beinen und gesenktem Kop e stehen blieb. Das war ein böser Abend im Ouar tier. Die Kameraden meinten, v. Stet- ten sei über sein kleines Malheur so nie dcrgeschlagen und suchten ihn durch Scherzreden aller Art von dem tsetmiv ken daran zu befreien, Bon dem Ra the des Generals mußten sie nichts, der Lieutenant hütete sich, sie darin einzu weihen. Also er sollte seine schöne Ungebunden hcit, seine herrliche Freiheit ausgeben um der kleinen Blonden willen. Wenn er nun lieber den zweiten Stern schießen ließe aber nein, das ging ihm gegen eine Reiter- und Osiizicrsehre, Es hals nichts, es mußte in den sauren Apfel qebis en werden! Er überlegte hm und her. Nun, an- sehen könnte man sich das Madchm, die kleine Blonde." Den Major v. Hol- mann, der einem anderen Regiment an gehörte, kannte er nur von flüchtigern Ansehen. Er wußte es zu veranstalten, daß er bei der großen Offizierskneipe, welche kurz vor Beendigung der Manö ver stattfand, dem Major gegenüber feinen Platz erhielt und als er andeu tete, daß er einige Tage feines Urlaubs in Z., der Garnifonsstadt des Majors, sich aufhalten werde, wurde er von die fein in freundlichster Weise eingeladen, ihn zu besuchen. Dieser Besuch fand statt, und Herr v. Stetten hatte Gelegenheit, die kleine Blonde" kennen zu lernen. Eigentlich war sie mehr roth als blond, nicht gar zu jung, sommersprossig und nicht gar zu schön. Während ihre beiden jünge ren Schwestern schon einige Jahre ver hcirnthet waren, verzweifelten der Major und seine Gattin so ziemlich daran, die Aelteste an den Mann zu bringen. Daß Veronika jedoch recht liebenswürdig und sehr klug war, leuchtete dein Lieutenant, der ebenfalls nicht dnmm war, bald ein. Er blieb nicht einige Tage, sondern vierzehn Tage in$., und bevor er ab reiste, konnte er Veronika als seine Braut umarmen. Noch eins, lieber Stetten," sagte der Major vor dem Abschiede, der Punkt war mir früher peinlich zu berühren, aber vor meinem künftigen Schmieger söhn brauche ich keine Scheuklappe an zulegen der General sagte mir, Sie wollten die kleine Blonde nehmen?" Der Lieutenant sah seinen Schwieger papa im höchsten Grade verblüfft an. Nun ja, die habe ich doch genom men ." Nicht doch, sie steht noch immer ruhig im Stall ." Um Gotteswillen, wo denn? Vero nika?" Unsinn! Rorane, meine blonde Fuchsstute. Sie ist nämlich sehr sronim, hat aber einen Gang wie der feurigste Renner." Na fiel es dem Lieutenant wie Schuppen von den Augen. Unter vielem Lachen wurde das Mißverständniß auf geklärt. Herr v. Stetten hat aber die sen Irrthum nie bereut, da er noch heute mit seiner Veronika recht glücklich lebt. Er ist schon seit einigen Jahren Rittmeister. Erinnerung an Washington un an Tteuben. In der neuesten Nummer der zu Boston erschcinendenMonatSschrift New England Magazine" finden wir einen schönen Artikel von Ruffel Headley über das letzte Felslager des amerikanischen UnabhSngiqkcitsbeeres unter Washing ton bei Rewburgh in der Nahe des Hud son, sechzig Meilen oberhalb der Stadt New Z)ork. In jenem Lager war es, wo Wash ington mit größter Entrüstung jeden Gedanken seiner Mitstreiter, ihm eine monarchische Gemalt zu übertragen, zurückwies. Dort verhinderte er ohne alle Gewalt, lediglich durch die unwi dcrstehliche moralische Macht seiner er habcncn Persönlichkeit, die drohende Meuterei der vom Congreß und von den iksetzgkbngkn der Einzelstaatcn schmäh lich vernachlässigten noihlcidendcn Trup pen; und von dort aus bewirkte er. daß der Eongreß endlich einleitende Schritte zur Bezahlung des so lange rückständi gen Soldes der Cffiji.r. und Soldaten that. Dennoch herrschte, als das Heer sich nach feierlicher Verkündigung des Frie dcns auslöste, viel Noth unter dem ! selben. Auch der große Steube hatte theils wegen Nichtbezahlung seines Soldes, theils in Folge seiner tzdelhcrzigkcit, nur wenig übrig. Und da erneuert nun das New England Magazine" aus Grund der Erzählung eines Augen zeugen, da Andenken an einige der von dem großen deutsch-ainerikauischen Be sreiungshelden in jenen trüben Stunden verrichteten Wohlthaten: Einem rauhen alten Offiziere, Oberst Lieutenant Eochran au Vermont, der von Jugend ail fast bei jedem Schritt Schwierigkeiten und Gefahren bestanden hatte, rann zum ersten Mal in seinen Mannesjahren eine Thräne über das gefurchte Gesicht. Uin meiner selbst willen," sagte er, mache ich mir keinen Kummer; ich kann's ertrage! aber meine Frau und meine Töchter sind in der Kammer der elenden Schänke dort. Ich weiß nicht, wohin: und habe nicht die Mittel, sie irgendwohin zu bringen." Baron Eteubcn aber sagte zu ihm: Kommen Sie, mein Freund; ich will Frau Cochran und Ihren Töchter meine Aufwartung machen, wenn Sie's erlauben.". Ich ging mit nach der Kammer; und als Baron Stcuben die Unglücklichen verließ, da war der Le beusmuth ihnen zurückgekehrt; aber Steuben hatte nur noch einen Thaler in feiner Börse. Ein farbiger Soldat mit noch nicht geheilten Wunden stand weinend an dem Werft des Hudson; ein Schiff lag im Strome, nach dem Platze bestimmt, wo der Neger Frciinde hatte; aber er konnte den Thaler, welchen die Fahrt kostete, nicht bezahlen. General Stcu den trat auf ihn zu und fragte ihn nach der Ursache seines Kummers, Darauf sah ich Thränen in des deutschen Helden Augen. Der Neger aber rics das Schiff an, und als ihn ein kleines Boot an Bord brachte, tönte es von seinen dank baren Lippen über das Waffer: Gott der Allmächtige segne Sie, Herr Ba ron." Der 'hatte nämlich dem Neger seinen letzten Thaler, seinen eigenen letz ten Nothpfennig, geschenkt. Prinz Ludwig von Bayern und der preustische Lberst. Emil Rhisos Nangabe, der Sohn des griechischen Staatsmannes, nahm als preußischer Artillerieoffizier am Kriege 1860 Theil. Unter Anderem erzählt er in seinen Erinnerungen" (Leipzig, Re clam): Während der Schlacht bei Veau gcncy war aus unserem linken Flügel eine bayerische Batterie ausgestellt, die allzu schnell daraus los kanonirte. Die Folge davon war, daß sie in Kurzem ihre Munition verbraucht hatte. Dar aus kam ihr Hauptmann zu uns her über, bat uns um Schießbedars und empfing von uns zwei Wagen voll. Zum Unglück für den Hauptmann sah unser Oberst, der wegen seiner Strenge bekannt war, den Vorgang mit an, wandte sich spornstreichs zu ihm hin und sagte: Herr Hauptmann, ich bin der Oberst dieser Batterie und als Ihr Borgesetztcr befehle ich Ihnen, nicht so hastig zu schießen. Wir führen nicht so viel Munition bei uns, um sie an solche zu verschenken, die sie verschwenden; wir haben gelernt, einen besseren Ge brauch davon zu machen. Ich ersuche Sie, mir nicht wieder Anlaß zum Ta del zu geben." Der Hauptmann grüßte militärisch und antwortete: Zu Befehl, Herr Oberst!" Während aber dieser ihin den Rücken wandte und sich entfer nen wollte, trat ein Soldat mit einer Meldung an den Hauptmann heran und redete ihn Königliche Hoheit an. Nun fragte der Oberst einen, wer der Hauptmann sei, und erhielt die Ant wort: Prinz Ludwig von Bayern." Sobald der Oberst dies vernommen, ritt er zu dem Hauptmann zurück, stieg vom Pferde, verneigte sich kies vor ihm und sprach: Berzcihen Sie, König liche Hoheit! Als ich jene Worte an Sie richtete, wußte ich nicht, wer Sie waren. Trotzdem halte ich meine Worte auf recht." Dies mannhafte Benehmen des Obersten erfüllte uns mit großer Ge nugthuung. Tie gekränkte Unschuld. Das Mainzer Journal berichtet über folgenden Scherz, der sich in Tarmftadt abgespielt haben soll: Einer der dort bei einer Weinkneiperei betheiligten Herren kam nämlich in fröhlicher Laune aus den Einfall, sich heimlich ein Glas Essig geben zu lassen. Rufen Sie mal den Wirth," wurde dann dem Kellner befohlen. Hurtig eilt der Gast wirth herbei, um sich nach den Wünschen seiner Gäste zu erkundigen. Aber, Herr Wirth, soll das Winkler Hasen sprung sein, kosten Sie doch selbst ein mal, wie sauer das Zeug ist!" Nichts ahnend setzt der Wirth das Glas an den Mund und nimmt einen festen Schluck. Zwar verzieht sich sein Gesicht sofort in Mitleid erregender Weise und man sieht, wie die Saure seinen Gaumen Peinigt. Aber, daß es Essig gewesen ist, a!it er nicht, und aus seinen Wein darf er doch nichts kommen lassen. Mit heroischem Muthe dringt er als seine Mienen wieder in Ordnung und meint dann mit dem Tone gekränkter Un schuld: Na, an dem Wein ist doch nichts auszusetzen!" KinMi. Märchen: Bater. wcsbalb hat denn der Herr einen so kahlen Kopf ?" Vater: .Nun, er hat eben alle seine Haare verloren." Märchen: Ja, konnte er sie den nicht wiederfinden?"